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Neue Szene Augsburg 2018-12

Stadtmagazin für Augsburg

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BRÜCKENDECKUNG<br />

KOLUMNE<br />

Wie war dein Tag, Schatz?<br />

DIE KOLUMNE VON UND MIT MARCUS ERTLE<br />

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Hm, wie war mein Tag? Eigentlich ganz gut, ich will<br />

nicht undankbar gegenüber dem Schicksal erscheinen.<br />

Es gibt ja so viele, denen es viel schlechter als mir geht.<br />

Nein, ich meine, mir geht es nicht schlecht, überhaupt<br />

nicht, vor allem nicht, wenn ich mich mit einem Feldhamster<br />

vergleiche.<br />

Ja, genau, mit dem gemeinen Feldhamster, nicht zu<br />

verwechseln mit dem Haushamster, um den müssen wir<br />

uns keine Sorgen machen. Der Feldhamster aber steht<br />

kurz vor der Apokalypse.<br />

sofort ein hoffnungsvoller Nachfolger. Der Kreislauf<br />

des Lebens. Eigentlich tröstlich, außer wenn man ein<br />

Feldhamster ist.<br />

Aber warum mache ich mir darüber eigentlich einen<br />

Kopf? Es gibt ja keine Gegenseitigkeit. Weder der Feldhamster<br />

noch Stefan Kiefer interessiert sich für meine<br />

Nöte. Und das war der Gedanke, der mir dann, so ein,<br />

zwei Stunden nach Lektüre des aufrüttelnden Artikels<br />

kam: Wieso soll ich mir Gedanken über Menschen und<br />

Tiere machen, für die ich eh nichts tun kann?<br />

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Wie kann der Feldhamster noch gerettet werden?<br />

Fragte heute die geschätzte Tageszeitung. Ich wusste<br />

bis dahin gar nicht, dass der Feldhamster der Rettung<br />

bedarf, dachte, dass er fröhlich und unbedarft wie<br />

er ist, auf dem Feld herumhamstert. Eitle Hoffnung.<br />

Und nicht nur dem bayerischen Feldhamster geht es<br />

schlecht, sondern auch den russischen Feldhamstern,<br />

was bisher vom bayerischen Umweltministerium<br />

geleugnet, jetzt aber verschämt eingestanden wurde.<br />

Jedenfalls stand am Ende des Artikels die Gewissheit,<br />

dass ich absolut nichts für den Feldhamster tun kann,<br />

weder für den in <strong>Augsburg</strong> noch für den in Russland.<br />

Ich bin machtlos, ich kann aber auch nichts dafür.<br />

So ähnlich geht es Stefan Kiefer auch gerade. Die<br />

Kritik an ihm wegen des verspäteten Förderantrags,<br />

der die Stadt am Ende knapp 3 Millionen kostete, sie<br />

will nicht verstummen. Auch wenn er immer wieder<br />

betont, dass er nichts für den Feldhamster, äh, für das<br />

Versehen konnte. Es war ein Verwaltungsfehler, kein<br />

Politikfehler.<br />

Verwaltungsfehler sind ja ihrer Natur nach meistens<br />

eine Fata Morgana. Man sieht sie oft schon von<br />

weitem, aber je näher man kommt, desto mehr verschwimmen<br />

sie und wenn man ganz genau hinschaut,<br />

sind sie plötzlich weg. In meinem Leben und dem von<br />

Stefan Kiefer und dem des Feldhamsters ist es gerade<br />

andersrum. Aus der Ferne erkennt man keinen Makel,<br />

geht man aber näher und näher und näher heran, wird<br />

es prekär! Ja, doch auch bei mir, ich nehme mich doch<br />

nicht aus, bin doch auch nur ein armer Sünder im<br />

Weinberg des Herrn, hoffe doch auch nur darauf, dass<br />

man nicht immer zu genau hinschaut.<br />

Wie kann der<br />

Feldhamster noch<br />

gerettet werden?<br />

Weil das meine Natur ist? Wie tragisch! Vielleicht<br />

gehöre ich ja, einem Feldhamster gleich, einer langsam<br />

aussterbenden Gattung an und weiß es nicht, denke<br />

nicht daran, weil ich mich im Quatsch des Alltags<br />

verliere, statt den großen Fragen nachzugehen. Die da<br />

wären: Wie kriegen wir den Klimawandel in den Griff?<br />

Wie zähmen wir den digitalen Kapitalismus? Wie lösen<br />

wir den Pflegenotstand? Was soll ich meiner Liebsten<br />

zu Weihnachten kaufen? Und wieso werde ich, wenn<br />

ich mein Fahrrad zur Reparatur bringe, vom Fahrradhändler<br />

eigentlich immer behandelt, als sei ich ein<br />

technisch absurd unfähiger Vollidiot?<br />

Diese Fragen reichen mir für die nächsten Wochen,<br />

Monate und Jahre!<br />

Ist gut Schatz.<br />

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Wäre Stefan Kiefer ein Feldhamster, wäre er jedenfalls<br />

sehr in Gefahr, spätestens nach der nächsten Wahl<br />

drohte ihm das Aussterben, um es metaphorisch zu<br />

sagen. Andererseits bleibt es so immer spannend. In<br />

der Politik natürlich, nicht in der Natur. Vom Aussterben<br />

des Feldhamsters hat weiß Gott keiner was.<br />

Wenn dagegen ein Politiker vom Feld gehen muss, folgt

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