18.01.2019 Aufrufe

Spökenkieker Nr. 365 - 01/2019

Hochzeit 2019 // Fit und gesund ins neue Jahr // Mehr Sicherheit in der dunklen Jahreszeit // Walter Serries erhielt den Diamantenen Meisterbrief // Neues aus den Schulen // Job-Offensive - Stellenanzeigen // Neues von den Feuerwehren // Spökenkieker-Serie: Unser Krankenaus // u.v.m.

Hochzeit 2019 // Fit und gesund ins neue Jahr // Mehr Sicherheit in der dunklen Jahreszeit // Walter Serries erhielt den Diamantenen Meisterbrief // Neues aus den Schulen // Job-Offensive - Stellenanzeigen // Neues von den Feuerwehren // Spökenkieker-Serie: Unser Krankenaus // u.v.m.

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30<br />

Spökenkieker-Serie:<br />

Unser Krankenhaus<br />

Wartemarken gibt‘s hier nicht<br />

Die Zentrale Notaufnahme im Krankenhaus funktioniert anders als ein Wartezimmer<br />

In diesem Schockraum, den Dr. Tim Kleffner (li.) und Mario Marigliano<br />

hier zeigen, kämpfen die Ärzte und das Pflegepersonal oft um das Leben<br />

von Menschen. Da kann man mit harmloseren Krankheiten auch ruhig<br />

mal ein bisschen warten müssen. (Foto: Joe Rieder)<br />

Ich weiß noch, wie ich vor drei Jahrzehnten<br />

bei meinem Dorfarzt im vollen<br />

Wartezimmer saß. Plötzlich<br />

stürmte der Mediziner mit wehendem<br />

weißem Arztkittel und der typischen<br />

Arzttasche mit Riesenschritten<br />

nach draußen. „Was soll das<br />

denn?“, begann einer der Wartenden<br />

zu toben. „Ich sitz hier seit zwei<br />

Stunden und warte auf einen Verbandswechsel<br />

und jetzt haut der<br />

ab?“<br />

Wir anderen Wartenden schauten<br />

ihn nur mitleidig an. Einige von uns<br />

hatten – damals gab es noch nicht<br />

so viel Datenschutz wie heute – vom<br />

Empfangstresen das Wort „Herzinfarkt“<br />

gehört. Und die anderen waren<br />

froh einen Arzt zu haben, der im<br />

Notfall auch für sie alles stehen und<br />

liegen lassen würde.<br />

Das ist das Wort, um das es geht:<br />

Notfall. Im Krankenhaus geht der<br />

Die Krankenhäuser kranken am System<br />

Gewinnmaximierung der Krankenkassen steht dem Patientenwohl entgegen<br />

Dass Krankenhäuser keinen leichten<br />

Stand haben, erfuhr Erwin Rüddel,<br />

Vorsitzender des Bundestagsausschusses<br />

für Gesundheit, beim<br />

turnusmäßigen Gespräch, das der<br />

Westkirchener Bundestagsabgeordnete<br />

Reinhold Sendker (CDU) einmal<br />

jährlich mit den Krankenhausvertretern<br />

des Kreises führt. Es waren<br />

gleich mehrere Schwierigkeiten<br />

die seitens der Krankenhausvertreter<br />

angeführt wurden. Allen voran:<br />

Die zum Zeitpunkt des vorweihnachtlichen<br />

Gespräches in aller<br />

Munde liegende Gefährdung der<br />

Schlaganfallstationen (Stroke-<br />

Units). Sie ist zurückzuführen auf ein<br />

höchstinstanzliches Urteil mit dem<br />

ein Gesetzestext umgesetzt wird, der<br />

so eigentlich gar nicht gemeint war.<br />

Volksmund zur Notfallambulanz, die<br />

im Warendorfer Josephs-Hospital<br />

korrekter „Zentrale Notaufnahme“<br />

(ZNA) heißt. Hierher kommen alle<br />

Patienten, die nicht planmäßig auf<br />

Bestellung ins Krankenhaus kommen.<br />

Auch mit Blaulicht und Martinshorn.<br />

Von Unfallopfern über Internistische<br />

Notfälle bis hin zu jenen<br />

Patienten, die außerhalb von allen<br />

hausärztlichen Sprechzeiten Hilfe<br />

benötigen.<br />

„25.000 Patienten kommen pro<br />

Jahr durch die ZNA“; sagt deren<br />

Chefarzt Dr. Tim Kleffner. Damit ist<br />

sie die größte Abteilung im Josephs-<br />

Hospital und für das größte Spektrum<br />

an Aufgaben zuständig. Hier<br />

arbeiten Ärzte aus unterschiedlichen<br />

Fachrichtungen, sowie Pflegekräfte,<br />

Medizinische Fachangestellte<br />

und Notfallsanitäter in einem<br />

interdisziplinären Team. Sie wollen<br />

Doch damit haben die Krankenkassen<br />

die Möglichkeit, viel Geld von<br />

den Krankenhäusern zurückzufordern<br />

und die Politik tut sich schwer,<br />

mit einem Federstrich nicht nur eine<br />

Teilentschärfung, sondern eine völlige<br />

Entschärfung des Problems zu<br />

realisieren.<br />

Überhaupt seien die Kürzungen bei<br />

Zahlungen ein enormes Problem für<br />

die Krankenhäuser, die bei ihrer Arbeit<br />

für die Patientengesundheit<br />

nicht darauf warten können, ob der<br />

Medizinische Dienst der Krankenkassen<br />

die jeweiligen Behandlungsschritte<br />

– „in übertriebenen Prüfungen“,<br />

wie es wörtlich hieß – gutheißt.<br />

Krankenhäuser müssten die Sicherheit<br />

haben, dass Veränderungen in<br />

der Finanzierung nur für die Zukunft<br />

möglichst schnell erkennen, was bei<br />

den Patienten anliegt und die Erstversorgung,<br />

sowie die weitere Behandlung<br />

„auf die richtige Schiene<br />

setzen“, formuliert Dr. Kleffner es<br />

griffig.<br />

Wer durch die Tür kommt, wird angeschaut.<br />

In gewisser Weise auch unauffällig,<br />

denn die Kräfte am Empfang<br />

sind speziell geschult und gewinnen<br />

– auch während sie noch<br />

nach der Krankenkassenkarte fragen<br />

– einen ersten Eindruck von den<br />

Patienten. Die ersten Vitalparameter<br />

die sich blitzschnell messen lassen,<br />

wie Sauerstoffsättigung, Puls<br />

und Herzrhythmus, ergänzen den<br />

Eindruck. Man spricht von „Ersteinschätzung“,<br />

modernes Fremdwort:<br />

„Triage“, die den Patienten eine von<br />

fünf Farbstufen zuordnet: Rot,<br />

Orange, Gelb, Grün, Blau. „Seien Sie<br />

froh, wenn Sie blau sind“, lacht Dr.<br />

Kleffner, denn rot will niemand wirklich<br />

sein. Diese Farbe steht für „sofort<br />

alles andere stehen und liegen<br />

lassen, für diesen Menschen besteht<br />

akute Lebensgefahr!“<br />

Auch Orange ist nicht sympathischer,<br />

denn diese Erkrankungen<br />

können lebensbedrohlich werden,<br />

Zeit spielt eine große Rolle, es muss<br />

schnell gehen. Gelb hat mehr Zeit,<br />

es geht um mittelgradige Beschwerden<br />

ohne Lebensgefahr.<br />

Blau ist am wenigsten kritisch. Allerdings<br />

sind die so eingeschätzten Patienten<br />

oft die kritischsten in Sachen<br />

Geduld. Wie in der kleinen Geschichte<br />

aus den 1980ern oben.<br />

Aber wenn ein Patient im Wartebereich<br />

der ZNA längere Zeit warten<br />

muss, kann er eigentlich sicher sein,<br />

dass drinnen gerade schwere Fälle<br />

gelten, nicht für die Vergangenheit.<br />

In diesen Rahmen fällt auch die zunehmende<br />

Bürokratisierung in der<br />

medizinischen Tätigkeit, die mit dem<br />

Zeitverhältnis von Behandlungsdauer<br />

zu Dokumentationsdauer die<br />

eigentlichen Notwendigkeiten auf<br />

den Kopf stellt. Denn lieber würden<br />

die Behandler die Zeit für übermäßigen<br />

Papierkram zugunsten der Patienten<br />

nutzen. Einig waren sich alle<br />

Beteiligten über die enorme Bedeutung<br />

der Krankenhäuser, gerade<br />

auch im ländlichen Raum. Denn der<br />

Schwund niedergelassener Ärzte,<br />

darunter vor allem Hausärzte, wird<br />

weiter zunehmen.<br />

Reinhold Sendker, der mindestens<br />

jährlich diese Gespräche vor Ort<br />

führt, bekannte, viele der aktuellen<br />

behandelt werden. Da hilft auch die<br />

Einschätzung: „Sie brauchen mir ja<br />

nur kurz die Zecke ziehen, das geht<br />

doch schnell“ nichts. Der Herzinfarkt,<br />

die multiplen Brüche, der allergische<br />

Schock drinnen lassen den<br />

Mitarbeitern nun einmal keine Zeit<br />

für die schnelle Entfernung einer<br />

Zecke oder ähnlichen „blauen“ oder<br />

„grünen“ Krankheitsbildern. Wartemarken<br />

würden im Wartebereich der<br />

ZNA absolut keinen Sinn machen.<br />

Eigentlich verrückt. Man sitzt hier,<br />

um seine Gesundheit den Fachkräften<br />

in der Notaufnahme anzuvertrauen.<br />

Und dann vertraut man ihnen<br />

nicht, dass sie einschätzen können,<br />

wie dringend man behandelt<br />

werden muss. Dabei haben sie das<br />

sehr genau im Blick. „Wir überprüfen<br />

bei allen Wartenden regelmäßig den<br />

Verlauf“, versichert Dr. Kleffner. Damit<br />

kann sofort reagiert werden, falls<br />

sich etwas ändert.<br />

Regulär sind drei Ärzte in den sechs<br />

Räumen der ZNA, plus der Chefarzt.<br />

Zusätzlich kann auf Hintergrunddienste<br />

zurückgegriffen werden.<br />

Drei Pflegekräfte übernehmen den<br />

pflegerischen Part. Ihr Leiter ist seit<br />

kurzem Mario Marigliano. „Ich bin<br />

hier die Oberschwester Hildegard“,<br />

spielt er auf die alte ZDF-Serie<br />

„Schwarzwaldklinik“ an. Anders als<br />

Hildegard allerdings hat der Mann<br />

Humor, verpackt wichtige Informationen<br />

ganz locker. Er weiß, dass er<br />

sich auf das Pflegeteam der ZNA bestens<br />

verlassen kann und kennt,<br />

ebenso wie Dr. Kleffner, die Geschichte<br />

der Notaufnahmen bzw.<br />

Notfallambulanzen in den Krankenhäusern.<br />

Die wurden früher stiefmütterlich<br />

behandelt, den Job<br />

Dr. Stefan Pantenburg (Geschäftsführer Marienhospital Oelde), Vanessa<br />

Richwien (Kaufmännische Direktorin St.-Elisabeth-Hospital Beckum),<br />

Reinhold Sendker (MdB), Erwin Rüddel (Vorsitzender des Bundestagsausschusses<br />

für Gesundheit), Peter Goerdeler (Vorstandsvorsitzender<br />

Josephs-Hospital Warendorf) und Dr. Ansgar Klemann (Geschäftsführer<br />

St.-Josef-Stift Sendenhorst) (v.li.) sprachen über die Situation der Krankenhäuser<br />

im Kreis Warendorf. Foto: Joe Rieder<br />

Probleme mit nach Berlin nehmen<br />

zu wollen und dort in die entsprechenden<br />

Gremien zu tragen. Darunter<br />

auch jene „Problemzonen“, wie<br />

machten die anderen Ärzte „mal<br />

eben so mit“. Heute ist es anders.<br />

„Maximal professionalisiert“, sagt<br />

Dr. Kleffner „mit breitem Wissen für<br />

eine frühzeitige bessere Einschätzung<br />

der Fälle“. Marigliano schmunzelt<br />

zunächst und sagt „Pflegekräfte<br />

konnten schon immer alles.“ Dann<br />

wird er ernst und ergänzt, dass die<br />

mittlerweile eingeführte Fachweiterbildung<br />

„Notfallversorgung“ einen<br />

Meilenstein für das System bedeutet.<br />

Bleibt die Frage, ob man sich auf einen<br />

Notfall vorbereiten kann!?<br />

„Kann man“, versichert Dr. Kleffner.<br />

„Wenn Sie wegen einer akuten Sache<br />

kommen, fragen Sie sich noch<br />

was mit Zuhause ist. Kinder, Frau,<br />

Mann, Hund. Wenn Sie eine Vorgeschichte<br />

haben, bringen sie alle Informationen<br />

mit, die Sie haben. Gerade<br />

nachts oder am Wochenende<br />

haben wir keine Chance, vom Hausoder<br />

Facharzt ihre Krankengeschichte<br />

zu erhalten. Und wenn Sie<br />

hier sind und etwas nicht verstehen:<br />

Fragen Sie nach!“<br />

Und natürlich gibt es auch „Notfälle“,<br />

die eigentlich nicht in die ZNA<br />

gehören. Der Zeckenbiss und der<br />

eingewachsene Zehnagel sind sicher<br />

eher Sachen für den hausärztlichen<br />

Notdienst. Und auch wer seit<br />

Wochen von mehreren Fachärzten<br />

mit mäßigem Erfolg durchgecheckt<br />

wurde, darf nicht glauben, dass hier<br />

Wunderheiler in Kürze bessere Diagnosen<br />

stellen. Verschlimmert sich<br />

der Zustand jedoch, ist die ZNA der<br />

richtige Ansprechpartner. Denn wer<br />

durch durch die Tür kommt, wird angeschaut.<br />

Wartezeiten sind allerdings möglich.<br />

er es nannte, bei denen „eigentlich<br />

gut Gemeintes anders umgesetzt<br />

wird“.

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