Roth-Journal 2018-10
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
16<br />
Ratgeber Recht<br />
Sterben macht Erben - und was ist wenn vorher das Geld weg ist?<br />
Wir berichten hier eine Fallkonstellation<br />
aus der anwaltlichen Praxis, die in unserer<br />
Kanzlei immer wieder auftaucht, aber letzten<br />
Endes vermeidbar ist. Es kommen immer<br />
wieder Mandanten, die im Kern folgende<br />
Geschichte erzählen: Sie haben die<br />
Betreuung und Pflege eines älteren Familienmitgliedes,<br />
also Oma oder Opa, Vater<br />
oder Mutter, Onkel oder Tante übernommen.<br />
Dieses war meistens mehrere Jahre<br />
schon zuvor bei einem anderen Familienmitglied.<br />
Der ältere Mensch hat dort<br />
gewohnt und gelebt. Um dessen Vermögenssituation<br />
hat sich das andere Familienmitglied<br />
gekümmert, alles war in bester<br />
Ordnung, man hat sich vertraut. Warum<br />
auch immer zieht der ältere Mensch dann<br />
entweder freiwillig oder gezwungenermaßen<br />
vom anderen Familienmitglied weg<br />
und wohnt dann bei den in der Kanzlei<br />
erscheinenden Mandanten, die berichten,<br />
dass der ältere Mensch, Mutter oder<br />
Vater, Onkel oder Tante, Oma oder Opa<br />
schlicht fast pleite sind.<br />
Das Entsetzen ist groß, niemand kann sich<br />
erklären, wie es dazu gekommen ist. Zumeist<br />
waren Sparbücher vorhanden, ein<br />
Bausparer, möglicherweise Immobilien,<br />
Aktienfonds, ein Schließfach bei der Bank<br />
und Geld auf dem laufenden Konto. Nichts<br />
ist mehr da. Die Unterlagen sind nicht auffindbar,<br />
Kontoauszüge sind weg, auf Nachfragen<br />
weiß keiner mehr Bescheid.<br />
Des Weiteren wird dann berichtet, dass<br />
der ältere Mensch sehr sparsam ist, keine<br />
teuren Urlaubsreisen unternommen<br />
hat, kein teures Auto fährt, keine teuren<br />
Geschenke gemacht hat, sich selbst fast<br />
nichts gegönnt hat und immer bescheiden<br />
gelebt hat. Selbst bei einer Rente von<br />
1.300 € pro Monat können da schnell einmal<br />
über <strong>10</strong>0.000 € in <strong>10</strong> Jahren einfach<br />
verschwunden sein. Und nun? Wo ist das<br />
Geld, was kann man noch tun?<br />
Allein die hier aufkommenden Verdachtsmomente<br />
sind oftmals geeignet, familiäre<br />
Bunde nicht nur schwer zu belasten, sondern<br />
auch zu zerstören. Aus diesem Grunde<br />
sollte jedermann, der das Rentenalter<br />
vor Augen hat, dafür Sorge tragen, dass<br />
seine finanziellen Verhältnisse geregelt<br />
und geklärt sind. Hierzu reicht es eben<br />
nicht nur aus, diese in einem Ordner zusammenzustellen.<br />
Wir raten auch an, die<br />
üblichen Bankformulare und Vollmachten<br />
nicht zu benutzen. Oftmals werden hier<br />
unlimitierte Blanko- oder Generalsvollmachten<br />
ausgestellt, die es dem Bevollmächtigten<br />
ermöglichen, sich grenzenlos<br />
zu bedienen. Auch in vielen Pflege- und<br />
Vorsorgevollmachten sind solche unlimitierten<br />
Bevollmächtigungen enthalten.<br />
Wir können davor nur warnen. Natürlich<br />
ist ein Formular aus dem Internet oder<br />
dem Vorsorgebaukasten eines deutschen<br />
Verlagshauses mit 12,00 € billiger als ein<br />
Anwalt - dafür ist der vermeidbare Schaden<br />
aber auch enorm. Die zerstörte Familie<br />
kommt noch dazu. Des Weiteren gibt es<br />
rechtlich einwandfreie Möglichkeiten, Bevollmächtigte<br />
zur Rechenschaft zu ziehen.<br />
Hier kann man entweder als Vollmachtgeber<br />
Abrechnung fordern oder aber eine<br />
dritte Person zur Kontrolle mit einbeziehen.<br />
Ist der alte Mensch erst einmal plötzlich<br />
fast mittellos, obwohl vorher erhebliches<br />
Vermögen vorhanden war, so ist der<br />
Aufwand, den Dingen nachzugehen, meist<br />
enorm. Letzten Endes ist das Bauchgefühl<br />
derer, die den unverständlichen finanziellen<br />
Dingen nachzugehen haben, oftmals<br />
richtig: der alte Mensch wurde übervorteilt<br />
und sein Vermögen anderweitig<br />
einverleibt. Man kann hier, auch rückwirkend,<br />
durchaus viel bewegen. Wir können<br />
nur anraten, bereits beim Verdacht<br />
solcher Anhaltspunkte unverzüglich sich<br />
anwaltliche Hilfe holen um den Dingen<br />
nachzugehen.<br />
RA Stephan Baumann<br />
Fachanwalt für Familienrecht<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
Fachanwaltslg. für Erbrecht