Ausgabe 04-2011

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Schwerpunktthema Dichtheitsprüfung Richtlinie 2008/99/EG [16] in nationales Recht umzusetzen. Gegenstand der Richtlinie ist die vollständige Einhaltung des Umweltschutzrechts. Zusammenfassend heißt es in der Begründung zur Richtlinie, dass die Sicherstellung eines wirksameren Umweltschutzes abschreckendere Sanktionen für umweltschädigende Tätigkeiten oder die Unterlassung gesetzlich vorgeschriebener Handlungen erfordere. Die Anwendung strafrechtlicher Sanktionen solle gestärkt werden, da die bestehenden Sanktionsregelungen erfahrungsgemäß nicht ausreichend seien. Eine Handlung sei rechtswidrig, soweit sie gegen einen in Anhang A aufgeführten Rechtsakt verstoße. Hierbei eigne sich das Unterlassen einer gesetzlich vorgeschriebenen Handlung dazu, dieselbe Wirkung zu entfalten wie aktives Handeln und solle deswegen ebenfalls mit entsprechenden Sanktionen belegt werden. Die Richtlinie hätte bis zum 26. Dezember 2010 umgesetzt werden müssen. Die erneute Anmahnung und der Aufschub der Umsetzungsmaßnahmen bilden die zweite von drei Stufen eines Vertragsverletzungsverfahrens, in dem die EU-Kommission auch den Europäischen Gerichtshof anrufen kann. Je mehr Zeit verstreicht, desto deutlicher zeichnet sich ab, dass die Auf- und Annahme des Themas Grundstücksentwässerung nicht nur unter der Unfähigkeit, sondern auch unter dem Unwillen politischer Eliten leidet. So hat auch die Politik am gegenwärtigen zählebigen Umgang in Sachen Grundstücksentwässerung ihren Anteil, wahrscheinlich sogar den entscheidenden. Viele Vorträge, Referate, Stellungnahmen und Kommentare setzen sich zwar mit ökonomischen, ökologischen, organisatorischen, fachlichen sowie technischen Aspekten auseinander. Das gilt für Hemmnisse und Ansätze gleichermaßen. Nach deutscher Gründlichkeit will schließlich alles bedacht sein. Gerade die Politik sollte aber doch wissen, dass dauerhaft unterschiedliche Positionen, langatmige Abwägungsprozesse mit intransparenten Ergebnissen und Zuständigkeitsgerangel auf Landes- und Kommunalebenen noch nie zu einheitlichem und vermittelbarem Verständnis im Land geführt haben. Besitzt der auferlegte Anspruch, Boden und Grundwasser im Sinne der Daseinsvorsorge zu schützen, weiterhin Gültigkeit, dürfte sich die Wahrnehmung des Themas Grundstücksentwässerung etwa zwischen Bayern und Niedersachsen oder zwischen Nordrhein-Westfalen und Hessen auf Landes- und Kommunalebenen nicht unterscheiden. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der dringende Handlungsbedarf, der in allen Fachkreisen als erkannt gilt, ertrinkt in Fragen, Einwänden, zaudernden Haltungen und fehlendem Willen. Sicher beinhalten Vorbereitungs- und Planungsprozesse bei der Grundstücksentwässerung komplexe Entscheidungssituationen, aus denen sich je nach Bedürfnissen und Zielen unterschiedliche Lösungswege in den Ländern ergeben. Fundamentale Unterschiede dürften es aber nicht sein. Die derzeitige Situation ist verworren. Es zeigt sich zwar, dass uneinheitliche Rahmenbedingungen zu beispielhafter Kreativität führen können, zumindest dort, wo es gesetzliche Vorgaben gibt und die Dringlichkeit zur Überprüfung und Sanierung von GE-Anlagen aufgegriffen wird. Sie eröffnen aber eben auch Raum zur Inaktivität bis hin zu schlichter Ablehnung. Dies wird auf kommunaler Ebene besonders deutlich. Hier bilden sich dann auch alle denkbaren Reaktionen ab. Die gegenwärtige deutsche Gemüts- und Handlungslage in Sachen Grundstücksentwässerung ist gekennzeichnet von emotional engagierten Handlungsaufnahmen mit intensiven Bürgerinformationen / -begleitungen und unermüdlicher Überzeugungsarbeit, über schwelenden Argwohn und die stille Ablehnung bis hin zu regelrechten Bürgeraufständen. Erfolgsversprechenden Anstrengungen und Eigeninitiativen stehen verbaler Zerriss und heftige Torpedierungen in der Presse oder dem Internet gegenüber, wo mit dem Standardargument des angeblich ausgesprochen hohen wirtschaftlichen Interesses der in der Abwasserwirtschaft tätigen Unternehmen und Ingenieurbüros kräftige Attacken geritten werden und ein populärer Instinkt bedient wird. So werden die in wenigen Bundesländern zu erkennenden intensiven kommunalen Anstrengungen, durch Tatenlosigkeit und aggressive Gegenströmungen öffentlich wahrnehmbar konterkariert. Ein landesweit gemeinschaftlich getragener Umweltschutzgedanke kann sich so kaum ausbilden. Es ist fachlich unbestritten, dass GE-Anlagen funktions- und betriebssicher sein müssen, sodass abzuleitendes Abwasser, dort wo verlangt, der öffentlichen Abwasseranlage aufgabengerecht zugeleitet wird. Hierbei ist es unerheblich, ob sich auf den betreffenden Grundstücken Ein- oder Mehrfamilienhäuser, Bürogebäude, Gewerbebetriebe oder industrielle Komplexe befinden. Wird auf bebauten Grundstücken Abwasser gesammelt und über technische und bauliche Ableitungsvorrichtungen in öffentliche Entwässerungsanlagen abgeführt, werden GE-Anlagen betrieben. Unbestritten ist auch, dass sich Betrieb und Unterhalt von GE-Anlagen an den a. a. R. d. T. zu orientieren haben. Dort, wo diese Anforderungen unerfüllt bleiben, ist eine ordnungsgemäße Abwasserableitung und -entsorgung nicht mehr gegeben. Diese Fälle bringen möglicherweise Randbedingungen mit sich, die es der abwasserbeseitigungspflichtigen Seite unmöglich machen, ihre Aufgaben umfänglich wahrzunehmen. Hieraus kann sich für Beteiligte durchaus ein folgenschwerer Konflikt entwickeln, etwa wenn im Ernstfall juristisch zu klären ist, ob und inwieweit GE-Anlagenbetreiber ihrer Überlassungspflicht noch nachkommen, auf ihren Grundstücken anfallendes Abwasser vollständig in die öffentliche Abwasseranlage einzuleiten, wenn Teile davon bereits auf den privaten Grundstücken versickern und dadurch in die kommunale Abwasserbeseitigungspflicht eingegriffen wird. Man stelle sich in diesem Zusammenhang nur einmal vor, es gäbe GE-Anlagenbetreiber, die auf eine Anpassung der örtlichen Entwässerungssatzung an gesetzliche Vorgaben bestünden und den Vollzug der Satzungsregelungen einklagen würden ... Viele unterschiedliche Positionierungen und Problementdeckungen mögen dann auch ein Indiz dafür sein, dass es bei der Grundstücksentwässerung unter föderalistischen Randbedingungen nicht möglich ist, zu ländereinheitlichem Verständnis und gemeinsamen Handlungsaufnahmen zu gelangen. Offenbar stehen Kosten, Strategieentwicklungen, Organisationsfragen und der erklärte Boden- und Gewässerschutz in einem zu großen Spannungsverhältnis zueinander. Der Bildung eines Grundmusters übergreifender Geschlossenheit in 34 | RO-KA-TECH Journal 04 / 2011
Schwerpunktthema Dichtheitsprüfung einem umfassenden und überaus bedeutsamen Themenkomplex wie dem des Boden- und Grundwasserschutzes bietet sich strukturell bedingt kein Entwicklungsraum. Quellennachweise [1] Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG): Amtliche Fassung vom 31.07.2009, BGBl. I S. 2585, zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 11. August 2010, BGBl. I S. 1163 [2] Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG): Amtliche Fassung vom 19.08.2002, BGBl. I, S. 3245, zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22.12.2008, BGBl. I Nr. 65, S. 2986, in Kraft getreten am 30. Juni 2009 [3] Musterbauordnung (MBO) vom November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz (ARGEBAU) vom Oktober 2008 [4] Strafgesetzbuch (StGB) vom 13.11.1998, BGBl. I S. 3322, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.06.2011, BGBl. I S. 1266 m.W.v. 01.07.2011 [5] Rohr-Suchalla, K., Steinkemper, U., Scheffler, M.: Grundstücksentwässerungsanlagen – Baurecht versus Wasserrecht? In: bi UmweltBau (2009), Teil 1 in Heft 3 S. 90 – 93 [6] Rohr-Suchalla, K., Steinkemper, U., Scheffler, M.: Grundstücksentwässerungsanlagen – Baurecht versus Wasserrecht? In: bi UmweltBau (2009), Teil 2 in Heft 4, S. 58 – 62 [7] Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswassergesetz – LWG) vom 25. Juni 1995 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.06.1995, GV. NRW. 1995, S. 926, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 16.03.2010, GV NRW 2010, S. 185 [8] Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen v. 05.10.2010, konkretisiert am 17.06.2011 [9] Hamburgisches Wassergesetz (HWaG) in der Fassung vom 29. März 2005, HmbGVBl. 2005, S. 97, letzte berücksichtigte Änderung: Inhaltsübersicht, §§ 28, 37, 102 geändert, Abschnitt I des Sechsten Teils (§§ 52 bis 54c) neu gefasst durch Gesetz vom 14. Dezember 2007, HmbGVBl. S. 501 [10] Abwassereigenkontrollverordnung Hessen (EKVO) v. 23. Juli 2010, GVBl. I, S. 257 [11] Einführung der DIN 1986 Teil 30 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Instandhaltung“ als allgemein anerkannte Regel der Technik, Amtsbl. Schl.-H. 2010 S. 905, Bekanntmachung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume vom 5. Oktober 2010 – V 442/5240.54 – [12] DIN 1986-30: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke, Teil 30: Instandhaltung, Februar 2003 [13] BGH, Urt. V. 14.05.1998 – VII ZR 184/97; BVerwG Leipzig (seit 2002 Berlin), Urt. v. 22.05.1987 – 4 C 33-35/83; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 09.11.2006 – VII ZR 19/06; BVerwG Berlin, Beschl. v. 07.05.2007 – 4 B 5.07. [14] Scheffler, M.: Grundstücksentwässerungsanlagen – Zustandsorientierte Instandhaltung und Bewertung in der Immobilienwirtschaft, Stuttgart 2007 [15] Scheffler, M., Rohr-Suchalla, K.: Schäden an Grundstücksentwässerungsanlagen – Ursachen, Folgen, Sanierung, Rechtsfragen, Stuttgart 2010 [16] RICHTLINIE 2008/99EG DES EUROPÄISCHEN PARLA- MENTS UND DES RATES vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt Der Autor Dr.-Ing., Dipl.-Ing. (FH) Michael Scheffler ist Inhaber eines Sachverständigen- und Ingenieurbüros; Fachgebiet Entwässerungstechnik, Schwerpunkt: Gebäude- und Grundstücksentwässerung. Fortsetzung folgt! Sachverständigen- und Ingenieurbüro Dr.-Ing. Scheffler Wilhelmshöher Allee 258 D-34131 Kassel Telefon: +49 (0) 561/9708023 Telefax: +49 (0) 561/9708024 Mobil: 0151/15202150 E-Mail: info@dr-ing-scheffler.de www.dr-ing-scheffler.de RO-KA-TECH Journal 04 / 2011 | 35
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