GymLiestal unterwegs - Gymnasium Liestal
GymLiestal unterwegs - Gymnasium Liestal
GymLiestal unterwegs - Gymnasium Liestal
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Schule»<br />
wegs banal und somit auch nicht monokausal<br />
zu erklären. Antworten, wie<br />
wir sie in letzter Zeit häufig in den Medien<br />
nachlesen können, welche nur<br />
die Disziplin, den Respekt und den<br />
dazugehörenden Gehorsam in den<br />
Mittelpunkt stellen, oder Stellungnahmen,<br />
die der Schule etwas polemisch<br />
formuliert «Kuschelpädagogik» vorwerfen,<br />
greifen innerhalb der Wertepluralität<br />
einer postmodernen Gesellschaft<br />
mit heterogenen Ansprüchen<br />
und kontroversen Forderungen eindeutig<br />
zu kurz. Die Herausforderung<br />
besteht gerade darin, die der Bildung<br />
inhärenten Antinomien zu akzeptieren<br />
und zu integrieren. Dies bedeutetet<br />
in der Praxis oft einen akrobatisch<br />
anmutenden Spagat zwischen<br />
dem Ruf nach Chancengleichheit und<br />
der Forderung nach optimaler Begabungsförderung,<br />
dem Prinzip des individuell-selbstgesteuerten<br />
Lernens<br />
bei national koordinierten Lehrplanvorgaben<br />
oder der Polarität zwischen<br />
Disziplin und Kuschelpädagogik, um<br />
nur einige Beispiele zu nennen.<br />
«Schule machen» kann daher wohl<br />
nur eine Schule, welche sich nicht an<br />
einfache Rezepte hält, sondern situativ<br />
agiert und individuell interagiert;<br />
oder mit anderen Worten eine Schule,<br />
welche auch die Kinder unserer<br />
Kinder dazu animiert, «Schüelerlis»<br />
zu spielen.<br />
Von Hans Anliker<br />
Dozent für Pädagogik, Psychologie und Allgemeine<br />
Didaktik an der Pädagogischen Hochschule der<br />
Fachhochschule Nordwestschweiz<br />
«Wir machen Schule», Jahrgang<br />
2005/2006, liegt vor mir. Ich blättere darin.<br />
Die Gestaltung, die Überschriften, die<br />
Bilder sprechen mich an, und mit wachsendem<br />
Interesse beginne ich zu lesen:<br />
Schwerpunktthema «Anstand», «Das<br />
Gym <strong>unterwegs</strong>», «Kultur und Bühne»,<br />
«Erfolgsmeldungen». Das Heft vermittelt<br />
den Eindruck einer lebendigen Schule,<br />
einer Schule, die <strong>unterwegs</strong> ist, die eine<br />
gute Schule sein will. Was ist eine gute<br />
Schule? Wir haben alle eine Vorstellung<br />
davon. Was sagen uns die Erziehungswissenschaften?<br />
Fünfzehntausend Stunden<br />
Fünfzehntausend Stunden verbringt<br />
ein Kind im Durchschnitt in der Schule.<br />
Welche Wirkung hat die Schule auf die<br />
Kinder? Der englische Erziehungswissenschafter<br />
Michael Rutter ging dieser Frage<br />
mit seinem Team nach. Die 1980 auch auf<br />
Deutsch erschienene empirische Studie<br />
(Rutter, M., u.a.: Fünfzehntausend Stunden.<br />
Schule und ihre Wirkung auf Kinder.<br />
Weinheim: Beltz. 1980) erbrachte erstaunliche<br />
Ergebnisse: Von entscheidender Bedeutung<br />
für die Wirksamkeit einer Schule<br />
sind «nicht nur die Art und Weise des<br />
Umgangs mit dem einzelnen Schüler,<br />
sondern auch das allgemeine soziale Kli-<br />
ma, das ‹Ethos› der sozialen Organisation<br />
Schule» (ebd. S. 241).<br />
Das Ethos der Schule<br />
Diese Wiederentdeckung des Ethos ist<br />
pädagogisch von höchster Bedeutung.<br />
Ethos meint mehr als schön tönende<br />
Vorsätze. Ethos wirkt nur, wo gemeinsame<br />
Wertvorstellungen als verbindlich<br />
verstanden werden, wo gemeinsam Verantwortung<br />
getragen wird. «Dies muss<br />
keine, ja dies darf keine Einheitlichkeit der<br />
Weltanschauung voraussetzen. Es geht<br />
um die allgemeine Bejahung des Zwecks<br />
der Institution, um die Anerkennung des<br />
Entscheidungsverfahrens, die gemeinsame<br />
Verantwortung für sein Funktionieren,<br />
die Achtung vor Verschiedenheit, die<br />
Einhaltung von Grenzen» (Hentig, H.v., in<br />
Rutter 1980, S. 23).<br />
Ethos spiegelt sich im vermeintlich<br />
«Kleinen»: in der Art und Weise, wie wir<br />
uns täglich begrüssen und begegnen, im<br />
gegenseitigen Respekt und in der gegen-