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LEBE_67

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„Ich fand mein ganzes Leben sinnlos.“<br />

Im November 2003 hielt Frau Karin Lamplmeier in Südtirol einige vielbeachtete Vorträge über<br />

ihre persönlichen Erfahrungen nach einer Abtreibung. Wir führten mit ihr folgendes Interview:<br />

<strong>LEBE</strong>: Du lebtest in einer intakten<br />

Beziehung, hattest zwei gesunde<br />

Kinder und hattest keine<br />

wirtschaftlichen Probleme. Weshalb<br />

hast du dich entschlos sen, dein drittes<br />

Kind abzutreiben? Hast du versucht, Hilfe<br />

und Unterstützung zu bekommen?<br />

Karin Lamplmair: Der Ent schluss zum<br />

Schwangerschaftsabbruch ist in einzelnen<br />

Schritten „reif geworden“. Man sagt<br />

ja: „Der Entschluss reift“, und so waren<br />

viele Punkte dafür verantwortlich, dass<br />

der Entschluss gereift ist, obwohl ich immer<br />

überzeugt<br />

war, dass ich<br />

selber niemals<br />

abtreiben lassen<br />

würde.<br />

Ich habe mir<br />

zweieinhalb<br />

Jahre nach<br />

der Geburt unseres<br />

zweiten<br />

Kindes die<br />

Spirale einsetzen<br />

lassen,<br />

weil ich damals<br />

keine<br />

weiteren Kinder<br />

wollte.<br />

Und ich hatte<br />

nach meiner<br />

Meinung verantwortlich<br />

gehandelt, indem<br />

ich mir<br />

die Spirale<br />

einsetzen hatte<br />

lassen und<br />

indem ich ihren Sitz regelmäßig überprüfen<br />

ließ. Als ich von meiner Freundin<br />

Renate hörte, dass ihre Bekannte trotz<br />

Spirale ein Kind bekam, erschrak ich und<br />

dachte: „Das könnte mir auch passieren“.<br />

Aber damals war ich auch gleichzeitig<br />

der Meinung, dass ich das Kind<br />

dann auf jeden Fall annehmen würde.<br />

Als mein Gynäkologe, der mir versichert<br />

hatte, in seiner Ordination habe es noch<br />

nie eine Spiralenschwangerschaft gegeben,<br />

bei der Untersuchung sagte: „Ich<br />

habe es befürchtet. 10. Schwangerschaftswoche.<br />

Der Faden von der Spirale<br />

ist nicht tastbar“, – hat er sozusagen<br />

auch schon im allerersten Moment meine<br />

Schwangerschaft als einen „Unfall“<br />

bezeichnet. Das war es ja auch für ihn,<br />

denn noch sechs Wochen zuvor hatte er<br />

mir versichert, mit der Spirale wäre alles<br />

in Ordnung. Nach einer Weile meint er:<br />

„Den Faden könnte ich mit einer Pinzette<br />

noch herausziehen. Möglicherweise geht<br />

aber dabei der Embryo weg.“ Dieser Satz<br />

von ihm zeigt, dass er das auch ganz gerne<br />

getan hätte: Faden raus, Embryo weg,<br />

Problem erledigt. Instinktiv schützte ich<br />

sofort das Kleine<br />

und sagte:<br />

„Nein das<br />

möchte ich<br />

nicht.“ Ich wollte<br />

nicht, dass<br />

dem Kind etwas<br />

passierte.<br />

Aber freuen<br />

konnte ich mich<br />

auch nicht.<br />

Mein Frauenarzt<br />

deutete<br />

meinen Gesichtsausdruck<br />

und meinte:<br />

„Wenn Sie an<br />

einen Schwangerschaftsabbruch<br />

denken,<br />

kann ich Ihnen<br />

das Allgemeine<br />

Krankenhaus<br />

empfehlen.“<br />

Aber ich dachte<br />

damals noch<br />

gar nicht an Schwangerschaftsabbruch,<br />

sondern ich war einfach erschrocken. Die<br />

„Lösungsidee“ pflanzte mir mein Arzt in<br />

diesem Moment des Erschreckens ein.<br />

Eigentlich hätte ich ein Gespräch gebraucht.<br />

Ich fühlte mich überfordert, hatte<br />

auch Angst, mein Kind könnte vielleicht<br />

eine Behinderung wegen der Spirale<br />

davontragen, war aber nicht fähig,<br />

über meine Gefühle zu sprechen. Auf unsere<br />

ersten beiden Kinder hatten wir uns<br />

gemeinsam gefreut. Ohne diese Freude<br />

schien mir die Schwangerschaft nicht<br />

Zeugnis:<br />

Vor sieben Jahren machte ich einen<br />

schweren Fehler, den ich lieber nie begangen<br />

hätte: Als Frau eines Mannes,<br />

den ich liebe und der mich liebt, und<br />

als Mutter von zwei Kindern lehnte ich<br />

aus praktischen und finanziellen Gründen<br />

das dritte neue Leben ab, das mir<br />

anvertraut wurde.<br />

Das war eine sehr schmerzliche Entscheidung.<br />

Auch wenn dies von unserer<br />

Gesellschaft akzeptiert wird – mein<br />

Herz, mein Körper und mein Geist akzeptierten<br />

es nicht. Ich war mit sehr<br />

schweren Schuldgefühlen beladen.<br />

Obwohl ich diese Sünde gebeichtet<br />

hatte, konnte ich mir selbst nicht vergeben.<br />

Eine Schwester sagte zu mir:<br />

„Gib deinem Kind einen Namen und<br />

vertraue es der Jungfrau Maria an!“<br />

Als ich tat, was sie mir gesagt hatte,<br />

spürte ich durch die Gnade Gottes,<br />

dass ich meinem kleinen Kind das Leben<br />

schenkte. Es ist nicht mehr tot. Es<br />

lebt im Himmel.<br />

Ich fühle mich wie eine Schwalbe, die<br />

ihr Nest gefunden hat, nachdem sie in<br />

den Bahnen des Spiritismus und der<br />

fernöstlichen Religionen geflogen war<br />

.... Ich habe Gott wiedergefunden,<br />

oder besser gesagt: Gott hat mich<br />

wiedergefunden!<br />

Möge dieses Zeugnis anderen Frauen<br />

helfen, die dieselbe Last tragen, dass<br />

sie es wagen, zum Herrn zu gehen, um<br />

ihm ihr Leid anzuvertrauen.<br />

Janie, (Feuer und Licht)<br />

„richtig“.<br />

Mein Mann Andi akzeptierte die Schwangerschaft<br />

sofort, aber er hatte damals<br />

noch kein eigenständiges „Vatergefühl“<br />

für das Kind. Denn während von den<br />

vorherigen Schwangerschaften sofort die<br />

Freunde und Verwandten erfuhren, die<br />

sich dann mit uns freuten, sagten wir<br />

diesmal niemandem etwas. Und wegen<br />

meiner Angst und Unsicherheit war ich<br />

auch gereizter und empfindlicher als<br />

sonst. Deshalb reagierte ich auf einen im<br />

Grunde belanglosen Streit mit Andi, bei<br />

dem er sagte, er würde mich verlassen,<br />

wenn ich weiterhin so launenhaft sei, damit,<br />

mir die Bestätigung für die Abtreibung<br />

zu holen.<br />

<strong>LEBE</strong> <strong>67</strong>/2004<br />

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