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09_2019 HEINZ MAGAZIN Dortmund

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KUNST | ÜBERSICHT<br />

Wolfgang Mattheuer, Die Flucht des Sisyphos, 1972<br />

©Wolfgang Mattheuer /VG Bildkunst Bonn, <strong>2019</strong><br />

UTOPIE UND UNTERGANG<br />

Kunst in der DDR<br />

DieMauer warauch während des<br />

Kalten Krieges durchlässig. Davon<br />

zeugtnichtnur Bernhard HeisigsPorträtvon<br />

BundeskanzlerHelmutSchmidt<br />

von1986.Heisig, Mattheuer,Tübke und<br />

Sittewurdenmit derdocumenta 1977<br />

als repräsentative, offizielle Maler der<br />

DDR bekannt. 30 Jahrenach„friedlicher“Revolutionund<br />

Mauerfall blickt<br />

das Museum Kunstpalast in einer großen,<br />

spannenden Schauauf dieheterogene<br />

DDR-Szene zurück. Die Bilder bewegen<br />

sich zwischen sozialistischer<br />

Nationalkulturfür dieWerktätigen –<br />

dem „BitterfelderWeg“ –und individueller,<br />

mehrdeutiger Formulierung,<br />

zwischenFiguration undAbstraktion.<br />

Neu lesbar werden Bilder vonProminentenund<br />

wenigerBekannten, darunterG.Altenbourgh,<br />

H. Glöckner,A.<br />

Hampel,A.R. Penck, und C. Schleime.<br />

bws<br />

❚ UTOPIE UNDUNTERGANG.Kunst in der DDR<br />

Kunstpalast,Ehrenhof 4-5, Düsseldorf;Dauer: 5.9.-<br />

26.1.20; www.kunstpalast.de<br />

SUBTILESKULPTUREN<br />

Otto Boll<br />

Wo beginnt dieSkulptur,woendet<br />

sie? Dasist bei denaufsÄußerstereduziertenAlustäbenvon<br />

Otto Boll<br />

kaum auszumachen.IhreKörperlichkeit<br />

tendiert gegen null,ist kaum<br />

mehr als eine zartegeschwungeneLinie,soeben<br />

noch wahrnehmbar„zwischen<br />

Anwesenheit undAbwesenheit,<br />

Körper undLeere“, wie der67-jährige<br />

Bildhauer seine Objekteselbst charakterisiert.<br />

Fürdie obere Ausstellungshalle<br />

wieauch den Außenraum im<br />

Skulpturenpark hatder Künstlervom<br />

Niederrhein Arbeiten ausgewählt,die<br />

mit demUmraumkommunizieren bzw.<br />

ihnsubtilneu definieren. Manmuss genauhinschauen:Was<br />

wie ein Strich<br />

oder Schnitt in derWand wirkt, entpuppt<br />

sich alsantransparentenNylonfädenschwebenderStahlstab.<br />

Skulpturale<br />

Powermit einfachsten Mitteln.<br />

Ausstellungsfotosvermitteln dasnicht:<br />

hingehen, ansehen!<br />

ch<br />

❚ OTTO BOLL SkulpturenparkWaldfrieden, Hirschstr.<br />

12, Wuppertal; Dauer: bis22.9.<br />

Otto Boll, o. T.,2017.© Michael Richter<br />

Claudia Heinrich<br />

Aufgefrischtund abgecheckt<br />

Alles neuinder altehrwürdigen Folkwang-Sammlung:Eswurde<br />

kräftig<br />

aus- und umgeräumt. Daswar längst<br />

überfällig,umden seitEinführungdes<br />

Gratiseintritts zahlreichherbeiströmenden<br />

BesuchernneuePerspektivenzueröffnen.Zum<br />

Glücklegtder neue Museumsdirektor<br />

PeterGorschlüterein deutlichhöheresEngagementanden<br />

Tag<br />

alsseinVorgängerBezzola,der vonBeginnanden<br />

Eindruckvermittelte,als<br />

hätte er sich in einerWarteschleife verhakelt,<br />

um kurz mal dieStellungzu<br />

halten, bisihn einfernesMuseum aus<br />

dem „Pott“ erlöst und abberuft. Gorschlüter<br />

dagegenhat sich gleich im erstenAmtsjahrdie<br />

Dauerausstellung vorgenommenund<br />

gemeinsam mit seinem<br />

Museumsteam 578 Werkeerfrischend<br />

thematisch umarrangiert: dieKlassische<br />

Moderne bunt gemischt mit zeitgenössischer<br />

Kunstaus allerWelt, Plakaten,<br />

Fotografienund neuenMedien,<br />

ganzimSinne der alten Folkwang-<br />

Idee: Ausder altbacken chronologischen<br />

Hängung –pro Raum einStil,hier Impressionismus,<br />

da Surrealismus, dort<br />

PopArt etc. –entstanden „NeueWelten“,24lebendige,emotionale<br />

Themenräumerund<br />

um je einAnkerwerk. Und<br />

danngibtesdanoch Raum 25: Im Zuge<br />

der Enteignungs- und NS-Raubkunstdebattenbetreibtdas<br />

Museum jetzt<br />

ganzzeitgemäß öffentliche Provenienzforschung.Wie<br />

kam das Bildindie<br />

Sammlung? Werwar Vorbesitzer? Gibt<br />

es Ungereimtheiten, speziellzuKolonial-und<br />

Nazizeiten? In detektivischer<br />

Kleinstarbeitwirddie Herkunft fraglicher<br />

Werkeunterdie Lupe genommen<br />

und dieRecherche und Ergebnisse in einemeigenen<br />

Ausstellungsbereich veranschaulicht.Moderne<br />

Museumsarbeit ist<br />

etwasnäher dran am Besucher undsicher<br />

erfolgreich damit.<br />

ClaudiaHeinrich<br />

GB. England. New Brighton. From ‚The Last Resort‘. 1983-85. ©Martin Parr /Magnum Photos<br />

PAKISTANHEUTE - FOTOGRAFIEN<br />

ManoloTy<br />

EWIGKEITSLASTENINLUFTAUFNAHMEN<br />

HiddenCosts<br />

EwigkeitslastensindWunden, die<br />

derMenschder Erde dauerhaftzufügt.<br />

Rohstoffabbau undindustrielleAltlastenhinterlassen<br />

Spuren, die nur aus<br />

derVogelperspektivesichtbar werden;<br />

also dokumentiertder Fotograf JHenry<br />

Fair zerstörteLandschaftenweltweit<br />

im Überflug.Das Perfide an seinen<br />

Luftaufnahmen:Sie sind wunderschön,ähneln<br />

dekorativer Farbmalerei.<br />

Zartegrafische Muster strukturie-<br />

Pakistan mal mitanderen Augen betrachtet:<br />

DerStaatinSüdasien gilt bekanntermaßen<br />

als einer dergefährlichsten<br />

undinstabilsten weltweit –<br />

ganz aktuellimKaschmir-Konflikt.Terrorund<br />

Korruption scheinen allgegenwärtig.Die<br />

Fotografien vonManolo Ty<br />

(geb. 1985) lenkendagegen den Blick<br />

aufdie schönen, liebenswerten, völlig<br />

unbekanntenSeitendes kulturell vielfältigen,<br />

touristisch nichterschlossenenLandes.Zehntausende<br />

Fotosentstanden<br />

auflangen Reisen durchalle<br />

Landstricheund erzählen vonBegegnungen<br />

mit gastfreundlichen,lebensfrohen<br />

Menschen.Aus derEssenzseines<br />

Fotokonvoluts gestalteteder Hagener<br />

Globetrotter eine Ausstellung mit<br />

60 großformatigen Fotodrucken, die<br />

nach derErstpräsentationinPakistans<br />

National ArtGalleryinIslamabad nun<br />

in TysHeimatstadtStation macht. ch<br />

❚ MANOLOTYOsthaus Museum,Museumsplatz 1,<br />

Hagen; Dauer: bis6.10.<br />

©LWL/Hudemann<br />

SCHRULLIGUND ORDINÄR<br />

Martin Parr<br />

TiefeAusschnitte und dickeBäuche,<br />

schrilleFarben undvolle Strände,Bierflaschen,<br />

labbrigeWurstbrötchen oder<br />

kleine zuckrig-bunte Totenköpfe in einer<br />

AuslageirgendwoinMexiko. Der<br />

britische FotografMartin Parr,dessen<br />

gut400 Aufnahmen im NRW-FORUM<br />

zu sehen sind,scheutsichnicht, auch<br />

dieabsonderlichsten undbanalsten<br />

Motive abzulichten. Und mitseinen<br />

Porträtbildern gleichauchdie schönstenVorurteileund<br />

Klischees zu bedienen.Die<br />

Schönenund Reichen beim<br />

Pferderennen, wo derSchoßhund<br />

farblichzum Pelzmantel passt oder<br />

die britische LowerClass mitihren Kindern<br />

am vermüllten Betonufer eines<br />

Badeortes... Sind das nunliebevolle<br />

Milieustudien oder bitterböseKommentarezum<br />

Zustand unserer Gesellschaft?<br />

Wohl beides. Kein Zweifel, die<br />

Welt istein schräger Ort. kb<br />

❚ MARTIN PARR RETROSPEKTIVE NRW-Forum,<br />

Ehrenhof2,Düsseldorf;Dauer: bis10.11.;<br />

www.nrw-forum.de<br />

rendie Bildfläche,roteFarbschlieren<br />

leuchtenfeurig aufblauemGrund.<br />

Dasshier Giftschlamm einen Damm<br />

durchbrichtodereineÖlplattform<br />

leckgeschlagen ist, liestman verstört<br />

im Begleittext, doch dasAugesuhlt<br />

sich im schönen Schein …Diese unauflösbareIrritation<br />

verleihtden 45<br />

Fototafeln große Eindringlichkeit,<br />

auch dankder geglückten, sensibel<br />

auf das Zechenambiente abgestimmtenPräsentation.<br />

ch<br />

❚ HIDDEN COSTS Industriemuseum ZecheHannover,<br />

Günnigfelder Str. 25, Bochum; Dauer: bis 27.10.<br />

Rawalpindi Railway Station ©Manolo Ty<br />

48| <strong>HEINZ</strong> |<strong>09</strong>.<strong>2019</strong>

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