09_2019 HEINZ MAGAZIN Dortmund
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DasEinmaleinsder<br />
Stellenanzeigen<br />
©Lukas Vering<br />
„Wir suchen eine vollbelastbare Teilzeitkraft (m/w) unter 30 J.<br />
mit abgeschlossenem Masterstudium, mindestens fünf Jahren<br />
(auch internationaler) Arbeitserfahrung, die nicht auf Gehalt<br />
besteht und zudem eine olympische Goldmedaille inEinhorndressurreiten<br />
besitzt.“ Stellenanzeigen können schon mal verwirren.Hier<br />
ein Wegweiser.<br />
Tatsächlich wird gar nicht alles von einem Bewerber erwartet, was<br />
in der Ausschreibung steht. Die wichtigsten Anforderungen stehen<br />
ganz oben, jeweiter unten ein Kriterium steht, desto weniger ist es<br />
ein Muss. Zudem erkennt man die Muss-Anforderungen anFormulierungen<br />
wie „…setzen wir voraus“, „…sind erforderlich“ oder „Erwarten<br />
wir…“. Softere Formulierungen wie „Idealerweise…“, „Wünschenswert<br />
sind…“, „Zusätzlich freuen wir uns über…“ aber auch<br />
„HinreichendeErfahrungenin…“deutenan, dassdieseQualifikationenals<br />
nichtzwingend ausschlaggebendgewertetwerden. Stellenanzeigen<br />
sind voller Phrasen und Worthülsen, die alles und nichts<br />
bedeuten können. Auf diese zuachten und sie zuhinterfragen,<br />
kann schon imVoraus einige Erkenntnisse über die ausgeschriebene<br />
Stelle vermitteln. Ein „dynamisches Unternehmen“ ist etwa oft<br />
noch im Aufbauund weniggefestigt, während„Traditionsunternehmen“<br />
die Innovation scheuen. Ist „Abschlussorientierung“ gesucht,<br />
wird die eigene Leistung rein an Zahlen gemessen. Hinter „Belastbarkeit“,<br />
„hoher Einsatzbereitschaft“, „Dynamik“ und „Flexibilität“<br />
steckt eigentlich immer die Erwartung, dass man einsteckt, aushält,<br />
mehrarbeitet und sich hochmotiviertbis zum Burnoutschuftet.<br />
Lockmittel Nummer Eins ist immer das Gehalt –genannt wird es<br />
aber in den wenigsten Ausschreibungen. Dawird lieber wieder der<br />
Phrasendrescher angeschmissen. Wird ein Gehalt als „attraktiv“ angepriesen,<br />
ist es höchstens durchschnittlich. „Dynamische Lohnbestandteile“<br />
und „Leistungsbezogene Vergütung“ heißen im Klartext:<br />
Maues Grundgehalt, aber immer schön die baumelnde Möhre namens<br />
„Bonus“ vor der Nase herumwedeln. „Überdurchschnittlich“<br />
klingt gut, da der Durchschnitt aber nichtdefiniertwird, istVorsicht<br />
geboten. Ein„übliches Gehalt“ klingt trist, aber immerhinnach einer<br />
ehrlichen Aussage.<br />
lv<br />
08.<strong>2019</strong>| <strong>HEINZ</strong> |45