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Roth-Journal 2018-10

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Ratgeber Recht<br />

Sterben macht Erben - und was ist wenn vorher das Geld weg ist?<br />

Wir berichten hier eine Fallkonstellation<br />

aus der anwaltlichen Praxis, die in unserer<br />

Kanzlei immer wieder auftaucht, aber letzten<br />

Endes vermeidbar ist. Es kommen immer<br />

wieder Mandanten, die im Kern folgende<br />

Geschichte erzählen: Sie haben die<br />

Betreuung und Pflege eines älteren Familienmitgliedes,<br />

also Oma oder Opa, Vater<br />

oder Mutter, Onkel oder Tante übernommen.<br />

Dieses war meistens mehrere Jahre<br />

schon zuvor bei einem anderen Familienmitglied.<br />

Der ältere Mensch hat dort<br />

gewohnt und gelebt. Um dessen Vermögenssituation<br />

hat sich das andere Familienmitglied<br />

gekümmert, alles war in bester<br />

Ordnung, man hat sich vertraut. Warum<br />

auch immer zieht der ältere Mensch dann<br />

entweder freiwillig oder gezwungenermaßen<br />

vom anderen Familienmitglied weg<br />

und wohnt dann bei den in der Kanzlei<br />

erscheinenden Mandanten, die berichten,<br />

dass der ältere Mensch, Mutter oder<br />

Vater, Onkel oder Tante, Oma oder Opa<br />

schlicht fast pleite sind.<br />

Das Entsetzen ist groß, niemand kann sich<br />

erklären, wie es dazu gekommen ist. Zumeist<br />

waren Sparbücher vorhanden, ein<br />

Bausparer, möglicherweise Immobilien,<br />

Aktienfonds, ein Schließfach bei der Bank<br />

und Geld auf dem laufenden Konto. Nichts<br />

ist mehr da. Die Unterlagen sind nicht auffindbar,<br />

Kontoauszüge sind weg, auf Nachfragen<br />

weiß keiner mehr Bescheid.<br />

Des Weiteren wird dann berichtet, dass<br />

der ältere Mensch sehr sparsam ist, keine<br />

teuren Urlaubsreisen unternommen<br />

hat, kein teures Auto fährt, keine teuren<br />

Geschenke gemacht hat, sich selbst fast<br />

nichts gegönnt hat und immer bescheiden<br />

gelebt hat. Selbst bei einer Rente von<br />

1.300 € pro Monat können da schnell einmal<br />

über <strong>10</strong>0.000 € in <strong>10</strong> Jahren einfach<br />

verschwunden sein. Und nun? Wo ist das<br />

Geld, was kann man noch tun?<br />

Allein die hier aufkommenden Verdachtsmomente<br />

sind oftmals geeignet, familiäre<br />

Bunde nicht nur schwer zu belasten, sondern<br />

auch zu zerstören. Aus diesem Grunde<br />

sollte jedermann, der das Rentenalter<br />

vor Augen hat, dafür Sorge tragen, dass<br />

seine finanziellen Verhältnisse geregelt<br />

und geklärt sind. Hierzu reicht es eben<br />

nicht nur aus, diese in einem Ordner zusammenzustellen.<br />

Wir raten auch an, die<br />

üblichen Bankformulare und Vollmachten<br />

nicht zu benutzen. Oftmals werden hier<br />

unlimitierte Blanko- oder Generalsvollmachten<br />

ausgestellt, die es dem Bevollmächtigten<br />

ermöglichen, sich grenzenlos<br />

zu bedienen. Auch in vielen Pflege- und<br />

Vorsorgevollmachten sind solche unlimitierten<br />

Bevollmächtigungen enthalten.<br />

Wir können davor nur warnen. Natürlich<br />

ist ein Formular aus dem Internet oder<br />

dem Vorsorgebaukasten eines deutschen<br />

Verlagshauses mit 12,00 € billiger als ein<br />

Anwalt - dafür ist der vermeidbare Schaden<br />

aber auch enorm. Die zerstörte Familie<br />

kommt noch dazu. Des Weiteren gibt es<br />

rechtlich einwandfreie Möglichkeiten, Bevollmächtigte<br />

zur Rechenschaft zu ziehen.<br />

Hier kann man entweder als Vollmachtgeber<br />

Abrechnung fordern oder aber eine<br />

dritte Person zur Kontrolle mit einbeziehen.<br />

Ist der alte Mensch erst einmal plötzlich<br />

fast mittellos, obwohl vorher erhebliches<br />

Vermögen vorhanden war, so ist der<br />

Aufwand, den Dingen nachzugehen, meist<br />

enorm. Letzten Endes ist das Bauchgefühl<br />

derer, die den unverständlichen finanziellen<br />

Dingen nachzugehen haben, oftmals<br />

richtig: der alte Mensch wurde übervorteilt<br />

und sein Vermögen anderweitig<br />

einverleibt. Man kann hier, auch rückwirkend,<br />

durchaus viel bewegen. Wir können<br />

nur anraten, bereits beim Verdacht<br />

solcher Anhaltspunkte unverzüglich sich<br />

anwaltliche Hilfe holen um den Dingen<br />

nachzugehen.<br />

RA Stephan Baumann<br />

Fachanwalt für Familienrecht<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Fachanwaltslg. für Erbrecht

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