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mich verstanden und mit denen ich gute<br />
Gespräche führen konnte, hätte ich es nie<br />
geschafft. Es war eine schwere Zeit, aber<br />
durch all die Begegnungen weiß ich – ich<br />
bin getragen worden. Gott hat nicht nur<br />
meinen - für mich größten - Fehler gesehen,<br />
sondern er hat mir auch ins Herz gesehen.<br />
Er wusste, wie sehr ich litt. Zu<br />
meiner Psychotherapeutin habe ich einmal<br />
gesagt: „Das werde ich mir nie verzeihen<br />
können.“ Sie hat darauf geantwortet:<br />
„Ohne verzeihen kannst du nicht<br />
weitergehen.“ – Damit hatte sie Recht.<br />
Aber ich bin sehr lange an diesem Punkt<br />
gestanden.<br />
<strong>LEBE</strong>: Bei einer Abtreibung sind in erster<br />
Linie die Mutter und das Kind betroffen.<br />
Aber auch Väter leiden unter dem Verlust<br />
des Kindes. Wie kommt dein Mann<br />
mit dieser Situation klar?<br />
Karin Lamplmair: Mein Mann Andi hat<br />
einmal gesagt: „Wenn ich das gewusst<br />
hätte, wie es dir ergeht, dann hätte ich<br />
dich nie den Abbruch machen lassen.“ Er<br />
hat sehr darunter gelitten, vor allem deswegen,<br />
weil es mir so schlecht ging. Er<br />
hat seinen Kummer, glaube ich, weniger<br />
auf den Verlust des Kindes bezogen. Es<br />
ist ihm anfangs auch schwer gefallen,<br />
darüber zu sprechen. Es war auch für ihn<br />
eine unbeschreiblich schwere Zeit. Wir<br />
wissen beide, was uns unsere Kinder bedeuten.<br />
– Sie gehören uns nicht, aber sie<br />
werden immer einen Platz in unserem<br />
Herzen haben – ebenso Nadine, auch sie<br />
ist ein Teil von uns. Auch wenn es<br />
manchmal immer noch sehr weh tut.<br />
<strong>LEBE</strong>: Hast du deinen beiden anderen<br />
Kindern vom Tod ihres Geschwisterchens<br />
erzählt und wie haben sie diese<br />
Nachricht aufgenommen?<br />
Karin Lamplmair: Ich denke, dass ich Patrick<br />
und Sandra nicht so früh davon erzählt<br />
hätte, wenn nicht das Buch veröffentlicht<br />
worden wäre. Deswegen war es<br />
mir auch wichtig, dass ich mit ihnen darüber<br />
spreche und sie es auf keinen Fall<br />
von jemand anderem erfahren.Die beiden<br />
stellten ein paar Fragen und wollten<br />
dann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr hören,<br />
doch ich sagte ihnen, dass sie mich<br />
jederzeit fragen und über alles sprechen<br />
können. Es sind inzwischen doch immer<br />
wieder Fragen von Patrick und Sandra<br />
gekommen, und wir haben gut darüber<br />
sprechen können, worüber ich sehr froh<br />
und dankbar bin. Sandra trauert ganz besonders<br />
um ihre Schwester. ■<br />
„Ich bin eine überzeugte<br />
Abtreiberin!“<br />
Bericht über den Info-Stand der Bewegung<br />
für das Leben, in Bozen, am<br />
Tag der Kinderrechte<br />
Am 20. November war der Tag der Kinderrechte.<br />
In den Medien gab es Artikel<br />
und Informationen, die auf das Unrecht<br />
und auf die Missstände unzähliger Kinder<br />
verschiedener Länder und Kulturen<br />
hinwiesen. Wir alle hören ja täglich davon<br />
und werden uns wohl nie an diese<br />
erschreckten Kindergesichter aus Kriegsgebieten,<br />
Elendsvierteln und Entwicklungsländern<br />
gewöhnen können. Sicher,<br />
auch in unserer sogenannten Wohlstandsgesellschaft<br />
gibt es unzählige unglückliche<br />
Kinder, die der Willkür und der<br />
geisteskranken Machtausübung Erwachsener<br />
ausgesetzt sind. Gott sei Dank gibt<br />
es auch Menschen, die sich für die Kinderrechte<br />
einsetzen und auf solche Missstände<br />
hinweisen.<br />
Auch wir von der Bewegung für das Leben<br />
fanden es sehr wichtig, an diesem<br />
Tag durch einen Info-Stand in Bozen präsent<br />
zu sein. Da mir dieses Anliegen sehr<br />
am Herzen liegt, nahm ich mir am Nachmittag<br />
von der Arbeit frei, um auch am<br />
Stand mithelfen zu können. Ich überlegte<br />
mir: niemand denkt an die vielen kleinen<br />
Kinder, denen das Recht auf Leben bereits<br />
vor der Geburt verwehrt wird. Sie<br />
haben nur unsere Stimmen. Deshalb<br />
sind alle Menschen besonders aber wir<br />
Christen und alle die mit diesem Problem<br />
vertraut sind, aufgerufen, diesen<br />
ungeborenen Kindern unsere Stimme,<br />
unsere Hände und besonders unser Herz<br />
zu leihen. Dieses grausame Geschehen<br />
wird in unserer Gesellschaft einfach so<br />
stillschweigend toleriert.<br />
Wir standen also am Ende der Talferbrücke<br />
in Bozen mit unseren Büchern,<br />
Zeitschriften und Prospekten und Plakaten,<br />
und wollten die Passanten auf unser<br />
Anliegen aufmerksam machen. Es<br />
war nicht einfach, den vorweihnachtlich<br />
oder auch nur beruflich gestressten<br />
Stadtmenschen im Schwung des Vorübergehens<br />
ein Prospekt in die Hand zu<br />
drücken. Vereinzelt kam es zu einem kurzen<br />
Gespräch.<br />
Eine sehr attraktive, modern gekleidete<br />
Italienerin sah ich schon von weitem<br />
über die Brücke auf mich zu kommen.<br />
Als sie an mir vorbeiging sagte sie kurz:<br />
„Sono un’abortista convinta.“ („Ich bin<br />
eine überzeugte Abtreiberin.“) Ich hatte<br />
keine Chance etwas zu entgegnen. Sie<br />
ging mit Schwung weiter, ohne anzuhalten<br />
und ich stand etwas verblüfft da.<br />
Ich betete im Stillen für sie, damit auch<br />
sie Heilung erfahren kann. Ich dachte<br />
mir, dass wir die Früchte unserer Arbeit<br />
oft nicht mit eigenen Augen sehen können,<br />
jedoch vertrauen müssen, dass<br />
Gott durch unser Gebet und unser Tun<br />
wirken kann. Wenn wir bei dieser Aktion<br />
nur ein Menschenleben gerettet haben<br />
oder einen Menschen dazu überzeugt<br />
und angeregt haben, seine Stimme für<br />
die gefährdeten Ungeborenen zu erheben,<br />
so hat sich unsere Mühe gelohnt.<br />
Sabine<br />
Erfüllende Arbeit am Informationsstand<br />
Karin Lamplmair<br />
<strong>LEBE</strong> <strong>67</strong>/2004<br />
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