Dorfbrunnen Weihnachten 2009 - Camphill Dorfgemeinschaft Sellen ...
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Die ersten Wochen waren geprägt von schrecklichem<br />
Heimweh und vielen Ängsten. Ich befand mich<br />
in einem Land, das fremder gar nicht sein konnte.<br />
Auf den Straßen in meinem Dorf ging es laut und<br />
chaotisch zu. Überall war es dreckig, viele Menschen<br />
waren sehr arm.<br />
Doch mit der Zeit lernte ich mit all den Konfrontationen<br />
umzugehen. Und irgendwann war alles, was<br />
mir anfangs so fremd erschien, unheimlich vertraut.<br />
Die Leute mit denen ich lebte waren sehr nett. Die<br />
indischen Mitarbeiter erzählten mir viel über ihre<br />
Kultur. Ich fing an, das Land zu verstehen und bekam<br />
ein Auge für all das Schöne in Indien. Da waren einerseits<br />
die bunt verzierten Tempel die man überall<br />
bewundern konnte, aber auch die freundliche, hilfsbereite<br />
Mentalität der Inder. Die Arbeit mit dem<br />
Friends gefiel mir immer mehr.<br />
Vormittags war ich gemeinsam mit den Bewoh-nern<br />
und einigen anderen Mitarbeitern im Garten tätig.<br />
Wir pflanzten Gemüse an, bewässerten die Beete und<br />
zupften Unmengen an Unkraut. Leider war unsere<br />
Arbeit nicht immer ganz so produktiv wie wir uns<br />
das vorstellten. Es mangelte an ausgebildetem<br />
Personal.<br />
Dann waren auch noch die wilden Affen, die sich oft<br />
über unser Obst und Gemüse hermachten. Auf unserem<br />
ganzen Gelände wimmelte es von ihnen.<br />
Anfangs fand ich sie sehr exotisch, doch diese niedlichen<br />
Tierchen entpuppten sich als unberechenbare<br />
Monster. Die Affen waren unglaublich frech! Nichts<br />
war sicher vor ihnen. Sie klauten die Wäsche von der<br />
Leine und drangen sogar bis in unsere Wohnhäuser<br />
vor aus denen sie versuchten, alles Essbare zu entwenden.<br />
Nachmittags half ich bei der Küchenarbeit. In einem<br />
unserer Wohnhäuser befand sich eine große Küche,<br />
hier wurde für die gesamte Com-munity gekocht.<br />
Die meisten Inder sind Vegetarier und so gab es auch<br />
bei uns kein Fleisch. Worüber ich, auf Grund der katastrophalen<br />
hygienischen Zustände auf Indiens<br />
Fleischmärkten, sehr glücklich war. Jeden Tag aßen<br />
wir Reis mit viel Gemüse und natürlich mit den<br />
Händen, was anfangs gar nicht so einfach war.<br />
Im Oktober unternahmen wir eine zehntägige Reise<br />
nach Goa mit allen Mitgliedern der Gemeinschaft,<br />
insgesamt 36 Leute. Zwölf Stunden dauerte die Reise<br />
41<br />
mit dem Nachtzug. Für uns alle war dieser Urlaub<br />
eine willkommene Abwechslung. Wir verbrachten<br />
mehrere Tage an einem wunderschönen Palmenstrand<br />
mit Nichtstun, schwimmen und Eis essen.<br />
Wieder zu Hause in Bannerghatta angekommen verging<br />
die Zeit immer schneller. Plötzlich war<br />
<strong>Weihnachten</strong>. Und wer glaubt, die Inder kennen kein<br />
<strong>Weihnachten</strong>, hat sich gewaltig geirrt! In einigen<br />
Bäckereien der Stadt konnte man sogar Lebkuchenhäuser<br />
und Weihnachtsstollen kaufen. Die bei 30<br />
Grad im Schatten aber irgendwie nicht so richtig<br />
schmecken wollten. Und auch bei den Friends of<br />
<strong>Camphill</strong> India wird dieses Fest jedes Jahr ganz groß<br />
gefeiert. Wir hatten sogar einen Weihnachtsbaum!<br />
Im Februar nahm ich gemeinsam mit einem an-deren<br />
freiwilligen Helfer an einem Seminar in Mysore über<br />
"Biologisch-dynamische Landwirtschaft in Indien"<br />
teil. Dort lernten wir vieles über den Anbau von<br />
Kakao-, Bananen-, Mangobäumen und anderen exotischen<br />
Pflanzen. Die Farm, auf der das Seminar<br />
statt fand, lag neben einem großen Fluss an dem sich<br />
viele Vögel tummelten, sogar einen wilden Pfau habe<br />
ich gesehen. Krokodile gab es dort angeblich auch,<br />
denen bin ich aber zum Glück nicht begegnet. Es war<br />
ein sehr schöner Ort. Alles war grün, es sah aus wie<br />
im Dschungel. Leider vergingen die vier Tage viel zu<br />
schnell und wir mussten zurück an die Arbeit.<br />
Drei Monate standen mir noch bevor. Manchmal war<br />
es wirklich hart. Wir arbeiteten von halb sieben morgens<br />
bis abends halb neun. Wenn man Glück hatte,<br />
hatte man eine zweistündige Mittagspause. Aber oft<br />
kam etwas dazwischen, denn Arbeit gab es immer<br />
und überall. Dennoch genoss ich die Zeit in diesem<br />
faszinierenden Land.<br />
Die letzten Wochen meines Aufenthaltes vergin-gen<br />
wie im Flug und ich musste mich schon bald von<br />
Indien, mit all den vielen tollen Menschen, denen ich<br />
dort begegnet bin, verabschieden.<br />
Ich freute mich wahnsinnig darauf meine Fami-lie<br />
und meine Freunde wiederzusehen. Zurück in<br />
Deutschland dauerte es einige Zeit bis ich mich wieder<br />
eingelebt hatte. Mittlerweile bin ich sehr froh,<br />
wieder zu Hause zu sein, auch wenn ich noch oft an<br />
Indien denken muss…<br />
Sarah Nitschke