Positive_Ausgabe_8_August-2019
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Eishockey Prognosen<br />
Eishockey Prognosen<br />
Chris McSorley – aber es ist nicht mehr<br />
das wahre Servette. Ich verneige mich vor<br />
dem neuem Trainer Patrick Emond. Aber<br />
er wird Mühe haben, mehr Autorität zu<br />
entwickeln als sein charismatischer Assistent<br />
Louis Matte. Ein Gastspiel der Genfer<br />
ohne Chris McSorley ist kein Grund mehr,<br />
den Jassabend mit Kollegen abzusagen und<br />
ins Stadion zu gehen.<br />
Prognose Qualifikation: Platz 11<br />
SCL Tigers: Die Playoffs<br />
auf sicher?<br />
Nein. Erst ganz am Schluss<br />
verspielte Langnau die Qualifikation<br />
für die Champions League und<br />
erst in der 7. Viertelfinalpartie gegen Lausanne<br />
das erste NL-Halbfinale der Klubgeschichte.<br />
Die Spielstärke der Mannschaft<br />
konnte Sportchef Marco Bayer auf dem<br />
Transfermarkt verteidigen. Erfolgstrainer<br />
Heinz Ehlers, beide Goalies und die zwei<br />
wichtigsten Ausländer (Harri Pesonen,<br />
Chris DiDomenico) sind geblieben. Also<br />
kann Langnau die letzte Saison wiederholen<br />
und hat die Playoffs auf sicher. Oder?<br />
Nein, ganz und gar nicht. Die Emmentaler<br />
sind dem Tabellenende fast so nahe wie<br />
den Playoffs. Den SCL Tigers ist die perfekte<br />
Saison gelungen. Alles passte. Chris<br />
DiDomenico erfüllte die himmelhohen<br />
Erwartungen («Jesus Chris»), Damiano<br />
Ciaccio hexte nach der Verletzung von<br />
Ivars Punnenovs das Team allein in die<br />
Playoffs und die Schlüsselspieler blieben<br />
weitgehend von Verletzungen verschont.<br />
Vom ersten Spieltag an standen die Langnauer<br />
auf einem Playoffplatz und Hektik<br />
kam gar nie auf. Es ist fast unmöglich, eine<br />
so perfekte Saison zu wiederholen. Langnau<br />
hat die Playoffs nicht auf sicher.<br />
Prognose Qualifikation: Platz 8<br />
HC Lausanne: Gut genug<br />
für den Titel?<br />
Ja. Für Lausanne gilt das<br />
gleiche wie für Biel: die Umstände<br />
für den Titel (für Lau sanne wäre es<br />
der erste der Geschichte) sind einmalig<br />
günstig. In erster Linie wegen der Schwächen<br />
der Titanen und erst in zweiter Linie<br />
wegen der eigenen Spielstärke. Ja, die Lausanner<br />
sind sogar stärker, als sie selbst ahnen.<br />
Trainer Ville Peltonen hat als Zauberlehrling<br />
das gleiche meisterliche, extrem ergebnisorientierte<br />
und spektakelignorierende<br />
Spielsystem eingefuchst wie sein einstiger<br />
Hexenmeister Kari Jalonen in Bern. Seine<br />
Mannschaft ist so ausgeglichen besetzt wie<br />
der SCB, die ZSC Lions oder Biel und nominell<br />
nicht viel schwächer als Zug. Und<br />
die Energie, die das gesamte Unternehmen<br />
aus dem neuen Hockeytempel, aus der Begeisterung<br />
des Publikums gewinnen wird,<br />
ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.<br />
Lausanne ein heimlicher Titelkandidat?<br />
Ja, wenn wir alle soeben aufgeführten Faktoren<br />
berücksichtigen. Nein, wenn wir sehen,<br />
wer im Tor steht: Tobias Stephan hat<br />
in seiner ganzen Karriere noch nie einen<br />
Titel gewonnen.<br />
Prognose Qualifikation: Platz 2<br />
Der «Hockey-<br />
Luxuswolf» kann<br />
nicht im Schafspelz<br />
der Bescheiden<br />
heit daherkommen.<br />
HC Lugano: Bescheidenheit<br />
als Schlüssel zum<br />
Glück?<br />
Nein. Kann Lugano bescheiden<br />
sein? Wenn wir die Spielerliste<br />
durchgehen, dann ist die Antwort auf diese<br />
Frage ganz einfach: Lugano bleibt inzwischen<br />
gar nichts anderes als die Bescheidenheit.<br />
Die Mannschaft ist eine der nominell<br />
schwächsten (bescheidensten) seit der<br />
Rückkehr in die höchste Liga im Frühjahr<br />
1982. Die zwei charismatischsten Einzelspieler<br />
sind gegangen: Grégory Hofmann,<br />
der beste Torschütze der Liga, nach Zug<br />
und Torhüter Elvis Merzlikins, der Held<br />
zweier Finals, nach Nordamerika. Beide<br />
sind nicht ersetzt worden. Die Leitwölfe<br />
bekommen graue Haare: Alessandro Chiesa<br />
ist 32, Linus Klasen 33, Raffaele Sannitz<br />
35 und Julien Vauclair gar schon 39. Und<br />
Sami Kappanen hat als Coach ausser dem<br />
Spengler Cup noch nie etwas gewonnen.<br />
Da bleibt nur Bescheidenheit. Aber Lugano<br />
hat eine Glanz & Gloria-DNA und<br />
steht für Klasse und Glamour. Der «Hockey-Luxuswolf»<br />
kann nicht im Schafspelz<br />
der Bescheidenheit daherkommen,<br />
Bescheidenheit ist nicht der Schlüssel zum<br />
Glück. Der Widerspruch zwischen der eigenen<br />
Identität und sportlicher Wirklichkeit<br />
macht Lugano zum Kandidaten für Platz 9.<br />
Prognose Qualifikation: Platz 9<br />
Lakers: Wieder auf<br />
dem letzten Platz?<br />
Ja. Die Lakers können<br />
sich noch nicht von<br />
ihrer Vergangenheit lösen. Sie stürzten<br />
sportlich und finanziell ab, als sie glaubten,<br />
Titanen zu sein und erst der Abstieg<br />
(2015) führte zu einem Neuanfang. Nun<br />
prägt Vernunft die Strategie. Die Fehler<br />
der Vergangenheit sollen vermieden<br />
werden. Und so scheuen die Lakers seit<br />
dem Wiederaufstieg im Frühjahr 2018<br />
die grossen Investitionen und hüten sich<br />
vor hohen Erwartungen wie der Teufel<br />
vor dem geweihten Wasser. Sie beteiligen<br />
sich mit einer Mannschaft an der Meisterschaft<br />
der höchsten Liga, die auf dem<br />
Papier eigentlich eine für die zweithöchste<br />
ist. Nur Torhüter Melvin Nyffeler genügt<br />
höchsten NL-Ansprüchen. Mit Vernunft<br />
sind in jüngster Zeit nur die SCL Tigers<br />
und Ambri vom Tabellenende weg und<br />
in die Playoffs gekommen. Beide mit aussergewöhnlichen<br />
Trainern (Luca Cereda,<br />
Heinz Ehlers) und mit einer perfekten<br />
Saison. Die Lakers haben keinen Trainer<br />
wie Luca Cereda und Heinz Ehlers. Der<br />
letzte Platz ist daher für die Lakers erneut<br />
reserviert.<br />
Prognose Qualifikation: Platz 12<br />
ZSC Lions: Grosse Namen,<br />
kleine Mannschaft?<br />
Ja. Der Meister hat die<br />
Playoffs letzte Saison verpasst<br />
– also waren es grosse Namen und<br />
eine kleine Mannschaft. Die Namen sind<br />
Rapperswils neuer<br />
Ausländer Roman<br />
Cervenka.<br />
s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> 8 | <strong>August</strong> <strong>2019</strong><br />
seither nicht kleiner geworden, auch nicht<br />
auf der Trainerposition: Rikard Grönborg,<br />
in den letzten drei Jahren zweimal<br />
Weltmeister und der teuerste Trainer ausserhalb<br />
der KHL und der NHL, ersetzt<br />
Arno Del Curto. Sein Auftrag, aus den<br />
grossen, teuren Namen in seiner Kabine<br />
eine grosse Mannschaft formen. Und<br />
zwar in kurzer Zeit. Schafft er das bis<br />
Weihnachten nicht, dann wird auch er gefeuert.<br />
Die vorletzte Saison (2017/18) hat<br />
gezeigt, dass in Zürich alles vom Geschick<br />
des Trainers im Umgang mit grossen Namen<br />
abhängt: Hans Kossmann rockte<br />
vom 7. Platz aus zum Titel und die Spieler,<br />
die Rikard Grönborg zur Verfügung<br />
stehen, sind mindestens so gut wie die<br />
meisterlichen Helden aus dem Frühjahr<br />
2018. Aber keine andere Mannschaft ist<br />
Gregory<br />
Hofmann<br />
wechselte vom<br />
HC Lugano zum<br />
EV Zug.<br />
so schwierig zu führen wie die ZSC Lions<br />
und die Nähe von Sportchef Sven Leuenberger<br />
zur Kabine und seine Lust mit guten<br />
Ratschlägen nicht zu geizen, machen<br />
den Job für den Trainer auch nicht einfacher.<br />
Prognose : Qualifikation Platz 5<br />
EV Zug: Wird Zug<br />
überschätzt?<br />
Nein. Zug hat das Finale<br />
gegen den SC Bern<br />
verloren und nun von den Bernern Leonardo<br />
Genoni und von Lugano Gregory<br />
Hofmann geholt. Der Finalverlierer verstärkt<br />
sich mit dem besten Torhüter und<br />
dem besten Torschützen der Liga. Der<br />
Präsident ist Milliardär, im gleichen Stadionkomplex<br />
ist das Farmteam beheimatet,<br />
die zweitbeste Mannschaft der Liga ist<br />
mit den besten Spielern der Liga verstärkt<br />
worden und Trainer Dan Tangnes gilt<br />
nach seiner ersten Saison in Zug als Jürgen<br />
Klopp des Eishockeys. Mehr geht nicht.<br />
Zug kann gar nicht überschätzt werden.<br />
Alles andere als ein überlegener Qualifikationssieg<br />
und der zweite Meistertitel<br />
nach 1998 wäre schmähliches Versagen.<br />
Und das ist das Problem: diese berechtigte<br />
Erwartungshaltung wird für die Zuger zu<br />
einer Belastung, die gar nicht überschätzt<br />
werden kann – unter diesen Voraussetzungen<br />
die Meisterschaft zu gewinnen ist<br />
ähnlich schwierig, wie den Titel zu verteidigen.<br />
Und das ist in diesem Jahrhundert<br />
erst den ZSC Lions (2001) und dem SCB<br />
(2017) gelungen.<br />
Prognose Qualifikation: Platz 1<br />
34<br />
35