MACHER Menschen + Märkte - Ausgabe 2 - März 2019
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<strong>MACHER</strong>, MENSCHEN + MÄRKTE THEMA DES MONATS 5<br />
Sein bisher größtes Projekt war<br />
die kürzlich abgeschlossenen<br />
Restaurierung einer großen<br />
Stumm-Orgel in der Matthiaskirche<br />
Bad Sobernheim. „Restaurieren<br />
kommt einem Neubau<br />
gleich“, sagt Müller. Das<br />
Instrument werde zunächst in<br />
der Kirche demontiert, dann in<br />
der Werkstatt wieder komplett<br />
aufgebaut. Und nach Abschluss<br />
der Arbeiten stehe dann derselbe<br />
Ablauf in umgekehrter Reihenfolge<br />
an.<br />
Der Orgelbauer blickt optimistisch<br />
in die Zukunft und<br />
meint: „Ob eines meiner Kinder<br />
den Beruf ergreifen wird,<br />
das müssen die selbst entscheiden.<br />
Für mich ist diese Verbindung<br />
von Musik und Handwerk<br />
faszinierend.“ Und ein fertiger<br />
Orgelbauer finde immer eine<br />
Arbeit, denn „du bist Schreiner,<br />
Mechaniker, Metallbauer,<br />
technischer Zeichner, Kunsthistoriker“.<br />
Hohe Musikalität<br />
sei jedoch Voraussetzung, sagt<br />
der Orgelbaumeister, der als<br />
Hornist auch im Sinfonieorchester<br />
Rhein-Main mitspielt.<br />
Müller: „Der Maler malt ein Papierbild<br />
– wir Orgelbauer malen<br />
ein Klangbild.“<br />
Klavierbau: Musikalität und<br />
Klang gehören auch zur Welt<br />
von Klavierbaumeister Marcus<br />
Hübner (52). Sein 1990 gegründeter<br />
Betrieb an der Trierer<br />
Theodor-Heuss-Allee beschäftigt<br />
heute 25 Mitarbeiter und<br />
bedient einen festen Kundenkreis<br />
in Rheinland-Pfalz, dem<br />
Saarland und Luxemburg.<br />
„Sechs bis sieben unserer Instrumente<br />
gehen im Jahr aber<br />
auch nach Japan, USA, Neuseeland<br />
oder Russland“, sagt der<br />
Klavierbaumeister. Wichtigste<br />
Abnehmer seien Profi-Pianisten,<br />
Theater und Musikschulen.<br />
Als weitere Schwerpunkte<br />
des Hauses nennt er Vertrieb,<br />
Transport und Wartung von<br />
Instrumenten des berühmten<br />
amerikanischen Herstellers<br />
Steinway & Sons.<br />
Was Musik und Klavierbau<br />
betrifft, ist der gebürtige Trierer<br />
familiär vorbelastet. „Mein<br />
Opa war Konzertmeister bei<br />
den Berliner Philharmonikern,<br />
meine Eltern hatten ein Klaviergeschäft<br />
in Trier“, sagt Hübner.<br />
So sei er von Klein auf in<br />
das Metier hineingewachsen<br />
– „warum etwas anderes machen,<br />
ich fand den Beruf schon<br />
immer toll“. Seine vier Kinder<br />
würde er aber nie dazu drängen,<br />
denn „das sollen die selbst entscheiden“.<br />
Er selbst hat die dreieinhalbjährige<br />
Lehre in Braunschweig<br />
absolviert, hinzu kam<br />
die Fachschule in Ludwigsburg.<br />
1995 legte er seine Meisterprüfung<br />
ab. Danach zog es Hübner<br />
zunächst nach Fernost – genauer<br />
nach Korea. Er besitze dort<br />
den besten Ruf als Klavierbauer,<br />
die Kontakte seien eng, auch<br />
zu den koreanischen Medien.<br />
Hübner: „Wir sind der einzige<br />
Klavierbau-Ausbildungsbetrieb<br />
in Rheinland-Pfalz. Als die koreanische<br />
Presse an einen Bericht<br />
über das deutsche duale<br />
Ausbildungssystem arbeitete,<br />
haben sie unser Haus als Beispielbetrieb<br />
genommen.“<br />
Nachwuchssorgen kenne man<br />
bei den Klavierbauern nicht –<br />
die Nachfrage sei größer als das<br />
Angebot an Ausbildungsstellen.<br />
Das sei nicht in allen Branchen<br />
so, und „wir können uns die Bewerber<br />
aussuchen“.<br />
Hübner schätzt, dass in<br />
Deutschland noch 30 Häuser<br />
dieser Art bestehen, darunter<br />
noch zwölf Steinway-Händler.<br />
Neben den Hübner-Eigenbauten<br />
ist diese Marke für den<br />
Trierer ein großes Thema. Hübner:<br />
„2016 haben wir die Steinway-Kundenvertretung<br />
für<br />
ganz Luxemburg erhalten. Das<br />
war eine Art Ritterschlag.“ Mit<br />
Steinway zu arbeiten heiße, sich<br />
gewissen Konditionen zu unterwerfen<br />
– erst müsse man das<br />
System kennenlernen.<br />
„Wir haben in<br />
Deutschland in den<br />
letzten 30 Jahren<br />
eine positive Entwicklung<br />
weg von<br />
der industriellen<br />
Serienproduktion.“<br />
Franz- Josef Kröger<br />
Meister für Blechblasinstrumentenbau<br />
in Trier<br />
Hübners erster Eigenbau war<br />
2003 ein Klavier, 2006 folgte der<br />
erste Flügel, beide für einen<br />
Thüringischen Klavierbauer,<br />
den ein chinesischer Hersteller<br />
übernahm. Aus Hübners<br />
Sicht ein Glücksfall, denn daraus<br />
habe sich sich eine hervorragende<br />
Partnerschaft entwickelt.<br />
Die Grundausstattung<br />
seiner Eigenbauten lässt Hübner<br />
kostengünstig beim chinesischen<br />
Partner herstellen, aber<br />
„mit 66 Prozent deutschem Material.“<br />
Und dass der Transport<br />
von Klavieren und Flügeln eine<br />
Sache für sich ist, wissen auch<br />
Laien. Hübner beschäftigt dazu<br />
ein festangestelltes Spezialistenteam.<br />
Der Klavierbauer<br />
sagt: „Das ist kein Möbeltransport,<br />
sondern etwas für Fachleute.<br />
Also nicht nur eine Frage<br />
der Kraft, sondern mehr noch<br />
der Technik.“ Und was nütze<br />
es, Klaviere zu verkaufen, und<br />
dann kommen die nicht richtig<br />
an.<br />
Blechblasinstrumente: Franz-<br />
Josef Kröger (64), Meister für<br />
Blechblasinstrumentenbau,<br />
hat 1969 seine dreijährigen<br />
Lehre beim Musikhaus Schellenberg<br />
in Trier begonnen und<br />
1978 seine Meisterprüfung abgelegt.<br />
Einen entsprechenden<br />
Erfahrungsschatz hatte er sich<br />
zuvor in verschiedenen Musikhäusern<br />
zugelegt. Wie er<br />
auf die Berufsidee kam? „Darauf<br />
bin ich zufällig gekommen.<br />
Ich war Klarinettist beim Musikverein<br />
Tarforst, und so kamen<br />
die Kontakte zustande“,<br />
erzählt Kröger, dessen Betrieb<br />
an der Trierer Saarstraße nun<br />
auf sein 40-Jähriges Bestehen<br />
zurückblickt.<br />
Der Meister kann auch Trompete<br />
spielen, denn „man sollte<br />
in der Lage sein, jedes reparierte<br />
Instrument selber anblasen<br />
zu können“. Sonst fehle<br />
die Kontrolle. Im Jahr 1979<br />
hatte sich Kröger in Waldrach<br />
(Landkreis Trier-Saarburg) als<br />
„Ein-Mann-Betrieb“ selbstständig<br />
gemacht. Kröger: „Der<br />
Anfang war schwer. Ich musste<br />
die Musikvereine alle anfahren<br />
und für mich werben, wobei<br />
der Schwerpunkt bei der Reaparatur<br />
lag. Heute halten sich Instandsetzung<br />
und Neubauten<br />
etwa die Waage.“ Von Anfang<br />
an habe er auch selbst Trompetern<br />
bauen wollen. „Ich musste<br />
mich da einarbeiten, zunächst<br />
für den Amateurbereich. Doch<br />
nach und nach bin ich dann zu<br />
den Profis vorgedrungen, zunächst<br />
beim Theater Trier. Dann<br />
kam die Zusammenarbeit mit<br />
Thomas Hammes, dem gefragten<br />
Solotrompeter beim SWR-<br />
Sinfonie orchester. Das war der<br />
große Sprung“, sagt der Meister.<br />
Dem seien die weiteren Verbindungen<br />
gefolgt. Etwa zur Staatskapelle<br />
Weimar und zu vielen<br />
Profis in Luxemburg, Belgien<br />
oder Frankreich.<br />
Zukunftssorgen macht sich<br />
Kröger nicht: „Wir haben in<br />
Deutschland in den letzten 30<br />
Jahren eine positive Entwicklung<br />
weg von der industriellen<br />
Serienproduktion hin zum<br />
individuell gefertigten Instrument<br />
erlebt. Das Ausland beneidet<br />
uns darum.“ Deshalb<br />
gebe es für den Profi bereich<br />
keine Bedenken. „Die Berufsmusiker<br />
legen Wert auf Qualität<br />
und lassen sich ihre Trompete<br />
nach ihren Vorstellungen bauen.<br />
Die greifen nicht zur Serienware“,<br />
berichtet Kröger.<br />
* Christlicher Verein Junger<br />
Männer<br />
Der Trierer Klavierbaumeister Marcus Hübner (links) und einer<br />
seiner 25 Mit arbeiter, Klavierbau meister Jens Wagner.<br />
Franz-Josef Kröger (Mitte), Meister für Blechblasinstrumentenbau,<br />
mit Gesellin Vera Lauske und dem Auszubildenden Ahmad Awosiam<br />
in seiner Werkstatt in Trier.<br />
Orgelbauer Rainer Müller stammt aus Traben-Trarbach.<br />
FOTOS: F. KNOPP