Jide Macaulay ist offen schwul, Pastor und aus Nigeria. Ishmael Sbulele Bahati lebt in Kenia, ist Imam und ebenfalls homosexuell. Beide finden, dass ihre Sexualität und Religion problemlos vereinbar sind und auch Wien liberale Gotteshäuser braucht. Von: Emir Dizdarević, Fotos: Christoph Liebentritt, Mitarbeit: Aleksandra Tulej „GOTT VEREHRT UNS“ <strong>BIBER</strong>: Wann habt ihr gemerkt, dass ihr schwul seid? JIDE MACAULAY: Bei mir war es, als ich zwischen sechs und dreizehn Jahre alt war. Ich war immer eifersüchtig, wenn ein Junge eine Freundin hatte. Ich wollte dann immer das Mädchen sein. In meiner Kultur in Nigeria haben wir kein Wort für schwul, also war es für mich schwierig, meine Gefühle einzuordnen. Aber es wussten eigentlich immer alle um mich herum. Ich kann mich erinnern, als ich neun Jahre alt war und mich meine Großmutter angegriffen hat, ihre Faust ballte, mir auf die Brust schlug und sagte: „Steh wie ein Junge“. ISHMAEL SBULELE BAHATI: Ich weiß es schon mein ganzes Leben lang. Wissen deine Eltern, dass du schwul bist, Ishmael? ISHMAEL SBULELE BAHATI: Ich wurde von anderen geoutet, aber habe die Chance gleich genützt. Als sie es erfuhren, wurde ein Familienrat einberufen, wo sie dann über mich sprachen. Wir haben in meiner Kultur in Kenia auch kein Wort für schwul und so hieß es nach dem Treffen, ich hätte mich in eine Frau verwandelt. Ich habe gesagt, dass das so nicht stimmt und ich Männer statt Frauen liebe. Heute lebe ich offen schwul, alle wissen es und ich gebe auch Interviews im Fernsehen, wo ich darüber rede. Gab es Widerstände durch deine Familie? ISHMAEL SBULELE BAHATI: Als ich 19 Jahre alt war, sind zwei meiner Cousins mit drei Mädchen zu mir heim in mein Zimmer gekommen. Sie haben mich unter Druck gesetzt mit einem der Mädchen zu schlafen. Und ich habe es gemacht. Ich hatte davor noch nie mit jemandem Sex. Aber ich wollte einfach dazugehören und meine Cousins zufriedenstellen. Leider wurde das Mädchen dann schwanger von mir und bekam Zwillinge, ein Mädchen und einen Jungen. Ich habe sie mit den Jahren kennengelernt. Sie haben auch Zeit mit mir und meinem Freund verbracht. Ich wollte, dass meine Kinder das von mir erfahren und nicht durch wen anderen. Wie war das bei dir und deiner Familie, Jide? JIDE MACAULAY: Ich bin sehr religiös aufgewachsen, meine Eltern haben sich aber getrennt, als ich 14 Jahre alt war. Mein Vater ist der Direktor der zweitgrößten theologischen Universität in Nigeria, der „United by University“. Er ist extrem konservativ. Von meiner Homosexualität haben meine Eltern erst erfahren, als ich bereits in London gelebt habe. Meine Mutter hat es positiv aufgenommen, mein Vater negativ. Wie hast du in London mit deiner Homosexualität gelebt? JIDE MACAULAY: Als ich mit <strong>18</strong> nach London gezogen bin, habe ich versucht, mein nigerianisches Leben fortzuführen. Ich habe mit mir gekämpft, ich wollte nicht schwul sein. Ich habe 40 Tage gefastet und gebetet und zu Gott gesagt: „Gib mir eine Freundin“. Und nach den 40 Tagen bin ich 26 / RAMBAZAMBA /
Jide Macaulay (links), Pastor aus Nigeria, Ishmael Sbulele Bahati (rechts), Imam aus Kenia, sind beide offen homosexuell. / RAMBAZAMBA / 27