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2018_44

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Kurier Nr. <strong>44</strong> 2.11.<strong>2018</strong> Dorfspiegel Dietlikon<br />

3<br />

Erste Sternen-Nacht der Saison <strong>2018</strong>/2019 in Wangen<br />

Bissig, boshaft, scharfzüngig und doch charmant<br />

Was haben Gutmenschen, Selbstfindungsseminare, Plüschkamele und<br />

Geranien gemeinsam? Nichts, meint man auf den ersten Blick. Dass dem<br />

nicht so ist, hat das Kabarett-Duo Knuth und Tucek bei ihrem Auftritt im<br />

Sternen Wangen am Freitag vergangener Woche bewiesen.<br />

Ruedi Muffler<br />

Es ist ihre elfte Produktion, mit der<br />

Knuth und Tucek die Sternen-<br />

Nacht-Saison <strong>2018</strong>/2019 eröffnet<br />

haben. Sie konfrontierten das Publikum<br />

mit einem Feuerwerk bissiger<br />

Texte, genial musikalisch aufbereitet<br />

und mit Charme vorgetragen.<br />

Mit einem meist harmlos klingenden<br />

Dialog beginnend, teilten<br />

die beiden Künstlerinnen Hiebe<br />

nach allen Seiten aus. Unser Dasein<br />

und unser Umfeld wurden rücksichts-<br />

und hemmungslos durchleuchtet.<br />

Spezialfall Wangen-Brüttisellen<br />

Eine Sternen-Nacht läuft anders ab,<br />

als eine Vorstellung in einem Theater.<br />

«Darauf haben wir Rücksicht<br />

genommen und den Ablauf unseres<br />

Programms «Heimat – Ein Ammenmärchen»<br />

den Gegebenheiten<br />

angepasst, ohne jedoch dessen Inhalt<br />

und Aussage zu verändern»,<br />

«Das Glück liegt auf<br />

der Strasse wie ein<br />

Dreck vom Hund.»<br />

<br />

Knuth und Tucek<br />

erklärte Nicole Knuth im Gespräch<br />

vor der Vorstellung. Sie hätten sich<br />

darüber hinaus mit dem Gastspielort<br />

auseinandergesetzt und immer<br />

wieder darauf angespielt.<br />

Allerdings stiessen sie bereits in<br />

der Eröffnungsnummer, die von<br />

Heimat und Identifikation handelte,<br />

auf ein erstes ernsthaftes Problem.<br />

Welche Anrede ist korrekt: «Liebe<br />

Wangenerinnen und Wangener, liebe<br />

Brüttisellerinnen und Brüttiseller<br />

oder liebe Wangen-Brüttisellerinnen<br />

und liebe Wangen-Brüttiseller?»<br />

So oder so brachten sie es<br />

fertig, den etwas sperrigen Ortsnamen<br />

in ihrer Version des Liedes<br />

«Ich bin ein Schweizer Knabe» unterzubringen.<br />

Heimat – ein grosser Begriff<br />

Die lockeren Dialoge führten immer,<br />

wenn auch auf verschlungenen<br />

Wegen zu einem Thema, das<br />

mit Heimat, Identifikation und<br />

Selbstfindung zu tun hatte. So stellte<br />

sich das sehr teure Yoga-Herbstseminar<br />

als Flop heraus, auch wenn<br />

gewisse Erkenntnisse daraus sicher<br />

bedenkenswert sind. Dass zwischen<br />

einer Eidgenossin und einer<br />

Schweizerin ein Unterschied besteht,<br />

war für viele Besucher neu.<br />

Knuth und Tucek haben auch eine<br />

eigene Aufteilung des Jahres. Für<br />

sie beginnt es mit der Frühjahrsmüdigkeit<br />

und endet mit der pränatalen<br />

Zeit.<br />

Dass die Begriffe Heimat und heimelig<br />

nicht gleichzusetzen sind,<br />

zeigten die beiden Kabarettistinnen<br />

in ihrer Schilderung des Dorflebens,<br />

wo jeder jeden kennt und jeder<br />

von jedem alles weiss oder zu<br />

wissen meint. Man sah das besungene<br />

Eigenheim des klassischen<br />

Dorfbewohners mit den Geranien<br />

vor den Fenstern förmlich vor sich.<br />

Auch die Wohnwand in der guten<br />

Stube mit den Boccalinos<br />

aus dem Tessin neben<br />

dem Plüschkamel aus<br />

Djerba zog vor dem inneren<br />

Auge vorbei, ebenso<br />

der Keller mit dem Notvorrat<br />

und der Werkbank<br />

des Hausherrn. Könnte<br />

dieser stinknormale Gutmensch<br />

aber allenfalls auch eine<br />

dunkle Seite haben, von der man<br />

nichts wissen darf?<br />

Traumziel Musicalbühne<br />

Richtig ins Schwärmen gerieten die<br />

beiden Künstlerinnen, wenn sie<br />

von ihrem Traum, Musicalstar zu<br />

werden, erzählten. Leider ein hoffnungsloses<br />

Unterfangen für Nicole<br />

Knuth als klassisch ausgebildete<br />

Schauspielerin – wer möchte denn<br />

schon «Medea» als Musical sehen<br />

– und Olga Tucek, die eine klassische<br />

Gesangsausbildung absolviert<br />

hat und die zudem eine brillante<br />

Akkordeonistin ist. Also erschufen<br />

sie sich ein eigenes Mini-Musical.<br />

Es war dies die einzige Nummer<br />

des Abends, für die Requisiten in<br />

Form von zwei Hüten benötigt<br />

wurden. Nicht umsonst bezeichneten<br />

sie ihr Werk als Musical vom<br />

M-Budget-Broadway.<br />

Nicole Knuth, zurückhaltend, aber deshalb nicht weniger bissig und boshaft.<br />

Themen mit Tiefgang<br />

In der Nummer «Gute Reise» beobachtete<br />

man von der Zuschauerterrasse<br />

des Flughafens Kloten die<br />

nicht ganz freiwillige Abreise von<br />

Menschen in ihre alte, ungeliebte<br />

Heimat, der sie meinten, entflohen<br />

zu sein. Aus ihren Erfahrungen mit<br />

Internet und Facebook leiteten<br />

Knuth und Tucek die Empfehlung<br />

ab, sich doch einmal selber zu googeln.<br />

Sie besangen die Kraft der<br />

Liebe, empfahlen, zu lernen nein<br />

zu sagen und Grenzen zu setzen,<br />

um zum Schluss zu kommen, dass<br />

das Glück auf der Strasse liegt wie<br />

ein Dreck vom Hund.<br />

Nicole Knuth und Olga Tucek haben<br />

in Wangen bewiesen, dass sie<br />

zu Recht mit mehreren Kabarettpreisen<br />

ausgezeichnet worden sind.<br />

Sie verstehen es nicht nur, mit der<br />

Sprache umzugehen, sondern agieren<br />

auch gesanglich und musikalisch<br />

auf hohem Niveau. Dazu<br />

kommt, dass sie ihre Frechheiten<br />

und Anzüglichkeiten mit Charme<br />

und einer solchen Nonchalance<br />

und Lockerheit servieren, dass man<br />

glaubt, die Dialoge entstünden<br />

spontan vor Ort und seien nicht<br />

einstudiert. Das Publikum im nicht<br />

ausverkauften Saal bedankte sich<br />

mit herzlichem Applaus.<br />

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