09.05.2019 Aufrufe

audimax Na.Wi 5/2019 - Karrieremagazin für Naturwissenschaftler

Loslegen Fremde Lebensräume, unentdeckte Organismen und spannende Entwicklungsgebiete im Check***Arbeitsmarktreport: Infos rund um den Berufseinstieg***Safety first: Trends in der IT-Sicherheit***Vom Visionär zum Millionär: Unternehmer Frank Thelen im Mensagespräch***Es geht auch ohne: Zero Waste***Zweifel am Studium: Abbrechen oder weitermachen?***Frauen MINT-Award: 140 Teilnehmerinnen hoffen auf den Sieg

Loslegen Fremde Lebensräume, unentdeckte Organismen und spannende Entwicklungsgebiete im Check***Arbeitsmarktreport: Infos rund um den Berufseinstieg***Safety first: Trends in der IT-Sicherheit***Vom Visionär zum Millionär: Unternehmer Frank Thelen im Mensagespräch***Es geht auch ohne: Zero Waste***Zweifel am Studium: Abbrechen oder weitermachen?***Frauen MINT-Award: 140 Teilnehmerinnen hoffen auf den Sieg

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ZERO WASTE<br />

ES GEHT AUCH OHNE<br />

ALINE PRODUZIERT KEINEN MÜLL. DABEI IST SIE ALLES ANDERE ALS EINE<br />

NERVIGE ÖKOTUSSI. WER SIE KENNENLERNT, WILL PLÖTZLICH NUR NOCH EINS:<br />

IHREM VORBILD FOLGEN<br />

Text: Julia Wolf<br />

Eine belebte Straße im Universitätsviertel<br />

von München.<br />

Cafés und Restaurants,<br />

viele werben<br />

mit einer To-Go-Option.<br />

Pappbecher, Strohhalme,<br />

Einwegbesteck.<br />

Irgendwo zwischen Tengelmann<br />

und Netto Marken-Discount<br />

betritt Aline Pronnet den ›Ohne‹, einen<br />

verpackungsfreien Supermarkt. Er ist ihr<br />

Stammladen ums Eck. Routiniert nimmt die<br />

27-Jährige ein Schraubglas und eine altmodische<br />

Glasflasche aus ihrer großen, biologisch abbaubaren<br />

Korkhandtasche und stellt beides nacheinander<br />

auf die Waage neben dem Eingang. Mit einem<br />

wasserlöslichen Stift notiert die junge Frau<br />

das Gewicht ihrer mitgebrachten Gefäße. »Das<br />

wird an der Kasse abgezogen«, erklärt sie beiläufig.<br />

»So bezahlen wir Käufer wirklich nur das Produkt<br />

an sich.«<br />

Ruhig und zielstrebig steuert Aline eine der zahlreichen<br />

Röhren an, die mit Lebensmitteln wie<br />

Nudeln, Reis, Kichererbsen, Kaffee und Nüssen<br />

gefüllt sind. Der Raum ist hell und freundlich,<br />

die Einrichtung klar und schlicht. Im Hintergrund<br />

läuft Jack Johnson. Dieser Supermarkt<br />

ist ein Ort der Entschleunigung. Als Aline in die<br />

Hocke geht, liegt ihr schlichtes, dunkelblaues Second-Hand-Kleid<br />

auf dem Boden auf. Ihre Füße<br />

mit den rot lackierten Nägeln, die in angesagten<br />

Birkenstock-Schlappen stecken, verschwinden<br />

darunter. Bedächtig drückt Aline den Hebel hinunter.<br />

Ins Schraubglas purzeln Kürbiskerne, mit<br />

einer Schoko-Minze-Masse überzogen. »Heute<br />

brauch ich gar nicht viel«, sagt die gebürtige Fürstenfeldbruckerin.<br />

Sie will nichts verschwenden<br />

und kauft nur, was sie tatsächlich verwerten<br />

kann. Lieber geht sie jeden Tag einkaufen und<br />

nimmt nur das Nötigste mit. Es sei ganz einfach,<br />

sie wohne nur ein paar Straßen weiter.<br />

Seit Januar 2016 lebt die Wahlmünchnerin nach<br />

dem ›Zero Waste‹-Prinzip. Heißt: Sie versucht,<br />

Rest- und Plastikmüll komplett zu vermeiden<br />

und Papiermüll so gering wie möglich zu halten.<br />

Biomüll kommt auf den Kompost. Der verpackungsfreie<br />

Supermarkt hilft ihr dabei, diesen<br />

Lebenswandel vom immer schon ›Low-Waster‹<br />

38<br />

Kilogramm Plastikverpackungsabfälle<br />

verursachte jeder<br />

Bundesbürger im Jahr 2016.<br />

9.628<br />

Millionen Einwegflaschen<br />

verbrauchen wir Deutschen<br />

pro Jahr.<br />

52<br />

Prozent aller Abfälle, die im<br />

Gelben Sack landen, sind nicht<br />

recycelbar.<br />

zum ›Zero-Waster‹ konsequent durchzuziehen.<br />

Der Laden eröffnete, als sie ins Viertel zog. Aline<br />

ist Stammkundin seit dem ersten Tag. Schicksal.<br />

Oder Bestimmung.<br />

<strong>Na</strong>chhaltiges, bewusstes Handeln gehört<br />

<strong>für</strong> sie seit ihrer Kindheit dazu. Seit sie denken<br />

kann, trennen ihre Eltern Müll, haargenau.<br />

Den fahren sie dann auf den Wertstoffhof<br />

in Fürstenfeldbruck, wo es um mehr geht als<br />

Bio, Papier, Glas, Gelber Sack und Restmüll. Hier<br />

wandert sogar die leere Duschgelflasche in ein<br />

anderes Fach als Frischhaltefolie und die wiederum<br />

in ein anderes als Styropor. »Das muss doch<br />

auch einfacher gehen«, dachte sich Aline. Als sie<br />

dann auch noch zufällig eine beeindruckende<br />

Doku über den Zero-Waste-Lebensstil im Fernsehen<br />

sah, beschloss sie, Müll einfach gar nicht<br />

mehr zu produzieren. Das tut der Umwelt gut.<br />

Denn das vermeintlich nachhaltige Recycling ist<br />

meist ein Downcycling. Der Prozess verschwendet<br />

Ressourcen, schadet der Umwelt und übrig<br />

bleibt ein Produkt, das fast nichts mehr wert ist.<br />

WISSEN UND TIPPS WEITERGEBEN<br />

Aline schraubt das Glas mit den Kürbiskernen zu.<br />

Als nächstes braucht sie Wodka. Sie will Minzlikör<br />

daraus machen. Die Pflanze wächst wie verrückt<br />

auf ihrem Balkon. Auch Tomaten, Radieschen,<br />

Mangold und Karotten gedeihen dort gut.<br />

Eine erfolgreiche Hobbygärtnerin. Wenn sie erzählt,<br />

ist ihr offener, lächelnder Blick nahezu ununterbrochen<br />

auf ihren Gesprächspartner gerichtet.<br />

Ihren Zero Waste-Blog ›Auf die Hand‹<br />

(www.aufdiehand.blog) bestückt sie regelmäßig mit<br />

Tipps zum müllfreien Leben. Doch damit nicht<br />

genug: Auch <strong>für</strong> Vorträge über Müllvermeidung,<br />

etwa an Schulen, ist Aline zu haben. Ein gutgelauntes<br />

Energiebündel.<br />

Der Bio Lion’s Wodka fließt in Alines altmodische<br />

Glasflasche, die sie vor dem Einkaufen<br />

nochmal schnell ausgewaschen hat. Die eher<br />

kleine, schlanke Frau muss sich etwas strecken,<br />

um an den Hebel zu kommen. Dann ist Schluss.<br />

Suchend schaut sie im Laden umher. Ganz entspannt,<br />

mit aufrechter Haltung. »Entschuldigung,<br />

könntest du mir bitte ganz kurz helfen?«, sagt sie<br />

freundlich, als sie die Verkäuferin erblickt. Die<br />

eilt zu Hilfe und kippt das Fass leicht nach vorne.<br />

Quellen: Umweltorganisation BUND, Eurostat, Seas at Risk | Foto: <strong>audimax</strong> MEDIEN | Illustrationen: Good Studio/fotolia.com<br />

44 | www.career-center.de – Die Jobbörse <strong>für</strong> Akademiker

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