NEUMANN Oktober | November 2019
Das Magazin für Kultur & Lifestyle
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CLUBBING<br />
Mit der „Sanctuary“ erlebt Stuttgart eine Party neuer Dimension<br />
Fantasiewelt für Partywütige<br />
Elmar Jäger ist in der Stuttgarter Veranstalterszene ein alter Hase, der das<br />
Nachtleben seit vielen Jahren mit solch unterschiedlichen Konzepten wie der<br />
„Kingston Hot“ oder dem „Stuttgart Burlesque Festival“ bereicherte und bereichert.<br />
Mit der „Sanctuary“ aber stößt auch er in ganz neue Dimensionen vor.<br />
Ja, genau. Die Bereiche „Bühnenshow“ mit „Partyevent“<br />
verschmelzen zu einer Showparty – das<br />
ist eine Herausforderung, da dieser Event nicht auf<br />
teure DJ-Bookings setzt, sondern auf ein filmreifes<br />
Ambiente und eine aufwändige Show. Deswegen<br />
kostet das Ganze eben ein paar Euro mehr als die<br />
reguläre Clubnacht am Samstagabend.<br />
Elmar, magst Du das Konzept und die Idee von<br />
„Sanctuary“ in Deinen Worten erläutern?<br />
Es handelt sich um eine Party mit vielen<br />
Showelementen. Das Ganze hat eine fiktive Backgroundstory,<br />
die davon ausgeht, dass die Feier nach<br />
der Apocalypse im Jahr 2323 stattfindet. Das Sanctuary<br />
ist der einzig verbliebene Ort, an dem Menschen<br />
und Nicht-Menschen zusammen eine Party<br />
feiern können. Dabei ist Toleranz und Respekt die<br />
oberste Prämisse. Wir haben knapp 40 Künstler live<br />
am Start – muskelbepackte Endzeitkrieger, riesige<br />
Minotauren, verlockende Tänzerinnen, Luftakrobaten,<br />
Drag Queens, eine Gothic Horrorshow, eine<br />
Shibari-Künstlerin und vieles mehr.<br />
Das klingt nach viel Aufwand – seit wann planst<br />
Du „Sanctuary“ ins Leben zu rufen?<br />
Tatsächlich schon eine geraume Weile, wir hatten in<br />
der Vergangenheit schon immersive Events in Stuttgart<br />
veranstaltet, aber eher im Stil der 1920/1930er<br />
Jahre. Jetzt geht es in die Zukunft und es wird verrückt<br />
(lacht)! Die Performances werden innerhalb<br />
des Tanzgeschehens und auf Bühnen aufgeführt<br />
verlost<br />
2 x 2 Freikarten<br />
→ Seite 82<br />
und das Publikum darf sich verkleiden<br />
und Teil des Gesamtbilds werden. Handyfotos<br />
sind nicht erlaubt, das wird das Eintauchen in die<br />
Fantasiewelt deutlich erleichtern.<br />
Was hat Dich dazu inspiriert?<br />
Da könnte ich viele Serien, Bücher oder Comics aufzählen<br />
– vor allem Netflix und Co. platzieren hochwertige<br />
Produktionen im Mainstream, die noch bis<br />
vor kurzem als nur interessant für „nerdige Randgruppen“<br />
eingestuft worden wären. Das ist großartig.<br />
Ich sehe einen deutlichen Trend, der zum Beispiel<br />
Live-Rollenspiel oder Cosplay-Events für ein viel<br />
größeres Publikum interessant werden lässt. Hat natürlich<br />
damit zu tun, dass die Unterhaltungsqualität<br />
dieser Veranstaltungen in den vergangenen Jahren<br />
markant gestiegen ist. Tatsächlich haben ja sogar<br />
Mottopartys und Krimi-Dinner immersive Elemente<br />
– wir gehen da aber eben noch deutlich weiter.<br />
Ist das neue Konzept für Dich eine Verschmelzung<br />
der verschiedenen Bereiche, in denen Du<br />
Dich als langjähriger Veranstalter bewegst?<br />
Veranstalter und Clubs haben es in Stuttgart immer<br />
schwerer. Das liegt einerseits an den Vorgaben von<br />
Politik und Stadt, andererseits hat sich das Ausgehverhalten<br />
grundlegend geändert. Wie kann dem<br />
Club- und Partysterben Einhalt geboten werden?<br />
Was das Publikum und Ausgehverhalten angeht:<br />
Außergewöhnliche Formate sind einerseits schwierig<br />
zu etablieren, andererseits wird sich oft darüber<br />
beschwert, dass „überall immer das gleiche stattfindet“,<br />
da existiert eine gewisse Doppelmoral. Mit der<br />
Unterstützung der Stadt für Clubs und Veranstalter,<br />
sei es finanziell, strukturell oder bürokratisch, ist<br />
es – wie landläufig bekannt – leider nicht weit<br />
her. Und unabhängig von der politisch herrschenden<br />
Struktur wird traditionell in Stuttgart<br />
das Nachtleben und Subkultur von dieser<br />
Ebene her fast komplett ignoriert. Dabei spielt<br />
sich ein entscheidender Teil des Lebens und der Sozialisation<br />
von 20 bis 35-Jährigen genau hier ab und<br />
ist sehr wohl relevant. Das Popbüro der Wirtschaftsförderung<br />
stellt hier bereits eine rühmliche Ausnahme<br />
dar, aber auch der Posten des sogenannten<br />
Nachtbürgermeisters oder Subkulturbeauftragten<br />
könnte da in Zukunft viel bewirken. Fingers crossed!<br />
Hast Du schon einmal mit dem Gedanken gespielt,<br />
unter die Clubbetreiber zu gehen oder<br />
fühlst Du Dich als Veranstalter wohler?<br />
Da gab es schon konkrete Angebote. Ich persönlich<br />
finde es spannender, mit Events meine Visionen umzusetzen.<br />
Und da zum Beispiel eine 30er Jahre-Swingparty<br />
nicht in das reduzierte Ambiente moderner<br />
Clubs passt, will ich als Veranstalter weiterhin die<br />
Freiheit haben meine Locations selbst auszusuchen.<br />
Das kannst Du als Clubbetreiber nun mal nicht. pa<br />
SANCTUARY – DIVERSITY IN UNITY<br />
02.10. | 23 Uhr | KÖ51 | Königstraße 51 | Stuttgart |<br />
sanctuary2323<br />
Foto: Jaydee<br />
<strong>Oktober</strong> | <strong>November</strong> <strong>2019</strong>