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Bierkultur<br />
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Warum das Innviertel mit Märzen feiert und das Rottal mit Starkbier<br />
Die ganze Geschichte mit dem starken Bier fing mit der bayerischen Brauordnung von 1539 und<br />
dem Dekret durch Albrecht V. von1553 an, in dem festgelegt wurde, dass nur zwischen Michaeli<br />
(29. September) und Georgi (23.April) gebraut werden durfte. In den fünf Monaten danach war das<br />
Bierbrauen verboten. Dieses Dekret galt für fast 250Jahre auch für das damals bayerische Innviertel.<br />
Grund war vor allem die in den Sommermonaten erhöhte Brandgefahr beim Biersieden.<br />
Vom Lagerbier zum Festbier<br />
„Innviertler und Niederbayern<br />
- eigentlich sind wir ja vom selben Schlag!“<br />
Um bis zur nächsten Brausaison nicht ohne Bier<br />
zu sein, braute man im März ein besonders haltbares<br />
Bier. Dies erreichte man durch Erhöhung<br />
des Gehalts an Stammwürze und Alkohol und<br />
durch stärkere Hopfung. Das traditionelle Märzenbier<br />
war noch bis vor Hundert Jahren auf beiden<br />
Seiten des Inns gleich bedeutsam, ist aber<br />
auf der bayerischen Seite seither fast unmerklich<br />
verschwunden. Da das im März gebraute<br />
stärkere Bier am längsten haltbar war, wurde<br />
dieses zuletzt verbraucht. Deshalb konnte es<br />
sich noch eine Zeit als Oktoberfestbier halten.<br />
Das heute auf dem Oktoberfest ausgeschenkte<br />
Bier ist jedoch heller und entspricht eher dem<br />
Biertyp Wiener Export.<br />
Sonderfall Österreich<br />
Die Bezeichnung Märzenbier wird vor allem in<br />
Süddeutschland und Österreich allgemein für<br />
stärkere Lagerbiere verwendet, statt der Kategorie<br />
Exportbier. Vor allem in Österreich ist heute<br />
mehr als die Hälfte des gebrauten Bieres ein Märzen.<br />
Hatte das traditionelle Märzen jedoch einen<br />
Stammwürzgehalt von 15 %,so fiel dieser nach<br />
dem 2. Weltkrieg aus preispolitischen Gründen<br />
auf unter 12 %. Nur in den kleinen Brauereien des<br />
Innviertels hat sich das traditionell starke Märzenbier<br />
noch behauptet und findet in jüngerer<br />
Zeit auch in Bayern wieder zunehmend Freunde.<br />
Starkbier als „flüssiges Brot“<br />
Wie der Starkbierausschank zur Fastenzeit entstand,<br />
lässt sich jedoch genaurekonstruieren. Er<br />
lässt sich auf die Paulaner-Mönche im Kloster<br />
Neudeck ob der Au, das damals noch vor den<br />
Toren Münchens am westlichen Isarufer lag,<br />
zurückführen. Sie mussten sich generell sehr<br />
karg ernähren und brauchten daher vor allem<br />
während der noch strengeren Fastenzeiten zur<br />
Stärkung „flüssiges Brot“. Zu Ehren des Ordensgründers<br />
wurde in der Klosterbrauerei seit 1651<br />
jedes Jahr im Frühling eine besonders starke<br />
Biersorte ausgeschenkt, das „Sankt-Vater-Bier“,<br />
der spätere Salvator.<br />
Eine Münchner Tradition<br />
Mit Mandat vom 31. März1751 gestattete Kurfürst<br />
Maximilian III. Joseph ausdrücklich den öffentlichen<br />
Bierausschank am 2.April, dem Festtag<br />
des Ordensgründers Franz von Paola. Auch<br />
nach der Privatisierung der Brauerei wurde dieser<br />
festliche Starkbieranstich fortgeführt. Seit<br />
1858 ließ die Brauerei dann zur Steigerung des<br />
Umsatzes Gstanzl-Sänger und Volksschauspieler<br />
auftreten. Beim Anstich 1891 gab es erstmals<br />
eine Salvatorrede. Aus dieser „Fastenpredigt“<br />
entwickelte sich nach 1950 schließlich das heute<br />
übliche Politiker-Derblecken. sam