Seeseiten – das Magazin für die Region Tegernsee, Nr. 52, Ausgabe Frühling 2018

Während des 1.Weltkriegs
dienten sowohl Vater Hans
Lindner als auch sein ältester
Sohn Otto-Hans als
Soldat. In dieser Zeit hielt
Adele Lindner den Theaterbetrieb
aufrecht. Nach
Ende des Krieges fehlte
den Menschen in Deutschland
das Geld für Theaterbesuche.
Große Tourneen
durch die Schweiz garantierten
der Lindner-Truppe
das Überleben. 1922
übergab der Patriarch Hans Lindner die Direktion seinem
Sohn Otto-Hans Lindner. Unter dessen Leitung wurden neben
den üblichen Possen und Schwänken auch Komödien
und ernstere Stücke aufgeführt.
Bis zum Ausbruch des zweiten Weltkriegs wurde die ‚Lindner
Truppe’ zu Tourneen in Österreich, der Schweiz, Italien,
Tschechien, Holland und Belgien eingeladen. Schließlich
ließ man den Titel "Tegernseer Volkstheater" ins Handelsregister
eintragen.
Mit dem Fernsehen
beginnt der
große Aufstieg
Andreas Kern (Mitte) schreibt und produziert nicht nur – er ist
auch als Schauspieler immer mitten im Geschehen.
Die ganz große Zeit des Tegernseer Volkstheaters hat viel
mit der aufkommenden Blütezeit des Fernsehens zu tun.
In den Jahren der Wirtschaftswunder-Republik schaffte es
das neue Medium, das Theater in Millionen Wohnstuben zu
holen. Das Tegernseer Volkstheater – inzwischen unter der
Leitung von Lothar Kern – schrieb dabei buchstäblich ein
Stück TV-Historie: Der erste „Komödienstadl“ überhaupt,
er wurde mit Lothar und Amsi Kern sowie einem Großteil
des Tegernseer Theaters besetzt. Der Rest ist Geschichte.
Der „Komödienstadl“ wurde einer der bekanntesten Namen
in Fernseh-Deutschland, zu besten Zeiten sahen Millionen
Menschen zu, wenn die Stücke ausgestrahlt wurden. Dabei
immer wieder: die Tegernseer. Danach folgten für das Tegernseer
Volkstheater in den 1960/70er Jahren insgesamt
12 TV-Aufzeichnungen
mit dem ZDF. Durch diese
Fernsehpräsenz stieg
das Theater neben dem
Ohnsorg-Theater und der
Millowitsch-Bühne zur bekanntesten
Bühne auf. Ausgedehnte
Bäder-Tourneen
durch ganz Deutschland
und ein täglicher Spielbetrieb
während der Sommermonate
in Tegernsee,
Bad Wiessee, Bad Tölz,
Bayrischzell und Bad Reichenhall
– kein Wunder, dass die riesige Nachfrage nur
noch durch zwei Ensembles gleichzeitig zu bewältigen war.
Zwei Ensembles spielten gleichzeitig an verschiedenen Orten
und absolvierten so zwischen 250 und 270 Auftritte pro
Jahr. Es war die Blütezeit des Theaters!
Die Gegenwart:
Tradition und Moderne
verbinden sich
Klar, goldene wie vergangene Zeiten. Das Fernsehen hat sich
geändert, die Geschmäcker der Menschen auch – da wäre es
erstaunlich, wenn sich noch heute Millionen Menschen in ihren
Wohnzimmern um 20.15 Uhr ein Theaterstück ansehen
würden (wenn überhaupt, dann würden sie das inzwischen
vermutlich eher bei Netflix tun). Was aber nichts daran ändert,
dass das Tegernseer Volkstheater ein Familienbetrieb
ist – der auch weiter nicht nur auf der Bühne, sondern auch
im Fernsehen präsent ist. 2009 übernahm Andreas Kern die
Leitung, nachdem er insgesamt 27 Jahre festes Ensemblemitglied
des Chiemgauer Volkstheaters war.
Schon in dieser Zeit begann er erfolgreich Stücke zu schreiben
und zu inszenieren. Erfahrungen, die heute für ihn als
Leiter des Tegernseer Volkstheaters von großem Wert sind.
Vier seiner Stücke wurden vom Bayerischen Fernsehen aufgezeichnet;
drei für des Chiemgauer Volkstheater und das
vierte, die Komödie „Trauung mit Hindernissen“, 2016 mit
den „Tegernseern“. Fortsetzung folgt…
Andreas Kern im
Interview: Über die
Zukunft im multimedialen
Zeitalter
und die Konkurrenz
durch Laienbühnen
„Theater ist immer einzigartig“
Das Tegernseer Volkstheater
ist inzwischen bereits
in der vierten Generation
familiengeführt. Andreas
Kern ist aktuell der Mastermind
hinter und auch
auf der Bühne, seine Frau
Christina wäre mit „guter
Geist“ vermutlich nur sehr
unzureichend beschrieben.
Im Interview verrät
Andreas Kern, warum
Theater immer noch ein
einzigartiges Erlebnis ist,
welche Rollen er noch spielen
will, was ihn manchmal
am Laientheater stört –
und wie die kommende,
fünfte Generation des Theaters
aussehen soll...
Im digitalen, multimedialen
Zeitalter – was macht
aus Ihrer Sicht Theater so
besonders?
Theater ist ein absolutes
Live-Erlebnis! Als Zuschauer
ist man nicht nur live
dabei, sondern mittendrin,
und jede Vorstellung ist
einzigartig und einmalig.
Auch durchlebt man alle
Emotionen in der Gruppe,
wie lachen, weinen, Spannung
usw. Das ist viel intensiver
als zuhause vor
dem Fernseher. Man kann
es in diesem Sinne mit Kino
vergleichen, jedoch fehlt im
Kino die Einmaligkeit einer
Theateraufführung. Sie
können sich 10 Mal hintereinander
das gleiche Stück
mit demselben Ensemble
ansehen, und jede Aufführung
wird anders sein. Es
sind eben reale Menschen
auf der Bühne und keine
Maschinen. Das macht Theater
aus!
Sie schreiben und inszenieren
ja auch viele Stücke. Was
sind Ihre nächsten Ideen?
Wir proben gerade mein
neuestes Stück „Countdown
in Großhapping“.
Wenn dann am Ostersonntag
die Uraufführung
vorbei ist, beginne
ich sofort mit unserem
Weihnachts-Musical „Das
Mädchen mit den Schwefelhölzern“.
Ich schreibe
das Libretto und die Musik
komponiert Matthias Linke,
Mitglied der „Grassauer
Bläser“ und Leiter des
„Chiemgau-Orchesters“.
Ich freue mich sehr auf
diese Arbeit, denn wir betreten
damit Neuland, ganz
nach meinem Motto „Neue
Wege sind dazu da, um gegangen
zu werden“. Aber
ich habe eine Schar guter
und vor allem begeisterungsfähiger
Darsteller
für diese Produktion verpflichtet
und so werden
wir das Kind schon schaukeln.
Was 2019 passiert hängt
zum Teil davon ab, wie
2018 läuft. So warten wir
die Resonanz des Publikums
auf unsere Festspielwoche
vom 24.8. bis 2.9.18
im Ludwig-Thoma-Saal ab.
Da verwandeln wir nämlich
den Saal in einen Biergarten,
schenken Getränke
aus und bieten Brotzeiten
an. Wenn das gut angenommen
wird, wird es das
vielleicht in Zukunft öfter
geben.
Was wünscht sich das
Tegernseer Volkstheater für
die nächsten zehn Jahre?
Wir würden uns wünschen,
dass sich mehr Einheimische
unter unseren
Zuschauern befinden. Aktuell
sind es nicht mal 7
Prozent.
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FEINKOST-KAEFER.DE/GUTKALTENBRUNN
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