Trending Topics
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VERLAGSSPEZIAL<br />
<strong>Trending</strong><br />
<strong>Topics</strong><br />
INTERNET OF THINGS KÜNSTLICHE INTELLIGENZ BLOCKCHAIN VIRTUAL REALITY<br />
Von Smart Cars, Smart<br />
Energy und der übrigen vernetzten<br />
Welt der Dinge.<br />
S. 10<br />
Quantencomputer sind die<br />
neuen Superrechner – sie könnten<br />
den KI-Trend weiter befeuern.<br />
S. 38<br />
Wie eine Technologie<br />
das Internet und eine gesamte<br />
Branche revolutioniert.<br />
S. 62<br />
Virtuelle Welten erobern<br />
unseren Alltag und eröffnen<br />
ungeahnte Perspektiven.<br />
S. 78
WWW.SKD.MUSEUM<br />
MATHEMATISCH<br />
PHYSIKALISCHER<br />
tgl.<br />
1645<br />
10 –18 Uhr,<br />
Erdglobus<br />
Willem Jansz. Blaeu<br />
außer Mo.<br />
SALON<br />
IM DRESDNER ZWINGER<br />
Abbildung: © SKD, Foto: M. Lange<br />
Gefördert durch<br />
Hauptförderer<br />
Sponsored by<br />
Medienpartner
3<br />
Editorial<br />
Editorial<br />
WILLKOMMEN<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
was bezeichnen wir heute nicht alles als Megatrend – Globalisierung, Klimawandel,<br />
Urbanisierung. Und im gleichen Atemzug fällt fast immer auch der<br />
Begriff Digitalisierung. Völlig zu Recht, denn die tiefgreifenden Veränderungen,<br />
die die Digitalisierung mit sich bringt, werden nicht nur uns, sondern<br />
auch unsere Kinder und Kindeskinder prägen. Und die Geschwindigkeit, mit<br />
der die Digitalisierung Teil unseres Lebens wird, nimmt zu: Während das<br />
Telefon 75 Jahre brauchte, um 100 Millionen Nutzer zu erreichen, schaffte<br />
Instagram das in etwas über zwei Jahren. Auch beim Thema Mobilität tut sich<br />
viel: Bis 2020 sollen Prognosen zufolge weltweit 250 Millionen Autos mit Internetanschluss<br />
auf den Straßen unterwegs sein. Somit wäre rund jedes fünfte<br />
Fahrzeug vernetzt.<br />
Beispiele wie diese lassen schon ahnen, wie viele verschiedene Aspekte<br />
unter dem Schlagwort digitaler Wandel subsummiert sind. „<strong>Trending</strong> <strong>Topics</strong>“<br />
haben wir daher dieses Magazin genannt – und blicken auf die zwölf wichtigsten<br />
Digitalisierungstrends der kommenden Jahre. Das Internet of Things darf<br />
dabei genauso wenig fehlen wie Cybersecurity, Künstliche Intelligenz oder<br />
Virtual Reality.<br />
Die vielen Gespräche, die wir in den vergangenen Monaten geführt<br />
haben, zeigen, dass nicht überall alles nach Plan läuft und manchmal sogar<br />
die Vorbehalte überwiegen. Aber ein gewisser Grundoptimismus, eine Neugier<br />
auf die Dinge, die noch kommen werden, ist allerorten spürbar. So etwa<br />
beim deutschen Stararchitekten Ole Scheeren, der uns in der Heftmitte einen<br />
Ausblick auf die Arbeitswelt der Zukunft gibt. Oder bei der IBM-Managerin<br />
Martina Koederitz, die über die komplexen Herausforderungen der Digitalisierung<br />
für die Wirtschaft spricht. Und nicht zuletzt bei den Unternehmen<br />
in Sachsen, die wir im Rahmen dieses Kooperationsprojektes kennenlernen<br />
und auf ihrem Weg ein Stück weit begleiten durften. Dass im östlichsten<br />
Bundesland Deutschlands mit so viel Hochdruck an der digitalen Zukunft<br />
gearbeitet wird, hat uns dazu bewogen, Persönlichkeiten, Unternehmen und<br />
Produkte an bestimmten Stellen im Magazin gesondert vorzustellen – in einer<br />
„Inspirationals“-Serie.<br />
In diesem Sinne: Lassen auch Sie sich inspirieren – wir wünschen Ihnen viel<br />
Freude bei der Lektüre.<br />
Ihre Redaktion<br />
TRENDING TOPICS
4<br />
Inhalt<br />
Inhalt<br />
TRENDING TOPICS<br />
S. 74<br />
S. 6<br />
Digitale (R)Evolution<br />
Trends & Fakten<br />
S. 9<br />
Was, wenn der Kühlschrank<br />
die falsche<br />
Milch bestellt hat?<br />
One Question,<br />
One Answer<br />
S. 10<br />
Das nächste Internet<br />
Von Smart Cars,<br />
Smart Energy und der<br />
übrigen vernetzten<br />
Welt der Dinge.<br />
02<br />
Social Media<br />
(S.12)<br />
S. 13<br />
Online first<br />
Trends & Fakten<br />
im Überblick<br />
S. 14<br />
Revolution in<br />
Turnschuhen<br />
Das Start-up Staffbase<br />
krempelt die Mitarbeiterkommunikation<br />
um.<br />
S. 18<br />
Inspirational Leaders<br />
Digitalisierungsstrategien<br />
und Zukunftsvisionen:<br />
sechs Wegbereiter<br />
im Fokus.<br />
01<br />
Internet of<br />
Things<br />
(S.8)<br />
03<br />
Mobility &<br />
Logistics<br />
(S.20)<br />
S. 22<br />
Computer übernehmen<br />
das Steuer<br />
Autonome Mobilitätskonzepte<br />
verändern unsere<br />
Idee der Fortbewegung.<br />
S. 24<br />
Machen Maschinen<br />
eigentlich weniger Fehler<br />
im Straßenverkehr?<br />
One Question,<br />
One Answer<br />
04<br />
Cybersecurity<br />
(S.25)<br />
S. 26<br />
Mit Honigtöpfen<br />
gegen Hacker<br />
Cyberangriffe sind für<br />
Firmen und den Staat<br />
gleichermaßen eine<br />
Bedrohung.<br />
05<br />
E-Commerce<br />
(S.29)<br />
S. 30<br />
Ein Hoch auf die<br />
Community<br />
Vom studentischen<br />
Start-up zum europäischen<br />
Marktführer.<br />
S. 34<br />
Inspirational<br />
Companies<br />
Smarte Unternehmensideen<br />
auf dem Weg<br />
in die digitale Zukunft.<br />
S. 14<br />
06<br />
Künstliche<br />
Intelligenz<br />
(S.36)<br />
S. 38<br />
Ein neuer<br />
Quantensprung<br />
Verhelfen Quantencomputer<br />
der Künstlichen<br />
Intelligenz zum<br />
Durchbruch?<br />
S. 39<br />
»Wenn ich an<br />
Künstliche Intelligenz<br />
denke …«<br />
Acht Experten teilen<br />
ihre Bedenken und ihre<br />
Hoffnungen.<br />
S. 41<br />
»Wir könnten auf sie<br />
verzichten, aber warum<br />
sollten wir?«<br />
Weshalb wir keine Angst<br />
vor Künstlicher Intelligenz<br />
haben müssen.<br />
S. 42<br />
Future in 100 Words<br />
Vier Visionäre werfen<br />
einen Blick in die digitale<br />
Zukunft.<br />
TRENDING TOPICS
5<br />
Inhalt & Collaborators<br />
S. 20<br />
COLLABORATORS<br />
ANITA MRUSEK<br />
Creative Director<br />
Anita Mrusek arbeitet<br />
als Freelance Creative<br />
Director in ihrem Studio<br />
in Berlin Neukölln. Mit<br />
Schwerpunkt Corporate<br />
Publishing und Editorial<br />
Design verantwortet<br />
sie für Verlage und<br />
Agenturen Entwicklungen<br />
und Relaunches<br />
von Kundenmagazinen.<br />
Sie hat eigene Modemagazine<br />
publiziert<br />
und als Creative Director<br />
die Ausgabe von<br />
„<strong>Trending</strong> <strong>Topics</strong>“ entwickelt<br />
und designt.<br />
07<br />
Smart<br />
Systems<br />
(S.46)<br />
S. 47<br />
Höher, weiter, schneller<br />
ist das Credo<br />
Warum ein Unternehmer<br />
aus Chemnitz genau<br />
auf die Trends aus dem<br />
Silicon Valley schaut.<br />
S. 78<br />
08<br />
Industrie 4.0<br />
(S.52)<br />
S. 53<br />
Der Mensch als Dirigent<br />
und Problemlöser<br />
Industrie 4.0 ist<br />
eine deutsche Erfolgsgeschichte.<br />
S. 57<br />
Sind Roboter die besseren<br />
Arbeitskollegen?<br />
One Question,<br />
One Answer<br />
S. 58<br />
Neue Chancen für<br />
analoge Produkte<br />
Traditionelles<br />
Handwerk und Digitalisierung<br />
stehen nicht<br />
im Widerspruch.<br />
09<br />
Blockchain<br />
(S.61)<br />
S. 62<br />
Gekommen, um<br />
zu bleiben<br />
Wie die Blockchain schon<br />
heute ganze Branchen in<br />
Hysterie versetzt.<br />
10<br />
Smart<br />
Infrastructure<br />
(S.65)<br />
S. 66<br />
Stadt der Zukunft<br />
Der Weg zum Ideal<br />
der Smart City: Gibt es<br />
ein Patentrezept?<br />
S. 70<br />
Inspirational Items<br />
Acht innovative Gegenstände,<br />
die unsere<br />
Welt ein bisschen einfacher<br />
machen.<br />
11<br />
Big Data<br />
(S.72)<br />
S. 73<br />
Wie viele Daten braucht<br />
der Mensch?<br />
One Question,<br />
One Answer<br />
S. 74<br />
Macher mit Mission<br />
„Astro-Alex“ hat auf der<br />
ISS ein ungewöhnliches<br />
Experiment im Gepäck.<br />
12<br />
Virtual<br />
Reality<br />
(S.76)<br />
S. 78<br />
Virtuelle Welten<br />
neu gedacht<br />
Wie ein Hidden Champion<br />
aus dem Erzgebirge<br />
mit 360-Grad-Kameras<br />
Maßstäbe setzt.<br />
S. 81<br />
Index<br />
THOMAS MEYER<br />
Photographer<br />
Thomas Meyer lebt<br />
und arbeitet in Berlin.<br />
Er ist für internationale<br />
Ma gazine und Kunden<br />
tätig, war Fotograf der<br />
F.A.Z.-Kampagne „Dahinter<br />
steckt immer ein<br />
kluger Kopf“. Seit 2017<br />
fotografiert Meyer für<br />
die Stiftung Bauhaus in<br />
Dessau und unterrichtet<br />
unter anderem an<br />
der Ostkreuzschule für<br />
Fotografie. Seine Werke<br />
sind regelmäßig in Ausstellungen<br />
zu sehen.<br />
ANJE JAGER / Illustrator<br />
Die gebürtige Niederländerin und Wahl-Berlinerin<br />
war lange Jahre als Grafikerin und Designerin<br />
tätig, bevor sie sich wieder ihrer „first love“ – dem<br />
Zeichen und Malen – zuwandte. Mit der Liebe zur<br />
Porträtmalerei verbindet Anje Jager in ihren Illustrationen<br />
mühelos Realismus und künstlerische<br />
Sensibilität. Sie ist für internationale Kunden wie<br />
„Harper’s Bazaar“ oder „Monocle“ tätig.<br />
GENE GLOVER<br />
Photographer<br />
Gene Glover ist seit vielen<br />
Jahren für große<br />
deutsche Zeitungen und<br />
Magazine tätig. In den<br />
vergangenen zehn Jahren<br />
wurde der gebürtige New<br />
Yorker vor allem als Porträt-<br />
und Reportagefotograf<br />
bekannt. Cover- und<br />
Titelgeschichten, unter<br />
anderem für „Wired“ oder „The New York Times<br />
Magazine“, gehören zu seinem Portfolio. Neben der<br />
redaktionellen Arbeit konzentriert sich Glover auch<br />
auf Projekte im Werbe- und Corporate-Bereich.<br />
Kinvara Balfour / Director & Moderator<br />
Regisseurin und Moderatorin Lady Kinvara Balfour<br />
beschäftigt sich vor allem mit den Themen Design,<br />
Technologie und Trends. Die Britin ist Schöpferin<br />
von „The Visionaries“, einer Serie von Mini-Filmen,<br />
die sie einzig auf dem iPhone aufzeichnete. Für<br />
eine Kooperation mit Apple interviewte sie Größen<br />
aus der Fashionwelt. Sie berät Tech-Start-ups<br />
beim Businesseinstieg und war als Executive<br />
Producer an einer Dokumentation über den verstorbenen<br />
Designer Alexander McQueen beteiligt.<br />
TRENDING TOPICS
6<br />
Trends & Fakten<br />
Digitale (R)Evolution:<br />
Digitale Innovationen durchdringen (fast)<br />
alle Bereiche des Alltags. Sie verändern die Art<br />
und Weise zu arbeiten und zu kommunizieren.<br />
Viel mehr noch: Sie verändern unser Leben.<br />
FREIZEIT<br />
55<br />
Prozent<br />
der deutschen Internetnutzer verwenden heute soziale<br />
Netzwerke für ihre private Kommunikation, fand das<br />
Statistische Bundesamt heraus. Vor zehn Jahren waren<br />
soziale Netzwerke in Deutschland noch kein Thema.<br />
Um<br />
100<br />
Millionen<br />
Nutzer<br />
zu erreichen, brauchte das Telefon 75 Jahre.<br />
Instagram nur 2,2 Jahre.<br />
(Quelle: Report „Key Issues for Digital Transformation in the G20“; OECD)<br />
Zwei Drittel<br />
der Deutschen setzen noch immer auf Brett- oder<br />
Gesellschaftsspiele als Freizeitbeschäftigung.<br />
40 Prozent spielen lieber Video- und Computerspiele.<br />
(Quelle: VuMA 2017; Arbeitsgemeinschaft Verbrauchs- und Medienanalyse)<br />
GESUNDHEIT<br />
Auf über<br />
200<br />
Milliarden<br />
US-Dollar<br />
wird der digitale Gesundheitsmarkt bis zum Jahr 2020 weltweit<br />
anwachsen, schätzt Roland Berger. Das entspricht einem<br />
durchschnittlichen Wachstum von jährlich 21 Prozent seit 2015.<br />
45 Prozent<br />
der Smartphone-Nutzer aus Deutschland verwenden bereits<br />
Gesundheits-Apps, ergab eine Befragung von Bitkom Research.<br />
Knapp<br />
220<br />
Millionen<br />
Wearables werden im Jahr 2022 ausgeliefert,<br />
prognostizieren die Analysten der International Data<br />
Corporation. Für Umsatz sollen dann vor allem<br />
Smartwatches mit einem geschätzten Marktanteil von<br />
38,3 Prozent sorgen.<br />
TRENDING TOPICS
7<br />
Trends & Fakten<br />
lernen<br />
70 Prozent<br />
der Schulleiter und Lehrer in Deutschland sind<br />
davon überzeugt, dass digitale Medien<br />
die Attraktivität ihrer Schule steigern werden.<br />
(Quelle: Studie „Monitor Digitale Bildung“; Bertelsmann Stiftung)<br />
Im Unterricht setzt aber im Schnitt nur jede<br />
20. Schule<br />
bundesweit regelmäßig digitale Medien ein,<br />
so eine Studie von Bitkom Research.<br />
Etwa<br />
45 Minuten<br />
verbringen deutsche Jugendliche täglich am Computer<br />
oder im Internet, um für die Schule zu arbeiten.<br />
(Quelle: „JIM-Studie 2017“; Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest)<br />
Bis zum Jahr 2025 wird der Markt für<br />
Künstliche Intelligenz mehr als<br />
100<br />
Milliarden<br />
US-Dollar<br />
wert sein, schätzt das amerikanische<br />
Marktforschungsunternehmen Constellation Research.<br />
BANKING<br />
Über<br />
4 500<br />
Kryptowährungen sind auf der Plattform<br />
Coinmarketcap.com im Jahr 2018 gelistet. Von diesen<br />
erreichen über 1 000 einen täglichen Handelsumsatz<br />
von jeweils über 10 000 US-Dollar.<br />
TECHNOLOGIEN<br />
31<br />
Prozent<br />
der hiesigen Verbraucher können sich<br />
laut Bitkom Research schon heute vorstellen,<br />
ein selbstfahrendes Auto zu kaufen.<br />
Knapp<br />
drei Viertel<br />
der Deutschen können sich laut<br />
Fraunhofer IAO mit einem Assistenz-Roboter<br />
als Haushaltshilfe anfreunden. Vor allem<br />
bei anstrengenden und sich wiederholenden<br />
Tätigkeiten soll er unterstützen.<br />
Mehr als<br />
drei von vier<br />
Bundesbürgern erledigen ihre Bankgeschäfte<br />
bereits online, hat der Digitalverband Bitkom in einer<br />
Verbraucherumfrage herausgefunden.<br />
Zwei<br />
Drittel<br />
von insgesamt 2 250 befragten Bankkunden in neun<br />
Ländern – darunter auch Deutschland – geben an, keinen<br />
persönlichen Kontakt mehr zu ihrer Bank zu haben.<br />
Dennoch erachten ebenfalls zwei Drittel der Verbraucher<br />
eine langfristige Beziehung mit ihrer Hausbank als wichtig.<br />
(Quelle: Whitepaper „Today’s Financial Consumer: Open for Business“; CGI)<br />
TRENDING TOPICS
8<br />
Internet of Things<br />
TRENDING TOPICS<br />
01<br />
Internet<br />
of Things<br />
short cut / Internet der Dinge, englisch: Internet of Things<br />
(IoT) / Gegenstände werden durch den Einbau von Mikrochips<br />
„smart“ und tauschen sich über das Internet mit anderen Objekten<br />
und Computern aus / Systeme agieren automatisch ohne<br />
menschliches Zutun / Herausforderung: IoT bietet Angriffsplattform<br />
für Hacker / 25 Milliarden IoT-Devices bis zum Jahr 2020 /<br />
Wirtschaftlicher Nutzen wird auf 2 Billionen US-Dollar geschätzt<br />
TRENDING TOPICS
9<br />
Internet of Things<br />
ONE<br />
QUESTION<br />
Was, wenn der<br />
Kühlschrank die falsche<br />
Milch bestellt hat?<br />
ONE<br />
ANSWER<br />
»Tatsächlich handelt es sich um<br />
ein Szenario, das durch IoT Realität werden<br />
könnte. Grundsätzlich wird<br />
sich aus Datenschutzgründen die Frage<br />
ergeben, ob nicht, wie beim eigenen<br />
Laptop, die Webcam abgeklebt wird, um<br />
generell auf einen solchen Service<br />
zu verzichten. Ansonsten: Auf zu Fuß<br />
in den Supermarkt!«<br />
( Prof. Dr. Christian Montag, Heisenberg-Professor<br />
für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm, erforscht die<br />
biologischen Grundlagen der menschlichen Persönlichkeit. )<br />
TRENDING TOPICS
10<br />
Internet of Things<br />
Das nächste Internet<br />
Der neue Mobilfunkstandard 5G,<br />
der voraussichtlich 2020 kommt,<br />
macht das mobile Internet<br />
schneller und zuverlässiger – und<br />
ermöglicht so gänzlich neue<br />
Anwendungen. Von Smart Cars,<br />
Smart Energy und der übrigen<br />
vernetzten Welt der Dinge.<br />
text<br />
Boris Karkowski<br />
TRENDING TOPICS
11<br />
Internet of Things<br />
7,6 Milliarden Menschen auf der Erde, das macht<br />
perspektivisch rund 7,6 Milliarden Smartphones,<br />
die ans Internet angeschlossen werden. Derzeit<br />
gibt es allerdings erst 2,5 Milliarden Smartphones.<br />
Klingt viel, sind aber Peanuts im Vergleich<br />
zu dem, was kommt. Denn wenn das Internet der<br />
Dinge (IoT) Wirklichkeit wird, werden mehrere<br />
Hundert Milliarden Geräte miteinander vernetzt<br />
sein. Nicht nur die üblichen Verdächtigen wie<br />
Kühlschränke und Autos, sondern alle Maschinen.<br />
Werden diese miteinander vernetzt und tauschen<br />
sie Informationen in Echtzeit aus, so werden gänzlich<br />
neue Anwendungen in der Produktion, in der<br />
Logistik, in der Medizin, in der Energiewirtschaft,<br />
in der Landwirtschaft, im Handel möglich. Fern-<br />
OPs, die intelligente Verkehrsführung und vollautomatisierte<br />
Produktion inklusive intelligenter<br />
Logistikketten sind nur einige der Ideen, an deren<br />
Realisierung jetzt schon gearbeitet wird. Das Internet<br />
verändert so seinen Charakter grundlegend:<br />
vom Konsum von Informationsangeboten hin zur<br />
Steuerung dank permanenten Datenaustauschs.<br />
Ein großer Vorteil: Viele Entscheidungen<br />
können dezentral getroffen werden. So müssen selbstfahrende<br />
Autos nicht mit Superrechnern und einer<br />
Vielzahl Sensoren ausgerüstet werden, sondern können<br />
auch die Daten von Ampeln, Verkehrskameras<br />
und anderen Fahrzeugen auslesen oder gar direkte Anweisungen<br />
von zentralen Verkehrsleitsystemen verarbeiten<br />
– und die eigenen Daten an diese zurücksenden.<br />
Doch noch mehr wird sich verändern: Professor Frank<br />
Fitzek von der TU Dresden, einer der führenden Köpfe<br />
im Bereich 5G, erläutert: „5G wird nicht nur die<br />
Maschine-zu-Maschine-, sondern auch die Echtzeitkommunikation<br />
zwischen Menschen und Maschinen<br />
ermöglichen. Dadurch entstehen voll kommen neue<br />
Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Roboter und<br />
Mensch arbeiten nicht mehr nebeneinander, sondern<br />
künftig miteinander. Der Mensch kann so zum Beispiel<br />
einen intelligenten Handschuh anziehen und diesem<br />
Klavierspielen beibringen – das der Handschuh<br />
dann wiederum einem Laien beibringt.“<br />
Komplexe Zusammenarbeit<br />
Damit solche und ähnliche Visionen umgesetzt werden<br />
können, müssen etliche Hürden genommen<br />
werden. Wichtigste Voraussetzung ist ein schnelleres,<br />
zuverlässigeres mobiles Internet. Das soll, so die<br />
Mobilfunkanbieter, ab 2020 in Deutschland Realität<br />
werden. 5G ist dann nicht nur 100-mal schneller als<br />
der bisherige LTE-Standard, sondern reagiert zudem<br />
viel prompter. Eine Latenzzeit von nur einer Millisekunde<br />
erlaubt Echtzeitübertragungen auch über<br />
größere Entfernungen. Der Mensch benötigt für die<br />
Die totale Vernetzung<br />
Nicht nur Menschen,<br />
auch unbelebte Objekte<br />
werden immer häufiger<br />
miteinander verknüpft. Für<br />
Unternehmen bietet das die<br />
Chance, neue Geschäftsmodelle<br />
aufzubauen und<br />
mehr Umsatz zu generieren<br />
– etwa mit vernetzten<br />
Produkten und Diensten. Als<br />
größter Profiteur gilt<br />
das verarbeitende Gewerbe<br />
mit einer großen Anzahl<br />
potentiell vernetzbarer<br />
Geräte und Maschinen. Eine<br />
ähnliche Entwicklung sehen<br />
Experten für die Versorgerund<br />
Logistikbranche.<br />
Verbindung vom Auge zum Kopf etwa die zehnfache<br />
Zeit. Doch das Netz muss auch zuverlässig sein, damit<br />
selbstfahrende Autos oder Paketdrohnen nicht<br />
orientierungslos werden. Das erfordert nicht nur<br />
eine flächendeckende Funkverbindung, sondern<br />
auch dezentrale Systeme, die den Ausfall eines Verbindungsknotens<br />
schnell kompensieren können. Und<br />
schließlich dürfen die Mobilfunkverbindungen der<br />
Zukunft nur einen Bruchteil des Stroms verbrauchen,<br />
der heute benötigt wird – sonst würde der permanente<br />
Datenstrom der Geräte untereinander rasch Akkus<br />
leersaugen und das Energienetz überlasten.<br />
An vielen Stellen wird an der Realisierung<br />
von 5G gearbeitet. So hat die Deutsche Telekom in<br />
Berlin erste Antennen für den Betrieb von 5G unter<br />
echten Bedingungen freigeschaltet. In der Innenstadt<br />
entsteht gerade ein ganzes 5G-Cluster. Ebenso<br />
intensiv wird bereits am Zusammenspiel von Hardware,<br />
Software und Kommunikationsschnittstelle im<br />
Hinblick auf die Anwendung gearbeitet. Dr. Patrick<br />
Grosa vom Smart Systems Hub in Dresden erklärt<br />
die Komplexität: „Früher mussten sich meist nur die<br />
Hersteller eines neuen Produkts auf einen Standard<br />
einigen, beispielsweise das Format einer CD. Für das<br />
IoT müssen sich jedoch Hersteller unterschiedlichster<br />
Branchen mit den Anbietern der Telekommunikationsinfrastruktur<br />
und den Softwareprogrammierern<br />
einigen. Idealerweise gleich auf globalem Niveau.“<br />
Der Hub erleichtert darum den Austausch und die<br />
Entwicklung gemeinsamer Lösungen über Branchenund<br />
Technologiegrenzen hinweg.<br />
Energie flexibel nutzen<br />
5G und das Internet der Dinge haben das Potential,<br />
auch unsere Energieversorgung umzukrempeln. Im<br />
5G Energy Hub, einer Kooperation der TU Dresden<br />
mit der RWTH Aachen, werden dazu derzeit<br />
die Grundsteine gelegt. Das Ziel ist eine dezentrale,<br />
flexible Energienutzung. Statt starrer Energieerzeugung<br />
und -verbräuche soll künftig ein System von<br />
Erzeuger und Verbraucher – ob Privathaushalt oder<br />
Produktionsunternehmen – Angebote und Bedarfe<br />
dank flexibler Speicher zum Ausgleich bringen. Dr.<br />
Joachim Seifert von der TU Dresden erklärt: „So<br />
können die Schwankungen bei erneuerbaren Energien<br />
an einem stürmischen Tag besser geglättet werden,<br />
weil das Überangebot zwischengespeichert oder umgewandelt<br />
und erst an einem anderen, windstilleren<br />
Tag abgerufen werden kann.“ Frank Fitzek betont:<br />
„Ohne 5G ist die Energiewende gar nicht zu realisieren.“<br />
Aber auch sonst erwartet sich Fitzek viel von dem<br />
„nächsten Internet“: „Die Menschen können sich auf<br />
ihre Innovationskraft konzentrieren, denn Maschinen<br />
werden die repetitiven Aufgaben übernehmen.“ ■<br />
TRENDING TOPICS
12<br />
Social Media<br />
TRENDING TOPICS<br />
02<br />
Social<br />
Media<br />
short cut / Soziale Medien, englisch: Social Media /<br />
Digitale Technologien, Webseiten, Wikis, Apps oder Netzwerke,<br />
über die sich User im Internet vernetzen, Inhalte erstellen und<br />
diese austauschen / User-generated Content und Many-to-Many-<br />
Kommunikation / Von Hashtags (#) bis Likes: Zentrales Merkmal<br />
ist die Interaktivität im Web 2.0 / Informationsbeschaffung läuft<br />
heute mehr über Social Media denn klassische Medien<br />
TRENDING TOPICS
13<br />
Social Media<br />
ONLINE FIRST<br />
Laut der Social-Media-Agentur Spredfast nutzen,<br />
gestalten oder konsumieren mehr als<br />
3 Milliarden<br />
Menschen rund um den Globus Social Networ ks.<br />
Die wichtigsten sind: Facebook, QQ, Youtube, Instagram,<br />
Snapchat, Twitter, Pinterest und Linkedin.<br />
Die Umsätze mit Smartphone und Co.<br />
machen 2018 bei Google fast<br />
34 Prozent<br />
am weltweiten mobilen Werbemarkt aus, bei<br />
Facebook liegt der Anteil bei knapp 25 Prozent.<br />
85 Prozent<br />
der unter 35-Jährigen nutzen Whatsapp, Facebook und Co.,<br />
um sich zu verabreden und Aktivitäten zu koordinieren.<br />
Das sind die Ergebnisse einer Postbank-Studie.<br />
Whatsapp hat<br />
34 Millionen<br />
tägliche Nutzer. Tendenz steigend. Wer nicht<br />
über Whatsapp kommunizieren will, findet Alternativen,<br />
die mit einer sicheren Datenverschlüsselung werben:<br />
zum Beispiel Telegram oder Threema.<br />
1 Milliarde<br />
Menschen weltweit regeln laut jüngsten Zahlen von<br />
Tencent, Chinas größtem Internetkonzern, ihr gesamtes<br />
Leben mit dessen Messenger-App Wechat. Auf die<br />
Daten hat die chinesische Regierung vollen Zugriff.<br />
In den USA erreicht<br />
Youtube<br />
laut Spredfast mehr 18- bis 49-Jährige als das<br />
dortige Kabelfernsehen.<br />
Rund<br />
73 Prozent<br />
der befragten Deutschen sind dagegen, dass ihre Daten<br />
von Anbietern gespeichert werden, ergab eine Studie des<br />
Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln.<br />
39 Prozent<br />
der Deutschen nutzen Share-Economy:<br />
Sie teilen Unterkünfte, Dateien, Musik, Autos.<br />
Experten von PwC erwarten einen Anstieg<br />
des Marktvolumens auf über 24 Milliarden Euro.<br />
Schon heute vernetzen sich die Menschen weltweit<br />
über soziale Medien schneller als jemals zuvor. Ereignisse<br />
werden rasend schnell verfolgt, kommentiert<br />
und bewertet. Das geschieht gefühlt oft in unter<br />
einer Minute.<br />
30 Prozent<br />
der Einzelhandelskäufe werden heute über<br />
Facebook inspiriert. Das hat der „Social Audience<br />
Guide 2018“ herausgefunden.<br />
Experten des Weltwirtschaftsforums prophezeien: Bis<br />
2023<br />
werden 80 Prozent der Bevölkerung ein digitales Onlineprofil<br />
besitzen. Grund hierfür wird die flächendeckende<br />
Ausbreitung neuer Technologien sein, die das Web auch<br />
in die entlegensten Orte der Welt bringen wird.<br />
Laut einer Bitkom-Studie informiert sich jeder<br />
fünfte<br />
deutsche Internetnutzer in Facebook & Co. – und will<br />
es auch in Zukunft tun. Das Smartphone wird für die<br />
Suche nach Nachrichten immer wichtiger.<br />
TRENDING TOPICS
14<br />
Social Media<br />
text<br />
Sabine Simon<br />
FOTOS<br />
Gene glover<br />
REVOLUTION<br />
IN TURNSCHUHEN<br />
1<br />
BILDER<br />
1<br />
Die richtige Idee zur richtigen<br />
Zeit. Seit der Gründung<br />
2014 hat sich der Umsatz von<br />
Staffbase fast verfünffacht.<br />
2<br />
„Es darf gelacht werden“:<br />
Die Geschäftsführer Frank<br />
Wolf, Lutz Gerlach und Martin<br />
Böhringer (v.l.) stellen natürlich<br />
(k)ein Foto für die Presse.<br />
Das Start-up Staffbase<br />
krempelt mit seiner App<br />
die Mitarbeiterkommunikation<br />
um.<br />
TRENDING TOPICS
15<br />
Social Media<br />
2<br />
TRENDING TOPICS
16<br />
Social Media<br />
Wir nehmen am Tag rund 100-mal unser Smartphone<br />
in die Hand, checken Mails, chatten, werfen bei<br />
Instagram einen Blick aufs Leben der anderen. Alles<br />
läuft digital, über Social-Media-Kanäle, über Facebook<br />
oder Twitter zum Beispiel. Auch beruflich sind<br />
wir längst online, in Netzwerken wie Linkedin oder<br />
mit web basierten Messenger-Diensten wie Slack. Die<br />
Digitalisierung hat in kürzester Zeit fast alles verändert<br />
– vor allem unsere Kommunikation. Das gilt<br />
fürs Privatleben ebenso wie für die Arbeitswelt.<br />
Grundsätzlich aber ist die interne Kommunikation<br />
in vielen Unternehmen noch relativ statisch<br />
– selbst in Zeiten von dezentralen Teams, die zeitlich<br />
flexibel von unterschiedlichen Orten aus arbeiten.<br />
Zwar gibt es inzwischen Social Intranets, doch<br />
weniger als die Hälfte aller Angestellten mit einem<br />
Zugang nutzt diese täglich. Und je nach Branche<br />
werden Mitarbeiter ohne PC-Arbeitsplatz oder Firmen-Mailadresse<br />
gar nicht erreicht. 70 Prozent der<br />
Beschäftigten hierzulande bleiben digital unsichtbar.<br />
Wie also mitteilen, dass der Parkplatz nach dem Umbau<br />
nächste Woche wieder angefahren werden kann<br />
oder dass die Geschäftsentwicklung alle Erwartungen<br />
übertrifft? Möglich wäre hier eine Massenmail. Aber<br />
die ist weder emotional noch erfüllt sie wohl eines<br />
der wichtigsten Kriterien, damit Firmennews überhaupt<br />
gelesen werden: die Relevanz.<br />
Mobiles Intranet per App / Das brachte den<br />
Wirtschaftsingenieur Frank Wolf auf die Idee für ein<br />
neues Unternehmen. Der 43-Jährige sammelte während<br />
seiner Zeit bei der Telekomtochter T-Systems<br />
Multimedia Solutions einige Erfahrung mit dem Thema<br />
Intranet. „Ich hatte regelmäßig mit Unternehmen<br />
zu tun, die das Problem hatten, alle ihre Mitarbeiter<br />
zu erreichen. Der Bedarf war da, wir mussten einfach<br />
nur den richtigen Zeitpunkt erwischen. Und der kam<br />
mit der Verbreitung des Smartphones.“ 2014 gründete<br />
er gemeinsam mit Wirtschaftsinformatiker Martin<br />
Böhringer und dem Betriebswirt Lutz Gerlach<br />
Staffbase. Die App des Chemnitzer Start-ups basiert<br />
auf dem Prinzip, das Intranet eines Unternehmens in<br />
eine Art Social-Media-Kanal zu übertragen. Zugleich<br />
einfach wie genial. Denn das eigene Smartphone ist<br />
mit Abstand der Kommunikationskanal mit der weitesten<br />
Reichweite. Zu den Kunden der ersten Stunde<br />
gehören unter anderem T-Systems, Siemens oder<br />
Viessmann. Auch Adidas nutzt eine personalisierte<br />
Mitarbeiter-App aus der Softwareschmiede.<br />
Das Geschäftsmodell funktioniert als Software-as-a-Service.<br />
Die mobil verfügbare Intranetund<br />
Mitarbeiter-Software ist eine Art Baukastensystem,<br />
das sich Unternehmen individuell gestalten<br />
können. Mit nur wenigen Klicks. Wie in einem<br />
Content-Management-System werden Inhalte über<br />
3<br />
4<br />
BILDER<br />
3<br />
Wer für eine Besprechung<br />
mal mehr Ruhe braucht, kann<br />
sich in kleinere Meeting-<br />
Rooms zurückziehen.<br />
4<br />
Wer bei Staffbase arbeitet,<br />
tritt morgens den Dienst<br />
im schicken Loft an. Nervennahrung<br />
gibt’s in Form von<br />
Obst und Schokolade.<br />
5<br />
Viel Glas, viel Licht, viel Kommunikation:<br />
Die Mitarbeiter<br />
sitzen nah beieinander. Betonplatten<br />
an den Decken sollen<br />
den Lärmpegel senken.<br />
6<br />
Manches muss einfach<br />
analog bleiben. An der Magnetwand<br />
hängen Postkarten,<br />
Flyer und schlaue Sprüche.<br />
eine Browseranwendung aufbereitet und verwaltet.<br />
Staffbase stellt den Kunden ihre Plattform zur Verfügung<br />
und übernimmt den kompletten technischen<br />
Support. Gehostet wird in Deutschland. Die Kosten,<br />
die je nach Mitarbeiterzahl variieren, werden über<br />
eine monatliche Gebühr abgerechnet. „Updates und<br />
App-Store-Management erledigen wir“, erklärt Martin<br />
Böhringer.<br />
Die App, im Look der jeweiligen Firma<br />
anpassbar, laden sich die Mitarbeiter dann aufs<br />
Smartphone und melden sich nach einer Registrierung<br />
passwortgeschützt an. Das stellt sicher,<br />
dass Firmeninterna auch wirklich intern bleiben.<br />
Wie bei Facebook kann man dann von überall aus<br />
News lesen, kommentieren und liken – in einem<br />
Unternehmenskanal oder geschlossenen Channels.<br />
Es gibt Mitarbeiter- und Telefonverzeichnisse, Arbeitszeiterfassung,<br />
den Download der Gehaltsabrechnung,<br />
den Speiseplan der Kantine. Es können<br />
Dokumente, Standortplaner für Konferenzräume,<br />
Schulungsvideos oder Fotos hochgeladen werden,<br />
Push-Nachrichten informieren in Echtzeit. Wer<br />
TRENDING TOPICS
17<br />
Social Media<br />
Das ist typisch<br />
Start-up. „Das<br />
wollen wir uns<br />
bewahren, so<br />
lange es geht“,<br />
sagt Martin<br />
Böhringer und<br />
nimmt auf<br />
einem quietschgelben<br />
Stuhl<br />
Platz. „Das Gefühl<br />
verkaufen<br />
wir mit der App<br />
gleich mit.“<br />
bereits ein Social Intranet hat, kann die App von<br />
Staffbase problemlos integrieren, auch die Einbindung<br />
anderer individueller Plug-ins ist möglich.<br />
Neue Unternehmenskultur / Die App erfüllt<br />
noch eine weitere wichtige Funktion: Employer-Branding.<br />
„Mitarbeiter müssen sich heute mehr denn je mit<br />
ihrem Job identifizieren können. Das ist ganz wichtig<br />
für die Integration neuer und die Bindung vorhandener<br />
Arbeitskräfte“, sagt Böhringer und denkt dabei vor<br />
allem an junge Leute wie die Millennials oder die Generation<br />
Z. Und an ihre gewachsenen Anforderungen<br />
an Arbeitgeber und die Unternehmenskultur. Da geht<br />
es zum Beispiel um die strikte Trennung von Arbeit<br />
und Privatleben, um Feedback und Wertschätzung –<br />
und irgendwie auch um Sinnhaftigkeit. Warum mache<br />
ich meinen Job überhaupt? „Ich muss das vorleben,<br />
vor allem in der Führungsebene. Das macht ein<br />
Umdenken nötig“, sagt Böhringer. Mit dem richtigen<br />
Instrument könne man alle Mitarbeiter gleichzeitig<br />
„abholen“: vom Manager bis zum Außendienstler. Bei<br />
Staffbase geht das mehrsprachig. Unterstützt werden<br />
Inhalte in mehr als 30 Sprachen, die Benutzeroberfläche<br />
gibt es in acht – inklusive Chinesisch.<br />
„Wir verwenden unsere App natürlich auch<br />
selbst“, sagt Böhringer, während er noch schnell<br />
eine Nachricht an den Kollegen absetzt. Hierfür<br />
nutzt er die Desktop-Version der Staffbase-App.<br />
Böhringer hätte natürlich auch aufstehen können,<br />
denn die Wege bei Staffbase sind kurz – auch zwischen<br />
dem CEO und den einzelnen Teams, die aus<br />
Softwareentwicklern, Kundenbetreuern, Marketingoder<br />
Sales-Spezialisten bestehen. Es gibt flache Hierarchien<br />
im jungen und internationalen Team, dessen<br />
Altersdurchschnitt ungefähr bei 30 Jahren liegt. Man<br />
duzt sich, flexible Arbeitszeitmodelle sind etabliert.<br />
5 6<br />
Gearbeitet wird im schicken Loft, wer will kann sich<br />
mit dem Laptop aufs Sofa hocken. „Das wollen wir<br />
uns bewahren, so lange es geht“, sagt der 33-Jährige.<br />
Das sei schließlich Teil des Produkts. „Die großen<br />
Konzerne wollen sich eine Scheibe von uns<br />
abschneiden, wollen sich mehr als Start-up fühlen.<br />
Dieses Gefühl verkaufen wir mit der App gleich mit.“<br />
Zum Kunden geht es deshalb auch in T-Shirt und<br />
Turnschuhen. Staffbase sei oft der Wegbereiter für<br />
eine neue interne Kommunikationsstrategie und fast<br />
schon für den Führungsstil. „Ich kann als CEO mit<br />
einer Massenmail keine strategische Kommunikation<br />
machen. Das funktioniert heute nicht mehr.“<br />
Die Softwarelösung kommt an, bei inzwischen<br />
rund 250 Kunden in Deutschland und auf der ganzen<br />
Welt. Das Team an den Standorten Chemnitz, Dresden<br />
und Köln ist gut ausgelastet. Seit der Gründung habe<br />
man sich jedes Jahr verdoppeln können, sagt Böhringer.<br />
Um dem wachsenden Kundenstamm gerecht zu<br />
werden, wollen die drei Geschäftsführer das Team von<br />
rund 90 Mitarbeitern in Deutschland um 100 neue<br />
Kollegen erweitern. Seien es zu Gründungszeiten eher<br />
Softwareentwickler gewesen, suche man derzeit vor allem<br />
Unterstützung in den Bereichen Marketing, Sales<br />
und Kundenbetreuung. Das schafft Arbeitsplätze und<br />
stärkt die Wirtschaftsregion rund um Chemnitz, die<br />
auch schon einige andere Software-Start-ups wie Prudsys,<br />
Intenta oder Baselabs hervorgebracht hat. Und auch<br />
Dresden bietet Potential, vor allem aufgrund der Nähe<br />
zur TU oder dem dort ansässigen 5G Lab.<br />
Die Strategie von Staffbase wird derweil internationaler:<br />
Neben dem bereits bestehenden Büro<br />
mit acht Mitarbeitern in New York soll ein weiteres<br />
in London hinzukommen. Man denke das Thema<br />
ohnehin global, sagt Böhringer. „Wir wollen Marktführer<br />
werden. Derzeit haben wir das beste Produkt<br />
dafür – auch wenn die Konkurrenz natürlich nicht<br />
schläft.“ Dass die Idee von „mobile first“ in der Mitarbeiterkommunikation<br />
ankommt, zeigt auch das<br />
große Interesse der Investoren. Kürzlich konnte<br />
Staffbase in einer dritten Finanzierungsrunde acht<br />
Millionen Euro für die Weiterentwicklung seiner<br />
Mitarbeiter-App gewinnen. Der globale Risikokapitalgeldgeber<br />
e.ventures ist neben Capnamic Ventures<br />
und Kizoo Technology Capital nun neuer Hauptinvestor.<br />
Ein kluger Schachzug, der neue Geldgeber<br />
selbst hat beste Beziehungen ins Silicon Valley. ■<br />
FAKTEN // Standorte: Chemnitz, Dresden, Köln, New York /<br />
Gründungsjahr: 2014 / Mitarbeiter: 90 / Geschäftsführung:<br />
Martin Böhringer (CEO), Frank Wolf (CMO), Lutz<br />
Gerlach (COO) / Mission: Mit einer Mitarbeiter-App die<br />
Unternehmenskultur revolutionieren<br />
TRENDING TOPICS
18<br />
Inspirational Leaders<br />
Inspirational Leaders<br />
Digitalisierungsstrategien und Zukunftsvisionen:<br />
sechs Wegbereiter im Fokus<br />
text<br />
Benjamin Kleemann-von Gersum<br />
& Sabine Simon<br />
Rainer Gläß hat große Visionen für den Einzelhandel<br />
Software für Handelsunternehmen: Das ist seit Jahrzehnten<br />
die Kompetenz von Rainer Gläß. Als Firmengründer<br />
hat er sein Unternehmen GK Software – 1990 als<br />
Zwei-Mann-Unternehmen mit Geschäftspartner Stephan<br />
Kronmüller in Schöneck/Vogtland gegründet – zu einem<br />
Global Player im Bereich Retail-Software gemacht. GK<br />
Software erzielte laut Geschäftsbericht im Jahr 2017 gut<br />
90,5 Millionen Euro Umsatz. Über 150 Firmenkunden in<br />
mehr als 50 Ländern nutzen die Softwarelösungen aus<br />
Südwestsachsen, bei denen alle Kasseninformationen direkt<br />
an die Buchhaltung, das Beschaffungswesen oder die<br />
IT weitergeleitet werden. „Die Technologie wird für Handelsunternehmen<br />
zum entscheidenden Faktor“, sagt Gläß.<br />
Er sieht den Trend zu mobilen Geräten als einen der wichtigsten<br />
Innovationstreiber für den Einzelhandel. „Wir befinden<br />
uns in einer Umbruchphase von einer traditionellen<br />
Welt stationären Handels hin zu Omni-Channel-Prozessen.<br />
In dieser Gemengelage müssen alle Händler ihren Platz<br />
neu definieren.“ Seine Vision bringt der Firmengründer,<br />
der seit 2015 dem Digital-Gipfel der Bundesregierung<br />
angehört, auf den Punkt: „Wo wir sind, ist vorn!“ In allererster<br />
Linie sei das ein Anspruch an ihn selbst, aber auch<br />
an sein leistungsfähiges Team. Und das soll sich wohlfühlen<br />
am Firmensitz in Schöneck: So hat die Geschäftsführung<br />
ein Innovation-Center geschaffen, es gibt ein Café,<br />
Lounge-Bereiche, After-Work-Skiing und ein Fitnesscenter.<br />
Dass Gläß seiner Heimat verbunden ist, zeigt sein vielfältiges<br />
Enga gement, darunter die Implementierung eines digitalen<br />
Schulkonzepts für das Sportgymnasium in Klingenthal.<br />
Als nächstes großes Thema für die Branche hat<br />
Gläß Künstliche Intelligenz identifiziert: „Der Handel sucht<br />
nach Optimierungen bei immer größer werdender Komplexität<br />
wie riesigen Datenmengen“, erklärt er. So ist es nur<br />
logisch, dass GK Software 2017 mehrheitlich die Prudsys<br />
AG aus Chemnitz übernommen hat, einen der führenden<br />
Anbieter agiler KI-Technologien für den Omni-Channel-<br />
Handel. www.gk-software.com<br />
Katja Hillenbrand macht Trinkwasser smart<br />
Wasser, Gebäudetechnik und Digitalisierung – das sind zentrale<br />
Zukunftsthemen für Katja Hillenbrand, Geschäftsführerin der Micas AG<br />
aus Oelsnitz im Erzgebirge. „Von der Wasserzuleitung über verschiedenste<br />
Anwendungen im Gebäude bis zur Abwasserleitung begleiten wir mittels<br />
ausgefeilter Sensoren und eines smarten IoT-Pakets das Wasser durchs<br />
Gebäude“, sagt die gebürtige Baden-Württembergerin im Gespräch. Im<br />
Jahr 2000 gegründet, hat sich Micas durch kontinuierliches Wachstum zu<br />
einem international tätigen mittelständischen Marktführer im Bereich<br />
kunden spezifischer OEM-Sensorlösungen entwickelt. Visionen für die<br />
Zukunft? Die Unternehmerin hat viele: beispielsweise vorausschauende<br />
Instandhaltung, intelligente Wasserbereitstellung oder zentrales<br />
Wassermanagement in der Cloud. Und ganz selbstverständlich investiert<br />
Hillenbrand, selbst Mutter von zwei Kindern, in die Zukunft der Mitarbeiter<br />
und ihrer Familien: Seit vielen Jahren bereits gibt es einen Betriebskindergarten<br />
und einen Hort. www.micas.de<br />
TRENDING TOPICS
19<br />
Inspirational Leaders<br />
Dr. Paul Brandenburg sichert<br />
Zugang auf Patientenverfügungen<br />
Brigitte Voit bringt Forschung und Unternehmen zusammen<br />
Auch die Wissenschaft schöpft das enorme Potential der Digitalisierung<br />
aus: „Diese ist Treiber in der Materialwissenschaft“, sagt Chemikerin<br />
Brigitte Voit. Die Mitbegründerin von Dresden-concept, einem Modell<br />
der erfolgreichen Zusammenarbeit universitärer und außeruniversitärer<br />
Forschung, ist wissenschaftliche Direktorin des Leibniz-Institutes für<br />
Polymerforschung (IPF) Dresden und Professorin für Organische Chemie<br />
der Polymere an der TU Dresden. „Hightechmaterialien für Zukunftstechnologien<br />
können mittels intelligenter Auswertung von großen Mengen<br />
an Materialdaten schneller und effizienter entwickelt werden“, erklärt sie.<br />
Datenströme werden also auch in Forschungsbereichen, die bislang besonders<br />
praxisnah geprägt waren, immer wichtiger. Gleichzeitig bestehe die<br />
Herausforderung, Materialien individueller an die jeweilige Anwendung und<br />
an den Benutzer anzupassen und sie damit adaptiv zu gestalten. Voit arbeitet<br />
mit Kollegen und Mitarbeitern daran, Sachsen als Wissenschaftsstandort<br />
weiter voranzubringen. www.ipfdd.de<br />
Wie bestimme ich, was medizinisch<br />
unternommen werden soll, wenn ich<br />
entscheidungsunfähig bin? Und wie<br />
bekommen Ärzte Zugriff zu meiner<br />
Patientenverfügung? Auf diese Fragen<br />
fand der ehemalige Notarzt Dr. Paul<br />
Brandenburg in Leipzig eine Lösung.<br />
Sein E-Health-Start-up Dipat hinterlegt<br />
online Patientenverfügungen,<br />
die im Notfall über das Smartphone<br />
abrufbar sind. Das funktioniert<br />
über einen Aufkleber auf der Versichertenkarte.<br />
„Fast alle nicht-digitalen<br />
Patientenverfügungen kommen viel<br />
zu spät im Krankenhaus an und sind<br />
inhaltlich ungenau, so dass sie nutzlos<br />
sind“, erklärt Brandenburg.<br />
www.dipat.de<br />
Gerhard Fettweis sorgt für<br />
flächendeckendes Mobilfunknetz<br />
Was bringt einem das modernste<br />
Smartphone, wenn man kein Netz hat?<br />
Dieser Frage widmet sich Professor<br />
Gerhard Fettweis. Er kam 1994 aus<br />
dem Silicon Valley – dort war er unter<br />
anderem für IBM tätig – an die TU<br />
Dresden und ist seither Inhaber des<br />
Vodafone Stiftungslehrstuhls. „Wir<br />
erforschen Methoden, die Geschwindigkeit<br />
der Mobilfunknetze weiter voranzutreiben<br />
sowie Durchbrüche für die<br />
flächendeckende Versorgung zu erreichen“,<br />
sagt er. Im 5G-Lab forscht ein<br />
interdisziplinäres Team aus 20 verschiedenen<br />
Forschungsbereichen an<br />
Schlüsseltechnologien für die Aktivierung<br />
von 5G. Unterstützt wird die<br />
Initiative von Unternehmen wie Bosch<br />
oder Deutsche Telekom. Fettweis ist<br />
zudem CEO des kürzlich gegründeten<br />
Barkhausen-Instituts, das sich mit der<br />
Industrie-Digitalisierung beschäftigt.<br />
www.5glab.de<br />
Gesche Weger macht die Digitalisierung nachhaltig<br />
Wollte man die Vision von Packwise-Geschäftsführerin Gesche Weger<br />
zusammenfassen, würde sie wohl folgendermaßen lauten: „Digitalisierung<br />
schafft Nachhaltigkeit.“ Das Unternehmen mit Sitz in Dresden vernetzt die<br />
Prozessindustrie und bietet eine unabhängige Onlineplattform für die optimale<br />
Wiederverwendung und Verwertung von Industrieverpackungen. Das<br />
Ziel: Die Anzahl der Zyklen, die eine Transportverpackung durchläuft, soll<br />
maximiert werden. In Zeiten des globalen Handels sowie immer schneller<br />
und kom plexer werdender Handelsströme leisten Weger und ihr Team einen<br />
wichtigen Beitrag zur Schonung von Ressourcen: „Wir schaffen im Unternehmen<br />
intelligente und automatisierte Kreisläufe, in denen entleerte Container<br />
und Fässer auf minimalen Transportwegen organisiert sind. Mit Hilfe<br />
der Digitali sierung verschaffen wir unseren Kunden aus den Branchen Chemie-,<br />
Pharma- und Lebensmittelindustrie einen transparenten und direkten<br />
Zugang zu wiederverwertbaren Industrieverpackungen.“ www.packwise.de<br />
TRENDING TOPICS
20<br />
Mobility & Logistics<br />
Keine Science-Fiction<br />
Mit elektrischen Taxis quer<br />
über die Stadt zum nächsten<br />
Termin fliegen? Wenn es<br />
nach dem Start-up Volocopter<br />
geht, könnte das Realität<br />
werden. Noch schafft das<br />
Flugtaxi nur 27 Kilometer,<br />
aber das Team aus dem<br />
badischen Bruchsal bastelt<br />
weiter an einer Ergänzung<br />
zu anderen Nahverkehrsmitteln.<br />
Daimler, Intel und<br />
Internet-Unternehmer<br />
Lukasz Gadowski haben<br />
schon investiert.<br />
TRENDING TOPICS
21<br />
Mobility & Logistics<br />
TRENDING TOPICS<br />
03<br />
Mobility &<br />
Logistics<br />
short cut / Mobility & Logistics, deutsch: Mobilität &<br />
Logistik / Ziel: Individualverkehr und Güterströme koordinieren<br />
und realisieren / Eine der wichtigsten Wachstumsbranchen der<br />
Zukunft / Mobilitäts-Apps stellen je nach Präferenz schnellste,<br />
sauberste oder günstigste Verbindung zusammen / Trends: autonomes<br />
Fahren über alle Verkehrsträger hinweg, die Suche nach umweltfreundlichen,<br />
kostengünstigen und leistungsstarken Antrieben<br />
TRENDING TOPICS
22<br />
Mobility & Logistics<br />
Computer<br />
übernehmen<br />
das Steuer<br />
Autonome Mobilitätskonzepte<br />
verändern unsere Idee der<br />
Fortbewegung grundlegend.<br />
text<br />
Klaus Lüber<br />
Es ist die entscheidende Frage, die alle interessiert.<br />
Sie wird auch Toralf Trautmann immer wieder gestellt:<br />
Wann kommen denn die autonom fahrenden<br />
Autos? Trautmann, Professor für Kfz-Mechatronik<br />
an der Hochschule für Technik und Wirtschaft<br />
Dresden (HTW Dresden), antwortet dann gern mit<br />
einer Gegenfrage: Was genau man denn unter autonomem<br />
Fahren verstehe? „Man denkt ja sehr schnell<br />
an futuristische Vehikel ohne Lenkrad. Dabei ist der<br />
Begriff wesentlich vielschichtiger“, so der Experte.<br />
„Autonome Autos gibt es ja heute schon, allerdings<br />
in ganz unterschiedlichen Ausprägungen.“<br />
Trautmann ist Nutzer einer Teststrecke für<br />
autonomes Fahren, die seine Hochschule direkt neben<br />
dem Technikum für Fahrzeugtechnik installiert<br />
hat. Seit 2017 rollt dort unter anderem ein mit Sensorik<br />
und Messtechnik ausgestatteter BMW i3 über<br />
einen 50 mal 70 Meter großen Rundkurs. Trautmann<br />
möchte herausfinden, wie man testen kann, ob<br />
solche Autos für den Straßenverkehr zugelassen werden<br />
dürfen. „Autonomie bedeutet, dass Sie als Fahrer<br />
Verantwortung an die Maschine abgeben. Aber das<br />
ist kein Entweder-oder, sondern ein Prozess, der verschiedene<br />
Grade an Selbststeuerung unterscheidet.“<br />
Anfällig für Störungen<br />
Um diesen Grad zu bestimmen, hat sich ein System<br />
aus sechs Leveln eingebürgert. Level null heißt, die<br />
Maschine übernimmt keinerlei Eingriffe; bei Level<br />
fünf steuert das Fahrzeug in jeder Situation vollkommen<br />
autonom. „Serientauglich sind im Augenblick<br />
lediglich teilautonome Systeme auf Level<br />
zwei, in dem das Auto einzelne Aufgaben für den<br />
Fahrer übernehmen kann“, so Trautmann. Dazu<br />
gehörten etwa Spurhaltefunktionen oder Stauassistenten,<br />
die bei zähem Verkehr ohne Eingriff des<br />
Fahrers das Steuer übernehmen können. Für mehr<br />
Autonomie reiche es noch nicht, die Umfeldsensorik<br />
sei zu anfällig für Störungen.<br />
Ähnlich sieht es Robin Streiter, Geschäftsführer<br />
des Start-ups Naventik. „Es gibt ja heute schon<br />
durchaus beeindruckende Demonstrationen autonomen<br />
Fahrens, wenn etwa Messebesucher am Flughafen<br />
in einen selbststeuernden Shuttlebus steigen, der<br />
sie zum Veranstaltungsort bringt“, so Streiter. „Was<br />
man dabei aber gern vergisst: Dahinter steckt immer<br />
ein immenser Aufwand. Die Branche ist noch deutlich<br />
davon entfernt, die Systeme wirklich stabil zu machen<br />
gegen alle möglichen Einflüsse von außen.“ Naventik<br />
arbeitet genau daran. Das 2017 gegründete Unternehmen,<br />
eine Ausgründung der TU Chemnitz, hat<br />
eine Software entwickelt, die es Fahrzeugen ermöglicht,<br />
ihre Position im Verkehr genauer zu bestimmen.<br />
„Wir denken ja alle, unsere GPS-Systeme würden das<br />
schon leisten, aber das ist ein Trugschluss“, erklärt<br />
Streiter. In Wahrheit sei das Signal zu verrauscht für<br />
ein autonom agierendes System.<br />
neue Bahntechnologien<br />
Zwar wird das Thema autonomes Fahren vor allem<br />
im Automobilkontext diskutiert, doch auch im Zug-,<br />
Schiffs- und Luftverkehr arbeitet man an Lösungen.<br />
Im sächsischen Annaberg-Buchholz betreibt die TU<br />
Chemnitz ein Forschungszentrum, das sich mit den<br />
Potentialen hochautomatisierten Fahrens für den Zugverkehr<br />
beschäftigt. Der „Smart Rail Connectivity<br />
1<br />
TRENDING TOPICS
23<br />
Mobility & Logistics<br />
2<br />
BILDER<br />
1<br />
Umfangreiches Projekt:<br />
Experten der HTW Dresden<br />
erforschen das autonome<br />
Fahren für den innerstädtischen<br />
Verkehr. Zum Einsatz kommen<br />
dabei auch Sensorsysteme zur<br />
Umfelderfassung.<br />
2<br />
Digitales Stellwerk:<br />
In Annaberg-Buchholz<br />
beschäftigt sich ein<br />
Forschungszentrum der TU<br />
Chemnitz mit den Potentialen<br />
hoch automatisierten<br />
Fahrens für den Zugverkehr.<br />
Autonomie wird<br />
uns Vorteile<br />
bei der Sicherheit<br />
bieten.<br />
Aber sie allein<br />
wird nicht das<br />
Problem der<br />
hohen Verkehrsbelastung<br />
in<br />
unseren Städten<br />
lösen.<br />
Campus“ umfasst unter anderem das seit Januar 2018<br />
installierte erste digitale Stellwerk Europas und eine<br />
Teststrecke, auf der ein Einsatz von Umfeldsensorik,<br />
ähnlich wie im Automobilbereich, erprobt wird.<br />
„Auf der Schiene ist die Situation natürlich etwas<br />
anders als auf der Straße“, erklärt Sören Claus, der<br />
das Projekt als technischer Leiter betreut. „In geschlossenen<br />
Systemen wie etwa U-Bahnnetzen ist hochautomatisiertes<br />
Fahren schon heute im Normalbetrieb<br />
möglich. Und im offenen Schienennetz haben wir<br />
schon lange einen hohen Grad an Automatisierung<br />
erreicht.“ Von einer vollautonomen Steuerung sei man<br />
allerdings noch ähnlich weit entfernt wie auf der Straße.<br />
„Das liegt auch an den viel größeren Sicherheitsanforderungen.“<br />
Trotzdem ist Claus überzeugt, dass<br />
es sich lohnt, in autonom agierende Systeme auf der<br />
Schiene zu investieren. „Wir könnten Netze effizienter<br />
nutzen, besser überwachen, Instandhaltungs- und<br />
Energiekosten deutlich reduzieren.“<br />
Lösungen für Flugzeug & Schiff<br />
Auch was die Luftfahrtsbranche angeht, sollen autonome<br />
Steuerungssysteme neuen Mobilitätskonzepten<br />
zum Durchbruch verhelfen. Unter dem Stichwort<br />
Urban Aerial Mobility (UAM) arbeitet der Konzern<br />
Airbus an der Entwicklung von selbststeuernden Flugtaxis.<br />
Das deutsche Start-up Volocopter hatte bereits<br />
auf der Cebit 2018 einen Mini-Hubschrauber vorgestellt<br />
– mit 18 Rotoren, vollständig redundanten<br />
Antriebssträngen und einer intelligenten autonomen<br />
Steuerung. Andreas Knie, Mobilitätsforscher am Wissenschaftszentrum<br />
Berlin für Sozialforschung, ist allerdings<br />
skeptisch: „Das hört sich natürlich erstmal sehr<br />
innovativ an. Aber erstens ist die Bepackungsdichte<br />
der Luft vergleichsweise begrenzt, und zweitens benötigen<br />
Sie ein Vielfaches an Transportenergie als auf<br />
dem Boden. Ein Massenverkehrsmittel wird das wohl<br />
nicht werden.“<br />
Bliebe noch die Schifffahrt. Kürzlich hatte das<br />
norwegische Start-up Massterly den Betrieb eines elektrisch<br />
betriebenen und mit autonomer Steuertechnik<br />
ausgestatteten Containerschiffs angekündigt. Ab 2020<br />
soll das Schiff unbemannt operieren, überwacht von<br />
mehreren Kontrollzentren an der Küste. Auch Länder<br />
wie Finnland, Australien und China investieren in die<br />
Technologie; in der EU wurde bereits ein Forschungsprojekt<br />
zum Thema durchgeführt.<br />
Autonome Mobilität ist ohne Frage ein spannendes<br />
Zukunftsthema, glaubt Andreas Knie. Dennoch<br />
dürfe man nie die Frage des Nutzens aus dem<br />
Blick verlieren. „Autonomie wird uns Vorteile in bestimmten<br />
Teilbereichen bieten. Aber sie allein wird<br />
zum Beispiel nicht das Problem der hohen Verkehrsbelastung<br />
in unseren Städten lösen.“ Ähnlich sieht<br />
das auch Toralf Trautmann von der HTW Dresden.<br />
„Es ist vielleicht gar kein Vorteil, jedes Auto überall<br />
voll autonom fahren zu lassen“, so der Forscher. Man<br />
könnte Selbststeuerung in Situationen einsetzen, die<br />
der Steuerungstechnik der Systeme entgegenkommen<br />
und den Menschen dort wieder ins Spiel bringen, wo<br />
der Sicherheitsaufwand am größten ist. „Stellen Sie<br />
sich vor, Sie rufen ein Robotaxi. Das E-Mobil parkt<br />
an einer Ladestation, rollt langsam, sicher und vollautonom<br />
bis zu Ihrer Haustür. Dann steigen Sie ein und<br />
fahren selbst weiter.“ Man hätte so quasi nebenbei<br />
eine Lösung für ein weiteres drängendes Problem parat:<br />
den Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Elektromobilität.<br />
Statt immer mehr Stationen bauen zu müssen,<br />
könnte man den Ladevorgang den autonomen<br />
Fahrzeugen gewissermaßen selbst überlassen. ■<br />
TRENDING TOPICS
24<br />
Mobility & Logistics<br />
ONE<br />
QUESTION<br />
Machen Maschinen<br />
eigentlich weniger<br />
Fehler im Straßenverkehr?<br />
ONE<br />
ANSWER<br />
»Die sichersten Systeme kombinieren<br />
Mensch und Maschine. Das gilt für<br />
den Piloten im Flugzeug, den Bahnführer<br />
im digital vernetzten Bahnverkehr,<br />
und das wird auch bis auf weiteres<br />
im hochautomatisierten Fahren so<br />
bleiben. Fahrerloses Fahren wird die<br />
Ausnahme auf besonders präparierten<br />
Teilstrecken bleiben.«<br />
( Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, Philosoph und<br />
Kulturstaatsminister a.D., lehrt seit 2004 an der<br />
Ludwig-Maximilians-Universität München. )<br />
TRENDING TOPICS
25<br />
Cybersecurity<br />
TRENDING TOPICS<br />
04<br />
Cybersecurity<br />
short cut / Cybersecurity, auch IT-Sicherheit oder umfassender:<br />
Informationssicherheit / Konzept, um jegliche Art von<br />
digitalen Daten und Informationssystemen, Soft- und Hardware<br />
zu schützen / Essentiell für mittelständische Unternehmen und<br />
Start-ups, da diese vermehrt zur Zielscheibe von Cyberattacken<br />
werden / Besonders betroffen sind gegenwärtig auch Unternehmen<br />
aus der Energiewirtschaftsbranche<br />
TRENDING TOPICS
26<br />
Cybersecurity<br />
Mit Honigtöpfen<br />
gegen Hacker<br />
1<br />
TRENDING TOPICS
27<br />
Cybersecurity<br />
Cyberangriffe sind für Unternehmen<br />
und staatliche Institutionen<br />
gleichermaßen eine Bedrohung.<br />
Datenverschlüsselungen müssen<br />
fortlaufend verbessert werden,<br />
um im Katz-und-Maus-Spiel gegen<br />
Hacker nicht abgehängt<br />
zu werden.<br />
text<br />
Guido Walter<br />
Das Licht geht aus, der Kühlschrank streikt, der Fernseher<br />
sendet ein schwarzes Bild. Kaum ein Szenario<br />
bereitet den Deutschen mehr Angst als ein landesweiter<br />
„Blackout“. Die Furcht davor mag übertrieben<br />
sein. Doch dass kritische Infrastrukturen wie Energieversorger<br />
angreifbar sind, ist eine Tatsache. So warnt<br />
etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik<br />
(BSI) vor Hackerangriffen auf deutsche<br />
Energieversorger. Die Unternehmen, so das BSI, seien<br />
Ziel einer großangelegten Cyber-Angriffskampagne.<br />
In einigen Fällen verschafften sich die Angreifer Zugriff<br />
auf die Büronetzwerke der Unternehmen. In<br />
Produktions- oder Steuerungsnetzwerke drangen die<br />
Hacker allerdings nicht vor. Für Franziska Leitermann<br />
vom Dresdener IT-Unternehmen Cloud & Heat kein<br />
Grund zur Entwarnung. „Das aktuelle Beispiel der<br />
großangelegten Hackerangriffe auf Energieversorger<br />
zeigt einmal mehr die Gefahren, denen große Unternehmen<br />
und Behörden ausgesetzt sind.“<br />
ILLUSTRATION<br />
1<br />
Gefährliche Hacks:<br />
Je digitalisierter die Wirtschaft,<br />
desto intelligenter gehen auch<br />
die Hacker vor. Unternehmen<br />
werden seit geraumer Zeit<br />
deutlich häufiger attackiert als<br />
noch vor Jahren. Aber auch<br />
Behörden trifft es regelmäßig.<br />
Die Zahlen sind in der Tat beängstigend. Laut einer<br />
Studie des Digitalverbands Bitkom entstand Unternehmen<br />
hierzulande in den Jahren 2015 und 2016<br />
jährlich ein Schaden von 55 Milliarden Euro durch<br />
Cyberattacken. Etwa jedes zweite Unternehmen war<br />
schon einmal von Spionage, Sabotage oder Datendiebstahl<br />
betroffen. Die Folgen können weitreichend<br />
sein: Bei 17 Prozent der Unternehmen wurden<br />
sensible digitale Daten wie Mails, Finanz- oder<br />
Kundendaten entwendet. Bei 11 Prozent waren es<br />
Patente oder Informationen aus Forschung und<br />
Entwicklung. Behörden und Unternehmen werden<br />
deutlich häufiger attackiert als noch vor Jahren.<br />
„Oft merken Firmen viel zu spät, dass Daten abgeflossen<br />
sind“, sagt Teresa Ritter, Referentin Sicherheitspolitik<br />
beim Bitkom. „Die Dunkelziffer ist also<br />
erheblich.“ Auch aus Angst vor Imageschäden hängen<br />
Unternehmen einen Schadensfall ungern an die<br />
große Glocke. „Ein entdeckter Schaden sollte aber<br />
TRENDING TOPICS
28<br />
Cybersecurity<br />
umgehend bei staatlichen Stellen gemeldet werden,<br />
damit diese ein Lagebild erstellen können“, erklärt<br />
Ritter. „Andere Unternehmen bekommen so die<br />
Möglichkeit, sich zu schützen.“<br />
Absolute Sicherheit<br />
gibt es nicht<br />
Eine IT-Attacke kann für Unternehmen existenzgefährdende<br />
Dimensionen annehmen. Durch einen<br />
Hackerangriff auf A.P. Møller-Mærsk, die größte Container-Reederei<br />
der Welt, entstand 2017 ein Schaden<br />
von geschätzten 300 Millionen US-Dollar. Angreifer<br />
legten die Firma mit Erpressersoftware zeitweise lahm.<br />
Auch der Nivea-Hersteller Beiersdorf wurde bereits attackiert<br />
und beziffert den Umsatzausfall durch einen<br />
Hackerangriff auf 35 Millionen Euro. „Absolute Sicherheit<br />
gibt es nicht“, sagt Oliver Nyderle, Leiter Digital<br />
Integrity Solutions bei T-Systems Multimedia Solutions.<br />
Informationssicherheit sollte ihm zufolge als<br />
fortwährender Prozess begriffen werden. „Sicherheit<br />
im Unternehmen muss gelebt werden“, sagt Nyderle.<br />
Und das nicht nur in Unternehmen, sondern auch<br />
in politischen Institutionen, die im Fokus der Bürger<br />
stehen und besonders hohe Ansprüche an Vertraulichkeit,<br />
Verfügbarkeit und Integrität ihrer verarbeiteten<br />
Daten haben. Der „Bundestags-Hack“ von 2015, bei<br />
dem mutmaßlich russische Hacker Daten im Umfang<br />
von 16 Gigabyte stahlen, rief gar den Generalbundesanwalt<br />
auf den Plan. „Vorfälle wie der Bundestags-<br />
Hack haben gezeigt, dass die IT-Systeme politischer<br />
Institutionen ein äußerst interessantes Angriffsziel<br />
darstellen“, sagt Nyderle. Auch das sächsische Verwaltungsnetz<br />
verzeichnet immer wieder Spähangriffe.<br />
ILLUSTRATION<br />
2<br />
Präventiv: Neben der Verschlüsselung<br />
der Daten sollen<br />
auch smarte Sicherheitssysteme<br />
Hacker abwehren.<br />
Die Software „Honey Sens“<br />
simuliert typische Netzwerkdienste<br />
mitsamt potentiell<br />
lukrativen Angriffszielen – und<br />
stellt so „Hackerfallen“.<br />
2<br />
Die Behörden entschieden sich daher, eine „Honigfalle“<br />
aufzustellen: „Honey Sens“, zusammengesetzt<br />
aus „Honeypot“ und „Sensoren“, ergänzt bestehende<br />
Sicherheitsarchitekturen von Behörden- oder Unternehmensnetzwerken.<br />
„Die Software simuliert über<br />
Sensoren im Netz verwundbare und damit für Angreifer<br />
attraktive Schwachstellen, die sogenannten<br />
Honigtöpfe“, sagt Karl-Otto Feger, Beauftragter für<br />
Informationssicherheit des Freistaates Sachsen. „Diese<br />
Hackerfallen zeichnen bei einem verdächtigen Zugriff<br />
auf das Netz alle Datenströme auf und leiten sie<br />
an einen Zentralserver zur Prüfung und Alarmierung<br />
weiter.“ Die „Honigtöpfe“ sammeln so wertvolle Informationen,<br />
um das IT-System gegen unbefugtes<br />
Eindringen von außen zu schützen. „Durch 'Honey<br />
Sens' können Angriffe in Echtzeit bemerkt, der Ursprung<br />
des Angriffs identifiziert und entsprechende<br />
Gegenmaßnahmen sofort eingeleitet werden“, sagt<br />
Feger. Erste Unternehmen setzen diese Lösung inzwischen<br />
ein. Die enge Zusammenarbeit mit Sachsen<br />
beim Einsatz und in der Weiterentwicklung von<br />
„Honey Sens“ ist derzeit bundesweit einzigartig.<br />
Katz-und-Maus-Spiel gegen<br />
potentielle Hacker<br />
In Zeiten der zunehmenden Digitalisierung industrieller<br />
Steuerungssysteme müssen die Abwehrmaßnahmen<br />
Schritt halten. Cybersecurity wird in einer<br />
immer vernetzteren Produktionswelt noch wichtiger.<br />
Aber wie schützen wir die Smart Factory, deren<br />
Kernstück die Software ist und die Industrie 4.0<br />
sowie umfassende Datenanalysen erst ermöglicht?<br />
„Es ist wichtig, die Smart Factory physisch und<br />
softwareseitig gegen oft unsichtbare Cyberangriffe<br />
zu schützen“, sagt Leitermann von Cloud & Heat.<br />
„Das kann physisch durch Private-Cloud-Lösungen<br />
geschehen, aber auch durch besondere Schutzmaßnahmen<br />
bei Public-Cloud-Angeboten.“<br />
Fest steht, dass Datenverschlüsselungen fortlaufend<br />
verbessert werden müssen, um im ständigen<br />
Katz-und-Maus-Spiel gegen potentielle Hacker nicht<br />
abgehängt zu werden. Das wird sich auch mit Blick auf<br />
die Zukunft nicht ändern. „Interessante Entwicklungen<br />
gibt es im Bereich der Künstlichen Intelligenz“, so<br />
Leitermann. KI-Firewalls könnten Verhaltensanalysen<br />
von Angreifern durchführen und selbständig dazulernen.<br />
Und hochspezialisierte Quantencomputer könnten<br />
Verschlüsselungen durchführen, die so komplex<br />
sind, dass nur ein weiterer Quantencomputer diese<br />
wieder entschlüsseln kann. Entscheidend aber bleibt<br />
der menschliche Faktor. Auch in Zukunft braucht es<br />
gut geschulte und ausgebildete Mitarbeiter, die mit<br />
den steigenden Ansprüchen an die Technologien mitwachsen<br />
können. ■<br />
TRENDING TOPICS
29<br />
E-Commerce<br />
TRENDING TOPICS<br />
05<br />
E-<br />
Commerce<br />
short cut / Electronic Commerce, kurz: E-Commerce,<br />
auch elektronischer Handel / Das Bewerben, An- und Verkaufen<br />
von Waren und Dienstleistungen im Internet / Händler fahren<br />
Omni-Channel-Strategie mit Shops und Marktplätzen /<br />
Interaktion mit dem Kunden über mobile Devices rund um<br />
die Uhr möglich / Verschiebung vom stationären Handel hin zu<br />
E-Commerce / B2C-E-Commerce-Umsätze laut Prognosen im<br />
Jahr 2020 bei rund 77 Milliarden Euro<br />
TRENDING TOPICS
30<br />
E-Commerce<br />
1<br />
text<br />
Sabine Simon<br />
Ein Hoch auf die Community<br />
Vom studentischen Start-up<br />
zum europäischen Marktführer:<br />
Warum das Social-Commerce-<br />
Unternehmen Spreadshirt<br />
so vieles richtig gemacht hat.<br />
TRENDING TOPICS
31<br />
E-Commerce<br />
BILDER<br />
1<br />
Ein Blick in die Produktion:<br />
Hergestellt werden die Shirts<br />
beispielsweise im tschechischen<br />
Krupka, bevor sie auf die<br />
Reise zum Kunden gehen.<br />
2<br />
Lunch with a View: Zum Mittagessen<br />
geht es bei Spreadshirt<br />
rauf auf die Dachterrasse.<br />
3<br />
Hier wurden früher Eisenbahnkräne<br />
montiert:<br />
das Headquarter im Leipziger<br />
Stadtteil Plagwitz.<br />
Individualität<br />
Das, was bei Spreadshirt<br />
passiert, könnte man als<br />
Social Commerce bezeichnen:<br />
Der Konsument wird<br />
zum Produzenten. Eine Idee,<br />
die ankommt bei den Usern<br />
und gut 80 000 aktiven<br />
Verkäufern.<br />
Einkaufen geht heute online: Das schicke Paar Schuhe<br />
oder die neue High-End-Kamera sind mit dem<br />
Smartphone nur einen Klick entfernt. Unkompliziert<br />
und rund um die Uhr. Kein Wunder, dass der<br />
E-Commerce-Umsatz durch die Decke geht. Jeder<br />
achte Euro im Einzelhandel wird deutschlandweit<br />
im Internet ausgegeben. Standards setzen Ebay oder<br />
Amazon, aber auch kleinere Firmen spielen ganz<br />
oben mit. Spreadshirt zum Beispiel. 2002 gegründet,<br />
gehört das Leipziger Unternehmen zu den weltweit<br />
führenden E-Commerce-Plattformen für den On-<br />
Demand-Druck. Das liegt einerseits am Produkt.<br />
Wirklich jeder trägt T-Shirts. Anderseits bestimmt<br />
auch der Absatzkanal über den Erfolg: „In einer<br />
Welt, in der Tech und E-Commerce alles sind, ist das<br />
Konzept entscheidend“, sagt Philip Rooke, CEO von<br />
Spreadshirt, und meint damit das veränderte Kaufverhalten<br />
der Konsumenten.<br />
Wer bei Spreadshirt ordert, wünscht sich<br />
schnelle Verfügbarkeit und Individualität. Auf dem<br />
Marktplatz und in Tausenden Shops bieten Verkäufer<br />
auf Provisionsbasis Merchandising oder Designs vor<br />
allem für T-Shirts und Accessoires an. Kunden haben<br />
zudem die Möglichkeit, Produkte nach eigenen<br />
Wünschen zu gestalten, mit individuellen Entwürfen<br />
oder Motiven aus der Community. Den Rest übernimmt<br />
der Onlinehändler: vom Druck bis zum Versand.<br />
Das, was bei Spreadshirt passiert, könnte man<br />
als Social Commerce bezeichnen: Der Konsument<br />
wird zum Produzenten. Eine Idee, die ankommt bei<br />
den Usern und gut 80 000 aktiven Verkäufern. 2017<br />
lieferte das Unternehmen fast fünf Millionen Produkte<br />
aus, erwirtschaftete rund 107 Millionen Euro.<br />
Nur ein Klick<br />
Wollte man Vergleiche ziehen, ist Spreadshirt-Gründer<br />
Lukasz Gadowski so etwas wie der Steve Jobs der<br />
deutschen Start-up-Szene. Was der gebürtige Pole<br />
anfasst, wird irgendwie gut: Lieferheld, Mister Spex,<br />
Brands4Friends oder StudiVZ. Spreadshirt gründete<br />
der heute 40-jährige Tech-Entrepreneur noch während<br />
seiner Studienzeit – und verdiente so seine erste<br />
Million. Für ein Projekt sollte Gadowski seinerzeit<br />
ein Kasseler Textildruckunternehmen, das Jahre vorher<br />
sein eigenes Abi-Shirt bedruckt hatte, strategisch<br />
beraten. Keine leichte Aufgabe, denn das Bedrucken<br />
von Einzelstücken lohnte sich kaum und war noch<br />
dazu sehr teuer für die Kunden. Nachdem er Prozesse<br />
optimiert und geraten hatte, „irgendwas mit<br />
dem Internet zu machen“, kam Gadowski auf die<br />
Idee für ein eigenes Business: einen Onlineservice für<br />
Merchandising-Anbieter und Kunden gleichermaßen.<br />
Jeder sollte bei ihm Bekleidung und Accessoires<br />
mit Wunschmotiven bedrucken lassen können. Mit<br />
Investoren sah es zunächst aber schlecht aus. Trotzdem<br />
baute Gadowski in einer Kellerecke der Handelshochschule<br />
Leipzig die erste Spreadshirt-Website.<br />
Diplom-Ingenieur Matthias Spieß kam ihm zu Hilfe,<br />
und 2002 gründeten die beiden die Spreadshirt GbR.<br />
Weil sie keinen einzigen Cent zur Verfügung hatten,<br />
finanzierten sie sich in den ersten Jahren nur durch<br />
T-Shirt-Verkäufe. Aus eigener Kraft wuchs Spreadshirt<br />
von Monat zu Monat um durchschnittlich 15<br />
Prozent. Das Unternehmen expandierte in die USA.<br />
Neue Mitarbeiter kamen hinzu, bald schon musste<br />
eine größere Produktionsstätte her.<br />
Das ist nun mehr als zehn Jahre her. Inzwischen<br />
ist Spreadshirt global unterwegs, in 18 Ländern<br />
weltweit. Gadowski und Spieß sitzen nur noch im<br />
Aufsichtsrat. Produziert wird neben Leipzig in Legnica<br />
(Polen), dem tschechischen Krupka, im amerikanischen<br />
Greensburg und in Las Vegas. Bei aller In-<br />
2<br />
3<br />
TRENDING TOPICS
32<br />
E-Commerce<br />
Das Smartphone<br />
wird<br />
zum ständigen<br />
Begleiter, die<br />
Filiale zum<br />
begehbaren<br />
Onlineshop.<br />
Es geht um<br />
Inszenierung<br />
der Produkte<br />
– und um<br />
Einkaufserlebnisse.<br />
ternationalität bleibt Spreadshirt seinen Wurzeln treu.<br />
Und die liegen nun mal in Sachsen. Leipzigs Stadtteil<br />
Plagwitz mit seinen kleinen Cafés, dem Bäcker um die<br />
Ecke und der lebhaften Künstler- und Alternativszene<br />
ist da so etwas wie der feste Boden unter den Füßen im<br />
schnelllebigen Online-Zeitalter.<br />
Und rasend schnell ist vor allem die Art und<br />
Weise, wie Kunden heute einkaufen: Das Produkt<br />
der Wahl ist im Netz nur noch einen Klick entfernt.<br />
Der Einzelhandel muss darauf reagieren – mit personalisierbaren<br />
Produkten und mit einer auf die Vorlieben<br />
der Konsumenten zugeschnittenen Auswahl.<br />
Denn die unterscheiden längst nicht mehr zwischen<br />
stationär oder online. Das Stichwort hier: Multichannel-Shopping.<br />
Vor allem der US-Handel hat das<br />
längst erkannt. Das Smartphone wird zum ständigen<br />
Begleiter, die Filiale zum begehbaren Onlineshop.<br />
Es geht um Inszenierung der Produkte – und um<br />
Einkaufserlebnisse. Gekauft wird letztlich vor allem<br />
online. Oder eben doch im Laden, der – Apple macht<br />
es vor – inzwischen ohne Kassensysteme auskommt.<br />
Bezahlt wird übers Smartphone des Verkäufers, der<br />
Kassenbeleg kommt, wenn gewünscht, per E-Mail.<br />
4<br />
5<br />
Kleidung als Form von<br />
Social Media<br />
Mittlerweile sind mehr als 750 Menschen für<br />
Spreadshirt tätig, rund 350 davon in der Leipziger<br />
Firmenzentrale: von Kundenberatern über Frontend-<br />
Architekten, Juristen und Marketingexperten bis hin<br />
zu Mitarbeitern in der Produktion. Man hat versucht,<br />
sich den Start-up-Charakter zu bewahren. In<br />
der alten Fabrikhalle an der Gießerstraße, wo einst<br />
BILDER<br />
4<br />
Work in Progress:<br />
Vom Einzelstück bis zur<br />
Sammelbestellung kann das<br />
Leipziger Unternehmen<br />
alles liefern.<br />
6<br />
5<br />
CEO Philip Rooke: Der gebürtige<br />
Brite sammelte vor seiner<br />
Zeit bei Spreadshirt bei Tesco<br />
(Großbritannien) wichtige<br />
Erfahrungen in Sachen<br />
E-Commerce.<br />
6<br />
Alle Farben und Größen:<br />
Damit die Bestellungen zeitnah<br />
bedruckt werden können, gibt’s<br />
im Lager T-Shirts auf Vorrat.<br />
7<br />
Spreadshirt arbeitet überwiegend<br />
mit Digitaldruck,<br />
aber auch Folien bringen das<br />
Wunschmotiv oder den Lieblingsspruch<br />
aufs Accessoire.<br />
TRENDING TOPICS
33<br />
E-Commerce<br />
Eisenbahnkräne montiert wurden, geht es entspannt<br />
zu. Der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter liegt irgendwo<br />
bei 30. Die meisten tragen Shirts, mancher<br />
läuft barfuß oder in Socken. Die Türen zu den Großraumbüros<br />
stehen offen, draußen im Flur trifft man<br />
sich zum Quatschen am Kaffeeautomaten. Bereits vor<br />
Jahren hat man eine Feel-Good-Managerin eingestellt.<br />
Stefanie Frenking, ebenfalls verantwortlich fürs Recruiting,<br />
bringt ein bisschen Silicon Valley nach Leipzig.<br />
Denn Wohlfühlmanager kennt man sonst eher nur<br />
von großen Tech-Firmen wie Facebook oder Google.<br />
„Es geht darum, die Leute happy zu machen. Wir verbringen<br />
schließlich viel Zeit im Büro“, sagt Frenking<br />
und erzählt von Wandertagen, Sprachkursen, flexiblen<br />
Arbeitszeiten oder Yoga. Zum Lunch geht es auf die<br />
Dachterrasse. Gesprochen wird Englisch, die gemeinsame<br />
Sprache von Mitarbeitern aus 27 Nationen.<br />
CEO Philip Rooke kam 2009 zu Spreadshirt,<br />
zunächst als Leiter der Abteilung Sales und Marketing.<br />
2011 rückte der gebürtige Brite zum CEO<br />
auf. Und er weiß, wovon er spricht. Vor Spreadshirt<br />
war Rooke Teil des Managements der britischen Supermarktkette<br />
Tesco, die als einer der Vorreiter des<br />
E-Commerce gilt. Was Spreadshirt kann, bringt Rooke<br />
auf den Punkt: „Es reicht heute nicht mehr aus, etwas<br />
zu teilen, zu liken oder zu twittern. Man muss seine<br />
Botschaft auf der Brust tragen.“<br />
Der Traffic in Spreadshirts Community ist<br />
hoch: Pro Woche werden mehr als 200 000 neue<br />
Designs hochgeladen. Zusammengerechnet wurden<br />
bisher gut zwei Millionen Quadratmeter T-Shirt-Fläche<br />
bedruckt, was etwa der Fläche von 280 Fußballfeldern<br />
entspricht. Tendenz steigend. Das Internet macht<br />
die Kombination von Massenproduktion und Einzelstück<br />
möglich. Ob T-Shirts, Poster und Wandbilder,<br />
Tassen, Hoodies oder Baby-Strampler: Geordert wird<br />
im Shop alles, was man sich vorstellen kann. Und was<br />
erlaubt ist. Spreadshirt propagiert die freie Meinungsäußerung,<br />
eine Abteilung prüft dennoch hochgeladene<br />
Dateien. Sind sie nicht als Marke geschützt und<br />
enthalten weder illegale noch hetzerische Inhalte, werden<br />
sie freigegeben – und stehen der Community zur<br />
Verfügung. Bedruckt werden die Baumwollshirts dann<br />
an den fünf Produktions standorten mit unterschiedlichen<br />
hochwertigen Drucktechniken – je nach Anforderung.<br />
Danach wird die Ware in alle Welt verschickt.<br />
Neue Einkaufserlebnisse<br />
schaffen<br />
Dass heute niemand mehr um die Optimierung seiner<br />
Webinhalte für die Darstellung auf mobilen Endgeräten<br />
herumkommt, verdeutlicht folgende Statistik:<br />
Mehr als 40 Prozent aller Bestellungen kamen 2017<br />
bei Spreadshirt über Smartphones. Das belegen auch<br />
Mobile Endgeräte<br />
haben<br />
einen erheblichen<br />
Einfluss<br />
auf das Kaufverhalten;<br />
fast 30 Prozent<br />
des Onlineumsatzes<br />
werden derzeit<br />
durch Käufe<br />
mit dem Smartphone<br />
erzielt.<br />
aktuelle Zahlen des Handelsverbandes Deutschland:<br />
Fast 30 Prozent des Onlineumsatzes werden derzeit<br />
durch Käufe mit dem Smartphone erzielt. Und selbst<br />
wer stationär kauft, informiert sich vorher im Netz.<br />
Auch Sprachassistenten spielen dabei eine immer<br />
größere Rolle. Letztlich geht es immer auch um eine<br />
Vereinfachung und Erleichterung des Einkaufserlebnisses.<br />
Stichwort: Künstliche Intelligenz. Der Einsatz<br />
von algorithmischen Entscheidungen im Handel ist<br />
vielfältig. Von personalisierten Produktempfehlungen<br />
über intelligente Preisgestaltung bis hin zu Chatbots<br />
und Promotion-Robotern – welche Technik sich hinter<br />
welcher Lösung verbirgt, ist für den Kunden erst<br />
einmal zweitrangig. Hauptsache, er kommt schnell<br />
und einfach an sein Lieblingsprodukt.<br />
Die neuen Trends im E-Commerce verfolgt<br />
auch Philip Rooke ganz genau, der die Reichweite<br />
von Spreadshirt weiter steigern will. In Konkurrenz<br />
steht er dabei vor allem mit Amazon. Auf den Online-<br />
Riesen und seinen Marketplace entfielen 2017 bereits<br />
46 Prozent des Onlineumsatzes in Deutschland. Der<br />
Onlinehändler setze Standards, die kleine E-Commerce-Unternehmen<br />
nur schwer halten könnten, so<br />
Rooke. „Wir müssen kontinuierlich hart daran arbeiten,<br />
unsere Kundenservices und Lieferzeiten zu verbessern,<br />
um mit Amazon konkurrieren zu können.“<br />
Und der CEO hat noch ein weiteres großes Ziel: Als<br />
Nächstes will das Unternehmen von Leipzig aus den<br />
asiatischen Markt erobern. ■<br />
FAKTEN // Standort: Leipzig / Gründungsjahr: 2002 /<br />
Mitarbeiter: rund 750 weltweit, davon ca. 350 am Hauptsitz<br />
in Leipzig / Geschäftsführung: CEO Philip Rooke /<br />
Mission: E-Commerce-Plattform für den On-Demand-<br />
Druck von Kleidung und Accessoires<br />
7<br />
TRENDING TOPICS
34<br />
Inspirational Companies<br />
Inspirational Companies<br />
Smarte Unternehmensideen auf dem Weg<br />
in die digitale Zukunft<br />
ILLUSTRATION<br />
ANDRÉ GOTTSCHALK<br />
text<br />
CHRISTIANE ZIMMER<br />
PHACON<br />
Trainingsgeräte für Chirurgen<br />
Künstliche Schädel aus dem<br />
3-D-Drucker, an denen Chirurgen<br />
schwierige Operationen trainieren<br />
können: Die Phacon GmbH aus<br />
Leipzig hat sich auf 3-D-Modelle für<br />
die präoperative Planung spezialisiert.<br />
Mehr als 100 Kliniken beliefern<br />
Robert Haase und Hendrik Möckel<br />
mit ihren digitalen Trainingsmodellen.<br />
2017 feierte das Unternehmen<br />
sein zehnjähriges Bestehen. Die<br />
Modelle simulieren Operationen<br />
unter realistischen Bedingungen,<br />
das Trainingssystem besitzt eine<br />
realistische Haptik und ein patentiertes<br />
Detektionssystem: Sobald<br />
der Operateur einen Fehler macht,<br />
ertönt ein akustisches Signal.<br />
www.phacon.de<br />
LSA<br />
Schlaue Frühwarnsysteme<br />
Smart Maintenance bedeutet Instandhaltung<br />
mit Köpfchen, damit Produktionsanlagen<br />
durch ein „intelligentes“<br />
Frühwarnsystem rechtzeitig gewartet<br />
werden, bevor sie ausfallen. Komplexe<br />
Systeme und komplizierte<br />
Technologien zu automatisieren ist<br />
der Anspruch der Wolkensteiner<br />
LSA GmbH Leischnig. Geschäftsführer<br />
Steffen Leischnig hat sich der<br />
Zuverlässigkeitssteigerung von<br />
Arbeits- und Produktionssystemen<br />
verschrieben. Die Innovationen entstehen<br />
in einer Forschungs- und<br />
Entwicklungsarbeit, die das Unternehmen<br />
in Kooperation mit den<br />
technischen Hochschulen der Region,<br />
verschiedenen Forsch ungsinstituten<br />
sowie anderen Unternehmen<br />
verwandter Branchen betreibt.<br />
www.lsa-gmbh.de<br />
Mindance<br />
Mentale Auszeit am Arbeitsplatz<br />
Weniger Stress, bessere Konzentration<br />
und Leistungsfähigkeit: Das<br />
verspricht das digitale Mentaltraining,<br />
das Lukas Stenzel und Robin<br />
Maier vom Leipziger E-Health-Startup<br />
Mindance entwickelt haben. Es<br />
richtet sich an Unternehmen, die<br />
Mentalcoaching in ihr betriebliches<br />
Gesundheitsmanagement und die<br />
Personalentwicklung einbinden wollen.<br />
Mit der App können Mitarbeiter<br />
auf eine Vielzahl von Mentaltrainings<br />
zugreifen. Kurze Audioübungen<br />
sollen die Leistungsfähigkeit<br />
fördern und helfen, Stress zu reduzieren.<br />
Mit ihrer Idee hat es Mindance<br />
2017 in das Mentoring-Programm<br />
des Spin-Lab-Accelerators<br />
der Leipziger HHL und der AOK<br />
Plus geschafft. Mit einem kleinen<br />
Team arbeitet die Firma derzeit an<br />
der Weiterentwick lung ihrer App.<br />
Bald schon soll es den Mentaltrainer<br />
für die Hosentasche geben.<br />
www.mindance.de<br />
Unger Kabelkonfektion<br />
Hochgradig automatisiert<br />
Wer hat es gebaut? Beim Blick auf<br />
den Stecker der elektrischen Zahnbürste<br />
im heimischen Badezimmer<br />
steht dort in vielen Fällen Folgendes<br />
geschrieben: Unger. Der Systemlieferant<br />
aus Sehmatal im Erzgebirge<br />
ist auf die Konfektion von Kabeln<br />
und Leitungen spezialisiert – im betriebseigenen<br />
Sondermaschinenbau<br />
werden darüber hinaus vollautomatische<br />
Fertigungsanlagen entwickelt.<br />
Der Familienbetrieb übernimmt so<br />
unter anderem die kundenindividuelle<br />
Verpackung der hergestellten<br />
Waren. Mit 240 Mitarbeitern ist die<br />
Unger Kabel-Konfektionstechnik<br />
GmbH & Co. KG der größte Arbeitgeber<br />
im Ort, kürzlich investierte Inhaber<br />
Ronny Unger zwölf Millionen<br />
Euro in ein vollautomatisiertes<br />
Hochregallager. In den denkmalgeschützten<br />
Firmengebäuden einer<br />
alten Textilfabrik wohnt jetzt modernste<br />
Industrie-4.0-Technologie.<br />
www.unger-kabelkonfektion.de<br />
TRENDING TOPICS
35<br />
Inspirational Companies<br />
wattTron<br />
Revolution für den Joghurtbecher<br />
Rund 3,5 Millionen Tonnen thermogeformte<br />
Verpackungen – vom<br />
Joghurtbecher bis zur Blister-Verpackung<br />
– werden jährlich allein in<br />
Europa produziert. Der dafür benötigte<br />
Energieaufwand ist enorm.<br />
Umso interessanter ist die Erfindung<br />
des 2016 gegründeten Start-ups<br />
Watttron. Das Dresdner Unternehmen<br />
produziert ein Heizsystem, das<br />
30 Prozent Material und Energie bei<br />
der Herstellung von Kunststoffverpackungen<br />
einspart. Dabei werden<br />
über einzelne, individuell geregelte<br />
Heizkreise Temperaturfelder auf der<br />
Kunststoffoberfläche erzeugt, wodurch<br />
das Formverhalten der Kunststofffolie<br />
gezielt gesteuert werden<br />
kann. Das Resultat ist eine verbesserte<br />
Produkt qualität bei gleichzeitiger<br />
Reduktion der Foliendicke. Watttron<br />
ist ein Spin-off des Instituts für<br />
Verarbeitungsmaschinen und Mobile<br />
Arbeitsmaschinen der Technischen<br />
Universität Dresden und des Fraunhofer-Instituts<br />
für Verarbeitungsmaschinen<br />
und Verpackungstechnik.<br />
Für das System erhielt Watttron den<br />
Deutschen Verpackungspreis und<br />
den IQ Innovationspreis 2017.<br />
www.watttron.de<br />
SENSAPE<br />
Next Generation Digital Signage<br />
Wenn George Clooney aus dem<br />
Schaufenster heraus mit den<br />
Augen zwinkert oder ein digitaler<br />
Ladenassistent die Details zu dem<br />
Produkt erläutert, das der Kunde<br />
gerade in der Hand hält, dann ist<br />
mitunter Sensape beteiligt. Denn<br />
auf derartige Infotainment-Systeme<br />
setzt das Leipziger Start-up. 2015<br />
haben Matthias Freysoldt und Artur<br />
Lohrer ihr Unternehmen gegründet<br />
– ein Spin-off der HHL Leipzig,<br />
das vom Bundesministerium für<br />
Wirtschaft und Energie gefördert<br />
wird. Die „Sensape Visual Retail<br />
Solution“ kombiniert einen klassischen<br />
Digital-Signage-Ansatz mit<br />
Künstlicher Intelligenz und Augmented<br />
Reality. Die selbstlernende<br />
Bildbearbeitungssoftware reagiert<br />
auf ihre Umgebung und interagiert<br />
mit Passanten.<br />
www.sensape.com<br />
SQS<br />
Testcenter Digitalisierung<br />
In Görlitz machen Roboter den<br />
Eignungstest, wird das autonome<br />
Fahren auf Herz und Nieren geprüft<br />
oder die Wirksamkeit von Carsharing-Modellen<br />
unter die Lupe<br />
genommen, damit die Autos auch<br />
genau dort stehen, wo die App es<br />
vorgibt. Am Rande des Freistaates<br />
Sachsen werden die Weichen für<br />
die Digitalisierung gestellt, denn<br />
SQS, ein Anbieter von Services im<br />
Bereich Qualitätssicherung für<br />
digitale Geschäftsprozesse, betreibt<br />
hier eines seiner wichtigsten Testzentren.<br />
Für die Region ist SQS ein<br />
wichtiger Motor. Mit Fachkräften aus<br />
der Region im Dreiländereck mit Polen<br />
und der Tschechischen Republik<br />
zeigt das Unternehmen, wie Integration<br />
und Zusammenarbeit der<br />
Kulturen in der Praxis funktionieren.<br />
www.sqs.de<br />
Kiwigrid<br />
Frisches Obst für schlauen Strom<br />
Ein intelligentes Stromnetz – das<br />
ist die Vision von Kiwigrid. Seit<br />
2011 betreibt das Dresdner Unternehmen<br />
eine Managementplattform<br />
für den Energieverbrauch. Mit dem<br />
System bestehend aus Softwareund<br />
Hardwarelösung kann der<br />
Nutzer Solarstromanlagen, Energiespeicher<br />
oder E-Mobil-Ladestationen<br />
überwachen und aus der Ferne<br />
steuern. Über das Internet können<br />
Geräte wie Stromzähler, Akkus,<br />
Speicher, Windräder und andere<br />
Maschinen miteinander kommunizieren<br />
und sich vernetzen. Auf den<br />
Namen Kiwigrid kam Gründer<br />
Carsten Bether übrigens, weil ihn<br />
der Kranz aus feinen, strahlenförmigen<br />
Linien und dunklen Punkten<br />
der Kiwi-Frucht an Energienetze –<br />
englisch: Grids – erinnerte. Nach<br />
Apple und Blackberry kommt<br />
mit Kiwigrid somit frisches Obst<br />
aus Sachsen in die IT-Welt.<br />
www.kiwigrid.com<br />
TRENDING TOPICS
36<br />
Künstliche Intelligenz<br />
TRENDING TOPICS<br />
06<br />
Künstliche<br />
Intelligenz<br />
short cut / Künstliche Intelligenz (KI), englisch: Artificial<br />
Intelligence (AI) / Selbstlernende Computerprogramme, die<br />
in speziellen Bereichen übermenschliche Fähigkeiten erreichen /<br />
Systeme vergleichen riesige Datenmengen und entwickeln daraus<br />
Algorithmen, um selbständig Entscheidungen treffen zu<br />
können / Spannungsfeld: Was können Maschinen genauso gut<br />
oder besser als Menschen? / Amerikanische und asiatische Tech-<br />
Unternehmen beherrschen jüngste KI-Fortschrittswelle<br />
TRENDING TOPICS
37<br />
Künstliche Intelligenz<br />
TRENDING TOPICS
38<br />
Künstliche Intelligenz<br />
Ein neuer<br />
Quantensprung<br />
Die Aufgabe ist eigentlich wie geschaffen für eine Künstliche<br />
Intelligenz (KI): Lieber Computer, bitte führe<br />
mich in meinem Auto staufrei durch die Stadt. Vor allem<br />
Bewohner von Megacities würden sie dafür lieben.<br />
Autofahrer in Los Angeles, Spitzenreiter eines internationalen<br />
Stau-Rankings der Firma Inrix, steckten 2017<br />
sage und schreibe 102 Stunden im Verkehr fest.<br />
Nun glaubt man es kaum, angesichts all der<br />
Erfolgsmeldungen zu den Fähigkeiten von KI – aber<br />
das Stau-Problem ist noch nicht wirklich lösbar.<br />
Es ist zu komplex, die Anzahl an Möglichkeiten so<br />
gewaltig, dass selbst der aktuell schnellste Supercomputer<br />
nicht in der Lage wäre, die beste Route in<br />
einer angemessenen Zeit zu errechnen. Er bräuchte<br />
Hunderte von Jahren, um alle notwendigen Kalkulationen<br />
durchzuführen.<br />
Massive Investitionen / Allerdings besteht<br />
Hoffnung, dass sich genau dies nun bald ändern<br />
könnte. Seit kurzem lotet der Automobilkonzern VW<br />
in Zusammenarbeit mit Google aus, wie sich solche<br />
Verkehrsflussoptimierungen in Zukunft viel schneller<br />
lösen ließen. Zum Einsatz kommen soll dabei eine<br />
neue Generation von Computern, die Quantencomputer.<br />
Lange waren diese Maschinen, die grundlegend<br />
anders funktionieren als klassische Rechner, nur Theorie.<br />
„Nun beobachten wir den Einstieg von Organisationen,<br />
die in der Lage sind, die Systeme so zuverlässig<br />
zu bauen, dass man von ernstzunehmenden<br />
Rechenmaschinen sprechen kann“, sagt Frank Wilhelm-Mauch,<br />
Professor für Quanten- und Festkörpertheorie<br />
an der Universität Saarbrücken. „Das sind<br />
im Augenblick Google, IBM, Microsoft und Intel,<br />
aber auch die Europäische Union hat sich entschieden,<br />
massiv in die Technologie zu investieren.“<br />
Anders als ein herkömmlicher Computer arbeitet<br />
ein Quantencomputer nicht mehr mit Bits,<br />
sondern mit Quantenbits, kurz Qubits. Während<br />
text<br />
Klaus Lüber<br />
Anders<br />
als ein<br />
herkömmlicher<br />
Computer<br />
arbeitet ein<br />
Quantencomputer<br />
nicht<br />
mehr mit Bits,<br />
sondern mit<br />
Quantenbits.<br />
Verhelfen Quantencomputer<br />
der Künstlichen Intelligenz zum<br />
Durchbruch?<br />
Bits nur jeweils den Wert Null oder Eins annehmen<br />
können, ist es Qubits aufgrund quantenphysikalischer<br />
Gesetze möglich, den Zustand Null, Eins oder beide<br />
Zustände gleichzeitig anzunehmen. Zudem können<br />
zwei Quantenbits so miteinander verschränkt werden,<br />
dass eine Operation an einem der beiden augenblicklich<br />
auch das andere beeinflusst. Diese beiden<br />
Besonderheiten sind der Grund dafür, dass ein Quantencomputer<br />
gewisse Aufgaben sehr viel schneller<br />
und mit weniger Bits erledigen kann. „Schon ab 50<br />
funktionierenden Qubits sprechen wir von Quantenüberlegenheit“,<br />
so Wilhelm-Mauch. „Dann ist der<br />
Quantencomputer, zumindest bei bestimmten Aufgaben,<br />
schneller als jeder klassische Supercomputer.“<br />
Ungeklärte Fragen / Was die Anzahl funktionierender<br />
Qubits angeht, ist Wilhelm-Mauch<br />
optimistisch. „Ich denke, die magische Schwelle von<br />
50 dürften wir schon im Laufe des nächsten Jahres<br />
erreichen.“ Viel unklarer sei allerdings, wann die ersten<br />
praktischen Anwendungen von den hoffnungsvoll<br />
erwarteten Geschwindigkeitssteigerungen durch<br />
Quanteneffekte profitieren. „Auf den augenblicklichen<br />
kleinen Quantencomputern werden kleine<br />
Versionen erprobt. Bis diese aber industrielle Skala<br />
haben, vergehen je nach Use-Case möglicherweise<br />
noch Jahrzehnte.“ Auch sei noch nicht ausgemacht,<br />
welches Hardwaresystem sich durchsetzt. Wilhelm-<br />
Mauchs Favorit sind supraleitende Schaltkreise,<br />
gekühlt auf –270 Grad Celsius. Andere Forscher<br />
basteln an Qubits aus Ionen oder Atomen, die schon<br />
bei Zimmertemperatur funktionieren.<br />
Müssen wir uns also doch noch gedulden,<br />
bis uns quantencomputerbasierte Systeme staufrei<br />
durch den Verkehr lotsen können? Möglicherweise<br />
ja, meint der KI-Experte Hans Christian Boos, CEO<br />
der Frankfurter Firma Arago: „Wir haben es hier mit<br />
Fluidsimulationen zu tun, die kann man natürlich<br />
quantentechnisch rechnen, aber im Augenblick ist<br />
noch nicht einmal unser theoretisches Wissen über<br />
solche Systeme besonders ausgereift.“ Die Vision des<br />
VW-Google-Projekts, nämlich mit Hilfe des Quantencomputers<br />
für jedes einzelne Auto in Echtzeit berechnen<br />
zu können, wann es besser rechts oder links<br />
abbiegen sollte, hält er noch für relativ realitätsfern.<br />
Viel entscheidender ist für Boos, dass der<br />
Quantencomputer einen Ausweg für ein drängendes<br />
Hardwareproblem bei klassischen Computern bietet.<br />
„Bislang konnten wir uns darauf verlassen, dass sich<br />
die Rechenleistung im Verhältnis zur eingesetzten<br />
Energie alle 18 bis 24 Monate verdoppelt.“ Doch<br />
dieses sogenannte Moore'sche Gesetz stößt bald an<br />
physikalische Grenzen. „Der Quantencomputer wird<br />
uns helfen, den Rhythmus beizubehalten. Für KI-<br />
Anwendungen ist das essentiell.“ ■<br />
TRENDING TOPICS
39<br />
Künstliche Intelligenz<br />
»Wenn ich an<br />
Künstliche Intelligenz<br />
denke …<br />
Angelika<br />
bullingerhoffmann<br />
Peter<br />
Weibel<br />
… denke ich an sprechende Dinge, doch<br />
nicht nur an Alexa und Siri, sondern an<br />
alle Gegenstände, die mit Minisensoren<br />
bestückt und drahtlos mit einem Server<br />
verbunden sind, der mir aktuelle Informationen<br />
schickt. Dadurch entsteht ein<br />
intelligentes Ambiente. Vor allem aber<br />
wird Künstliche Intelligenz, besser als ich<br />
es je vermöchte, die natürliche Intelligenz<br />
meiner Mitmenschen analysieren, ihre Gedanken<br />
offenlegen und ihr Verhalten voraussagen.<br />
Wenn diese sich selbst mit Hilfe<br />
Künstlicher Intelligenz vor diesen Analysen<br />
schützen werden, beginnt der nächste<br />
Schritt der Evolution: die Hyper-Intelligenz.<br />
Künstliche Intelligenz ist nicht zuletzt die<br />
technische Antwort der transhumanen<br />
Sehnsucht des Menschen.«<br />
( Prof. Dr. h.c. mult. Peter Weibel ist seit 1999 Vorstand des<br />
Zentrums für Kunst und Medien ZKM in Karlsruhe. Als Künstler<br />
ist er vor allem durch seine Arbeiten im Bereich der Medienund<br />
Computerkunst bekanntgeworden. )<br />
… begrüße ich die Chance, unsere Arbeitswelt sowohl<br />
in Fabriken als auch im Büro zu vereinfachen. Informationen<br />
stehen schnell und aufbereitet zur Verfügung,<br />
Ressourcen werden passend eingesetzt – so können<br />
Belastungen frühzeitig vermieden werden. KI hat<br />
aber unsere menschliche Fähigkeit, komplexe Entscheidungen<br />
zu treffen, bereits ein- und überholt, hier müssen<br />
ethische und rechtliche Regeln Schritt halten.<br />
Persönlichkeitsrechte und die Möglichkeit, das letzte<br />
Wort zu haben, müssen wir schützen.«<br />
( Prof. Dr. Angelika Bullinger-Hoffmann leitet seit April 2012 die Professur<br />
Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement der TU Chemnitz. )<br />
Ramin<br />
Assadollahi<br />
… sehe ich, dass Künstliche Intelligenz ganze Industrien<br />
und ihre Arbeitsweisen verändern wird – ähnlich der Erfindung<br />
der Dampfmaschine oder der Einführung von Strom.<br />
Das kommt uns allen zugute, und ich bin überzeugt, dass<br />
KI sehr viele positive Veränderungen bewirken wird. Natürlich<br />
stellt diese Transformation auch die Gesellschaft vor Herausforderungen,<br />
denn Relokalisierung von Arbeit erfordert<br />
höherwertige Bildung und wirtschaftlichen Ausgleich an<br />
die Länder, an die vormals outgesourct wurde.«<br />
( Dr. Ramin Assadollahi ist CEO und Gründer von ExB Labs, einem Labor für die<br />
Entwicklung innovativer Sprachverarbeitungsprodukte mit Sitz in München. )<br />
TRENDING TOPICS
40<br />
Künstliche Intelligenz<br />
Yvonne<br />
Hofstetter<br />
Wolfgang<br />
lehner<br />
… freue ich mich auf die vielen schönen<br />
Anwendungen, die uns eine Massen-Individualisierung<br />
in der digitalen und klassischen<br />
Welt ermöglicht. Und gleichzeitig<br />
warne ich davor, das Missbrauchspotential,<br />
das sich aus der Kombination von virtuell<br />
unendlich zur Verfügung stehender Rechenkapazität,<br />
umfassenden Datenbeständen<br />
und skalierbaren statistischen Algorithmen<br />
offensichtlich ergeben kann, überzubewerten.<br />
Ein Dialog von transparenter Technik<br />
und offener Gesellschaft wird nötig<br />
sein, um die Entwicklung im Bereich der<br />
Künstlichen Intelligenz in die richtigen<br />
Bahnen zu lenken.«<br />
( Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Lehner leitet die Database Technology<br />
Research Group an der Technischen Universität Dresden. )<br />
RUTGER<br />
WIJBURG<br />
… dann daran, dass es zwei Lager gibt: die einen, die glauben, man<br />
müsse maximal viele Daten sammeln und sie nur durch eine KI<br />
schieben, damit Wunder geschehen. Das ist die Mehrheit der Anwender.<br />
Die erfahrenen Forscher hingegen wissen, dass KI nur mit guten<br />
mathematischen Modellen und Konzeptarbeit für spezielle Anforderungen<br />
wirklich leistungsfähig wird. Die besten Erfahrungen habe<br />
ich damit gemacht, wenn KI mit anderen Verfahren integriert wurde.«<br />
( Yvonne Hofstetter ist als Sachbuchautorin Trägerin des 53. Theodor Heuss Preises<br />
und Geschäftsführerin der Teramark Technologies GmbH in München. )<br />
THORSTEN<br />
POSSELT<br />
… kommen mir die Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft,<br />
Akzeptanz und Verantwortung in den Sinn. Start-ups,<br />
Investoren, Unternehmen, Bürger schauen mit unterschiedlichen<br />
Erwartungen auf KI. Neugier und Technikbegeisterung<br />
treffen auf Ängste vor Kontroll- oder Arbeitsplatzverlust. Es gilt<br />
zu untersuchen, wie Mensch und Maschine zusammenarbeiten<br />
können und welche Kompetenzen nötig sind, um mit<br />
KI eine lebenswerte Zukunft zu gestalten«<br />
( Professor Dr. Thorsten Posselt ist Leiter des Fraunhofer-Zentrums für<br />
Internationales Management und Wissensökonomie IMW in Leipzig und Professor für<br />
Innovationsmanagement und Innovationsökonomik an der Universität Leipzig. )<br />
… sehe ich zunächst die digitale Transformation<br />
als Ganzes, die für einen grundlegenden<br />
Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft<br />
sorgt. Künstliche Intelligenz bietet<br />
Chancen für völlig neue Anwendungen.<br />
Deutschland verfügt über wichtige Schlüsselindustrien<br />
und kann bei dieser Entwicklung<br />
eine führende Rolle übernehmen. Klar<br />
ist aber auch: Für kritische Anwendungen<br />
brauchen wir robuste und sichere Lösungen.«<br />
( Dr. Rutger Wijburg ist Managing Director bei Infineon Dresden. )<br />
PHILIPP<br />
SLUSALLEK<br />
… denke ich in erster Linie an die aufregende Zeit, die vor uns<br />
liegt. Am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz<br />
arbeiten wir derzeit an einer KI-Vision, die Arbeitsplätze und<br />
Wohlstand sichern soll. Und die europäische Initiative Claire, die über<br />
1000 Wissenschaftler hinter sich sammelt, wird künftig<br />
KI-Forschung bündeln, Maschinelles Lernen mit tatsächlichem inhaltlichem<br />
Verstehen verbinden und so Fortschritte liefern.«<br />
( Prof. Dr. Philipp Slusallek ist Forschungsbereichsleiter Agenten<br />
und Simulierte Realität beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche<br />
Intelligenz DFKI in Saarbrücken. )<br />
TRENDING TOPICS
41<br />
Künstliche Intelligenz<br />
»Wir könnten auf sie<br />
verzichten, aber warum sollten wir?«<br />
Weshalb wir keine Angst vor Künstlicher<br />
Intelligenz haben müssen – ein Interview mit<br />
Professor Sebastian Rudolph vom Institut für<br />
Künstliche Intelligenz an der TU Dresden.<br />
Interview<br />
Sabine Simon<br />
Professor Rudolph, viele glauben, beim Thema Künstliche<br />
Intelligenz ginge es darum, dass Maschinen<br />
künftig die Welt beherrschen. Ist das tatsächlich so?<br />
Die in vielen Science-Fiction-Filmen heraufbeschworenen<br />
Zukunftsszenarien, in denen die<br />
Menschheit von Maschinen unterjocht wird,<br />
halte ich mit Blick auf den heutigen Stand der<br />
Technik für extrem weit hergeholt. Ich will<br />
nicht ausschließen, dass in fernerer Zukunft<br />
Maschinen ein eigenständiges Bewusstsein und<br />
so etwas wie einen „Willen zur Macht“ entwickeln.<br />
Für viel realer halte ich aber gegenwärtig<br />
die Gefahr, dass Menschen KI-Systeme für ihre<br />
Zwecke missbrauchen oder dass durch deren<br />
fehlerhafte Programmierung ungewollt Schaden<br />
entsteht. Hier ist einerseits die Politik gefordert,<br />
sinnvolle Rahmenbedingungen zu schaffen,<br />
andererseits kann auch die KI-Forschung selbst<br />
durch die Entwicklung von Sicherungsmechanismen<br />
basierend auf ethischen Grundprinzipien<br />
wertvolle Beiträge leisten.<br />
Können Sie den Begriff KI in ein paar kurzen,<br />
vereinfachten Sätzen auf den Punkt bringen?<br />
Anliegen der KI-Forschung ist es, Computer<br />
mit Fähigkeiten auszustatten, die man eigentlich<br />
nur intelligenten Wesen zutraut. Man<br />
unterscheidet zwischen „schwacher KI“, bei der<br />
es um die Lösung spezieller Probleme geht, und<br />
„starker KI“, deren Ziel es ist, allgemeines intelligentes<br />
Verhalten auf menschlichem Niveau<br />
zu erreichen. Während Computer schon heute<br />
bestimmte – auch komplexe – Aufgaben besser<br />
als der Mensch bewältigen, etwa das Schachspiel,<br />
ist nach wie vor unklar, ob und wie sich<br />
starke KI erreichen lässt.<br />
Müssen wir uns also nicht vor KI fürchten?<br />
Nicht mehr und nicht weniger als vor dem<br />
technischen Fortschritt allgemein, wenn<br />
Sie mich fragen.<br />
Stellen wir uns vor, es sei das Jahr 2050. Wie werden<br />
sich Wirtschaft, Arbeit und Leben wohl durch KI<br />
verändert haben?<br />
So langfristige Vorhersagen liegen in der Regel<br />
weit daneben. Es ist aber realistisch anzunehmen,<br />
dass viele Lebensbereiche automatisiert sein<br />
werden, vom Verkehr über die Kommunikation<br />
mit Behörden bis hin zur Planung komplexer<br />
Abläufe. Dies wird natürlich Umwälzungen auf<br />
dem Arbeitsmarkt mit sich bringen, aber solche<br />
Phasen gab es auch früher schon, zum Beispiel<br />
im Zuge der Industrialisierung. In jedem Fall ist<br />
zu erwarten, dass KI den Menschen von einer<br />
Vielzahl lästiger Pflichten befreien wird.<br />
Denken Sie an Unternehmen wie Google, Apple,<br />
Facebook, Tencent oder Baidu: Sind wir in Deutschland<br />
und Europa längst abgehängt, wenn es um<br />
Themen der Digitalisierung geht?<br />
Der Markt im IT-Bereich ist unglaublich schnelllebig.<br />
Viele der genannten Unternehmen haben<br />
von der Gründung bis zur wirtschaftlichen<br />
Weltmacht nur zehn Jahre gebraucht. Deutschland<br />
hat einen gesunden IT-Mittelstand, und<br />
wer weiß, vielleicht entwickelt sich ja daraus der<br />
nächste Global Player – die geeignete digitale<br />
Infrastruktur und günstige wirtschaftspolitische<br />
Rahmenbedingungen vorausgesetzt.<br />
Was kann KI, was der Mensch nicht auch selbst<br />
erledigen könnte?<br />
Bei KI geht es um Aufgaben, die auch Menschen<br />
bewältigen können, zum Beispiel das Erkennen<br />
unerwünschter E-Mails oder das Führen von<br />
Fahrzeugen. Ziel der KI-Technologie ist es aber,<br />
zuverlässiger und schneller als der Mensch zu<br />
sein und ihn zu entlasten. Hier gibt es eigentlich<br />
keinen wirklichen Unterschied zu anderen<br />
technischen Hilfsmitteln, wie etwas Navigationssystemen.<br />
Wir könnten auf sie verzichten,<br />
aber warum sollten wir? ■<br />
Zur Person<br />
Sebastian Rudolph ist<br />
seit April 2013 Professor für<br />
Computational Logic im<br />
Institut für Künstliche Intelligenz<br />
an der Fakultät Informatik<br />
der Technischen<br />
Universität Dresden. Er<br />
beschäftigt sich vorrangig<br />
mit Künstlicher Intelligenz<br />
und hier vor allem mit dem<br />
Forschungsgebiet Wissensrepräsentation<br />
und logisches<br />
Schließen – also der<br />
Darstellung von menschlichem<br />
Wissen in Computersystemen<br />
und der<br />
Berechnung logischer<br />
Konsequenzen aus<br />
diesem Wissen.<br />
TRENDING TOPICS
FUTURE<br />
IN 100<br />
WORDS<br />
Arbeiten,<br />
Leben,<br />
Wirtschaft,<br />
Gesundheit:<br />
Vier Visionäre<br />
werfen<br />
einen Blick<br />
in die digitale<br />
Zukunft.<br />
TRENDING TOPICS
43<br />
Future in 100 Words<br />
UNSER LEBEN / »Manche sagen, dass<br />
Technologien unser Leben zum<br />
Schlechteren wandeln. Ich glaube,<br />
sie wandeln es zum Besseren.<br />
Die Ankunft eines so radikalen<br />
Konzepts wie des World Wide Web<br />
(Danke, Sir Tim Berners-Lee) und<br />
mit ihm Google haben die Welt revolutioniert.<br />
Informationen für alle<br />
frei und verfügbar zu machen – das<br />
ist eines der größten Geschenke,<br />
das sich die Menschheit je selbst<br />
gemacht hat und machen kann. Das<br />
Ergebnis? Chancengleichheit und<br />
Bildung, die grundsätzlich inklusive<br />
und nicht diskriminierend sind und<br />
die sich frei über alle Altersgruppen,<br />
Nationen und Kulturen hinweg<br />
erstrecken, führen zu einem grundlegend<br />
neuen Gefühl der Selbstermächtigung.<br />
Für alle. Jetzt und<br />
in Zukunft.«<br />
( Lady Kinvara Balfour ist Regisseurin,<br />
Produzentin, Autorin und Sprecherin. Ihre<br />
Arbeiten sind im Bereich Technologie, Mode,<br />
Theater und Film zu finden. Sie ist Expertin<br />
für Tech- und Consumertrends. )<br />
UNSERe ARBEITSWELT / »Mein Leben<br />
ist gleichzeitig explizit physisch und<br />
digital vernetzt: reisend zwischen<br />
zehn Städten auf drei Kontinenten<br />
und verbunden mit meinen Büros<br />
in drei Zeitzonen. Laptop, Smartphone,<br />
Tablet und Headphones:<br />
die gelebte Realität des digitalen<br />
Office. Im Kontext der digitalisierten<br />
(Arbeits-)Welt fällt Raum eine<br />
neue Bedeutung zu: Es ist das Büro<br />
als Sozial- und Begegnungsraum,<br />
das neue Qualitäten und Strukturen<br />
fordert. Unser Entwurf für das<br />
Mediengebäude Collaborative Cloud<br />
in Berlin ist ein Beispiel, wie Arbeitsplätze<br />
der Zukunft konzipiert<br />
sein können: im Spannungsfeld<br />
zwischen fokussierter Arbeit und<br />
direkter Teilnahme am gemeinschaftlichen<br />
Austausch im physisch<br />
erlebbaren Raum der Cloud.«<br />
( OLE SCHEERen ist ein global tätiger Architekt<br />
mit deutschen Wurzeln und Gründer von Büro Ole<br />
Scheeren, dessen preisgekrönte Bauten urbane<br />
Lebensräume neu gestalten. )<br />
TRENDING TOPICS
44<br />
Future in 100 Words<br />
UNSERe WIRTSCHAFT / »Mit der<br />
Digitalisierung werden die Herausforderungen<br />
für die Wirtschaft<br />
komplexer: Branchen rücken näher<br />
zusammen und gleichzeitig werden<br />
täglich 2,5 Trillionen Bytes Daten<br />
erzeugt. Zukunft haben die Organisationen,<br />
die diese Daten strategisch<br />
nutzen. Aber mit 80 Prozent<br />
aller geschäftsrelevanten Daten<br />
passiert heute ... nichts. Deshalb<br />
braucht es intelligente Lösungen<br />
zur Datenanalyse und Auswertung,<br />
sei es für eine personalisierte<br />
Kundenansprache, vorausschauende<br />
Planung oder für mehr Transparenz<br />
in der Supply-Chain. In<br />
der Nutzung von KI-Lösungen liegt<br />
die Zukunft der Wirtschaft – und<br />
dem Einsatz von Plattformen, auf<br />
denen die Daten ausgetauscht<br />
werden. Datenökonomie + Plattformökonomie<br />
= Zukunft!«<br />
UNSERe GESUNDHEIT / »Die Gesundheitsbranche<br />
gilt als der Bereich, in<br />
dem es die größten Veränderungen<br />
geben wird: Krankenhäuser werden<br />
durch KI oder Quantencomputer bis<br />
zu 30 Prozent ihrer Kosten einsparen.<br />
Menschen erhalten durch intelligente<br />
Zahnbürsten Echtzeitdaten<br />
über ihren Körperzustand, die Therapie<br />
erfolgt über Medical Food.<br />
Doch das ist erst der Anfang. Mit<br />
Gen-Editing und der Produktion von<br />
Ersatzteilorganen entstehen gerade<br />
Technologien, die unser Leben radikal<br />
verlängern werden. Falls diese<br />
in den nächsten 80 Jahren marktreif<br />
werden, wird mein heute dreijähriger<br />
Sohn vermutlich mehr als 120<br />
Jahre alt. Und Elon Musks Millioneninvestments<br />
in die Hirn-Computer-<br />
Schnittstelle macht es möglich, das<br />
menschliche Hirn in einen Computer<br />
hochzuladen.«<br />
( Sven Gábor Jánszky ist Zukunftsforscher und<br />
Chairman des größten Zukunftsforschungsinstituts<br />
Europas „2B Ahead Think Tank“ mit Sitz in Leipzig. )<br />
( Martina Koederitz war seit 2011 Vorsitzende<br />
der Geschäftsführung von IBM in Deutschland. Seit<br />
2018 leitet sie als Global Industry Managing Director<br />
den Industrie- und Automobilsektor bei IBM. )<br />
TRENDING TOPICS
DAS DIGITALZENTRUM<br />
IN DEUTSCHLAND<br />
TECHNOLOGIE-KOMPETENZEN NUTZEN –<br />
DIGITALISIERUNG JETZT STARTEN!<br />
Dresdens „Smart Systems Hub“ und Leipzigs<br />
„Smart Infrastructure Hub“ mit den Partnern<br />
in Chemnitz, Freiberg und Mittweida digitalisieren<br />
Industrien und Infrastrukturen.<br />
WWW.SMART-SYSTEMS-HUB.DE<br />
WWW.SMARTINFRASTRUCTUREHUB.COM
46<br />
Smart Systems<br />
TRENDING TOPICS<br />
07<br />
Smart<br />
Systems<br />
short cut / Smart Systems / Intelligente Integration von<br />
Einzelkomponenten und neuen Materialien / In immer kleiner<br />
werdenden Bauteilen sind immer mehr Funktionen abgebildet<br />
und ermöglichen so immer anspruchsvollere Anwendungen /<br />
Herausforderung: zunehmende Komplexität und Interdisziplinarität<br />
/ Chancen vor allem im Bereich der Medizintechnik durch<br />
verbesserte Diagnose, Therapie und Überwachung<br />
TRENDING TOPICS
47<br />
Smart Systems<br />
Höher,<br />
schneller<br />
das<br />
weiter,<br />
ist<br />
Credo<br />
1<br />
text<br />
Christina lynN dier<br />
FOTOS<br />
Thomas MEyer<br />
➔
48<br />
Smart Systems<br />
BIOGRAPHY<br />
Tino Petsch, 1967 geboren, gründete im Jahr 2002 die<br />
3D-Micromac AG und leitet diese seitdem als Vorstand<br />
und Hauptaktionär. Das Unternehmen mit Sitz in Chemnitz<br />
ist auf Lasermikrobearbeitung spezialisiert. Die<br />
wichtigsten Kunden stammen aus der Photovoltaik-,<br />
Halbleiter-, Glas- und Displayindustrie sowie aus der<br />
Mikrodiagnostik und Medizintechnik. Petsch setzt sich<br />
besonders für den Wissenstransfer zwischen Hochschulen<br />
und Industrie ein, 2012 wurde er als Sachsens<br />
Unternehmer des Jahres ausgezeichnet.<br />
2<br />
TRENDING TOPICS
49<br />
Smart Systems<br />
3<br />
BILDER<br />
1<br />
Gründer Tino Petsch hat die<br />
3D-Micromac AG von einem<br />
Start-up zu einem führenden<br />
Laserspezialisten entwickelt.<br />
2<br />
Lösungen für die Photovoltaikindustrie:<br />
Tino Petsch vor einer<br />
microCELL-Anlage zur Laserbearbeitung<br />
von Solarzellen.<br />
3<br />
Produkt-Showroom:<br />
Am Hauptsitz in Chemnitz<br />
können sich Kunden einen<br />
Überblick über die Lasersysteme<br />
verschaffen.<br />
Warum ein<br />
Unternehmer aus<br />
Chemnitz genau<br />
auf die Trends<br />
aus dem Silicon<br />
Valley schaut.<br />
Herr Petsch, Präzision ist für Sie …<br />
Beruf und Leidenschaft. Wir entwickeln Maschinen<br />
für die Lasermikrobearbeitung – da geht<br />
es um Mikrometer, also Tausendstel Millimeter.<br />
Oder anders ausgedrückt: Das Haar einer Frau ist<br />
in der Regel 60 Mikrometer dick, das Sechzigstel<br />
eines Haardurchmessers entspricht also der Präzision,<br />
mit der wir typischerweise arbeiten.<br />
Sie haben die 3D-Micromac AG im Jahr 2002 gegründet<br />
– seitdem hat sich das Unternehmen vom Start-up<br />
zum führenden Spezialisten für die Lasermikrobearbeitung<br />
entwickelt. Was ist Ihre wichtigste Erkenntnis?<br />
Dass Veränderungen sein müssen. „Höher,<br />
weiter, schneller“ mag abgedroschen klingen,<br />
aber es ist das Credo, das in dieser Branche<br />
vorherrscht. Nur wer sich ständig weiter antreibt,<br />
kann Produkte anbieten, die auch international<br />
gefragt sind. Ich versuche, überall ein offenes<br />
Ohr zu haben: bei der unternehmenseigenen<br />
Prozessentwicklung, an unserem Standort im<br />
Silicon Valley, bei den Endkunden in Asien, bei<br />
Herstellern auf verschiedenen Messen weltweit.<br />
So reifen neue Ideen heran, so entstehen gemeinsame<br />
Entwicklungsprojekte mit Kunden. ➔<br />
TRENDING TOPICS
50<br />
Smart Systems<br />
BILDER<br />
4<br />
Innovative Technologie: Das<br />
microDICE-System dient der<br />
Vereinzelung von Halbleiterwafern<br />
in einzelne Chips.<br />
5<br />
Blick in den Innenraum:<br />
Die microSTRUCT-<br />
Lasersysteme kommen vor<br />
allem in der Produktentwicklung<br />
und angewandten<br />
Forschung zum Einsatz.<br />
Sie sind auch im Bereich der additiven Fertigung tätig,<br />
viele Ihrer Kunden kommen aus dem Silicon Valley.<br />
Richtig. Das ist ein spannendes Feld, auch<br />
wenn die Technologie des industriellen 3-D-<br />
Drucks an sich nicht neu ist. Aber wir haben<br />
sie von der Makro- auf die Mikrowelt übertragen.<br />
Es ist uns gelungen, die Schichtstärken<br />
von 100 auf 1 Mikrometer zu verringern.<br />
Das „Micro Laser Sintering“ ermöglicht das<br />
Erstellen kleinster metallischer Objekte – etwa<br />
für den Einsatz in der Medizintechnik – auf Basis<br />
von Metallpulver. Unsere Rohstoffe sind also<br />
im Grunde Pulver und Daten.<br />
Was sind weitere digitale Trends, die vom Silicon<br />
Valley aus getrieben werden?<br />
Der ganze Bereich rund um Near-Field-Communication<br />
wird einen Boom erleben. Diese<br />
drahtlose Übertragungstechnik dient dem Datenaustausch<br />
zwischen Geräten auf einer<br />
Distanz von wenigen Zentimetern. Für die Übertragung<br />
steht auf der einen Seite das Smartphone<br />
und auf der anderen ein „Tag“ – also ein RFID-<br />
Chip, auf dem Daten gespeichert sind, die mit<br />
dem Handy ausgelesen werden können. So<br />
eröffnen sich nicht nur immer neue Marketingmöglichkeiten,<br />
die Produkte werden auch<br />
rückverfolgbar und fälschungssicher.<br />
Produktpiraterie bleibt also ein großes Thema?<br />
Definitiv. Der Kunde eines unserer Kunden ist<br />
ein bekanntes Weingut in Kalifornien. Eines Tages<br />
mussten die Verantwortlichen feststellen, dass<br />
sie in China dreimal so viel Wein verkaufen, als<br />
sie überhaupt in Amerika produzieren. Nachforschungen<br />
zeigten dann, dass es für die Flaschen<br />
einen Zweit- und Drittmarkt gibt – billiger Wein<br />
wird in die teuren Originalflaschen gefüllt und<br />
weiterverkauft. Das ist natürlich höchst imageschädigend.<br />
Jetzt arbeitet das Weingut mit einem<br />
»Die Miniaturisierung spielt<br />
uns in die Hände. Je kleiner<br />
die Produkte, desto präziser<br />
muss gearbeitet werden.«<br />
„Tag“, der beim Aufdrehen der Flasche zerstört<br />
wird. Käufer des Weins können also mit ihrem<br />
Smartphone auslesen, ob die Flasche schon<br />
mal geöffnet wurde. Und zusätzlich erhalten sie<br />
über den „Tag“ weitere Informationen, etwa<br />
zur optimalen Trinktemperatur oder passenden<br />
Speisen. Da wir mit unseren Maschinen diese<br />
„Tags“ herstellen, bin ich optimistisch, dass noch<br />
einige unserer Geräte in Zukunft gebraucht<br />
werden.<br />
Eine besondere Herausforderung vieler Branchen ist<br />
auch die fortschreitende Miniaturisierung, gepaart mit<br />
den steigenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit<br />
von Elektronikbauteilen. Was heißt das für Sie?<br />
Die Miniaturisierung spielt uns in die Hände.<br />
Je kleiner die Produkte, desto präziser muss<br />
gearbeitet werden. Bei Chips etwa startet jetzt<br />
die Integration in die dritte Dimension. Das<br />
heißt, es gibt nicht nur einen Chip, der eine<br />
größere Grundfläche einnimmt, sondern mehrere<br />
Chips, die übereinander gestapelt werden.<br />
In der Halbleiterindustrie gilt diese sogenannte<br />
3-D-Integration als erfolgversprechender Weg,<br />
zu kompakteren und leistungsstärkeren elektronischen<br />
Geräten gerecht zu werden. Um die<br />
Verbindungen und Durchgänge zwischen den<br />
Chips herzustellen und zu analysieren, braucht<br />
es wiederum Laserprozesse.<br />
Ihr Exportanteil liegt bei 75 Prozent, Sie sind oft im<br />
Ausland unterwegs. Wie gehen andere Länder mit<br />
Veränderungen durch die Digitalisierung um?<br />
Ich kann schon deutliche Mentalitätsunterschiede<br />
erkennen. Die Deutschen sind nach<br />
wie vor recht konservativ, während die Amerikaner<br />
Veränderungen und Innovationen gegenüber<br />
viel offener sind. In den USA erhalten<br />
auch kleinere Unternehmen und Start-ups eine<br />
Chance, neue Produkte bei Branchenriesen<br />
vorzustellen – während hierzulande erstmal<br />
Kennzahlen wie Firmengröße und Kapitalausstattung<br />
im Vordergrund stehen. Andererseits<br />
sind die Amerikaner im Prozess selbst auch<br />
sprunghafter. Da werden schon mal die Anforderungen<br />
an eine Maschine verändert, während<br />
diese sich bereits im Bau befindet. Die Asiaten<br />
dagegen sind sehr genau, möchten alles spezifizieren.<br />
Auch das hat etwas Gutes, lässt aber im<br />
anschließenden Designprozess weniger Raum<br />
für kreative Ideen. Aber egal, ob in Europa, den<br />
USA oder Asien: Am Ende zählt, dass das Produkt<br />
funktioniert und die Unternehmen damit<br />
Geld verdienen.<br />
TRENDING TOPICS
51<br />
Smart Systems<br />
»Eine gewisse Grundskepsis<br />
ist gut, aber sie<br />
darf nicht lähmen.«<br />
4<br />
5<br />
Wie wird sich unsere Welt verändern, wenn immer<br />
mehr Geräte vernetzt sind?<br />
Kaum vorstellbar, was in Zukunft noch alles<br />
möglich sein wird. Es sind schon heute extrem<br />
viele Dinge miteinander vernetzt – auch wir<br />
Menschen. Für mich stellt sich die Frage: Was<br />
passiert, wenn künftig immer mehr Roboter die<br />
Arbeit des Menschen übernehmen? Der Mensch<br />
braucht auch weiterhin einen Sinn im Leben.<br />
Diese Entwicklungen machen Ihnen Sorgen?<br />
Nein, Sorgen per se nicht. Als Ingenieur<br />
sehe ich in der Technik immer mehr Chancen<br />
als Risiken. Dennoch wirft die Digitalisierung<br />
gesellschaftliche Fragen auf, die es in den<br />
kommenden Jahren zu diskutieren gilt. Klar<br />
ist aber auch: Schon immer waren die Menschen<br />
skeptisch, wenn neue Entwicklungen<br />
ihren Lauf nahmen. Eine gewisse Grundskepsis<br />
ist gut, aber sie darf nicht lähmen. Das gilt<br />
übrigens auch für die hiesige Gesetzgebung,<br />
die Trends oft hinterherhinkt. Wenn wir in<br />
Deutschland zu langsam sind –, zum Beispiel<br />
auch, was die juristischen Weichenstellungen<br />
für das autonome Fahren angeht – dann<br />
müssen wir mit Nachteilen im internationalen<br />
Wettbewerb rechnen.<br />
Auf dem Smart-Systems-Campus in Chemnitz<br />
hat 3-D-Micromac das inzwischen dritte Gebäude<br />
bezogen, Sie beschäftigen rund 200 Mitarbeiter.<br />
Wohin geht die Reise?<br />
In den vergangenen Jahren haben wir uns voll<br />
und ganz auf Wachstum konzentriert, um im<br />
Markt eine bestimmte kritische Masse zu erreichen.<br />
Das ist uns nun gelungen. Wir haben<br />
ein Nischensegment besetzt und sind unter<br />
den kleinen Anbietern sozusagen die Größten.<br />
In Zukunft geht es darum, die Rentabilität zu<br />
steigern. Wir müssen Speck anfressen – für<br />
die Zeit, in der es die Konjunktur nicht so gut<br />
mit uns meint.<br />
Wie digitalaffin sind Sie selbst in Ihrer Freizeit?<br />
Da muss ich nicht lange überlegen – Smartphone<br />
und Tablet sind immer in Reichweite.<br />
Außerdem arbeite ich viel am Computer, ich<br />
produziere nebenbei Reise- und Naturfilme. ■<br />
FAKTEN // Standorte: Chemnitz, San José (USA), Wuxi<br />
(China) / Gründungsjahr: 2002 / Mitarbeiter: rund 200 /<br />
Vorstand: Tino Petsch, Uwe Wagner / Mission: Innovative<br />
Laserprozesse für die industrielle Fertigung<br />
TRENDING TOPICS
52<br />
Industrie 4.0<br />
TRENDING TOPICS<br />
08<br />
Industrie<br />
4.0<br />
short cut / Industrie 4.0; auch vierte industrielle Revolution<br />
/ Begriff geht auf ein „Zukunftsprojekt“ der Bundesregierung<br />
zurück / Industrielle Produktion wird mit moderner<br />
Informationstechnik verzahnt / Ziel: optimales Zusammenwirken<br />
von Mensch, Maschine und IT / Neue Stufe der Organisation<br />
und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette / Bis 2020 will<br />
die deutsche Industrie jährlich 40 Milliarden Euro investieren<br />
TRENDING TOPICS
53<br />
Industrie 4.0<br />
Der Mensch<br />
als Dirigent und<br />
Problemlöser<br />
text<br />
GUIDO WALTER<br />
Industrie 4.0 ist eine<br />
deutsche Erfolgsgeschichte.<br />
Daran, dass diese fortgeschrieben<br />
wird, arbeiten<br />
Forschung und Industrie<br />
tatkräftig mit. Zur Zukunftsvision<br />
einer menschenleeren<br />
Fabrik muss es dabei nicht<br />
zwangsläufig kommen. ➔<br />
TRENDING TOPICS
54<br />
Industrie 4.0<br />
1<br />
2<br />
TRENDING TOPICS
55<br />
Industrie 4.0<br />
BILDER<br />
1<br />
Smarte Fertigung: Infineon, hier<br />
Dresden, will alle internationalen<br />
Standorte künftig wie eine<br />
große virtuelle Fabrik steuern.<br />
2<br />
Zusammenspiel zwischen<br />
Mensch und Maschine: Das<br />
Unternehmen will keinesfalls<br />
auf Mitarbeiter verzichten.<br />
3<br />
Testumgebung:<br />
Die Mini-Fabrik der HTW<br />
in Dresden bildet teilautomatisierte<br />
Fertigungsprozesse<br />
realitätsnah ab.<br />
Es sirrt, klickt und klappert leise. Und alle Roboter<br />
und Maschinen wissen genau, was zu tun ist. Die<br />
technischen Abläufe der kleinen Fertigungsstraße<br />
wirken wie eine perfekt eingeübte Choreographie.<br />
Die der Mensch nur noch überwacht. Die Zukunft<br />
der industriellen Fertigung erleben Besucher einer<br />
Modellfabrik, die Wissenschaftler der Hochschule<br />
für Technik und Wirtschaft (HTW) in Dresden<br />
aufgebaut haben. In der mit moderner Sensorik<br />
ausgestatteten Mini-Fabrik arbeiten Robotermodule<br />
und autonome Transportfahrzeuge zusammen.<br />
„Die Modellfabrik dient als Testumgebung, in der<br />
Forschungseinrichtungen und Partner aus der Industrie<br />
ihre Komponenten im Zusammenspiel erproben<br />
können“, sagt Prof. Dr. Dirk Reichelt von<br />
der HTW. Besuchern bringt er die Modellfabrik<br />
anhand von Workshops näher. „Die häufigste Frage<br />
der Teilnehmer ist: ,Wo soll ich denn mit der Digitalisierung<br />
anfangen?‘“<br />
Vielen Unternehmen in Deutschland ist die<br />
Verzahnung der industriellen Produktion mit moderner<br />
Informations- und Kommunikationstechnik bereits<br />
gelungen. Doch das Tempo erhöht sich, und wer<br />
auf den Märkten auch in Zukunft erfolgreich sein<br />
will, muss seine Anlagen noch intelligenter machen.<br />
„Industrie 4.0 ist in den Fabriken angekommen, aber<br />
die digitale Transformation der Industrie ist noch<br />
lange nicht geschafft“, sagt Sven Zehl vom Digitalverband<br />
Bitkom. „Viele Unternehmen zögern noch,<br />
ihren kompletten Maschinenpark umzurüsten.“ Da<br />
die Mehrheit der Firmen bereits aber eine Industrie-<br />
4.0-Strategie für das Gesamtunternehmen besitzt,<br />
stellt sich die Frage nach dem „Ob“ für die deutsche<br />
Industrie aber längst nicht mehr. Der Umsatz mit<br />
Lösungen für die Industrie 4.0 stieg 2017 dem Bitkom<br />
zufolge um 21 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro.<br />
Ab 2018 liegt die Marke bei über 7 Milliarden Euro.<br />
Die Zahlen und die vollen Auftragsbücher der Industrieunternehmen<br />
zeigen die Potentiale der Digitalisierung<br />
in den Fabriken auf. Die stärkste Steigerung bei<br />
der Nachfrage nach entsprechenden Lösungen verzeichnet<br />
der Sektor derzeit im Maschinen- und Anlagenbau.<br />
Wie Industrie 4.0 Werte für Unternehmen<br />
schaffen kann, demonstrierte Bosch auf der Hannover<br />
Messe am Beispiel eines selbstlernenden Systems.<br />
Das Unternehmen fertigt weltweit an elf Standorten<br />
Bremsregelsysteme. Wenn etwa eine Schweißstation<br />
in Indien ein halbes Prozent besser arbeitet, wird dies<br />
an allen anderen Stationen des weltweiten Netzwerks<br />
automatisch visualisiert und kann entsprechend angepasst<br />
werden. Durch eine Vernetzung der Fabriken<br />
und Maschinen gelang es Bosch, binnen fünf Jahren<br />
die Produktivität zu verdoppeln.<br />
Kollege Cobot<br />
In der nächsten Stufe der Digitalisierung werden<br />
„Cobots“ („collaborative robots“) eine größere Rolle<br />
spielen. Die fortgeschrittenen Modelle des Esslinger<br />
Herstellers Festo kommen auch in der Modellfabrik<br />
der HTW in Dresden zum Einsatz. „Cobots unterstützen<br />
Menschen bei der Arbeit und übernehmen<br />
insbesondere körperlich anstrengende Arbeiten“, sagt<br />
Reichelt. „Wir arbeiten aktuell an einem Demonstrator<br />
für einen Cobot-Arbeitsplatz, bei dem der Cobot<br />
den jeweiligen Mitarbeiter und dessen Bewegungen<br />
am Arbeitsplatz erkennen kann.“<br />
Ein weiterer Zukunftstrend erwächst für die<br />
Industrie mit dem „Digital Twin“. Dabei handelt es<br />
sich um das virtuelle Abbild einer Maschine oder Fertigungsstraße.<br />
Als dreidimensionales CAD-Modell<br />
mit allen Eigenschaften und Funktionen des echten<br />
Vorbilds begleitet der digitale Zwilling den Prozess<br />
Vielen Unternehmen<br />
in<br />
Deutschland ist<br />
die Verzahnung<br />
der industriellen<br />
Produktion mit<br />
moderner Informations-<br />
und<br />
Kommunikationstechnik<br />
bereits gelungen.<br />
Das Tempo<br />
wird sich<br />
dennoch weiter<br />
erhöhen.<br />
3<br />
TRENDING TOPICS
56<br />
Industrie 4.0<br />
Umsatz mit Industrie 4.0 steigt auf 7 Milliarden Euro.<br />
Deutscher Markt für 4.0-Lösungen 2015–2018 (in Millionen Euro)<br />
(Quelle: Industrie 4.0 – Zukunft der Produktion; Bitkom)<br />
4.061 4.858<br />
+19,6%<br />
5.870<br />
+20,8%<br />
7.187<br />
+22,4%<br />
2015 2016 2017 2018<br />
vom ersten Entwurf über die Produktion und Weiterentwicklung<br />
bis hin zum Recycling. „Die virtuellen<br />
Kopien der Anlagen erlauben frühzeitig Vorhersagen<br />
über das künftige Verhalten einer Anlage in der<br />
Produktion“, sagt Reichelt. „So lassen sich bereits<br />
bei der Planung der Smart Factory wesentliche Leistungsparameter<br />
bestimmen.“ Auch bei der vorausschauenden<br />
Wartung spielt der digitale Zwilling eine<br />
wichtige Rolle. Hier liegt ein hohes Potential, um die<br />
Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen zu erhöhen<br />
und ungeplante Ausfälle zu minimieren.<br />
„Digital Twins für Produkte oder Fertigungsstraßen<br />
sind für uns auch ein Thema, aber wir<br />
denken noch einen Schritt weiter“, sagt Christoph<br />
Schumacher von Infineon in Dresden. „In Zukunft<br />
wollen wir alle internationalen Fertigungsstandorte<br />
von Infineon wie eine einzige große virtuelle<br />
Fabrik steuern.“<br />
Derzeit sind vielerorts aber noch ältere<br />
Industrieanlagen die Realität. Doch auch diese<br />
lassen sich für das digitale Zeitalter nachrüsten.<br />
Eine einfache „Retrofit“-Lösung, die als Ergänzung<br />
an der bestehenden Maschine installiert wird, reicht<br />
oft dafür aus. So lassen sich über einen Impulszähler<br />
mit zusätzlichem Minicomputer Informationen<br />
über produzierte Stückzahlen schneller und<br />
einfacher ermitteln. „Die Kunst liegt häufig darin,<br />
den passenden Sensor und das Messsystem zu finden“,<br />
sagt Reichelt. „In der Modellfabrik können<br />
wir typische Szenarien im Vorfeld erproben und<br />
später schnell auf die jeweiligen industriellen<br />
Szenarien anpassen.“<br />
Die Digitalisierung<br />
ist für<br />
Deutschland<br />
eine Chance,<br />
ins Ausland<br />
verlagerte<br />
Arbeitsplätze<br />
zurückzuholen.<br />
Durch<br />
den Einsatz von<br />
Robotern und<br />
KI gewinnt<br />
der Produktionsstandort<br />
deutlich an<br />
Attraktivität.<br />
Fabrik ohne Menschen?<br />
Anpassen muss sich auch der Mensch. Dass durch<br />
die zunehmende Automatisierung Roboter und autonome<br />
Fahrzeuge menschliche Arbeitskräfte ersetzen<br />
werden, ist ebenso unbestritten wie der Umstand,<br />
dass dadurch neue, häufig qualifiziertere Stellen geschaffen<br />
werden. „Die Zukunftsvision einer komplett<br />
menschenleeren Fabrik sehe ich mittelfristig nicht“,<br />
sagt Schumacher. „Wegen der Automatisierung sieht<br />
unsere Fabrik heute zwar ganz anders aus als vor zehn<br />
Jahren. Und in den nächsten zehn Jahren kommen<br />
weitere deutliche Veränderungen auf uns zu. Aber<br />
auch in Zukunft werden wir Mitarbeiter in der Fertigung<br />
benötigen.“<br />
Sicher ist, dass mit dem verstärkten Einsatz<br />
von Cobots und Assistenzsystemen in der Fertigung<br />
Menschen in ihrer Tätigkeit unterstützt und entlastet<br />
werden. In der smarten Fabrik von morgen<br />
werden Maschinen, Materialien und Werkzeuge<br />
untereinander in Echtzeit kommunizieren. „In so<br />
einer Smart Factory werden die Menschen immer<br />
häufiger die Rolle eines Dirigenten und Problemlösers<br />
übernehmen“, sagt Reichelt. „Auch mit einer<br />
fortschreitenden Automatisierung und Vernetzung<br />
der Fabrik werden neue und höherwertige Arbeitsplätze<br />
entstehen.“<br />
Die Digitalisierung und Industrie 4.0 sind für<br />
Deutschland sogar eine Chance, in der Vergangenheit<br />
ins Ausland verlagerte Arbeitsplätze zurückzuholen.<br />
Denn durch den Einsatz von Robotern und<br />
Künstlicher Intelligenz gewinnt der Produktionsstandort<br />
deutlich an Attraktivität. Die Produktion in<br />
einer Smart Factory hierzulande erlaubt eine flexible<br />
und schnelle Fertigung von individuellen Produkten<br />
mit kleinen Losgrößen. Und ein weiterer Aspekt<br />
differenziert Deutschland von anderen Ländern: die<br />
enge Zusammenarbeit von führenden Unternehmen<br />
und Forschungseinrichtungen mit Kompetenzen in<br />
den Bereichen Hardware, Software und Konnektivität<br />
– also den wesentlichen Treibern für die Realisierung<br />
von künftigen Industrie-4.0-Konzepten. ■<br />
TRENDING TOPICS
57<br />
Industrie 4.0<br />
ONE<br />
QUESTION<br />
Sind Roboter<br />
die besseren Arbeitskollegen?<br />
ONE<br />
ANSWER<br />
»Die besseren Arbeitskollegen<br />
sind Menschen – nicht die Maschinen.<br />
Ein Hammer beispielsweise kann<br />
ja auch keine Freundschaft mit einem<br />
Handwerker schließen. Bei aller<br />
Intelligenz des Roboters: Wir wissen<br />
doch, dass in seinem Blech kein<br />
Bewusstsein steckt. Roboter fürchten<br />
sich nicht, sie fühlen nichts, sie<br />
wissen nichts.«<br />
( RAÚl Rojas, Mathematiker und Professor für<br />
Informatik an der Freien Universität Berlin. Er leitet das<br />
Dahlem Center for Machine Learning and Robotics. )<br />
TRENDING TOPICS
58<br />
Digital Business<br />
Neue<br />
Chancen<br />
für<br />
analoge<br />
Produkte<br />
text<br />
Doreen Reinhard<br />
Ihr Markenkern ist das<br />
traditionelle Handwerk,<br />
ihre Wege in die Zukunft<br />
sind unterschiedlich.<br />
Und doch zeigen Unternehmen<br />
immer wieder,<br />
dass Tradition und<br />
Digitalisierung in keinem<br />
Widerspruch stehen.<br />
BILDER<br />
1<br />
Digitalisierung trifft auf<br />
Handarbeit: Nomos Glashütte<br />
nutzt Technik vor allem dort,<br />
wo es auf das Tausendstel<br />
eines Millimeters ankommt.<br />
2<br />
Jeder kennt Uhren aus Glashütte:<br />
Die kleine Stadt nahe<br />
Dresden ist weltberühmt,<br />
die Uhrmacher zählen zu den<br />
Besten ihrer Zunft.<br />
Die Zukunft ist klar vorgezeichnet: Die Digitalisierung<br />
schreitet voran, die Arbeit von Menschen wird<br />
mehr und mehr von Software übernommen. Das gilt<br />
für unzählige Branchen. Aber auch für jene, die von<br />
ursprünglichem Handwerk leben? In Sachsen profitieren<br />
viele Unternehmen von teils jahrhundertealten<br />
Traditionen. Aufwendige Handarbeit gehört zu ihrem<br />
Markenkern. Das Zusammenwirken von Vergangenheit<br />
und Zukunft organisieren sie ganz unterschiedlich.<br />
In der Porzellanmanufaktur Meissen beispielsweise<br />
hat sich an den wesentlichsten Arbeitsschritten<br />
in über 300 Jahren Geschichte nicht so viel geändert –<br />
dazu gehört nach wie vor das Geschick von Spezialisten,<br />
vom Drehen bis zum Bemalen einer Tasse. Doch<br />
rund um das Handwerk laufen längst digitale Prozesse<br />
ab. 2015 wurde ein Steuerungssystem eingeführt, mit<br />
dem unter anderem Aufträge geplant und Bestände<br />
kontrolliert werden. Der Arbeitsaufwand habe sich<br />
etwa um die Hälfte verringert, so Manufaktursprecherin<br />
Sandra Jäschke. „Für solche Schritte gibt es<br />
keinen Zettelkasten mehr.“ Das Firmenarchiv wurde<br />
ebenfalls digital aufbereitet. Die Manufaktur hat einen<br />
Schatz von 30 000 historischen Formen – die sind<br />
häufig Inspiration für aktuelle Kollektionen und können<br />
in der Datenbank leichter recherchiert werden.<br />
Auch der Meissen-Onlineshop wird gerade mit neuen<br />
Features ausgestattet. Schon jetzt kann man dort das<br />
gesamte Sortiment der Manufaktur finden, einen Teil<br />
auch bestellen. „Wir erwarten durch den Relaunch<br />
des Onlineshops auch Verkaufszuwächse“, sagt Jäschke.<br />
„Der größte Teil unserer Produkte wird aber nach<br />
wie vor über unsere Boutiquen und Fachhändler verkauft.<br />
Hochwertiges Porzellan möchten viele Kunden<br />
nicht im Internet kaufen.“<br />
Onlinegeschäft wichtige Ergänzung / Ähnliche<br />
Erfahrungen macht auch die Uh renbranche, die<br />
den kleinen Ort Glashütte im Erzgebirge bekanntgemacht<br />
hat. Zu den Vorreitern dort gehört Nomos<br />
Glashütte. „Wir brauchen hochwertiges Handwerk<br />
und die Vorzüge der Digitalisierung“, sagt Firmensprecherin<br />
Anna Jasper. Der 2010 gestartete Online-<br />
TRENDING TOPICS
59<br />
Digital Business<br />
1<br />
2<br />
TRENDING TOPICS
60<br />
Digital Business<br />
3 4<br />
BILDER<br />
3<br />
Ursprünglich: Wendt & Kühn,<br />
ein Hersteller von Holzfiguren<br />
und Spieldosen, ist in<br />
Sachen Digitalisierung eher<br />
zurückhaltend.<br />
5<br />
4<br />
Feiner Pinselstrich: Das<br />
Markenzeichen der Porzellanmanufaktur<br />
Meissen wird<br />
per Hand auf jedes einzelne<br />
Stück aufgetragen.<br />
5<br />
Meissener Handwerkskunst:<br />
Beim Bossieren werden die<br />
einzelnen Figurenteile<br />
zu einem Modell der fertigen<br />
Figur zusammengefügt.<br />
„Wir bedienen<br />
uns digitaler<br />
Mittel in<br />
den Bereichen,<br />
die nicht<br />
unseren<br />
Markenkern,<br />
das Handwerk,<br />
berühren.“<br />
shop gehörte zu den Ersten in der Branche. „Damit<br />
bedienen wir vorrangig ausländische Märkte, in denen<br />
wir noch nicht im Fachhandel vertreten sind. Durch<br />
den Ausbau der Onlinepräsenz wächst unsere Markenbekanntheit,<br />
und davon profitieren auch unsere stationären<br />
Händler.“ Durch Software werden zudem Arbeitsabläufe<br />
optimiert. Beim Design helfen<br />
digitalisierte Verfahren, etwa der 3-D-Druck bei der<br />
Erstellung von Prototypen. In der Produktion kommen<br />
CNC-gesteuerte Maschinen zum Einsatz. „Die<br />
setzen wir an jenen Stellen ein, wo es nicht nur aufs<br />
Hundertstel, sondern auf das Tausendstel eines Millimeters<br />
ankommt“, erklärt Jasper.<br />
Auch die Uhrenmanufaktur A. Lange &<br />
Söhne ruht sich nicht auf der Vergangenheit aus.<br />
„Tradition und Digitalisierung ist für uns kein Widerspruch“,<br />
sagt Geschäftsführer Wilhelm Schmid.<br />
Das Lange-Sortiment ist aufwendiger im Handwerk<br />
– und kostspieliger. Das Onlinegeschäft sei ein<br />
wichtiger Markt, den man genau beobachte, ebenso<br />
die Wünsche der Kunden, so Schmid. Diese wollen<br />
bisher allerdings lieber persönlich einkaufen. Der<br />
Preis für eine Uhr beginnt bei 14 000 Euro. „Unsere<br />
Erfahrungen zeigen, dass in diesem Bereich noch<br />
kein breites Onlinegeschäft stattfindet“, sagt Schmid.<br />
Der Direktverkauf in 19 Boutiquen und an über 200<br />
Verkaufspunkten weltweit sei nach wie vor wichtiger.<br />
„Wir bedienen uns digitaler Mittel in den Bereichen,<br />
die nicht unseren Markenkern, das Handwerk, berühren“,<br />
so Schmid, „oder, wo uns der Kundenwunsch<br />
stark fordert. Wenn morgen alle online kaufen wollen,<br />
sind wir bereit.“ In der Produktion assistiert zumindest<br />
Software. Viele Informationen sind online abrufbar,<br />
angefangen bei den Arbeitsschritten für die Uhrmacher<br />
bis hin zu Uhren-Datenbanken. Sollte ein Exemplar<br />
in 100 Jahren einen Check benötigen, gibt es für<br />
jedes Modell eine digitale Akte.<br />
Kunsthandwerk als Markenkern / Ebenfalls<br />
im Erzgebirge, bei Wendt & Kühn, einem Hersteller<br />
von Holzfiguren und Spieldosen, geht man<br />
zurückhaltender um mit der Digitalisierung. Vor<br />
allem der Markenkern – das Kunsthandwerk – soll<br />
gestärkt werden. Einige Bereiche wie die Lagerung<br />
werden per Computer gesteuert. Und es gibt ein digitales<br />
Firmenarchiv mit historischen Dokumenten,<br />
die wertvoll sind für das Marketing. Die Herstellung<br />
der berühmten Engel ist nach wie vor ursprüngliches<br />
Handwerk. „Da geht es um nichts anderes als um<br />
Pinsel, Farbe, Holz. Jede Figur ist ein Einzelstück“,<br />
sagt Sprecher Thomas Rost. Dieser Unikat-Gedanke<br />
wurde bewusst auch auf den Verkauf übertragen,<br />
und so gibt es statt eines konventionellen Onlineshops<br />
seit 2017 ein selektives Portal. Dort bestellen<br />
vor allem die 750 Fachhändler für ihre Geschäfte. Kunden<br />
können Produkte zwar ebenfalls auf der Seite auswählen,<br />
aber nur über Umwege im Netz bestellen. „Es<br />
ist ein recht starkes Regime, aber sichert dem Handel<br />
Wertigkeit und Gleichbehandlung – und unserer<br />
Marke ihre Qualität“, sagt Rost. Das Unternehmen<br />
kann sich ein solch spezielles Modell leisten. Der Umsatz<br />
von Wendt & Kühn hat sich seit 2012 um 25 Prozent<br />
gesteigert. Viele Figuren, die neu im Sortiment erscheinen,<br />
sind Sammlerstücke und in den Geschäften<br />
schnell ausverkauft – wie in alten Zeiten. ■<br />
TRENDING TOPICS
61<br />
Blockchain<br />
TRENDING TOPICS<br />
09<br />
Blockchain<br />
short cut / Blockchain, technisch: dezentrale Datenbank /<br />
Basistechnologie und zentrale Innovation der Kryptowährung<br />
Bitcoin / Daten werden im gesamten Netzwerk verteilt und chronologisch<br />
in Transaktionsblöcken gespeichert / Disruptives<br />
Potential: keine zentrale Instanz notwendig, sondern direkter<br />
elektronischer Transfer von Werten möglich / Finanzindustrie<br />
forscht intensiv an Anwendungsmöglichkeiten<br />
TRENDING TOPICS
62<br />
Blockchain<br />
Gekommen, um zu bleiben<br />
Wie die Blockchain – die<br />
Technologie hinter der Digitalwährung<br />
Bitcoin – das Internet<br />
revolutionieren könnte und schon<br />
heute dabei ist, ganze Branchen<br />
in Hysterie zu versetzen.<br />
text<br />
Klaus Lüber<br />
2013 wurde der Informatiker Andreas Ittner auf ein<br />
Paper aufmerksam, das bereits seit 2008 durch das<br />
Internet geisterte. Darin behauptete ein ominöser<br />
Autor namens Satoshi Nakamoto, ein fälschungssicheres<br />
Online-Bezahlsystem erfunden zu haben, das<br />
ohne Banken auskommt. Titel der Veröffentlichung:<br />
„Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“.<br />
„Ich musste das dreimal lesen, aber irgendwann hat<br />
es Klick gemacht, und da wusste ich: das könnte eine<br />
große Sache werden.“<br />
Ittner, Professor für Informatik/Verteilte Informationssysteme<br />
an der Hochschule Mittweida bei<br />
Chemnitz, fing an, Kollegen für den Text zu begeistern<br />
und gründete ein interdisziplinäres Kompetenzzentrum<br />
mit aktuell 15 Professuren. „Wir schauen<br />
uns nicht nur die Technik an, sondern berücksichtigen<br />
auch betriebswirtschaftliche und rechtliche<br />
Aspekte.“ Ein Aufwand, der seiner Meinung nach<br />
unbedingt gerechtfertigt ist. Schließlich gehe es im<br />
Kern um nichts Geringeres als die Neuerfindung des<br />
Internets.<br />
Blockchain Competence Center Mittweida<br />
nennt sich die neu geschaffene Einrichtung an Ittners<br />
Hochschule, benannt nach einer im Paper vorgestellten<br />
Technologie namens Blockchain, gewissermaßen<br />
das Herzstück des Digitalgeldes Bitcoin, das seit seines<br />
exorbitanten Kursanstiegs Ende 2017 in aller Munde<br />
ist. Es handelt sich dabei um eine spezielle Datenbank,<br />
ILLUSTRATION<br />
Sind sie die Zukunft? Blockchains<br />
– spezielle Datenbanken<br />
– können Transaktionsdaten<br />
ohne eine zentrale Kontrollinstanz<br />
verwalten.<br />
die wie ein digitales Kassenbuch sämtliche Transaktionen<br />
speichert und dabei dezentral organisiert ist. Ihren<br />
Namen trägt sie aufgrund ihrer Struktur, einer Kette<br />
aus verschlüsselten Datenblöcken. Entscheidend ist,<br />
dass das Journal vom Netzwerk der User aktuell gehalten<br />
und verifiziert wird. Auf eine zentrale Instanz ist es<br />
nicht mehr angewiesen.<br />
Neue Entwicklungsstufe<br />
des Internets<br />
Obwohl die Blockchain im Verbund mit Bitcoin entwickelt<br />
wurde, ist die Datenbank überaus vielseitig<br />
einsetzbar. Als verteiltes Buchführungssystem, auch<br />
Distributed Ledger Technologie (DLT) genannt,<br />
kann sie nämlich auch ganz andere Werte verwalten:<br />
Informationen über Grundstücke, Gesundheitsdaten,<br />
Pass-Informationen, Vertragsbedingungen oder<br />
Lieferketten beispielsweise. „Die Blockchain wird<br />
das Fundament der Digitalisierung sein, wenn es<br />
um Werte und Güter geht“, ist sich Ittner sicher und<br />
prognostiziert eine neue Entwicklungsstufe des Internets.<br />
„Lange hatten wir es mit einem Internet der<br />
Daten zu tun. Das wird gerade ersetzt und ergänzt<br />
durch das Internet der Dinge. Die Blockchain wird<br />
uns das Internet der Werte bringen.“<br />
Und all das – wie bei Bitcoin – ohne Zwischeninstanz,<br />
die Vertrauen schafft. Das System<br />
generiert das Vertrauen selbst, es wird zur „Trust<br />
TRENDING TOPICS
63<br />
Blockchain<br />
TRENDING TOPICS
64<br />
Blockchain<br />
Smarte Schlösser<br />
Das Start-up Slockit will<br />
mit seiner Idee den Alltag<br />
erleichtern. Schlösser,<br />
die über Bluetooth oder<br />
ähnliche Schnittstellen<br />
verfügen, können mit Hilfe<br />
der Blockchain-Lösung<br />
geöffnet und geschlossen<br />
werden: Wohnungen, Autos<br />
oder Fahrräder kann man<br />
so ohne persönlichen Kontakt<br />
vermieten und mieten.<br />
Per App lässt sich so etwa<br />
ein Fahrrad auswählen und<br />
bezahlen. Am Fahrrad<br />
selbst wird das Schloss via<br />
Bluetooth entsperrt.<br />
www.slock.it<br />
Machine“, wie der „Economist“ die Technologie<br />
nannte. So weit die Vision. Doch ist die Blockchain<br />
schon reif für konkrete Anwendungen? Im Augenblick<br />
herrsche noch viel Hype um die Technologie,<br />
gibt Ittner zu. „Seit Gründung unseres Kompetenzzentrums<br />
haben wir jeden Tag ein bis zwei Anfragen<br />
von Unternehmen, die glauben, unbedingt eine<br />
Blockchain-Lösung zu benötigen.“ Dabei sei das im<br />
Augenblick noch in den wenigsten Fällen gerechtfertigt.<br />
„Man will einfach auf keinen Fall etwas verpassen.<br />
Also legt man sich erstmal einen Hammer zu<br />
und sucht dann krampfhaft nach einem Nagel. Das<br />
ist schon etwas verrückt.“<br />
Andranik Tumasjan, Professor für Management<br />
und Digitale Transformation an der Universität<br />
Mainz, beobachtet aktuell zwei Entwicklungsstränge.<br />
„Auf der einen Seite haben wir die Vision dezentraler<br />
Geschäftsmodelle, wie sie im Grundkonzept der Bitcoin-Blockchain<br />
angelegt ist und wie sie inzwischen<br />
von immer mehr Start-ups angestrebt werden.“ Vielversprechende<br />
Ansätze sieht er etwa im Energiesektor.<br />
So wäre es möglich, mit Hilfe der Blockchain-<br />
Technologie Mikropayment-Systeme aufzusetzen.<br />
Die Besitzer einer Solaranlage könnten ihren Strom<br />
etwa zum Laden einer Paketdrohne zur Verfügung<br />
stellen oder direkt an den Nachbarn verkaufen. Abgerechnet<br />
würde über automatisierte, elektronische<br />
Verträge, sogenannte Smart Contracts.<br />
Gefährliche Abhängigkeit<br />
von groSSen Playern<br />
Auf solche Smart Contracts setzt auch das Startup<br />
Slockit, ebenfalls beheimatet in Mittweida bei<br />
Chemnitz. „Das ist kein Zufall“, so Firmengründer<br />
Christoph Jentzsch. „Wir profitieren sehr stark<br />
von der Initiative der Hochschule, aber auch von<br />
der lokalen Politik und Wirtschaft, das Thema<br />
Blockchain in der Region groß zu machen.“ Slockit<br />
entwickelt Lösungen, die vernetzte Geräte mit einer<br />
Zugangsberechtigung über Smart Contracts in<br />
der Blockchain steuerbar machen, und zwar – ganz<br />
nach der revolutionären Grundidee – ohne Mittelsmann.<br />
Wer zum Beispiel sein Auto, seine Wohnung<br />
oder sein Fahrrad vermieten möchte, kann das über<br />
Slockit direkt tun. Ein smartes Schloss steuert sämtliche<br />
notwendigen Aktionen – und zwar exakt nach<br />
den Bedingungen, die man in einem Smart Contract<br />
festgelegt hatte.<br />
Wie der Informatiker Ittner sieht auch Jentzsch<br />
die Chance auf eine Quasi-Neuerfindung des Internets<br />
– eine Neuerfindung, die im Grunde eine Rückbe<br />
-s innung auf jene Utopie wäre, die von Anfang an<br />
im Kern der Technologie angelegt war: das dezentrale<br />
Netzwerk. „Wir haben uns in eine gefährliche<br />
Abhängigkeit von großen Playern gebracht“, so<br />
Jentzsch. „Wenn Google sich von heute auf morgen<br />
entscheiden würde, seine Server abzuschalten, würde<br />
uns das in große Schwierigkeiten bringen.“ Mit der<br />
Blockchain hätte man dagegen die Möglichkeit, „das<br />
Web nochmals neu zu generieren, als von Grund auf<br />
dezentrale Struktur.“<br />
Nun haben nicht nur auf Disruption gepolte<br />
Start-ups, sondern auch etabliertere Firmen, besonders<br />
aus der Finanz-, Versicherungs- und Logistikbranche,<br />
das Thema Blockchain für sich entdeckt.<br />
Allerdings, so Blockchain-Experte Andranik Tumasjan<br />
von der Uni Mainz, werde die Technologie im<br />
Enterprise-Kontext bisher noch nicht dazu eingesetzt,<br />
radikal neue Geschäftsmodelle zu erschließen,<br />
sondern vielmehr, bestehende zu optimieren. So<br />
arbeitet das Digital Trade Chain Consortium, ein<br />
Verbund aus aktuell sieben europäischen Banken<br />
und IBM, an einer Plattform namens Wetrade, das<br />
den internationalen Handel für mittelständische<br />
Unternehmen erleichtern soll. Die Idee: Alle Vertragskomponenten,<br />
von der Rechnungsstellung über<br />
die Zollunterlagen bis hin zur Auslieferung, wären<br />
über die Blockchain darstellbar.<br />
Potential für weitere<br />
Automatisierung<br />
Wie man das Datenmanagement von Lieferketten<br />
noch weiter optimieren kann, dazu forscht unter anderem<br />
auch das Fraunhofer-Institut für Photonische<br />
Mikrosysteme IPMS in Dresden.<br />
Schon heute werden kleine Funk-Transponder,<br />
sogenannte RFID-Tags zur automatisierten<br />
Identifikation und Sendungsnachverfolgung von<br />
Waren eingesetzt. Integriert man Sensoren in die<br />
Tags, lassen sich Zustandsdaten wie Temperatur,<br />
Druck und Feuchtigkeit ermitteln. „Hier sehen wir<br />
das Potential für weitere Automatisierung“, so Monika<br />
Beck vom Fraunhofer IPMS. „Denkbar wären<br />
zum Beispiel automatische Qualitätsprüfungen<br />
beim Wareneingang auf Basis der gewonnen RFID-<br />
Sensordaten aus Fertigung und Transport. Die Bedingungen<br />
für die Prüfungen könnten in Smart Contracts<br />
festgehalten werden.“<br />
Ob und wann die Blockchain-Technologie<br />
tatsächlich zur großen Revolution führen wird, zu<br />
einem neuen Internet der Werte, wird sich zeigen.<br />
Ihr „Plateau of Productivity“, so das US-Marktforschungsunternehmen<br />
Gartner in seinem aktuellen<br />
jährlichen Innovationsreport, werde die Blockchain<br />
in fünf bis zehn Jahren erreichen. Für Andreas Ittner<br />
jedenfalls steht fest: „Ich bin zu 110 Prozent davon<br />
überzeugt, dass die Blockchain eine Technologie ist,<br />
die gekommen ist, um zu bleiben.“ ■<br />
TRENDING TOPICS
65<br />
Smart Infrastructure<br />
TRENDING TOPICS<br />
10<br />
Smart<br />
Infrastructure<br />
short cut / Smart Infrastructure; auch „intelligente Infrastruktur“<br />
/ Wichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche<br />
Infrastrukturbereiche werden durch digitale, smarte Technologien<br />
miteinander vernetzt / Ziel: nachhaltiger Umgang mit<br />
Ressourcen, Verbesserung der Lebensqualität / Forschungsfeld<br />
mit großem Zukunftspotential / Aktuelle Anwendungsfelder:<br />
Energiewirtschaft, Gesundheitsversorgung, „Smart City“<br />
TRENDING TOPICS
66<br />
Smart Infrastructure<br />
sTADT der<br />
Zukunft<br />
Herausforderung Megacity<br />
Im Jahr 2050 werden<br />
zwei Drittel der Weltbevölkerung<br />
in Städten leben, so<br />
aktuelle Schätzungen der<br />
Vereinten Nationen. Diese<br />
Entwicklung macht auch<br />
vor europäischen Städten<br />
nicht halt. Um die Stadtentwicklung<br />
zu optimieren,<br />
geht Paris daher neue Wege:<br />
Die französische Metropole<br />
erfasst die öffentlichen<br />
Chats und Posts ihrer Einwohner<br />
und weiß<br />
so, was diese bewegt.<br />
TRENDING TOPICS
67<br />
Smart Infrastructure<br />
text<br />
Stefanie Hutschenreuter<br />
Überall auf der<br />
Welt arbeiten<br />
Städte daran,<br />
sich dem Ideal<br />
einer Smart<br />
City anzunähern.<br />
Gibt es ein<br />
Patentrezept?<br />
Fehlende Parkplätze, verstopfte Straßen, überteuerte<br />
Mieten – weil die Stadtverwaltung die öffentlichen<br />
Chats und Posts ihrer Bürger erfasst, weiß sie, was die<br />
Einwohner bewegt. Ein selbstlernender Algorithmus<br />
clustert aktuelle Kommentare der Bürger anonym<br />
nach Themen. Was nach Science-Fiction klingt, ist in<br />
Tel Aviv und Paris bereits Realität. Beide Städte sind<br />
Kunden des Start-ups Zen City, das mit einer neuartigen<br />
Software die Diskussionsthemen findet und damit<br />
Kommunen unterstützt, die Sorgen ihrer Bürger<br />
zu erkennen und besser zu verstehen. Die städtischen<br />
Behörden können dann entsprechend gegensteuern.<br />
Das Modell reiht sich in eine Vielzahl digitaler<br />
Einzellösungen ein, die Städte auf der ganzen Welt<br />
derzeit umsetzen. Mit Hilfe neuer technischer Möglichkeiten<br />
wollen sie zu Smart Cities werden, also zu<br />
intelligenten Städten. Davon versprechen sie sich,<br />
TRENDING TOPICS
68<br />
Smart Infrastructure<br />
2<br />
Durch die<br />
Vernetzung der<br />
verschiedenen<br />
Bereiche des<br />
urbanen Lebens<br />
können Städte<br />
grüner, sicherer<br />
und lebenswerter<br />
werden.<br />
die großen Herausforderungen der Zukunft in den<br />
Griff zu bekommen. Denn vielen urbanen Räumen<br />
droht ein Verkehrsinfarkt, der Klimaschutz zwingt<br />
sie, ihre Energie- und Wasserversorgung zu überdenken.<br />
Und das schneller als so manchem Stadtplaner<br />
lieb ist, denn die Einwohnerzahlen steigen. Aller Voraussicht<br />
nach werden bis zum Jahr 2050 zwei Drittel<br />
der Weltbevölkerung in Städten leben, wie aktuelle<br />
Zahlen der Vereinten Nationen belegen.<br />
Die Bürger als Partner / Grundsätzlich<br />
geht es bei der Entwicklung der Smart City um eine<br />
„Erneuerung von nicht mehr funktionsfähigen Infrastrukturen“,<br />
sagt Elke Pahl-Weber, Professorin<br />
für Bestandsentwicklung und Erneuerung von Siedlungseinheiten<br />
an der TU Berlin. Entscheidend für<br />
die Zukunft sei, dass „die Städte das sich momentan<br />
mit der Digitalisierung öffnende Fenster der Gelegenheit<br />
auch tatsächlich nutzen. Wir brauchen eine<br />
Vernetzung der Infrastrukturen – technisch, finanziell<br />
und betrieblich. Die werden wir nur mit Digitalisierung<br />
herstellen können.“ Durch die Vernetzung<br />
der verschiedenen Bereiche des urbanen Lebens können<br />
Städte grüner, sicherer und lebenswerter werden.<br />
Pahl-Weber betont aber auch, dass es kein Smart-<br />
Infrastructure-Rezept gebe, das man an allen Orten<br />
gleichermaßen implementieren könne. „Die Technologien<br />
müssen an die Eigenheiten der jeweiligen<br />
Stadt angepasst werden.“<br />
Digitale Lösungen müssen sich also am tatsächlichen<br />
Bedarf der Stadtbewohner orientieren, „und<br />
der lässt sich nicht mit Standardumfragen erheben“,<br />
1<br />
sagt Pahl-Weber. Leipzig beispielsweise – mit einem<br />
jährlichen Zuwachs von 10 000 Einwohnern eine<br />
der am stärksten wachsenden deutschen Großstädte<br />
– entwickelte im Austausch mit Experten aus der<br />
Wissenschaft, mit lokalen Unternehmen und Anwohnern<br />
ein Pilotkonzept für den „Leipziger Westen“.<br />
Unter anderem sieht dieses vor, die Abwärme<br />
von Industrieanlagen zum Beheizen von Wohnungen<br />
zu nutzen. „Auch BMW mit seiner Speicherfarm aus<br />
gebrauchten Elektroautobatterien auf dem Leipziger<br />
Werksgelände ist mit im Boot“, erzählt Projektleiterin<br />
Beate Ginzel vom Leipziger Amt für Stadterneuerung<br />
und Wohnungsbauförderung. Überschüssige<br />
grüne Energie, etwa von Photovoltaikanlagen aus<br />
dem Quartier, soll künftig in der Speicherfarm zwischengelagert<br />
werden. „Diese Vernetzung von Akteuren<br />
und Technologien, wie es in Smart-City-Ansätzen<br />
angestrebt wird, ist bisher in einem Quartierskontext<br />
nie gedacht worden“, so die Projektleiterin. Für die<br />
Umsetzung der smarten Quartierlösung ist die Stadt<br />
allerdings auf Fördermittel angewiesen. Unterstützung<br />
gibt es zum Beispiel über EU-Programme, die<br />
die Gelder in einem Wettbewerbsverfahren an das<br />
beste Konzept vergeben. Angesichts der Vielzahl an<br />
Beiträgen schätzt Beate Ginzel die Gewinnchancen<br />
für Leipzig realistisch ein. „Wir hoffen daher, dass<br />
bald vom Bund eine Förderinitiative für solche interdisziplinären<br />
Ansätze kommt.“<br />
TRENDING TOPICS
69<br />
Smart Infrastructure<br />
BILDER<br />
1<br />
Inkubator: In der Gläsernen<br />
Manufaktur in Dresden können<br />
Start-ups ihre zukunftsweisenden<br />
Mobilitätsideen bis<br />
zur Marktreife entwickeln.<br />
Der grüne Fahrdienst<br />
Weniger Autos, weniger<br />
Feinstaub: Das ist das<br />
Ziel der drei Firmengründer<br />
von Clever Shuttle.<br />
Das Start-up setzt auf<br />
das Prinzip des Ridesharing,<br />
gebucht werden die<br />
umweltfreund lichen Autos<br />
über eine Smartphone-App.<br />
Ein Algorithmus bündelt<br />
Fahrgäste mit ähnlichen<br />
Routen, mehrere Nutzer<br />
teilen sich somit ein Auto<br />
samt Fahrer.<br />
www.clevershuttle.de<br />
2<br />
Digitale Lösungen:<br />
Elke Pahl-Weber, Professorin<br />
für Bestandsentwicklung<br />
und Erneuerung von Siedlungseinheiten<br />
an der TU<br />
Berlin, forscht an der Zukunft<br />
der Innenstädte.<br />
Smarte Innovationen / Das, was Leipzig<br />
für Bestandsgebiete erdacht hat, wendet die Stadt<br />
auch auf drei neu entstehende innerstädtische Quartiere<br />
an. Martin Richter vom sächsischen „Smart<br />
Infrastructure Hub“ findet, dass andere Städte von<br />
Leipzig lernen können: „Es ist ein ganz entscheidender<br />
Punkt, dass die Kommunen die Potentiale<br />
der Digitalisierung erkennen und auch annehmen<br />
und durchführen.“ Das meint auch Andreas Franke,<br />
Geschäftsführer der VNG Viertelenergie GmbH.<br />
Wenn kleinere und mittlere Gemeinden Smart-City-<br />
Konzepte nicht allein umsetzen wollen, unterstützt er<br />
sie mit dem im Juli 2017 gegründeten Tochterunternehmen<br />
der Leipziger VNG AG in Kooperation mit<br />
der Tilia GmbH bei der Quartiersentwicklung. In<br />
Abstimmung mit kommunalen Vertretern wird partnerschaftlich<br />
ein Quartierskonzept erstellt, das alle<br />
energetischen Infrastrukturbereiche einbezieht – von<br />
der dezentralen Energieversorgung über schnelles<br />
Internet und Elektromobilität bis hin zur LED-Straßenbeleuchtung<br />
– „hersteller- und energieträgerneutral,<br />
von der Konzeption über die Investition bis hin<br />
zum Betrieb der Anlagen“, wie Franke betont.<br />
Die Basis des Ganzen ist schnelles und flächendeckend<br />
vorhandenes Internet. Beim Breitbandausbau<br />
gibt es hierzulande in einigen Regionen noch Nachholbedarf,<br />
smarte Ideen hingegen sind vorhanden. „In<br />
Deutschland haben wir eine hervorragende Landschaft<br />
für Forschung, für Entwicklung, für Innovation. Wir<br />
müssen das nur mehr nach außen tragen“, sagt Martin<br />
Richter, der mit dem erfolgreichen Start-up-Unterstützungsprogramm<br />
Spin-Lab – The HHL Accelerator<br />
als Teil des „Smart Infrastructure Hub“ das Ziel verfolgt,<br />
die lebhafte Szene in Leipzig und Dresden mit<br />
Playern aus Wirtschaft und Wissenschaft zu vernetzen.<br />
Beispiel Elektromobilität / In der Gläsernen<br />
Manufaktur in Dresden ermöglicht Volkswagen<br />
mit dem „Future Mobility Incubator“ ausgewählten<br />
Gründern, ihre zukunftsweisenden Ideen bis zur<br />
Marktreife zu entwickeln. Eines dieser Start-ups ist<br />
Charge X. Das junge Gründertrio mit Team testet<br />
seit März 2018 Prototypen eines erweiterbaren Ladesystems<br />
für Elektroautos, das die Autos wie mit einer<br />
Mehrfachsteckdose lädt – allerdings nicht gleichmäßig,<br />
sondern nacheinander mit einem selbstlernenden<br />
Algorithmus. Jedes Fahrzeug wird nach seinem<br />
vorher ermittelten Grundbedarf mit Strom „betankt“.<br />
Der Vorteil: Die Ladesäulen sind günstiger als<br />
bisherige Modelle, weil sowohl die komplexe Installation<br />
als auch teure Hardware entfallen. „Die Lösung<br />
eignet sich besonders für Häuser im urbanen Raum,<br />
in denen Unternehmen Ladestationen für Mitarbeiter,<br />
aber auch Wohnungseigentümergemeinschaften<br />
Ladestationen für die Bewohner installieren möchten“,<br />
sagt Tobias Wagner, einer der drei Gründer.<br />
Die Stadt Dresden ist generell den neuen<br />
smarten Technologien gegenüber sehr offen. Unter<br />
anderem hat sie Teile ihres Straßennetzes als Testfeld<br />
für selbstfahrende Fahrzeuge geöffnet. Ab September<br />
2018 will auch der Ridesharing-Dienst Clever Shuttle<br />
seinen Fahrdienst auf Dresden ausweiten. Bisher<br />
ist das 2014 gegründete Start-up in Berlin, Hamburg,<br />
Leipzig, München und Stuttgart unterwegs. Fahrgäste<br />
mit ähnlichen Routen werden über eine App zu Fahrgemeinschaften<br />
gebündelt und von Fahrern in Autos<br />
mit Wasserstoff- oder Elektroantrieb an ihr gewünschtes<br />
Ziel befördert. Damit ist der Dienst eine günstige<br />
Alternative zum Taxi oder dem privaten Auto. Das<br />
helfe auch der Stadt beim Verhindern von Staus, so<br />
die These von Fabio Adlassnigg, Sprecher von Clever<br />
Shuttle: „Denn wollen wir mit der Forderung einer lebenswerten,<br />
gesünderen und schöneren Stadt wirklich<br />
Ernst machen, bedarf es einer drastischen Reduzierung<br />
des motorisierten Individualverkehrs.“ ■<br />
TRENDING TOPICS
70<br />
Inspirational Items<br />
Inspirational Items<br />
Acht innovative Gegenstände, die unsere<br />
Welt ein bisschen einfacher machen.<br />
ILLUSTRATION<br />
ANJE JAGER<br />
text<br />
Christina Lynn Dier,<br />
Benjamin Kleemann-von Gersum<br />
& Sabine Simon<br />
Mit Algorithmen gegen Depressionen<br />
Selbstbestimmt leben<br />
Wer im Jahr 2018 in Deutschland geboren wird, wird im Schnitt rund 80 Jahre<br />
alt. Tendenz steigend. Smarte Lösungen, die es möglich machen, lange<br />
Zeit selbstbestimmt im eigenen Zuhause zu leben, sind deshalb gefragt. Ein<br />
kluges System ist Rica von IO Care. Das Start-up machte seine Anfänge<br />
im Accelerator der HHL Leipzig Graduate School of Management. Die Sensorbox<br />
Rica, die Aktivitäten von pflegebedürftigen Senioren analysiert und<br />
bei Abweichungen Angehörige oder Pflegepersonal informiert, funktioniert<br />
einfach: mit einem Bewegungssensor und einer Leuchte. Der Sensor in der<br />
eigenen Wohnung erlernt Bewegungsgewohnheiten und ist über Mobilfunk<br />
oder WLAN mit einer Leuchte in der Wohnung einer Vertrauensperson<br />
verbunden, die die Lichtbotschaften empfängt: Werden die Bewegungsgewohnheiten<br />
als „normal“ gedeutet, wird Grün angezeigt. Abweichungen, die<br />
sich etwa durch einen Sturz ergeben, sind Gelb oder Rot. www.iocare.de<br />
Die Nutzung moderner Sensortechnik<br />
kann dabei helfen, Menschen<br />
mit depressiven Erkrankungen zu<br />
behandeln. An einer IT-Lösung arbeitet<br />
der Softwareentwickler Adesso<br />
gemeinsam mit der Universität Leipzig<br />
im Rahmen des Forschungsprojekts<br />
„Steady“. Dabei erfasst ein<br />
Fitnessarmband Biodaten des Patienten,<br />
zum Beispiel Schlafdauer<br />
und -qualität. Algorithmen werten die<br />
Daten aus und setzen sie zu individuellen<br />
Informationen in Beziehung.<br />
Ziel ist es, entstehende depressive<br />
Episoden frühzeitig zu erkennen.<br />
www.biomedical-data-science.org<br />
Mehr Unabhängigkeit für Blinde<br />
Sich in einer unbekannten Umgebung<br />
zu orientieren ist für blinde<br />
Menschen quasi unmöglich. Künstliche<br />
Intelligenz, eine Kamera,<br />
Lautsprecher, Sensoren – und das<br />
alles verpackt in einer smarten<br />
Brille – sollen das ändern. Entwickelt<br />
wird dieses Navigationssystem,<br />
das Sehbehinderten Unabhängigkeit<br />
und mehr Sicherheit<br />
verschaffen soll, vom Start-up<br />
AI Serve Technology, das im Accelerator<br />
der HHL Leipzig gefördert<br />
wurde.Ist die Brille marktreif,<br />
wäre das ein Quantensprung für<br />
Millionen Menschen.<br />
www.aiserve.co<br />
Computermodelle im Operationssaal<br />
Am Innovationszentrum für computerassistierte Chirurgie (ICCAS) der<br />
medizinischen Fakultät der Uni Leipzig wird an der Medizin der Zukunft<br />
geforscht. Seit der Gründung 2005 wurden einige Neuerungen auf den<br />
Weg gebracht: vom Ultraschall für die Krebszellenforschung bis hin<br />
zum Messgurt für die Vor-Ort-Überwachung bei Unfallopfern. Entwickelt<br />
wurde auch ein „intelligenter“ Operationssaal. Computer unterstützen<br />
den Operateur mit zusätzlichen Informationen während der OP, die –<br />
basierend auf Computermodellen – Entscheidungen erleichtern sollen.<br />
Eine Neuheit ist zudem die „Magische Linse“, die es gestattet, mit Hilfe<br />
eines iPads bereits vor dem Eingriff ins Innere des Patienten zu sehen,<br />
um beispielsweise den Schnitt optimal zu setzen. Grundlage hierfür<br />
sind MRT- und CT-Daten. www.iccas.de<br />
TRENDING TOPICS
71<br />
Inspirational Items<br />
Neuer Werkstoff für die Baubranche<br />
Viermal leichter und sechsmal tragfähiger als Stahl: Carbonbeton könnte<br />
schon bald das Bauwesen revolutionieren. Bis 2021 soll der neue Verbundstoff<br />
die Marktreife erzielen – dann könnten Carbonfasern den Stahl<br />
ersetzen, der mit Beton ummantelt aktuell noch in Gebäuden oder bei<br />
Brücken zum Einsatz kommt. Da ganze Bauwerke künftig so viel dünner<br />
konstruiert werden können, sind Materialeinsparungen von bis zu 50 Prozent<br />
möglich – ein wichtiger Schritt für die Baubranche mit ihrem hohen<br />
Ressourcen- und Energieverbrauch. Das langfristige Ziel: Bei Neubauten<br />
sollen mindestens 20 Prozent der Stahl- durch Carbonbewehrungen<br />
ersetzt werden. Damit das gelingt, arbeiten mehr als 160 Partner aus<br />
Wissenschaft und Praxis zusammen – einer der führenden Köpfe ist<br />
Professor Manfred Curbach vom Institut für Massivbau der TU Dresden.<br />
Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat die Bedeutung<br />
der Carbonbeton-Technologie erkannt und fördert das Projekt mit<br />
43 Millionen Euro. www.bauen-neu-denken.de<br />
Reisen 4.0<br />
Blätterte man früher in Reisekatalogen, buchen heutzutage die meisten<br />
Menschen ihren Urlaub online. Oder ersetzen diesen vielleicht gleich durch<br />
ein animiertes Abenteuer, wie das der japanischen First Airline, die virtuelle<br />
Flüge nach New York anbietet – inklusive Sightseeing und Bordessen.<br />
Das grundsätzlich veränderte Nutzerverhalten brachte Diginetmedia aus<br />
Schneeberg, einen der größten Virtual-Reality-Anbieter im Touristiksegment,<br />
auf eine Idee: Wie wäre es, schon vor Urlaubsantritt das Zimmer sehen<br />
zu können? Und wie können sich Reisebüros wichtige Marktanteile im<br />
hart umkämpften Tourismussektor sichern? Diginetmedia bedient sich<br />
Technologien für virtuelle Realität und bringt die Urlaubsunterkunft oder<br />
das Kreuzfahrtschiff auf kompatible VR-Brillen. Das Konzept kommt gut an:<br />
Mehr als 10 000 Reisebüros und sechs Reedereien greifen bereits auf das<br />
Portal zu. www.diginetmedia.de<br />
Das alternative Fahrradschloss<br />
Noch immer werden die meisten Fahrräder mit schweren Stahlketten<br />
und Bügelschlössern gegen unliebsame Diebe gesichert. Die Leipziger<br />
Gründerinnen Alexandra Baum und Suse Brand haben mit ihrem Produkt<br />
Tex-lock innerhalb von acht Monaten eine flexiblere und leichtere Alternative<br />
entwickelt. Das Textilseil besteht aus mehreren Lagen moderner<br />
Hightechfasern, die aufgrund ihrer Eigenschaften auch in der Raumfahrt<br />
oder Autoindustrie zum Einsatz kommen. Der Verbund von Seil, Ösen und<br />
Verschluss ist mit der Widerstandskraft einer Stahlkette vergleichbar. Dass<br />
die ersten Reaktionen nach der Markteinführung des jungen Produkts<br />
nicht nur positiv ausfielen, nehmen die Unternehmerinnen als Ansporn:<br />
Im nächsten Entwicklungsschritt spielen neben besserem Diebstahlschutz<br />
auch Elektronik, Alarm und Sensorik eine Rolle. www.tex-lock.com<br />
Unterstützung aus der Ferne<br />
Unsere Großelterngeneration steht vor einem Dilemma: Smartphones sind<br />
ihr zu kompliziert, ein Seniorenhandy empfindet sie als stigmatisierend.<br />
Mit den Enkeln Hunderte Kilometer entfernt ohne Skype und Whatsapp in<br />
engem Kontakt zu bleiben, wird damit nicht leichter. Eine Lösung bietet<br />
die Asina-App der Dresdner Exelonix GmbH. Der übersichtliche Bildschirm<br />
erleichtert den Einstieg in die digitale Welt. Ein weiterer Pluspunkt: Bei der<br />
Konfiguration können Enkel auch aus der Ferne unterstützen. Verwaltet<br />
wird das Tablet nämlich über ein Webportal. Mittels Login-Daten können<br />
Angehörige oder Freunde verschiedene Einstellungen, Adressen und<br />
Telefonnummern, die Einteilung des Medikamentenplans, den Upload von<br />
Fotos oder die Anordnung der Apps auf dem Startbildschirm vornehmen.<br />
Ein weiteres Zubehör ist das Blutdruckmessgerät, das die Daten als Grafik<br />
auf dem Tablet aufbereitet. Inzwischen gibt es die Software auch losgelöst<br />
vom Tablet für alle gängigen Smartphones. www.exelonix.com<br />
TRENDING TOPICS
72<br />
Big Data<br />
TRENDING TOPICS<br />
11<br />
Big<br />
Data<br />
short cut / Big Data / Daten als Rohstoff der Zukunft /<br />
Allein im Internet der Dinge werden 2020 voraussichtlich<br />
20 Milliarden Geräte miteinander kommunizieren / Die Vernetzung<br />
produziert Unmengen an Daten / Aus Big Data formen<br />
selbstlernende Algorithmen Smart Data / Die Datensätze versorgen<br />
uns mit Strom, treffen Anlageentscheidungen, optimieren<br />
Werbung oder erkennen Hackerangriffe<br />
TRENDING TOPICS
73<br />
Big Data<br />
ONE<br />
QUESTION<br />
Wie viele<br />
Daten braucht der<br />
Mensch?<br />
ONE<br />
ANSWER<br />
»Die zentrale Frage ist vielmehr,<br />
wie viel Transparenz über die<br />
Verarbeitung persönlicher Daten<br />
herrscht. Besonders im deutschsprachigen<br />
Raum wollen Nutzer<br />
digitaler Netzwerke die Hoheit über<br />
ihre Daten haben – diese zu<br />
schützen ist eines der wichtigsten<br />
Anliegen unserer Zeit.«<br />
( Dr. Thomas Vollmoeller ist seit 2012 CEO<br />
des Karriereportals Xing. )<br />
TRENDING TOPICS
74<br />
Big Data<br />
Macher mit<br />
1<br />
Mission
75<br />
Big Data<br />
text<br />
Christina Lynn Dier<br />
„Astro-Alex“<br />
hat bei seinem<br />
Aufenthalt auf<br />
der ISS ein<br />
ungewöhnliches<br />
Experiment<br />
im Gepäck.<br />
BILDER<br />
1<br />
Aufbruch ins All: Alexander<br />
Gerst absolviert mehr als<br />
50 europäische Experimente<br />
an Bord der ISS.<br />
2<br />
Wiederholungstäter: Schon<br />
2014 lebte und arbeitete der<br />
Geophysiker ein halbes<br />
Jahr lang auf dem Außenposten<br />
der Menschheit.<br />
„Horizons“ hat Astronaut Alexander Gerst seine zweite<br />
Mission auf der Internationalen Raumstation (ISS)<br />
getauft. Und neue Horizonte soll der Aufenthalt 400<br />
Kilometer über der Erde in der Tat erschließen – auch<br />
in Sachen digitale Selbstvermessung. Denn Gerst hat<br />
mit Metabolic Space ein Experiment aus Sachsen an<br />
Bord, das den menschlichen Stoffwechsel analysiert.<br />
Das neuartige, am Körper getragene System wurde<br />
eigens für den Einsatz auf der ISS weiterentwickelt<br />
– in einem Gemeinschaftsprojekt des Instituts für<br />
Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden und<br />
der Leipziger Firma Cortex. 600 Gramm wiegt das<br />
Gerät, insgesamt fünfmal steigt Gerst damit über<br />
einen Zeitraum von sechs Monaten auf das Laufband<br />
der Raumstation, um Gesundheitszustand und<br />
Fitness zu testen. „Neben Sauerstoffaufnahme und<br />
Kohlendioxidabgabe misst das Gerät auch Ventilation,<br />
Herzfrequenz und Geschwindigkeit des Laufbands.<br />
So wissen wir, wie viel Luft er bei welchen<br />
2<br />
Leistungsstufen benötigt“, erklärt Markus Siepmann,<br />
Geschäftsführer von Cortex. Auf der Grundlage dieser<br />
Daten berechnen die Experten auf der Erde an die<br />
100 weitere Parameter.<br />
Damit liegt das Experiment ganz im (irdischen)<br />
Trend: Zu der enormen Menge an Daten, die<br />
schon jetzt etwa durch vernetzte Maschinen generiert<br />
wird, werden in Zukunft weitere Massen aus dem<br />
medizinischen Monitoring dazukommen. Für die<br />
Forschung könnte der Einsatz von Big-Data-Technologien<br />
durch das Zusammenspiel von Statistik, Maschinellem<br />
Lernen und Mustererkennung neue Erkenntnisse<br />
ermöglichen. Diese erhoffen sich auch die<br />
Beteiligten des Metabolic-Space-Projekts: „Es geht<br />
nicht nur um die Bewertung der körperlichen Fitness<br />
von Astronauten – mit den Ergebnissen sollen auch<br />
künftige Weltraumtouristen auf ihren Flug ins Weltall<br />
vorbereitet werden“, so Siepmann. Ihnen könnte<br />
dann ein smartes System an die Hand gegeben werden,<br />
um ihre körperliche Fitness vor, während und<br />
nach ihrem Aufenthalt im All zu erfassen. Völlig autark<br />
und ohne Zutun eines Arztes. Und dann ist da<br />
noch die bemannte Marsmission, die in den Jahren<br />
nach 2030 Wirklichkeit werden soll: Wenn sich eine<br />
Crew monatelang auf den Weg zum Mars macht,<br />
wird die Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit<br />
eine noch essentiellere Rolle spielen.<br />
Cortex-Geschäftsführer Siepmann will zwischenzeitlich<br />
weiter forschen: Kleiner und leichter<br />
solle das derzeitige Gerät auch für die Anwendung<br />
auf der Erde werden und gleichzeitig noch mehr Informationen<br />
liefern. Und ja, dass Alexander Gerst<br />
auf seiner Mission ein Cortex-Gerät benutzt, „macht<br />
einen schon stolz – und auch ein bisschen traurig,<br />
wenn es dann in der Erdatmosphäre verglüht“. ■<br />
TRENDING TOPICS
76<br />
Virtual Reality<br />
TRENDING TOPICS<br />
12<br />
Virtual<br />
Reality<br />
short cut / Virtual Reality; deutsch: Virtuelle Realität (VR) /<br />
Eine Realität, die nur virtuell existiert, in der man sich aber<br />
bewegen, die man erfahren und erfühlen kann / Virtuelle Welten<br />
erobern die Kunstszene und ermöglichen ungeahnte Perspektiven /<br />
VR-Kameras verwandeln Erlebtes in 360-Grad-Panoramabilder<br />
/ VR ist für Gamer der ultimative Kick, für Mediziner<br />
und Techniker die Zukunft<br />
TRENDING TOPICS
77<br />
Virtual Reality<br />
Schöne neue Welt<br />
„Die Geburt der Venus“ können<br />
Besucher in den Uffizien<br />
in Florenz bewundern –<br />
oder online: Eine italienische<br />
Firma hat Botticellis Werk<br />
hochauflösend digitalisiert.<br />
Das gewährt Einblicke,<br />
die mit bloßem Auge unmöglich<br />
sind.<br />
TRENDING TOPICS
78<br />
Virtual Reality<br />
Virtuelle<br />
Welten neu<br />
gedacht<br />
1<br />
text<br />
Sabine Simon<br />
FOTOS<br />
Gene glovER<br />
Wie ein Hidden Champion aus dem Erzgebirge<br />
mit 360-Grad-Kameras Maßstäbe setzt.<br />
TRENDING TOPICS
79<br />
Virtual Reality<br />
2<br />
3<br />
Andere<br />
Blickwinkel:<br />
Vor allem junge<br />
Menschen<br />
bekommen<br />
durch digitalisierte<br />
Kunst<br />
einen völlig<br />
neuen Zugang<br />
zur Thematik.<br />
4<br />
BILDER<br />
1<br />
Genau ausgerichtet: Bevor<br />
die Systeme zum Kunden<br />
gehen, werden sie akribisch<br />
getestet und kalibriert.<br />
2<br />
In der Fertigung: Der „piXplorer“<br />
produziert im Zusammenspiel<br />
mit einer Kamera<br />
auf Knopfdruck Panoramabilder<br />
im Gigapixelbereich.<br />
3<br />
Automatisierte Manufaktur:<br />
Dem Unternehmen gelingt der<br />
Spagat zwischen automatisierter<br />
Serienfertigung und<br />
manueller Montage. Hier ein<br />
Blick in die automatische<br />
Leiterplattenbestückung.<br />
4<br />
In Familienhand: Mit Hartmut<br />
Clauß geht das Unternehmen<br />
in die zweite Generation.<br />
Know-how im Detail / An Superlativen<br />
kommt Hartmut Clauß nicht vorbei, wenn er von<br />
seiner Arbeit berichtet: von Leonardo Da Vincis<br />
„Letztem Abendmahl“ in einer Auflösung von 16 Gigapixeln<br />
bis hin zu einem Panorama von Malaysias<br />
Hauptstadt Kuala Lumpur mit knapp 900 Gigapixeln.<br />
Das ist nicht groß, das ist riesig. Ein Gigapixel<br />
entspricht etwa dem 50fachen der Auflösung einer<br />
Handkamera. Nein, die Mitarbeiter der Dr. Clauß<br />
Bild- und Datentechnik GmbH sind keine Fotografen.<br />
Sie liefern vielmehr die Technik, die solche Fotografien<br />
möglich macht: höchstauflösende 360-Grad-<br />
Aufnahmesysteme. „Das Know-how steckt bei uns<br />
im Detail“, sagt Clauß.<br />
Auf ein Stativ gespannt, können die Panoramaköpfe<br />
die zugehörige Kamera so ausrichten,<br />
dass das zu fotografierende Objekt automatisch<br />
Schritt für Schritt „abgetastet“ wird. Eine Gigapixelaufnahme<br />
dauert im Schnitt einige Minuten,<br />
wobei auch mehrere Belichtungsstufen oder multispektrale<br />
Inhalte erfasst werden können. Im Nachgang<br />
setzt eine Software die unzähligen Einzelbilder<br />
wieder zusammen. Mit bloßem Auge ist diese Detailtiefe<br />
nicht erreichbar. Die Einsatzmöglichkeiten<br />
sind vielfältig, die Systeme gefragt: von virtuellen<br />
Touren für die Tourismusbranche, die mittels einer<br />
VR-Brille angesehen werden können, über Gigapixel-<br />
und Industriefotografie bis hin zur Digitalisierung<br />
von Kunstwerken. ➔<br />
TRENDING TOPICS
80<br />
Virtual Reality<br />
Panoramen und virtuelle Touren / 1996<br />
gegründet, gehört das Unternehmen aus Zwönitz im<br />
Erzgebirge mittlerweile zu den Weltmarktführern in<br />
seinem Segment. Firmengründer Dr. Ulrich Clauß<br />
hat die operative Geschäftsführung vor wenigen<br />
Jahren an seinen Sohn Hartmut übertragen, leitet<br />
selbst aber noch immer die Entwicklungsabteilung.<br />
15 Mitarbeiter sind im Familienunternehmen tätig,<br />
das alle nötigen Werks- und Bauteile seiner Panoramaköpfe<br />
– teilweise sogar die Kamera – selbst<br />
fertigt und in alle Welt verschickt.<br />
Werden die Systeme schon seit einigen Jahren<br />
von Polizei und Sicherheitsbehörden genutzt<br />
– beispielsweise um virtuell begehbare Tatortmodelle<br />
zu erzeugen, zur fotografischen Spurenund<br />
Beweissicherung oder in der Einsatz- und<br />
Fluchtwegeplanung –, entstehen auch neue Ansätze,<br />
etwa durch die Energiewende. Durch Gigapixelfotografie<br />
könne die Wartung von Windkraftanlagen<br />
zeit- und kostensparender ablaufen, erklärt<br />
Hartmut Clauß. „Rationelle Inspektionen ermöglichen<br />
kürzere Prüfintervalle, und Materialschäden<br />
werden deutlich schneller erkannt.“<br />
BILDER<br />
5<br />
Kompatibel: Die Aufnahmen, die<br />
die Panoramaköpfe erzeugen,<br />
können auf allen VR-Brillen<br />
angeschaut werden, zum Beispiel<br />
auf der Oculus Rift oder<br />
der Samsung Gear VR.<br />
6<br />
Außergewöhnliche Panoramen:<br />
Die Gigapixelfotografie ermöglicht<br />
völlig neue Einblicke,<br />
zum Beispiel in die Grabkammer<br />
von Pharao Ramses VI.<br />
im Tal der Könige in Ägypten.<br />
7<br />
Das Leipziger Kunstkraftwerk<br />
erweckt mit „Renaissance<br />
experience“ die Schätze der<br />
Florentiner Uffizien mittels modernster<br />
Technologie zu neuem<br />
Leben. Zu sehen sind 150 der<br />
bedeutendsten Gemälde.<br />
5<br />
6<br />
7<br />
Kunst zum Anfassen / In den vergangenen<br />
Jahren sind viele Museen und Archive weltweit dazu<br />
übergegangen, ihre Schätze für die Ewigkeit zu digitalisieren.<br />
Vor allem junge Menschen bekommen durch<br />
digitalisierte Kunst einen völlig neuen Zugang zur<br />
Thematik. Anfang 2018 etwa erwachten Werke aus<br />
den Florentiner Uffizien im Leipziger Kunstkraftwerk<br />
zum Leben. Daran beteiligt auch die Panoramaköpfe<br />
aus Zwönitz. Neben Projektionen auf den acht Meter<br />
hohen Wänden können Besucher mit Hilfe großer<br />
Touchscreens in Gemälde unter anderem von Sandro<br />
Botticelli, Caravaggio, Leonardo da Vinci, Raffael<br />
oder Michelangelo eintauchen, einzelne Bilder aufrufen<br />
und hineinzoomen. Die Digitalisierung selbst hat<br />
das italienische Unternehmen Centrica initiiert.<br />
Wenn es irgendwo auf der Welt um einen neuen<br />
Rekord in Sachen Gigapixelfotografie geht, sind die<br />
Zwönitzer meist mit an Bord. Und Hartmut Clauß<br />
hat noch einiges vor: „In vielen neuen Einsatzgebieten<br />
setzt man auf unsere VR-Technologie. Wir arbeiten<br />
kontinuierlich an der Weiterentwicklung unserer Produkte<br />
– und damit der ganzen Branche.“ ■<br />
FAKTEN // Standort: Zwönitz / Gründungsjahr: 1996 /<br />
Mitarbeiter: 15 / Geschäftsführung: Hartmut Clauß /<br />
Mission: Mit 360-Grad-Kameras neue virtuelle Welten<br />
erschließen<br />
TRENDING TOPICS
81<br />
Register<br />
REGISTER //<br />
Personen<br />
A<br />
Adlassnigg, Fabio 69<br />
Assadollahi, Ramin 39<br />
B<br />
Balfour, Lady Kinvara 5, 43<br />
Baum, Alexandra 71<br />
Beck, Monika 64<br />
Berners-Lee, Sir Tim 43<br />
Bether, Carsten 35<br />
Böhringer, Martin 14, 16, 17<br />
Boos, Hans Christian 38<br />
Brand, Suse 71<br />
Brandenburg, Paul 19<br />
Bullinger-Hoffmann, Angelika 39<br />
C<br />
Claus, Sören 23<br />
Clauß, Hartmut 79, 80<br />
Clauß, Ulrich 80<br />
Clooney, George 35<br />
Curbach, Manfred 71<br />
F<br />
Feger, Karl-Otto 28<br />
Fettweis, Gerhard 19<br />
Fitzek, Frank 11<br />
Franke, Andreas 69<br />
Frenking, Stefanie 33<br />
Freysoldt, Matthias 35<br />
G<br />
Gadowski, Lukasz 20, 31<br />
Gerlach, Lutz 14, 16, 17<br />
Gerst, Alexander 75<br />
Ginzel, Beate 68<br />
Gläß, Rainer 18<br />
Grosa, Patrick 11<br />
H<br />
Haase, Robert 34<br />
Hillenbrand, Katja 18<br />
Hofstetter, Yvonne 40<br />
I<br />
Ittner, Andreas 62, 64<br />
J<br />
Janszky, Sven Gabor 44<br />
Jasper, Anna 58, 60<br />
Jäschke, Sandra 58<br />
Jentzsch, Christoph 64<br />
Jobs, Steve 31<br />
K<br />
Knie, Andreas 23<br />
Koederitz, Martina 3, 44<br />
L<br />
Lehner, Wolfgang 40<br />
Leischnig, Steffen 34<br />
Leitermann, Franziska 27, 28<br />
Lohrer, Artur 35<br />
M<br />
Maier, Robin 34<br />
Montag, Christian 9<br />
Möckel, Hendrik 34<br />
Musk, Elon 44<br />
N<br />
Nakamoto, Satoshi 62<br />
Nida-Rümelin, Julian 24<br />
Nyderle, Oliver 28<br />
P<br />
Pahl-Weber, Elke 68, 69<br />
Petsch, Tino 48, 49, 51<br />
Posselt, Thorsten 40<br />
R<br />
Reichelt, Dirk 55, 56<br />
Richter, Martin 69<br />
Ritter, Teresa 27, 28<br />
Rojas, Raúl 57<br />
Rooke, Philip 31, 32, 33<br />
Rost, Thomas 60<br />
Rudolph, Sebastian 41<br />
S<br />
Scheeren, Ole 3, 43<br />
Schmid, Wilhelm 60<br />
Schumacher, Christoph 56<br />
Seifert, Joachim 11<br />
Siepmann, Markus 75<br />
Slusallek, Philipp 40<br />
Spieß, Matthias 31<br />
Stenzel, Lukas 34<br />
Streiter, Robin 22<br />
T<br />
Trautmann, Toralf 22, 23<br />
Tumasjan, Andranik 64<br />
U<br />
Unger, Ronny 34<br />
V<br />
Voit, Brigitte 19<br />
Vollmoeller, Thomas 73<br />
W<br />
Wagner, Tobias 69<br />
Wagner, Uwe 51<br />
Weger, Gesche 19<br />
Weibel, Peter 39<br />
Wijburg, Rutger 40<br />
Wilhelm-Mauch, Frank 38<br />
Wolf, Frank 14, 16, 17<br />
Z<br />
Zehl, Sven 55<br />
Orte<br />
A<br />
Aachen 11<br />
Annaberg-Buchholz 22, 23<br />
B<br />
Berlin 5, 11, 23, 43, 57, 68, 69<br />
Bruchsal 20<br />
C<br />
Chemnitz 5, 16, 17, 18, 22, 23, 39,<br />
48, 49, 51, 62, 64<br />
D<br />
Dresden 11, 17, 19, 22, 23, 27, 35,<br />
40, 41, 55, 56, 58, 64, 69, 71, 75<br />
E<br />
Erzgebirge 5, 18, 34, 58, 60, 78, 80<br />
F<br />
Florenz 77<br />
G<br />
Glashütte 58<br />
Görlitz 35<br />
Greensburg 31<br />
H<br />
Hamburg 69<br />
Hannover 55<br />
K<br />
Karlsruhe 39<br />
Kassel 31<br />
Köln 13, 17<br />
Krupka 31<br />
Kuala Lumpur 79<br />
L<br />
Las Vegas 31<br />
Legnica 31<br />
Leipzig 19, 31, 32, 33, 34, 35,<br />
40, 44, 68, 69, 70, 71, 75, 80<br />
London 17<br />
Los Angeles 38<br />
M<br />
Mainz 64<br />
Meißen 58, 60<br />
Mittweida 62, 64<br />
München 24, 39, 40, 69<br />
N<br />
New York 5, 17, 71<br />
O<br />
Oelsnitz 18<br />
P<br />
Paris 6, 67<br />
S<br />
Saarbrücken 38, 40<br />
San Jose 51<br />
Schneeberg 71<br />
Schöneck 18<br />
Sehmatal 34<br />
Silicon Valley 5, 17, 19, 33, 49, 50<br />
Stuttgart 69<br />
T<br />
Tel Aviv 67<br />
U<br />
Ulm 9<br />
V<br />
Vogtland 18<br />
W<br />
Wolkenstein 34<br />
Wuxi 51<br />
Z<br />
Zwönitz 80<br />
Unternehmen &<br />
Einrichtungen<br />
A<br />
Adesso 70<br />
Adidas 16<br />
Airbus 23<br />
AI Serve Technology 70<br />
A. Lange & Söhne 60<br />
Amazon 31, 33<br />
Amt für Stadterneuerung und<br />
Wohnungsbauförderung Leipzig 68<br />
AOK Plus 34<br />
Apple 32, 35, 41<br />
Arago 38<br />
Arbeitsgemeinschaft Verbrauchs- und<br />
Medienanalyse 6<br />
B<br />
Baidu 41<br />
Barkhausen-Institut 19<br />
Baselabs 17<br />
Beiersdorf 28<br />
Bertelsmann Stiftung 7<br />
Bitkom 6, 13, 27, 55, 56<br />
Blackberry 35<br />
Blockchain Competence Center<br />
Mittweida 62<br />
BMW 22, 68<br />
Bosch 19, 55<br />
Brands4Friends 31<br />
Bundesamt für Sicherheit in der<br />
Informationstechnik (BSI) 27<br />
C<br />
Capnamic Ventures 17<br />
ChargeX 69<br />
Clever Shuttle 69<br />
Constellation Research 7<br />
Cortex 75<br />
Cloud & Heat 27, 28<br />
D<br />
Dahlem Center for Machine<br />
Learning and Robotics 57<br />
Daimler 20<br />
Deutsches Forschungszentrum<br />
für Künstliche Intelligenz DFKI<br />
Saarbrücken 40<br />
Deutsche Telekom 11, 19<br />
Diginetmedia 71<br />
Dr. Clauß Bild- und Datentechnik<br />
79, 80<br />
Dresden-Concept 19<br />
E<br />
Ebay 31<br />
E.ventures 17<br />
Exelonix 71<br />
ExB Labs 39<br />
F<br />
Facebook 13, 16, 33<br />
First Airline 71<br />
Fraunhofer IAO 7<br />
Fraunhofer-Institut für Photonische<br />
Mikrosysteme IPMS in Dresden 64<br />
Fraunhofer-Institut für Verarbeitungsmaschinen<br />
und Verpackungstechnik<br />
35<br />
Fraunhofer-Zentrum für Internationales<br />
Management und Wissensökonomie<br />
IMW Leipzig 40<br />
Freie Universität Berlin 57<br />
Future Mobility Incubator 69<br />
TRENDING TOPICS
82<br />
Register<br />
G<br />
Gartner 64<br />
Gläserne Manufaktur Dresden 69<br />
Google 13, 33, 38, 41, 64<br />
GK Software 18<br />
H<br />
Handelshochschule Leipzig<br />
(HHL) Graduate School of<br />
Management 31, 34, 35, 70<br />
Hochschule für Technik und Wirtschaft<br />
(HTW) Dresden 22, 23, 55<br />
Hochschule Mittweida 62<br />
I<br />
IBM 19, 38, 44, 64<br />
Infineon 40, 50, 55, 56<br />
Innovationszentrum für computerassistierte<br />
Chirurgie (ICCAS) 70<br />
Instagram 13<br />
Institut der Deutschen<br />
Wirtschaft Köln 13<br />
Institut für Künstliche Intelligenz<br />
TU Dresden 41<br />
Institut für Luft- und Raumfahrttechnik<br />
der TU Dresden 75<br />
Institut für Massivbau der<br />
TU Dresden 71<br />
Institut für Verarbeitungsmaschinen<br />
und Mobile Arbeitsmaschinen<br />
TU Dresden 35<br />
Intel 20, 38<br />
Intenta 17<br />
International Data Corporation 6<br />
IO Care 70<br />
Inrix 38<br />
K<br />
Kiwigrid 35<br />
Kizoo Technology Capital 17<br />
L<br />
Leibniz-Institut für Polymerfor-schung<br />
(IPF) Dresden 19<br />
Lieferheld 31<br />
Linkedin 13, 16<br />
LSA 34<br />
Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München 24<br />
M<br />
Massterly 23<br />
Medienpädagogischer Forschungsverbund<br />
Südwest 7<br />
Microsoft 38<br />
Mindance 34<br />
Mister Spex 31<br />
Møller-Mærsk 28<br />
N<br />
Naventik 22<br />
Nomos Glashütte 58<br />
O<br />
OECD 6<br />
P<br />
Packwise 19<br />
Phacon 34<br />
Pinterest 13<br />
Porzellanmanufaktur Meissen 58<br />
Prudsys 17<br />
PwC 13<br />
R<br />
Roland Berger 6<br />
RWTH Aachen 11<br />
S<br />
Sensape 35<br />
Siemens 16<br />
Skype 71<br />
Slack 16<br />
Slockit 64<br />
Smart Infrastructure Hub 69<br />
Smart Rail Connectivity Campus 22<br />
Smart Systems Hub 11<br />
Snapchat 13<br />
Spin Lab 34<br />
Spredfast 13<br />
Spreadshirt 30, 31, 32, 33<br />
Staffbase 14, 17<br />
Statistisches Bundesamt 6<br />
StudiVZ 31<br />
SQS 35<br />
T<br />
Telegram 13<br />
Tencent 13, 41<br />
Teramark Technologies 40<br />
Tesco 32, 33<br />
Tex-lock 71<br />
Threema 13<br />
Tilia 69<br />
T-Systems Multimedia<br />
Solutions 16, 28<br />
TU Berlin 68<br />
TU Chemnitz 22, 39<br />
TU Dresden 11, 17, 19, 39, 40,<br />
41, 71, 75<br />
Twitter 13, 16<br />
U<br />
Unger Kabel-Konfektionstechnik 34<br />
Universität Mainz 64<br />
Universität Leipzig 39, 70<br />
Universität Ulm 9<br />
Universität Saarbrücken 38<br />
V<br />
VNG Viertelenergie 69<br />
Viessmann 16<br />
Volkswagen 38, 69<br />
Volocopter 20, 23<br />
W<br />
Watttron 35<br />
Weltwirtschaftsforum 13<br />
Wendt & Kühn 60<br />
Whatsapp 13, 71<br />
Wissenschaftszentrum Berlin<br />
für Sozialforschung 23<br />
X<br />
Xing 73<br />
Y<br />
Youtube 13<br />
Z<br />
Zen City 67<br />
Zentrum für Kunst und Medien<br />
ZKM Karlsruhe 39<br />
2B Ahead Think Tank 44<br />
3D-Micromac AG 48, 49<br />
5G Energy Hub 11<br />
5G-Lab 11, 17, 19<br />
IMPRESSUM<br />
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shutterstock | S. 39 Arvid Müller, Onuk, Michael Bader | S. 40 TU<br />
Dresden, Infineon, Heimo Aga, Fraunhofer IMW, Uwe Bellhäuser<br />
| S. 41 TU Dresden | S. 42 Alex Bramall | S. 43 Iwan Baan | S. 44<br />
IBM Deutschland, Roman Walczyna | S. 47 – 51 Thomas Meyer |<br />
S. 54 Infineon | S. 55 HTW Dresden/Peter Sebb | S. 59 Nomos<br />
Glashütte | S. 60 Wendt & Kühn, Meissen/Klaus Tänzer | S. 63<br />
buffaloboy/shutterstock | S. 64 slock.it | S. 66 Prasit photo/Getty<br />
Images | S. 68 – 69 Steven Lüdtke, Kai-Uwe Knoth | S. 70 – 71<br />
Anje Jager | S. 74 ESA/S. Corvaja | S. 75 NASA/Getty Images |<br />
S. 76 – 77 Imagno/Getty Images | S. 78 – 79 Gene Glover | S. 80<br />
Gene Glover, Salma Eldardiry, dpa<br />
TRENDING TOPICS
GEDACHT. GEMACHT.<br />
» Wir haben<br />
Untertage e<br />
gegen<br />
g<br />
en<br />
Weltspitze<br />
getauscht. etauscht.«<br />
Neukirchen/Erzgebirge<br />
Das Erzgebirge ist bodenständig und verhilft doch zum Höhenflug:<br />
So werden die Triebwerksteile des Airbus A380 mit einzigartigen<br />
Schweißmaschinen von pro-beam gebaut. Hier und bei über 400<br />
weiteren Metallspezialisten der Region heißt es jeden Tag:<br />
Anpacken statt abwarten. Eben »Gedacht. Gemacht«<br />
erzgebirge-gedachtgemacht.de
ENTDECKE DEN<br />
INNOVATIONSGEIST IN DIR.<br />
NEUGIER UND EXPERIMENTIERGEIST LIEGEN DEN SACHSEN IM BLUT. Aus<br />
Träumen werden Ideen, die kreative Köpfe in die Welt tragen. So wie die Forscher<br />
von Jymmin, die Sport und Musik auf eine völlig neue Art verbinden und damit bei<br />
Profi-Athleten und Reha-Patienten nachweislich Glücksgefühle freisetzen und<br />
Therapieerfolge erzielen. Mit 14 Hochschulen und rund 50 außeruniversitären<br />
Forschungseinrichtungen steht das traditionelle Erfinderland Sachsen heute mehr<br />
denn je für weltbewegende Innovationen und eine lebendige Start-up-Szene. Wie<br />
vielfältig die Perspektiven in Sachsen sind, erfahren Sie auf:<br />
www.so-geht-sächsisch.de