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SCHLAU ZU HIV<br />
BLU<br />
01 - 2016<br />
02 - 2016<br />
04 - 2016<br />
06 - 2016<br />
08 - 2016<br />
11 - 2016<br />
12 - 2016<br />
ARZT<br />
Dr. Kümmerle<br />
Dr. Ingiliz<br />
Dr. Postel<br />
Dr. Spinner<br />
Dr. Buhk<br />
Prof. Dr. Behrens<br />
Prof. Dr. Rockstroh<br />
THEMA<br />
TasP<br />
HIV und Alter<br />
Vorteile eines frühen Therapiebeginns<br />
Anmeldung von Truvada in Europa<br />
Therapiewechsel<br />
PrEP Privatrezept und Bewertung<br />
Langzeitgesundheit<br />
05 - 2017<br />
08 - 2017<br />
10 - 2017<br />
12 - 2017<br />
Dr. Christensen<br />
Dr. Ochlast<br />
Dr. Usadel<br />
Dr. Schellberg<br />
Stigma, Gesundes Leben, Sexualität<br />
Stigma, Depressionen<br />
HIV Langzeitnebenwirkungen<br />
Neuronale Auswirkungen - Nebenwirkungen<br />
01 - 2018<br />
04 - 2018<br />
06 - 2018<br />
08 - 2018<br />
10 - 2018<br />
12 - 2018<br />
Dr. Qurishi<br />
Dr. Kümmerle<br />
Dr. de Leuw<br />
Helmut Hartl<br />
Dr. Fenske<br />
Dr. Knecht<br />
Adhärenz<br />
Stigma-Gründe und Reaktionen<br />
HIV Therapiemanagement, Heilung<br />
Diskriminierung im Gesundheitssystem<br />
Moderne ART Vorteile<br />
Heimtest<br />
04 - 2019<br />
06 - 2019<br />
08 - 2019<br />
10 - 2019<br />
11 - 2019<br />
Dr. Postel<br />
Dr. Jessen<br />
Dr. Römer<br />
Dr. Buhk<br />
Aidshilfe Freiburg<br />
Schutz durch Therapie<br />
Heilung<br />
Therapiewechsel<br />
Altwerden mit HIV<br />
Stigmatisierung Stadt vs. Land<br />
01 - 2020<br />
Prof. Dr. Stellbrink<br />
Gewichtszunahme
„SCHLAU<br />
ZU HIV“<br />
Alle 11 Minuten<br />
verliebt sich<br />
ein Single über<br />
PARSHIP 1)<br />
3 FRAGEN AN<br />
DR. KÜMMERLE<br />
In der HIV-Therapie hat sich in den<br />
letzten 30 Jahren unglaublich viel<br />
getan. Heute haben Infizierte ein<br />
weitest gehend gesundes Leben.<br />
In dieser Reihe beantworten HIV-<br />
Behandler wichtige Fragen unserer<br />
Leser. Den Start macht Max K., die<br />
Fragen beantwortet Dr. Tim Kümmerle<br />
aus Köln.<br />
1. WAS GENAU BEDEUTET,<br />
„UNTER DER NACHWEIS-<br />
GRENZE“?<br />
Es geht um die Messung der sogenannten<br />
Viruslast, der Menge Viruspartikel<br />
im Blut. Sie wird in „Kopien<br />
pro Milli liter“ (cps/ml) gemessen.<br />
Die Verfahren benötigen aber eine<br />
Mindestmenge Virus. „Unter der<br />
Nachweisgrenze“ heißt, es ist kein<br />
Virus mehr zu finden. Ob die Viruslast<br />
tatsächlich bei komplett Null liegt oder<br />
nur knapp unter der Nachweisgrenze,<br />
kann nicht präzise angegeben werden.<br />
Medizinisch ist dies auch nicht<br />
wichtig: Die Viruslast ist zu gering, um<br />
relevante Schäden am Immunsystem<br />
hervorzurufen und die Ansteckungswahrscheinlichkeit<br />
wesentlich zu<br />
beeinflussen.<br />
2. BEDEUTET ES, DASS MAN<br />
DIE THERAPIE PAUSIEREN<br />
KANN?<br />
Wenn man die antiretrovirale Therapie<br />
unterbricht, wird das Virus nicht<br />
mehr an der Vermehrung gehindert.<br />
Nach kurzer Zeit ist es wieder im Blut<br />
nachweisbar - oft reichen wenige Tage.<br />
Die Viren können dann erneut das<br />
Immunsystem angreifen. Zudem wird<br />
eine Entzündungsreaktion angefacht,<br />
welche für langfristige körperliche<br />
Schäden wie Osteopo rose, erhöhtes<br />
Krebsrisiko oder schnellere Alterungsvorgänge<br />
verantwortlich gemacht wird.<br />
Aus diesen Gründen werden Therapiepausen<br />
nicht mehr empfohlen.<br />
3. KANN JEMAND, DER UNTER<br />
DER NACHWEISGRENZE IST,<br />
AUF SAFER SEX VERZICHTEN?<br />
Das ist eine schwierige Frage. Wenn<br />
ein Patient konsequent seine Medikamente<br />
einnimmt und seine Viruslast<br />
immer unter oder nahe bei der<br />
Nachweisgrenze liegt, ist er kaum<br />
mehr ansteckend. Mehrere Studien<br />
haben dies übereinstimmend in großer<br />
Deutlichkeit gezeigt. Dieser Schutz<br />
ist aber nicht hundertprozentig. Es<br />
gibt geringe Restrisiken, zum Beispiel<br />
wenn eine Therapie nicht regelmäßig<br />
eingenommen wird oder nicht mehr<br />
ausreichend wirkt. Aus medizinischer<br />
Sicht ist wünschenswert, dass der<br />
Schutz möglichst maximal hoch ist.<br />
Offiziell wird deshalb weiterhin zur<br />
Verwendung von Kondomen geraten.<br />
Sie stellen ja auch einen Schutz<br />
vor anderen sexuell übertragbaren<br />
Erkrankungen dar.<br />
MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG<br />
DER GILEAD SCIENCES GMBH.<br />
DIE ANTWORTEN GEBEN AUSSCHLIESS-<br />
LICH DIE MEINUNG DES BEFRAGTEN<br />
ARZTES WIEDER UND WURDEN NICHT<br />
DURCH GILEAD SCIENCES GMBH<br />
BEEINFLUSST.<br />
1) Hochrechnung aus Nutzerbefragung 2013, weltweit<br />
Jetzt verlieben
„SCHLAU<br />
ZU HIV“<br />
3 FRAGEN AN<br />
DR. INGILIZ<br />
Die erste Generation von Langzeitpositiven geht langsam<br />
aufs Rentenalter zu. Was in den 1990ern noch undenkbar<br />
schien, ist heute Realität: ein langes und aktives Leben mit<br />
HIV. Aber viele unserer Leser haben Fragen zu HIV, die wir<br />
dann an Ärzte weiterleiten. In dieser Ausgabe stand uns Dr.<br />
Patrick Ingiliz vom Medizinischen Infektiologischen Zentrum<br />
Berlin (www.praxis-driesener.de) zur Verfügung.<br />
HERR DR. INGILIZ, EINE DER HÄUFIGSTEN FRAGEN<br />
IST DIE NACH DER LEBENSERWARTUNG MIT HIV.<br />
WIE BEANTWORTEN SIE DAS IN DER PRAXIS?<br />
Zunächst einmal ist es doch fantastisch, dass wir uns heute<br />
solche Fragen stellen können. Das alleine bedeutet ja schon, dass<br />
sich Vieles zum Positiven verändert hat für Menschen mit einer<br />
HIV-Infektion. Werde ich konkret nach der Lebenserwartung gefragt,<br />
sage ich natürlich, dass die vermutlich auch mit einer HIV-<br />
Infektion normal sein kann, aber nicht muss. Das soll allerdings<br />
nicht die Probleme verniedlichen, die diese Erkrankung nach wie<br />
vor mit sich bringt. Wir sehen auch heute noch schwere Verläufe.<br />
HÄUFIG HÖRT MAN, DASS DIE HIV-THERAPIE<br />
NEBENWIRKUNGEN MIT SICH BRINGE, DIE AUF<br />
DIE DAUER DIE GESUNDHEIT SCHÄDIGEN. WORAUF<br />
IST MEDIZINISCH ZU ACHTEN, WENN MAN MIT<br />
HIV ALT WIRD?<br />
Die in den letzten 20 Jahren stetig verbesserte HIV-Therapie ist<br />
ja der Grund, warum die Menschen trotz der Infektion jetzt älter<br />
werden können. Die können wir ihnen nicht wegnehmen, die<br />
muss ein Leben lang genommen werden. Gerade an den Nebenwirkungen<br />
einer solchen Langzeittherapie wurde und wird aber<br />
weiter geforscht. Wir sehen daher heutzutage gesundheitliche<br />
Probleme, die wir auch aus der Allgemeinbevölkerung kennen:<br />
Zuckerkrankheit, Fettleber, Niereninsuffizienz, Herzkreislauferkrankungen<br />
und bestimmte Tumorerkrankungen. Menschen,<br />
die mit HIV leben, brauchen eben einen medizinischen Begleiter,<br />
der auf sie achtet und auch diese Dinge im Blick hat. Es ist sinnvoll,<br />
mit dem Arzt über Begleitungerkrankungen und das Thema<br />
Langzeitgesundheit zu sprechen.<br />
HILFT ES, EINEN GESUNDEN LEBENSSTIL ZU<br />
FÜHREN? GIBT ES SPEZIELLE RISIKOFAKTOREN?<br />
Klar hilft das, so wie es jedem anderen auch hilft. Die HIV-<br />
Infektion ist eben ein weiterer eigener Risikofaktor, der für<br />
bestimmte Gesundheitsprobleme anfälliger macht. Das<br />
Rauchen aufzugeben und ein wenig Sport zu machen, damit<br />
wäre schon ein großer Schritt getan.<br />
MODELS: YANNICK WEBER & QUENTIN LANGLET, GROOMING: CAIT DOBOZI,<br />
PRINT DESIGN & FOXY ILLUSTRATIONS,<br />
SUNGLASSES IN ZUSAMMENARBEIT MIT LUNETTES KOLLEKTION<br />
MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG DER GILEAD SCIENCES GMBH.<br />
DIE ANTWORTEN GEBEN AUSSCHLIESSLICH DIE MEINUNG DES<br />
BEFRAGTEN ARZTES WIEDER UND WURDEN NICHT DURCH GILEAD<br />
SCIENCES GMBH BEEINFLUSST.
3 FRAGEN AN<br />
DR. POSTEL<br />
EIN FRÜHER THERAPIEBEGINN<br />
WIRD STETS EMPFOHLEN. WARUM<br />
IST DAS SO?<br />
Es gibt eine solide Datenbasis, dass ein<br />
möglichst frühzeitiger Therapiebeginn<br />
weitgehend vor Folgekrankheiten und<br />
direkt von HIV ausgelösten Symptomen<br />
schützt sowie die langfristige<br />
Prognose verbessert. Je weniger stark<br />
das Immunsystem durch HIV geschädigt<br />
ist, desto schneller und nachhaltiger<br />
kann es sich erholen. Bei einem<br />
späten Behandlungsbeginn („late<br />
presentation“) ist das Immunsystem<br />
stark geschädigt und kann auch durch<br />
die antiretrovirale Therapie nicht mehr<br />
vollständig gesunden. Ob Menschen,<br />
deren Immunsystem durch eine HIV-<br />
Infektion kaum einen messbaren Schaden<br />
nimmt und deren Viruslast sehr<br />
niedrig ist („elite controller“), ebenfalls<br />
von einer sehr frühen Therapie profitieren,<br />
ist wissenschaftlich noch nicht<br />
endgültig geklärt.<br />
WELCHE KONSEQUENZEN HAT DAS,<br />
WENN ICH DIE THERAPIE DANN<br />
MÖGLICHERWEISE MEIN GANZES<br />
LEBEN LANG EINNEHMEN MUSS?<br />
MACHT MEIN KÖRPER DAS MIT?<br />
Die heute üblichen Medikamente<br />
sind fast immer exzellent verträglich;<br />
notwendig ist jedoch ein regelmäßiges<br />
Neben-wirkungsmanagement durch<br />
den Arzt. Selbstverständlich kann niemand<br />
heutzutage seriös vorhersehen,<br />
welche Nebenwirkungen ggf. auch nach<br />
20 bis 50 Jahren auftreten könnten.<br />
Andererseits werden andere chronische<br />
Erkrankungen (z.B. Bluthochdruck) bereits<br />
seit vielen Jahrzehnten behandelt,<br />
ohne dass schwere Nebenwirkungen<br />
bekannt geworden sind.<br />
Gesundheit<br />
„Schlau zu HIV“<br />
WENN EIN PATIENT AUF KEINEN<br />
FALL SOFORT BEGINNEN WILL,<br />
WAS SOLLTE ER BEACHTEN?<br />
Das Wichtigste: Sich regelmäßig<br />
bei einem HIV-Experten vorstellen.<br />
Jedes Fieber, jeden Durchfall, jeden<br />
Gewichts-verlust, jeden Husten ernst<br />
nehmen und lieber einmal häufiger<br />
zum Arzt gehen. Allerdings führt<br />
eine intensive, sachliche und ergebnisoffene<br />
Beratung häufig zu einem<br />
Therapiewunsch.<br />
Mit freundlicher Unterstützung der<br />
Gilead Sciences GmbH. Die Antworten<br />
geben ausschließlich die<br />
Meinung des befragten Arztes wieder<br />
und wurden nicht durch Gilead<br />
Sciences GmbH beeinflusst oder<br />
finanziert.
Gesundheit<br />
3 FRAGEN<br />
AN DR. MED.<br />
CHRISTOPH<br />
SPINNER<br />
„Schlau zu HIV“<br />
2. WIE MUSS DIE PREP ANGEWENDET WERDEN UND WIE<br />
FUNKTIONIERT SIE?<br />
Bisher ist die kontinuierliche, das heißt tägliche Einnahme,<br />
<br />
bestehend aus den beiden Wirkstoffen Tenofovir-DF und<br />
Emtricitabin am besten untersucht. Es ist in dieser Form<br />
auch in den USA zugelassen und wird durch die Weltgesundheitsorganisation<br />
empfohlen. Prinzipiell gibt es für die tägliche,<br />
kontinuierliche Einnahme am meisten Studiendaten. In<br />
<br />
<br />
2 Tabletten 2-24 Stunden vor und mindestens je eine weitere<br />
<br />
guter Wirksamkeit untersucht. Hier ist jedoch einschränkend<br />
festzuhalten, dass ein Großteil der Studienteilnehmer durchschnittlich<br />
mehr als jeden 2. Tag eine Tablette eingenommen<br />
hat. Hier kann man kaum noch von bedarfs abhängiger,<br />
bzw. unterbrochener Einnahme sprechen. So bleibt letztlich<br />
unklar, ob die bedarfsabhängige Einnahme wirklich den gleichen<br />
Schutz wie die kontinuierliche Einnahme bietet. Neuere<br />
Studien haben andere Wirkstoffe für die PrEP untersucht.<br />
Mit einer Zulassung kann jedoch nicht in den kommenden<br />
2 Jahren gerechnet werden.<br />
1. WANN WIRD PREP IN DEUTSCHLAND VERFÜGBAR SEIN?<br />
Das Unternehmen hat einen Zulassungsantrag für Truvada<br />
<br />
nahme bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA<br />
gestellt. Basis hierfür sind Studien, die bereits zur Zulassung<br />
in den USA genutzt wurden. Das Verfahren ist kompliziert,<br />
voraussichtlich kann mit einer Entscheidung aber noch<br />
Ende 2016 gerechnet werden. Nach Zulassung wäre eine<br />
Verordnung prinzipiell auch in Deutschland möglich. Mit der<br />
<br />
<br />
3. WELCHEN STELLENWERT WIRD DIE PREP BEI DER<br />
HIV-PRÄVENTION EINNEHMEN?<br />
Diese Einschätzung fällt mir sehr schwer. Die PrEP könnte<br />
eine ergänzende Möglichkeit in der HIV-Prävention sein. Ein<br />
Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen<br />
<br />
<br />
kann. Dennoch könnte die PrEP ein ergänzendes Mittel im<br />
<br />
domgebrauch,<br />
sein. Darüber hinaus bietet auch die PrEP<br />
k<br />
2016 wurde der weltweit erste dokumentierte Infektionsfall<br />
mit Truvada-resistenten HI-Viren unter laufender PrEP<br />
berichtet.<br />
Mit freundlicher Unterstützung der Gilead Sciences GmbH.<br />
Die Antworten geben ausschließlich die Meinung des<br />
befragten Arztes wieder.<br />
Kosmetik<br />
REFRESHING<br />
„An meine Haut lasse ich nur<br />
Wasser und CD.“ Seit 1961 werden<br />
unter dem Namen CD Körperpflegeprodukte<br />
verkauft, seit 1971 kennt<br />
jeder deutsche Mann den verheißungsvollen<br />
Slogan von CD.<br />
Was er bedeutet? CD hält seit jeher an<br />
einer Markenphilosophie fest, die ein striktes<br />
Reinheitsgebot gebietet. Dieses Reinheitsgebot<br />
verbietet dem Unternehmen den Einsatz<br />
von Mineralölen, Silikonen, Parabenen, Farbstoffen<br />
und tierischen Inhaltsstoffen, weshalb auch<br />
Männer mit besonders sensibler Haut häufig zu CD-<br />
Produkten greifen. Das neue Deodorant für Männer,<br />
„Kühle Frische“, ist außerdem frei von Aluminiumsalzen,<br />
die schon lange unter Verdacht stehen, das Krebsund<br />
Alzheimerrisiko zu erhöhen.<br />
www.cd-koerperpflege.de
„Schlau zu HIV“<br />
DREI FRAGEN<br />
AN DR. BUHK<br />
WAS SIND FÜR SIE DIE GRÜNDE, MIT IHREN PATIENTEN ÜBER<br />
EINEN THERAPIEWECHSEL ZU SPRECHEN?<br />
Eine Therapieumstellung empfehle ich, wenn ein Regime<br />
zur Verfügung steht, welches eindeutig besser verträglich<br />
ist und/oder auch langfristig weniger Toxizität für<br />
den Organismus zu befürchten ist. Erhalten Patienten von<br />
mir Therapie-regime mit Medikamenten, die ein höheres<br />
Potential von unerwünschten Wirkungen haben, so spreche<br />
sie ich darauf an und frage sie, wie sie mit ihrer Therapie<br />
zurechtkommen. Meistens werden keine Probleme geschildert,<br />
trotzdem berichte ich ihnen im Rahmen eines solchen<br />
Gespräches dann von möglichen Alternativen zu ihrer<br />
aktuellen Therapie. Bei jeder Therapieumstellung sollten<br />
immer die vorherigen Therapien und frühere Resistenzteste<br />
berücksichtigt werden.<br />
VIELE PATIENTEN LEHNEN EINEN THERAPIEWECHSEL AUS<br />
UNTERSCHIEDLICHEN GRÜNDEN AB. WIE NEHMEN SIE IHNEN<br />
DIE SORGEN?<br />
Ja, es gibt zwei Strategien: ‚never change a winning team’<br />
und ‚the better is the enemy of the good’... Oft befürchten<br />
Patienten, dass die neue Therapie schlechter verträglich<br />
sein könnte oder auch, dass sie nach der Umstellung zur<br />
alten nicht zurückkehren könnten. Diese Bedenken kann<br />
ich im Gespräch ausräumen. Aber klar ist auch, dass Umstellungen<br />
nicht gegen, sondern nur mit meinen Patienten<br />
erfolgen können. Das letzte Wort behält der Patient. Einfach<br />
nur eine Umstellung, weil es etwas Neues gibt, halte ich<br />
auch nicht für sinnvoll. Es sollte schon um eine Verbesserung<br />
gehen in Bezug auf die Einnahme, die Verträglichkeit<br />
oder die langfristigen unerwünschten nicht spürbaren<br />
Effekte einer Therapie.<br />
WANN SOLLTE EIN PATIENT VON SICH AUS DEN ARZT AUF<br />
DAS THEMA THERAPIEOPTIMIERUNG ANSPRECHEN?<br />
Im Prinzip kann er immer mit seinem Arzt sprechen, er<br />
könnte fragen: Wie sehen Sie meine aktuelle Therapie?<br />
Gibt es Alternativen? Und selbstverständlich sollte jeder,<br />
der mit seiner Therapie ein Problem hat, seinen Arzt darauf<br />
ansprechen. Nur eine als komplikationsfrei empfundene<br />
Therapie kann auch zuverlässig eingenommen werden, was<br />
die Voraussetzung für ihren Erfolg ist. Auch Faktoren, die<br />
man selbst gar nicht wahrnimmt, können ein Grund für einen<br />
Therapiewechsel sein. Langfristige Schädigungen der Niere<br />
oder der Knochen fühlt man nicht. Bei Neuerungen, die dieses<br />
Risiko vermindern können, wie aktuell der Wechsel des<br />
Tenofovir-Prodrugs von TDF zu TAF, in der durch eine Wirkstofferniedrigung<br />
bei vergleichbarer antiviraler Wirkung das<br />
toxische Risiko für die Nieren und die Knochen vermindert<br />
werden kann, empfehle ich aktiv eine entsprechende Therapieveränderung.<br />
Mit freundlicher Unterstützung der Gilead Sciences<br />
GmbH. Die Antworten geben ausschließlich die Meinung<br />
des befragten Arztes wieder und wurden nicht durch<br />
Gilead Sciences GmbH beeinflusst oder finanziert.
3 FRAGEN AN<br />
PROF. DR. BEHRENS<br />
„Schlau zu HIV“<br />
PRÄSIDENT DER<br />
DEUTSCHEN AIDS-<br />
GESELLSCHAFT<br />
WIE FUNKTIONIERT DIE<br />
PREP MIT TRUVADA<br />
UND FÜR WEN IST SIE<br />
GEEIGNET?<br />
Ein Kondom gegen HIV<br />
soll verhindern, dass<br />
HIV auf eine - vielleicht<br />
sogar verletzte<br />
- vaginale oder anale Schleimhaut trifft<br />
und die Zellen darin infiziert. Eine PrEP<br />
wirkt einen Schritt später: Man schluckt<br />
jeden Tag eine Tablette, die dafür sorgt,<br />
dass HIV zugrunde geht, bevor es eine<br />
Infektion im Körper etablieren kann.<br />
Selbst wenn also HIV in eine Zelle gelangen<br />
sollte, verhindern die Medikamente,<br />
dass HIV sich weiter vermehrt<br />
und im Körper ausbreitet. Die PrEP ist<br />
ein wenig vergleichbar mit der Empfängnisverhütung<br />
durch eine Spirale:<br />
So wie die Spirale nicht die Befruchtung<br />
der Eizelle verhindert, sondern<br />
die Einnistung in der Gebärmutter, so<br />
verhindert die PrEP die Einnistung von<br />
HIV in die Zelle. Eine PrEP kommt in<br />
Kombination mit Safer-Sex-Praktiken<br />
zur Reduktion des Risikos einer sexuell<br />
erworbenen HIV-1-Infektion, also für<br />
diejenigen mit hohem HIV -Risiko, in<br />
Betracht. Wer sich zu dieser Gruppe<br />
zählt oder schon andere sexuell übertragbare<br />
Erkrankungen (STIs) hatte, ist<br />
ein guter Kandidat für eine PrEP.<br />
WIE STEHEN SIE DAZU, DIE PREP AUF<br />
PRIVATREZEPT ZU VERSCHREIBEN?<br />
WELCHE „BEDINGUNGEN“ WÜRDEN SIE<br />
IHREN PATIENTEN MITGEBEN?<br />
Das Privatrezept ist derzeit ohne<br />
Alternative, denn die Krankenkassen<br />
kommen für die Kosten von Truvada®<br />
als PrEP nicht auf. Übrigens ist auch<br />
nicht geklärt, wie die anderen medizinischen<br />
Aufwendungen im Rahmen<br />
einer PrEP (z.B. HIV Tests und andere<br />
Laboruntersuchungen) vergütet werden.<br />
Das ist natürlich keine hilfreiche<br />
Situation, um den effizienten Einsatz<br />
einer PrEP voranzubringen. Wichtig ist:<br />
Eine PrEP besteht nicht<br />
nur aus Medikamenten.<br />
Dazu gehören regelmäßige<br />
ärztliche Untersuchungen<br />
und Gespräche<br />
über Prävention und<br />
sexuelle Gesundheit. In<br />
der Tat bekommen die<br />
PrEP Anwender dazu spezielle Informationsmaterialien<br />
mit auf den Weg. Dazu<br />
sind die Ärzte bei der Verordnung einer<br />
PrEP sogar verpflichtet. Ich würde noch<br />
einen Schritt weiter gehen: Wer sich<br />
nicht an die Folgeuntersuchungen nach<br />
Beginn einer PrEP hält, bekommt kein<br />
neues Rezept.<br />
WIE SCHÄTZEN SIE DEN STELLEN-<br />
WERT VON TRUVADA FÜR DIE PREP IM<br />
HINBLICK AUF ANDERE PRÄVENTIONS-<br />
MÖGLICHKEITEN EIN?<br />
Truvada ist das derzeit am besten<br />
untersuchte Medikament für eine PrEP.<br />
Die Wirksamkeit ist gut, wenn die<br />
Medikamente tatsächlich genommen<br />
werden. Die möglichen Nebenwirkungen<br />
könnten jedoch mit anderen<br />
Substanzen geringer sein. Jetzt sollten<br />
wir uns aber erst einmal auf Truvada®<br />
konzentieren und hoffen, dass bald<br />
die Medikamentenpreise durch z.B.<br />
Generika fallen, eine PrEP erschwinglich<br />
wird und nicht über dubiose Wege<br />
organisiert werden muss, um Kosten zu<br />
sparen. Die PrEP ist ein weiterer Pfeil im<br />
Köcher für den Kampf gegen HIV. An<br />
der Effektivität besteht für mich kein<br />
Zweifel, aber wir dürfen uns nicht allein<br />
auf die PrEP verlassen. Nichts von dem,<br />
was wir an wirksamer Präventionsarbeit<br />
aufgebaut haben, hat an Bedeutung<br />
verloren. Kondome und Safer Sex sind<br />
weiterhin zwingend notwendig, um<br />
die Ausbreitung von HIV und STIs zu<br />
begrenzen. Machen wir uns nichts vor:<br />
Die PrEP kann nur helfen, das Risiko einer<br />
Ansteckung mit HIV zu verringern,<br />
wenn sie eingenommen wird und selbst<br />
dann nicht immer.<br />
Mit freundlicher Unterstützung der Gilead Sciences GmbH. Die Antworten<br />
geben ausschließlich die Meinung des befragten Arztes wieder und wurden<br />
nicht durch Gilead Sciences beeinflusst.
„Schlau zu HIV“<br />
PROF. DR. JÜRGEN ROCKSTROH<br />
MITGLIED IM NATIONALEN AIDS-BEIRAT<br />
Professor Rockstroh ist Oberarzt an<br />
<br />
umfangreiche Initiative „HIV: The Long<br />
View“, die im Oktober gestartet wurde<br />
und einen detaillierten Blick auf das<br />
Thema Langzeitgesundheit bei HIV-<br />
Positiven wirft.<br />
WARUM IST ES WICHTIG, ÜBER<br />
PSYCHISCHE AUSWIRKUNGEN EINER<br />
HIV-INFEKTION ZU SPRECHEN?<br />
Eine HIV-Diagnose stellt auch in 2016<br />
oft noch eine Herausforderung dar. Da<br />
HIV-Infizierte unverändert stigmatisiert<br />
werden, ergeben sich viele Fragen, wie<br />
„Wem kann ich meine Diagnose mitteilen?“,<br />
„Muss ich meinen Arbeitgeber<br />
informieren?“ Angst vor Ablehnung und<br />
Ausgrenzung besteht leider weiterhin.<br />
Eine begleitende psychologische Betreuung<br />
oder Anbindung an psychosoziale<br />
Angebote kann hier oft weiterhelfen.<br />
Das psychische Wohlbefinden ist auch<br />
für Therapieadhärenz und Langzeiterfolg<br />
der antiretroviralen Therapie sehr<br />
wichtig.<br />
NACH WIE VOR WERDEN HIV UND AIDS<br />
IN DER GESELLSCHAFT ZUM TEIL STARK<br />
STIGMATISIERT. INWIEFERN BEEINFLUSST<br />
DAS DIE THERAPIEGESTALTUNG MIT DEN<br />
PATIENTEN?<br />
Dies führt oft dazu, dass trotz möglichen<br />
Risikoverhaltens erst spät ein HIV-Test<br />
durchgeführt wird. Oft ist dann die Erkrankung<br />
als Aids-Manifestation bereits<br />
ausgebrochen – damit vermindert sich<br />
leider die Gesamtüberlebenszeit. Auch<br />
kann der heimliche Umgang mit der<br />
Erkrankung als Folge dieser Stigmatisierung<br />
einen Einfluss auf die Therapietreue<br />
mit sich bringen.<br />
WELCHE KONKRETEN FOLGEN HAT DAS<br />
FÜR DIE PRÄVENTION?<br />
Stigmatisierung unterstützt Verdrängung<br />
und Verheimlichung und erschwert<br />
eine erfolgreiche HIV-Prävention. Nur<br />
bei Ausräumung jeglicher Diskriminierung<br />
lassen sich Testangebote erfolgreich<br />
umsetzen, die ja ein wichtiger<br />
Bestandteil in der Bemühung nach null<br />
Neuinfektionen sind.<br />
WELCHE SCHLUSSFOLGERUNGEN ERGE-<br />
BEN SICH BEHANDELNDEN ÄRZTEN FÜR<br />
DIE THERAPIE?<br />
HIV-Patienten sollten nicht nur hinsichtlich<br />
körperlicher Beschwerden und einer<br />
etwaigen antiretroviralen Therapie betreut<br />
werden, sondern auch hinsichtlich<br />
ihres psychischen Wohlbefindens.<br />
Mit freundlicher Unterstützung der<br />
Gilead Sciences GmbH. Die Antworten<br />
geben ausschließlich die Meinung des<br />
befragten Arztes wieder und wurden<br />
nicht durch Gilead Sciences beeinflusst.
INTERNET<br />
NACHGEFRAGT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
Drei Fragen an Dr. Christensen<br />
Dr. Stefan Christensen ist Partner in einer HIV-Schwerpunktpraxis<br />
in Münster und Mitglied im Vorstand der<br />
Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte<br />
in der Versorgung HIV-Infizierter e. V. (dagnä).<br />
Eine aktuelle Umfrage unter HIV-Positiven zeigt, dass<br />
sie im Vergleich zu Nichtinfizierten deutlich negativer<br />
in die Zukunft blicken. Woran liegt das Ihrer Meinung<br />
nach? Immerhin haben sich ihre Aussichten und ihre<br />
Lebenserwartung in den letzten zwanzig Jahren deutlich<br />
verbessert.<br />
Die HIV-Infektion ist zwar weiterhin nicht heilbar, aber, wie andere<br />
chronische Erkrankungen auch, gut behandelbar geworden.<br />
Die Überlebenszeit hat sich der HIV-negativen Bevölkerung<br />
angeglichen. Diese Informationen sind aber sowohl in dieser<br />
Gruppe als auch in der allgemeinen Bevölkerung noch nicht<br />
bekannt genug. Das kann dazu beitragen, dass das Stigma, HIVpositiv<br />
zu sein, die Betroffenen zu einer pessimistischeren Sicht<br />
auf ihr Leben verleitet. Hier sind auch wir Behandler gefragt,<br />
von der reinen Virusbekämpfung hin zur ganzheitlichen, auch<br />
psychischen Unterstützung zu kommen.<br />
Viele geben an, dass sie keine gesundheitsfördernden<br />
Aktivitäten starten, weil sich das sowieso nicht lohnen<br />
würde – sie seien ja bereits HIV-positiv. Was raten Sie<br />
diesen Patienten?<br />
Das ist eine völlig falsche Annahme. Aktuelle Studien zeigen,<br />
dass altersbedingte Krankheiten wie Herz-Kreislauf- oder<br />
Nierenerkrankungen bei HIV-Positiven im Schnitt rund zehn<br />
Jahre früher auftreten als bei Nichtinfizierten. Deshalb lohnt es<br />
sich genau dann, wenn man HIV-positiv ist, auf die Gesundheit<br />
zu achten. Wichtig ist, mit dem Arzt im Gespräch zu bleiben<br />
und, wenn sinnvoll, auf moderne Therapieregime umzusteigen,<br />
die weniger Langzeitfolgen mit sich bringen, zum Beispiel<br />
weniger Auswirkungen auf Nieren und Knochen. Gerade wenn<br />
die Therapie über Jahre und Jahrzehnte eingenommen wird, ist<br />
das ein wichtiger Punkt.<br />
Die Angst, einen Partner beim Sex mit HIV anzustecken,<br />
ist laut Umfrage weiterhin groß, auch unter<br />
Therapie. Wie schätzen Sie das Risiko ein?<br />
Mit einer funktionierenden HIV-Therapie und einer Viruslast unterhalb<br />
der Nachweisgrenze schützt man den Partner so gut wie<br />
mit einem Kondom vor einer HIV-Infektion. Man kann also auch<br />
mit einer HIV-Infektion ein erfülltes Sexualleben haben. Dies ist<br />
ein wichtiger Baustein in der Verbesserung der Lebenssituation<br />
der Patienten und sollte auch so in der Beratung vermittelt<br />
werden. Allerdings schützt eine HIV-Therapie natürlich nicht vor<br />
anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
FOTO: WOLFGANG VOGT / CC0 PUBLIC DOMAIN<br />
FOTO: FRIEDHELM BRANDENBURG / CC0 PUBLIC DOMAIN<br />
TIPP<br />
Zwischen Wetterwucht<br />
und Winterruhe<br />
Es ist noch eine Weile hin, aber<br />
Ende des Jahres, wenn andere<br />
Plätze Deutschlands bereits grau<br />
und trist wirken, erstrahlt die<br />
Nordseeinsel Helgoland in einem<br />
ganz besonderen Licht.<br />
Gerade zu dieser Zeit lassen sich<br />
auf dem Felsen, der jedem Winterwind<br />
standhält, atemberaubende<br />
Naturschauspiele beobachten.<br />
Nur an wenigen Orten der Erde<br />
kannst du die Wucht der Elemente<br />
so intensiv erleben wie hier. Trotz<br />
der zeitweilig rauen, aber immer<br />
elementaren Natur hat Helgoland<br />
das wintermildeste Klima<br />
Deutschlands. Selten sinken die<br />
Temperaturen unter 5 °C. Vom 24.<br />
bis 26. November bietet sich dir<br />
die Gelegenheit, die Vielfalt der<br />
Insel selbst zu entdecken. Nimm<br />
teil an einer Reise zwischen Steilküste<br />
und Dünenlandschaft, mit<br />
Robben- und Seehundkolonien,<br />
abgerundet von dem Wissen über<br />
die jahrtausendealte Geschichte<br />
dieses besonderen Ortes. Automatisch<br />
wird hier ruhige Gelassenheit<br />
durch die einsame Lage jenseits<br />
des Welthorizontes erzeugt.<br />
www.helgolaender-botschaft.de
NACHGEFRAGT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
Die anderen Nebenwirkungen im Blick<br />
Dr. Ingo Ochlast vom Praxisteam Friedrichshain in Berlin<br />
erläuterte uns im Interview, welche Herausforderungen<br />
die moderne HIV-Therapie an Ärzte und Patienten stellt.<br />
HIV-Therapien werden heute sehr lange eingenommen.<br />
Damit fallen auch langfristige Folgen der Therapie mehr<br />
ins Gewicht, welche sind das und welche Bedeutung<br />
haben diese?<br />
Dadurch, dass die Medikamente deutlich besser geworden sind,<br />
haben wir insgesamt weniger Nebenwirkungen. Die Menschen<br />
werden deutlich älter. Das hat zur Folge, dass andere Volkskrankheiten<br />
dazu kommen, wie Diabetes, Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen,<br />
Herzinfarkte und Schlaganfälle. Für den Behandler<br />
wird es komplexer, die Medikamente für diese Leiden mit ihren<br />
Wechselwirkungen unter einen Hut zu bringen. Der HIV-Positive<br />
lebt zwar insgesamt so lange wie ein HIV-Negativer, dennoch<br />
kann das biologische Altern schneller eintreten. Zudem ergibt sich<br />
durch neurotrope, also auf das Nervensystem wirkende, Einflüsse<br />
einiger Medikamente und durch soziale Einflüsse eine bis zu 50<br />
Prozent höhere Fallzahl von depressiven Erkrankungen.<br />
GESUNDHEIT<br />
Erleben Sie es in der Praxis, dass ihre Patienten durch die<br />
Therapie ihren Alltag anders leben?<br />
In der Akutphase ist HIV für die meisten Menschen immer noch<br />
ein Schock. Zusätzlich kommen oft Probleme in der Partnerschaft<br />
oder mit<br />
der Libido hinzu.<br />
Das kann daran liegen, dass der Testosteronspiegel sinkt. Immer<br />
wieder werden Patienten auch therapiemüde und wollen gerne<br />
mal eine Woche raus aus dem Alltag und keine Tabletten nehmen.<br />
Der Wunsch nach einem „normalen“ Leben spielt hier eine große<br />
Rolle.<br />
Wie lassen sich diese „unbemerkten Nebenwirkungen“<br />
vermeiden?<br />
Wir haben in unserer Praxis einen Sozialarbeiter, um proaktiv<br />
auf die Patienten zugehen zu können. Die Menschen sprechen<br />
nicht unbedingt von sich aus über ihre psychischen Probleme.<br />
Und in den 15 Minuten, die du als HIV-Behandler hast, fallen dir<br />
psychische Auswirkungen der Therapie oder der Erkrankung unter<br />
Umständen gar nicht auf. Deswegen ist ein Sozialpädagoge direkt<br />
in der Praxis, der ein niedrigschwelliges Angebot schafft, um<br />
diese Probleme zu lösen. Mein Wunsch wäre, dass so etwas zum<br />
Beispiel durch das Präventionsgesetz oder andere öffentliche<br />
Töpfe finanziert wird. Zurzeit finanziere ich das selbst. Wir sind als<br />
HIV-Behandler in der Sekundärprävention und sollten in der Lage<br />
sein, mehr zu tun, als nur Tabletten zu geben.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
www.praxisteam-friedrichshain.de<br />
FOTO: PRAXISTEAM FRIEDRICHSHAIN<br />
Das Einzige, das ansteckend<br />
sein sollte: Lebensfreude.<br />
Als eines der führenden Gesundheitsunternehmen entwickeln wir innovative Therapien wie Medikamente,<br />
Impfstoffe und Biologika. Mit unseren weltweiten Programmen engagieren wir uns für die Verbesserung<br />
der Gesundheitsversorgung. MSD ist ein internationales Unternehmen mit zwei Namen: In den USA und<br />
Kanada sind wir Merck & Co., Inc., mit Sitz in Kenilworth, NJ, USA. Erfahren Sie mehr über uns auf:<br />
www.msd.de<br />
CORP-1186339-0000 06/16<br />
© 2016 MSD SHARP & DOHME GMBH, Lindenplatz 1, 85540 Haar
NACHGEFRAGT<br />
Schlau zu HIV<br />
Frau Dr. Susanne Usadel führt die<br />
Praxis für Infektionsmedizin in<br />
Freiburg und ist seit 2008 Mitglied im<br />
Vorstand der dagnä e. V.<br />
Kann man von HIV als „chronischer<br />
Krankheit“ sprechen?<br />
Der Großteil der heutigen HIV-Patienten<br />
ist dank der medikamentösen Behandlung<br />
in der Lage, ein ganz normales Leben zu<br />
führen. Aber sie sind lebenslang Virusträger<br />
und müssen lebenslang ihre Medikamente<br />
sehr therapietreu einnehmen. So wird verhindert,<br />
dass das Virus das Immunsystem<br />
schädigen kann. Unter den Medikamenten<br />
ist das Virus kaum noch nachweisbar.<br />
Berufliche und private Planungen für die<br />
Zukunft sind möglich. Dennoch kommt<br />
es immer noch zu relevanten Nebenwirkungen<br />
oder Krankheiten aufgrund der<br />
HIV-Infektion. Aber HIV ist dank der Medikamente<br />
für die meisten Patienten zu einer<br />
chronischen Erkrankung geworden. Darum<br />
ist die Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe<br />
mit dem Ziel „bis 2020 kein AIDS mehr<br />
in Deutschland“ sehr zu unterstützen.<br />
FOTO: MARGRIT MÜLLER, FREIBURG<br />
Regelmäßige Tests sind wichtig, um von<br />
einer möglichen HIV-Infektion zu erfahren<br />
und die Therapie zu starten – dann kann<br />
sich AIDS nicht entwickeln.<br />
Was folgt für Sie als Behandlerin<br />
daraus, dass die Patienten immer<br />
älter werden?<br />
Die erste Generation der HIV-Patienten<br />
wird nun alt. Das bringt Alterung der<br />
Organe und häufig auch die bekannten<br />
„Alterserkrankungen“ mit sich. Interaktionen<br />
zwischen den Medikamenten sind<br />
häufig und müssen bedacht werden.<br />
Außerdem wird es auch Langzeitnebenwirkungen<br />
geben. Darum müssen wir darauf<br />
achten, dass Medikamente möglichst<br />
wenig Nebenwirkungen haben, auch wenn<br />
sie Jahre und Jahrzehnte eingenommen<br />
werden. Eine dreimonatliche Kontrolle<br />
mit Dr. Usadel<br />
GESUNDHEIT<br />
beim Schwerpunktbehandler ist in diesem<br />
Kontext umso wichtiger. Als Behandler<br />
müssen wir zum Beispiel in das Gespräch<br />
mit den Altenheimen und Pflegediensten<br />
treten, die chronische HIV-Infektion im<br />
Alter thematisieren und entstigmatisieren.<br />
Inwieweit kann der Patient zu einem<br />
gesunden Altwerden beitragen?<br />
Gesundes Altwerden … Ein Thema, das uns<br />
alle angeht und das wir alle meist schlecht<br />
umsetzen: Raucherentwöhnung, Sport,<br />
gesundes Essen … HIV-Patienten haben die<br />
gleichen kleinen „Teufel“ der Gewohnheit in<br />
sich. Hier helfen kontinuierliche Gespräche<br />
und Offenheit. Lokale Aktivitäten zum Beispiel<br />
von den AIDS-Hilfen helfen ebenfalls,<br />
immer wieder zu sensibilisieren. Aber auch<br />
mögliche Einflüsse der antiretroviralen<br />
Medikamente auf das Gewicht sind ernst<br />
zu nehmen: Heute steht uns eine Vielzahl<br />
verschiedener Medikamente zur Verfügung,<br />
sodass wir für jeden Patienten eine<br />
individuell passende Therapie haben. *ck<br />
www.praxis-für-infektionsmedizin.de<br />
LASS DICH TESTEN<br />
HEPATITIS C kann jeden treffen<br />
Risiko checken und testen lassen, denn<br />
Hepatitis C ist heilbar<br />
Sie dürften Chris derzeit immer wieder begegnen,<br />
etwa in Arztpraxen, auf Plakatwänden oder<br />
in den Medien. Chris ist der Name und das Gesicht<br />
dieser Kampagne, die momentan in Berlin,<br />
München und im Rhein-Ruhr-Gebiet einen Höhepunkt<br />
erreicht. Sie macht deutlich, dass viele<br />
Menschen von der potenziell lebensbedrohlichen<br />
Lebererkrankung betroffen sind, ohne es<br />
zu wissen – in Deutschland schätzungsweise<br />
100.000. Wenn die Erkrankung nicht bekannt ist,<br />
kann sie nicht geheilt werden.<br />
Ein Ziel der Kampagne ist es daher, die Diagnoserate<br />
zu erhöhen. Die Hepatitis C bleibe oft<br />
jahrelang symptomlos oder rufe nur unspezifische<br />
Beschwerden hervor, sagen Experten.<br />
Würde dann endlich die Diagnose gestellt, sei<br />
oft schon die Leber geschädigt und drohten<br />
Zirrhose und Leberzellkrebs. Dabei kann die<br />
Hepatitis C heute bei den meisten Patienten<br />
geheilt werden.<br />
Gute Gründe also, das eigene Risiko zu<br />
hinterfragen. Eine kurze Checkliste steht unter<br />
http://bist-du-chris.de/hepatitis-c-selbsttest/<br />
zur Verfügung.<br />
Wer vermutet, er könnte sich irgendwann einmal mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert<br />
haben, sollte unbedingt mit seinem Hausarzt sprechen und sich testen lassen. Denn<br />
die Diagnose ist der erste Schritt zur Heilung.<br />
Mehr zur Hepatitis C unter<br />
www.bist-du-chris.de und<br />
www.facebook.com/bistduchris
GESUNDHEIT<br />
KINO<br />
120 BPM<br />
FOTO: SALZGEBER.DE<br />
Am 1.12., immerhin Welt-AIDS-Tag,<br />
kommt der Film „120 BPM“ als Special auf<br />
die Leinwände der Queerfilmnacht.<br />
Die französische Produktion erzählt von<br />
der Zeit in den 1990ern, als Aids schon viele<br />
Menschenleben gekostet hat, doch der französische<br />
Staat sich noch schwer tat, sich u.<br />
a. mit sexueller Aufklärung der damals noch<br />
tödlichen Epidemie entgegenzustellen.<br />
ACT UP, eine Aktivistengruppe von Betroffenen,<br />
will auf die Missstände aufmerksam<br />
machen. Sie schmeißt Kunstblut-gefüllte<br />
Wasserbomben auf die Wände von Forschungseinrichtungen<br />
und kapert bewaffnet<br />
mit Informationsbroschüren die Klassenräume<br />
der Stadt. Wie weit die Aktionen gehen<br />
dürfen, wird bei den wöchentlichen Treffen<br />
kontrovers diskutiert. Als der 26-jährige<br />
Nathan, der selbst HIV-negativ ist, zu ACT<br />
UP stößt, zieht ihn die Entschlossenheit<br />
der Gemeinschaft sofort in ihren Bann.<br />
Und er verliebt sich in Sean, den Mutigsten<br />
und Radikalsten der Gruppe. Zusammen<br />
kämpfen sie an vorderster Front, selbst dann<br />
noch, als bei Sean die Krankheit schon längst<br />
ausgebrochen ist …<br />
www.120bpm-film.de,<br />
www.queerfilmnacht.de<br />
NACHGEFRAGT<br />
Schlau zu HIV<br />
mit Dr. Schellberg<br />
Wie wirkt sich eine HIV-Infektion<br />
und ihre Behandlung auf die Psyche<br />
aus? Dazu befragten wir Dr. Sven Schellberg,<br />
der mit der Novopraxis Berlins erste<br />
Schwerpunktpraxis für sexuelle Gesundheit<br />
eröffnet. *ck<br />
Wirkt sich das HI-Virus beziehungsweise<br />
seine Behandlung medizinisch<br />
auf das Gehirn aus – und wenn<br />
ja, wie?<br />
Das HI-Virus befällt Immunzellen, die<br />
sich auch im Gehirn finden. Daher kann<br />
HIV dort Schäden auslösen. Psychische<br />
Störungen sowie Störungen zum<br />
Beispiel der Gedächtnisfunktion bis hin<br />
zur Demenz waren früher ein häufiges<br />
Problem. Heutige Therapien haben hier<br />
eine deutliche Verbesserung gebracht, in<br />
Einzelfällen muss man aber bis heute noch<br />
Medikamente auswählen, die ihre Aktivität<br />
gezielt im Gehirn ausüben können. Es gibt<br />
HIV-Medikamente, die ihrerseits psychische<br />
Nebenwirkungen auslösen können.<br />
Besonders bei Efavirenz und Dolutegravir<br />
ist dies beschrieben. Hierauf muss man bei<br />
der Auswahl der Therapie, aber auch bei<br />
den regelmäßigen Kontrollen, besonders<br />
achten. Wichtig ist es, wenn möglich den<br />
Partner mit einzubeziehen – psychische<br />
Veränderungen bleiben für den Patienten<br />
selbst nämlich häufig unbemerkt.<br />
Welche äußeren Faktoren beeinflussen<br />
die psychische Gesundheit von<br />
HIV-Patienten besonders stark?<br />
Trotz aller guter Erfolge in der Therapie:<br />
Eine HIV-Diagnose ist für viele immer noch<br />
ein Schock. Es ist wichtig, den Betroffenen<br />
hier nicht zu überfordern und manchmal<br />
ohne viele Worte einfach da zu sein. Leider<br />
gibt es auch heute noch und gerade in<br />
der Szene viel Unwissen und Vorurteile<br />
gegenüber HIV. Dumme Bemerkungen,<br />
Ablehnung zum Beispiel beim Dating oder<br />
die Angst, nicht mit anderen sprechen zu<br />
können, können an die Seele gehen. Hier<br />
finde ich es wichtig, als Arzt mit gutem<br />
Beispiel voranzugehen und nicht beschämt<br />
zu schweigen, sondern die „Normalität“<br />
vorzuleben. Ein gut informierter, seelisch<br />
ausgeglichener Patient kommt besser mit<br />
der Infektion zurecht und dient selbst als<br />
Beispiel für andere – sei es, wenn es darum<br />
geht, sich regelmäßig testen zu lassen,<br />
oder darum, seine Medikamente regelmäßig<br />
zu nehmen.<br />
Wie können Sie als Behandler reagieren?<br />
Zunächst einmal: daran denken! Über<br />
seelische Probleme zu reden braucht Zeit<br />
und nicht jeder kann das. Als Behandler<br />
muss ich dem Patienten signalisieren, dass<br />
ich nicht nur seine Blutwerte, sondern ihn<br />
behandle – die Seele gehört immer dazu.<br />
Man muss hinhören und nachfragen. Ganz<br />
gezielt. Das schließt ein, darüber zu reden,<br />
ob gegebenenfalls zusätzlich Drogen eine<br />
Rolle spielen. Wenn es Probleme gibt,<br />
dann gibt es häufig auch Lösungen oder<br />
zumindest Verbesserungsansätze. Vom<br />
einfachen Gespräch über Entspannungstechniken<br />
bis hin zur Psychotherapie oder<br />
Umstellung der Therapie gibt es viele Stellschrauben,<br />
an denen man ansetzen kann.<br />
www.novopraxis.de
GESUNDHEIT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
mit Dr. Nazifa Qurishi<br />
In unserer HIV-Interviewreihe geht es<br />
in dieser Ausgabe um das Thema<br />
Therapietreue. Wie wichtig ist es,<br />
seine HIV-Medikamente regelmäßig<br />
einzunehmen, welche Vorteile<br />
ergeben sich, welche Nachteile<br />
entstehen durch unregelmäßige<br />
Einnahme? Wir fragten bei Dr.<br />
Nazifa Qurishi nach, Internistin mit<br />
Schwerpunkt Infektiologie und Suchtmedizin,<br />
die in der großen Gemeinschaftspraxis<br />
Gotenring in Köln niedergelassen ist. *ck<br />
Immer wieder liest man, HIV sei inzwischen eine<br />
„chronische Krankheit“. Stimmt das und was heißt<br />
das eigentlich?<br />
Die HIV-Infektion war und ist immer noch eine chronische<br />
Krankheit, da das Virus mit den uns zur Verfügung stehenden<br />
Medikamenten nicht wie die HCV-Infektion eliminiert werden<br />
kann. Aber was wir sehr wohl mit den hervorragenden Medikamenten<br />
erreichen, ist eine dauerhafte Virussuppression und<br />
dadurch eine Stabilisierung des Immunsystems und Wiederherstellung<br />
der Lebensqualität. Die Therapie ist jedoch dauerhaft<br />
notwendig, weil ein Absetzen oder Pausieren der Therapie<br />
erneut zum Virusnachweis und damit Absinken des Immunsystems<br />
führt. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“: Zurzeit wird aber<br />
ausreichend im Bereich der Viruseradikation geforscht, sodass<br />
die Hoffnung besteht, dass eines Tages doch eine medikamentöse<br />
Therapie entwickelt wird, die das Virus endgültig aus dem<br />
Körper entfernt.<br />
Heißt das, wenn ich als HIV-Positiver regelmäßig<br />
meine Tabletten schlucke, kann ich ganz normal mit<br />
HIV leben?<br />
Unregelmäßige Einnahme der Medikation fördert die Entwicklung<br />
der resistenten Viren und Nichteinnahme der Therapie<br />
resultiert in einer Verschlechterung des Immunsystems mit lebensgefährlichen<br />
Folgen. Unter einer dauerhaften Therapie erholt<br />
sich das Immunsystem, die Viren werden maximal unterdrückt,<br />
sodass im Rahmen der Kontrollen beim Arzt von einer Viruslast<br />
von 0 gesprochen wird. Nach mindestens sechs Monaten nicht<br />
nachweisbarer Viruslast ist der Patient nicht mehr ansteckend.<br />
Aus diesem Grund und zur Vorbeugung der HIV-assoziierten<br />
Infektionen sowie AIDS-definierenden Erkrankungen ist es ratsam,<br />
frühzeitig mit der Therapie anzufangen. Dies wird auch als<br />
„Treatment as prevention“ (TasP) bezeichnet.<br />
Und was, wenn ich mal eine Tablette vergesse? Kann<br />
ich nicht auch mal „Pause“ machen?<br />
Es ist immer sinnvoll, bei einer chronischen Krankheit auch<br />
jeden Tag die Therapie einzunehmen. Eine Therapiepause zum<br />
Beispiel im Urlaub führt zur Erhöhung der Viruslast im Körper<br />
und zu einer Verschlechterung des Immunsystems. Daher wird<br />
von Therapiepausen generell abgeraten. In besonderen Fällen,<br />
beispielsweise aufgrund von Änderungen der Lebensumstände<br />
oder Bedenken bezüglich der regelmäßigen Einnahme, ist ein<br />
offenes Gespräch mit dem behandelnden Arzt empfehlenswert.<br />
Die heutige moderne Therapie in Form von „Single Tablet<br />
Regimen“, abgekürzt als STR, erleichtert eine regelmäßige<br />
Einnahme. Diese Triple-Therapien haben eine hohe Effektivität<br />
und sind insgesamt deutlich besser verträglich.
WELLNESS<br />
NACHGEFRAGT<br />
Schlau zu HIV<br />
mit Dr. Kümmerle<br />
Trotz riesiger Fortschritte in der<br />
HIV-Therapie und massiver Aufklärungskampagnen<br />
zu Themen wie „Schutz<br />
durch Therapie“ und trotz der Vorteile einer<br />
regelmäßigen Testung, sind Stigmata und<br />
Vorurteile gegen Positive immer noch an<br />
der Tagesordnung. Wir fragten dazu bei Dr.<br />
Tim Kümmerle, Infektiologe in der Praxis<br />
am Ebertplatz in Köln, nach. *ck<br />
Als Arzt mit HIV-Schwerpunkt<br />
überbringen Sie häufig HIV-Diagnosen:<br />
Was sind typische Reaktionen?<br />
Bemerken Sie Unterschiede, abhängig<br />
vom Wissensstand?<br />
Die Reaktionen sind in der Tat sehr unterschiedlich.<br />
Manche Patienten reagieren<br />
sehr entspannt, für andere bricht eine Welt<br />
zusammen. Der individuelle Wissensstand<br />
ist dabei ein wichtiger Faktor: Patienten,<br />
die sich intensiver mit dem Thema HIV<br />
beschäftigt haben und aus dem Freundeskreis<br />
HIV-positive Menschen kennen,<br />
wissen, dass die Behandlung mit modernen<br />
Medikamentenkombinationen nicht<br />
mehr mit schweren Nebenwirkungen wie<br />
Änderungen der Fettverteilung einhergeht<br />
und zu einer Normalisierung der Lebenserwartung<br />
führt. Das erleichtert den Umgang<br />
mit der Diagnose.<br />
Ist es immer noch so, dass Unwissen<br />
über moderne Therapien viele<br />
Männer vom HIV-Test abhält? Wie<br />
ist Ihre Einschätzung der Kenntnis<br />
von „Schutz durch Therapie“ bei den<br />
Patienten?<br />
Es gibt immer noch eine große Anzahl<br />
an Menschen, die keinen Test machen,<br />
obwohl sie ein hohes Risiko haben. Und<br />
wir sehen viele Fälle von fortgeschrittenen<br />
Aids-Erkrankungen, die man mit rechtzeitigem<br />
HIV-Test hätte vermeiden können.<br />
Angst vor medizinischen Konsequenzen<br />
und Angst vor Stigmatisierung durch die<br />
Diagnose sind dafür sicher die häufigsten<br />
Ursachen. Manchen Menschen ist es<br />
unnötigerweise peinlich, beim Arzt nach<br />
einem HIV-Test zu fragen.<br />
Nur wer um seinen HIV-Status weiß, kann<br />
rechtzeitig mit den Medikamentenkombinationen<br />
beginnen – und damit nicht nur<br />
seine eigene Gesundheit erhalten, sondern<br />
auch andere wirkungsvoll vor Ansteckung<br />
schützen!<br />
Wenn ein HIV-positiver Mensch<br />
Angst vor Stigmatisierung hat: Was<br />
raten Sie ihm?<br />
Eine Stigmatisierung und Diskriminierung<br />
von HIV-positiven Menschen findet leider<br />
immer noch statt – auch innerhalb von<br />
Hauptbetroffenengruppen wie zum Beispiel<br />
schwulen Männern.<br />
Deshalb gilt: Medizinische Sachverhalte<br />
sind Privatsache. Es macht Sinn, sich gut<br />
zu überlegen, wem man von der Diagnose<br />
erzählen möchte. Ich empfehle beispielsweise<br />
Zurückhaltung bei der Offenlegung<br />
der Diagnose am Arbeitsplatz.<br />
Am wichtigsten ist jedoch, sich klarzumachen,<br />
dass heutzutage niemand mit einem<br />
erfüllten Sexualleben geschützt ist vor HIV.<br />
Und dass man nichts „falsch“ gemacht<br />
hat, weil man positiv ist. Ohne belastende<br />
„Schuldfrage“ kann man entspannter<br />
und selbstbewusster mit der Diagnose<br />
umgehen.<br />
KOSMETIK<br />
Siehst du aber gut aus!<br />
Die Zeiten, in denen Mann nur Wasser und Seife im Bad an<br />
sich ranließ, sind vorbei. Die meisten haben längst gemerkt,<br />
dass die richtige Körperpflege einen nicht so schnell alt aussehen<br />
lässt. Das ist es, was die Haut im Frühling wirklich braucht:<br />
REINIGEN<br />
Die Männerhaut produziert jetzt wieder mehr Fett. Um Mitessern<br />
und Pickeln – auch auf freier Kopfhaut – vorzubeugen,<br />
ist sorgfältiges Waschen ein Muss, am besten morgens und<br />
abends. PH-neutrale Reinigungsgele oder -lotionen befreien<br />
sanft, aber wirksam von Staub und Talg. Danach löst ein<br />
Gesichts-Tonic die Kalkreste vom Leitungswasser. Sauber!<br />
Großporige Haut wird wieder schöner, wenn man sich zudem<br />
ein wöchentliches Peeling und dann eine revitalisierende Gesichtsmaske<br />
gönnt.<br />
FEUCHT HALTEN<br />
Jetzt geht’s ans Eincremen, denn die Haut ab 25 produziert oft<br />
nicht mehr ausreichend Feuchtigkeit, um von selbst geschmeidig<br />
zu bleiben. Spezielle Tagescremes wirken wie ein Wasserspeicher<br />
und ziehen schnell ein. So bleibt die Haut gesund und<br />
glatt. Übrigens hat Stiftung Warentest kürzlich ein Dutzend<br />
Gesichtscremes für Männer geprüft. Ergebnis: Teure Luxusmarken<br />
pflegen nicht besser als Qualitätsprodukte zu fairen Preisen.<br />
Testsieger wurde übrigens die Weleda-Feuchtigkeitscreme.<br />
SCHÜTZEN<br />
Nach der Rasur kann es zu Rötungen und Entzündungen kommen.<br />
Dem lässt sich am besten mit einem Aftershave-Balsam vorbeugen.<br />
Es enthält weniger Alkohol als Rasierwasser und ist deshalb verträglicher.<br />
Pflanzliche Inhaltsstoffe wie Aloe vera, Calendula und Hamamelis<br />
wirken zudem entzündungshemmend und regenerierend. Fair<br />
für Haut und Umwelt ist eine Körperpflege, die ohne Gentechnik,<br />
Tierversuche und Mikroplastik auskommt. Zertifizierte Bio-Kosmetik<br />
trägt zum Beispiel die Siegel von NaTrue, Ecovert oder BDIH.<br />
Tipp: Oft lohnt sich ein Preisvergleich. Versandapotheken wie die<br />
Europa Apotheek bieten Vergünstigungen auch auf hochwertige<br />
Pflegeprodukte an.<br />
www.europa-apotheek.com<br />
FOTO: GEMEINFREI / CC0
INTERNET<br />
NACHGEFRAGT<br />
Schlau zu HIV<br />
mit Dr. Philipp<br />
de Leuw<br />
Die immer besser werdende<br />
HIV-Therapie bedeutet eine<br />
immer längere Lebenserwartung<br />
für Menschen mit HIV. Das ist eine<br />
hervorragende Nachricht, die aber an<br />
die Behandler auch neue Herausforderungen<br />
stellt. Welche das sind, erklärt Dr.<br />
Philipp de Leuw, Facharzt für Innere Medizin<br />
und Infektiologie am Universitätsklinikum<br />
Frankfurt (www.hivcenter.de). *ck<br />
HIV-Patienten werden dank wirksamer<br />
Therapien immer älter. Was<br />
bedeutet unter diesen Bedingungen<br />
„modernes Therapiemanagement“<br />
eigentlich und warum ist das wichtig?<br />
Auf Grund exzellenter Therapiemöglichkeiten<br />
kann eine rechtzeitig erkannte<br />
HIV-Infektion heutzutage erfolgreich<br />
kontrolliert werden, so dass die Lebenserwartung<br />
mittlerweile ganz normal ist.<br />
Dies führt unter anderem dazu, dass der<br />
Anteil >50jährigen HIV-Patienten sich<br />
in den nächsten Jahren in Mitteleuropa<br />
verdreifachen wird. Ältere Menschen<br />
entwickeln allerdings auch ganz andere<br />
Erkrankungen, wie z. B. Alterszucker (Typ<br />
2 Diabetes) oder Verkalkungen der Herzkrankgefäße<br />
(KHK). Bei der Auswahl der<br />
HIV-Therapie ist es daher besonders<br />
wichtig, dass die Therapie gut verträglich<br />
ist und die Organe möglichst geschont<br />
werden. Ärzte sprechen hier auch von<br />
Langzeitnebenwirkungen. Vor allem<br />
sollte sich die Therapie mit anderen<br />
notwendigen Medikamenten „vertragen“,<br />
also wenige Wechselwirkungen haben.<br />
Der HIV-Behandler wird zum Gesundheitsmanager<br />
seiner Patienten, damit<br />
eine hohe und gute gesundheitsbezogene<br />
Lebensqualität erreicht werden kann.<br />
Was sind denn die Vorteile einer<br />
modernen Therapie für den Patienten?<br />
Bei regelmäßiger Einnahme können<br />
sich Patienten auf eine gute Wirksamkeit<br />
verlassen. Gleichzeitig senkt sich<br />
bei erfolgreicher HIV-Therapie und<br />
nicht mehr nachweisbarer HIV-<br />
Replikation das Infektionsrisiko<br />
für Dritte gegen null ab. Patienten<br />
profitieren ganz klar von Eintablettenkombinationen<br />
(Single-Tablet<br />
Regime). Die meisten dieser Single<br />
Tablets zeichnen sich nicht nur durch<br />
wenig Langzeitnebenwirkungen und<br />
Wechselwirkungen aus, sondern sind<br />
auch gut in den Alltag zu integrieren. So<br />
bedingen sie auf Reisen nur noch die<br />
Mitnahme einer Pillenbox.<br />
Warum ist es so schwer, eine<br />
Heilung für oder Impfung gegen HIV<br />
zu entwickeln?<br />
Das Virus hat unglaublich viele unterschiedliche<br />
Formen und kann sich leicht<br />
verändern. Es gibt derzeit aber einige<br />
vielversprechende Ansätze. Bis ein Medikament<br />
oder eine Impfung für den Menschen<br />
zugelassen wird, wird es allerdings<br />
noch viele Jahre dauern. Derzeit müssen<br />
wir also von einer lebenslangen Medikamenteneinnahme<br />
ausgesehen. Bis<br />
die Heilung Realität wird, lässt sich mit<br />
einer modernen, nebenwirkungsarmen<br />
Therapie eine gute gesundheitsbezogene<br />
Lebensqualität erreichen.<br />
FOTO: UNIVERSAL MUSIC<br />
DIVA<br />
ENDLESS<br />
SUMMER<br />
Donna Summer wurde 1975 mit „Love<br />
to Love You Baby“ zum Weltstar. Und<br />
obwohl sie 2012 verstarb, geht der Kult<br />
weiter. Zum Beispiel auf Instagram.<br />
Hier bekommt man Bilder, die man so noch nicht<br />
kennt und auch mal Spaßiges. Die Erben der Diva<br />
wissen, was die Fans wünschen. Aber auch in Sachen<br />
Musik tut sich etwas! Passend zum aktuellen<br />
Musical „Summer“ kam gerade eine neue Werksammlung<br />
der legendären Soul- und Disco-Ikone<br />
auf den Markt. Und die bietet auch Neues. „Summer:<br />
The Original Hits“ konzentriert sich auf die<br />
Musik der 1960er-, 1970er- und frühen 1980er-<br />
Jahre von Donna Summer. Zum Beispiel bekommt<br />
man erstmals „White Boys (aus dem Musical<br />
„Haare“ 1968)“ und natürlich auch Klassiker wie „I<br />
Feel Love“, „On the Radio“ sowie „She Works Hard<br />
for the Money“. *rä<br />
www.instagram.com/officialdonnasummer
GESUNDHEIT<br />
zu einer Woche nachwirken. Sie wird in beide<br />
Gesäßseiten gegeben, und das fühlt sich an<br />
wie ein Muskelkater.<br />
Die Studie endet nach fünf Jahren.<br />
Wissen Sie schon, wie es danach<br />
weitergeht? Würden Sie sich eine<br />
Fortbehandlung mit der Depotspritze<br />
wünschen?<br />
Ich kann es mit meinem Lebensstil sicher<br />
vereinbaren, auch Tabletten zu nehmen. Aber<br />
alles, was eine Verbesserung bringt, würde<br />
ich gerne nutzen. Ich würde eine Fortführung<br />
der Depotbehandlung durchaus anstreben.<br />
Ich denke aber auch, dass diese Art der<br />
Behandlung nicht das Ende der Entwicklung<br />
sein wird. Sie ist mit einigen Haken<br />
versehen – der aufwendigen Überprüfung,<br />
ob die Wirkstoffe verträglich sind, dann die<br />
Verträglichkeit der Spritze an sich. Aber es ist<br />
ein Schritt in die richtige Richtung.<br />
Wie denken Sie heute über Schutz<br />
durch Therapie?<br />
Es wäre sehr wichtig, dass dieses Thema<br />
breiter bekannt wird. Es würde helfen, über<br />
Safer Sex anders zu sprechen, als nur über<br />
„mit Kondom ist richtig, ohne falsch“. Wenn<br />
die Hysterie und das Moralisieren aus der<br />
Diskussion herausgenommen würden, wäre<br />
mehr Menschen geholfen.<br />
Wie meinen Sie das?<br />
Sexualität hat mit Kontrollverlust zu tun.<br />
Das kann jedem passieren. Die Moral führt<br />
leicht dazu, an sich selbst andere Maßstäbe<br />
anzulegen als an andere. Das bedeutet, dass<br />
man eventuell selbst Risiken eingeht, die<br />
man bei anderen kritisiert. Hier würde ein offenerer<br />
Umgang mit PrEP und Schutz durch<br />
Therapie, also „safer bare“, sicher helfen. Man<br />
muss über diese Dinge reden können, um die<br />
unbegründeten, stigmatisierenden Ängste zu<br />
überwinden. Nein, Sex mit einem HIV-Positiven<br />
unter Therapie ist nicht gefährlicher als<br />
mit einem negativ Getesteten.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
NACHGEFRAGT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
mit Helmut Hartl<br />
FOTO: GEMEINFREI /CC0<br />
Wie sieht es eigentlich aus mit den Erfahrungen HIV-Positiver<br />
und Dienstleistern? Gibt es immer noch Aufklärungsbedarf<br />
oder sogar bewusste Diskriminierung? Darüber sprachen<br />
wir mit Helmut Hartl aus der Praxisgemeinschaft Dr. Gorriahn und<br />
Hartl in München (www.goha-praxis.de).<br />
Kommen Menschen mit HIV zu Ihnen, die über Diskriminierung<br />
zum Beispiel durch Ärzte, bei Schönheitsbehandlungen,<br />
in Tattoo-Studios usw. berichten?<br />
Ja. Ich glaube, jeder HIV-Positive muss sich mit Diskriminierung<br />
auseinandersetzen. Oft am Arbeitsplatz oder im Bekanntenkreis<br />
und leider zum Teil sogar immer noch aus der Ärzteschaft.<br />
FOTO: SUSIE KNOLL<br />
Wie reagieren Sie auf solche Berichte? Was raten Sie ihren<br />
Patienten konkret?<br />
Es gibt bei der Deutschen AIDS-Hilfe eine Clearing-Stelle für<br />
Diskriminierungsfälle im Medizinbereich. Ich habe einen Fall gehabt,<br />
in dem eine Patientin Probleme mit einer Augenklinik hatte, und<br />
habe sie dahin überwiesen. Das ist also heutzutage relativ einfach.<br />
Im privaten und beruflichen Bereich ist es natürlich ungleich<br />
schwerer, sich zu wehren. Ich empfehle meinen Patienten, nicht<br />
gleich im Vorfeld die Infektion anzusprechen. Andererseits fördert<br />
ein offener Umgang die Akzeptanz. Jeder, der einen HIV-positiven<br />
Menschen kennengelernt hat, wird feststellen, dass das Leute sind<br />
wie du und ich. Es ist wie mit den Schwulen früher: Sichtbarkeit<br />
führt zu Akzeptanz.<br />
Wie schätzen Sie das Wissen Ihrer Patienten zum Thema<br />
Schutz durch Therapie ein? Was müsste sich ändern, um<br />
dieses Wissen weiterzuverbreiten?<br />
In Partnerschaften ist es meiner Meinung nach inzwischen gut<br />
bekannt, dass der HIV-positive Partner unter funktionierender<br />
Therapie nicht ansteckend ist. In der „freien Wildbahn“ – bei Casual<br />
Sex Dating – besteht durchaus noch Aufklärungsbedarf. Für uns<br />
als Behandler gibt es da wenig Spielraum: Aber wir sollten nicht<br />
verpassen, bei den Viruslastüberprüfungen die gute Nachricht mitzuteilen,<br />
dass die Patienten nicht mehr infektiös sind.<br />
*Interview: Christian Knuth
NACHGEFRAGT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
mit Dr. Stefan Fenske<br />
GESUNDHEIT<br />
FOTO: ANDREAS KLINGBERG<br />
Immer bessere Wirkstoffe, immer kleinere<br />
Tabletten und immer unkompliziertere Einnahme-Regeln.<br />
Die HIV-Therapie macht weitere<br />
Fortschritte. Wir fragten bei Dr. Stefan Fenske vom<br />
„Infektionsmedizinischen Centrum Hamburg (ICH)“<br />
(www.ich-hamburg.de) nach, welche Auswirkungen<br />
das auf die Patienten hat. *ck<br />
Die HIV-Therapie hat sich in den vergangenen<br />
Jahren deutlich weiterentwickelt: Welche Vorteile<br />
haben die modernen Single-Tablet-Regime<br />
(STR) für Ihre Patienten?<br />
Der wichtigste Vorteil ist natürlich die einfache Einnahme<br />
von nur einer Tablette am Tag. Dies erhöht die<br />
Adhärenz, was wiederum entscheidend für eine sichere<br />
und langfristige Wirksamkeit ist. Zusätzlich sind die<br />
einzelnen Wirkstoffe viel besser verträglich als früher<br />
und haben eine deutlich höhere Resistenzbarriere.<br />
Außerdem sind moderne STRs mittlerweile als kleine<br />
Tablette verfügbar und die Einnahme mit oder ohne<br />
Mahlzeit spielt bei modernen Dreifachtherapien kaum<br />
noch eine Rolle.<br />
Wer spricht die Möglichkeit eines Therapiewechsels<br />
meistens an: Kommt der Wunsch<br />
eher von den Patienten oder von Ihnen?<br />
Mehrheitlich kommt der Vorschlag eher von mir. Nach<br />
einem Wechsel sind die meisten Patienten dann aber<br />
doch noch zufriedener mit ihrer neuen Therapie. Doch<br />
selbst wenn es zunächst alles so einfach klingt: Eine<br />
kontinuierliche Betreuung durch eine HIV-Schwerpunktpraxis<br />
halte ich nach wie vor für unbedingt erforderlich.<br />
Natürlich gibt es trotzdem noch Adhärenzprobleme,<br />
Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen<br />
mit anderen Medikamenten, die der Arzt kennen muss.<br />
Hat die moderne Therapie mit Single-Tablet-<br />
Regimen auch psychologisch positive Auswirkungen?<br />
Wie sind Ihre Erfahrungen in der<br />
Praxis?<br />
Es ist ganz sicher so, dass eine einmal tägliche Einnahme<br />
einer gut verträglichen Therapie einen positiven<br />
Effekt auf die Psyche hat, vielleicht auch nur im<br />
Unterbewusstsein. Man wird einfach seltener an das<br />
Bestehen der Infektion erinnert, fühlt sich „weniger<br />
krank“. Die gute Verträglichkeit der modernen STR ist<br />
hierbei sicher auch noch einmal hervorzuheben.
INTERNET<br />
NACHGEFRAGT<br />
Schlau zu HIV<br />
FOTO: BJÖ<br />
mit Dr. Gaby Knecht<br />
Seit November kann sich<br />
jeder einen sogenannten HIV-<br />
Heimtest bestellen und sich selbst<br />
vergewissern, ob seine Safer Sex<br />
Strategie erfolgreich war. Wie das<br />
aus ärztlicher Sicht zu bewerten ist,<br />
erklärt uns Frau Dr. Gaby Knecht,<br />
Fachärztin für Innere Medizin,<br />
Infektiologie und HIV-Schwerpunkt-<br />
Ärztin aus dem Infektiologikum<br />
Frankfurt (www.infektiologikum.de).<br />
*ck<br />
Wer kommt zu Ihnen in die Praxis,<br />
um sich testen zu lassen?<br />
Zu uns kommen Frauen und Männer<br />
die einen Risikokontakt hatten, aber<br />
auch Menschen die sich unabhängig<br />
von risikobehafteten Sexualkontakten<br />
regelmäßig testen lassen möchten.<br />
Neben dem Test in der Praxis oder<br />
den anonymen Checkpoints gibt<br />
es neuerdings den Heimtest. Was<br />
halten Sie als Arzt davon?<br />
Ich bin schon seit Jahren dafür, denn<br />
es gibt ja eine Population, die wir mit<br />
den vorhandenen Testsystemen bisher<br />
nicht erreicht haben. Immer wieder<br />
kamen Menschen zu uns, die sich die<br />
Heimtests im Ausland (zum Beispiel<br />
Frankreich) besorgt hatten. Wenn dies<br />
dazu führt, dass sich mehr Personen<br />
testen lassen und sich in der Folge<br />
dann in professionelle infektiologische<br />
Behandlung begeben, dann ist ihnen<br />
doch geholfen. Ich glaube, die Zeiten<br />
der Suizide nach einem positiven<br />
Testergebnis sind vorbei, da gerade<br />
unter den homosexuellen Männern<br />
HIV das Schreckensgesicht verloren<br />
hat.<br />
Ziel der Freigabe der Heimtests<br />
ist eine weitere Verbesserung der<br />
Testbereitschaft. Warum ist es so<br />
wichtig, sich zu testen?<br />
Wissenschaftliche Ergebnisse zeigen<br />
ganz eindeutig, dass ein früher Therapiebeginn<br />
für das eigene Immunsystem<br />
wichtig ist. Ebenso konnte gezeigt<br />
werden, dass in Bezug auf die Virusverbreitung<br />
natürlich eine schnelle<br />
Senkung der Virusmenge bei einem<br />
infizierten Menschen deutlich die<br />
Infektiosität senkt und er in der Folge<br />
sogar für seine Partner*innen nicht<br />
mehr ansteckend ist.<br />
FOTOS: JÜRGEN WENKE<br />
GEDENKEN<br />
KZ SACHSENHAUSEN – Häftling Nummer 45232<br />
Rund 100.000 Männer wurden im<br />
Dritten Reich wegen Homosexualität<br />
erfasst, rund 50.000 von ihnen<br />
verurteilt. Über 5.000 kamen<br />
in den Konzentrationslagern ums Leben.<br />
Am 27. Januar wird am „Tag des Gedenkens<br />
an die Opfer des Nationalsozialismus“ leider<br />
immer noch nicht explizit dieser Opfergruppe<br />
gedacht – Bundestagspräsident Wolfgang<br />
Schäuble stellte dies aber für die nahe Zukunft<br />
in Aussicht, nachdem eine vom Historiker<br />
Lutz van Dijk 2018 lancierte Petition für<br />
mediale Aufmerksamkeit sorgte. Eine andere<br />
Form der ständigen Erinnerung sind die Messingstolpersteine,<br />
die vor den Wohnhäusern<br />
der Ermordeten verlegt werden.<br />
Jürgen Wenke forscht für diese Steine<br />
gezielt nach homosexuellen Opfern und<br />
hat Ende Oktober 2018 die Lebens- und<br />
Leidensgeschichte von KZ-Sachsenhausen-<br />
Häftling Nummer 45232 recherchiert:<br />
„Damian Reis, geboren am 12. August 1895<br />
in Trier-Ehrang, Schieferdecker (Dachdecker)<br />
von Beruf, aus einer Dachdeckerdynastie in<br />
Trier stammend, katholisch, bereits mit 20<br />
Jahren Soldat im Ersten Weltkrieg, verheiratet,<br />
zu einem unbekannten Zeitpunkt<br />
erstmalige Verurteilung nach § 175 wegen<br />
homosexueller Kontakte, Verhaftung durch<br />
die Polizei Trier 1939, letzter freiwilliger<br />
Wohnort in Trier, Zurlaubener Ufer 89. Nach<br />
der Verhaftung überstellt zum Polizeipräsidium<br />
Köln; zu Beginn des Jahres 1942<br />
Deportation in das KZ Sachsenhausen bei<br />
Berlin, dort Zwangsarbeit als Nr. 45232 in<br />
der bei Häftlingen gefürchteten Strafkompanie<br />
‚Klinker‘. Ermordet bei einer gezielten<br />
Mordaktion im Klinkerwerk durch die SS<br />
im Sommer 1942, die zum Ziel hatte, alle<br />
Homosexuellen im KZ Sachsenhausen zu<br />
ermorden. Tod am 11. August 1942, einen<br />
Tag vor seinem 47. Geburtstag. Angebliche<br />
Todesursache: ‚Herz- und Kreislaufschwäche<br />
bei Grundleiden beidseitiger Lungenentzündung‘“.<br />
*ck<br />
www.stolpersteine-homosexuelle.de
REISE<br />
RATGEBER<br />
HIV,PrEP & REISE?<br />
Vor elf Jahren hoben die USA<br />
das bis dahin gültige Einreiseverbot<br />
für HIV-Positive auf.<br />
Ein wichtiger Schritt, dennoch<br />
sind weiterhin viele Länder<br />
restriktiv, was die Einreise<br />
HIV-Positiver angeht. Besonders<br />
ärgerlich: Wer die<br />
PrEP nimmt, steckt in einem<br />
Dilemma, denn er hat HIV-<br />
Medikamente im Gepäck.<br />
Innerhalb der Europäischen<br />
Union ist die Mitnahme von<br />
bis zu einem Dreimonatsvorrat<br />
an verschreibungspflichtigen<br />
Medikamenten generell kein<br />
Problem. Außerhalb der EU<br />
ergeben sich unterschiedliche<br />
Probleme.<br />
Angaben im Visum<br />
Bei einer Einreise in die USA<br />
muss man laut Visa-Bestimmungen<br />
immer noch einen<br />
ärztlichen Beleg vorlegen<br />
können, der die Mitführung<br />
verschreibungspflichtiger<br />
Medikamente rechtfertigt.<br />
Gibt man im Fragebogen an,<br />
gesund zu sein, kommt man<br />
bei einer Kontrolle eventuell<br />
in eine Bredouille. Richtig unangenehm<br />
wird das in diesen<br />
zurzeit gelisteten Ländern –<br />
hier ist die Einreise HIV-Positiver<br />
strikt untersagt: Brunei,<br />
Äquatorialguinea, Irak, Iran,<br />
Jemen, Jordanien, Papua-Neuguinea,<br />
Katar, Russische Föderation,<br />
Salomonen, Vereinigte<br />
Arabische Emirate. Wer hier<br />
die Infektion verheimlicht oder<br />
aber mit PrEP-Medikamenten<br />
die Einreise versucht, riskiert<br />
die sofortige Abschiebung. Die<br />
Deutsche AIDS-Hilfe hat auf<br />
ihrer Internetseite<br />
www.aidshilfe.de ein PDF zum<br />
Thema veröffentlicht. *ck<br />
Auch für<br />
Globetrotter:<br />
Power fürs Haar<br />
Zwei neue Reisebegleiter für Männer mit erblich bedingtem<br />
Haarausfall hat BRISK im Sortiment.<br />
Das silikonfreie BRISK Power<br />
Shampoo mit Arginin reinigt und<br />
pflegt das Haar, verbessert die<br />
Haarstruktur und sorgt für mehr<br />
Volumen. Die Haare werden so<br />
optimal auf die anschließende<br />
Behandlung mit dem BRISK Power<br />
Liquid vorbereitet. Die regelmäßige<br />
Anwendung des BRISK Power<br />
Liquid erhöht, dank patentierter<br />
Rezeptur, den Arginin-Anteil im<br />
Haar. Der haaridentische Proteinbaustein<br />
Argenin stimuliert nicht<br />
nur, sondern verbleibt nachweislich<br />
als Materie im Haar. Die Struktur<br />
wird dabei gestärkt. Das Resultat:<br />
griffigere und fülligere Haare.<br />
www.brisk-for-men.de<br />
GESUNDHEIT<br />
Schlau zu HIV mit Dr. Nils Postel<br />
„Unter der Nachweisgrenze“ und „Schutz<br />
durch Therapie“ sind Schlagworte, die<br />
immer noch bei viel zu wenigen Menschen<br />
bekannt sind. Was bedeutet das<br />
in Amerika inzwischen<br />
breit beworbene „U=U“<br />
eigentlich? Wir fragten<br />
nach bei Dr. Nils Postel<br />
von der Schwerpunktpraxis<br />
prinzmed in München<br />
(www.prinzmed.de). *ck<br />
Wofür steht U=U?<br />
Das ist die Kurzform für<br />
„undetectable equals<br />
untransmittable“, also<br />
„nicht nachweisbar<br />
bedeutet nicht übertragbar“.<br />
Damit ist gemeint,<br />
dass ein HIV-Infizierter,<br />
der erfolgreich behandelt ist, das Virus<br />
nicht auf jemand anderen übertragen<br />
kann, und zwar auch dann nicht, wenn<br />
er kein Kondom verwendet oder stark<br />
blutet. Erfolgreich behandelt heißt, dass<br />
die Kombinationstherapie die Vermehrung<br />
des Virus vollständig blockiert, sodass<br />
sich in der Blutflüssigkeit keine vermehrungsfähigen<br />
Viren mehr befinden. Wo<br />
keine vermehrungsfähigen Viren sind, ist<br />
eine Ansteckung ausgeschlossen.<br />
Das kann<br />
„technisch“ schlicht nicht<br />
funktionieren. Mittlerweile<br />
sind zu diesem Thema<br />
mehrere große Studien<br />
veröffentlicht worden; in<br />
keiner Studie wurde eine<br />
Übertragung vom positiven<br />
auf den negativen<br />
Partner festgestellt. Wir<br />
reden hier von mehr als<br />
77.000 dokumentierten<br />
Sexualkontakten ohne<br />
Kondom.<br />
Wie viele Ihrer Patienten mit HIV<br />
wissen von Anfang an über U=U<br />
Bescheid?<br />
Sehr wenige. Es gibt eine Gruppe von<br />
Aktivisten, die die Daten besser kennen<br />
als mancher Arzt. Aber das Gros der<br />
Patienten ist mit dem Thema nicht befasst,<br />
und der Wissenstand ist meistens<br />
nicht sehr groß.<br />
Sprechen Sie es bei der Frage zum<br />
Therapiestart aktiv an und ist es<br />
für die Patienten ein relevantes<br />
Argument?<br />
Ja, ich führe bei Neupatienten lange<br />
Aufklärungs- und Informationsgespräche,<br />
in denen es auch um die Übertragbarkeit<br />
von HIV geht – für viele Infizierte ein äußerst<br />
wichtiges Thema. Die größte Angst<br />
des Positiven ist sehr oft, jemand anderen<br />
anzustecken. Genauso, wie es dazugehört,<br />
einem frisch Infizierten klar zu<br />
sagen, dass er in den nächsten Wochen<br />
sehr ansteckend ist, gehört es dazu, über<br />
die Wirkung der antiretroviralen Therapie<br />
zu sprechen und über die Bedeutung des<br />
„Unter-der-Nachweisgrenze-Seins“. Das<br />
entlastet die Betroffenen sehr. Bei der<br />
Besprechung der Blutwerte nimmt diese<br />
Frage immer einen großen Raum ein: Bin<br />
ich weiterhin nicht ansteckend?
GESUNDHEIT<br />
INTERVIEW<br />
Schlau zu HIV mit Dr. Heiko Jessen<br />
Heiko Jessen ist einer der profiliertesten<br />
forschenden Ärzte<br />
im Bereich HIV. Der erste Berliner Patient,<br />
der seit 1996 ohne eine antiretrovirale<br />
Therapie lebt und dennoch<br />
keine nennenswerte HI-Viruslast hat,<br />
stammt aus seiner Praxis Jessen2<br />
+ Kollegen in Berlin-Schöneberg<br />
(www.praxis-jessen.de). Der richtige<br />
Ansprechpartner also, wenn es um<br />
angebliche Heilung von HIV und die<br />
Einschätzung der Langzeitfolgen<br />
einer modernen HIV-Therapie geht.<br />
Wir trafen uns zum Gespräch.<br />
Vor kurzem wurde in den Medien darüber<br />
berichtet, dass erste Patienten<br />
durch eine Stammzelltransplantation<br />
von einer HIV-Infektion geheilt<br />
wurden. Provokativ gefragt: Ist eine<br />
Heilung auf diese Weise erstrebenswerter<br />
als die lebenslange Behandlung<br />
mit der modernen Antiretroviralen<br />
Therapie?<br />
Nein. Die Stammzelltherapie ist extrem<br />
aggressiv. Durch Bestrahlung und Chemotherapie<br />
wird das gesamte Immunsystem<br />
des Patienten zerstört. Selbst wenn man<br />
das überlebt, bleiben meist körperliche<br />
Schäden. Es ist unethisch Jemanden mit<br />
einer Therapie zu versehen, bei der zwei von<br />
drei Patienten*innen sterben, nicht vertreten.<br />
Das geht nur, wenn eine Leukämie nicht<br />
mehr anders behandelbar ist. Die moderne<br />
HAART besteht dagegen im Idealfall aus<br />
einer Therapie mit nur noch einer Tablette<br />
am Tag und absolut überschaubaren bis<br />
gar keinen Nebenwirkungen. Das bringt<br />
fast immer eine normale Lebenserwartung<br />
und -qualität. Wenn ich mir persönlich<br />
heute aussuchen müsste, ob ich lieber eine<br />
koronare Herzerkrankung, aggressiven Bluthochdruck<br />
oder HIV haben möchte, würde<br />
ich mich für HIV entscheiden, weil meine<br />
Lebenserwartung meist höher wäre als bei<br />
den anderen chronischen Erkrankungen.<br />
Was müsste sich aus Ihrer Sicht<br />
ändern, damit Menschen mit HIV<br />
unbeschwert älter werden können?<br />
Ganz wichtig ist es, das HIV-Stigma zu<br />
durchbrechen. Über die eben genannten<br />
Krankheiten kann ich mich bei meinem<br />
Nachbarn unterhalten, mit HIV geht das<br />
nach wie vor nicht. Die Schwelle, sich<br />
testen zu lassen, muss weiter gesenkt<br />
werden, um sogenannte Late Presenter<br />
früher zu erreichen. Der gerade eingeführte<br />
Selbsttest aus der Apotheke ist ein gutes<br />
Beispiel. Insgesamt muss aber gerade<br />
vonseiten der BzgA und der Aidshilfen<br />
noch viel mehr in Richtung Aufklärung der<br />
Hausärzt*innen getan werden. Deutschland<br />
hinkt da hinterher.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
Das ganze Gespräch findet ihr auf<br />
www.blu.fm.<br />
ÖSTERREICH<br />
#HIV: LIFE BALL 2019<br />
Letztes Jahr wurde er 25, jetzt reist<br />
er über den Regenbogen.<br />
„Der diesjährige Life Ball begibt sich auf<br />
eine Reise über den Regenbogen und<br />
landet mit einer umherziehenden Zirkustruppe<br />
in einer fantastischen Welt der<br />
Farben. Auf dem Weg finden sich mehr<br />
und mehr skurrile Figuren zusammen,<br />
alle auf ihre Art Freaks, jeweils auf der<br />
Suche nach einem Zuhause, nach Herz,<br />
Verstand und Mut“, verrät das Team über<br />
das Motto des LGBTIQ*-Events in Wien,<br />
den auch schon Barbie Breakout, Elton<br />
John und Anastacia besuchten. „Auch der<br />
Life Ball ging einen ähnlich steinigen Weg<br />
wie die LGBT-Bewegung und verstand<br />
sich stets als ein Ort der Sichtbarmachung<br />
von Menschen und Anliegen,<br />
die eine Gesellschaft zu stigmatisieren<br />
versucht. Nur durch das Sichtbarmachen<br />
und einen offenen Diskurs lassen sich<br />
HIV und AIDS besiegen“, ergänzt LIFE+<br />
Gründer und Life-Ball-Organisator Gery<br />
Keszler. „Außenseiter bleiben nur so<br />
lange Freaks und in einer Gesellschaft<br />
heimatlos, wie sie sich in ihren Nischen<br />
verstecken. Als vor 50 Jahren im Stonewall<br />
Inn erstmals Homosexuelle und Lesben<br />
vehement gegen die Schikanen der Polizei<br />
rebellierten, war der Weg in die Sichtbarkeit<br />
gewählt, die Regenbogenflagge ihr<br />
augenfälliges Symbol“, positioniert sich<br />
das Team vom Life Ball. „Ein Regenbogen<br />
zeigt nicht nur Schönheit, die aus dem<br />
Zusammenwirken von Vielfalt entsteht,<br />
er ist auch ein hauchzartes Gebilde, eine<br />
Brücke zwischen Himmel und Erde, ein Tor<br />
zu einer Traum- und Vorstellungswelt, so<br />
wie in dem von Judy Garland interpretierten<br />
Song ‚Over the Rainbow‘, der stets ein<br />
Topos der schwulen Subkultur war.“ *rä<br />
8.6., Life Ball, Wien, lifeplus.org<br />
FOTO: LIFE BALL / MARCO OVANDO 2019; ISA FOLTIN/GETTY IMAGES (BETH DITTO)
REISE<br />
Fesch für die Wiesn<br />
Egal ob für den Gay Day beim Münchner Oktoberfest<br />
im Zelt der Bräurosl, für’s Gaydelight beim Stuttgarter<br />
Wasenwirt oder die Gay Wiesn in Berlin. Das Outfit muss<br />
stimmen. Tchibo läutet ab dem 30. Juli 2019 die Volksfestsaison<br />
ein! Bevor es in Richtung Riesenrad, Festzeltzauber<br />
und jede Menge bayerische Gemütlichkeit geht, kleidet<br />
man sich zu Hause fesch ein. Traditionelle Trachten-Looks<br />
wie Lederhosen und Co. treffen dabei auf moderne Styles<br />
und machen jeden bereit für eine zünftige Gaudi.<br />
www.tchibo.de<br />
J. RÖMER<br />
GESUNDHEIT<br />
Schlau zu HIV<br />
mit Dr. Römer<br />
Wir fragten bei Dr. med. Katja Römer aus der Gemeinschaftspraxis<br />
Gotenring in Köln (www.gpg-koeln.de) nach, welche Parameter<br />
für die Auswahl der individuellen HIV-Therapie für Behandler<br />
und Patienten wichtig sind.<br />
Wie entscheiden Sie, welche Therapie ein Patient erhalten<br />
soll? Sind alle gleich gut?<br />
Grundsätzlich sind alle modernen HIV-Therapien in ihrer Wirksamkeit<br />
fast gleich. Es gibt Unterschiede in der Schnelligkeit, die<br />
Viruslast unter die Nachweisgrenze zu bringen. Die Gruppe der<br />
Integrasehemmer wirkt diesbezüglich sehr schnell. Wichtiger ist<br />
der Lifestyle des Patienten: Schafft er es, sich an feste Zeiten<br />
zu halten, arbeitet er im Schichtdienst, nimmt er wegen anderer<br />
– eventuell altersbedingter – Erkrankungen Medikamente, mit denen<br />
Wechselwirkungen bekannt sind? Frauen mit Kinderwunsch<br />
sind ebenfalls ein Spezialfall. Ebenso muss man auf Resistenzen<br />
vor Therapiebeginn achten.<br />
Welche Informationen können Patienten Ihnen auch<br />
nach Therapiebeginn geben, um zu prüfen, ob die Therapie<br />
auch wirklich gut vertragen wird?<br />
In der Regel kommt der Patient nach vier Wochen zur ersten<br />
Nachuntersuchung. Die erste Frage ist die, ob er es schafft, die<br />
Therapie wie gewünscht einzunehmen. Die zweite Frage ist<br />
die, ob sie verträglich ist: Gibt es Nebenwirkungen wie Übelkeit,<br />
Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Ausschläge? Ist das<br />
nicht der Fall, achte ich im weiteren Verlauf der Therapie darauf,<br />
dass der Patient mitteilt, ob Dinge wie Gewichtszunahme oder<br />
-abnahme oder psychische Beschwerden wie Depressionen<br />
auftreten.<br />
Gibt es Faktoren, die den Patienten im Hinblick auf ihre<br />
Behandlung wichtig sind?<br />
Sehr vielen Patienten ist es wichtig, dass es nur eine Tablette am<br />
Tag ist. Und, dass die Einnahme nicht an die Nahrungsaufnahme<br />
gekoppelt ist. Bei jüngeren Männern gibt es auch sehr oft die<br />
Frage, ob die Therapie mit dem Substanzgebrauch im Partyumfeld<br />
kompatibel ist, also dem Alkohol- oder Drogenkonsum. Bei<br />
Fitness-Junkies darf eine Therapie die wegen der hohen Eiweißaufnahme<br />
schon beanspruchte Niere nicht noch weiter belasten,<br />
sodass ich auf einmal sagen müsste: „Hört auf zu trainieren.“<br />
*Interview: Christian Knuth
NACHGEFRAGT<br />
Schlau zu HIV mit<br />
Dr. Thomas Buhk<br />
Laut Robert Koch-<br />
Institut hat sich<br />
die Anzahl der<br />
Menschen mit HIV<br />
über vierzig Jahre<br />
seit den 1990ern<br />
verfünffacht.<br />
Warum das so<br />
ist und welche<br />
Folgen das für<br />
die Therapie hat,<br />
erklärt uns Dr. Thomas Buhk, Facharzt<br />
für Innere Medizin und Infektiologe am<br />
Infektionsmedizinischen Centrum Hamburg<br />
(ICH/www.ich-hamburg.de). *ck<br />
Warum gibt es so viel mehr über<br />
40-jährige HIV-Positive?<br />
Mit einer HIV-Infektion ist von einer nicht<br />
nur normalen Lebenserwartung auszugehen<br />
– auch, was zu betonen ich finde sich lohnt,<br />
von einer normalen Gesundheitserwartung.<br />
Menschen mit einer HIV-Infektion sind<br />
gesunde Menschen – die HIV-Infektion hat<br />
sich von einer potenziell tödlich verlaufenden<br />
und lebenszeitverkürzenden Infektion<br />
zu einer lebensbegleitenden Kondition<br />
gewandelt. Allerdings sollte nicht vergessen<br />
werden, dass HIV-positive Menschen, die<br />
rauchen ein deutlich erhöhtes Morbiditätsund<br />
Mortalitätsrisiko im Vergleich zur nichtrauchenden<br />
Bevölkerung haben! Trotz einer<br />
HIV-Infektion gesund leben zu können, trifft<br />
also nicht für jeden zu.<br />
Zurück zur Frage: Unsere Patienten, die sich<br />
vor 20, 30, 40 Jahren mit HIV infizierten,<br />
können heute dank der Fortschritte in der<br />
HIV-Medizin stabil leben, so hat die Gruppe<br />
der über 40-Jährigen sich dadurch vergrößert,<br />
dass die damals Jungen diese Altersgrenze<br />
inzwischen überschritten haben. Die Neuinfektionen<br />
insgesamt nehmen zwar eher ab,<br />
doch prozentual ist nach den Berechnungen<br />
des RKI die Neuinfektionsrate bei älteren Altersgruppen<br />
leicht zunehmend, also erhöht!<br />
Gibt es besondere Anforderungen<br />
an die HIV-Therapie bei älteren<br />
Menschen?<br />
Je älter wir Menschen werden, desto höher<br />
ist das Risiko für Begleiterkrankungen und<br />
zusätzliche Medikamenteneinahmen, so<br />
dass Wechselwirkungen der unterschiedlichen<br />
Therapien unbedingt zu berücksichtigen<br />
sind! Wenn es geht, versuche ich bei den<br />
Patienten, die ich ärztlich begleite und die<br />
weitere Medikamente einnehmen müssen,<br />
GESUNDHEIT<br />
boosterfreie Regime und ggf. Therapien zu<br />
verordnen, die unbedenklicher für Wechselwirkungen<br />
sind. Jeder Patient kann übrigens<br />
selber seine Therapien auf der Liverpool-Seite<br />
www.hiv-druginteractions.org auf etwaige<br />
Wechselwirkungen überprüfen.<br />
Was sollte Ihrer Meinung nach getan<br />
werden, um die Awareness für „HIV<br />
im Alter“ bei Nicht-Schwerpunktärzten<br />
und in der Pflege zu steigern?<br />
An erster Stelle sollten alle Ärzte – aber auch<br />
andere Gruppen, die im Gesundheitswesen<br />
arbeiten – Indikatorerkrankungen oder Indikatorsymptome,<br />
die auf eine HIV-Infektion<br />
hinweisen, kennen. Etwa eine Gürtelrose,<br />
ein oraler Soor, eine Thrombozytopenie,<br />
eine Luesinfektion oder eine andere STD<br />
z.B. sollten immer Anlass sein dem Patienten<br />
einen HIV-Test anzubieten. Sexualität gibt<br />
es in jedem Alter und in vielen bunten Farben.<br />
Bei älteren Menschen eine HIV-Infektion<br />
zu übersehen, sollte uns nicht passieren,<br />
bzw. auch ältere Patienten, die ein Risikoverhalten<br />
leben, eine HIV-Infektion zu<br />
erwerben, sollten über die Möglichkeit einer<br />
PrEP aufgeklärt werden, um sie vor einer HIV-<br />
Infektion besser schützen zu können. [...]<br />
Lest das ganze Interview auf<br />
www.blu.fm/topics/schlau-zu-hiv/!<br />
Sind Sie schon PrEPariert?<br />
Mit Kalenderaufdruck die Übersicht<br />
behalten – bei der PrEP ist das Timing<br />
entscheidend.<br />
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder<br />
Apotheker!<br />
Eine freundliche Empfehlung von TAD Pharma
GESUNDHEIT<br />
FOTO: ISTOCKPHOTO.COM/VLADORLOV<br />
PSYCHE<br />
Zu fett für App und Strand?<br />
Laut einer Studie der Universität von<br />
Waterloo ist krankhafte Selbsteinschätzung<br />
des eigenen Körpers ein<br />
häufiges Problem für queere Männer,<br />
die Dating-Apps verwenden.<br />
Vor allem die App Grindr wirke sich<br />
demnach negativ auf das Körperbild<br />
der Nutzer aus, insbesondere was das<br />
Gewicht betrifft. Drei von vier Männern,<br />
die Sex mit Männern haben, nutzten<br />
diese App statistisch schon.<br />
„Dating-Apps sind in den letzten zehn<br />
Jahren immer beliebter geworden<br />
und haben die Art und Weise, wie<br />
Menschen miteinander in Kontakt<br />
treten, radikal verändert“, so Eric Filice,<br />
Hauptautor der Studie. „Wir waren<br />
überrascht, wie das Gewichtsstigma<br />
von einzelnen Benutzern aufrechterhalten<br />
und in die Informationsarchitektur<br />
der App eingebettet wird.“ Als Beispiel<br />
für diese systemimmanente Förderung<br />
eines gestörten Selbstbildes nannten<br />
die Studienmacher die Anonymität in<br />
der App und auch die Angabemöglichkeiten<br />
zur Körperbeschreibung,<br />
die es erleichtern sollen, zum Beispiel<br />
tatsächliches Übergewicht, das als<br />
stigmatisierend empfunden wird,<br />
zu kaschieren. Die Forscher fassten<br />
zusammen: „Menschen vergleichen ihr<br />
reales, persönliches Auftreten oft mit<br />
den sorgfältig kuratierten oder digital<br />
veränderten Darstellungen anderer, denen<br />
sie online begegnen.“ Dies könne<br />
zu weitreichenden negativen Folgen<br />
für das eigene Selbstbild führen. Als Lösung<br />
des Problems wurden von einigen<br />
Studienteilnehmern ehrlichere Fotos<br />
und korrektere Angaben zum Körper<br />
gewünscht. *ck<br />
NACHGEFRAGT<br />
Schlau zu HIV mit der AIDS-Hilfe Freiburg<br />
Erstmals in unserer Reihe mit Fachfragen zum Thema HIV und AIDS haben wir uns<br />
diesmal nicht an eine Schwerpunktpraxis gewandt, sondern an eine Beratungsstelle.<br />
Diese liegt auch nicht in einer der Metropolen Deutschlands, sondern im kleinstädtischen<br />
Bereich. Und das hat einen besonderen Hintergrund: Wir wollten wissen, wie es mit Vorurteilen<br />
und Stigmata in eher ländlichen Gebieten bestellt ist. Ralph Mackmull von der AIDS-Hilfe<br />
Freiburg gibt leider nicht wirklich Mut machende Antworten. *ck<br />
FOTO: STEFAN LAMB<br />
Berichten Besucher im Beratungsalltag<br />
von Stigmatisierungserfahrungen?<br />
Wenn ja, von welchen?<br />
Leider berichten Menschen mit HIV<br />
im Kontext unserer Beratungsangebote<br />
immer wieder und immer noch von<br />
Stigmatisierungserfahrungen. Der große<br />
Schwerpunkt ist dabei der medizinische<br />
und pflegerische Bereich. Neuralgisch für<br />
viele Menschen mit HIV ist der Besuch<br />
beim Zahnarzt. Hier kommt es – trotz<br />
mehrerer gemeinsamer Kampagnen<br />
von der Deutschen Aidshilfe und der<br />
Bundeszahnärztekammer – immer noch<br />
sehr häufig vor, dass Menschen mit HIV<br />
entweder gar keinen Termin, oder einen<br />
am Ende des Tages erhalten – mit der Begründung<br />
von besonderen hygienischen<br />
Notwendigkeiten, was völlig absurd ist<br />
und schlichtweg nicht stimmt. Gekennzeichnete<br />
Patientenakten, Einzelzimmerisolierung<br />
im Krankenhaus, Kontakt mit<br />
Pflegenden nur mit Vollkörperschutz sind<br />
weitere Erfahrungen, die uns berichtet<br />
werden. Meist liegt die Ursache von<br />
solchen Maßnahmen in mangelnder Aufklärung<br />
bzw. mangelndem Wissen über<br />
den aktuellen Behandlungsstand einer<br />
HIV-Infektion: Funktioniert die Therapie,<br />
ist die Person nicht mehr infektiös – selbst<br />
nicht mehr beim Sex. Das wissen immer<br />
noch zu wenige Menschen. Auch in der<br />
schwulen Szene ist dieses Wissen noch<br />
nicht vollständig angekommen. Immerhin<br />
scheint im Bereich der Arbeitswelt seit der<br />
Einführung der Datenschutzgrundverordnung<br />
eine Sensibilisierung bezüglich der<br />
Verwendung von Gesundheitsdaten von<br />
Mitarbeitenden stattgefunden zu haben:<br />
Wir erleben, dass die Berichte von Stigmatisierungen<br />
oder unfreiwilligen Outings<br />
am Arbeitsplatz etwas abnehmen.<br />
Welche Folgen haben diese Stigmatisierungen<br />
für die Betroffenen?<br />
Erlebte Stigmatisierung ist eine enorme<br />
psychische und seelische Belastung. Zudem<br />
bewirkt Stigmatisierung meist einen<br />
sozialen Rückzug – und das ganz gleich,<br />
in welchem Bereich die Stigmatisierung<br />
stattgefunden hat. Sie wirkt sich häufig<br />
negativ auf das gesamte Lebensumfeld<br />
aus. Gerade bei HIV ist eine latente<br />
Selbststigmatisierung oftmals stark<br />
verinnerlicht und schwächt das eigene<br />
Selbstwertgefühl und damit die eigenen<br />
Möglichkeiten, sich gegen die Stigmatisierung<br />
von außen zu wehren. Wir erleben<br />
zudem, dass Menschen mit HIV mit kaum<br />
jemandem – auch nicht im Freundeskreis<br />
– über ihre Infektion, die Stigmatisierungen<br />
und ihre belastenden Auswirkungen<br />
reden. Der eigene Partner ist oftmals der<br />
einzige Mensch, der Bescheid weiß. Die<br />
Angst, ausgegrenzt zu werden, steckt tief.<br />
Für die AIDS-Hilfen ist klar: Es ist eine der<br />
wesentlichen Aufgaben, die Öffentlichkeit<br />
weiter aufzuklären – nicht nur über<br />
die allgegenwärtige Stigmatisierung von<br />
Menschen mit HIV und deren Auswirkungen,<br />
sondern auch über den Stand der<br />
modernen Therapien. Mit einer kleinen Tablette<br />
täglich lässt sich HIV wirkungsvoll<br />
behandeln, so dass das Virus nicht mehr<br />
im Blut nachweisbar ist und eine weitere<br />
Übertragung des Virus schlicht unmöglich<br />
wird. Wer sich dies vor Augen führt,<br />
begreift, dass die alten Bilder von HIV<br />
und AIDS aus den 90er Jahren heute nicht<br />
mehr gelten und überdenkt vielleicht auch<br />
das eigene ausgrenzende Verhalten.<br />
Das ganze Interview unter<br />
www.blu.fm/topics/schlau-zu-hiv
GESUNDHEIT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
GEWICHTSZUNAHME DURCH<br />
HIV-THERAPIE?<br />
Während viele der älteren Generation beim Gedanken<br />
an HIV noch das Bild ausgemergelter Körper und starken<br />
Gewichtsverlusts im Kopf haben mögen, wird in der<br />
Community über ungewollte Gewichtszunahme unter<br />
antiretroviraler Therapie gesprochen. Wir fragten bei Professor<br />
Dr. med. Hans-Jürgen Stellbrink vom Infektionsmedizinischen<br />
Centrum Hamburg (ICH) nach, was es damit auf sich hat.<br />
FOTO: ICH<br />
DEUTSCHLAND<br />
(Tripper), 5 Prozent Chlamydien<br />
• 1 Prozent hat eine positive HIV-Diagnose<br />
bekommen (insgesamt gaben 10 Prozent<br />
der Teilnehemr an, HIV-positiv zu sein).<br />
Deutschland liegt hier wieder genau im<br />
Durchschnitt der Studie.<br />
• 7 Prozent hatten eine Hepatitis A<br />
• 6 Prozent hatten eine Hepatitis B<br />
• 2 Prozent hatten schon einmal eine<br />
Hepatitis-C<br />
Mythos Truvada-Hure<br />
Insgesamt ist die Testbereitschaft von MSM<br />
(verglichen mit der Allgemeinbevölkerung) hoch:<br />
Mehr als jeder zweite Befragte (56 Prozent) ließ<br />
sich im Jahr vor EMIS 2017 auf HIV testen, 46<br />
Prozent auf andere STI. Diese Werte führen direkt<br />
zur Frage, wie es um das persönliche Wissen um<br />
Ansteckungswege und die Präventionsstrategien<br />
bestellt ist. Denn wie oft hört man besonders<br />
in Bezug auf PrEP oder Schutz durch Therapie,<br />
dass „die Schlampen“ verantwortungslose<br />
Virenschleudern wären, was mit den Zahlen nicht<br />
übereinstimmen kann, denn beide HIV-Präventionsmethoden<br />
setzen regelmäßige Arztbesuche<br />
und damit ein engmaschiges Screening auf STI<br />
voraus. Anders formuliert: Würde jeder die PrEP<br />
wie verordnet nehmen, hätten sich 100 Prozent<br />
testen lassen.<br />
Und tatsächlich: 85 Prozent der Befragten hatten<br />
in den zwölf Monaten vor der Umfrage mindestens<br />
einmal Analverkehr mit einem Mann und 61<br />
Prozent mindestens einmal Analverkehr ohne<br />
Kondom. Analverkehr ohne Kondom mit einem<br />
Partner, dessen HIV-Status sie nicht kannten,<br />
hatten rund 24 Prozent aller und 20 Prozent der<br />
deutschen Befragten. Und das bei nur rund drei<br />
Prozent PrEP-Nutzern, in Deutschland sogar nur<br />
zwei Prozent. Soweit ein erster Überblick. EMIS<br />
2017 hält noch viele weitere Zahlen parat. *ck<br />
Was ist dran am Thema?<br />
Am Phänomen der ungewollten Gewichtszunahme kann kein Zweifel<br />
bestehen. Das Problem ist, dass es auch in der Allgemeinbevölkerung<br />
vorhanden ist. Ein Teil davon ist sicherlich einfach Rückkehr zum<br />
Normalzustand nach Kontrolle von HIV durch die ART. Es gibt zudem<br />
besonders bei den älteren Medikamenten der ART einige, die bekanntermaßen<br />
die Gewichtszunahme unterdrücken. Das hört sich vielleicht<br />
erst einmal toll an, ist aber vielleicht eine nicht nur positive Nebenwirkung,<br />
die wir bisher nicht erkannt haben. Als letzter Punkt muss<br />
erwähnt werden, dass wir immer nur über eine mittlere Gewichtszunahme<br />
sprechen, es gibt Patienten, die herausfallen und besonders stark<br />
zunehmen. Das alles zusammengenommen, sehen wir bei den neuen<br />
Medikamenten nur relativ mehr Gewichtszunahme als bei den alten. Wir<br />
wissen aber noch nicht, ob das tatsächlich ein Medikamenteneffekt ist,<br />
oder nur das Wegfallen der Nebenwirkungen der alten und der Effekt<br />
sonstiger Einflüsse wie Rauchentwöhnung, Antidepressiva, Jobwechsel<br />
mit sitzender Tätigkeit, kein Sport etc.<br />
Wann ist eine Therapieumstellung medizinisch sinnvoll und<br />
welche Alternativen gibt es dann?<br />
Ich muss hier leider ein wenig enttäuschen: Wir setzen die neuen Medikamente<br />
deswegen ein, weil sie weniger Nebenwirkungen auf Nieren,<br />
Knochen oder anderes haben. Gegen eine Gewichtszunahme haben<br />
wir ganz klassische und wirksame Methoden zum Leidwesen unserer<br />
Patienten: Sport, ausgewogene Ernährung, Verzicht auf Genussmittel ...<br />
Im Gegensatz dazu haben wir zur Zeit keinerlei Anhaltspunkte, dass ein<br />
Therapiewechsel auf ein anderes modernes Regime überhaupt Einfluss<br />
auf das Phänomen hätte. Wir beobachten das aber und werden selbstverständlich<br />
handeln, sollte sich doch zeigen, dass Therapiewechsel das<br />
Gewicht reduzieren können, ohne die Therapiewirkung zu gefährden.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
Ob wir es hier mit einer neuen Form der Lipodystrophie zu tun haben,<br />
lest ihr im ganzen Interview auf www.männer.media/schlau-zu-hiv!