HOTELmagazin offline 03-2019
Themenschwerpunkt der 3. Ausgabe: Stadthotels - Hotels & Resorts im Indischen Ozean
Themenschwerpunkt der 3. Ausgabe: Stadthotels - Hotels & Resorts im Indischen Ozean
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MR. WHO<br />
59<br />
Sprechen Sie niemanden an, nur weil sie glauben, dass er es ist. Sie werden ihn doch nicht erkennen.<br />
Unser geheimnisvoller Mr. Who treibt sich in der Hotellerie und Gastronomie herum, schnüffelt diskret zwischen<br />
Lobby- und Sky-Bar herum, ermittelt verdeckt aus der Besenkammer heraus, spürt jedes noch so<br />
unbekannte Detail auf und bringt es pointiert und nicht immer ernst gemeint zu Papier.<br />
Zwangswechsel – respektive der „schlechte Wirt“ und<br />
andere Erlebnisse.<br />
Zwangswechsel - so lautet ein<br />
Begriff in der Jägersprache.<br />
Das sind Engstellen wo das<br />
Wild, wenn es von hier nach<br />
dort will, durchwechseln muss.<br />
Es gibt auch touristisch/gastronomische<br />
Plätze, wo Leute, die sich in der<br />
Nähe aufhalten nahezu zwangsläufig landen -<br />
Berggipfel, Aussichtspunkte, einsam liegende<br />
Wanderziele oder schön gelegene unverbaute<br />
Seeufer. Der schlechte Wirt, nicht achtend<br />
seiner besonderen Verantwortung, denn der<br />
Gast ist ihm ja gleichsam ausgeliefert, denkt<br />
nun – ein bestimmter Teil der Leute hier wird<br />
sowieso zu mir kommen. Da streng ich mich<br />
gar nicht besonders an was Ordentliches zu<br />
bieten. Der Gute natürlich ist das Gegenteil.<br />
Der schlechte: Ich verteuere alles noch - und<br />
zwar ungerechtfertigter Weise, also ohne entsprechende<br />
Leistung. Ich stelle fest – heute<br />
zählt solches zu den Ausnahmen, aber es gibt<br />
sie nach wie vor.<br />
Der schlechte Wirt also...<br />
... um nicht zu sagen der böse Wirt. Es grenzt<br />
an Böses, wenn kein Hauch der uralten, schon<br />
den alten Griechen heiligen – nicht entgeltlichen<br />
(!) - Gastfreundschaft mehr durchschimmert.<br />
Gerade in unserer ja doch sehr Business-orientierten<br />
Zeit mangelt es oft an menschlicher<br />
Wärme und freundlicher Zuwendung. Oben<br />
in den Bergen der Insel Samos gab es einen Laden<br />
mit allerlei Krimskrams, Wein und Ouzo.<br />
Niemand war zu sehen, alle Türen standen offen<br />
- allein schon das ein gutes Symbol. Viel<br />
später erschien auch der Inhaber. Über seine<br />
wundervolle CD mit griechischer Musik, die<br />
er spielte, kamen wir ins Gespräch. Wir kauften<br />
beim ersten Mal nichts, aber zum Abschied<br />
schenkte er uns die CD und eine Flasche Samos.<br />
Das wärmt die Seele.<br />
Es scheint, als verhalte sich dergleichen umgekehrt<br />
proportional zum steigenden Wohlstand<br />
der Leute. Aber auch schon in alten<br />
Zeiten wurde die Gastfreundschaft schnöde<br />
missbraucht – bekanntlich wurde der alte<br />
Siegfried unter Missachtung selbiger um die<br />
Ecke gebracht. So weit kommt es heute nicht<br />
mehr. Doch auch kleinere Verstöße ärgern.<br />
Zweifellos auch durch die Gäste, die dadurch<br />
auch den „bösen“ Wirt erst erzeugen.<br />
Lasst es mich am Beispiel „Der große gemischte<br />
Salat und die Forstgesetze“ erörtern....<br />
Am Wolfgangseesee gibt es einen malerischen<br />
Winkel am See, dort steht ein ansehnliches<br />
Hotel samt Restaurant. Ein idealer Spaziergang<br />
am See entlang. Das Haus ist berühmt für<br />
seine Forellen, Saiblinge und seine Fischsuppe<br />
– und die war auch gut, nur etwas wenig,<br />
auch für die bestellte kleine Variante. Im Argen<br />
aber lag es mit dem Salat, einem zunächst<br />
nur etwas einfach erscheinenden „großen gemischten<br />
Salat“. Doch dann schmeckten die<br />
giftgrünen Fisolen (so sind “hausgegarte„ Fisolen<br />
nicht!) nach sehr sauren Essiggurkerln,<br />
der breiige Kartoffelsalat war laut Aussage des<br />
Kellners frisch gemacht – es fragte sich: waren<br />
Maiskörner, die ich ohnehin lieber den Hendln<br />
überlasse, auch dabei?<br />
Es würden im Haus Bioprodukte (Biomaiskörner?)<br />
verwendet, meinte der Kellner auf unsere<br />
Urgenz hin und im Übrigen – er wies in<br />
die Runde – keiner der Gäste hier hätte etwas<br />
bemängelt. Also liebe Mitgäste - hätte ich gern<br />
gesagt - das solltet ihr euch nicht gefallen lassen.<br />
Natürlich stellte sich keinerlei zufriedenes Gefühl<br />
ein und unsere Seelen waren leicht erkältet.<br />
Der Trend setzte sich bei unserem Spaziergang<br />
fort. Da saß Einer am Weg vor der Strandliegewiese<br />
und wollte auch von uns drei Euro<br />
pro Nase Entgelt fürs Weitergehen. Wir sagten<br />
ihm, dass wir nicht die Strand- oder sonstige<br />
Wiesen zum Baden nutzen wollten, befestigte<br />
Wege, Bänke, Toiletten und Geländer nicht<br />
bräuchten, keinerlei Grill- oder Zelterrichtungsabsichten<br />
hätten, sondern nur eine Runde im<br />
Wald zu den beiden Aussichtspunkten gehen<br />
und, nachdem der Wald laut Forstgesetz im<br />
Prinzip für alle kostenlos zugänglich ist, auch<br />
nichts dafür bezahlen wollten.<br />
Er ließ uns unter Beschimpfungen ziehen - unter<br />
anderem mit dem Hinweis, dass er uns für<br />
üble „Proleten“, also Leute aus dem einfachen<br />
Volk halte, womit er ja recht hatte, was aber<br />
bei ihm doch beleidigend klang.<br />
Dem Vernehmen nach ist der Verursacher<br />
beider Inkommodidäten dieses Tages derselbe.<br />
Der Wirt vom Fischrestaurant…<br />
Husch - hinter den Vorhang !<br />
Der gute Wirt also...<br />
„Wir essen das miteinander!“ - kommt da nicht<br />
bei einem oder anderen so was wie leichtes<br />
Unbehagen auf, wenn man es zur Kellnerin/<br />
zum Kellner sagt? Gewiss – eine Extraleistung<br />
des Hauses - aber nicht doch besser als die<br />
zurückgehenden Reste, die in Summe schon<br />
mehr als 50 Prozent des servierten Speisevolumens<br />
ausmachen? Der „Napoleonwald“ in<br />
Wien schreibt das auch auf die Rechnung „auf<br />
zwei Tellern“ - aber berechnet es nicht.<br />
Erfreulich wirkt eben solch freundliches Entgegenkommen.<br />
So geschehen beim „Sänger Blondel“<br />
in Dürnstein. Ein sehr familiär geführtes<br />
Traditionshaus - auch nicht selbstverständlich<br />
in dieser viel besuchten Region – touristisch<br />
gesehen fast am „Zwangswechsel“, wobei asiatische<br />
und sonstige Flusskreuzfahrttouristen<br />
sowieso fast nur „durchwechseln“. Den Tafelspitz<br />
essen wir also gemeinsam.<br />
Er kommt sauber arrangiert auf zwei Tellern,<br />
fast meint man, es sei alles etwas großzügiger<br />
als sonst bemessen, und es mundet bestens.<br />
Saftig weiches Fleisch, köstlicher Schnittlauchrahm,<br />
Wurzelgemüse und goldgelb gebackene<br />
Rösti. „Hausgemacht“? - frage ich hinterher<br />
und auch etwas hinterhältig, denn ich tippe<br />
ziemlich sicher auf ein Convenience-Produkt.<br />
Wogegen gar nichts spricht, sofern man es<br />
nicht als „hausgemacht“ ausgibt. Das macht<br />
man hier nicht. Unser Kellner kommt nach<br />
Anfrage in der Küche zurück : die Rösti seien<br />
nicht selbstgemacht. Genauso wenig wie der<br />
Salat damals am See gut, frisch und bio war…<br />
aber was für ein Unterschied!<br />
Blondel Wirtin und Wirt, samt Team – bitte<br />
vor den Vorhang!<br />
Nr. 2-19 JUNI I HOTELMAGAZIN OFFLINE