Für alle, die Geschichte schreiben wollen. Gesundheitszentrum Spital <strong>Davos</strong> AG
SIEGER VON DAMALS 65 : Von <strong>Davos</strong> ins Arbeitslag<strong>er</strong> Bohumil Modrý, genannt Boža, war ein<strong>er</strong> d<strong>er</strong> besten Eishockeyspiel<strong>er</strong> Europas – ein Sportstar und ein begnadet<strong>er</strong> Ingenieur. Doch dann <strong>er</strong>eilte ihn ein grausames Schicksal. Zu sein<strong>er</strong> Zeit trugen die Torhüt<strong>er</strong> noch keine Maske. Boža hatte leicht gewellte Haare und wirkte stets entschlossen, wie ein<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> nach vorn blickt, d<strong>er</strong> das Leben auskosten will. Bohumil Modrý spielte von Jugend auf Handball, anfangs bei Sokol Smíchov und dann – parallel zur Eishockeykarri<strong>er</strong>e – bei Slavia Prag, d<strong>er</strong> besten Handballmannschaft d<strong>er</strong> Tschechoslowakei. Wenn <strong>er</strong> nicht g<strong>er</strong>ade sportlich unt<strong>er</strong>wegs war, v<strong>er</strong>suchte <strong>er</strong>, sein Studium voranzubringen. Er studi<strong>er</strong>te Bauingenieurwesen an d<strong>er</strong> Technischen Hochschule. Legendäres Spiel gegen die Schweiz Zum Eishockey kam Bohumil Modrý durch Vilibald Štovík – die beiden kannten sich vom Gymnasium. Štovík wohnte in Kamenice, wo sie oft auf einem gefrorenen Teich spielten. Modrý stand von Beginn an im Tor. Ein Jahr, nachdem <strong>er</strong> <strong>er</strong>stmals beim LTC Prag mit dem Schläg<strong>er</strong> auf dem Eis gestanden hatte, kam <strong>er</strong> b<strong>er</strong>eits bei den Erwachsenen zum Einsatz. : Bohumil Modrý: Ein Mann mit ein<strong>er</strong> traurigen Lebensgeschichte, die b<strong>er</strong>ührt. Die Karri<strong>er</strong>e in d<strong>er</strong> Nationalmannschaft begann für ihn mit einem 7 : 0 gegen Norwegen. Zwei Tage spät<strong>er</strong> hiess es gegen die Schweiz 2 : 2. 1938 bei d<strong>er</strong> Weltmeist<strong>er</strong>schaft im eigenen Land gewann sein Team nach einem 3 : 0 im entscheidenden Spiel gegen Deutschland Bronze. Bei d<strong>er</strong> Weltmeist<strong>er</strong>schaft im Jahr darauf in Zürich f<strong>er</strong>tigten die Tschechen Jugoslawien mit 24 : 0 ab. Legendär wurde das Spiel gegen die Schweiz, in dem nach drei V<strong>er</strong>läng<strong>er</strong>ungen noch imm<strong>er</strong> kein Tor gefallen war. Hugo Müll<strong>er</strong> vom Hockey Club <strong>Davos</strong> und Bohumil Modrý schienen unbezwingbar zu sein. Aufgrund d<strong>er</strong> bess<strong>er</strong>en Tordiff<strong>er</strong>enz sich<strong>er</strong>te sich die Schweiz WM-Bronze, doch Kanada und <strong>Davos</strong> weibelten in d<strong>er</strong> Folge um Modrý. Er freute sich üb<strong>er</strong> die Angebote, wollte ab<strong>er</strong> zu<strong>er</strong>st sein Studium beenden, sodass <strong>er</strong> in ein Land zurückkehrte, in dem zwei Monate spät<strong>er</strong> alles auf den Kopf gestellt wurde: Die Tschechoslowakei wurde von den Nazis besetzt. Modrý konnte daraufhin wed<strong>er</strong> studi<strong>er</strong>en noch Eishockey spielen. Eigenes Trainingsprogramm Statt auf dem Eis zu stehen, feilte Modrý an ein<strong>er</strong> «Schule des Torwarts». Auch im Training war <strong>er</strong> ein P<strong>er</strong>fektionist und liess sich so lange mit dem Puck beschiessen, bis <strong>er</strong> ihn genau dorthin abwehrte, wo <strong>er</strong> ihn haben wollte. Dies mag das Fundament für seine h<strong>er</strong>ausragende Leistung in den Nachkriegsjahren gewesen sein. Ab 1945 existi<strong>er</strong>te das Land wied<strong>er</strong> als eigenständig<strong>er</strong> Staat und Modrý konnte gestärkt auf das int<strong>er</strong>nationale Parkett zurückkeh ren. 1947 trat <strong>er</strong> zu Hause in Prag noch einmal zur Weltmeist<strong>er</strong>schaft an. Im Finale starb all<strong>er</strong>dings die Hoffnung auf den Weltmeist<strong>er</strong>titel: Die Tschechen v<strong>er</strong>loren 1 : 2 gegen Schweden. Imm<strong>er</strong>hin gehörte Modrý d<strong>er</strong> besten Eishockeymannschaft im kommunistischen Raum an. Drei Spiel<strong>er</strong> emigri<strong>er</strong>ten Dann das einschneidende Ereignis, das Modrýs Leben für imm<strong>er</strong> v<strong>er</strong>änd<strong>er</strong>n sollte – es war an Weihnachten 1948: D<strong>er</strong> LTC Prag war beim <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong> zu Gast, den die Mannschaft b<strong>er</strong>eits sechsmal gewonnen hatte, zuletzt 1946 und 1947. In <strong>Davos</strong> kam es zu einem Vorfall, d<strong>er</strong> den Argwohn d<strong>er</strong> kommunistischen Führung gegen ihre Eishockeymannschaft v<strong>er</strong>gröss<strong>er</strong>te. Nach dem Eröffnungsspiel tauchten tschechische Emigranten im Hotel auf, die d<strong>er</strong> Mannschaft anboten, als tschechoslowakische Exilmannschaft im Westen aufzutreten. Die Engländ<strong>er</strong>, so sagten sie, seien in den Plan eingeweiht und hätten zugesagt, eine tschechoslowakische Exilmannschaft in die britische Profiliga aufzunehmen. Am Ende kehrten bis auf zwei Spiel<strong>er</strong> und einen Funktionär alle in die Tschechoslowakei zurück. Dennoch waren die Machthab<strong>er</strong> <strong>er</strong>zürnt. D<strong>er</strong> Rest d<strong>er</strong> Mannschaft spielte noch mehr als ein Jahr lang auf int<strong>er</strong>nationalen Turni<strong>er</strong>en und kehrte – abgesehen von einem Spiel<strong>er</strong> – imm<strong>er</strong> wied<strong>er</strong> zurück. Falsche V<strong>er</strong>sprechungen und Rücktritt 1948 war eine USA-Tour geplant, doch dann wurde das Team nach Moskau g<strong>er</strong>ufen. Die Tschechen brachten den Russen, die vorwiegend das grossflächige Bandy spielten, Eishockey bei. Die Russen filmten Modrýs Bewegungen und seine Art, den Winkel zu v<strong>er</strong>kürzen. Man durchsuchte die Ausrüstung d<strong>er</strong> Spiel<strong>er</strong> und f<strong>er</strong>tigte v<strong>er</strong>schiedene Kopien d<strong>er</strong> Ausrüstungen an. Train<strong>er</strong> d<strong>er</strong> Russen war damals Anatoli Tarassow, d<strong>er</strong> 1974 als <strong>er</strong>st<strong>er</strong> europäisch<strong>er</strong> Coach in die Hockey Hall of Fame d<strong>er</strong> NHL aufgenommen