EDUCATION 2.19
Übergänge meistern
Übergänge meistern
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Thema | Dossier<br />
stufe II verfügen sollen. Auch dieses Ziel konnte, wie der<br />
Bildungsbericht 2018 belegt, nicht erreicht werden: Im<br />
Durchschnitt liegt die Quote bei 91 Prozent (Zahlen für<br />
2015). 8 Der Kanton Bern steht im gesamtschweizerischen<br />
Vergleich gut da: In unserem Kanton beträgt die Abschlussquote<br />
94,2 Prozent.<br />
Im Fokus: Sekundarstufe I<br />
Doch gehen wir noch einen Schritt zurück: Der Übergang<br />
in die Sekundarstufe I und die Bildung auf der Sekundarstufe<br />
I seien geprägt von Selektion, schreibt das Bundesamt<br />
für Statistik BFS. 9 «Sie (die Selektion) lenkt die Schülerinnen<br />
und Schüler in Richtung mehr oder weniger<br />
langer bzw. anspruchsvoller Ausbildungsgänge auf der<br />
Sekundarstufe II. Dies beeinflusst ihre Berufsaussichten.<br />
So stehen Maturitätsschulen, Fachmittelschulen und andere<br />
allgemeinbildende Schulen auf der Sekundarstufe II<br />
praktisch ausschliesslich Schülerinnen und Schülern<br />
offen, die Schulabteilungen mit erweiterten Ansprüchen<br />
besucht haben. Diese Jugendlichen werden auch im Berufsbildungsbereich<br />
bevorzugt behandelt. Sie absolvieren<br />
häufiger als andere längere und anspruchsvollere Berufsausbildungen.»<br />
Was mit den Worten des BFS sachlich-nüchtern<br />
tönt, ist für viele Jugendliche und ihre Eltern, aber auch<br />
für die Lehrpersonen beim und nach dem Übertritt zur<br />
Sekundarstufe I mit Leistungsdruck, Stress und Leiden<br />
verbunden, die hier nicht gebührend ausgeführt werden<br />
können. Problematisch ist auch die Verletzung der Chancengleichheit:<br />
Zeigen doch viele Studien, dass Selektionsentscheidungen<br />
von Lehrpersonen nach wie vor stark von<br />
sozialen Ungleichheiten geprägt sind.<br />
Sekundarstufe II: mehr Eigenverantwortung<br />
Der Übergang in die Sekundarstufe II stelle die Schülerinnen<br />
und Schüler vor andere Herausforderungen als andere<br />
Klassenwechsel», betont Barbara Stalder von der<br />
PHBern auf Nachfrage. 10 Sie seien gefordert, mehr Eigenverantwortung<br />
zu übernehmen. «Jede und jeder muss nun<br />
ihren oder seinen eigenen Weg suchen und finden.» Laut<br />
Barbara Stalder sollen die Eltern und Lehrpersonen sie<br />
auf diesem Weg begleiten und unterstützen, auch wenn<br />
dies nur bedingt möglich sei.<br />
Barbara Stalder sieht die wichtigsten Eckwerte eines<br />
gelingenden Übergangs im Lehrplan 21 des Kantons Bern<br />
abgebildet, so die Gleichwertigkeit der beruflichen und<br />
rein schulischen Bildung, die Durchlässigkeit des gesamten<br />
Bildungssystems, die Befähigung aller Jugendlichen,<br />
einen bewussten Entscheid zu fällen, die Wahl der Erstausbildung<br />
als Teil einer langfristig angelegten Laufbahnplanung,<br />
in der Wechsel möglich und wahrscheinlich sind.<br />
«Das ist gut so», findet die Expertin: «Es weist die Bildungsakteurinnen<br />
und -akteure der Sekundarstufe I, aber<br />
auch diejenigen der Sekundarstufe II an, welche Rolle und<br />
Aufgaben sie haben und welche Verantwortung sie übernehmen.»<br />
Und was sagt die Expertin der PHBern dazu, dass<br />
trotz erhöhter Durchlässigkeit die Berufsbildung bei einem<br />
Teil der Eltern und Lehrpersonen immer noch als zweite<br />
Wahl, übertrumpft vom prestigeträchtigeren Gymnasium,<br />
gilt? «Hier braucht es eine bessere Information und den<br />
Blick über die Sekundarstufe II hinweg auf die Laufbahnoptionen,<br />
die sich danach eröffnen», ist Stalder überzeugt.<br />
«Letztlich, das zeigen viele Laufbahnstudien bei<br />
Erwachsenen, geht es nicht um Fragen des Prestiges,<br />
sondern darum, einen Beruf zu finden, der einen erfüllt;<br />
eine Arbeitsstelle, die es einem ermöglicht, sich persönlich<br />
und beruflich weiterzuentwickeln.»<br />
Wie fit unsere Schulabgängerinnen und -abgänger<br />
für den Einstieg in die Lehre und Arbeitswelt sind und<br />
wie sich diese in den letzten zehn Jahren verändert haben,<br />
lesen Sie im Interview von Martin Werder mit Theo Ninck,<br />
Seite 18.<br />
«Wechsel ist das Los des Lebens …»<br />
Was mit einem Gedicht begonnen hat, soll mit einem anderen<br />
beendet werden:<br />
«Wechsel ist das Los des Lebens<br />
Und – es kommt ein anderer Tag»<br />
Dies beiden letzten Zeilen aus «Trost» von Theodor Fontane<br />
dürften tatsächlich tröstlich sein für alle, die vor<br />
einem Berg stehen, einen schwierigen Übergang zu meistern<br />
haben. Auch die schlimmen Momente dauern nicht<br />
ewig …<br />
Synthèse Privilégier l’épanouissement<br />
au prestige Les phases de transition<br />
rythment la vie et le parcours<br />
de formation. La première a lieu à<br />
l’entrée à l’école enfantine. Ensuite,<br />
chaque passage d’un degré scolaire à<br />
l’autre est accompagné de ses défis,<br />
tant pour les élèves que pour leurs<br />
parents et les enseignants et enseignantes.<br />
L’entrée dans le monde du<br />
travail est également une étape exigeante.<br />
<strong>EDUCATION</strong> a cherché à<br />
savoir comment surmonter ces transitions<br />
avec succès.<br />
Il y a plus d’un siècle, l’ethnologue<br />
français Arnold van Gennep a décrit<br />
les différentes phases par lesquelles<br />
passe l’Homme lors de transitions<br />
dans son ouvrage «Les rites de passage».<br />
Il distingue trois phases : la<br />
séparation, la mise à l’écart et<br />
l’agrégation. Une transition n’est<br />
pas chose aisée : la réussir exige du<br />
courage pour surmonter la crainte<br />
de l’inconnu. Les rituels peuvent<br />
alors s’avérer précieux. Van Gennep<br />
a observé la façon dont les rituels<br />
aident les êtres humains dans différentes<br />
cultures à vivre des transitions<br />
radicales. Les rituels accompagnent<br />
aussi les transitions scolaires,<br />
comme nous l’avons montré<br />
dans le numéro d’<strong>EDUCATION</strong> 5.18.<br />
Ils ont tous pour objectif d’aider les<br />
enfants à aborder la transition de<br />
façon consciente, de leur retirer la<br />
peur du nouveau et de renforcer<br />
l’esprit de communauté. L’analyse<br />
de Philippe Herter à la page 12 vous<br />
présente un aperçu des différentes<br />
phases à surmonter dans le cadre<br />
scolaire actuel.<br />
<strong>EDUCATION</strong> <strong>2.19</strong> 11