Dortmunder Passagen – Ein Stadtführer
ISBN 978-3-86859-572-7 https://www.jovis.de/de/buecher/product/dortmunder-passagen.html
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Altarwerk des<br />
Conrad von Soest<br />
in der Marienkirche<br />
Seit dem frühen 15. Jahrhundert schmückt bis heute <strong>–</strong> abgesehen von<br />
der Auslagerung im Zweiten Weltkrieg <strong>–</strong> das Altarwerk von Conrad<br />
von Soest den Altar im Chor der Marienkirche. Die drei Gemälde der<br />
festlichen Schauseite (nachdem sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts in<br />
einen neuen Rahmen gesetzt worden waren, verkleinert) zeigen drei<br />
Szenen aus dem Leben der Maria: die Geburt Jesu, den Tod der Maria<br />
(bei dem im originalen Zustand zwölf Apostel anwesend waren) und<br />
die Anbetung der Heiligen Drei Könige. Insbesondere diese Szene<br />
repräsentiert in beeindruckender Weise den hansischen Luxusgüterhandel:<br />
Die Gewänder der Könige sind aus den seinerzeit aktuellsten<br />
italienischen Seidengeweben geschneidert. Zu erinnern ist daran, dass<br />
solche Seidenstoffe zu den teuersten Luxusgütern ihrer Zeit gehörten,<br />
weit kostspieliger als die Malereien des Conrad von Soest. Nachgerade<br />
porträthaft hat der Maler diese Gewebe mit ihren Mustern und Motiven<br />
<strong>–</strong> etwa die Greifen auf dem Gewand des ältesten Königs <strong>–</strong> wiedergegeben.<br />
Die Welt in den Bildern spiegelt hier die Welt vor den Bildern.<br />
Die Fernkaufleute ließen zeigen, welche Luxusgüter sie auf ihren<br />
Handelswegen zwischen Brügge, Dortmund, Lübeck, Danzig (Gdańsk),<br />
Reval (Tallinn) bewegten.<br />
Auf der mittleren Tafel entschläft Maria umgeben von den Aposteln<br />
und von Engeln; diese Szene ist nicht in der Bibel beschrieben, fand<br />
aber durch die Legenda Aurea, eine seit dem mittleren 13. Jahrhundert<br />
geläufige Legendensammlung, große Verbreitung. In einer Zeit, die sich<br />
ausgiebig mit der „Kunst des Sterbens“ (ars moriendi) beschäftigte, bot<br />
der Tod der Maria einen Inbegriff des gelingenden Hinscheidens aus<br />
dem Leben. Die Seele der Verstorbenen wurde unmittelbar von Christus<br />
in Empfang genommen <strong>–</strong> ein Element der Erzählung, das der Umarbeitung<br />
des 18. Jahrhunderts zum Opfer gefallen ist; lediglich die rechte<br />
Hand Christi und Teile seines roten Gewands sind noch erhalten.<br />
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