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Potsdamer Report 1_2019: Das Dialogische Prinzip - pädagogische Felder entwicklungsorientierten Handelns. Potsdamer Konferenz zur Pädagogik 2018

Im Herbst 2018 gab es in Potsdam eine zweitägige Veranstaltung unter dem Thema „Das dialogische Prinzip“. Veranstaltet wurde sie vom ibe – Institut für Bildung und Entwicklung, der bakd – Bundesakademie für Kirche und Diakonie und der FHCHP – Fachhochschule Clara Hoffbauer Potsdam.

Im Herbst 2018 gab es in Potsdam eine zweitägige Veranstaltung unter dem Thema „Das dialogische Prinzip“. Veranstaltet wurde sie vom ibe – Institut für Bildung und Entwicklung, der bakd – Bundesakademie für Kirche und Diakonie und der FHCHP – Fachhochschule Clara Hoffbauer Potsdam.

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SCHLUSS | Das DIalogische Prinzip in der Pädagogik

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dass sie als Flüchtling anerkannt werden, was macht das mit Ihnen? Wie

stimmt das mit ihrem Selbstbild überein? Eben waren sie noch erfolgreicher

Unternehmer, Familienvater, freigiebig im Freundeskreis und

hilfsbereit und gastfreundlich, so wie es sich gehört, jetzt werden sie als

Flüchtling anerkannt. Wie kann das anders wirken als eine Aberkennung

dessen, was Sie bislang ausgemacht hat? Denn das Bild des Flüchtlings

ruft in uns das Bild des Bedürftigen auf. Wer flüchtet, muss arm sein. Auf

der Flucht muss ihnen alles abgenommen worden sein, selbst wenn Sie

zuvor etwas besessen haben. Wenn Sie dennoch über ein Smartphone

verfügen, dann gibt es selbst in der wohlmeinenden Qualitätspresse sehr

beachtliche Erklärungen, weshalb Sie auch als Flüchtling ein Smartphone

haben dürfen, weil Sie ja aus einer Kultur kommen, wo es keine richtigen

Computer oder Festnetz-Telefone gibt und alles über das Smartphone

läuft. Oder weil die Smartphones, die Sie als Flüchtling haben, nur

von außen so aussehen, als seien sie mit unseren identisch, in Wirklichkeit

werkeln dort drin aber schlechtere Prozessoren. (vgl. Ramos 2018)

Die Anerkennung als Flüchtling beinhaltet zugleich die Aberkennung all

dessen, was bislang ihr Leben ausgemacht hat.

Aber wir müssen uns nicht eine Situation wünschen, in der wir aus

Deutschland vertrieben werden und hoffen müssen, in Brasilien als

Flüchtling anerkannt zu werden. Was es bedeutet, als etwas anerkannt

zu werden was wir nicht (mehr) sind, können Sie sich deutlich machen,

wenn Sie sich an ihr letztes Klassentreffen erinnern. Wenn Sie nach 10

oder 20 Jahren zu einem Klassentreffen kommen, erkennen Ihre alten

Klassenkameraden sie selbstverständlich an. Sie erkennen Sie an als die,

die sie damals waren. Als den Klassenclown, das schüchterne Mädchen,

als den Jungen mit der Rechtschreibschwäche, als die Niete in Sport, die

sie waren oder als den der 30 Kirschen im Mund behalten konnte. All

das hat mit Ihnen heute nicht mehr viel zu tun. Sie werden gerade durch

die Anerkennung, die Ihnen Ihre Klassenkameraden zollen, indem sie die

alten Geschichten rausholen, auf etwas festgelegt, das sie vielleicht nie

waren, vielleicht nie sein wollten, jedenfalls jetzt längst nicht mehr sind.

Ihre Klassenkameraden meinen das nicht böse. Sie sprechen Sie an als

die, als die sie Sie vor 10 oder 20 Jahren gesehen haben. Selbst wenn Sie

ihnen erzählen, dass sie inzwischen längst nicht mehr lispeln oder sich

die Ohren haben anlegen lassen, oder längst nicht mehr sich Hals über

Kopf in eine Prügelei stürzen oder das Fußballspielen längst aufgege-

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