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Roth-Journal 2018-10

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Landesbund für Vogelschutz<br />

LBV<br />

Eine von Deutschlands seltensten Kleinsäugerarten – Erstnachweis seit 1980er Jahre in dem Gebiet<br />

Spektakulärer Nachweis der Waldbirkenmaus nahe Riedberger Horn<br />

Nach vielen tausend Auslösungen durch<br />

Kleintiere und Vögel fotografierte eine<br />

Wildtierkamera am 13.8.<strong>2018</strong> eine Waldbirkenmaus<br />

(Sicista betulina) im Gebiet<br />

des Riedberger Horns. Die Waldbirkenmaus<br />

zählt deutschlandweit zu den seltensten<br />

Kleinsäugerarten und ist vom<br />

Aussterben bedroht. Für Bayern liegen<br />

nur sehr wenige Einzelnachweise, unter<br />

anderem aus dem Bayerischen Wald vor.<br />

Für das Gebiet am Riedberger Horn ist es<br />

der Erstnachweis seit den 1980er Jahren<br />

und der derzeit wahrscheinlich einzige<br />

aktuelle Fund im bayerischen Alpenraum.<br />

„Der Nachweis einer so seltenen Art, wie<br />

der Waldbirkenmaus, unterstreicht einmal<br />

mehr die hohe naturschutzfachliche<br />

Bedeutung des Gebiets rund um das Riedberger<br />

Horn“, so der LBV-Vorsitzende Dr.<br />

Norbert Schäffer.<br />

Der seltene Kleinsäuger ist deutschlandweit<br />

vom Aussterben bedroht und wird<br />

unter anderem durch die europäische<br />

Fauna-Flora-Habitatrichtlinie besonders<br />

geschützt. Der Fundort liegt nördlich des<br />

Riedberger Horn Gipfels. Für dieses Teilgebiet<br />

handelt es sich um den Erstnachweis<br />

der Waldbirkenmaus. Zuletzt wurde<br />

die Mausart in den 1980er Jahren weiter<br />

südlich am Riedbergpass nachgewiesen.<br />

„Nicht nur das Vorkommen des vom Aussterben<br />

bedrohten Birkhuhns, sondern<br />

auch das anderer hochgradig seltener<br />

Tier- und Pflanzenarten zeigt, wie wertvoll<br />

das Riedberger Horn als Lebensraum ist“,<br />

erklärt Schäffer. Der LBV geht davon aus,<br />

dass es sich bei dem spektakulären Fund<br />

nicht um einen zufälligen Einzelnachweis<br />

handelt. Es ist vielmehr davon auszugehen,<br />

dass eine lokale Population der Waldbirkenmaus<br />

am Riedberger Horn existiert.<br />

„Bei den geplanten Eingriffsmaßnahmen<br />

rund um das Riedberger Horn muss dieser<br />

neue Aspekt unbedingt beachtet und<br />

sorgfältig geprüft werden“, so der LBV-Vorsitzende<br />

weiter.<br />

Die gelblich-graue Maus ist an ihrem<br />

dunklen Rückenstrich, dem sogenannten<br />

„Aalstrich“ zu erkennen und daran, dass<br />

ihr Schwanz eineinhalbmal so lang ist wie<br />

ihr Körper. Mit ihren nur 50 bis 72 Millimetern<br />

Kopf-Rumpflänge und einem Gewicht<br />

von gerade einmal zehn Gramm ist sie ein<br />

Winzling. Die Waldbirkenmaus kann daher<br />

nicht mit den üblichen Kleinsäugerlebendfallen<br />

gefangen werden. Für den Nachweis<br />

wurde eine spezielle Fotofalle eingesetzt,<br />

die den Nahbereich fokussierte, nachts<br />

mit einem Infrarotblitz auslöste und an<br />

einem speziellen Bodenanker befestigt<br />

wurde.<br />

Der Nachweis gelang Jonas Gillich von der<br />

Forstlichen Hochschule Weihenstephan<br />

im Rahmen einer vom LBV ausgeschriebenen<br />

Bachelor-Arbeit. Neben der seltenen<br />

Mausart wurden trotz dem sehr kleinem<br />

Bildausschnitt der Fotofalle überraschenderweise<br />

auch Birkhühner erfasst.<br />

Der LBV plant 2019 zusätzliche Untersuchungen<br />

im Oberallgäu. Denn es werden<br />

weitere Vorkommen auch in anderen Naturräumen,<br />

wie zum Beispiel in den Allgäuer<br />

Hochalpen, vermutet.<br />

Eigentumspakt schwächt Naturschutz<br />

LBV kritisiert Vorgehen der Staatsregierung<br />

Der LBV kritisiert den „Pakt zum landund<br />

forstwirtschaftlichen Eigentum“, der<br />

gestern von der Bayerischen Staatsregierung<br />

sowie land- und forstwirtschaftlichen<br />

Interessensvertretern unterzeichnet<br />

wurde. Der Naturschutz wird mit diesem<br />

Pakt massiv geschwächt. „In den letzten<br />

Jahren hat sich bereits zu genüge gezeigt,<br />

dass der Grundsatz ‚Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht‘<br />

zwar erstrebenswert, in vielen<br />

Fällen aber zum Scheitern verurteilt<br />

ist“, meint der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert<br />

Schäffer. „Das Beharren der Staatsregierung<br />

auf diesem Grundsatz macht die<br />

Bemühungen beim Arten-, Flächen- wie<br />

auch Gewässerschutz ergebnislos. Wir<br />

verlieren nach wie vor jeden Tag ein Stück<br />

Natur.“ Auch die Ablehnung von großflächigem<br />

Nutzungsverzicht in Wäldern wird<br />

vom LBV als nicht zielführend eingestuft.<br />

Der Pakt trägt klar die Handschrift der<br />

unterzeichnenden Verbände, teilweise<br />

wurden Passagen aus den Wahlforderungen<br />

des Bauernverbandes wortwörtlich<br />

übernommen. „Die Staatsregierung lässt<br />

sich den Pakt von Lobbyisten diktieren<br />

und betreibt Klientelpolitik“, kritisiert der<br />

LBV-Vorsitzende Schäffer. „So werden Einzelinteressen<br />

gestärkt, ohne auf das Wohl<br />

der Allgemeinheit und die Belange der<br />

Umwelt Rücksicht zu nehmen.“<br />

Ein weiterer Rückschlag für den Naturschutz<br />

ist die geplante Aufweichung der<br />

Bayerischen Kompensationsverordnung.<br />

„Die dauerhafte Ausweisung von Ausgleichsflächen<br />

soll zugunsten der Landwirtschaft<br />

wegfallen – ohne der eigentlichen<br />

Ursache, den auszugleichenden<br />

Eingriffen und dem unvermindert hohen<br />

Flächenverbrauch, etwas entgegenzusetzen“,<br />

meint Schäffer. Produktionsintegrierte<br />

Kompensationsmaßnahmen,<br />

sogenannte PIKs, sind in der Praxis nur<br />

schwer umsetzbar und erfüllen nicht die<br />

Funktionen von dauerhaften Strukturen<br />

wie Hecken, Feldrändern oder Gewässerrandstreifen.<br />

„Für den Erhalt der Biologischen<br />

Vielfalt sind neben Maßnahmen auf<br />

bewirtschafteten Flächen auch nutzungsfreie<br />

Flächen erforderlich“, so der Vorsitzende<br />

weiter. Auch der Versuch, bei Maßnahmen<br />

zur Umsetzung der Energiewende<br />

und beim Hochwasserschutz zukünftig die<br />

Ausgleichserfordernisse zu streichen, wird<br />

vom LBV strikt abgelehnt.<br />

Insgesamt ist der Pakt nicht geeignet, die<br />

gesellschaftlichen Anforderungen an eine<br />

zukunftsorientierte Land- und Forstwirtschaft<br />

zu lösen.

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