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RCKSTR Mag. #166 Mai 2019

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MUSIK<br />

CLOUD PUNK<br />

DAIF<br />

MOLLY & SPEED<br />

<strong>#166</strong> | MAI <strong>2019</strong><br />

28<br />

Rapper sind heute die wahren Punks. Das erkennst du nicht nur an<br />

den Moshpits bei Trap-Shows, sondern auch an Typen wie DAIF. Der<br />

Thurgauer fackelt mit seinem Debüt «Molly & Speed» nicht nur<br />

den Club sondern auch jegliche kulturelle Konventionen nieder.<br />

So rebellisch sich Musiker auch gerne geben – viele handeln<br />

auch im Jahr <strong>2019</strong> nach einem relativ starren Regelwerk. DAIF<br />

tickt anders. Auf Instagram tut DAIF alles, was einem klassischen<br />

Management die Schamesröte ins Gesicht treibt. Er zelebriert Drogenkonsum,<br />

romantisiert psychische Probleme und kündigt anstehende<br />

Releases mit einer Vorlaufzeit von wenigen Stunden an.<br />

CDs? Ach bitte. «Molly & Speed» erscheint in erster Linie digital,<br />

in zweiter Linie als Kreditkarte mit integriertem USB-Stick, mit der<br />

man sich in dritter Linie eine Linie sauber herrichten kann. Vernünftige<br />

Plattentaufe? Nope, DAIF feiert sein Erstgeborenes in einer geheimen<br />

Location, die sich als Mischung aus besetztem Haus<br />

und BDSM-Keller entpuppt. Um den Event zu promoten,<br />

druckt er keine Plakate, sondern Quittungen,<br />

wie sie dir sonst Kassierer in die Hand drücken.<br />

Bei all dem Low-Life-Swag vergisst<br />

man fast schon die Musik. Ist eh okay.<br />

Cloud-Rap halt: 808-Kicks, rudimentäre<br />

Synth-Lines, monotoner Autotune-Gesang<br />

mit geklauten Hooks,<br />

dies das. Wer glaubt, DAIF suche<br />

musikalische Perfektion, bewertet<br />

die Sex Pistols aber wahrscheinlich<br />

auch anhand von Sid Vicious’ Bass-<br />

Skills. «Es gaht nu ums radikal sii»,<br />

heisst es in «E Handpoked-Tattoo und<br />

es Adidas-Jäckli». «Segs i de Liebi, i de<br />

Kunscht oder i de Anarchie.» (nei)<br />

wwwwv<br />

Für Fans von: Yung Hurn,<br />

Rin, Göldin & Bit-Tuner<br />

UNSER SOMMER<br />

SOUNDTRACK<br />

VAMPIRE<br />

WEEKEND<br />

FATHER OF<br />

THE BRIDE<br />

Sollte Wes Anderson jemals das Coachella Festival<br />

verfilmen, wir hätten da schon mal den<br />

passenden Soundtrack gefunden. Sechs Jahre<br />

nach dem Release ihres Geniestreichs «Modern<br />

Vampires of the City» und dem Abgang vom<br />

federführenden Bandmitglied Rostam Batmanglij<br />

strecken Vampire Weekend die Fühler, äh,<br />

Fangzähne nun in die Gefilde von 70s Folk, fein<br />

ausgewählten Samples und einem so liebevollen<br />

und frisch klingenden Pop-Sound, der trotz<br />

aller Experimentierfreude niemals an Zugänglichkeit<br />

verliert – und uns alle in eine lange, warme<br />

Umarmung einschliessen möchte. (rec)<br />

wwwww<br />

Für Fans von:<br />

The Coral, Dr. Dog, The Byrds<br />

ROTWEIN-ROCK<br />

THE<br />

NATIONAL<br />

I AM EASY<br />

TO FIND<br />

The National waren<br />

ja schon immer ein bisschen das Methadon zu<br />

Nick Caves Heroin und mit ihrem achten Album<br />

liefern die Grammy-Gewinner nun ihr «Where<br />

the Wild Roses Grow» ab. So klingen die «Trübselig<br />

am Küchentisch»-Balladen immer dann<br />

am besten, wenn Sänger Matt Berninger seine<br />

Band in den Dienst der zahlreichen Gastvokalistinnen<br />

(u.a. Sharon Van Etten, Lisa Hannigan)<br />

stellt oder mit seufzendem Timbre komplimentiert.<br />

Womit die seit Jahren hochstehend – aber<br />

doch auch etwas überraschungsarm – musizierenden<br />

The National ihrem Sound einen frischen<br />

Anstrich verpassen. (rec)<br />

wwwwv<br />

Für Fans von:<br />

Elbow, Mitski, The Slow Show<br />

ECLECTRO-POP<br />

JESSIQUOI<br />

GLITCH TRIGGER<br />

(CHAPTER ONE)<br />

2018 wurde die gebürtige<br />

Bernerin am<br />

M4Music mit den Preisen<br />

für «Best Electronic» und «Demotape of the<br />

Year» ausgezeichnet, in diesem Jahr bedankte<br />

sich Jessiquoi beim Festival mit einer furiosen<br />

Liveshow, die – ebenso wie ihr Debütalbum<br />

– dermassen rein knallt, als würde man nach<br />

fünf Red Bull das Roboter Restaurant in Tokio<br />

besuchen. In jedem Track fiept und piept es,<br />

ständig wird man von neuen Soundeffekten<br />

und Instrumenten überrascht. Und die mitgelieferte<br />

Backstory zum Konzeptwerk soll doch<br />

bitte demnächst jemand in ein paar Dutzend<br />

Comicbänden umsetzen, danke! (rec)<br />

wwwwv<br />

Für Fans von:<br />

M.I.A., Ebony Bones, Gazelle Twin

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