PDF-Download - Rheingau Musik Festival
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Was die Zeit überdauert<br />
Doch die Fotos verraten neben<br />
allen offensichtlichen äußerlichen<br />
Veränderungen noch viel mehr:<br />
die Begeisterung des Publikums,<br />
die festliche Stimmung, das Flair<br />
von Konzerten an besonderen<br />
Orten und die Tatsache, dass das<br />
<strong>Festival</strong> sich in seinen Grundfesten<br />
eigentlich seit 25 Jahren treu<br />
geblieben ist. Die Dimensionen<br />
haben sich deutlich vergrößert,<br />
dafür sprechen die Zahlen – aus<br />
19 Konzerten im Jahr 1987 wurden<br />
157 im Sommer 2012, aus 7 Spielstätten<br />
im ersten Jahr wurden über<br />
40, aus einem Ein-Mann-Betrieb<br />
wurde ein mittelständisches<br />
Unternehmen mit 12 festen Mit-<br />
© Ansgar Klostermann<br />
arbeiten, Volontären, zahlreichen<br />
Saisonarbeitskräften und Dienstleistern,<br />
der <strong>Festival</strong>etat wurde<br />
durch das finanzkräftige Engagement<br />
von etwa 170 Sponsoren<br />
auf 7,5 Millionen aufgestockt usw.<br />
usf. Aber die Idee, eine Einheit aus<br />
qualitativ hochwertiger <strong>Musik</strong>,<br />
Architektur und Landschaft zu<br />
schaffen und damit einen großen<br />
Publikumskreis zu erreichen,<br />
war von Beginn an da. Schritt<br />
für Schritt, oder besser, Note für<br />
Note wurde daran gearbeitet mit<br />
dem Ergebnis, dass das <strong>Rheingau</strong><br />
<strong>Musik</strong> <strong>Festival</strong> sich heute zu den<br />
größten <strong>Musik</strong>festivals Europas<br />
rechnen darf, sowohl in Hinblick<br />
auf die Anzahl der Konzertgäste<br />
Carlo Maria Giulini saß mittags, bei strömendem Regen in der eiskalten Basilika<br />
von Kloster Eberbach und wartete auf sein Orchester. Als ich ihn begrüßte, verlangte<br />
er nach einem wärmeren Ort und, als dieser nicht zu finden war, nach einem Arzt.<br />
Auf meine Nachfrage „Warum?“, erklärte er, dass er vorhabe sich für den Abend<br />
krank schreiben zu lassen, außerdem sei er Italiener und bräuchte nun sein Mittagessen.<br />
Gott sei Dank traf kurze Zeit später das Orchester ein und über die Probe<br />
vergaß er die winterlichen Temperaturen zwischen den Klostermauern. Abends ließ<br />
ich ihm einen beheizten Wohnwagen mit einer wohltemperierten Flasche Rotwein<br />
bereitstellen – das Konzert war ein voller Erfolg und Giulini blieb noch lange auf dem<br />
anschließenden Empfang!<br />
und Spielstätten, als auch in<br />
Bezug auf die Hochkarätig keit der<br />
auftretenden <strong>Musik</strong>er. So werden<br />
zwar die Personen auf den Bildern<br />
langsam älter, die Schulter polster<br />
schmaler, die Konzert kleidung<br />
dezenter und der Bühnenschmuck<br />
minimalistischer, doch die Festi-<br />
validee bleibt bestehen und macht<br />
Lust auf weitere 25 Jahre!<br />
Es war am Gedenktag der französi schen Revolution<br />
– am 14.7.1990 – als das Royal Philharmonic<br />
Orchestra bei uns seinen Aufstand probte: Da der<br />
Flieger aus London verspätet gelandet war und die<br />
strengen gewerkschaftlichen Richtlinien vorgaben,<br />
dass den <strong>Musik</strong>ern zwischen Ankunft und Konzert drei Stunden Ruhezeit zur Verfügung stehen<br />
müssten, erschien das Orchester erst um 17.00 Uhr zur Probe. Ungünstig nur, dass das Kurhaus mit<br />
1.300 erwartungsvollen Zuhörern schon seit 16.00 Uhr voll besetzt war, da ich eine öffentliche Probe<br />
im Programm angekündigt und auch verkauft hatte… Der Solist und der Dirigent des Abends –<br />
Justus Frantz und Yehudi Menuhin – retteten die Situation, indem sie eine kommentierte Klavierkonzertprobe<br />
improvisierten. Punkt fünf erschienen dann auch die Orchestermusiker in Jeans und T-Shirt<br />
für den zweiten Teil der Probe…<br />
© Reinhard Berg<br />
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