Industrieanzeiger 07.2020
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07.20<br />
10.03.2020 | 142. Jahrgang<br />
www.industrieanzeiger.de<br />
Hybridleichtbau Komplexität der Teile steigt Seite 32<br />
Robotics Kongress Erfolgreich mit Cobots Seite 48<br />
Transportroboter Produktiv und sicher Seite 54<br />
e.Go-Chef Prof. Schuh<br />
über die Folgen des<br />
Mobilitätswandels Seite 42<br />
Top-<br />
Thema<br />
Automotive
info@pueschel-group.com<br />
www.pueschel-group.com<br />
2 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
meinung<br />
Lust und Last<br />
am Automobil<br />
Es gibt Menschen, denen eine Angelegenheit so auf die Seele<br />
drückt, dass sie sich ihr nicht entziehen können, eine Sache mit<br />
gesellschaftlicher Relevanz. Sie wollen und müssen sie durchfechten<br />
– wohl, weil sie spüren, dass es auf ihre Sicht ankommt. Das ist<br />
Berufung und Pflicht zugleich, Lust und Last, Segen und Fluch. Der<br />
vielleicht prominenteste Fall ist Greta Thunberg. Sie hat etwas zu<br />
sagen und deswegen vieles angestoßen. Und wenn sie auf dem<br />
UN-Podium – als 16-Jährige – klagte, man habe ihre Kindheit zerstört,<br />
dann ist auch das echt. Weil sie gar nicht anders konnte, als<br />
ihr Anliegen ultimativ kund zu tun und sich zu exponieren. Ihr Tun<br />
war auch notwendig, wer wollte das bestreiten? Alle Mutmaßungen,<br />
wer oder was dahinterstecken könnte,<br />
laufen ins Leere. Denn ohne Authenzität<br />
hätte sie diese Wirkung nicht erzielen<br />
können. Dass sie heute einen Unterstützer-<br />
Apparat besitzt und weltweit Gehör findet,<br />
ist nur fair und zu begrüßen. Wir sollten die<br />
Sicht solcher Grenzen überschreitender<br />
Zeitgenossen ernst nehmen, als Reichtum<br />
und Glücksfall begreifen und uns damit<br />
befassen. Es muss nicht gleich um das<br />
Weltklima gehen.<br />
In dieser <strong>Industrieanzeiger</strong>-Ausgabe<br />
stellen wir Rainer Kurek vor, einen Auto -<br />
mobilbau-Experten, der Praktiker und<br />
Visionär zugleich ist. Kurek hat Rennwagen<br />
entwickelt, Engineering-Firmen geführt,<br />
berät OEM und unterrichtet Management<br />
– und er hat eine in der Praxis gereifte Sicht,<br />
wie die Branche sich transformieren und<br />
weiter Erfolge haben kann, trotz wahrlich<br />
schwierigem Marktumfeld. Im <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
schlägt er in einer Serie vor,<br />
„Leichtbau neu zu denken“ – und zwar<br />
im Management. Es könnte lohnen, sich<br />
damit auseinander zu setzen. Doch lesen<br />
Sie selbst ab Seite 24. •<br />
Themen 07.20<br />
06 Technik-Augenblicke<br />
08 Tipps der Redaktion<br />
10 Corona-Folgen<br />
22 Digitalmesse<br />
24 Automobilentwicklung<br />
28 Virtual Reality<br />
32 Hybridleichtbau<br />
38 Assistenzsysteme<br />
40 Streckbiegen<br />
42 Mobilitätswandel<br />
46 Metallfügen<br />
48 Robotics Kongress<br />
54 Mobile Robotik<br />
58 Datenkommunikation<br />
60 Oberflächentechnik<br />
66 Glosse<br />
Olaf Stauß<br />
Redakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Berglar 27 | 33154 Salzkotten<br />
info@rump.de | www.rump.de<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 3
inhalt 07.20<br />
32 | Hybrider Leichtbau<br />
Die neue Chevrolet Corvette<br />
Sting ray ist voll mit hybriden<br />
Komponenten – und wurde<br />
zum nordamerikanischen<br />
Automobil des Jahres 2020<br />
gewählt.<br />
48 | Robotics Kongress<br />
Die gemeinsame Veranstaltung<br />
von <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
und Technology Academy lieferte<br />
praktische Tipps für die<br />
Roboterintegration<br />
42 | Interview<br />
Mobilität muss weiterhin flexibel,<br />
komfortabel und bezahlbar<br />
möglich sein, sagt<br />
e.Go-Chef Prof. Günther<br />
Schuh. Er erläutert seine Vision<br />
eines Mobilitätswandels.<br />
4 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
News & Management<br />
03 Meinung<br />
Grenzen überschreitende Visionen sind<br />
gefragt – auch im Automobilbau<br />
10 Corona-Folgen<br />
Die Angst vor einem Absturz der<br />
Weltkonjunktur wächst<br />
12 Messetermine verschoben<br />
Überblick zu aufgrund von Corona<br />
verschobenen Messen<br />
18 Zulieferindustrie<br />
Trotz Coronavirus hat sich Situation<br />
für Zulieferer im Februar verbessert<br />
22 Digitalmesse<br />
Die Twenty2X soll die Cebit-Lücke in<br />
Hannover füllen<br />
24 Automobilentwicklung<br />
Automobilexperte Kurek sieht einzige<br />
Chance in systemischem Leichtbau<br />
●26 Interview<br />
Steffen Boll, Chef des Entwicklungsdienstleisters<br />
CSI erklärt, warum er alle<br />
Anteile von Audi zurückgekauft hat<br />
28 Virtual- und Augmented Reality<br />
Die Einsatzmöglichkeiten von VR und<br />
AR sind vielseitig<br />
Technik & Wissen<br />
●32 Hybrider Leichtbau<br />
Mit hybriden Bauweisen erzielt die<br />
Automobilindustrie heute die dringend<br />
benötigten Gewichtseinsparungen<br />
38 Assistenzsysteme<br />
Rechnergestützte Fahrfunktionen<br />
stoßen an ihre Systemgrenzen<br />
40 Umformtechnik<br />
Streckbiegen liefert schnell und wirtschaftlich<br />
komplex gefomte Profile<br />
●42 Interview<br />
Produktionsforscher und e.Go-Chef<br />
Prof. Günther Schuh über die Folgen<br />
des Mobilitätswandels<br />
46 Metall-Ultraschallschweißen<br />
Für die Batterieherstellung ist schnelles<br />
Metallfügen unverzichtbar – auch<br />
Herrmann Ultraschall steigt jetzt ein<br />
●48 Nachbericht Robotics Kongress<br />
Teilnehmer erfuhren aus erster Hand,<br />
wann sich der Einsatz von Cobots<br />
wirklich bezahlt macht<br />
●54 Mobile Robotik<br />
Transportroboter optimieren die<br />
Produktionslogistik bei einem Hersteller<br />
von Haushaltsgeräten<br />
58 Datenkommunikation<br />
Ethernet-Swichtes bringen Maschinen<br />
ins Produktionsnetzwerk<br />
60 Oberflächentechnik<br />
High-Speed-Laserstrukturierung<br />
nach dem Vorbild der Natur<br />
Produkte & Service<br />
06 Augenblicke der Technik<br />
08 Tipps der Redaktion<br />
20 Menschen<br />
62 Bücher<br />
63 Produkte<br />
64 Impressum<br />
64 Vorschau<br />
65 Wir berichten über<br />
66 Zuletzt<br />
Zum Titelbild<br />
Die Elektromobilität erfordert neue Fahrzeugkonzepte.<br />
Innovative Denkweisen,<br />
Kontruktionsprinzipien und Komponenten<br />
sind die Basis für deren Erfolg. Bild: Gorodenkoff/stock.adobe.com<br />
Folgen Sie uns online für<br />
noch mehr News.<br />
Kompetenz in der<br />
Schleuderrad-Strahltechnik<br />
Wir bieten neue und gebrauchte<br />
Schleuderrad-Strahlanlagen<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 5<br />
258-01/19-4c
augenblicke der technik<br />
6 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Anfang März trafen sich rund tausend Experten im<br />
spanischen Málaga beim European Robotics Forum<br />
(ERF), einem bedeutenden Treffen der europäischen<br />
Robotik-Community. Gemeinsam mit der<br />
Univer sidad de Málaga präsentierte dort der Roboterbauer<br />
Kuka eine spezielle Applikation zum<br />
Thema Rettung und Bergung von Personen. Meist<br />
lassen sich Verschüttete nur aus der Ferne lokali -<br />
sieren. Ohne Berührung können Lebens zeichen jedoch<br />
nur schwer festgestellt werden. Das Forschungsprojekt<br />
will Lösungs -<br />
ansätze für dieses Problem<br />
liefern. In der speziellen Anwendung<br />
greift der Leichtbau -<br />
roboter LBR iiwa nach dem<br />
Handgelenk eines Verschütteten,<br />
der durch eine menschliche Puppe<br />
simuliert wird. Über ein speziell trainiertes,<br />
neuronales Netz erkennt der Roboter das<br />
Handgelenk auch in einem chaotischen<br />
Umfeld. Der nachgiebige Roboterarm ist<br />
mit einer intelligenten Bildverarbeitung ausgestattet<br />
und kann direkt Vitalfunktionen<br />
wie Puls oder Blutdruck messen. Spezielle<br />
mobile Plattformen, die den Roboterarm<br />
zum Verschütteten bringen, werden von<br />
der Uni Málaga entwickelt. Typischerweise<br />
arbeiten in einem solchen Szenario gleich<br />
mehrere Robotertypen zusammen. So klären<br />
Dronen die Situation vor Ort und mobile<br />
Roboter unterstützen die Bergung der<br />
Verletzten. Bild: Kuka<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 7
tipps der redaktion<br />
Mehr als nur ein Stift<br />
Bild: Samsung<br />
Intelligent geheizt<br />
Immer die perfekte Temperatur zu<br />
Hause verspricht Tado°, ein smarter<br />
Climate Assistant. Er steuert<br />
die Heizung in allen Räumen. Die<br />
neuen smarten Thermostate V3+<br />
sorgen zudem für ein gesundes<br />
Klima und überwachen die Innensowie<br />
Außenluft. Mit der zuge -<br />
hörigen App wissen Nutzer auch<br />
von unterwegs immer, wie die<br />
Temperatur in den eigenen vier Bild: Tado<br />
Wänden ist und können Änderungen<br />
vornehmen.<br />
Beim<br />
S Pen handelt es sich um einen<br />
Eingabestift für Android- Geräte wie<br />
zum<br />
Beispiel das Galaxy Note 10 und<br />
dem<br />
Galaxy<br />
Tab S5e LTE. Doch mit<br />
dem<br />
„Stift“<br />
kann der Nutzer noch sehr<br />
viel mehr tun, als nur auf seinem<br />
Smartphone zu tippen: Er kann eigene<br />
GIFs erstellen. Zudem bietet der Pen<br />
4096 Druckstufen. Seine Spitze reagiert<br />
sensibel auf<br />
Berührungen, sodass der<br />
Nutzer beim<br />
Schreiben oder Zeichnen<br />
immer<br />
die Kontrolle hat.<br />
@<br />
Eine<br />
Bild: Verlag C. H. Beck<br />
Das Zeitalter der<br />
Cyborgs beginnt<br />
Der Ökodenker James Lovelock<br />
prophezeit in seinem neuen Buch<br />
das Ende des Anthropozäns (das<br />
Zeitalter, in dem der Mensch zu einem<br />
der wichtigsten Einflussfaktoren<br />
auf der Erde geworden ist) und<br />
den Anbruch einer neuen Zeit: Mit<br />
der Gegenwart habe das „Novozän“<br />
begonnen, das Zeitalter der<br />
Hyperintelligenz. Schon sehr bald<br />
wird laut Autor aus der künstlichen<br />
Intelligenz eine neue Art von<br />
Lebewesen hervorgehen: Cyborgs,<br />
die 10.000 mal schneller sein werden<br />
als Menschen.<br />
Übersicht sowie weitere Informationen zu<br />
den einzelnen Tipps erhalten Sie hier:<br />
www.industrieanzeiger.de/tipps<br />
Endlich das „DSGVO-Monster“<br />
bändigen<br />
Bild: HRES Development<br />
Die Umsetzung der DSGVO löst bei vielen Unternehmen aufgrund drohender<br />
Strafzahlungen und Abmahnungen immer noch Nervosität aus.<br />
Eine Lösung, die helfen kann, ist „DS easy“ von HRES Development.<br />
Das Datenschutzmanagementsystem (DSMS) erleichtert besonders für<br />
KMUs die Umsetzung und begleitet den Verantwortlichen Schritt für<br />
Schritt durch das Audit. Der Auditprozess ist dabei in verständliche Einzelschritte<br />
und leicht zu bedienende Interview-Bildschirme gegliedert.<br />
8 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
FINE U-Nut<br />
Für zuverlässige Wellenverbindungen<br />
Praxisbeispiel – Wellensicherung an einem Elektromotor<br />
Hohe Zuverlässigkeit, sicherer Lagersitz sowie eine einfache und schnelle Montage<br />
sind nur einige Vorteile, die unsere FINE U-Nut Sicherungsmutter erfüllt.<br />
Zusätzliche Sicherungselemente oder aufwendiges Spanen einer Keilnut entfallen.<br />
Ob Wellen oder Schrauben – als Kompetenzpartner im Bereich der Sicherungselemente<br />
bieten wir sowohl ein breites Standardsortiment als auch individuelle<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 9
nachrichten<br />
Weltwirtschaft drohen Verwerfungen<br />
Corona-Folgen | Die wirtschaftlichen Folgen durch den Ausbruch<br />
des Coronavirus könnten für die Weltkonjunktur drastisch werden.<br />
Immer mehr Regierungen wollen mit Maßnahmen gegensteuern.<br />
Die Angst vor dem Absturz<br />
der Weltkonjunktur<br />
ist groß. Auch Deutschland<br />
könnte in die<br />
Rezession rutschen.<br />
Bild: Eisenhans/<br />
stock.adobe.com<br />
Die drastische Reaktion der chinesischen<br />
Behörden auf die Ausbreitung<br />
des Coronavirus hat<br />
einen großen Teil der Wirtschaft<br />
des Landes kurzfristig lahmgelegt.<br />
Der Einfluss des Covid-<br />
19-Erregers dürfte die Konjunktur<br />
nicht nur in China im gesamten<br />
Jahr 2020 belasten.<br />
Knapp 21 % beträgt Chinas Anteil<br />
an der weltweiten Industrieproduktion.<br />
Viele Unternehmen<br />
sind als Nachfrager und Zulieferer<br />
im globalen Produktionsprozess<br />
vernetzt, mit enormen Auswirkungen<br />
auf die Weltwirtschaft.<br />
Infolgedessen könnte die<br />
deutsche Industrieproduktion<br />
nach Schätzungen der IKB Bank<br />
im Jahr 2020 mit bis zu einem<br />
Prozentpunkt belastet werden.<br />
Eine drastische Prognose fällt<br />
die Organisation für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(OECD). Statt um<br />
2,9 % wie im Jahr 2019 würde<br />
das weltweite Bruttoinlandsprodukt<br />
im schlimmsten aller anzunehmenden<br />
Szenarien nur noch<br />
um 1,5 % wachsen. Dies könnte<br />
eintreten, wenn der Ausbruch<br />
des neuartigen Virus länger<br />
dauere und den asiatisch-pazifischen<br />
Raum, Europa und Nordamerika<br />
breit erfasse. Zahlreiche<br />
Volkswirtschaften auf der<br />
ganzen Welt würden damit in<br />
eine Rezession fallen, Deutschland<br />
eingeschlossen. Hierzulande<br />
wird für 2020 ein Plus beim<br />
Bruttosozialprodukt von 0,3 %<br />
prognostiziert.<br />
OECD-Chefökonomin Laurence<br />
Boone warnte: „Regierungen<br />
können es sich nicht leisten<br />
zu warten.“ Die Bundesregierung<br />
prüft jetzt staatliche Hilfen<br />
und auch die Europäische Zentralbank<br />
(EZB) zeigt sich bereit,<br />
angemessene und gezielte Maßnahmen<br />
zu ergreifen, kündigte<br />
EZB-Chefin Christine Lagarde<br />
an.<br />
•<br />
München macht das Rennen um die IAA<br />
Die IAA soll sich von einer Automobilzu<br />
einer Mobilitätsplattform weiterentwickeln.<br />
Bild: VDA<br />
Automobilmesse | Im Kopf-an-Kopf-Rennen<br />
mit Berlin und Hamburg hat sich München<br />
als Austragungsort der neuen IAA<br />
durchgesetzt. Die ehemalige reine Automobilmesse<br />
soll grundlegend neu konzipiert<br />
werden, teilte der Veranstalter, der Verband<br />
der Automobilindustrie (VDA), mit. Der<br />
Verbandsvorstand werde die Verhandlungen<br />
mit der bayerischen Landeshauptstadt<br />
fortführen, um in den nächsten Wochen zu<br />
einem Vertragsabschluss für die Messe ab<br />
2021 zu kommen, heißt es.<br />
Die IAA wird sich von einer Automobilzu<br />
einer Mobilitätsplattform weiterentwickeln.<br />
Sie soll neben der Faszination Auto<br />
Initialzündung dafür sein, dass sich die austragende<br />
Stadt zu einer Smart City mit intelligenten<br />
Verkehrskonzepten und innovativer<br />
Vernetzung der Verkehrsträger entwickelt –<br />
nachhaltig und an den Bedürfnissen der<br />
Menschen ausgerichtet. München und die<br />
Konzeption der Stadt bieten dafür nach Ansicht<br />
des VDA-Vorstandes „die besten Voraussetzungen“.<br />
•<br />
10 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
starlim ist der<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 11
nachrichten<br />
Ticker<br />
+++ Hannover Messe | Die Hannover<br />
Messe 2020 findet aufgrund<br />
des Coronavirus nicht<br />
zum geplanten Termin (20. bis<br />
24. April) statt. Nach langen<br />
Überlegungen hat die Deutsche<br />
Messe AG entschieden, die Industriemesse<br />
zu verschieben.<br />
Der neue Termin steht auch<br />
schon fest: 13. bis 17. Juli. +++<br />
Roboter macht den<br />
Werker zum Herkules<br />
❧<br />
+++ Metav | Die Messe für Technologien<br />
der Metallbearbeitung,<br />
die vom 10. bis 13. März in<br />
Düsseldorf stattfinden sollte,<br />
wurde verschoben. Nachdem<br />
viele große Aussteller ihre Messe-Teilnahme<br />
abgesagt haben.<br />
Ein neuer Termin steht noch<br />
nicht fest. +++<br />
❧<br />
+++ Grindtec | Die Spezialmesse<br />
für Schleiftechnik wird aufgrund<br />
von Corona nicht zu ihrem<br />
geplanten Termin (18. bis<br />
21. März 2020) in Augsburg<br />
stattfinden. Das gab der Veranstalter<br />
AFAG Messen und Ausstellungen<br />
bekannt. Der neue<br />
Termin soll zeitnah bekanntgegeben<br />
werden. +++<br />
❧<br />
+++ Wire und Tube | Auch das<br />
Fachmesseduo der Draht-, Kabel-<br />
und Rohrindustrie ist von<br />
den Corona-Maßnahmen der<br />
Messe Düsseldorf betroffen und<br />
wird nicht vom 30. März bis 3.<br />
April stattfinden. In Abstimmung<br />
mit allen Beteiligten wird<br />
die Messe Düsseldorf über alternative<br />
Termine beraten. +++<br />
Im letzten Jahr hatte der<br />
Kongress in der Technology<br />
Academy auf dem<br />
Hannover Messegelände<br />
Premiere.<br />
Bild: Uwe Böttger<br />
Kongress | Das Forum Cobots und Exoskelette liefert Lösungen<br />
aus erster Hand, wie in Zukunft der Mitarbeiter<br />
durch den Kollegen Roboter entlastet werden kann.<br />
Der Arbeitsplatz der Zukunft im<br />
industriellen Umfeld wird anders<br />
aussehen als heute. In Zeiten<br />
einer älter werdenden Belegschaft<br />
muss es auch darum gehen,<br />
Mitarbeiter gesund zu halten.<br />
Das gilt besonders im<br />
Schwerlastbereich. Hier kann<br />
der Kollege Roboter den Mitarbeiter<br />
tatkräftig unterstützen.<br />
Werker und Roboter werden zu<br />
einem Team, in dem jeder die<br />
für ihn passenden Aufgaben erledigt.<br />
Exoskelette werden in<br />
diesem Zusammenhang für die<br />
Produktion immer interessanter,<br />
denn auch sie entlasten den Werker<br />
deutlich.<br />
Doch welche Technik macht<br />
Sinn bei welchen Anwendungen?<br />
Wann ist der Einsatz wirtschaftlich?<br />
Und welche konkreten<br />
Lösungen gibt es schon?<br />
Antworten auf diese und weite-<br />
re Fragen gibt das Forum Cobots<br />
und Exoskelette. Die gemeinsame<br />
Veranstaltung des <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
und der Technology<br />
Academy findet statt am<br />
19. Mai 2020 im Pavillon 36<br />
auf dem Hannover Messegelände.<br />
Praxisorientierte Fachvorträge<br />
und eine Podiumsdiskussion<br />
zeigen den Weg zum Arbeitsplatz<br />
der Zukunft. Der Besucher<br />
kann sich innerhalb eines Tages<br />
auf den neuesten Stand der<br />
Technik bringen und erkennt<br />
das Potenzial von Robotik, Exoskeletten<br />
und anderen Techniken,<br />
die den Werker künftig bei<br />
der Arbeit unterstützen. Unter<br />
dem Link http://hier.pro/w5iw9<br />
können Sie sich direkt ein Ticket<br />
sichern. •<br />
12 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Kistler gibt sich optimistisch<br />
Gedruckte Elektronik serienreif<br />
Messtechnik | Die Kistler Gruppe<br />
mit Hauptsitz in Winterthur<br />
sieht sich „in zukunftsträchtigen<br />
Feldern, wie der Elektromobilität<br />
oder Industrie 4.0 unterwegs“,<br />
wie CEO Rolf Sonderegger<br />
sagte. Der Firmenchef rechnet<br />
deshalb „2020 mit erneutem<br />
Umsatzwachstum“. Im Vorjahr<br />
sei das Unternehmen wirtschaft-<br />
Rolf Sonderegger. Bild: Kistler<br />
lich hinter seinen Erwartungen<br />
zurückgeblieben und verzeichnete<br />
einen Umsatzrückgang um<br />
2,1 % auf 466 Mio. CHF. Der<br />
Grund sei das schwächelnde<br />
Marktumfeld im Automobilsektor<br />
insbesondere in China.<br />
2019 hat Kistler erheblich in<br />
die eigenen Standorte investiert.<br />
Sowohl am Hauptsitz in Winterthur,<br />
wo ein neuer Standort bezogen<br />
wurde, als auch an zwei<br />
deutschen Standorten in Heidelberg<br />
und Meerane wurden weitere<br />
Kapazitäten geschaffen, um<br />
Zukunftsthemen und -technologien<br />
gezielt weiterzuentwickeln.<br />
Mit dem Zukauf der Unternehmen<br />
AMS, Smetec und Vester<br />
habe Kistler zudem in den vergangenen<br />
Jahren weitere Kompetenzen<br />
aufgebaut, sagte Sonderegger.<br />
Der Lösungsanbieter<br />
für die dynamische Messtechnik<br />
beschäftigt eigenen Angaben zufolge<br />
aktuell weltweit rund<br />
2200 Mitarbeiter an mehr als<br />
60 Standorten. •<br />
Messe Lopec | Dreidimensionale<br />
gedruckte Elektronik, auch „3D<br />
Structural Electronics“ genannt,<br />
stattet verschiedenste Objekte<br />
mit elektronischen Zusatzfunktionen<br />
aus. Über Anwendungen,<br />
Herstelltechnologien und ihr<br />
Potenzial informiert die Kongressmesse<br />
Lopec 2020 vom<br />
24. bis 26. März in München.<br />
Letztes Jahr waren 163 Aussteller<br />
aus 19 Ländern vertreten,<br />
Besucher aus 44 Ländern wurden<br />
gezählt.<br />
Gedruckte Elektronik steckt<br />
in Turnschuhen, T-Shirts, Autos,<br />
Haushaltsgeräten und vielem<br />
mehr: Sie revolutioniert zahlreiche<br />
Branchen, weil sie so leicht,<br />
dünn, flexibel und robust ist,<br />
dass sie sich in nahezu jedes geformte<br />
Objekte integrieren lässt.<br />
„Gedruckte Elektronik kann die<br />
steigende Nachfrage nach smarten<br />
Produkten erfüllen – und<br />
das bei großer Designfreiheit“,<br />
betont Dr. Klaus Hecker, Geschäftsführer<br />
des Branchenverbandes<br />
und Mitveranstalters<br />
Robotergestützter Inkjet-Druck kann<br />
gedruckte Elektronik auf dreidimensionalen<br />
Oberflächen aufbringen – integriert<br />
in die Serienfertigung.<br />
Bild: Biermann & Jung<br />
OE-A (Organic and Printed<br />
Electronics Association).<br />
Seit einigen Jahren beobachtet<br />
Hecker zudem ein wachsendes<br />
Interesse an individualisierbaren<br />
Fertigungsprozessen:<br />
„Das Ziel sind maßgeschneiderte<br />
smarte Produkte zu konkurrenzfähigen<br />
Kosten.“ Auch diesen<br />
Trend greift die Lopec auf,<br />
denn gedruckte Elektronik hat<br />
hier eine Schlüsselrolle. •<br />
100 bis 20.000 Nm - 10 bis 2.000 kW<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 13
nachrichten<br />
VDE erntet Zustimmung<br />
für KI-Ethik-Modell<br />
Künstliche Intelligenz | Kurz nachdem die EU ihr White Paper zu KI vorgestellt<br />
hat, legte der VDE sein Modell für eine KI-Ethik vor – und erhielt breite Zustimmung.<br />
KI beherrscht das Komplexe. Damit sie<br />
nicht auch den Menschen beherrscht,<br />
braucht es KI-Ethik. Bild: Greenbutterfly/stock.adobe.com<br />
KI messbar zu machen – darum geht es der<br />
Tech-Organisation VDE mit ihrem jetzt vorgestellten<br />
Modell. Einen Tag nach Veröffentlichung<br />
des White Papers der EU zur<br />
Künstlichen Intelligenz begrüßte der VDE<br />
ausdrücklich die Überlegungen der EU-<br />
Kommission, um Verbraucher vor Nachteilen<br />
durch KI zu schützen. Zugleich sieht sich<br />
der VDE in der Diskussion „einen Schritt<br />
weiter“ und präsentierte ein Modell, mit<br />
dem sich KI-Ethik transparent und differen-<br />
ziert abbilden lasse. Es wurde zusammen<br />
mit einem renommierten Wissenschaftler-<br />
Konsortium entwickelt<br />
„Ethik wird genauso wie das Thema<br />
Nachhaltigkeit zum Wettbewerbsvorteil.<br />
Unternehmen, die transparent aufzeigen,<br />
wie sich ihre KI-Systeme ethisch verhalten,<br />
bringen ihre Produkte leichter in den<br />
Markt“, erklärt Dr. Sebastian Hallensleben,<br />
KI-Experte im VDE und Initiator des Modells.<br />
„Mit dem Modell fördern wir das Vertrauen<br />
der Bürger in KI-Systeme, die direkt<br />
mit Menschen zu tun haben oder mit deren<br />
Daten umgehen.“ Gleichzeitig wirke das<br />
Modell den Ängsten vor einer Vorschriftenflut<br />
entgegen.<br />
Das Modell des VDE für eine Ethik-<br />
Kennzeichnung lehnt sich an die leicht verständliche<br />
Energieeffizienz-Kennzeichnung<br />
an: Es macht die Eigenschaften von KI-Systemen<br />
in ähnlicher Weise sichtbar, wie<br />
beispiels weise Schutz der Privatsphäre,<br />
Transparenz oder Diskriminierungsfreiheit.<br />
Es gehe dabei bewusst nicht um ein Ja/<br />
Nein-Gütesiegel, sondern eine abgestufte<br />
Kennzeichnung wichtiger Eigenschaften, betont<br />
Hallensleben. „Wir machen KI-Ethik<br />
messbar und schaffen damit einen trans -<br />
parenten Wettbewerb, ermög lichen regionale<br />
Mindeststandards für bestimmte Anwendungen<br />
und geben Kunden Transparenz.“ •<br />
Deutsche Industrie schultert hohe Kosten<br />
Unternehmen im Ausland produzieren rund 13 % weniger<br />
arbeitskostenintensiv als in Deutschland. Bild:<br />
Industrieblick/stock.adobe.com<br />
Lohnstückkosten | Die hohe Produktivität<br />
in Deutschland kann die teuren Arbeitskosten<br />
nicht ausgleichen. Laut aktueller Studie<br />
des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW)<br />
Köln produzieren Unternehmen im Ausland<br />
rund 13 % weniger arbeitskostenintensiv<br />
als in Deutschland. Demzufolge ist im Jahr<br />
2018 der Lohnstückkostenunterschied zwischen<br />
dem Euroraum und Deutschland auf<br />
8 % gestiegen. Damit rückt Deutschland im<br />
internationalen Ranking auf Platz sechs vor.<br />
Folglich hätten deutsche Industrieunterneh-<br />
men höhere Arbeitskosten je Arbeitnehmerstunde<br />
im Verhältnis zur Produktivität als<br />
die meisten anderen Länder, so die Studie.<br />
Noch kostenintensiver ist die Produktion<br />
nur in Norwegen, Kroatien, Großbritannien,<br />
Frankreich und Estland. Außerhalb<br />
der europäischen Grenzen produzieren Unternehmen<br />
in den USA und Japan deutlich<br />
günstiger als in Deutschland. Im Durchschnitt<br />
blieb die Produktivität der 27 Vergleichsländer<br />
im Jahr 2018 um 12 % hinter<br />
Deutschland zurück. •<br />
14 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Haimer bleibt optimistisch<br />
Unternehmensumsatz | Die Geschäfte<br />
von Haimer liefen 2019<br />
sehr unterschiedlich. Zu Beginn<br />
konnten die Umsatzzahlen des<br />
Vorjahres noch getoppt werden.<br />
Im zweiten Halbjahr folgte<br />
dann eine deutliche Eintrübung.<br />
Insgesamt schloss der Spezialist<br />
für Werkzeugspann- und -auswuchttechnik<br />
das vergangene<br />
Geschäftsführer Andreas Haimer blickt<br />
positiv in die Zukunft. Bild: Haimer<br />
Schluss mit Aufzügen<br />
Jahr auf ähnlich hohem Niveau<br />
ab wie im Rekordjahr 2018. Für<br />
2020 erwartet die Geschäftsführung<br />
eine Beruhigung des wirtschaftlichen<br />
Umfelds und ein in<br />
etwa gleichbleibendes Ergebnis.<br />
Für die Zukunft sieht Geschäftsführer<br />
Andreas Haimer<br />
sein Unternehmen gut gerüstet:<br />
„Die Digitalisierung der Produktionsprozesse<br />
stellt schon<br />
jetzt für jedes Unternehmen einen<br />
Erfolgsfaktor dar. Darauf<br />
sind wir bestens eingestellt, indem<br />
wir produktseitig eine<br />
komplette Datendurchgängigkeit<br />
bieten können – vom Werkzeug,<br />
der Werkzeugaufnahme<br />
inklusive dem Spannvorgang,<br />
dem Wuchten bis hin zur Werkzeugvoreinstellung<br />
und dem<br />
Einsatz auf der Maschine.“ •<br />
Veräußerung | Thyssenkrupp<br />
verkauft sein Aufzuggeschäft<br />
Elevator Technology vollständig<br />
an ein Konsortium um Advent,<br />
Cinven und die RAG-Stiftung.<br />
Einer entsprechenden Entscheidung<br />
des Vorstands hat der<br />
Aufsichtsrat des Industriekonzerns<br />
bereits zugestimmt. Die<br />
Unterzeichnung des Kaufvertrags<br />
ist erfolgt. Der Vollzug der<br />
Transaktion wird bis zum Ende<br />
des laufenden Geschäftsjahres<br />
erwartet. Der Kaufpreis beträgt<br />
17,2 Mrd Euro. Einen Teil wird<br />
der Konzern in eine Rückbeteiligung<br />
am verkauften Aufzuggeschäft<br />
investieren. Die Transaktion<br />
steht unter dem Vorbehalt<br />
fusionskontrollrechtlicher Genehmigungen.<br />
Die durch die Transaktion<br />
zufließenden Mittel werden im<br />
Unternehmen verbleiben und<br />
sollen in erforderlichem Umfang<br />
zur Stärkung der Bilanz<br />
verwendet werden. Darüber hinaus<br />
sollen die Erlöse zur Weiterentwicklung<br />
der verbleibenden<br />
Geschäfte und des Portfolios<br />
eingesetzt werden. •<br />
Performance<br />
neu defi niert<br />
Die aktuelle TS2-Baureihe –<br />
SCARA Design perfektioniert<br />
Erster vollkommen gekapselter Vierachs-Roboter<br />
Einzigartiger, zylindrischer Arbeitsbereich<br />
Überlegene Dynamik und Wiederholgenauigkeit<br />
Hohe Konnektivität, Ethernet Cat5e<br />
Integriertes Werkzeugwechselsystem<br />
Stäubli – Experts in Man and Machine<br />
www.staubli.com<br />
HMI 2020<br />
Sie finden uns in<br />
Halle 6, Stand K37<br />
Der Industriekonzern<br />
Thyssenkrupp veräußert<br />
sein Geschäft<br />
mit Aufzügen und<br />
Fahrtreppen. Bild:<br />
Thyssenkrupp<br />
Stäubli Tec-Systems GmbH, Tel. +49 (0) 921 883 0, sales.robot.de@staubli.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 15
nachrichten<br />
Schon 7,9 Millionen E-Autos weltweit<br />
Elektromobilität | Im Jahr 2019 ist der Bestand an Elektroautos<br />
weltweit auf rund 7,9 Mio. gestiegen – ein Plus von<br />
2,3 Mio. Die Neuzulassungen sind erneut auf Höchststand.<br />
Auch wenn der Anblick noch ungewohnt ist: Die Zahl der Elektroautos steigt weltweit<br />
und Deutschland holt langsam auf, allerdings von niedrigem Niveau ausgehend.<br />
Bild: Wellnhofer Designs/stock.adobe.com<br />
Mit insgesamt 3,8 Mio. E-Autos<br />
liegt China weltweit unan -<br />
gefochten auf Platz eins. Danach<br />
folgen die USA mit knapp<br />
1,5 Mio. Vor allem in diesen<br />
beiden Ländern war die Wachstumsrate<br />
der Neuzulassungen<br />
rückläufig.<br />
In Deutschland entwickelte<br />
sich der Markt dagegen weiter<br />
positiv, wenn auch auf niedrigerem<br />
Niveau: Hierzulande rollten<br />
Ende 2019 knapp 231.000<br />
Stromer über die Straßen. Diese<br />
neuen Zahlen stammen aus<br />
einer aktuellen Erhebung des<br />
Zentrums für Sonnenenergie-<br />
und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg<br />
(ZSW).<br />
Nach Angaben der Wissenschaftler<br />
verbuchte Tesla weltweit<br />
mit 361.000 die meisten<br />
Neuzulassungen 2019. Deutsche<br />
Hersteller haben sich<br />
weiter verbessert: BMW liegt<br />
weltweit auf Platz fünf mit<br />
114.500 Elektroautos. Volks -<br />
wagen erreicht Rang sechs.<br />
Jedoch ist das globale Wachstum<br />
trotz Rekord-Zulassungen<br />
rückläufig: Es beträgt nur noch<br />
4 % nach 74 % im Vorjahr. •<br />
Datenquelle: www.zsw-bw.de/<br />
mediathek/datenservice<br />
Maxi-Getriebegehäuse künftig 3D-gedruckt<br />
3D-Metalldruck | Teile für Schiffsgetriebegehäuse<br />
kommen künftig aus dem 3D-Drucker<br />
statt aus der Gießerei. Niedersächsische<br />
Forschungsinstitute und Unternehmen<br />
entwickeln einen 3D-Drucker, der stählerne<br />
Bauteile mit einem Gewicht von mehreren<br />
Tonnen herstellen kann. Er wird die Größe<br />
eines Frachtcontainers erreichen.<br />
Der 3D-Druck schont Ressourcen im<br />
Vergleich zum Gießen: Beim 3D-Drucken<br />
können beispielsweise auch Hohlräume<br />
oder Wabenstrukturen eingebracht werden.<br />
Das additive Getriebegehäuse aus Stahl soll<br />
deshalb maximal 10 t wiegen – wird es<br />
gegossen, erreicht es ein Gewicht von 13 t.<br />
Die Getriebegehäuse großer Schiffe sind<br />
Unikate. Werden die Bauteile additiv gefertigt<br />
statt gegossen, entfällt zudem die teure<br />
Herstellung individueller Gussformen.<br />
Beim Drucken setzt das Laser Zentrum<br />
Hannover (LZH) auf das laserunterstützte<br />
Lichtbogenschweißen. Pro Stunde sollen bis<br />
zu 5 kg Stahl aufgetragen werden. Um die<br />
Teilequalität sicherzustellen, entwickelt das<br />
Institut für Integrierte Produktion Hannover<br />
(IPH) eine Inline-Messtechnik. •<br />
Schiffsgetriebe: Die tonnenschweren,<br />
stählernen Gehäuseteile werden bisher<br />
gegossen. In Zukunft sollen sie mit<br />
einem riesigen 3D-Drucker hergestellt<br />
werden. Bild: Reintjes<br />
Licht-Profis<br />
mit neuem<br />
Standort<br />
Investition | Die Deutsche<br />
Lichtmiete Unternehmensgruppe<br />
legt an Dynamik<br />
zu. Der LED-Industriedienstleister<br />
reagiert<br />
auf die deutlich gestiegene<br />
Nachfrage im Bereich<br />
Light as a Service (LaaS)<br />
und eröffnet in Sandkrug/<br />
Niedersachsen einen neuen<br />
Produktionsstandort.<br />
Die frei werdenden Räume<br />
am bisherigen Standort<br />
in Oldenburg werden<br />
für die Entwicklung von<br />
intelligenten Lichtlösungen<br />
genutzt. •<br />
16 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Tawain zeigt Innovationskraft<br />
Industrie 4.0 | Wegen der Furcht vor dem<br />
Coronavirus sind Atemschutzmasken in vielen<br />
Städten weltweit ausverkauft. Die taiwanesische<br />
Werkzeugmaschinenindustrie zeigt,<br />
wie Industrie 4.0 und die digitalisierte Produktion,<br />
helfen können, den Engpass zu beenden.<br />
Dafür haben Hersteller ihre Produk-<br />
tionskapazitäten umgelenkt und in die<br />
Fertigung von Atemschutzmasken gesteckt.<br />
Unternehmen wie Tongtai Machine<br />
& Tool Co., TPI Bearings und Hiwin<br />
Technologies haben hierfür angepasste<br />
Produktionslinien eingerichtet, berichtet das<br />
Taiwan External Trade Development Council<br />
(Taitra). Der Corona-Coup zeige, wie<br />
leistungsfähig und flexibel die Industrie Taiwans<br />
ist. 2018 produzierte die sie Maschinen<br />
im Rekordwert von 36 Mrd. Euro, die<br />
Exporte stiegen um 7,3 %. Die größte Bedrohung<br />
für die Industrie Taiwans sei indes<br />
nicht das Coronavirus, sondern der Handelskrieg<br />
zwischen den USA und China. Im<br />
Jahr 2019 gingen die Exporte deshalb um<br />
8 % zurück. •<br />
Taiwans Werkzeugmaschinenindustrie fertigt Atemschutzmasken.<br />
Bild: Win Nondakowit/stock.adobe.com<br />
Forscher hacken die Hacker<br />
IT-Sicherheit | Die meisten Schutzprogramme versuchen, Angreifer<br />
zu stoppen, ehe sie ihre Trickkiste richtig auspacken. Statt Hackern<br />
den Zugang zu ihren Computern zu verwehren, laden Security-<br />
Experten der University of Texas sie geradezu ein, sich in ihren<br />
Rechnern einzunisten. Die Forscher nutzen das Eindringen, um zu<br />
lernen, wie ein Computer sich selbst dagegen wehren kann. Dazu<br />
gibt die Methode Deep-Dig laut den IT-Wissenschaftlern einen tiefen<br />
Einblick in das Vorgehen von Hackern. Laut einer Meldung von<br />
pressetext.at landen die Hacker beim Angriff auf einer Webseite, die<br />
als Köder dient. So lernen die Sicherheitsexperten mehr über die<br />
Taktik der Angreifer und wie bösartige Attacken ablaufen – Hacker<br />
starten üblicherweise mit einfachen<br />
Mitteln, um dann immer anspruchsvollere<br />
Taktiken einzusetzen.<br />
Dieses Wissen nutzen die Wissenschaftler<br />
dann, um Computer<br />
oder auch ganze Netzwerke mittels<br />
KI darauf zu trimmen, Angriffe zu<br />
erkennen und selbstständig Schutzmaßnahmen<br />
zu ergreifen. •<br />
Amerikanische Forscher spionieren Hacker<br />
aus und sammeln Wissen über deren Taktik,<br />
um Computer mittels KI sicherer zu machen.<br />
Bild: AdobeStock/Sergey Nivens<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 17
nachrichten<br />
Zunehmend Sorgen um Lieferketten<br />
Zulieferindustrie | Trotz Coronavirus hat sich die Situation<br />
für die Zulieferunternehmen im Februar verbessert. Doch<br />
jetzt nimmt die Unsicherheit täglich zu.<br />
Insbesondere die Produktion in Norditalien könnte durch die Corona-Epidemie beeinträchtigt<br />
werden. Bild: Superingo/stock.adobe.com<br />
Der Ausbruch des Coronavirus<br />
hat der deutschen Zulieferindustrie<br />
im Februar noch keinen<br />
größeren Schaden zugefügt. Das<br />
Geschäftsklima hat sich sogar<br />
leicht verbessert. Allerdings gingen<br />
die Bewertung der Lage und<br />
die Erwartungen für die kommenden<br />
Monate weit auseinander.<br />
Gegenüber Januar habe sich<br />
zwar die die aktuelle Situation<br />
gegenüber dem Vormonat verbessert,<br />
betont die Arbeitsgemeinschaft<br />
Zulieferindustrie<br />
(ArGeZ), ihre Perspektiven jedoch<br />
würden die Unternehmen<br />
insgesamt schlechter eingeschätzten.<br />
Zum Umfragezeitpunkt<br />
war noch nicht absehbar,<br />
dass sich der Virus auch in<br />
Europa stark verbreiten würde.<br />
Je länger die Epidemie andauere,<br />
desto größer würden die Sorgen<br />
um negative Auswirkungen<br />
auf globale Lieferketten und<br />
Absatzmärkte. Vor allem die<br />
Produktion in Norditalien<br />
könnte beeinträchtigt werden<br />
und treffe auch die Zulieferer.<br />
Deshalb sei davon auszugehen,<br />
dass Konjunkturprognosen angepasst<br />
werden müssten. •<br />
Mit voller Kraft ins neue Jahr<br />
Bilanz | Die Würth Industrie Service GmbH<br />
& Co. KG kann aus wirtschaftlicher Sicht<br />
auf ein ereignisreiches Jahr 2019 zurückblicken<br />
und den Kurs der vergangenen Jahre<br />
fortsetzen. Das Handelsunternehmen für<br />
modulare C-Teile-Lösungen verzeichnete<br />
2019 einen Umsatz von 582 Mio. Euro, was<br />
einer Steigerung von 2,5 % entspricht.<br />
Mit über 20 Jahren Expertise auf dem<br />
Markt hat sich das Unternehmen als C-Tei-<br />
le-Partner für die Industrie etabliert. Die Voraussetzung<br />
für die professionelle industrielle<br />
C-Teile-Abwicklung ist ein Sortiment mit<br />
mehr als 1,1 Mio. Artikeln. Das Angebot<br />
reicht von der klassischen Verbindungs- und<br />
Befestigungstechnik über Hilfs- und Betriebsstoffe<br />
wie persönliche Schutzausrüstung<br />
und chemisch technische Produkte bis<br />
hin zu Sonderteilen nach Zeichnung. Mit<br />
der Erweiterung um das Tätigkeitsfeld Additive<br />
Manufacturing (3D-Druck) erfolgt<br />
gleichzeitig auch der Ausbau des bisherigen<br />
C-Teile-Spektrums um weitere Produktgruppen.<br />
Sie bilden die Basis für die direkte<br />
Belieferung der Kunden weltweit und für<br />
die vernetzten C-Teile-Lösungen in der Beschaffung,<br />
in der Intralogistik, am Montageplatz,<br />
an der Fertigungslinie oder in der Instandhaltung.<br />
•<br />
Das Handelsunternehmen für modulare C-Teile-Lösungen<br />
konnte im letzten Jahr den Umsatz um 2,5 Prozent<br />
steigern. Bild: Würth Industrie Service<br />
Zehn Jahre<br />
Laserteile4you<br />
Online-Portal | Laserteile4you feiert<br />
10-jähriges Bestehen. Das Online-Portal<br />
der H.P. Kaysser GmbH + Co. KG<br />
gilt als Pionier für das professionelle<br />
Bestellen individuell gefertigter Blechteile<br />
über das Internet. Was 2010 mit<br />
einer mutigen Idee begann, hat sich zu<br />
einem leistungsfähigen Bestellportal<br />
entwickelt. Deutschlandweit nutzen<br />
mehr als 10.000 Kunden die Möglichkeit,<br />
umfangreiche Blechbearbeitungen<br />
in großer Materialvielfalt rund<br />
um die Uhr zu kalkulieren und zu bestellen.<br />
Die zum Jahresbeginn freigeschaltete<br />
neue Website bietet noch<br />
bessere Übersichtlichkeit, mehr Informationen<br />
und noch schnelleres Kalkulieren.<br />
Mit zahlreichen Aktionen und<br />
Angeboten wollen die Anbieter das<br />
ganze Jubiläumsjahr über feiern. •<br />
18 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
DÜSSELDORF,10.–13. MÄRZ<br />
POWER YOUR BUSINESS<br />
Ende für die Streetscooter<br />
Elektromobilität | Die Deutsche<br />
Post DHL Group stellt die Produktion<br />
ihrer Streetscooter ein.<br />
Der Konzern wolle sich nur<br />
noch auf den Betrieb der aktuellen<br />
Bestandsflotte konzentrieren.<br />
Ausschlaggebend für das<br />
Ende des Ausbaus sei, dass es bis<br />
heute nicht gelungen ist, einen<br />
passenden Partner für das Projekt<br />
zu gewinnen, so die Konzernaussage.<br />
„Dank Streetscooter haben<br />
wir eine der größten elektrisch<br />
betriebenen Lieferflotten der<br />
Welt und bedeutende Impulse in<br />
Sachen Elektromobilität gesetzt.<br />
Wir haben immer gesagt, dass<br />
wir kein Autohersteller sein wollen.<br />
Eine weitere Skalierung ohne<br />
den richtigen Partner entspricht<br />
nicht unserer langfristigen strategischen<br />
Zielsetzung. Die Umstellung<br />
unserer Flotte auf E-Mobilität<br />
werden wir unabhängig von<br />
der heutigen Entscheidung weiter<br />
entschieden vorantreiben“,<br />
sagt CEO Frank Appel. •<br />
JETZT 4 TAGE LAUFZEIT!<br />
VON DIENSTAG BIS FREITAG<br />
HALT DIE FRÄSE<br />
UND KOMM ZUR METAV<br />
Die Post verkündet das<br />
Ende des Street scooters.<br />
Bild: Deutsche Post DHL<br />
Group<br />
Ungleichheit durch Industrie 4.0<br />
Automatisierung | Modellrechnungen von Wirtschaftswissenschaftlern<br />
der Universität Hohenheim zusammen<br />
mit Kollegen der Universität Göttingen prognostizieren,<br />
dass die Automatisierung künftig zu mehr wirtschaftlicher<br />
und sozialer Ungleichheit führen wird. Das werden<br />
vor allem die Menschen mit geringer Qualifikation zu<br />
spüren bekommen, heißt es. Auch die Arbeitslosigkeit<br />
wird bei diesen Beschäftigten langfristig gesehen steigen.<br />
Die oft diskutierte Robotersteuer könne dem weniger<br />
entgegensteuern, als man bisher annahm.<br />
Um Wirtschaftswachstum und langfristige Entwicklungen<br />
zu erklären,<br />
verwenden die Forscher<br />
Rechenmodelle,<br />
in die sie Eckdaten<br />
einspeisen. •<br />
21. Internationale Messe für<br />
Technologien der Metallbearbeitung<br />
Vorankommen – aber nicht nur mit Schnittgeschwindigkeit:<br />
die gesamte Wertschöpfungskette der Metallbearbeitung<br />
an einem Ort präsentiert.<br />
Das Wissen von morgen für den betrieblichen Erfolg im<br />
Handumdrehen sichern. Fräs dich durch die METAV!<br />
Laut Rechenmodellen<br />
wird die Automatisierung<br />
Ungleichheiten verstärken.<br />
Bild: Ipopba/<br />
stock.adobe.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
menschen<br />
Generationswechsel<br />
in Nürnberg im Blick<br />
Lim leitet Asien-Geschäft<br />
Bei der LMT Tools GmbH & Co. KG, Schwarzenbek,<br />
verstärkt Daniel Lim (Bild) das globale Management<br />
und übernimmt ab sofort die Leitung für die Region<br />
APAC. Er löst damit Erwin Geissler ab, der das Unternehmen<br />
verlässt. Die Wachstumsmärkte in Asien sind<br />
für LMT Tools von hoher strategischer Priorität. Der<br />
neue Head of APAC soll nun die weitere Geschäftsentwicklung<br />
vorantreiben.<br />
Galdabini<br />
organisiert<br />
EMO Milano<br />
Sebastian Dombos (Bild) verstärkt als Verkaufsleiter das<br />
Engel-Team in Nürnberg. Er soll im April 2021 die Nachfolge<br />
von Ralf Christofori als Geschäftsführer der Engel<br />
Deutschland GmbH antreten. Christofori wird zu diesem<br />
Zeitpunkt in den Ruhestand wechseln. Mit der Neueinstellung<br />
bereitet die Engel Austria GmbH, Schwertberg,<br />
frühzeitig den Generationswechsel in Nürnberg vor.<br />
Zerspanung von<br />
der Pike auf<br />
Im April wird Andreas Jäppche<br />
(Bild) als Geschäftsführer der<br />
Vargus Deutschland GmbH in<br />
Knittlingen, die Nachfolge von<br />
Werner Kieninger antreten . Als<br />
Abteilungsleiter Produktmanagement und<br />
Technologie bei Vargus lernte Jäppche in den<br />
vergangenen sechs Jahren bereits die Aufgaben<br />
und Herausforderungen des Unternehmens<br />
kennen. Vor seinem Wechsel zu Vargus<br />
war er in verschiedenen Positionen bei Zerspanwerkzeugherstellern<br />
weltweit tätig.<br />
Luigi Galdabini leitet als<br />
neu gewählter Generalkommissar die<br />
Organisation der EMO Milano 2021,<br />
Weltausstellung von Werkzeugmaschinen,<br />
die vom 4. bis 9. Oktober 2021<br />
auf dem Messegelände von Fieramilano<br />
Rho stattfinden wird. Galdabini,<br />
CEO der Cesare Galdabini S.p.A. in<br />
Cardano al Campo (Varese), ist ehemaliger<br />
Präsident von Ucimu-Sistemi per<br />
Produrre und immer noch Vorstandsmitglied<br />
des italienischen Werkzeugmaschinenverbandes.<br />
Neuer Chef für Spanien<br />
Michele Burla (Bild) übernimmt ab sofort die Leitung<br />
von Voss Fluid Spanien. Der Maschinenbauingenieur<br />
und Sales-Experte soll das Wachstum der Voss Fluid<br />
GmbH, Wipperfürth, auf dem spanischen Markt<br />
weiter vorantreiben. Burla ist Nachfolger von José<br />
Outumuro, der die spanische Niederlassung 44 Jahre<br />
lang als Geschäftsführer leitete.<br />
20 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Starkes Team für Europa<br />
Ralf Laber, Managing Director bei SMC<br />
(rechts) und Stephan Stammberger, Managing<br />
Director, COO Sales & Marketing<br />
bei Misumi (links), freuen sich über<br />
die Partnerschaft. Bild: SMC<br />
Partnerschaft | SMC und das<br />
Pneumatische und auf die mechanische<br />
Komponentenherstellung<br />
und den Vertrieb spezialisierte<br />
Unternehmen Misumi haben<br />
eine Partnerschaft für<br />
Produktives Patentamt<br />
Deutschland und Europa gestartet.<br />
Das Ziel: Pneumatische und<br />
elektrische Automatisierungstechnik<br />
soll jederzeit verfügbar<br />
und schnell europaweit im Einsatz<br />
sein.<br />
Das breite Automatisierungsportfolio<br />
von SMC als Hersteller,<br />
Partner und Lösungsanbieter<br />
für elektrische und pneumatische<br />
Automatisierungstechnik<br />
ist dabei auch über den Online-<br />
Shop von Misumi rund um die<br />
Uhr bestellbar. Mehr als 1200<br />
SMC Produkte sind bereits direkt<br />
ab Lager verfügbar, über<br />
400.000 im Online-Shop gelistet.<br />
„Wir verstärken damit unsere<br />
Präsenz am Markt und Misumi<br />
wird zum One-Stop-Shop für<br />
leistungsstarke Automatisierungstechnik<br />
in der Branche“,<br />
sagt Ralf Laber, Managing Director<br />
bei SMC. •<br />
Statistik | Das Deutsche<br />
Patent- und<br />
Markenamt hat<br />
2019 deutlich mehr<br />
Schutzrechtsverfahren<br />
abgeschlossen<br />
als im Vorjahr. Im<br />
Patentbereich erledigten<br />
die Prüferinnen<br />
und Prüfer<br />
40.124 Prüfungsverfahren<br />
– so viele wie Bild: md3d/stock.adobe.com<br />
Das Patentamt war im letzten Jahr besonders fleißig.<br />
nie zuvor. Die Steigerung<br />
im Vergleich zum Vorjahr betrug 5,3 %. Die<br />
Zahl der erteilten Patente lag bei 18.255 und damit sogar<br />
um 11,5 % höher als 2018. Das ist die höchste Zahl<br />
erteilter Patente seit 12 Jahren. Die Erteilungsquote lag<br />
mit 45,5 % leicht über der des Vorjahres (43,0 %). Hinzu<br />
kamen 16.927 Rechercheberichte für Patente und<br />
Gebrauchsmuster (+ 3,9 %). Auch der Markenbereich<br />
legte starke Zahlen vor. 74.986 Eintragungsverfahren<br />
wurden abgeschlossen (+ 4,9 %). Mit Eintragung endeten<br />
55.017 Verfahren (+ 8,8 %). •<br />
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16. bis 18. Juni 2020 Messe Stuttgart<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 21
news & management<br />
Ein Jahr nach dem Cebit-Aus<br />
wagt die Deutsche Messe<br />
mit der Digitalmesse<br />
Twenty2X einen neuen Anlauf.<br />
Bild: Deutsche Messe<br />
wichtigstes Kundensegment. „Bereits bei der Absage der<br />
Cebit waren wir zuversichtlich, dass wir mit unserem<br />
Netzwerk neue Formate für die Digitalbranche entwickeln<br />
können. Gespräche mit Anbietern und Anwendern<br />
haben aufgezeigt, dass durch den Wegfall der Cebit<br />
ein Vakuum entstanden ist. Es fehlte vor allem eine<br />
Plattform für den Mittelstand,“ erläutert Dr. Andreas<br />
Gruchow, Mitglied des Vorstandes bei Deutsche Messe,<br />
die Beweggründe, bereits kurz nach dem Cebit-Aus eine<br />
neue IT- und Digitalmesse auf die Beine zu stellen.<br />
Cebit-Nachfolger Twenty2X wegen Coronavirus verschoben<br />
Mit scharfem Profil<br />
auf Neustart<br />
Digitalmesse | Die Twenty2X soll das Vakuum nach<br />
dem Wegfall der Cebit füllen: Jetzt sorgt das Coronavirus<br />
dafür, dass die neue IT-Messe – statt wie ursprünglich<br />
geplant Mitte März – erst im Juni in Hannover<br />
stattfindet. Zielgruppe sind KMU und Start-ups.<br />
An drei Tagen unter der Woche, in zwei Messehallen<br />
und mit sechs Themenschwerpunkten will sich die<br />
Twenty2X als reine B2B-Messe kompakt und klar<br />
strukturiert zeigen. „Nur die Essenz, kein Schnickschnack“,<br />
sagt Jutta Jakobi, Global Director Digital<br />
Business bei der Deutschen Messe und verantwortlich<br />
für die neue IT-Fachmesse, zu der rund 180 Aussteller<br />
aus 12 Ländern erwartet werden. Die neue Messe, die<br />
künftig jährlich stattfinden soll, versteht sich als „Digital<br />
Enabler“ für den Mittelstand und wendet sich in erster<br />
Linie an Geschäftsführer und IT-Entscheider von<br />
KMUs aus der DACH-Region. Jakobi: „Wir konzentrieren<br />
uns auf die Kernbereiche der geschäftlichen IT-Anwendungen<br />
und setzen den Fokus auf Besucher aus kleinen<br />
und mittelständischen Unternehmen.“ Der überwiegende<br />
Teil der Aussteller, darunter auch einige Branchenschwergewichte<br />
wie IBM oder Dell, kommt selbst<br />
aus dem Mittelstand oder sieht den Mittelstand als sein<br />
Fokus auf den Mittelstand<br />
Thematisch reicht das Messe-Angebot von Datenanalyse-Tools<br />
und neuen Arbeitsmethoden über Social-Media-Strategien<br />
bis zum Umgang mit Bedrohungen im<br />
Netz. Es geht um intelligente Technologien und anwendungsreife<br />
Lösungen, die die digitale Transformation<br />
des Mittelstands vorantreiben können. „Die Cebit versuchte,<br />
alle Themen der Digitalisierung als Horizontalmesse<br />
für eine weltweite Kundschaft abzubilden“, so<br />
Gruchow weiter. Die Twenty2X hingegen sei deutlich<br />
fokussierter als es die Cebit je war. Partner der neuen<br />
Messe sind denn auch Verbände, die den Mittelstand sowohl<br />
auf Anbieter- als auch auf Anwenderseite vertreten:<br />
der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi), der<br />
Verband der Internetwirtschaft eco, der Bundesverband<br />
Digitale Wirtschaft BVDW, der Bundesverband der mittelständischen<br />
IT-Dienstleister und Softwarehersteller<br />
für den öffentlichen Sektor Databund, der Bundesverband<br />
mittelständische Wirtschaft BVMW, der IT-Anwenderverband<br />
Voice und der Startup-Verband BVDS.<br />
Twenty2X verschoben<br />
Veranstaltungsort: Messegelände Hannover,<br />
Halle 7 und 8<br />
Termin: 23. bis 25. Juni 2020<br />
Öffnungszeiten: täglich 9:30 bis 18:00 Uhr<br />
Ticketpreise: Tagesticket: 45,00 Euro<br />
(ermäßigt: 25,00 Euro), Dauerticket: 75,00 Euro<br />
Turnus: jährlich<br />
Internet: www.twenty2x.de<br />
22 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
”<br />
Messevorstand Andreas Gruchow will mittelständischen IT-Unternehmen<br />
eine neue Plattform bieten. Bild: Deutsche Messe<br />
Die Twenty2X ist deutlich fokussierter<br />
als es die Cebit je war.“<br />
Quelle: Dr. Andreas Gruchow, Vorstand, Deutsche Messe<br />
200 Sprecher auf fünf Bühnen<br />
Neben konkreten Angeboten<br />
und Lösungen finden Besucher<br />
und Aussteller in Hannover<br />
auch Raum für Information und<br />
Erfahrungsaustausch. Auf fünf<br />
Bühnen präsentieren an den drei<br />
Messetagen rund 200 Sprecher<br />
aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
Grundlagenvorträge,<br />
praxisorientierte Erfahrungsberichte,<br />
kontrovers besetzte Podiumsdiskussionen,<br />
Themen-Summits<br />
und Pitches. Unter anderem<br />
mit dabei: Internet-Unternehmer<br />
und Blogger Sascha Lobo,<br />
Hagen Rickmann, Geschäftsführer<br />
Geschäftskunden bei der<br />
Deutschen Telekom, und der<br />
frühere Chief Technology Officer<br />
von IBM, Prof. Gunter Dueck.<br />
IT-Battle und Speeddating<br />
Neue interaktive Formate, die<br />
der Veranstalter gemeinsam mit<br />
Ausstellern und potenziellen Besuchern<br />
entwickelt und auf die<br />
B2B-Digitalmesse und ihre Zielgruppe<br />
zugeschnitten hat, runden<br />
das Messegeschehen ab. Dazu<br />
gehören unter anderem das<br />
„IT-Battle“, in dem bis zu acht<br />
Aussteller ihr Angebot zu einer<br />
vorgegebenen Aufgabe über drei<br />
Runden in jeweils fünf Minuten<br />
präsentieren, das „Working-<br />
Lunch“, bei dem die Besucher<br />
die Möglichkeit haben, ein kostenfreies<br />
Mittagessen zu genießen<br />
und sich gleichzeitig über<br />
das Angebot des jeweiligen<br />
Sponsors (Ausstellers) zu informieren,<br />
und das „Speeddating“,<br />
bei dem Startups und etablierte<br />
Unternehmen auf Besucher aus<br />
mittelständischen Unternehmen<br />
treffen. kf •<br />
Wenn zwischen Ihnen und uns mehr entsteht:<br />
Das ist der MAPAL Effekt.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 23
Kureks Biographie ist Automobilbau: Von der familiären<br />
Sportwagen-Manufaktur über die Leitung<br />
großer Engineering-Dienstleister bis hin zur Automotive<br />
Management Consulting GmbH. Bild: AMC<br />
Vorwärtsstrategie<br />
alleine hilft weiter<br />
Automobil-Entwicklung | Die größte Chance im<br />
anstehenden Wandel des Automobilbaus sieht Branchen-Insider<br />
Rainer Kurek in einem radikalen Ansatz,<br />
den „Leichtbau neu zu denken“. In einer Serie erklärt<br />
er, was dies für das Management bedeutet. ❧ Olaf Stauß<br />
„Ohne Transformation lassen wir die internationale<br />
Automobilindustrie an uns vorbei fahren.“ Davon ist<br />
Rainer Kurek überzeugt. Doch den Wandel sieht er<br />
nicht zuerst als Krise, sondern als Herausforderung und<br />
Aufgabe. Als lösbare Aufgabe – aber nicht für einen<br />
Player alleine. „Wir müssen unser Erfahrungswissen aus<br />
150 Jahren Industriegesellschaft – unseren Vorsprung –<br />
nutzen, um weiter zu kommen.“ Konkret brauche es<br />
eine „Vorwärtsstrategie, um Lösungen anzubieten“.<br />
Genau darüber wird Kurek im <strong>Industrieanzeiger</strong> schreiben<br />
und so den Prozess begleiten.<br />
Worum es geht, deutet sein Kommentar auf dieser Seite<br />
an. Er bezieht sich auf den Rückkauf von Audi-Anteilen<br />
durch Steffen Boll, nun Alleingesellschafter des 550<br />
Mitarbeiter starken automobilen Entwicklungsdienstleisters<br />
csi. Kurek erkennt in diesem Schritt ein<br />
bedeutsames Signal. Er hat mit Boll gesprochen – das<br />
Interview findet sich auf den folgenden Seiten.<br />
Vorbild für die Automobilindustrie: csi-Chef Steffen Boll kauft Audi-Anteile zurück<br />
Die deutsche Automobil -<br />
industrie, so scheint es und so<br />
wird es fortwährend vermittelt,<br />
befindet sich in einer tiefgreifenden<br />
Transformation.<br />
Einige bezeichnen diese als<br />
„Krise“. Dabei werden der<br />
Branche insbesondere von<br />
Medien und Analysten strategische<br />
Fehler sowie fehlende<br />
prozessuale, technologische<br />
und strukturelle Weitsicht<br />
vorgeworfen. Das Ergebnis<br />
sind hochemotional geführte<br />
Diskussionen, die nicht weiterhelfen<br />
– niemandem.<br />
Und inmitten dieses industriellen<br />
Wandels immer neuer,<br />
komplexerer Anforderungen<br />
und emotionaler Debatten<br />
entscheidet sich Steffen Boll,<br />
Gründer und Geschäftsführer<br />
von csi Entwicklungstechnik,<br />
49 % der bisherigen Audi-Anteile<br />
an seiner Unternehmensgruppe<br />
bewusst zurückzukaufen (s.<br />
Seite 26/27). Dieses Husarenstück<br />
halte ich für außerordentlich<br />
zivilcouragiert, verantwortungsbewusst<br />
und strategisch<br />
richtungsgebend.<br />
Fakt ist, dass die Automobil -<br />
hersteller immer mehr Entwicklungsaufgaben<br />
an System- und<br />
Komponentenlieferanten über -<br />
geben, die ihre Entwicklungskosten<br />
über die gelieferten<br />
Bauteile amortisieren. Warum<br />
Entwicklungsdienstleister (EDL)<br />
beauftragen, wenn die Auto -<br />
mobilhersteller die Leistung<br />
woanders quasi kostenneutral<br />
erhalten können – Stichwort:<br />
Pay-on-Production?<br />
Fakt ist auch, dass viele Hersteller<br />
Entwicklungen wieder verstärkt<br />
insourcen, um ihre Kernkompetenzen<br />
auszubauen und<br />
damit das technische und wirtschaftliche<br />
Risiko ihrer neuen<br />
Fahrzeugprojekte zu reduzieren.<br />
Und so konnte die logische Folge<br />
nur sein, dass sich die EDL<br />
heute in einem Ausscheidungs-<br />
turnier wiederfinden, in dem der<br />
Mitbewerb stetig zunimmt.<br />
Dennoch agieren einige EDL<br />
erfolgreich am Markt. Sie haben<br />
diese Transformation frühzeitig<br />
erkannt und zukunftsorientierte<br />
Geschäftsmodelle aufgebaut.<br />
Ihr strategisches und struktu -<br />
relles Fundament basiert auf der<br />
Überzeugung, dass künftig nur<br />
mehr jene EDL erfolgreich sein<br />
können, die über einen klaren,<br />
wettbewerbsfähigen Vorsprung<br />
in Fach- und Prozesskompetenz<br />
verfügen. Dies betrifft den Produktentstehungsprozess<br />
genauso<br />
wie die Industrialisierung und<br />
Digitale Prozessketten. Diesen<br />
24 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Industrie<br />
Kaum einer kennt die Branche so wie Rainer Kurek.<br />
Er ist im Automobilbau aufgewachsen, aus der Sportund<br />
Rennwagen-Manufaktur seines Vaters stammen<br />
der GT6 (Foto) und GT7 mit Straßenzulassung. „Wir<br />
sind der kleinste OEM, wenn Sie so wollen.“ Die mit<br />
dem Vater geteilte Begeisterung führte Kurek über Ingenieurwesen<br />
und Management an die Spitze der Engi -<br />
neering-Gruppe MVI, die er zu Erfolgen führte. Seit<br />
18 Jahren leitet er die von ihm gegründete Automotive<br />
Management Consulting GmbH, die OEM und Zulieferer<br />
berät. Die AMC bereitet neuartige Leichtbau-<br />
Prozesstechnologien für die Märkte vor und unterstützt<br />
ihre Industrialisierung.<br />
Die Quintessenz aus dieser Arbeit lautet für Kurek:<br />
Es braucht radikale Innovationen. Sie setzen ein „Neues<br />
Denken im Leichtbau“ voraus. Welche Konsequenzen<br />
dies aus Management-Sicht erfordert und hat, beschreibt<br />
er im <strong>Industrieanzeiger</strong> hinsichtlich<br />
• Strategie (Ausgabe 15)<br />
• Struktur (Ausgabe 16) und<br />
• Prozesse (Ausgabe 19).<br />
Rainer Kurek hält auch Management-Seminare, neuere<br />
Planungen gibt es mit der Hochschule München. Und er<br />
ist sechsfacher Buchautor. „Direttissima zum Erfolg“<br />
etwa mag Einblicke geben. Mit Extrembergsteiger Hans<br />
Kammerlander untersucht er, wie Spitzenleistungen auf<br />
Dauer erbracht werden können, damit eine Achttausender-Expedition<br />
gelingt. Diese Erkenntnisse werden von<br />
Wert sein für die Transformation im Automobilbau. •<br />
Das<br />
Kompetenz-<br />
Netzwerk<br />
der Industrie<br />
17 Medienmarken für alle wichtigen<br />
Branchen der Industrie<br />
Information, Inspiration und Vernetzung<br />
für Fach- und Führungskräfte in der Industrie<br />
Praxiswissen über alle Kanäle:<br />
Fachzeitschriften, Websites, Events,<br />
Newsletter, Whitepaper, Webinare<br />
EDL kommt ihr Erfahrungs -<br />
wissen und ihre Innovationsfähigkeit<br />
zugute, die sie in vielen<br />
Projekten aufbauen konnten.<br />
Jene Unternehmen, die die<br />
Transformation von der verlängerten<br />
Werkbank zum hoch<br />
qualifizierten und vernetzt agierenden<br />
Problemlöser bereits<br />
erfolgreich umgesetzt haben,<br />
gehören schon heute zu den<br />
Gewinnern von morgen. Und so<br />
ist die Übernahme der Audi-<br />
Geschäftsanteile durch Steffen<br />
Boll nicht „nur“ mutig und verantwortungsvoll,<br />
sondern auch<br />
weitsichtig und strategisch<br />
nachvollziehbar.<br />
Rainer Kurek<br />
Automotive Management Consulting,<br />
Penzberg. Bild: Stefan Bausewein<br />
Die passenden Medien für Sie<br />
und Ihre Branche:<br />
konradin.de/industrie<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20<br />
media.industrie.de<br />
25
interview<br />
Steffen Boll, Gesellschafter und Geschäftsführer der csi Entwicklungstechnik zur Transformation des Automobilbaus<br />
„Wir haben einen konsequent<br />
positiven Gestaltungswillen“<br />
Nach Rückkauf der Audi-Anteile ist Steffen Boll wieder<br />
einziger Gesellschafter des 550 Mitarbeiter starken Entwicklungsdienstleisters<br />
csi. Welche Gründe ihn zu seinem Schritt<br />
bewogen haben und welche Zukunft er für sein Unternehmen<br />
sieht, erklärt er im Gespräch mit Rainer Kurek.<br />
Steffen Boll ist Mitbegründer,<br />
Geschäftsführer<br />
und alleiniger Gesellschafter<br />
der csi-Gruppe.<br />
Das Engineering-Unternehmen<br />
sieht sich als<br />
Partner der automobilen<br />
Welt und beschäftigt<br />
550 Mitarbeiter an zehn<br />
Standorten in Deutschland.<br />
Bild: csi<br />
Herr Boll, die csi-Gruppe gilt als ein<br />
führender Entwicklungsdienstleister. Was<br />
hat Sie bewegt, die von Audi gehaltenen<br />
49 Prozent der Anteile zurückzukaufen?<br />
Der Rückkauf gibt mir die Möglichkeit, die<br />
csi-Gruppe freier, flexibler und mit den richtigen<br />
Menschen und Kompetenzen in die<br />
Zukunft zu entwickeln. Die Zusammen -<br />
arbeit mit Audi auf Gesellschafterebene war<br />
– ich denke für beide Seiten – wertvoll. Auf<br />
der operativen, projektbezogenen Ebene<br />
geht die Zusammenarbeit auch unverändert<br />
weiter. Dennoch hat sich csi seit 2011<br />
enorm entwickelt und es wurde immer<br />
klarer, dass ein Konzern wie die Audi AG<br />
und die Entwicklungsdynamik eines Mittelständlers<br />
wie der csi-Gruppe nicht zusammenpassen.<br />
Sie unterscheiden sich bei der<br />
strategischen Ausrichtung, was Entscheidungswege,<br />
Geschwindigkeit, und Flexibilität,<br />
aber auch die Auswahl des Kunden-<br />
Portfolios angeht. Darum ist in mir die<br />
Entscheidung gereift, csi wieder alleine zu<br />
verantworten. Darauf freue ich mich! Denn<br />
die Leistungs- und Zukunfts fähigkeit von<br />
csi steht auf stabilem und wertvollem<br />
Fundament – strategisch, fachlich, prozes -<br />
sual und strukturell.<br />
Die Situation der hiesigen Automobil -<br />
industrie gilt derzeit als äußerst heraus -<br />
fordernd. Wie schätzen Sie die weitere<br />
Marktentwicklung ein?<br />
In der Tat, die Situation ist sehr heraus -<br />
fordernd. Es gibt keinen Königsweg, wie<br />
man mit den aktuellen – zum Teil selbst -<br />
gemachten – Risiken am besten umgeht.<br />
Darum werden die deutschen Premium-<br />
Hersteller jetzt sehr genau analysieren, wo<br />
sie ihr Geld investieren, respektive womit<br />
sie ihr Geld verdienen. Es ist zu sehen, dass<br />
die deutschen Hersteller durchaus zu<br />
unterschiedlichen Ergebnissen kommen –<br />
26 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
und das ist gut für uns. Klar ist trotzdem:<br />
Die aktuelle Transformation der Auto -<br />
mobil industrie ist notwendig, um im internationalen<br />
Wett bewerb nachhaltig bestehen<br />
zu können. Niedrigenergie- und Nied rig -<br />
emissions fahrzeuge werden gefordert. Und<br />
diese werden wir in der geforderten Art und<br />
Weise zur Verfügung stellen können. Diesbezüglich<br />
mache ich mir keine Sorgen.<br />
Als Entwicklungsdienstleister agieren Sie<br />
oft an der Nahtstelle der OEM zur Zulieferpyramide.<br />
Welche Chancen sehen Sie in<br />
dieser anspruchsvollen Funktion?<br />
Diese Nahtstelle wird immer wichtiger.<br />
Systemlieferanten bekommen immer mehr<br />
Verantwortung übertragen, müssen sich<br />
aber gleichzeitig mit dem OEM eng abstimmen.<br />
Dies ist äußerst anspruchsvoll. Durch<br />
die Digitalisierung wird zwar vieles vereinfacht,<br />
muss aber auch ganz neu gedacht<br />
werden. Darin liegt unsere Chance, denn<br />
anders als andere agieren wir bereits seit<br />
Jahren an dieser relevanten Schnittstelle.<br />
Wir kennen die Prozesse, Strukturen und<br />
vor allem auch die spezifische Kultur unserer<br />
geschätzten Kunden. Mit unseren zehn<br />
deutschen Standorten sind wir quasi bei<br />
allen Kunden vor Ort.<br />
Mit einem Ultra-Leichtbausitz haben Sie<br />
gleich vier Innovation Awards gewonnen.<br />
Realisiert wurde er in einem kollaborativen<br />
Netzwerk. Ist dies die Zukunft?<br />
Das hängt meiner Ansicht nach vom Projekt<br />
ab: Bei Innovationsprojekten ist dies<br />
möglich und eine interessante Option. Um<br />
solche Projekte umzusetzen, ist es erforderlich,<br />
die Kernkompetenzen unterschied -<br />
licher Partner zu vereinen – anders geht es<br />
nicht. Und genau das haben wir erfolgreich<br />
realisiert und sind unter anderem mit dem<br />
Altair Enlighten Award belohnt worden, der<br />
weltweit höchstes Ansehen genießt.<br />
Bei konkreten, realen Projekten ist dies<br />
jedoch deutlich schwieriger. Denn natürlich<br />
ist es eine Frage des Vertrauens, wie viel ich<br />
von meinem Wissen den Projektbeteiligten<br />
preisgebe. Dahinter muss ein ernsthaftes<br />
Interesse stehen und die Unternehmens -<br />
kultur muss eine Zusammenarbeit mit<br />
externen Partnern auch zulassen. Wir sind<br />
dafür offen, aber bei vielen Mitbewerbern<br />
scheint mir das – noch – nicht der Fall zu<br />
sein.<br />
„Die Transformation<br />
der<br />
Automobil -<br />
industrie ist<br />
notwendig,<br />
wenn sie im<br />
internationalen<br />
Wettbewerb<br />
bestehen<br />
können will.“<br />
Elektrifizierung, car to car communication,<br />
Leichtbau, autonomes und geteiltes Fahren<br />
sind Megatrends. Sollte ein Entwicklungsdienstleister<br />
allen Rechnung tragen?<br />
Nein, aus meiner Sicht nicht. In unserer<br />
Situation als spezialisierter Entwicklungsdienstleister<br />
müssen wir uns ganz klar<br />
positionieren. Und das bedeutet für uns:<br />
Technologieführerschaft und Exzellenz in<br />
den Kompetenzen, die wir anbieten. Wir<br />
fokussieren uns zum Beispiel auf den von<br />
Ihnen angesprochenen Leichtbau. Der<br />
steckt in unseren Genen, in unserer Unternehmens-DNA<br />
und begründet, warum wir<br />
regel mäßig Awards gewinnen. Natürlich ist<br />
auch die Elektri fizierung längst bei uns<br />
angekommen und Teil unserer Kompetenzen.<br />
Noch nicht so ganz klar ist, wohin die<br />
Reise beim autonomen und geteilten Fahren<br />
geht. Hier erleben wir im Augenblick eine<br />
Neuausrichtung.<br />
Der Innovationsdruck ist ebenso hoch wie<br />
die Effizienzforderungen in Entwicklung<br />
und Produktion. Wie gehen Sie bei csi mit<br />
diesem Spannungsfeld um?<br />
Innovationen sind der Stoff, aus dem wir<br />
unsere Zukunft modellieren. Neue Wege zu<br />
gehen und auch mal scheinbar „verrückte“<br />
Lösungen auszuprobieren, ist bei csi nicht<br />
wegzudenken. Denn nur so lassen sich neue<br />
Potenziale aufzeigen – und dies ist ein<br />
Schlüssel zu mehr Effizienz. Es gibt für uns<br />
also kein Spannungsfeld zwischen Effizienz<br />
und Innovation und es ist selbstverständlich,<br />
dass wir Prozesse – die eigenen und die<br />
unserer Kunden – immer wieder analysieren,<br />
um sie zu optimieren und so effizient<br />
wie möglich zu gestalten.<br />
Die Verbindung von Fach- und Prozesskompetenz<br />
gilt in der Entwicklungsdienstleistung<br />
als zukunftsweisend. Ist diese<br />
Herausforderung groß?<br />
Nein, auch das ist keine Herausforderung,<br />
sondern selbstverständlich. Wer aber nur<br />
auf Fach- und Prozesskompetenz achtet,<br />
vergisst – so sehen wir das – das Wichtigste.<br />
Denn entscheidend sind immer auch die<br />
Menschen. Darum fördern wir in unserer<br />
Akademie seit vielen Jahren die persön -<br />
lichen Kompetenzen unserer Mitarbeite -<br />
rinnen und Mitarbeiter. Denn es sind<br />
Persönlichkeiten, die unsere Werte und<br />
Inhalte – intern und extern – transportieren.<br />
Mit Ihrer hundertprozentigen Beteiligung<br />
an csi stärken Sie auch den Glauben an<br />
„Made in Germany“. Wie sehen Sie das<br />
Image des Autolandes Deutschland?<br />
Das Ansehen der deutschen Automobilbranche<br />
ist international nach wie vor gut, auch<br />
wenn die Reputation unter dem Dieselgate<br />
gelitten hat. Hier helfen nur eine klare<br />
Vorwärts-Strategie, Innovationen und motivierte<br />
Fach- und Führungskräfte – über<br />
diese „assets“ verfügen wir bei csi. Und die<br />
vielen neuen Player sind gut für die deutsche<br />
Automobilindustrie. Ohne Wettbewerb ist<br />
es schwer, innovativ zu sein.<br />
Seit 25 Jahren prägen Sie csi Entwicklungstechnik<br />
als Gründer, Gesellschafter und<br />
Geschäftsführer. Wie sehen die nächsten<br />
25 Jahre aus?<br />
Vielversprechend und erfolgreich! Wir werden<br />
mit und für die Menschen, die für uns<br />
arbeiten, ein starkes Stück Zukunft entwickeln.<br />
Wir werden unsere digitalen Prozessketten<br />
ausbauen. Dies setzt agile Fähigkeiten<br />
im Projekt-, Prozess- und Supply Chain<br />
Management voraus, um die Kunden in<br />
ihren Produktentstehungsprozessen zu<br />
unterstützen. Diese Stärken haben wir und<br />
werden wir strategisch weiter ausbauen.<br />
Vieles ist im Wandel und das ist unsere<br />
Chance als Mittelständler. Denn wir sind<br />
flexibel, anpassungsfähig und haben einen<br />
konsequent positiven Gestaltungswillen.<br />
Und vor allem: Wir handeln! •<br />
Rainer Kurek<br />
Automotive Management Consulting<br />
(AMC) GmbH<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 27
Mit der Hololens 2 kombiniert<br />
Microsoft ein ungebundenes<br />
Gerät mit<br />
Apps und Lösungen, die<br />
Unternehmen dabei helfen,<br />
effektiver zu lernen,<br />
zu kommunizieren und<br />
zu kooperieren. Bild: Microsoft<br />
Virtual- und Augmented Reality erfolgreich in Unternehmen einführen<br />
Welten miteinander<br />
verbinden<br />
VR und AR | Die Technologien rund um Virtual- und<br />
Augmented Reality (AR/VR) werden für die produzierende<br />
Industrie immer interessanter. Die Erstellung<br />
der Inhalte sowie die zur Verfügung stehende Hardware<br />
sind vielfältiger denn je.<br />
Dabei wirkt VR und AR direkt auf die Entwicklung von<br />
Produkten, die Planung von Produktions- und Logistikprozessen,<br />
die Wartungs- und Support-Prozesse, die<br />
Schulungs- und Trainings-Aktivitäten der Mitarbeiter<br />
sowie die Vermarktung von Produkten oder Dienstleistungen<br />
aus. Dadurch wird jeder Bereich effizienter, die<br />
Kosten lassen sich optimieren, die Qualität steigern.<br />
Bei Virtual Reality (VR) handelt es sich laut Definition<br />
um die computergenerierte Darstellung einer Welt in<br />
Serie Virtual und<br />
Augmented Reality<br />
Mit unserer Serie beleuchten wir die Einsatzmöglichkeiten<br />
von Virtual und Augmented Reality in der produzierenden<br />
Industrie. Alle Beiträge finden Sie auch online<br />
auf www.industrieanzeiger.de.<br />
Echtzeit, während die reale Welt ausgeblendet wird. Bei<br />
Augmented Reality (AR) sieht der Nutzer die reale Welt<br />
durch ein Mobile Device oder eine Datenbrille. Zusätzlich<br />
werden ihm digitale Informationen bis hin zu Hologrammen<br />
eingeblendet. Letzteres geschieht zunehmend<br />
über Objekterkennung und Künstliche Intelligenz. Die<br />
Kombination mit IoT-Techologien, Robotics und das<br />
Abbild von Digitalen Zwillingen ermöglichen neue Geschäftsmodelle<br />
in fast allen Bereichen eines Unternehmens.<br />
*<br />
Die Zukunft gehört den Hologrammen<br />
Im realen Raum können an jeder beliebigen Stelle dreidimensionale<br />
digitale Objekte eingeblendet, reale Objekte<br />
mit digitalen überlagert oder reale Objekte mit digitalen<br />
Informationen kontextsensitiv erweitert werden.<br />
Letzteres könnten zum Beispiel Echtzeitdaten von Sensoren<br />
oder KPIs in Prozessen sein. Hologramme werden<br />
zunehmend genutzt, um Digitale Zwillinge abzubilden<br />
und mit diesen direkt zu interagieren. Zusätzlich eingeblendete<br />
Informationen, werden beispielsweise für Trainingszwecke<br />
oder im Wartung-Support-Umfeld eingesetzt,<br />
um hier Schritt-für-Schritt-Anleitungen abzubilden.<br />
Auch können Live-Einblendungen von Experten<br />
stattfinden, die den Mitarbeiter in seinem Prozess, zum<br />
Beispiel bei der Fehlersuche unterstützen kann (Remote<br />
Assistance).<br />
Vielfältiger Einsatz der Technologien<br />
AR wird zunehmend im Wartungs- sowie Support-Bereich<br />
eingesetzt. Der Einsatz senkt Problemlösungszeiten,<br />
verringert Stillstandzeiten, steigert die Produktivität<br />
und erhöht somit die erbrachte Qualität beim Kundenservices.<br />
Experten können sich über Remote Assistance<br />
und Support-Systeme live in das Sichtfeld des Mitarbeiters<br />
schalten und ihm Hilfestellung im Prozess geben.<br />
Nebenbei werden die Aktivitäten protokolliert. Das<br />
Wartungsprotokoll kann dann zentral in einem ERP-<br />
System gespeichert werden. Bei erneutem Wartungspro-<br />
28 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
zess können Kollegen sich dies ansehen und nachvollziehen,<br />
was vorher gemacht wurde. Zudem können dem<br />
Kunden Wartungsprozesse über einfache Schritt-für-<br />
Schritt-Anleitungen erklärt werden.<br />
Bei Trainings- und Schulungsszenarien erlaubt die<br />
Nutzung von AR und VR, Informationen und Zusammenhänge<br />
spielerisch zu vermitteln. Der Einsatz von VR<br />
verkürzt Lernprozesse im Onboarding von neuen Mitarbeitern.<br />
Aufwendige, zeitraubende und ressourcenintensive<br />
Einweisungen entfallen. Durch integrierte Dokumentationsfunktionen<br />
werden neben der Qualitätskontrolle<br />
auch Best Practice und insbesondere der Wissenstransfer<br />
unterstützt. So kann das Wissen von Mitarbeitern,<br />
die das Unternehmen verlassen, erhalten und weitergegeben<br />
werden. Arbeitsabläufe und Prozesse lassen<br />
sich von den Mitarbeitenden per Video oder Speech-to-<br />
Text aufnehmen und in zentrale Systeme abspeichern.<br />
Danach sind sie für weitere Prozesse und Zielgruppen<br />
zugänglich.<br />
VR/AR kann bei der Planung der nächsten Produktions-<br />
oder Logistikprozesse oder bei der Optimierung<br />
bestehender Prozesse und zur Simulation in Echtzeit für<br />
unterschiedliche Zielgruppen verwendet und damit angepasst<br />
werden. Über VR kann man heute in der eigenen<br />
3D-Halle stehen und sich in der virtuellen Welt die<br />
bestehenden Maschinen und Anlagen ansehen. Diese<br />
können verschoben, neu angeordnet und mit Informationen<br />
wie Schutzzonen oder Konflikte zum räumlichen<br />
Umfeld visualisiert werden. Sobald diese in einer optimalen<br />
Anordnung und Abfolge stehen, kann der Prozess<br />
simulieren und getestet werden. Weitere Optimierung<br />
zum Beispiel im Arbeitsschutz/-sicherheit oder im Gesundheitsmanagement<br />
sind genauso möglich wie die<br />
Optimierung der Produktionskennzahlen. Auch das Zusammenspiel<br />
mit Additive Manufacturing kann simuliert<br />
und gestaltet werden.<br />
Neue Erlebnisse für Kunden und Mitarbeiter<br />
Neben der Planung der Fertigung kann VR/AR Engineering-,<br />
Design- und Herstellungsprozesse unterstützen<br />
(Remote Manufacturing). So ist die Erstellung von<br />
3D-Modellen über CAD-Systeme heute bereits Standard<br />
geworden. Dies dient als Basis für neue VR/AR-Geschäftsmodelle,<br />
die durch den Einsatz von VR/AR entstehen<br />
können. Die Modelle müssen zwar noch für ihren<br />
Einsatz angepasst werden, die Ausgangsbasis ist jedoch<br />
bereits gegeben. Die Vernetzung wird immer effizienter.<br />
Zum Beispiel mithilfe von Building Information<br />
Modeling (BIM) und 3D-Druckern, die es heute ermöglichen<br />
ganzheitlich Prozesse abzubilden und damit einfach<br />
und effizient die Fertigung unterstützen.<br />
In der Fertigung können Mitarbeiter über AR unterstützt<br />
werden, um Fehler zu vermeiden, die Qualität zu<br />
steigern oder einfach nur Schritt-für-Schritt-Anleitungen<br />
bekommen, welche Werkzeuge benötigt und welche<br />
Handgriffe durchgeführt werden müssen. Auch stellt die<br />
Verarbeiten Sie verschiedene<br />
Materialstärken bis 4 mm<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 29
news & management<br />
Inbetriebnahme und Qualitätskontrolle von Anlagen,<br />
Fahrzeugen oder Gebäudekomplexe ein interessantes<br />
Einsatzszenario dar. Dabei kann die vorherige Schulung<br />
der Mitarbeiter durch VR und die Unterstützung der Inbetriebnahme<br />
durch AR die Ausfallzeiten wesentlich<br />
verringern.<br />
Ein besonderes Thema sind zudem „Virtuelle VR-<br />
Meetings“. Insbesondere unter der Sichtweise, dass hier<br />
der zukünftige Arbeitsplatz nicht mehr vom physischen<br />
Ort abhängig ist. Das gemeinsame Treffen im virtuellen<br />
Raum fördert den sozialen Zusammenhalt, schont die<br />
Umwelt und ermöglicht neue kollaborative Interaktionen.<br />
Experten aus der ganzen Welt treffen sich und können<br />
gemeinsam anhand von 3D-Hologrammen Ideen,<br />
Produkte sowie Prozesse erarbeiten, simulieren und op-<br />
hendes Print-Material modern zu nutzen. Eine für viele<br />
absolut neue Möglichkeit wird es sein, dem Kunden<br />
3D-Modelle über die Standard-Google-Search anzubieten.<br />
Dies ist bereits im Beta-Test nutzbar. Der Kunde<br />
kann in Zukunft mit zwei Klicks auf seinem Smartphone<br />
über die Suchergebnisse in Google ganze Industrieprodukte<br />
in Echtgröße in die reale Welt einblenden und<br />
positionieren.<br />
Bei allen technischen Möglichkeiten sollte die Transformation<br />
der Prozesse und auch der Mensch nicht vergessen<br />
werden. Das Mindset und die Generierung neuer<br />
Geschäftsmodelle steht hier genauso im Mittelpunkt<br />
wie die Integration und Implementierung der neuen<br />
Technologien. Klar ist, dass insbesondere AR das Potenzial<br />
hat „unser ganzes Leben (zu) durchdringen“, meint<br />
auch Apple-CEO Tim Cook.<br />
•<br />
*Der Autor spricht heute nicht mehr über Mixed Reality<br />
(MR), XR oder Digital Reality sondern verwendet<br />
nur noch die Begriffe VR oder AR.<br />
Torsten Fell<br />
Leiter Institute for Immersive Learning und freier Journalist<br />
in Werdum<br />
In der Augmented Reality<br />
werden zunehmen<br />
Hologramme genutzt, um<br />
Digitale Zwillinge ab -<br />
zubilden und mit diesen<br />
direkt zu interagieren.<br />
Bild: Zapp2Photo/<br />
stock.adobe.com<br />
timieren. In Verbindung mit 5G, IoT und Digitalen<br />
Zwillingen kann dies direkten Einfluss auf die reale<br />
Welt haben. Experten sehen hier den Arbeitsplatz der<br />
Zukunft, denn Informationen werden mithilfe einer AR-<br />
Brille an jedem Ort, zu jeder Zeit räumlich zugänglich<br />
gemacht. Das Forschungs- und Beratungsunternehmen<br />
Gartner beispielsweise spricht vom Immersive Workspace.<br />
In Verkaufsprozessen, zum Beispiel auf Messen ermöglichen<br />
VR-Brillen, die gesamte Produktpalette für<br />
Interessierte erlebbar zu machen, ohne diese physisch<br />
vor Ort zu haben. Dies ermöglicht so auch neue Verkaufsprozesse<br />
mithilfe der Konfiguration und Zusammenstellung<br />
von Produkten. Hier können gemeinsam<br />
mit dem Kunden ganze Produktionsstraßen erstellt und<br />
simuliert werden. Mit AR werden zum Beispiel bestehende<br />
Print-Materialien wie Kataloge und Flyer aufgewertet.<br />
Hier können über Smartphone oder Tablet zusätzliche<br />
Informationen eingeblendet werden, wodurch<br />
ein neues Kundenerlebnis entsteht. Bilder dienen hier<br />
meist als sogenannte Marker und ermöglichen beste-<br />
Fachforum „Virtual und<br />
Augmented Reality“<br />
Der <strong>Industrieanzeiger</strong> veranstaltet gemeinsam mit der<br />
Technology Academy der Deutschen Messe am 1. September<br />
2020 das Forum „Mixed Reality in der Fertigung“.<br />
Es wird die Möglichkeiten rund um Augmented<br />
und Virtual Reality beleuchten. In Praxisvorträgen vertiefen<br />
Referenten konkrete Umsetzungen in der Industrie<br />
in unterschiedlichen Produktionen und Geschäftsprozessen.<br />
Bis zum 11. August können Interessierte mit<br />
dem Early Bird Ticket sparen.<br />
Die Themen sind:<br />
• Virtual-/Augmented und Mixed Reality (VR/AR/<br />
MR) in der Industrie<br />
• Technologische Einführung und Basics<br />
• Fit for use: VR/AR und MR im praktischen Einsatz<br />
im Unternehmen<br />
• Smart-Assistance, Wartung/Support, Inbetriebnahme<br />
• Service-/Field-Mitarbeiter trainieren<br />
Die Anmeldung erfolgt unter http://hier.pro/mWYi5<br />
30 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
20.–24. APRIL 2020<br />
DIE TRANSFORMATION<br />
IST ÜBERALL. IHR HERZ<br />
SCHLÄGT IN HANNOVER.<br />
Wir begleiten die industrielle Transformation seit über 70 Jahren –<br />
als Motor, Impulsgeber und Wegweiser.<br />
Werfen Sie einen Blick in die Zukunft: auf der HANNOVER MESSE.<br />
Be part of it: hannovermesse.de #HM20<br />
HOME OF INDUSTRIAL PIONEERS<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 31
technik & wissen<br />
Hybrid gebaute GM Corvette Stingray ist US-Auto des Jahres 2020<br />
Hybrider Leichtbau wird<br />
komplexer – und wichtiger<br />
Leichtbau | Die Notwendigkeit zur Gewichtseinsparung treibt<br />
die Automobilindustrie zu immer vielfältigeren Leichtbau -<br />
lösungen – dafür sorgen der Elektroantrieb und die drohenden<br />
Strafen bei Nichteinhaltung strengerer Emissions-Grenzwerte.<br />
Da häufig nur Multi-Materiallösungen weiterhelfen, ist<br />
der Hybridleichtbau weiter auf dem Vormarsch.<br />
32 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Die neue Chevrolet Corvette Stingray ist<br />
„North American Car of the Year 2020“<br />
– und vollgestopft mit hybriden Leichtbau-Komponenten.<br />
Ein „Hingucker“<br />
auch für die Entwickler im Automobilbau.<br />
Bild: General Motors<br />
Die neue Chevrolet Corvette Stingray von<br />
General Motors ist ein Paradebeispiel für<br />
die hybriden Leichtbauweisen, die Entwickler<br />
heute nutzen. Im Februar ging sie mit<br />
einer streikbedingten Verspätung in Produktion<br />
und wurde noch im gleichen Monat als<br />
„North American Car of the Year 2020“<br />
ausgezeichnet. Neben Stahl kommen vielfältig<br />
weitere Werkstoffe und Bauweisen zum<br />
Einsatz.<br />
Das Fahrzeug besitzt einen Aluminiumrahmen,<br />
einen teilweise aus Magnesium gefertigten<br />
Boden und einen gebogenen hinteren<br />
Stoßfänger-Querträger aus Glasfaserverstärktem<br />
Kunststoff (GFK). Dieser GFK<br />
basiert auf einem Polyurethan-Acrylat der<br />
Scott Bader Co. Ltd., vertrieben als „Crestapol<br />
1250“. Weiter enthält die neue Corvette<br />
fünf verschiedene Typen von SMC (Sheet<br />
Moulding Compound).<br />
„Structure“-SMC mit Carbonfaser-Verstärkung<br />
wird im Bodenbereich verwendet.<br />
„Tough“Hybrid-SMC mit 15 % Carbon -<br />
fasern (CF) und 30 % Glasfasern (GF) und<br />
einer Dichte von nur 1,25 g/cm 3 kommt in<br />
der Hauptplatte zum Einsatz, „Class<br />
A“-SMC mit hoher Oberflächenqualität in<br />
Sichtteilen. In der Frontplatte und im Dachspriegel<br />
wird „Float“-SMC mit der noch<br />
niedrigeren Dichte von 1,0 g/cm 3 Dichte verbaut.<br />
Aber nicht nur leicht sollen die SMC-<br />
Komponenten sein: Die Stirnwand im hinteren<br />
Teil der 2020 Corvette Stingray besteht<br />
aus akustischem „Heavy Hybrid“-SMC<br />
– und hat mit einer Dichte von 2,2 g/cm 3 ein<br />
rund doppelt so hohes spezifisches Gewicht<br />
wie die anderen SMC-Typen.<br />
Der gebogene hintere Stoßfänger-<br />
Querträger in der Corvette geht laut GM<br />
erstmals in eine automobile Serie. Die<br />
Herstellung übernimmt ein Zulieferer. Die<br />
Shape Corporation (USA) fertigt den Träger<br />
mit der Radius-Pultrusions-Technologie der<br />
norddeutschen Thomas GmbH+Co. Technik+Innovation<br />
KG (TTI), bei der beweg -<br />
liche Werkzeuge zum Einsatz kommen. Im<br />
April 2019 gab TTI bekannt, dass Shape<br />
Gebogen pultriert: Der hintere Stoßfängerträger des Chevrolet Stingray aus Duroplast (oben) und<br />
als Demonstrationsteil der vordere Stoßfängerträger des Hyundai i30 aus Thermoplast (unten,<br />
überspritzt mit Halterungen). Bilder: SPE (oben), D. Vink<br />
Hybridleichtbau ok – aber die Umwelt?<br />
Die Erfolge durch den hybriden Leichtbau versetzen<br />
in Erstaunen. Da geht etwas! Trotzdem<br />
rutscht ein ungutes Gefühl mit in die Freude, weil<br />
Kunststoffe stark beteiligt sind. Aber langsam:<br />
Wir brauchen die leichteren Teile, um CO 2 -Emissionen<br />
zu senken. Und die Entwicklung ist noch<br />
in den Anfängen. Mittelfristig<br />
bieten Thermoplaste die<br />
Chance, auch hybride Teile<br />
gut zu recyceln. Unsere Sorge<br />
sollte also eher dem limitierten<br />
Rohstoff Öl gelten.<br />
Olaf Stauß<br />
Redakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
etwa 100.000 Träger pro Jahr produzieren<br />
will. Der Stoßfänger-Querträger spare<br />
Gewicht und passe zum Heck-Styling und<br />
Bauraum, erklärte Shape.<br />
Die Automobilindustrie hat die Radius-<br />
Pultrusion (Radius-Strangziehverfahren)<br />
von TTI schon längere Zeit im Fokus.<br />
Bereits 2009 nutzte Webasto diese Technik<br />
für gebogene Profile in Autodachsystemen.<br />
2015 präsentierte Plastic Omnium einen<br />
ähnlich gebogenen, vorderen Stoßfänger -<br />
träger auf Thermoplast-Basis, der aber auf<br />
einer anderen Technologie beruhte. Er<br />
wurde mit Materialhersteller Arkema und<br />
CQFD Composites entwickelt. Seine<br />
Herstellung erfolgte durch „insitu“-Poly-<br />
me risation zu Polyamid im Pultrusions-<br />
Werkzeug und durch das anschließende<br />
Umspritzen mit zusätzlichen Funktionselementen<br />
aus Polyamid.<br />
Gegenüber einem Stahl-Stoßfänger-<br />
Querträger mit 8,7 kg Masse wog die<br />
Carbonfaser-verstärkte Kunststoff-Version<br />
lediglich 5,0 kg. Wurde der Träger nur GFverstärkt,<br />
sparte er etwas weniger Gewicht<br />
ein und wog 5,3 kg. Montiert auf einem<br />
Hyundai i30, ersetzte das Teil 27 Stahlteile<br />
und eine 2,1 m lange Stahlschweißnaht.<br />
Obwohl serienreif, scheint der Serieneinsatz<br />
an den Kosten gescheitert zu sein, wie 2016<br />
vom Hyundai Motor Europe Technical<br />
Center in Rüsselsheim als Befürchtung zum<br />
Ausdruck gebracht wurde.<br />
Das Interesse an Thermoplasten steigt im<br />
hybriden Leichtbau. Nicht nur, weil sie bes-<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 33
technik & wissen<br />
ser recycelt werden können als Duroplaste,<br />
sondern auch weil sie sich aufschmelzen,<br />
funktionalisieren und erneut verfestigen lassen.<br />
Darauf zielt das Projekt FlexHyJoin ab.<br />
Das Institut für Verbundwerkstoffe (IVW)<br />
und das Centro Ricerche Fiat S.c.p.A. arbeiten<br />
an einem großserientauglichen Hybridfügeverfahren,<br />
das ohne Additive auskommt.<br />
Verbindungselemente wie Schrauben,<br />
Nieten oder Klebstoff sollen entfallen.<br />
Ein solcher vollautomatischer Füge -<br />
prozess könnte der Schlüssel für zukünftige<br />
Hybrid-Komponenten aus Metall und faserverstärkten<br />
Thermoplasten sein – und den<br />
Leichtbau revolutionieren. Laut den<br />
Projektpartnern gibt es „derzeit keinen<br />
anderen Ansatz, der die drei Kernanforde-<br />
turierten Stahlblechen unter Druck verbunden.<br />
Die dafür nötige Hitze liefert der Laser<br />
oder wird induktiv erzeugt – beim Demon -<br />
strator kommen beiden Methoden zum Einsatz.<br />
Der Dachspriegel entsteht in einer<br />
Gesamt-Taktzeit von 140 s.<br />
Im FlexHyJoin-Prozess steckt Knowhow<br />
vieler Partner. Die Organobleche stammen<br />
von Bond Laminates. Die Produktionsanlage<br />
mit Industrieroboter-Handling und<br />
IR-Thermographie zur Fertigteilprüfung<br />
entwickelte Edag Engineering und wurde<br />
von der Fill GmbH gebaut. Das Fraunhofer<br />
ILT und Leister Technologies erarbeiteten<br />
die Laserlösungen. Bis mindestens Ende<br />
2021 soll die Anlage bei HBW Gubesch stehen<br />
bleiben, um Kunden zu überzeugen.<br />
Prototyp eines hybriden Kunststoff-Aluminium-Motors<br />
(ausgehend von einem VW 1.5-liter L TSI-EVO mit<br />
110 kW). Bild: Volkswagen<br />
Materialmix in der Corvette<br />
rungen Gewichtsreduzierung, Kosten- und<br />
Zeiteffizienz und Haftfestigkeit ausreichend<br />
erfüllt“.<br />
Als Demonstrator stellten die Projektpartner<br />
eine Dachversteifungs-Komponente<br />
(Dachspriegel) für den Fiat Panda her. Hierzu<br />
wurden 0,7 mm dicke Stahlteile zunächst<br />
selektiv mit 215 μm tiefen und 75 μm breiten<br />
Hinterschnittlinien laserstrukturiert, um<br />
sie dort später mit Thermoplast form- und<br />
materialschlüssig zu verbinden. Die eigentliche<br />
Komponente entsteht auf einer Presse<br />
der HBW Gubesch Thermoforming GmbH<br />
in Wilmersdorf: Organobleche aus GFverstärktem<br />
PA6 werden aufgewärmt, umgeformt<br />
und anschließend mit den vorstruk-<br />
Die GM Chevrolet<br />
Corvette Stingray erhielt<br />
bereits 2019 einen<br />
Innovationspreis der<br />
Society of Plastics Engineers<br />
(SPE). Sie ist<br />
gekennzeichnet durch<br />
einen intensiven<br />
Mate rialmix.<br />
Bild: General Motors<br />
In dem hoch ambitionierten Projekt<br />
LeHoMit-Hybrid soll bis Ende März 2020<br />
ein Pkw-Mitteltunnel entstehen. Porsche<br />
und Volkswagen kooperieren darin mit der<br />
Open Hybrid Lab Factory in Wolfsburg<br />
(OHLF), dem Institut für Konstruktionstechnik<br />
(IK) der TU Braunschweig und dem<br />
Verbundwerkstoff-Spezialisten Invent.<br />
„Unser übergeordnetes Ziel ist es, das<br />
neue Bauteil in den ganz normalen Fahrzeugrohbau<br />
zu integrieren“, sagt Dr. Olaf<br />
Täger aus der Volkswagen-Konzern -<br />
forschung. „Wenn Kunststoff-Verbund -<br />
materialien ohne erheblichen Mehraufwand<br />
die bestehenden metallbasierten Fertigungsprozesse<br />
durchlaufen können, ist das ein<br />
Durchbruch für den Einsatz von Leichtbauteilen.“<br />
Denn es ist dann nicht mehr notwendig,<br />
den Montageprozess für die hybriden<br />
Komponenten zu verändern oder gar<br />
neue Fabriken zu bauen.<br />
Bei dem Mitteltunnel handelt es sich um<br />
ein Hybridbauteil in Reinkultur. Gerade darum<br />
ist es anspruchsvoll. Gefertigt wird die<br />
Komponente in einem Spritzgießwerkzeug<br />
von Schneider Form auf einer Spritzgieß -<br />
maschine von Engel Austria mit vertikalem<br />
Öffungshub. Der Tunnel besteht aus Organoblech<br />
mit GF- und CF-Tapeverstärkung,<br />
kombiniert mit spritzgegossenen Rippen,<br />
einem warmgeformten Stahleinsatz und<br />
Krafteinleitungselementen. Die CF-Tapes<br />
dienen selektiv als Verstärkungslagen, um<br />
Crash-Lasten aufzunehmen.<br />
Die hybride Komponente muss Temperaturen<br />
bis zu 200 °C in der Fertigung standhalten,<br />
da sie mit der Stahlkarosserie die<br />
kathodische Tauchlackierung (KTL) und<br />
anschließend die Ofentrocknung durchläuft.<br />
Bis zum Projekt-Ende im März soll<br />
der Tunnel optimiert sein und Crashtests bei<br />
Porsche unterzogen werden.<br />
Bei einer Gewichtseinsparung von 20 %<br />
bis 25 % ersetzt der hybride Tunnel sieben<br />
Stahl- und Aluminiumteile im Porsche<br />
Boxster und reduziert darüber hinaus<br />
Handling- und Fügevorgänge. Diese Ergebnisse<br />
tragen dazu bei, zusätzliche Massen<br />
durch alternative Antriebe und Assistenzsysteme<br />
für das autonome Fahren zumindest<br />
teilweise zu kompensieren. „Wir wollen mit<br />
dem Projekt einen Beitrag zur weiteren Verbreitung<br />
des Leichtbaus leisten – und damit<br />
34 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
zur Entwicklung effizienter, sicherer und<br />
emissionsarmer Fahrzeuge“, betont Täger.<br />
Ebenfalls sehr ehrgeizig ist die Vision<br />
eines leichten, hybriden Kunststoffmotors.<br />
2015 präsentierte das Fraunhofer ICT eine<br />
Version, bei der das Zylinderkurbelgehäuse<br />
eines Einzylinder-Motors mit GF-verstärktem<br />
Duroplast umspritzt wurde. Im Projekt<br />
LeiMot, das bis Juni 2021 angelegt ist,<br />
arbeitet das ICT mit Volkswagen nun an<br />
Mehrzylinder-Lösungen. Das Projekt unter<br />
der Leitung der FEV Group mit dem Fraunhofer<br />
ILT, dem Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen<br />
Aachen (VKA) und dem<br />
Aachener Zentrum für 3D-Druck als weiteren<br />
Partnern zielt auf Kunststoff-Aluminium-Motoren<br />
der „next generation“. Die<br />
WFS Werkzeug Formen & Spritzgußtechnik<br />
GmbH stellt dafür die Spritzgießwerkzeuge<br />
bereit.<br />
In LeiMot entsteht der Aluminium-<br />
Motorblock additiv durch Selective Laser<br />
Melting (SLM). Er wird entweder mit Duroplast<br />
umgespritzt oder von zwei Duroplastschalen<br />
umfasst und mit ihnen verschraubt.<br />
Der Duroplast besteht aus einem Kurzglasfaser-verstärkten<br />
Phenolharz des Herstellers<br />
Sumitomo Bakelite High Performance Plastics<br />
(SBHPP), der auch am früheren Ein -<br />
zylinder-Projekt maßgeblich beteiligt war.<br />
Im Projekt FlexHyJoin entstand der<br />
Dachspriegel des Fiat Panda aus einem<br />
thermoplastischen Composite, an dem<br />
Stahlbefestigungen angebracht wurden.<br />
Der Thermoplast fließt in die laser -<br />
strukturierten Hinterschneidungen im<br />
Stahlblech. Die dafür notwendige Hitze<br />
liefert der Laser oder wird induktiv<br />
erzeugt. Bilder: IVW, D. Vink<br />
Laut Projektangaben bringt der hybride<br />
Motor zwischen 30 % und 40 % weniger<br />
Gewicht auf die Waage und kann weitere<br />
13% einsparen, wenn zusätzlich Kühlkanäle<br />
durch die Kunststoffschalen laufen. Das<br />
OHLF in Wolfsburg forscht derzeit an<br />
geeigneten Dichtungslösungen.<br />
Außer der reduzierten Masse bietet der<br />
Kunststoff-umhüllte Motorblock noch weitere<br />
Vorteile. Er zeigt weniger Vibration und<br />
eine „Neigung, schneller aufzuheizen und<br />
die Betriebstemperatur länger zu halten,<br />
insbesondere während des Start-Stopp-<br />
Betriebs“. Das berichteten die VW-Forschungsingenieurinnen<br />
Dr. Christine Schütz<br />
und Melanie Jauernick im Mai 2018 auf der<br />
Konferenz „Faszination Hybrider Leichtbau“<br />
im OHLF. Ein im Februar 2018 veröffentlichtes<br />
VW-Patent gibt weitere Hinweise<br />
(DE102016115531). Es beschreibt ein zweioder<br />
mehrteilig spritzgegossenes Duromer-<br />
Kunststoffgehäuse, das einen „Metall-<br />
Insert“ (Motorblock) zumindest partiell<br />
umgibt. Weiter erwähnt es, dass eine Mikrooder<br />
Makro-Verzahnungsstruktur am<br />
Motorblock die Kunststoff/Metall-Haftung<br />
erhöhen und damit die Übertragung höherer<br />
Kräfte ermöglichen könnte. Schulz und<br />
Jauernick empfehlen dafür unbedingt eine<br />
Silanbehandlung des Aluminiums.<br />
Demonstratoren für Pkw-Sitze liefern<br />
neue Perspektiven für hybride Bauweisen.<br />
Unter ihnen ist der von csi Entwicklungstechnik<br />
und Automotive Management Con-<br />
WÜRTH Industrie Service<br />
C-TEILE.<br />
MIT SICHERHEIT.<br />
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Würth Industrie Service GmbH & Co. KG · 97980 Bad Mergentheim<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 35<br />
T +49 7931 91-0 · info@wuerth-industrie.com
technik & wissen<br />
sulting (AMC) mit sieben weiteren Partnern<br />
entwickelte „Ultraleichtbausitz“ (ULBS). Er<br />
kombiniert gleich mehrere Leichtbautechnologien.<br />
Dazu gehören eine Wabenplattenrückwand<br />
und im lasttragenden Bereich<br />
eine Endlos-Wicklung aus GF- und/oder<br />
CF-Strängen, die exakt die Lastpfade materialisieren.<br />
Ein Ansatz mit hohem Leichtbaupotenzial,<br />
der unter anderem mit dem<br />
Altair Enlighten Award ausgezeichnet<br />
wurde – der <strong>Industrieanzeiger</strong> berichtete darüber,<br />
https://bit.ly/2I6FcTW.<br />
(Preform) und dann in einem Varioform-<br />
Werkzeug zum Hohlprofil geblasen. Entscheidend<br />
ist hier die konturnahe, hoch<br />
dynamische Temperierung.<br />
Die fertige Sitzlehne entsteht im nächsten<br />
Schritt auf der Spritzgießmaschine. Das<br />
Hohlprofil wird dazu einer Plasma-Aktivierung<br />
unterzogen, mit einem Organoblech<br />
aus- und aufgebaut und durch spritzgegossene<br />
Rippen und Halterungen aus langfaserverstärktem<br />
Thermoplast (LFT) funktionalisiert.<br />
GK Concept konstruierte das Werk-<br />
Die im Projekt<br />
FuPro gefertigte<br />
Sitzlehne besteht<br />
im Kern aus einem<br />
blasgeformten Composite-Hohl -<br />
profil, das mit Organoblechen weiter<br />
aus gebaut und durch Spritzgießen<br />
funktiona lisiert wird. Bild: ILK<br />
Der hybride Mitteltunnel<br />
des Porsche Boxster: Oben ist die<br />
aktuelle, mehrteilige Metallkonstruktion<br />
zu sehen, unten die leichte Hybrid-Alternative<br />
aus einem einzigen Teil.<br />
Bild: Volkswagen<br />
Auch der im Projekt FuPro gefertigte<br />
Sitzlehnen-Demonstrator wurde mehrfach<br />
ausgezeichnet – unter anderem mit dem<br />
Innovationspreis 2019 der Arbeitsgemeinschaft<br />
Verstärkte Kunststoffe (AVK). Gegenüber<br />
einer Stahlbauweise spart er rund<br />
33 % Gewicht ein. In dem Projekt arbeitete<br />
das Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik<br />
(ILK) der TU Dresden mit Partnern<br />
wie Sitzsystemproduzent Brose, Autoteilehersteller<br />
ElringKlinger und Spritzgieß -<br />
maschinenbauer Arburg zusammen.<br />
FuPro steht für „Funktionalisierte Mehrkomponentenstrukturen<br />
mit komplex<br />
geformten Hohlprofilen“ und umschreibt<br />
die neuartige Methodik, leichte Composites<br />
durch Blasformen zu erzeugen. Im Falle der<br />
Sitzlehne kommt ein hybrides „Enka Tec -<br />
tape“ der PHP Fibers GmbH zum Einsatz.<br />
Das Hybridgarn-Roving besteht aus Glas -<br />
fasern und PA6-Filamenten (für die spätere<br />
Matrix). Es wird zu einem mehrschichtigen,<br />
schlauchförmigen Halbzeug geflochten<br />
zeug und Bond Laminates lieferte das Organoblech-Halbzeug<br />
aus Polyamid 6 mit<br />
Roving-Glasfasergewebe.<br />
„Die Kombination von Organoblechen,<br />
FVK-Hohlprofilen und LFT-Spritzgießen in<br />
einer integralen Struktur war bisher nicht<br />
möglich“, erklärt dazu Brose-Ingenieur<br />
Georg Mai. „Ein Kernaspekt für die wirtschaftliche<br />
Umsetzung ist der variotherme<br />
Konsolidierungsprozess für das Hohlprofil.“<br />
Gegenüber den heute üblichen Konsolidierungszeiten<br />
von rund 30 min sei den<br />
FuPro-Partnern eine Effizienzsteigerung um<br />
den Faktor 10 gelungen.<br />
Auf der K 2019 präsentierte das Fraunhofer<br />
ICT eine „Bio4Self“-Sitzlehne, die<br />
sich im Sinne der Kreislaufwirtschaft gut<br />
recyceln lässt. Sie besteht aus niedrigschmelzender<br />
Polylactidsäure (PLA) und wird mit<br />
Fasern aus höherschmelzendem PLA<br />
„selbstverstärkt“. Die Lehne fertigten die<br />
Wissenschaftler durch Umformen einer<br />
Platte aus Bio4Self-Mate rial mit anschlie-<br />
Das Fraunhofer ICT präsentierte auf der K 2019 eine<br />
Sitzlehne aus einem Organoblech mit recycelten<br />
Carbonfasern (rCF). Bild: D. Vink<br />
ßendem Anspritzen von Rippen. An Merkmalen<br />
wie erhöhter Kratzfestigkeit und<br />
Selbstheilung wird weiter gearbeitet. Auf<br />
der Messe stellte das ICT außerdem eine hybride<br />
Sitzlehne mit recycelten Carbonfasern<br />
als Verstärkungsmaterial vor (Bild).<br />
Eines der leichtesten Materialien überhaupt<br />
sind Kunststoff-Schäume. Auch sie<br />
finden sich immer öfter in hybriden Bauweisen.<br />
Schon 2017 entwickelte das ILK eine<br />
hybride A-Säule aus kalt- und warmumgeformtem<br />
Stahlblech, kombiniert mit Haft-<br />
36 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
vermittler, Organoblech von Bond Laminates<br />
und Spritzguss-Rippen aus Polyamid-66<br />
von Lanxess. 2019 ging das Konzept bei<br />
einer A-Säule des neuen Porsche 911 Carrera<br />
S Cabriolet und Carrera 4S Cabriolet in<br />
Serie. Nun werden die Zwischenräume der<br />
spritzgegossenen Polyamid-Rippen ausgeschäumt.<br />
Zulieferer L&L Products, der die<br />
Hybridteile in Mohlsheim/Frankreich nach<br />
Weltleitmesse für<br />
industrielle Lackiertechnik<br />
21. – 24. April 2020<br />
Messe Karlsruhe<br />
Porsche lässt eine hybride A-Säule in<br />
Serie produzieren, die aus Stahlblech,<br />
Organoblech, Epoxid-Strukturschaum<br />
und spritzgegossenem GF-Polyamid<br />
besteht. Bild: Lanxess<br />
einem von Porsche entwickelten Verfahren<br />
herstellt, verwendet dafür seinen Epoxidharz-Strukturschaum<br />
L-5235.<br />
Dieser Epoxidharz-Schaum hat eine<br />
mechanische Funktion: In der KTL-Karosserielackierung<br />
dehnt er sich in der Trocknung<br />
bei 160 °C aus und sorgt so „für eine<br />
Press passung aller Komponenten in der<br />
A-Säule“, wie es beim OEM heißt. Der<br />
Materialmix rechnet sich: Porsche konnte<br />
auf die Stahlrohr-Verstärkung verzichten<br />
und dadurch 5 kg Gewicht sparen. •<br />
David Vink<br />
Freier Fachjournalist in Mettmann<br />
www.paintexpo.com<br />
In Kooperation mit:<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 37
technik & wissen<br />
Im Visier: Die Automobilhersteller sehen<br />
die Serienreife für hochautomatisiertes<br />
und autonomes Fahren erst in etlichen<br />
Jahren am Horizont. Bild: Daimler<br />
Rechnergestützte Fahrfunktionen stoßen an ihre Systemgrenzen<br />
Noch lange<br />
kein Automatismus<br />
Assistenzsysteme | Automatisiertes und autonomes<br />
Fahren gilt als automobiler Megatrend. Zwar fahren<br />
bereits etliche Versuchsträger wie von Zauberhand<br />
durch die Lande. Inzwischen sind aber etliche Protagonisten<br />
dieser Technik deutlich zurückgerudert.<br />
Assistenzsysteme nach Level 1 und teilautomatisierte<br />
Fahrfunktionen nach Level 2 der<br />
SAE-Klassifikation (Society of American<br />
Engineers) haben aktuell die Fahrzeuge<br />
erobert. Systeme wie ein Tempomat und<br />
Bremsassistent (Level 1) sowie Einparkhilfe<br />
oder Spurwechselassistent (Level 2) finden<br />
sich bereits in vielen Serienfahrzeugen. Sie<br />
unterstützen den Fahrer, nehmen ihm aber<br />
keine Entscheidung oder Verantwortung ab.<br />
Dies wird erstmals bei hochautomatisierten<br />
Fahrfunktionen nach Level 3 der Fall<br />
sein. Der Fahrer darf sich dann temporär<br />
anderen Tätigkeiten zuwenden, muss aber<br />
bei Bedarf die Fahrzeugführung rasch wieder<br />
übernehmen. Die Technik steht bereit.<br />
So hat Audi im Flaggschiff A8 bereits einen<br />
Autobahn-Assistenten nach Level 3 an<br />
Bord, der das Fahrzeug auf Straßen mit<br />
getrennten Richtungsfahrbahnen im Stopand-Go-Verkehr<br />
bis zu Tempo 60 über längere<br />
Strecken selbstständig bewegen kann.<br />
Allein, der Autobahn-Assistent ist noch<br />
nicht freigeschaltet, da es noch kein weltweit<br />
verbindliches Regel- und Rechtswerk<br />
zu hochautomatisierten Fahrfunktionen<br />
gibt. Hierzu hat ein Konsortium aus mehreren<br />
Automobilherstellern und Zulieferern<br />
im Herbst 2019 ein Whitepaper publiziert.<br />
Es beschreibt umfassend die Entwicklung,<br />
Validierung und Zulassung von automatisierten<br />
Fahrfunktionen nach Level 3 und 4.<br />
Hintergedanke ist, mit dieser Faktensammlung<br />
einen De-facto-Standard zu etablieren,<br />
den die Legislative dann rasch in rechtliche<br />
Bestimmungen überführt.<br />
Schwierige Schnittstelle<br />
Bislang unbeantwortet ist auch die juristische<br />
Frage: Wer übernimmt die Verantwortung,<br />
wenn ein selbstfahrendes Auto einen<br />
Unfall verursacht? Denn 100%ig sicher<br />
arbeiten rechnergestützte Fahrfunktionen<br />
noch lange nicht. Sie stoßen besonders in<br />
unübersichtlichen Situationen wie Baustellen<br />
oder sich regelwidrig verhaltenden Verkehrsteilnehmern<br />
an ihre Systemgrenzen.<br />
Dann muss der Fahrer wieder die Fahrzeugführung<br />
vom System übernehmen.<br />
Allerdings ist dieser Übergabeprozess<br />
deutlich komplexer als anfangs vermutet.<br />
Erstens muss jede hochautomatisierte Fahrfunktion<br />
schnell und zuverlässig abschätzen<br />
können, ab wann eine konkrete Fahrsitua -<br />
tion ihre eigenen kognitiven und reaktiven<br />
Fähigkeiten übersteigt. Das, so geben Experten<br />
unter vier Augen zu, sei so aufwendig zu<br />
programmieren, weshalb es mittelfristig<br />
kaum kostengünstig zu lösen sei. Zweitens<br />
muss der Fahrer schnell und zuverlässig in<br />
die Fahrverantwortung zurückgeholt werden.<br />
Probandenstudien zeigen aber, dass<br />
dafür die Fahrer unterschiedlich lange – teilweise<br />
bedenklich lange – Zeit brauchen.<br />
Daher überlegen viele Automobilhersteller,<br />
von Level-2-Funktionen zu gegebener<br />
Zeit gleich auf Level 4 zu wechseln. Aktuell<br />
werden in die Serienfahrzeuge immer mehr<br />
38 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Assistenzsysteme gepackt, die mehr und<br />
mehr Fahrsituationen meistern – aber immer<br />
bleibt der Fahrer in der Verantwortung.<br />
Ferngesteuert statt selbstfahrend<br />
Der Sprung hin zu Level 4 ist indes schon<br />
greifbar, zumindest in einzelnen Fahrsituationen.<br />
Vollautomatisiertes Fahren nach Level<br />
4 wird beispielsweise von Daimler und<br />
Bosch seit Sommer 2019 in einem öffent -<br />
lichen Parkhaus in Stuttgart erprobt. Dort<br />
können Versuchsautos bei Schrittgeschwindigkeit<br />
selbstständig ohne Fahrer einparken.<br />
Ein anderes relativ überschaubares Level-<br />
4-Fahrszenario wäre eine Autobahnfahrt,<br />
bei der das Fahrzeug sämtliche Fahrdynamik-<br />
und Lenkvorgänge bis zur nächsten<br />
Ausfahrt selbst übernimmt. Sobald die Fahrzeuge<br />
in fernerer Zukunft alle Fahrsituationen<br />
vollautomatisiert auf Level 4 beherrschen,<br />
spricht man von autonomem Fahren.<br />
Bis dahin müssen die Steueralgorithmen<br />
aber noch viel Feinschliff bekommen und<br />
die Sensorsets (Kamera, Radar, Lidar, eventuell<br />
Ultraschall und Infrarot) optimiert<br />
werden. Ergänzend müssen Level-4- und<br />
-5-Fahrzeuge unbedingt über eine redundante<br />
Lenkung, Brems- beziehungsweise<br />
Beschleunigungsfunktionen, Stromversorgung<br />
und Datenübertragung verfügen, da<br />
kein Fahrer mehr als Rückfallebene zur Verfügung<br />
steht.<br />
In fünf Stufen zum autonomen Fahren<br />
Mit jedem Automatisierungslevel übernimmt die Elektronik mehr Aufgaben vom Menschen. Bild: Volkswagen<br />
Unterm Strich dürften all diese Herausforderungen<br />
für horrende Kosten von<br />
anfangs etwa 100.000 Euro für autonomes<br />
Fahren auf Level 5 sorgen. Kein Wunder,<br />
dass Entscheider wie Thomas Sedran von<br />
Volkswagen Nutzfahrzeuge autonomes<br />
Fahren vorerst nur bei kommerziellen Fahrzeugen<br />
für den Transport von Menschen<br />
oder Gütern sehen – ab etwa 2030. Denn<br />
nur im Dauereinsatz und ohne den Kostenfaktor<br />
„Fahrer“ werde das Fahrzeug seine<br />
hohen Beschaffungskosten einspielen. Für<br />
private Pkw wird selbst Level 4 noch lange<br />
kein Business Case. PSA vermeldete 2019,<br />
dass man hier keine Chance für automatisiertes<br />
Fahren oberhalb von Level 3 sehe –<br />
selbst nicht bei Kooperationen mit anderen<br />
OEMs. Etwas optimistischer äußerte sich<br />
zwar die Entwicklungsallianz BMW/Daimler,<br />
die Mitte der 20er-Jahre Privat-Pkw<br />
nach Level 4 auf die Straße bringen will. Allerdings<br />
kassierte Daimler-Chef Ola Källe -<br />
nius Ende 2019 die Ankündigung praktisch<br />
wieder ein. Vorerst wolle man sich auf Assistenzsysteme<br />
bis zu Level 2 konzentrieren<br />
und die hohen Investitionen für das autonome<br />
Fahren in die Zukunft schieben. •<br />
Hartmut Hammer<br />
Freier Journalist in Leutenbach<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 39<br />
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technik & wissen<br />
Die Werkzeuge fürs Streckbiegen können mit der Maschinensteuerung kommunizieren. Sie sind – je nach Bedarf<br />
– mit Bussystemen, digitalen Ein- und Ausgängen, Hydraulikanschluss und Sensoren ausgestattet. Zudem können<br />
Bohr- oder Umformwerkzeuge sowie Stanzeinheiten integriert sein. Bilder: Wensing<br />
Verfahren liefert schnell und wirtschaftlich Strukturbauteile<br />
Anlage zieht Profile<br />
perfekt in Form<br />
Umformtechnik | Mittels Streckbiegen entstehen präzise,<br />
aufwändig geformte Profil- und Strukturbauteile.<br />
Das Verfahren kommt bislang vor allem im Fahrzeugund<br />
im Flugzeugbau zum Einsatz. ❧ Mona Willrett<br />
„Beim Streckbiegen geht´s nicht um ein -<br />
fache Bauteile oder einfache Formen“, sagt<br />
Jens Wensing. Das Verfahren könne Profile<br />
präzise dreidimensional biegen, strecken<br />
und um die Längsachse tordieren, so der geschäftsführende<br />
Gesellschafter der Günther<br />
Wensing GmbH & Co. KG in Stadtlohn<br />
weiter. Manches Teil, das eine Streckbiegemaschine<br />
innerhalb von Sekunden prozesssicher<br />
in Form bringt, wäre mit anderen Verfahren<br />
nur mit erheblichem Aufwand herzustellen<br />
– wenn überhaupt.<br />
Das grundsätzliche Prinzip des Streckbiegens<br />
habe sich über die Jahre kaum verän-<br />
dert, sagt Wensing. „Was sich aber massiv<br />
entwickelt hat, sind die Anforderungen hinsichtlich<br />
Geschwindigkeit, Präzision, Prozesssicherheit,<br />
Ergonomie und Energieeffizienz.“<br />
In diesen Bereichen lagen die Entwicklungsschwerpunkte<br />
der letzten Jahre.<br />
Von einem modernen Biegesystem erwarten<br />
die Anwender zwei eigentlich gegenläufige<br />
Fähigkeiten: eine hohe und reproduzierbare<br />
Präzision und flexibles Reagieren auf<br />
variierende Prozessparameter. Dank moderner<br />
Steuerungs- und Messtechnik schaffen<br />
die Anlagen diesen Spagat.<br />
„Die Wünsche unserer Kunden unterscheiden<br />
sich“, sagt Wensing. „Die Konservativen<br />
möchten den Prozess am liebsten<br />
komplett selbst in der Hand behalten. Auf<br />
der anderen Seite wächst die Gruppe derer,<br />
die einen automatisierten Ablauf fordern.“<br />
Das sei auch der Grund, weshalb immer<br />
mehr Biegeanlagen mit Roboterautomation<br />
ausgestattet werden – nicht nur in Deutschland,<br />
auch in China oder Mexiko. Einer der<br />
Vorteile der Siemens 840 D Solution Line-<br />
Steuerung sei, dass der Roboter komplett<br />
über die Maschinensteuerung verwaltet und<br />
gehandhabt werden könne; der Bediener<br />
brauche kein explizites Wissen. Immer öfter<br />
soll die Anlage zudem eine gewisse Intelligenz<br />
mitbringen, auf Materialchargen reagieren<br />
können oder Materialanalysen ermöglichen.<br />
Hans-Gerd Heming, ebenfalls<br />
geschäftsführender Gesellschafter beim Maschinenbauer,<br />
sagt: „Wir freuen uns, dass<br />
mein Sohn Daniel uns in dieser neuen Technik<br />
ein großes Stück voranbringt.“<br />
Hochwertige Technik ist unerlässlich<br />
Beim Streckbiegen wird das Bauteil aus<br />
Blech, Rohr oder Profil beidseitig linear gestreckt<br />
bis sich das Material plastisch verformt.<br />
Diese plastische Verformung und genaues<br />
Einhalten der aufgebrachten Spannung<br />
reduziert die Rückfederung.<br />
Der hohe Anspruch an moderne Maschinen-<br />
und Werkzeugtechnik liegt auch darin<br />
begründet, dass das Material nicht über seine<br />
physikalischen Möglichkeiten hinweg<br />
verformt werden darf. Im oberen Bereich<br />
seiner Dehnfähigkeit kann es bereits zu einer<br />
Orangenhaut und größeren Verformungen<br />
der Oberfläche kommen. Zusätzlich zur<br />
Streckung muss deshalb die geometrische<br />
Verformung berücksichtigt werden. Die<br />
könne bei kleinen Radien und größeren Profilhöhen<br />
bereits 10 % und mehr betragen,<br />
40 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Hohe Maßhaltigkeit und<br />
gute Oberflächen gehören<br />
zu den Stärken des<br />
Streckbiegens.<br />
„Immer mehr Kunden ordern ihrer Anlage<br />
mit Roboterautomation“, sagt Jens Wensing,<br />
Chef des gleichnamigen Unternehmens.<br />
Mit einer Biegekraft von 60 kN ist diese<br />
Streckbiegemaschine dafür konzipiert, anspruchsvolle<br />
Dachrelinge und Strukturbauteile<br />
für den Automobilbereich zu fertigen.<br />
berichtet Wensing. Weil jedoch hohe Oberflächengüte<br />
und Maßhaltigkeit oberste Priorität<br />
haben, sei hochwertige Maschinenund<br />
Werkzeugtechnik unerlässlich.<br />
Auf das Biegeergebnis hat eine Reihe von<br />
Faktoren einen Einfluss. Einer der wichtigsten<br />
ist das zu bearbeitende Material. „Schon<br />
verschiedene Qualitäten eines Werkstoffs<br />
können hier den entscheidenden Unterschied<br />
machen“, betont Wensing. Das könne<br />
beispielsweise beim Biegen von Dachreling-Profilen<br />
für ein Fahrzeugmodell der<br />
Fall sein, weil die Hersteller in der Regel für<br />
verchromte oder gebürstete Teile einen höherwertigen<br />
Werkstoff verwenden als für<br />
das schwarz verpulverte Pendant.<br />
Verarbeitet werden auf den Maschinen<br />
von Wensing zu 90 % Aluminium-Profile.<br />
Sie lassen sich prozesssicher und präzise<br />
streckbiegen. Typische Bauteile sind Stoßstangen,<br />
Zierleisten oder Strukturteile für<br />
die Autoindustrie. Auch für die Elektro -<br />
mobilität, in der mehr und mehr Fahrzeuge<br />
aus Aluminium-Extrusionsprofilen gefertigt<br />
werden, kann das Streckbiegen die geforderten<br />
Stückzahlen hochpräzise liefern.<br />
Das Verfahren ist zwar primär ein kaltumformender<br />
Prozess, es gibt aber auch Nischenanwendungen,<br />
die ein beheiztes Werkzeug<br />
oder einen Umformprozess im heißen<br />
Zustand erfordern – etwa beim Formen von<br />
Magnesium- oder Titan-Profilen.<br />
Neben der Automobilindustrie wird das<br />
Streckbiegen vor allem im Bau von Hochgeschwindigkeitszügen<br />
und Flugzeugen eingesetzt.<br />
Dort hat das Verfahren auch seinen<br />
Ursprung. Im 2. Weltkrieg suchten Flugzeughersteller<br />
nach Wegen, ihre Produktion<br />
zu beschleunigen. Damals mussten Teile für<br />
Flügelspitzen, Seitenverkleidungen oder<br />
Motorabdeckungen aufwändig in Handarbeit<br />
hergestellt werden. Durch die frühen,<br />
manuellen Streckbiegemaschinen konnte die<br />
Fertigungszeit teilweise von mehreren Stunden<br />
auf wenige Minuten gesenkt werden.<br />
Sensoren überwachen Prozess<br />
Die fürs Streckbiegen erforderlichen Werkzeuge<br />
sind laut Wensing anspruchsvoll. Sie<br />
können mit Bussystemen, digitalen Ein- und<br />
Ausgängen, Hydraulikanschlüssen und Sensoren<br />
für die Prozessüberwachung ausgestattet<br />
sein. Es ist sogar möglich, Bohr- oder<br />
Umformwerkzeuge zu integrieren. Werden<br />
Bohrungen oder Durchbrüche benötigt, rät<br />
der Diplomingenieur seinen Kunden allerdings<br />
eher zu einer Stanzeinheit. Denn: Die<br />
beim Bohren entstehenden Späne gefährden<br />
die Oberflächengüte. Zu 90 % verkauft er<br />
seine Maschinen gleich mit Werkzeug.<br />
Damit sich das Verfahren für ein bestimmtes<br />
Bauteil rechnet, sollte die durchschnittliche<br />
Produktionsmenge zwischen<br />
50.000 und 100.000 Teilen pro Jahr liegen.<br />
„Das lässt sich aber nicht verallgemeinern“,<br />
betont Wensing. Je teurer das Endprodukt<br />
ist, umso kleiner können die Stückzahlen<br />
ausfallen. „Wir haben einen Kunden, der<br />
aufwändige Zierleisten für Rolls Royce fertigt.<br />
Dabei geht´s um 1000 Teile pro Jahr.“<br />
Diese Leisten seien jedoch mit anderen Verfahren<br />
auch nicht in der vorgegebenen Präzision<br />
und Qualität herzustellen.<br />
Die Maschinen aus Stadtlohn sind universell.<br />
Bei Bedarf lassen sie sich innerhalb<br />
kürzester Zeit auf ein anderes Bauteil umrüsten.<br />
Zudem hilft moderne Steuerungsund<br />
Automatisierungstechnik, auch bei kleineren<br />
Losen wirtschaftlich zu arbeiten.<br />
In den letzten 20 Jahren hat Wensing –<br />
zusammen mit Partner Fluidsysteme Dasbeck<br />
GmbH – mehr als 300 2D- und<br />
3D-CNC-Streckbiegemaschinen im Bereich<br />
von 0,5 bis 1000 kN und für Bauteilmaße<br />
von 500 bis 12.000 mm ausgeliefert. Die<br />
Anlagen, die kraftgeregelte Biegungen mit<br />
höchster Genauigkeit ausführen, können<br />
heute zusätzlich im weggeregelten oder im<br />
Hybrid-Betrieb eingesetzt werden. •<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 41
interview<br />
Produktionsforscher und e.Go-Chef Prof. Günther Schuh über die Folgen des Mobilitätswandels<br />
„Wir müssen große<br />
Innovationsschritte wagen“<br />
Mobilität muss für den Nutzer weiterhin flexibel, komfortabel<br />
und vor allem bezahlbar möglich sein, sagt Prof. Günther<br />
Schuh. Der Produktionsforscher und Gründer des Aachener<br />
E-Auto-Start-ups e.Go erläutert seine Vision eines Mobilitätswandels<br />
und die daraus resultierenden Folgen. ❧ Mona Willrett<br />
„Den Durchbruch der<br />
Elektromobilität werden<br />
preisgünstige und kompakte<br />
Zweitwagen bringen,<br />
die für Kurzstrecken<br />
konzipiert sind“, sagt<br />
Prof. Günther Schuh. Er<br />
ist Vorstandsvorsitzender<br />
der e.Go Mobile AG in<br />
Aachen und Mitglied der<br />
Direktorien des Werkzeugmaschinenlabors<br />
WZL der RWTH Aachen<br />
und des Fraunhofer-Instituts<br />
für Produktionstechnologie<br />
(IPT).<br />
Bilder: e.Go<br />
Herr Prof. Schuh, was hat Sie motiviert, in<br />
die E-Auto-Produktion einzusteigen?<br />
Als die steigende Bedeutung der Elektromobilität<br />
zu erahnen war, war mir als Produktionstechniker<br />
mit großer Autoaffinität<br />
schnell klar: Batterieelektrische Autos sind<br />
zwar umzusetzen, sie werden aber mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit für einen breiten Kundenkreis<br />
zu teuer sein. Deshalb fühlte ich<br />
mich angesprochen, Wege zu finden, ein solches<br />
Auto bezahlbar zu realisieren. Zunächst<br />
wollten wir nur eine Konzeptstudie<br />
erstellen, aber dann fanden wir das Projekt<br />
so spannend, dass wir weiterarbeiteten.<br />
Wie sieht Ihre Vision einer Mobilität von<br />
morgen aus?<br />
Die Revolution in der Mobilität muss in den<br />
Städten stattfinden. Dort ist die Dringlichkeit,<br />
die Emissionen zu senken, aufgrund<br />
der Konzentration am größten. Aber es geht<br />
dort nicht nur darum CO 2 , Stickoxide und<br />
Feinstaub zu reduzieren. Eine weitere Herausforderung<br />
wird sein, die Fahrzeugdichte<br />
zu verringern und zugleich die Zahl der beförderten<br />
Personen zu steigern – idealerweise<br />
bei höherer Beförderungsgeschwindigkeit.<br />
Diese Vision müssen wir ergänzen um<br />
ein Konzept für all jene, die nicht in einer<br />
Großstadt wohnen. Das werden ziemlich<br />
viele sein, die aber vor allem Kurzstrecken<br />
mit dem eigenen Auto fahren sollten. Und<br />
genau dafür ist das Elektroauto ideal geeignet.<br />
Als kleines, kompaktes Zweitfahrzeug<br />
mit begrenzter Reichweite ist es auch wirtschaftlich.<br />
Für Langstrecken sollten wir eher<br />
42 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
auf die Bahn setzen. Das erfordert jedoch<br />
den Ausbau des Schienennetzes und des Angebots.<br />
In allen Bereichen der Mobilität sind<br />
mehr Flexibilität, Effizienz und Komfort für<br />
den Nutzer wichtige Erfolgskriterien.<br />
Haben Batterie-E-Fahrzeuge das Potenzial,<br />
den Verbrennungsmotor zu ersetzen?<br />
Zu einem gewissen Teil ja. Insbesondere<br />
dort, wo vor allem kurze Strecken gefahren<br />
werden, ist das E-Auto ein guter und wirtschaftlicher<br />
Ersatz für den Verbrenner.<br />
Wenn wir schwere Fahrzeuge betrachten<br />
oder solche, die weit und schnell fahren sollen,<br />
dann brauchen wir andere Alternativen.<br />
Dazu gehören CO 2 -ärmere, synthetische<br />
Kraftstoffe wie auch die Brennstoffzelle.<br />
Wenn vor allem lange Strecken zu bewältigen<br />
sind, ist der Plug-in-Hybrid mit einem<br />
kleinen Verbrenner und der Möglichkeit innerstädtisch<br />
elektrisch zu fahren, die Technologie<br />
der Wahl. Bei Nutzfahrzeugen kann<br />
die Brennstoffzelle interessant werden.<br />
Wäre es politisch nicht sinnvoller, technologieoffen<br />
zu forschen und zu fördern statt<br />
voll auf Batterie-E-Autos zu setzen?<br />
Wir müssen auf alle Fälle technologieoffen<br />
forschen und entwickeln. Allerdings glaube<br />
ich, dass es für einen Mobilitätswandel sinnvoll<br />
ist, wenn sich Politik und Industrie zunächst<br />
auf einen massiven Schwenk zur batterieelektrischen<br />
Mobilität konzentrieren.<br />
Anders wäre dieser Wandel sowohl auf der<br />
Anbieter- als auch auf der Infrastruktur-Seite<br />
sehr schwer umzusetzen. Wir sollten nicht<br />
sagen: Batterieelektrische Antriebe decken<br />
nicht alles ab, also machen wir´s nicht. Im<br />
Kurzstreckenbereich sind sie sehr gut und<br />
hier sollten wir ihren E-Anteil ausbauen.<br />
Leider ist es uns noch nicht ausreichend gelungen,<br />
die Kunden zu überzeugen. Deshalb<br />
ist es wichtig, das attraktiv zu machen.<br />
Wir haben heute rund 50 Millionen Autos<br />
in Deutschland. Reicht die Kapazität des<br />
Stromnetzes überhaupt, um nur eine Million<br />
E-Fahrzeuge jeden Abend zu laden?<br />
Wenn man davon ausgeht, dass es sich dabei<br />
durchweg um Fahrzeuge mit hoher Batteriekapazität<br />
handelt, die alle gleichzeitig innerhalb<br />
kurzer Zeit geladen werden sollen,<br />
dann nicht. Dieses Szenario wird aber aus<br />
meiner Sicht nicht eintreten. Es wird eher so<br />
sein, dass die Autos über Nacht geladen<br />
werden. Das geht mit unserer Infrastruktur.<br />
„Der Großteil<br />
der Bevölkerung<br />
lebt außerhalb<br />
von<br />
Großstädten<br />
und wird auch<br />
künftig Autos<br />
brauchen.“<br />
Batterierohstoffe wie Kobalt oder Lithium<br />
zu gewinnen, ist weder umwelt- noch menschenfreundlich.<br />
Wie lässt sich das ändern?<br />
Hier liegt noch einiges im Argen. Das müssen<br />
wir über die Verantwortung der Hersteller<br />
für die Zulieferkette deutlich besser in<br />
den Griff bekommen. Es gibt Ansätze, die<br />
Rohstoffe bei besseren Arbeitsbedingungen<br />
zu gewinnen und ohne Nebenwirkungen für<br />
die Umwelt. Das ist ein Grund, weshalb ich<br />
dafür werbe, in Europa Batteriezellen zu<br />
produzieren. Denn als Hersteller hätten wir<br />
die besten Möglichkeiten, die Lieferkette<br />
menschenfreundlicher und umweltverträg -<br />
licher zu gestalten. Der andere Teil der Lösung<br />
dieses Problems besteht darin, die Batterietechnik<br />
weiterzuentwickeln, den Anteil<br />
kritischer Rohstoffe weiter zu reduzieren.<br />
Aber hier haben wir natürlich ein Henne-Ei-<br />
Problem. Wir müssen an einer Stelle beginnen,<br />
um irgendwann ans Ziel zu kommen.<br />
Wie lässt sich die nicht so tolle Gesamtökobilanz<br />
von Batterie-E-Autos verbessern?<br />
Stimmt, die Umweltbelastung durch die<br />
Produktion eines Batterie-E-Autos ist höher<br />
als beim Verbrenner. Trotzdem ist die Ökobilanz<br />
eines E-Autos deutlich besser als die<br />
eines Verbrenners. Bei e.Go sind wir sogar<br />
überzeugt, dass unser Life das ökologischste<br />
Fahrzeug überhaupt ist. Das liegt an der<br />
Materialauswahl, am Bauprinzip und vor<br />
allem am Fahrzeug-Konzept. Der größte<br />
Teil des Autos ist für eine Lebensdauer von<br />
bis zu 50 Jahren ausgelegt. Deshalb hat<br />
unser Produkt eine deutlich bessere Öko -<br />
bilanz als heute übliche Autos mit einer<br />
Lebenszeit von zehn bis 15 Jahren. Hinzu<br />
kommt, dass die Batterien am Ende ihrer<br />
Einsatzzeit im Auto noch weitere 20 Jahre<br />
im stationären Betrieb – etwa als Puffer -<br />
speicher für Photovoltaikanlagen – genutzt<br />
werden können.<br />
Parken<br />
mit System<br />
● Schrankenanlagen für private<br />
und öffentliche Parkplätze<br />
● Kassensysteme mit individuellen<br />
Bezahl- und Vergütesystemen<br />
● Ausweismanagement zur<br />
komfortablen Zufahrtsverwaltung<br />
21-24 APR 2020 AMSTERDAM<br />
Halle 1<br />
Stand 01.122<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 43
interview<br />
Sie haben e.Go mal als Game Changer bezeichnet.<br />
Wie meinten Sie das?<br />
Wir brauchen die Mobilitätswende. Dabei<br />
müssen emissionsarme, besser noch emissionsfreie<br />
Fahrzeuge schlagartig eine maßgebliche<br />
Rolle spielen. Der Umstieg auf ein<br />
E-Auto ist für den Durchschnittskunden<br />
aber noch zu teuer. Der e.Go Life ist in den<br />
Gesamtkosten pro Kilometer der günstigste<br />
Pkw. Außerdem glauben wir – wie gesagt –,<br />
dass unser Auto das nachhaltigste ist.<br />
Der e.Go Life ist für genau jenes Nutzungsprofil<br />
konzipiert – für den Kurzstrecken-<br />
Zweitwagen liegen. Und zwar genau in der<br />
Größenordnung unseres Life.<br />
Wie ist der Stand beim Shuttle Bus Mover?<br />
Wir haben inzwischen die wichtigsten Zulassungstests<br />
bestanden. Etwa die Hälfte der<br />
24 Vorserien-Mover waren für diese Tests<br />
im Einsatz, die andere Hälfte läuft bei Testbetrieben,<br />
unter anderem bald auf dem<br />
Münchener Olympia-Gelände zur Vorbereitung<br />
des teilautonomen Betriebs. Zum Jahresende<br />
soll unser Werk 3 in Aachen Rothe<br />
Erde in Betrieb gehen, und Anfang 2021 soll<br />
dort die Serienproduktion starten.<br />
wird weiter nur grundiert, nicht lackiert.<br />
Und die Außenhaut wird es in zwei verschiedenen<br />
Versionen geben, mit einer Kunststoff-<br />
oder mit einer Stahlblech-Beplankung.<br />
In den ersten Produktionskonzepten sollten<br />
die Rolling Chassis auf eigener Achse autonom<br />
durch die Montage rollen. Heute werden<br />
sie auf AGVs transportiert. Warum?<br />
Beim Life hatten wir das nicht geplant.<br />
Taktzeiten von zehn Minuten sind zu kurz,<br />
um eine autonome Steuerung sinnvoll zu<br />
realisieren. Hier sind fahrerlose Transportmodule<br />
– oder AGVs – nicht nur wirtschaftlicher,<br />
sie bieten auch deutliche Vorteile hinsichtlich<br />
der Ergonomie. Beim Mover hatten<br />
wir das geplant. Allerdings hätten wir dazu<br />
einige Montageschritte vorziehen und die<br />
effizienteste Montageabfolge aufgeben müssen.<br />
Es hat sich gezeigt, dass auch hier die<br />
Montage auf AGVs die wirtschaftlichere<br />
Lösung ist. Unsere Erfahrung zeigt aber: Es<br />
ist viel günstiger, einfacher, flexibler und<br />
ergonomischer, eine solche Produktion auf<br />
AGVs aufzubauen als auf einem Fließband.<br />
Das e.Go-Fabrik-Konzept will Prof. Günther Schuh auch auf andere Kontinente exportieren. Das<br />
geplante Werk in China soll künftig 100.000 Elektro-Kleinwagen pro Jahr produzieren.<br />
und Stadtverkehr – wo die Bat-E-Stärken<br />
liegen. Wie viel Sinn macht dieses Konzept,<br />
wenn die Politik den individuellen Nahverkehr<br />
dort am liebsten abschaffen möchte?<br />
Mit dem öffentlichen Nahverkehr oder On-<br />
Demand-Angeboten – wie sie unser zweites<br />
Produkt, der e.Go Mover, bieten wird –<br />
können rund 20 Millionen Menschen in<br />
Großstädten und deren direktem Einzugsgebiet<br />
bedient werden. Der weit größere Teil<br />
der Bevölkerung lebt aber außerhalb der<br />
Metropolen und braucht weiterhin ein Auto,<br />
um auch künftig flexibel, effizient und<br />
komfortabel mobil zu sein. Der Durchbruch<br />
für die E-Mobilität wird zunächst beim<br />
In einem Focus-Interview nannten Sie eine<br />
Jahresproduktion von 100.000 Life als Ziel<br />
für das geplante Werk in China. Ist das<br />
Konstruktionsprinzip dafür geeignet?<br />
Das Beplankungsprinzip mit Kunststoff-<br />
Außenhautteilen ist auch bei größeren<br />
Stückzahlen von Vorteil, weil es maßgeblich<br />
zur Langlebigkeit der Fahrzeuge beiträgt.<br />
Wir bleiben auch bei unserem Grundkonstruktionsprinzip.<br />
Allerdings verändern wir<br />
in China die Body-Struktur substanziell.<br />
Das Auto wird länger und ein Viertürer sein.<br />
Der Aluminium-Rahmen bleibt in der Basis<br />
erhalten, wird aber durch kleinere Tiefziehteile<br />
aus Stahl ergänzt. Der Space Frame<br />
Wie muss sich die Fertigungstechnik infolge<br />
des Mobilitätswandels verändern?<br />
Wir müssen auch bei den Fertigungssystemen<br />
für die wichtigen Komponenten der<br />
E-Mobilität – das reicht vom Powertrain<br />
über die Batterien und die Leistungselektronik<br />
bis hin zur Ladeinfrastruktur – die Nase<br />
wieder vorn haben. Wir müssen hier, wie in<br />
anderen Mobilitätsbereichen, die führende<br />
Nation werden. Dazu brauchen wir mehr<br />
Wertschöpfung in Deutschland. Das gilt<br />
auch für die Batteriezellen-Fertigung. Damit<br />
das funktioniert, müssen wir andere Konstruktionsprinzipien<br />
und Technologien nutzen<br />
und größere Innovationsschritte wagen.<br />
Was heißt das für die Werkzeugmaschine?<br />
Gibt’s einen Trend zum Laser?<br />
Ich gehe davon aus, dass es künftig verstärkt<br />
Hybrid-Werkzeugmaschinen geben wird, in<br />
die Lasersysteme integriert sind. Das ist ja<br />
auch am WZL, dem Werkzeugmaschinen -<br />
labor der RWTH Aachen, ein großes<br />
Forschungsthema. Grundsätzlich wird der<br />
Laser dem Trend zur Variantenbildung und<br />
zur flexiblen Fertigung besser gerecht, weil<br />
er keine teuren und mit Vorlauf verbundenen<br />
Werkzeuge erfordert. Trotzdem sehe ich<br />
gute Chancen für die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie.<br />
Schließlich werden<br />
44 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
künftig wahrscheinlich nicht viel weniger,<br />
sondern eher kleinere Verbrennungsmotoren<br />
gebaut.<br />
Sind andere E-Autobauer wie Tesla den<br />
deutschen Herstellern wirklich voraus?<br />
Tesla hat sich mit viel Engagement das<br />
Know-how für die Wertschöpfungskette des<br />
elektrischen Powertrains erarbeitet und ist<br />
hier Benchmark. Auch die Vernetzung der<br />
Fahrzeuge und die Over-the-Air-Services<br />
sind vorbildlich. Hinzu kommt die Geschwindigkeit,<br />
mit der Tesla innovative Ideen<br />
umsetzt. Das sind drei Bereiche, die zeigen,<br />
woran wir uns orientieren können.<br />
Was bedeutet die Produktion von Tesla in<br />
Deutschland für die heimischen Hersteller?<br />
Ich finde es klasse, dass Tesla endlich nach<br />
Deutschland kommt. Man kann kein großes<br />
Produktionswerk aufbauen, ohne dass es<br />
positive Auswirkungen auf die umliegende<br />
Industrie hat. Auch den Ansporn durch den<br />
zusätzlichen Wettbewerb sehe ich positiv.<br />
Ich hoffe allerdings, dass die Förderung dieser<br />
Ansiedelung gerecht und fair verläuft<br />
und nicht andere Unternehmen benachteiligt<br />
werden, weil sie eben nicht Tesla heißen.<br />
Wo liegen die größten Herausforderungen<br />
für ein E-Auto-Start-up wie e.Go?<br />
Da gibt es zwei Aspekte: Aus technischer<br />
oder Produktionssicht ist es für alle Hersteller<br />
im Moment noch schwierig, eine stabile<br />
Lieferkette für die elektromobilen Komponenten<br />
aufzubauen. Dieses Problem haben<br />
alle – auch die etablierten Hersteller mit<br />
ihren E-Modellen. Was uns aber in besonderem<br />
Maße trifft, ist die externe Finanzierung.<br />
Es ist in Deutschland außerordentlich<br />
schwierig, das nötige Kapital für ein investitionsintensives<br />
Start-up wie ein Autounternehmen<br />
aufzutreiben. Wir sind stolz, dass<br />
wir mutige Investoren gefunden haben.<br />
Trotzdem ist jede neue Runde der Kapital -<br />
erhöhung extrem schwierig, und wenn sie<br />
nicht auf Anhieb klappt, kann das zur existenziellen<br />
Bedrohung fürs Unternehmen<br />
werden. Leider haben wir in Deutschland ab<br />
einer gewissen Ausbaustufe nicht mehr die<br />
nötige Unterstützung gefunden, so dass wir<br />
uns im Ausland nach Partnern umschauen<br />
mussten. Das war anfangs so nicht geplant.<br />
Wo sehen Sie e.Go in zehn Jahren?<br />
In zehn Jahren wird e.Go ein etablierter Nischenhersteller<br />
sein, der ein ganzes Portfolio<br />
an Kleinserienfahrzeugen in den Markt<br />
bringt. Wir werden per Copy-and-Paste Industrie<br />
4.0-Werke in Asien, Nord- und Südamerika<br />
und vielleicht sogar in Afrika aufgebaut<br />
haben und mit attraktiven, emotionalisierenden<br />
Nischenmodelle jene Marktsegmente<br />
bedienen, die große Hersteller mit<br />
ihren Strukturen nicht wirtschaftlich abdecken<br />
können.<br />
•<br />
Aushilfen, Studenten<br />
und Absolventen!<br />
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Bei uns finden Sie talentierte Mitarbeiter für<br />
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sowie die nachträgliche Anrechnung sind nicht möglich. Der Gutschein ist pro Nutzer nur einmalig einzulösen<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> und nicht 07.20 übertragbar. Eine Kombination mit anderen Gutscheinen ist nicht möglich. Jeder gewerbliche und<br />
kommerzielle Weiterverkauf des Gutscheins ist untersagt. Der Gutschein wird nicht erstattet, wenn der Kunde unistellenmarkt.de<br />
45<br />
die mit dem Gutschein bezahlte vierwöchige Premium-Anzeige im Rahmen seiner Mängelrechte rügt.
technik & wissen<br />
Zukunftsmarkt Lithium-Ionen-Batterien<br />
Metalle mit Ultraschall<br />
verschweißen<br />
Metallfügen | Das Ultraschallschweißen von NE-<br />
Metallen boomt im Markt für Lithium-Ionen-Batterien.<br />
Als „Newcomer“ nutzt Herrmann Ultraschall<br />
seine Prozesserfahrung und geht mit einem eigenen<br />
Metall-Schweißsystem ins Rennen. Der Anspruch:<br />
Höhere Effizienz und Zuverlässigkeit bieten.<br />
Bisher ist Herrmann Ultraschall auf das<br />
Verschweißen von Kunststoffen spezialisiert.<br />
Doch die Anfragen zum Schweißen<br />
von Metallverbindungen häuften sich.<br />
Daraufhin hat sich das Karlsbader Unternehmen<br />
entschlossen, die jahrzehntelange<br />
Erfahrung in der Prozessoptimierung für<br />
eine Technologieentwicklung zu nutzen und<br />
ein eigenes Schweißsystem für Metalle auf<br />
den Markt zu bringen:<br />
HiS Vario befindet sich aktuell in der<br />
Feldtestphase und geht mit zwei<br />
Maschinentypen an den Start. Beide sind<br />
„Spotwelder“ – eine speziell für Batterie -<br />
anwendungen konzipierte Maschine und<br />
eine Kabel-Terminal-Maschine, die Kabel -<br />
enden mit metallischen Anschluss stücken<br />
verschweißt.<br />
Ultraschallschweißen ist ein sauberer,<br />
sicherer und umweltfreundlicher Prozess. Es<br />
eignet sich zur Vor- und Hauptschweißung<br />
von Anode und Kathode in der Produktion<br />
von Lithium-Ionen-Batterien, aber auch, um<br />
elektrische Verbindungen in der Automo -<br />
tive-, Consumer- und Electronics-Industrie<br />
herzustellen. Das Verfahren lässt sich als<br />
Handarbeitsplatz einsetzen oder automatisiert<br />
in Produktionslinien integrieren. Die<br />
Vorteile sind:<br />
Der Klassiker beim Ultraschallschweißen<br />
von NE-Metallen: Kupfer wird mit<br />
Aluminium verbunden.<br />
Bilder: Herrmann Ultraschall<br />
• Kurze Schweißzeiten<br />
• Hohe Festigkeit<br />
• Niedriger Energieverbrauch<br />
• Keine Verbrauchsmaterialien<br />
Das Ultraschallschweißen verbindet vor<br />
allem leitfähige Bunt- und Edelmetalle,<br />
wobei Kupfer-Aluminiumverbindungen<br />
rund 90 % der Anwendungen ausmachen.<br />
Die zum Fügen benötigte Energie wird<br />
mittels mechanischer Schwingungen eingetragen.<br />
Der Ultraschallgenerator generiert<br />
dazu elektrische Schwingungen im 20- oder<br />
35-kHz-Bereich aus dem 50-Hz-Netzwechselstrom<br />
und wandelt sie über einen<br />
Konverter in mechanische Schwingungen<br />
mit der gleichen Frequenz um.<br />
Das Schweißwerkzeug, Sonotrode<br />
genannt, überträgt die Vibrationen auf die<br />
Fügepartner, indem sie an das ihr zugewandte<br />
Fügeteil ankoppelt und es quer zur<br />
aufgebrachten Schweißkraft in Schwingungen<br />
versetzt. Das gegenüberliegende Fügeteil<br />
ist in einem strukturierten Amboss<br />
fixiert und bewegt sich nicht. Dadurch<br />
kommt es zu einer Relativbewegung zwischen<br />
beiden Teilen und zu Reibung.<br />
Die intensive Reibung bricht an den<br />
Fügestellen die vorhandene Oxidschicht auf<br />
und verschweißt die beiden Fügeteile unter<br />
gleichzeitiger Druckeinwirkung zu einer<br />
stoffschlüssigen Verbindung. Entscheidend<br />
für das Verschweißen ist nicht die entstehende<br />
Wärme, die weit unter dem Schmelzpunkt<br />
liegt, sondern die Relativbewegung<br />
beider Fügepartner.<br />
Aufgrund der geringen Prozesswärme<br />
verändert sich das Materialgefüge im Werkstoff<br />
nicht nachteilig. Allerdings kommt es<br />
46 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Das Verbinden von „Kabel auf Terminal“ per Ultraschall bietet große Vorteile:<br />
Der Prozess läuft schnell, energiearm und – ohne Hilfsstoffe – sauber ab.<br />
So funktioniert das „Pre- und Tab-Welding“ bei der Lithium-Ionen-Batterie:<br />
Sowohl die Anode (Kupfer) als auch die Kathode (Aluminium) werden 2-stufig<br />
gefertigt – beide sind im Bild von oben zu sehen. Im ersten Schritt werden über<br />
50 Folien per Ultraschall verschweißt (links), dann wird dieser „Pack“ mit dem<br />
Ableiter ultraschallverschweißt (Mitte und links).<br />
beim Metall-Metall-Kontakt zu Partikel -<br />
abrieb, der beherrscht werden will – die<br />
besondere Herausforderung beim Ultraschallschweißen<br />
von Metallen. Die Mate -<br />
rialstärke der Fügepartner beträgt bei<br />
Kupferblech je nach Schweißfläche maximal<br />
2 bis 3 mm. Der Leistungsbedarf hängt von<br />
der Anwendung ab und liegt zwischen 1000<br />
und 6200 W.<br />
Wichtige Prozessvisualisierung<br />
Die Systemsteuerung kontrolliert die Prozessparameter<br />
und visualisiert sie auf den<br />
HiS-Vario-Geräten. Diese grafische Dar -<br />
stellung von Kennwerten wie Amplitude,<br />
Energie, Füge-Weg und Schweißkraft auf<br />
dem Maschinenbildschirm stellt sich als<br />
wichtiges Instrument heraus, um Prozess-<br />
Stabilität zu gewährleisten. Für jede Anwendung<br />
muss ein passendes Prozessfenster<br />
ermittelt werden, um Material- und Fertigungstoleranzen<br />
auszugleichen. Alle vorgeschalteten<br />
Prozessschritte der Zellfertigung<br />
sind dabei zu beachten.<br />
Gerade bei der teuren Batteriezelle hat<br />
die Ausschussminimierung eine hohe Prio -<br />
rität. Beim Ermitteln der Schweißparameter<br />
muss ganzheitlich gedacht werden. So müssen<br />
die Anwendung und das Material ebenso<br />
in Betracht gezogen werden wie die<br />
Produktionsumgebung. Daher ist es wichtig,<br />
den Lieferanten der Ultraschalltechnologie<br />
so früh wie möglich in die Produkt -<br />
entwicklung einzubeziehen.<br />
Herrmann Ultraschall sieht in der feinen<br />
Parametrierung große Chancen, die Produktionsqualität<br />
und Lebensdauer der Sonotroden<br />
zu erhöhen. Korrelationen zwischen<br />
Prozess-Stabilität und Partikelreduktion<br />
sind erkennbar. Ebenso zeigt sich, dass die<br />
Standzeiten vom Energieeintrag und der<br />
Stabilität des Konverters abhängen. •<br />
Astrid Herrmann<br />
Marketing bei Herrmann Ultraschall,<br />
Karlsbad<br />
„Prozessbeherrschung ist das A und O“<br />
André Deponte, Geschäfts -<br />
bereichsleiter Metalle bei<br />
Herrmann Ultraschall<br />
Wo sind die Schmerzpunkte beim Ultraschallschweißen<br />
von NE-Metallen?<br />
Oft wird über mangelnde Prozessstabilität und<br />
den hohen Werkzeugverschleiß geklagt. Der<br />
Prozess ist sehr abrasiv. Eine Faustregel sagt: Je<br />
nach Material ist die Sonotrode aus Stahl nach<br />
100.000 Schuss verschlissen und muss gewechselt<br />
werden. Dies läuft auf eine Lebensspanne<br />
von zwei Wochen hinaus, beim Wechsel geht<br />
wertvolle Produktionszeit verloren.<br />
Was tun Sie dagegen?<br />
Wir haben ein System entwickelt, dass die<br />
Rüstzeiten verringert. Bisherige Wechselzeiten<br />
von bis zu zwei Stunden wollen wir um ein Vielfaches<br />
unterbieten. Unser Ziel sind zehn Minuten<br />
– das wäre ziemlich revolutionär. Zusätzlich<br />
floss viel Zeit in das Design, um eine intuitivere<br />
Handhabung zu gewährleisten.<br />
Können Sie auch die Standzeit der Werkzeuge<br />
erhöhen?<br />
Je feiner Sie den Prozess steuern, umso stabiler<br />
und partikelfreier wird er. Dazu haben wir unsere<br />
Prozess-Parametrierung und -Visualisierung<br />
weiterentwickelt. Heute können wir schon<br />
sagen, dass wir 5 % mehr herausholen werden.<br />
Ist noch mehr drin als die 5 %?<br />
Daran forschen wir mit der Universität Freiburg<br />
als Hochschulpartner. Unser Ziel ist es, die<br />
Standzeit der Sonotroden um 20 bis 30 % zu<br />
erhöhen. Aber das wird noch dauern. Ich rechne<br />
mit ungefähr drei Jahren, bis wir mehr wissen.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 47
obotics kongress<br />
Kongress mit Praxisbezug: In den Pausen konnten sich die Teilnehmer einen Cobot mal genauer ansehen. Bilder: Michael Wallmüller<br />
Robotics Kongress liefert praktische Tipps für die Roboterintegration<br />
Keine Angst vorm Cobot<br />
Event | Der Robotics Kongress ist nicht nur eine Veranstaltung<br />
von Profis für Profis. In der Technology Academy kommt<br />
jeder zu seinem Erfolgserlebnis – auch wenn er noch nie einen<br />
Roboter aus der Nähe gesehen hat. ❧ Uwe Böttger<br />
48 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Trotz Sturmtief Sabine war der Pavillon 36<br />
auf dem Hannover Messegelände mal wieder<br />
gut gefüllt. Auch die neunte Auflage des<br />
Robotics Kongress war nahezu ausgebucht.<br />
Das übergeordnete Thema der gemeinsamen<br />
Veranstaltung des <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
und der Technology Academy, die Mensch-<br />
Roboter-Kollaboration, kurz MRK, hat den<br />
Nerv der Branche einmal mehr getroffen.<br />
Mit dabei auch Detlev Schütz, technischer<br />
Arbeitsvorbereiter und Programmierer<br />
bei der Atlas Elektronik GmbH in Bremen.<br />
Zum Kerngeschäft seines Arbeitgebers gehört<br />
die komplette Sensorelektronik eines<br />
U-Bootes inklusive Waffenlenksystem. Roboter<br />
spielen in der Denkfabrik mit eigener<br />
Fertigung bislang noch keine Rolle, doch<br />
das soll sich jetzt ändern. „Wir wollen die<br />
Automatisierung vorantreiben und bald mit<br />
den ersten Robotern starten“, erzählt der<br />
quirlige Norddeutsche.<br />
In einer Fachzeitschrift las er die Ankündigung<br />
des Robotics Kongress und besorgte<br />
sich spontan ein Ticket. Die Themen auf der<br />
Agenda interessierten ihn und versprachen<br />
Antworten auf seine Fragen. „Ich wollte<br />
wissen, wie flexibel Roboter heute arbeiten<br />
und was man mit der Technik alles machen<br />
kann“, erzählt Schütz. „Bei uns würden die<br />
Maschinen im Nassbereich arbeiten und<br />
mir war nicht klar, ob das überhaupt geht.“<br />
Bereits in der Mittagspause war Detlev<br />
Schütz weiter, als er sich vor der Veranstaltung<br />
erhofft hatte. Er wusste zum Beispiel,<br />
dass man den Roboter für die spezielle Anwendung<br />
bei Atlas Elektronik in einen<br />
Schutzanzug packen kann. Für die kommende<br />
Woche waren bereits Termine mit<br />
Gesprächspartnern angesetzt, die er in der<br />
Kaffeepause am Vormittag kennen gelernt<br />
hatte und die ihm in seiner Sache weiterhelfen<br />
können.<br />
So wie Detlev Schütz geht es den meisten<br />
auf dem Robotics Kongress, wenn nicht al-<br />
Zu schön um wahr zu sein?<br />
Wenn Sie diese Geschichte lesen, insbesondere die<br />
Kurz-Interviews, könnte bei Ihnen der Verdacht<br />
aufkommen: Ganz schön geschönt! Ist es aber<br />
nicht. Alle Aussagen, so positiv sie auch klingen<br />
mögen, wurden so gemacht. Heiliges Redakteurs-<br />
Ehrenwort. Der Robotics Kongress ist einfach ein<br />
Top-Event und nicht umsonst seit Jahren gut gebucht.<br />
Wenn Sie mir nicht<br />
glauben, dann seien Sie<br />
beim nächsten Mal dabei<br />
und überzeugen Sie sich<br />
selbst.<br />
Uwe Böttger,<br />
Redakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
len. Das liegt am Konzept der Veranstaltung,<br />
die nicht auf abgehobene Technik-Vorträge<br />
setzt, sondern praxisorientierte Robotik-Lösungen<br />
anbietet. Natürlich gehören<br />
auch Profis zu den Teilnehmern, aber vor allem<br />
sind es Mitarbeiter aus mittelständischen<br />
Unternehmen, die von ihrem Chef die<br />
Vorgabe bekommen haben, die Automatisierung<br />
in der eigenen Firma mit Robotern<br />
voranzutreiben. Folglich haben die nicht<br />
Themen wie Reinforcement Learning, KI<br />
„Eine der besten Robotik-Veranstaltungen im Land“<br />
Thomas Nolting ist<br />
CEO bei der Lyric<br />
Automation Germany<br />
GmbH in Langenhagen.<br />
Welche Rolle spielt die Robotik in Ihrem<br />
Unternehmen?<br />
Wir bieten Automatisierungslösungen für<br />
die Elektromobilität und da spielen Roboter<br />
natürlich eine zentrale Rolle. Wir setzen die<br />
Technik ein, entwickeln und bauen aber<br />
selbst keine Roboter. Deswegen sind wir<br />
hier auf der Suche nach potenziellen Partnern.<br />
Wie sind Sie auf den Kongress gestoßen?<br />
Ich arbeite seit 25 Jahren mit der Deutschen<br />
Messe AG zusammen. Da liegt der Robotics<br />
Kongress nahe. Für uns ist das hier eine<br />
Pflichtveranstaltung.<br />
Was haben Sie sich im Vorfeld von dem<br />
Kongress versprochen?<br />
Wir betreiben Technologie-Scouting für unsere<br />
Produktion in China und sind immer<br />
auf der Suche nach neuen Entwicklungen<br />
und Partnern. Deswegen hat der Robotics<br />
Kongress einen festen Platz in meinem Terminkalender.<br />
Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?<br />
Zu hundertzehn Prozent. Die Themen sind<br />
top und nebenbei trifft man interessante Ansprechpartner<br />
und alte Freunde. Für mich<br />
eine der besten Robotik-Veranstaltungen in<br />
Deutschland.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 49
obotics kongress<br />
Mario Schäfer, Produktionsleiter bei Albrecht<br />
Jung: „Man muss sich dem Thema<br />
MRK langsam nähern und kann nicht<br />
mit einem Schritt die großen Einsparungen<br />
erzielen.“<br />
und Big Data auf dem Zettel, sondern wollen<br />
den passenden Roboter für ihr Problem<br />
finden. Zudem suchen sie einen Spezialisten,<br />
der ihnen hilft, die Maschine in die heimische<br />
Linie zu integrieren und zum Laufen zu<br />
bringen.<br />
Wie so eine Integration funktionieren<br />
kann, erzählt Mario Schäfer in seinem Vortrag<br />
kurz vor der Mittagspause. Schäfer ist<br />
Produktionsleiter im Werk Lünen bei der<br />
Albrecht Jung GmbH & Co. KG, einem Premiumanbieter<br />
im Bereich Gebäudetechnik.<br />
Zu den typischen Produkten gehören Schalter,<br />
Steckdosen, Dimmer und Wächter. Vor<br />
15 Jahren hat Jung damit begonnen, im<br />
Haus eine durchgängige Linienfertigung<br />
aufzubauen. Seither stehen nicht mehr die<br />
Produkte im Vordergrund, sondern die einzelnen<br />
Arbeitsschritte, der Prozess. „Für uns<br />
war das eine wichtige Voraussetzung für<br />
den wirtschaftlichen Einsatz von kollaborierenden<br />
Robotern“, versichert Schäfer<br />
Jung hat heute neun Leichtbauroboter<br />
des Herstellers Universal Robots, kurz UR,<br />
im Einsatz. Der dänische Roboterbauer ist<br />
ein Startup aus dem Jahr 2005, das den ersten<br />
Cobot 2008 vorgestellt hat. Inzwischen<br />
gibt es die sogenannte e-Serie in der fünften<br />
Generation und es sind rund 42.000 Modelle<br />
im Feld. Viktor Treichel ist Business Development<br />
Manager bei UR und vermittelt<br />
dem Publikum in wenigen Sätzen das Prin-<br />
zip der kollaborativen Robotik aus Sicht der<br />
Dänen: „Die Technik muss für alle zugänglich<br />
sein“, betont er. „Um einen Roboter<br />
von UR bedienen zu können, braucht man<br />
kein Spezialwissen, keine Hochsprachen-<br />
Kenntnisse und auch kein abgeschlossenes<br />
Informatik-Studium.“ Eine gewagte Aussage,<br />
die aber Mario Schäfer in seinem Vortrag<br />
bestätigen kann.<br />
Den ersten Schritt in Richtung MRK<br />
wagten die Sauerländer im Rahmen des Forschungsprojekts<br />
„Manuserv“, das vom<br />
Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Energie gefördert wurde. Der Arbeitstitel:<br />
Vom manuellen Prozess zum industriellen<br />
Serviceroboter. „Wir haben uns den Arbeitsplatz,<br />
an dem später der Roboter eingesetzt<br />
werden sollte, genau angeschaut und dabei<br />
jede Menge Daten erhoben“, erzählt Schäfer.<br />
So wurden nicht nur alle Verfahrwege<br />
und Greifpositionen des Roboters digitalisiert,<br />
sondern auch die Bewegungen des<br />
Mitarbeiters, der dafür in ein Motion-Tracking-System<br />
gesteckt wurde. „Am Ende<br />
hatten wir einen Musterarbeitsplatz und<br />
konnten beurteilen, ob der Einsatz eines Roboters<br />
dort überhaupt sinnvoll ist.<br />
Im zweiten Schritt entstand der erste reale<br />
MRK-Arbeitsplatz, an dem ein digitales<br />
Radio montiert wird. Dabei übergibt der<br />
Roboter ein fertig gelasertes Werkstück an<br />
den Mitarbeiter, der es dann verpackt. Der<br />
„Kommunikative Leute, gute Atmosphäre“<br />
Torsten Hellfach ist<br />
Director Consulting<br />
Services bei der CGI<br />
Deutschland B.V. &<br />
Co. KG in Braunschweig.<br />
Welche Rolle spielt die Robotik in Ihrem<br />
Unternehmen?<br />
Wir sind ein globaler IT-Dienstleister. An<br />
meinem Standort in Braunschweig spielt die<br />
Robotik jetzt keine so große Rolle. Aber wir<br />
beschäftigen uns im Moment intensiv mit<br />
dem Thema autonomes Fahren und stehen<br />
dabei in Kontakt mit den Automobilherstellern.<br />
Für mich ist es wichtig, ein Gefühl für<br />
das Thema zu bekommen.<br />
Wie sind Sie auf den Kongress gestoßen?<br />
Die Technology Academy hat uns angeschrieben.<br />
Die Themen waren für mich relevant<br />
und auch interessant.<br />
Was haben Sie sich im Vorfeld von dem<br />
Kongress versprochen?<br />
Ich war interessiert an den Erfahrungen, die<br />
andere bei der Einführung von Cobots gemacht<br />
haben. In einem Vortrag wurde dieser<br />
Prozess praxisnah beschrieben. Nun geht es<br />
darum, wie wir die beschriebene Vorgehensweise<br />
auf uns übertragen können.<br />
Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?<br />
Ich habe nicht erwartet, dass hier meine<br />
Probleme gelöst werden. Ich bin gekommen,<br />
um Anstöße und Ideen zu bekommen, auf<br />
die ich aufbauen kann. Diese Erwartung<br />
wurden erfüllt. Die Atmosphäre ist echt gut<br />
und die Leute sind kommunikativ.<br />
50 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
„Wir sind alle beeindruckt von dem Kongress“<br />
Prof. Dr. Axel Gräser<br />
ist Projektleiter am<br />
Friedrich-Wilhelm-<br />
Bessel-Institut in<br />
Bremen.<br />
Welche Rolle spielt die Robotik in Ihrem<br />
Unternehmen?<br />
Ich leite ein Forschungsprojekt im Bereich<br />
der Unterstützungsrobotik. Wir entwickeln<br />
Robotik-Lösungen, die schwerbehinderte<br />
Menschen mit einer Querschnittlähmung<br />
unterstützen sollen. Es geht darum, den Behinderten<br />
im täglichen Leben zu helfen und<br />
das Pflegepersonal zu entlasten. Wir forschen<br />
zudem generell im Bereich Robotik<br />
und suchen dabei nach Möglichkeiten, wie<br />
unsere Forschungsergebnisse in der Industrie<br />
eingesetzt werden können.<br />
Wie sind Sie auf den Kongress gestoßen?<br />
Über eine Werbe-Mail.<br />
Was haben Sie sich im Vorfeld von dem<br />
Kongress versprochen?<br />
Mich hat interessiert, welche Lösungen in<br />
der Industrie schon angekommen sind, welche<br />
Probleme weiterhin bestehen und wo<br />
wir mit unseren Forschungsergebnissen<br />
eventuell einen Transfer schaffen können.<br />
Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?<br />
Ein klares ja. Der Kongress hat meine Erwartungen<br />
voll erfüllt. Es sind übrigens<br />
noch einige Personen hier, die ich kenne. Die<br />
sind auch alle ganz beeindruckt.<br />
Roboter greift sich ein neues Teil, dass der<br />
Werker zuvor bereitgelegt hat und fängt<br />
wieder an zu lasern. „Wichtig ist, dass der<br />
Roboter in den Fluss eingebaut wird“, betont<br />
Schäfer. „Roboter und Werker arbeiten<br />
parallel in einem gemeinsamen Umfeld.“<br />
Ganz wichtig: Der Mitarbeiter darf nie auf<br />
den Roboter warten, bis der mit seinem Part<br />
fertig ist. Erst wenn alle Arbeitsschritte von<br />
Werker und Cobot nahtlos ineinander übergehen,<br />
wird MRK wirtschaftlich.<br />
So etwas funktioniert nicht von heute auf<br />
morgen. Deswegen warnt Schäfer vor hohen<br />
Erwartungen: „Man muss sich dem Thema<br />
langsam nähern und kann nicht mit einem<br />
Schritt die großen Einsparungen erzielen.“<br />
Der Produktionsleiter spricht aus Erfahrung,<br />
denn er hat in anderen Unternehmen<br />
schon so manchen Leichtbauroboter „sterben<br />
sehen“. Der Ablauf ist dabei meist der<br />
gleiche: Irgendwo in der Produktion wird<br />
ein Roboter hingestellt, der Werker gibt dem<br />
Roboter ein Teil, der Roboter montiert, der<br />
Werker wartet. Der Firmenchef will aber<br />
keinen Mitarbeiter bezahlen, der wartet, also<br />
macht man den Roboter schneller. Dann<br />
aber wird es zu gefährlich für den Werker<br />
und der Roboter wird in einen Käfig gesteckt.<br />
Das war allerdings nicht der Plan,<br />
denn man wollte ja, dass Mensch und Roboter<br />
zusammen arbeiten. Und am Ende<br />
landet der Roboter im Keller.<br />
„Es hat sich gelohnt, hierher zu kommen“<br />
Detlef Schütz ist technischer<br />
Arbeitsvorbereiter<br />
und Programmierer<br />
bei der Atlas<br />
Elektronik GmbH in<br />
Bremen.<br />
Welche Rolle spielt die Robotik in Ihrem Unternehmen?<br />
Wir sind eine Denkfabrik mit eigener Fertigung und bauen Sensorelektronik<br />
und Waffenlenksysteme für U-Boote. Bisher spielt die<br />
Robotik bei uns noch keine Rolle, aber wir wollen die Automatisierung<br />
vorantreiben und schon bald mit Robotern starten. Auf diesem<br />
Kongress sammeln wir die ersten Informationen zu dem Thema.<br />
Wie sind Sie auf den Kongress gestoßen?<br />
Über eine Fachzeitschrift, den Namen weiß ich leider nicht mehr.<br />
Das war letzten Freitag. Die Themen haben uns interessiert und wir<br />
haben uns kurzfristig zu einer Teilnahme entschlossen.<br />
Was haben Sie sich im Vorfeld von dem Kongress versprochen?<br />
Mich hat interessiert, wie flexibel die Roboter heute sind. Speziell<br />
bei uns würden die Maschinen im Nassbereich arbeiten. Da frage<br />
ich mich, ob das überhaupt geht. Wir haben hier gelernt, dass die<br />
Maschinen sozusagen einen Überzieher bekommen, einen Schutzanzug,<br />
damit sie über längere Zeit nicht beschädigt werden.<br />
Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?<br />
Mehr als das. Neben den Vorträgen hat uns das Netzwerken in den<br />
Pausen viel gebracht. Wir haben mit vielen gesprochen und unsere<br />
Karten verteilt. Wir nehmen viel mit und damit kommen wir gut voran.<br />
Es hat sich echt gelohnt, hierher zu kommen.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 51
obotics kongress<br />
Bei Albrecht Jung hat man sich die nötige<br />
Zeit genommen und bei allen Schritten den<br />
Betriebsrat und die betroffenen Mitarbeiter<br />
eingebunden. Das sei entscheidend, denn<br />
nur so lassen sich Ängste in der Belegschaft<br />
vermeiden. Diese können schnell dazu führen,<br />
dass der Mitarbeiter glaubt, der Roboter<br />
nehme ihm erst die Arbeit und dann den<br />
Job weg. „Soweit darf man es nicht kommen<br />
lassen“, vermittelt Schäfer eindringlich<br />
„Erwartungen voll und ganz erfüllt“<br />
Welche Rolle spielt die Robotik in Ihrem Unternehmen?<br />
Wir sind Spezialisten für Filtrationslösungen. Roboter<br />
setzen wir ein in der eigenen Druckgussfertigung und in<br />
Montagezellen. Bislang arbeiten die Maschinen vom<br />
Menschen getrennt hinter Schutzzäunen. Die Mensch-<br />
Roboter-Kollaboration wäre für uns der nächste Schritt,<br />
da sehen wir viel Potenzial.<br />
Thomas Pilger ist<br />
Entwicklungsingenieur<br />
Prozesse Leichtmetall<br />
bei der Hengst<br />
SE in Münster.<br />
Wie sind Sie auf den Kongress gestoßen?<br />
Über Xing. Ich fand die Themen spannend und habe<br />
mich gleich für die Teilnahme entschieden.<br />
Was haben Sie sich im Vorfeld von dem Kongress versprochen?<br />
Neuer Input vor allem zu den Themen Handling und<br />
Greifer. Mich hat interessiert, wie andere Firmen ihre<br />
Anwendungen mit Robotern gelöst haben. Die Erfahrungsberichte<br />
in den Vorträgen helfen richtig weiter.<br />
Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?<br />
Voll und ganz. Neben den praktischen Anwendungen<br />
fand ich auch den einführenden Vortrag von Prof.<br />
Cheng interessant. Seine ambitionierten Ziele haben<br />
mich beeindruckt.<br />
Keynote-Speaker war in diesem Jahr der Robotik-Forscher<br />
Prof. Gordon Cheng von der<br />
TU München, der dem Publikum seinen<br />
neuesten Wurf vorstellte: Eine Ganzkörper-<br />
Haut für Roboter<br />
seiner Zuhörerschaft. „Aber genau das passiert,<br />
wenn man eine neue Technik dem Werker<br />
einfach vor die Nase setzt.“ Bei Jung hat<br />
das Einbinden der Mitarbeiter eine lange<br />
Tradition, die schon beim Aufbau der Linienfertigung<br />
gepflegt wurde. Deswegen war<br />
der Cobot für die Belegschaft auch nur ein<br />
neues Betriebsmittel wie alle anderen zuvor<br />
auch.<br />
Der Programmierung der UR-Roboter<br />
widmet Schäfer eine eigene Folie in seinem<br />
Vortrag. Diesen Job hat bei Jung ein ausgelernter<br />
Industriemechaniker übernommen.<br />
„Der Mitarbeiter hat fünf Jahre Berufserfahrung<br />
und erledigt seine neue Aufgabe mit<br />
viel Freude und Engagement“, erzählt Schäfer.<br />
„Die Programmierarbeit ist kinderleicht<br />
und bringt zudem neue Impulse in seinen<br />
Arbeitsalltag.“ Hierzu gehören Messebesuche,<br />
Projektgespräche sowie Kontakte zu<br />
Forschungseinrichtungen und Universitäten.<br />
Nicht zuletzt fühlt sich der Industriemechaniker<br />
von seinen Kollegen und externen<br />
Besuchern wertgeschätzt.<br />
Am Ende zeigt Mario Schäfer in einem<br />
Video eine zweite MRK-Anwendung, die<br />
bei Jung installiert ist. Zu sehen ist eine Mitarbeiterin,<br />
die einen kleinen Lautsprecher<br />
vormontiert und dem Roboter, einem Modell<br />
UR3, übergibt. Die Maschine fixiert das<br />
Teil zusammen mit einer Platine mit kleinen<br />
Schrauben an das Gehäuse, während die<br />
Frau weiterarbeitet. Auch hier wieder entscheidend:<br />
Mensch und Maschine beenden<br />
zeitgleich ihren Zyklus. „Früher hat die<br />
Frau die kleinen Schrauben mit einem<br />
Handschrauber eingedreht“, erzählt Schä-<br />
fer. „Das macht jetzt der Roboter und genau<br />
diese Zeit sparen wir ein.“<br />
In der abschließenden Fragerunde hakt<br />
ein Teilnehmer nach, ob denn bei Jung nicht<br />
auch industrielle Roboter eingesetzt werden.<br />
„Hatten wir, aber die werden jetzt nach<br />
zwanzig Jahren wieder abgebaut“, erzählt<br />
Schäfer dem erstaunten Publikum.<br />
Tatsächlich lief bei Jung eine große Montageanlage<br />
mit vier Scaras. Das ging gut, bis<br />
die ersten Störungen in der Software auftraten.<br />
Um die zu beheben, musste für viel Geld<br />
ein IT-Spezialist eingeflogen werden, denn<br />
im Haus gab es niemand, der das Problem<br />
hätte lösen können. Danach lief die Anlage<br />
wieder bis zur nächsten Störung und das<br />
Spiel begann von vorn. Dieser teure Teufelskreis<br />
ist dank der neuen Cobots unterbrochen.<br />
Die Programmierung der UR-Roboter<br />
ist so einfach, dass diese Aufgabe heute intern<br />
geregelt werden kann. Schäfer: „Für<br />
uns ist das ein großer Vorteil.“ •<br />
52 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
„Mir macht das<br />
richtig Spaß hier“<br />
Henning Johnsen ist Gebietsverkaufsleiter<br />
bei der<br />
Zimmer GmbH in Ettlingen.<br />
Welche Rolle spielt die Robotik in<br />
Ihrem Unternehmen?<br />
Wir sind ein Komponenten- und<br />
Systemhersteller für die Automatisierung.<br />
Unsere Produktion hat eine<br />
Fertigungstiefe von knapp 80<br />
Prozent. Bis auf die Oberflächentechnik<br />
machen wir alles selbst. Da<br />
spielt die Robotik natürlich eine<br />
zentrale Rolle.<br />
Fragen nach den Vorträgen sind auf<br />
dem Robotics Kongress nicht nur<br />
erlaubt, sondern gewünscht. Wer tiefer<br />
einsteigen will, kann dafür die<br />
Pausen nutzen, die bewusst etwas<br />
länger geplant sind<br />
iSave the Dates<br />
FORUM Cobots und Exoskelette<br />
19. Mai 2020<br />
FORUM Mobile Roboter und<br />
Transportsysteme<br />
14. Oktober 2020<br />
Robotics Kongress<br />
10. Februar 2021<br />
Wie sind Sie auf den Kongress gestoßen?<br />
Durch meinen Kollegen Mirco<br />
Metzner, der schon zweimal dabei<br />
war. Die Themen, die hier vorgetragen<br />
werden, betreffen uns im alltäglichen<br />
Geschäft.<br />
Was haben Sie sich im Vorfeld von<br />
dem Kongress versprochen?<br />
Andere Meinungen und Sichtweisen<br />
zu unseren Themen, Austausch<br />
in den Pausen. Was fordert der<br />
Markt, wohin müssen wir uns entwickeln?<br />
Das sind die Fragen, die<br />
wir im Gepäck hatten.<br />
Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?<br />
Der Kongress ist hervorragend aufgebaut,<br />
die Themen passen, die<br />
Teilnehmer sind gut. Mir macht<br />
das richtig Spaß hier. Wir haben<br />
gute Gespräche geführt und können<br />
daraus Rückschlüsse für die eigene<br />
Produktentwicklung ziehen.<br />
Keynote - Prof. Gordon Cheng<br />
Cobots 2.0: Intelligent and Sensitive<br />
Collaboration<br />
Onrobot<br />
Innovatives End of Arm Tooling für<br />
kollaborative Robotik<br />
Schunk<br />
Autonomous and Intelligent Industrial<br />
Devices<br />
Albrecht Jung, Universal Robots<br />
MRK-Einführung in der Fertigung<br />
Forward ttc<br />
Autonomer Ladeassistent für Elektrofahrzeuge<br />
Das waren die Vorträge<br />
Schmalz<br />
Wie smarte Vakuum-Greifer Cobots noch<br />
effizienter machen<br />
Stäubli<br />
Die Facetten der digitalen Transformation<br />
FH Aachen<br />
Etarob - Digitalisierung in der Landwirtschaft<br />
Yaskawa<br />
Es muss nicht immer MRK sein...<br />
Pilz<br />
Service-Roboter-Module erfolgreich und<br />
sicher in der Intralogistik einsetzen<br />
Die aufgeführten Themen werden sich in den kommenden Monaten im <strong>Industrieanzeiger</strong> niederschlagen.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 53
technik & wissen<br />
Drei autonome Transportroboter vom<br />
Typ MiR200 transportieren bei Whirlpool<br />
in Lodz Bauteile zwischen den Produktionslinien.<br />
Bilder: MiR<br />
Transportroboter optimieren die Produktionslogistik bei Whirlpool<br />
Sicherer als Stapler<br />
und Routenzug<br />
Automatisierung | Am polnischen Fertigungsstandort in Lodz<br />
automatisieren Transportroboter des Herstellers MiR den internen<br />
Materialfluss von Whirlpool. Prompt verbesserte sich<br />
bei dem Hersteller von Haushaltsgeräten die Produktivität<br />
und Arbeitssicherheit.<br />
54 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Das amerikanische Unternehmen Whirlpool gehört zu<br />
den führenden Herstellern von Haushaltsgeräten. Die<br />
Produktpalette, zu denen Waschmaschinen, Herde und<br />
Trockner gehören, wird kontinuierlich weiterentwickelt.<br />
Als Global Player ist Whirlpool stets mit makroökonomischen<br />
Herausforderungen konfrontiert – seien<br />
es steigende Rohstoffpreise, Inflationsdruck oder internationale<br />
Handelskonflikte. Zudem muss die Organisation<br />
sich auf ständig wechselnde Kundenwünsche einstellen.<br />
Um seine Marktstellung zu festigen und die Preise bei<br />
hoher Qualität wettbewerbsfähig zu halten, setzt Whirlpool<br />
auf eine umfassende digitale Transformation seiner<br />
Prozesse. Dazu zählt auch, die Abläufe in der Fertigung<br />
und der Produktionslogistik nach und nach zu automatisieren.<br />
Die Strategie kommt auch im polnischen Whirlpool-Werk<br />
in Lodz zum Tragen, wo 1500 Mitarbeiter<br />
unter anderem Trockner und Herde herstellen. „In unserer<br />
Fabrik läuft alle 15 Sekunden ein Trockner vom<br />
Band”, berichtet Werksleiter Szymon Krupinski. „Das<br />
impliziert einen enormen Aufwand für die Produktionslogistik,<br />
mit der viele Einzelteile an die Fertigungslinien<br />
transportiert werden müssen.”<br />
Um die Versorgung der Produktionslinien effizienter<br />
zu gestalten, waren Krupiski und sein Team auf der Suche<br />
nach einer flexiblen Automatisierungslösung. Repetitive<br />
Transportgänge sollten nicht länger die Arbeitszeit<br />
qualifizierter Mitarbeiter beanspruchen und stattdessen<br />
Was ist ein ein<br />
Karakuri-System?<br />
Bei Whirlpool laden die Transportroboter die vollen<br />
Kisten mit Trocknertüren an der Montagelinie ab. Dabei<br />
kommt eine spezielle mechanische Lösung zum Einsatz,<br />
ein sogenanntes Karakuri-System. Karakuri bezeichnet<br />
ein traditionelles japanisches Konstruktionsprinzip,<br />
mit dem sich einfache Prozesse auf Basis physikalischer<br />
Kräfte automatisieren lassen. Die mechanischen<br />
Konstruktionen machen sich Bewegungsenergie<br />
und Schwerkraft zunutze, um Objekte in eine vorab definierte<br />
Richtung zu bewegen. Dafür kommen Hebel,<br />
Zahnräder oder Sprungfedern zum Einsatz, aber keine<br />
zusätzliche Energiezufuhr. Heute ist Karakuri ein zentraler<br />
Bestandteil der Lean-Philosophie, also dem Ansatz,<br />
wirtschaftliche Abläufe zielgerichtet und ressourceneffizient<br />
abzuwickeln. Als kosteneffiziente Automatisierungslösung<br />
eignen sich Karakuri-Systeme auch,<br />
wie bei Whirlpool, für die automatische Verladung von<br />
Transportboxen.<br />
von flexiblen Transportrobotern übernommen werden.<br />
Eine zentrale Anforderung an die Lösung war, dass die<br />
Roboter die Waren automatisch aufnehmen und abladen<br />
können. Zudem sollten sich die Maschinen schnell<br />
an die häufigen Veränderungen des Werkslayouts anpassen<br />
können, ohne dass dafür aufwendige Umprogrammierungen<br />
durchgeführt werden müssen. Kosteneffizienz<br />
und Sicherheit spielten für die Planer ebenfalls<br />
eine Rolle.<br />
Bei den mobilen Transportroboter des dänischen<br />
Herstellers Mobile Industrial Robots, kurz MiR, wurden<br />
die Polen schließlich fündig. Die Modelle navigieren<br />
mit Hilfe von Laserscannern, Näherungssensoren und<br />
3D-Kameras völlig autonom. So startete Whirlpool im<br />
Dezember 2018 einen Testlauf mit dem Modell<br />
MiR200. Nachdem dieser erste Versuch erfolgreich war,<br />
kamen bald zwei weitere Maschinen des gleichen Typs<br />
hinzu. „Die mobilen Roboter erschließen uns einen<br />
ganz neuen Weg, Material ohne menschliches Zutun<br />
von A nach B zu bringen”, freut sich Krupinski. „So<br />
können sich unsere Mitarbeiter auf anspruchsvollere<br />
Aufgaben konzentrieren.”<br />
Die Hauptaufgabe der Roboter besteht darin, Trocknertüren<br />
von der Vormontage zur Montagelinie zu bringen.<br />
Auf jeder Fahrt befördert ein Roboter, der bis zu<br />
200 kg tragen kann, zwölf Türen. Ist eine Ladung Türen<br />
an der Vormontagelinie abholbereit, geben die Mitarbeiter<br />
den Robotern ein entsprechendes Signal. Ein freier<br />
Roboter fährt dann selbständig dorthin. Um die Kisten<br />
mit Trocknertüren aufzunehmen, bewegt er sich unter<br />
den beladenen Rollwagen und hakt sich mit seinem<br />
Aufsatz daran fest. Danach fährt er mit dem Rollwagen<br />
zur Montagelinie. Kreuzt dabei ein Mitarbeiter und ein<br />
Gabelstapler seinen Weg, weicht der Roboter aus oder<br />
Auf Rollwagen transportieren<br />
die Roboter Trocknertüren<br />
von der Vormontage-<br />
zur Montage -<br />
linie.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 55
mals verändert. Doch mit ihrer modernen Navigationstechnik<br />
konnten sich die Roboter den neuen Bedingungen<br />
automatisch anpassen.<br />
Die Mitarbeiter kommen mit den neuen Kollegen gut<br />
zurecht. „Da die Roboter so einfach zu bedienen sind,<br />
können auch Mitarbeiter ohne Programmierkenntnisse<br />
gut mit ihnen umgehen“, erklärt Paolo Aliverti, der bei<br />
Whirlpool das Logistikprogramm Industrie 4.0 organisiert.<br />
„So konnten wir von Anfang an von der neuen<br />
Technik profitieren, ohne vorab viel Zeit in Schulungen<br />
stecken zu müssen.“<br />
Bevor die Transportroboter eingeführt wurden, waren<br />
für diese Aufgabe speziell ausgebildete Mitarbeiter<br />
zuständig, die die Bauteile mit Gabelstaplern und Routenzügen<br />
von A nach B brachten. Die drei Roboter können<br />
heute ein solches manngesteuertes Fahrzeug ersetzen.<br />
Die Fahrer wiederum sind jetzt mit anspruchsvolleren<br />
Aufgaben beschäftigt. „Da die Roboter die Produktionslinien<br />
nun automatisch beliefern, können wir effizienter<br />
produzieren und unsere Mitarbeiter in der Endtechnik<br />
& wissen<br />
bleibt stehen. Mit Hilfe einer mechanischen Konstruktion,<br />
einem sogenannten Karakuri-System (siehe auch<br />
Kasten), lädt er die vollen Kisten ab. Gleichzeitig rutschen<br />
leere Kisten auf den Rollwagen nach, die der Roboter<br />
abtransportiert, bevor der Zyklus von neuem beginnt.<br />
Insgesamt dauert ein solcher Durchlauf knapp<br />
vier Minuten.<br />
Zur Steuerung nutzen die Whirlpool-Mitarbeiter das<br />
Flottenmanagementsystem MiRFleet. Über eine webbasierte<br />
Benutzeroberfläche können sie per Handy, Tablet<br />
oder PC darauf zugreifen und ihre Aufträge eingeben.<br />
Das System weist den Robotern die Aufgaben automatisiert<br />
und in optimierter Reihenfolge zu. Zudem hat das<br />
Programmpaket den Batterieladestand der Roboter im<br />
Blick und schickt sie bei Bedarf zur Ladestation. Am<br />
Produktionsstandort Lodz sind immer zwei Roboter<br />
gleichzeitig im Einsatz, während ein dritter als Ersatz an<br />
der Ladestation wartet. Auf diese Weise ist ein reibungsloser<br />
Materialfluss garantiert. Seitdem die Roboter eingeführt<br />
wurden, hat sich das Werkslayout in Lodz mehr-<br />
„Normen werden von der Technik regelmäßig überholt“<br />
Thomas Visti ist CEO bei Mobile Industrial<br />
Robots (MiR). Vor seiner<br />
Zeit bei MiR baute er den Roboterbauer<br />
Universal Robots mit auf.<br />
Weltweit wird an Normen gearbeitet,<br />
um den Umgang mit autonomen<br />
Transportrobotern<br />
effizient zu regeln. Welche relevanten<br />
Standards gibt es und<br />
welche Entwicklungen zeichnen<br />
sich ab?<br />
Speziell in der Robotik werden<br />
Regularien regelmäßig vom<br />
technischen Fortschritt überholt.<br />
So müssen sich Hersteller,<br />
Anwender und Integratoren oft<br />
mit einem Mix aus Normen behelfen,<br />
die sich kaum voneinander<br />
unterscheiden. Das macht<br />
die Integration autonomer<br />
Transportroboter komplexer,<br />
als sie sein müsste. Als Lückenfüller<br />
dient vor allem die europäische<br />
Norm EN 1525. Allerdings<br />
regelt diese die Sicherheitsanforderungen<br />
bei fahrerlosen<br />
Transportsystemen und<br />
Flurförderzeugen, die in der Regel<br />
größer, schwerer und weniger<br />
flexibel sind als mobile Roboter<br />
und daher striktere Vorkehrungen<br />
erfordern. Somit ist<br />
die Norm nur bedingt für mobile<br />
Roboter geeignet. Die geplante<br />
Norm ISO/FDIS 3691-4 berücksichtigt<br />
erstmals auch Aspekte<br />
wie die autonome Navigation<br />
der Roboter, ihre Inbetriebnahme<br />
sowie eine adäquate Gestaltung<br />
der Arbeitsumgebung.<br />
Damit definiert sie die Sicherheitsanforderungen<br />
wesentlich<br />
präziser und gibt allen Beteiligten<br />
klare Richtlinien an die<br />
Hand. Das dürfte die Risikobeurteilung<br />
und somit die Integration<br />
beschleunigen.<br />
Sie haben die rasante Entwicklung<br />
in der mobilen Robotik bereits<br />
angesprochen. Sind denn<br />
Sicherheitsnormen vor diesem<br />
Hintergrund generell sinnvoll?<br />
Unbedingt. Die dynamische Entwicklung<br />
der Technik macht sie<br />
sogar umso relevanter, denn<br />
Normen formalisieren die gelebte<br />
Praxis, schaffen Standards<br />
und helfen Anwendern, sich zu<br />
orientieren und erleichtern somit<br />
den Einstieg. Zugleich machen<br />
die technischen Neuerungen<br />
selbst die Produkte sicherer,<br />
zum Beispiel mit erweiterten Sicherheitsfunktionen.<br />
Der rasante<br />
Fortschritt mag eine Regulierung<br />
erschweren, hebt jedoch<br />
zugleich den Stand der Technik<br />
und damit das Referenzniveau<br />
künftiger Normierungen.<br />
Welche Funktionen müssen mobile<br />
Roboter aufweisen, um als<br />
sicher zu gelten?<br />
Unsere mobilen Roboter verfügen<br />
über Laserscanner, 3D-Kameras<br />
und Näherungssensoren.<br />
Mit dieser Technik können die<br />
Roboter ihre Umgebung zuverlässig<br />
erfassen. Über integrierte<br />
Planungsalgorithmen verarbeiten<br />
sie den Sensor-Input und<br />
können so unmittelbar auf Umweltereignisse<br />
reagieren und<br />
beispielsweise stoppen, wenn sie<br />
56 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Szymon Krupinski, Werksleiter am Produktionsstandort<br />
Lodz: „Mit den mobilen Robotern können<br />
wir Teile ohne menschliches Zutun von A nach<br />
B bringen.”<br />
montage einsetzen”, erklärt Adam Bakowicz, Ingenieur<br />
in der Prozesstechnik bei Whirlpool. Zudem haben die<br />
Roboter einen positiven Einfluss auf die Arbeitssicherheit.<br />
„Seit wir unsere Transporte automatisiert haben,<br />
sind deutlich weniger Gabelstapler und Routenzüge<br />
zum Einsatz, die in der Vergangenheit immer wieder zusammengestoßen<br />
sind“, ergänzt Werksleiter Krupinski.<br />
Whirlpool rechnet damit, dass sich die Anschaffung<br />
der Roboter spätestens in zwei Jahren amortisiert haben<br />
wird. Das Unternehmen plant, weitere Roboter in Lodz<br />
und an anderen Produktionsstandorten einzuführen.<br />
„In zwei italienischen Werken testen wir bereits ähnliche<br />
Lösungen“, berichtet Logistik-Manager Aliverti.<br />
Auch in der Whirlpool-Fabrik im polnischen Radomsko<br />
sind mittlerweile Roboter von MiR im Einsatz. Durch<br />
den automatisierten Materialfluss profitiert das Traditionsunternehmen<br />
von einer zuverlässigen Produktionslogistik<br />
und investiert zugleich nachhaltig in seine Wettbewerbsfähigkeit<br />
und damit in den geschäftlichen Erfolg.<br />
(ub)<br />
•<br />
auf ein Hindernis treffen. Zusätzlich<br />
gibt es Sicherheitsfunktionen,<br />
die im Falle eines Defekts<br />
greifen, denn wir müssen<br />
davon ausgehen, dass dies selbst<br />
bei der besten Technik vorkommen<br />
kann. Damit der Robotereinsatz<br />
auch dann sicher bleibt,<br />
definiert die ISO-Norm<br />
13849–1 Sicherheitsfunktionen<br />
wie Nothalt, Schutzfeldumschaltung<br />
und Geschwindigkeitsüberwachung.<br />
Welche Verantwortung tragen<br />
Hersteller und Systemintegratoren<br />
im Hinblick auf eine sichere,<br />
mobile Robotik?<br />
Für eine sichere Roboternutzung<br />
müssen alle Beteiligten an<br />
einem Strang ziehen. Der Hersteller<br />
muss ein einwandfreies,<br />
dokumentiertes Produkt liefern<br />
und dabei auch über die Einsatzgrenzen<br />
informieren. Er<br />
muss dafür sorgen, dass der Roboter<br />
den gängigen Sicherheitsanforderungen<br />
genügt, sodass<br />
er eine CE-Kennzeichnung erhält.<br />
Mit der Inbetriebnahme<br />
verlagert sich die Verantwortung<br />
zum Integrator, der den<br />
Roboter in sein Einsatzumfeld<br />
einführt. Im Rahmen einer umfassenden<br />
Risikourteilung muss<br />
er mögliche Gefahrenquellen in<br />
der Umgebung antizipieren und<br />
den Roboter so programmieren,<br />
dass er in potenziell riskanten<br />
Situationen den Sicherheitsstandards<br />
entsprechend reagiert.<br />
Zudem stellt er die CE-<br />
Konformität der gesamten Applikation<br />
sicher. Denn letztlich<br />
agiert der Mensch nicht nur mit<br />
dem Roboter, sondern mit der<br />
Kombination aus Roboter, Aufsatzmodul<br />
und Ladestation.<br />
Und schließlich müssen die Mitarbeiter<br />
durch Schulungen auf<br />
den sicheren Umgang mit den<br />
Robotern vorbereitet werden.<br />
Über Tablet, PC oder Handy können die<br />
Mitarbeiter auf die webbasierte Bedienoberfläche<br />
der Roboter zugreifen. Die<br />
Steuerung ist intuitiv und erfordert keine<br />
Programmierkenntnisse.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 57
technik & wissen<br />
Die Etherline Acces Switches für<br />
Profinet gehören zu den kleinsten auf<br />
dem Markt. Sie sind so kompakt, dass<br />
sie selbst in dezentrale Maschinen -<br />
schaltschränke passen. Bild: Lapp<br />
Switches bringen Maschinen ins Produktionsnetz<br />
Kompakte<br />
Schaltzentralen<br />
Datenkommunikation | Switches organisieren den<br />
Datenverkehr zwischen Maschinen und Netzwerken in<br />
Betrieben. Dabei sollen sie möglichst kompakt sein,<br />
flexibel mit dem Internet verbinden und eine hohe<br />
Qualität besitzen, möglichst Made in Germany.<br />
Platz ist in Fabriken immer knapp. In<br />
Schaltschränken zum Beispiel drängen sich<br />
Elektronikkomponenten, Kabel und Steckverbinder.<br />
Besonders in den kleinen dezentralen<br />
Schaltschränken direkt an den Maschinen<br />
geht es eng zu. Ein großer Raumfresser<br />
sind dabei die Switches. Sie werden<br />
auf die DIN-Hutschiene gesteckt, mit der<br />
Schaltschränke üblicherweise ausgerüstet<br />
sind. Doch dann ragen sie mitunter so weit<br />
nach vorne, dass die Tür des Schaltschranks<br />
nicht mehr schließt, erst recht, wenn in die<br />
Tür noch ein Bedienpanel eingelassen ist.<br />
Statt alle Komponenten akkurat an den<br />
DIN-Hutschienen aufzureihen, wie es eigentlich<br />
wünschenswert wäre, behelfen sich<br />
die Monteure dann mit Tricks, um alles<br />
unterzubringen. Eine Möglichkeit ist, ein<br />
Winkelblech zu montieren, so dass die Hutschiene<br />
und damit auch der Switch nach<br />
unten zeigen. Das funktioniert, ist aber<br />
nicht besonders elegant, vor allem ist der<br />
Einbau aufwendiger.<br />
Dass Lapp auch anders kann, beweisen<br />
die neuen Etherline Access Switches für Profinet,<br />
die der Spezialist für integrierte Kabelund<br />
Verbindungslösungen auf der SPS 2019<br />
vorgestellt hat. Sie sind die kleinsten auf<br />
dem Markt und so kompakt, dass sie auch<br />
ohne Bastelei selbst in kleinste Maschinenschaltschränke<br />
passen. „Das Interesse der<br />
Messebesucher war riesengroß“, berichtet<br />
Jürgen Greger, Produktmanager für Industrial<br />
Communication bei Lapp, „offenbar<br />
haben wir damit einen Nerv getroffen.“<br />
Die Switches gibt es als Managed-Versionen<br />
mit vier, acht und 16 Ports, die<br />
Unmanaged- Varianten mit fünf, acht und<br />
16 Ports. Welches Kunststück an Kompaktheit<br />
hier gelungen ist, zeigt der Vergleich mit<br />
Konkurrenzprodukten. So benötigt die<br />
16-Port- Variante von Lapp weniger Bauraum<br />
als ein 8-Port-Switch eines bekannten<br />
Wettbewerbers. Ein kleineres Gehäuse bedeutet<br />
nicht weniger Qualität. Die Switche<br />
von Lapp sind Made in Germany und für<br />
den Einsatz im rauen Industrieumfeld ausgelegt,<br />
etwa mit einem weiten Temperaturbereich<br />
von -40 °C bis +75 °C.<br />
Selbst mehrere Maschinen mit identischen<br />
IP-Adressen lassen sich vernetzen<br />
Eine weitere Herausforderung, die auf viele<br />
Betriebe mit Industrie 4.0 zukommt, ist die<br />
Vernetzung der Maschinen, sowohl<br />
untereinander als auch über die Ebenen der<br />
Automatisierungspyramide hinweg. Der<br />
Teufel steckt hier im Detail. Hersteller von<br />
Serienmaschinen, die in größeren Stückzahlen<br />
produziert werden, liefern diese mit<br />
identischen IP-Adress-Bereichen aus. Möchte<br />
ein Betrieb mehrere dieser Maschinen vernetzen,<br />
kommt es unweigerlich zu Konflik-<br />
58 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
ten der IP-Adressen. Hier bedarf es eines<br />
Maklers zwischen den IP-Netzwerken wie<br />
Etherline Access NF04T NAT/Firewall.<br />
Er vereint die Funktion eines Routers (Layer<br />
3 des ISO-OSI-Modells) und eines Switches<br />
(Layer 2).<br />
Switches machen die Vernetzung im<br />
Betrieb zum Kinderspiel<br />
Der Etherline Access NF04T NAT/Firewall<br />
hat vier RJ45-Ports – ein WAN-Port für das<br />
übergeordnete Unternehmensnetzwerk und<br />
drei LAN-Ports für Netzwerke auf Maschinenebene<br />
– und steckt ebenfalls in einem ultrakompakten<br />
Gehäuse. Er macht die Vernetzung<br />
in Betrieben zu einem Kinderspiel.<br />
Anwendungsfälle wie Basic-NAT, Machine-to-Machine-NAT<br />
und Portforwarding<br />
konnte man selbstverständlich auch schon<br />
bisher lösen. Dazu sind allerdings industrielle<br />
Router notwendig, die erheblich teurer<br />
sind als die Router, die zuhause am Internetanschluss<br />
hängen. Beim Etherline Access<br />
NF04T NAT/Firewall kann man sich den<br />
Router sparen, er ist im Switch bereits enthalten.<br />
Das spart erheblich Kosten, bis zu<br />
30 Prozent im Vergleich zu Lösungen mit<br />
Produkten von Wettbewerbern. Dennoch<br />
gilt auch hier: Der Switch wird in Deutschland<br />
produziert und erfüllt die von Lapp gewohnte<br />
hohe Qualität. In allen genannten<br />
Betriebsmodi profitieren Anwender von der<br />
eingebauten einstellbaren Firewall. Sie<br />
blockt Hackerangriffe auf die IT und Produktionsanlagen<br />
in Industriebetrieben.<br />
Switches decken viele wichtige<br />
Anwendungsfälle ab<br />
Zuletzt hat Lapp sein Portfolio mit Switches<br />
zur industriellen Kommunikation deutlich<br />
erweitert. „Unsere Switches decken viele<br />
wichtige Anwendungsfälle ab“, verspricht<br />
Jürgen Greger. Für Geräte ohne eigene<br />
Stromversorgung eigne sich der Unmanaged<br />
Switch Etherline Access U04TP01T. Seine<br />
vier RJ45-Ports bieten Power over Ethernet,<br />
können also zum Beispiel Kameras in der<br />
Qualitätssicherung oder Wifi-Access-Points<br />
mit Strom und Daten versorgen.<br />
Wer hohe Übertragungsraten über große<br />
Distanzen benötigt, greift zum Etherline<br />
Access M08T02GSFP. Der Managed Switch<br />
hat neben den acht RJ45-Ports noch zwei<br />
SFP-Ports zum Anschluss von Lichtwellenleitern<br />
für schnelles Gigabit-Ethernet. Das<br />
ist auch nützlich in Umgebungen, wo es aufgrund<br />
hoher Ströme zu EMV-Problemen<br />
kommen kann. Dazu bietet Lapp die passenden<br />
SFP-Standardmodule an zur Umwandlung<br />
des Lichtsignals in ein elektrisches<br />
Signal bis 1 Gbit/s. •<br />
Bernd Müller<br />
Freier Journalist in Bonn<br />
ALUMINIUM 2020<br />
13. Weltmesse & Kongress<br />
Über 40.000 Abonnenten<br />
in 100 Ländern –<br />
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ALUMINIUM-Community!<br />
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LET'S KEEP IN TOUCH<br />
06. – 08. Oktober 2020<br />
Messegelände Düsseldorf<br />
www.aluminium-exhibition.com<br />
Ideelle Träger<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 59
technik & wissen<br />
Mit DLIP im Labor<br />
strukturiert: Bei jedem<br />
Kästchen, das noch für<br />
das menschliche Auge<br />
sichtbar ist, handelt es<br />
sich um je einen einzigen<br />
Laserpuls, der in diesem<br />
Fall circa 10 ns andauerte.<br />
Innerhalb eines jeden<br />
dieser kleinen Kästchen<br />
befinden sich wiederum<br />
viele tausende, mikroskopisch<br />
kleiner Strukturen,<br />
welche natürlich mit dem<br />
Auge nicht mehr zu sehen<br />
sind. Bild: Berthold Leibinger<br />
Stiftung<br />
High-Speed-Laserstrukturierung für funktionale Oberflächen<br />
Lasern nach dem<br />
Vorbild der Natur<br />
Oberflächentechnik | Die Natur dient beim Direct Laser<br />
Interference Patterning als Vorbild für neuartige<br />
Oberflächen, die sich geometrisch strukturieren und<br />
an die jeweilige Funktionalität anpassen lassen.<br />
Surface Technology<br />
Funktionale Oberflächen gehören zu den<br />
Themen, die auf der Surface Technology<br />
vom 16. bis 18. Juni 2020 auf dem Stuttgarter<br />
Messegelände gezeigt und diskutiert<br />
werden. Die Fachmesse adressiert das ganze<br />
Spektrum der Oberflächentechnik – von der<br />
Galvanotechnik über industrielle Plasmaund<br />
Oberflächentechnik bis hin zu Mikromaterialbearbeitung.<br />
Mit Beschichtungsverfahren<br />
für Metall, Kunststoff, Holz, Glas<br />
oder Keramik richtet sich die Messe an alle<br />
industriellen Anwenderbranchen.<br />
„Bisher war die Nachahmung der Natur<br />
schwierig, weil die verfügbaren Methoden<br />
zur gezielten Strukturierung von Oberflächen<br />
keinen ausreichend universellen Ansatz<br />
für eine mikroskopisch präzise und<br />
geometrisch flexible, sowie gleichzeitig<br />
schnelle und damit auch wirtschaftlich effiziente<br />
Gestaltung von Oberflächen bieten“,<br />
sagt Professor Frank Mücklich, Leiter des<br />
Lehrstuhls für Funktionswerkstoffe der Universität<br />
des Saarlandes und des Steinbeis<br />
Forschungszentrums Material Engineering<br />
Center Saarland (MECS). Durch die Entwicklung<br />
des Direct Laser Interference Patterning,<br />
kurz DLIP, steht nun aber erstmals<br />
ein Herstellungsverfahren zur Verfügung,<br />
mit dem sich feinste periodische Oberflächenmuster<br />
auf nahezu jedem Material er-<br />
zeugen lassen. Die DLIP-Technik erlaubt die<br />
Fertigung von mikro-, submikro- und sogar<br />
nanoskaligen Oberflächenstrukturen mit industriell<br />
relevanten Prozessgeschwindigkeiten.<br />
Einen Überblick, welche Möglichkeiten<br />
DLIP eröffnet und welche Anwendungen<br />
sich daraus ergeben, hat Leander Reinert,<br />
Gruppenleiter „Surface Engineering“ am<br />
MECS, auf den ZVO-Oberflächentagen<br />
2019 in Berlin gegeben. DLIP verbindet die<br />
Flexibilität des Lasers mit einer flächigen<br />
Bearbeitung. Dabei wird ein einfacher optischer<br />
Effekt genutzt: Bei der Überlagerung<br />
von zwei oder mehreren Laserstrahlen entstehen<br />
Interferenzmuster. Diese lassen sich<br />
berechnen und die Laserstrahlen entsprechend<br />
flexibel einstellen. Als Parameter stehen<br />
Wellenlänge, Strahldurchmesser und<br />
Strahlwinkel zueinander zur Verfügung.<br />
„Zudem bestimmt die Pulsdauer die Materialwechselwirkung.<br />
In Abhängigkeit vom<br />
Absorptionsverhalten ist nahezu jedes Material<br />
strukturierbar“, erklärt Reinert. Die<br />
kombinierten Laserstrahlen können so mit<br />
einem „Schuss“ innerhalb weniger Nanosekunden<br />
bis zu 100.000 kleine Strukturen<br />
auf einmal erzeugen. Das ist die Voraussetzung<br />
für einen industriellen Einsatz und eine<br />
wirtschaftliche Strukturierung mit Rekordgeschwindigkeit.<br />
60 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Doppelter Strahl: Der hier in zwei Teilstrahlen aufgespaltenen Laser<br />
stammt von einem Nanosekundenlaser. Die Strahlteilung in zwei oder<br />
mehrere Strahlen, gefolgt von der späteren Überlagerung dieser Strahlen<br />
auf der zu bearbeitenden Oberfläche, ist die Grundlage der DLIP-<br />
Technologie. Der Strahlverlauf wurde mit einer Glasplatte für die Kamera<br />
sichtbar gemacht. Bild: Berthold Leibinger Stiftung<br />
Derzeit stehen vor allem sechs Anwendungsfelder<br />
im Fokus. Dazu zählt die Photovoltaik,<br />
bei der die „Ausbeute“ an Sonnenenergie<br />
durch eine bis zu 35 % erhöhte<br />
Solarabsorption deutlich verbessert wird.<br />
Ein anderes Feld ist die Benetzung, die sich<br />
mit unterschiedlichen Strukturen zwischen<br />
superhydrophil bis superhydrophob steuern<br />
lässt. Ein besonders wichtiges Gebiet sind<br />
Reibung und Verschleiß, die bis zu 80 beziehungsweise<br />
sogar bis zu 99 % verringert<br />
werden können. Die Laserstrukturierung<br />
kann in Kombination mit einer reibungsund<br />
verschleißreduzierenden Beschichtung<br />
von Kohlenstoffnanoröhrchen (CNT) eingesetzt<br />
werden, um die Langlebigkeit der Beschichtung<br />
auf der Oberfläche durch<br />
„Schmierstofftaschen“ zu erhöhen und so<br />
einen Synergieeffekt zu erzeugen.<br />
Beschichtung durch<br />
elektrophoretische Abscheidung (EPD)<br />
Die Beschichtung erfolgt durch elektrophoretische<br />
Abscheidung (EPD). Entsprechende<br />
Beschichtungen dienen als „Nanolager“ für<br />
beispielsweise in Maschinenelementen eingesetzten<br />
Rollen oder Lagern unter extremen<br />
Bedingungen wie etwa hohen Temperaturen<br />
oder unter Vakuum. Die Strukturierung<br />
kann aber auch als eigenständige Lösung<br />
ohne CNT-Beschichtung im Bereich<br />
der geschmierten Reibung – etwa mit Ölen<br />
als Schmiermittel – verwendet werden und<br />
ist nicht zwangsläufig an den Einsatz zusammen<br />
mit CNT gebunden. Bei geschmierten<br />
tribologischen Systemen eröffnet DLIP<br />
aufgrund seiner Mikrostrukturen eine bessere<br />
Kontrolle der Ölfilmdicke und der Lebensdauer<br />
der Maschinenelemente.<br />
Eine spannende Anwendung ist auch der<br />
Einsatz des Laserverfahrens für antimikrobielle<br />
Oberflächen. So kann beispielsweise<br />
auf dem antimikrobiellen Werkstoff Kupfer<br />
Verschiedene Optiken: Derartige Laborelemente dienen zur gezielten<br />
Manipulation des erzeugten Laserstrahls. So können zum Beispiel die<br />
benötigte Pulsanzahl, die Anzahl und der Winkel der zu überlagernden<br />
Strahlen oder auch die Leistungsstärke der verwendeten Laserpulse<br />
eingestellt werden. Auf diese Weise entsteht genau das gewünschte,<br />
interferenzbedingte Intensitätsmuster auf der zu bearbeitenden Materialoberfläche.<br />
Bild: Berthold Leibinger Stiftung<br />
der auf mikroskopischer Skala stattfindende,<br />
direkte Kontakt eines anhaftenden Bakteriums<br />
zur Oberfläche durch das Laserverfahren<br />
maßgeschneidert und so die keimtötende<br />
Wirkung deutlich effizienter gestaltet<br />
werden.<br />
Weitere Evaluierung erfährt die Technik<br />
derzeit auf der internationalen Raumstation<br />
(ISS) in Zusammenarbeit mit der NASA, um<br />
die Bildung von Biofilmen auf Oberflächen<br />
unter Schwerelosigkeit besser verstehen und<br />
kontrollieren zu können. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit<br />
sind Interferenzfarben,<br />
die ebenso der Individualisierung wie<br />
dem optischen Design dienen.<br />
Auch für elektrische Systeme bietet sich<br />
DLIP an: Ergebnisse zeigen hier, dass der<br />
elektrische Kontaktwiderstand um bis zu<br />
80 % und die Steckkraft um bis zu 40 % reduziert<br />
werden können. Vor diesem Hintergrund<br />
hat das MECS in einer langjährigen<br />
Zusammenarbeit mit TE Connectivity Germany,<br />
einem Hersteller elektrischer Steckverbindungssysteme,<br />
eine neue Generation<br />
elektrischer Steckkontakte entwickelt. Zwei<br />
Aspekte spielen dabei eine enorme Rolle:<br />
Die immer zahlreicher werdenden Steckverbindungen<br />
– etwa in Autos – erfordern einerseits<br />
einen möglichst geringen elektrischen<br />
Kontaktübergangswiderstand und andererseits<br />
eine Verringerung der benötigten<br />
Steckkraft.<br />
„Unsere Zusammenarbeit mit TE erstreckte<br />
sich von ersten Grundlagenarbeiten<br />
im Labor über die produktspezifische Optimierung<br />
bis hin zur Fertigstellung einer Pilotanlage<br />
zur Highspeed-Laserstrukturierung<br />
elektrischer Steckverbinderkontakte<br />
für die industrietaugliche Serienproduktion“,<br />
so Reinert. Beide Projektpartner wurden<br />
für diese Leistung mit dem Transferpreis<br />
der Steinbeis-Stiftung 2019 ausgezeichnet.<br />
Basierend auf diesem Durchbruch der<br />
DLIP-Technologie hinsichtlich ihrer industriellen<br />
Anwendbarkeit erfolgte im ersten<br />
Quartal 2020 die Gründung eines Unternehmens<br />
mit dem Namen Surfunction, das<br />
sich mit der Vermarktung der DLIP-Lasertechnologie<br />
für die Industrie befasst. „Wir<br />
möchten Laseranlagen bauen und vertreiben,<br />
welche die automatisierte Behandlung<br />
von Industrieprodukten mittels dieser Lasertechnologie<br />
ermöglicht“, skizziert Reinert<br />
die Zukunft, der bei Surfunction die Geschäftsleitung<br />
übernimmt. •<br />
Klaus Jopp, Fachjournalist in Hamburg<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 61
ücher<br />
Fit für die<br />
Chefposition<br />
Computer<br />
verstehen<br />
Ausgehend von der technischen<br />
Funktionsweise herkömmlicher<br />
Computer sowie neuronaler<br />
Netze beschreibt dieses Buch die<br />
Modellierung der Wirklichkeit<br />
in Form von Daten und Prozessen.<br />
Anhand diesem Verständnis wird ein Teil der<br />
vielschichtigen Aspekte der digitalen Vernetzung<br />
anschaulich geschildert und bewertet. So lernen Sie,<br />
wie Computer „denken“. Diese Entwicklung wird<br />
einfach und mit konkreten Beispielen dargestellt.<br />
Digital -Wie Computer denken, Jürgen Beetz,<br />
Springer Verlag, 2019, 393 S, 24,99 Euro,<br />
ISBN: 978-3-662-58630-3<br />
Die neue Position im Unternehmen stellt Geschäftsführer<br />
häufig vor persönliche und fachliche<br />
Herausforderungen und Sie benötigen plötzlich juristisches<br />
Fachwissen. Dieses Autorentrio macht<br />
Sie fit für Ihre neuen Aufgaben.<br />
Fit für die Geschäftsführung, Lorenz, Eichsteller,<br />
Wecke, Campus Verlag, 2019, 343 S., 38,99 Euro,<br />
ISBN: 978-3-593-51042-2<br />
Endlich mal machen<br />
Raus aus dem Hamsterrad, endlich die lang erträumte<br />
Weltreise machen, sich mehr um die<br />
Gesundheit kümmern und entschleunigen, sich<br />
bei einem sozialen oder ökologischen Projekt<br />
engagieren – es gibt viele Gründe für ein Sabbatical.<br />
Die Autorin ist Sabbatical-Coach und<br />
begleitet Menschen dabei, ihrem Leben mit einer<br />
Auszeit wieder mehr Qualität zu geben.<br />
Sabbatical, A. Oder, Campus Verlag, 2019,<br />
219 S., 19,95 Euro, ISBN:978-3-593-51001-9<br />
Zeit für das Wesentliche<br />
Zwölf Kapitel und 60 Methoden<br />
für mehr Fokus und ein selbstbestimmtes<br />
Leben! In diesem Buch<br />
lernen Sie die wichtigsten Methoden<br />
und Prinzipien für ein erfolgreiches<br />
Zeitmanagement kennen.<br />
Diese Zusammenstellung beinhaltet<br />
zentrale Konzepte aus den Bereichen<br />
der Glücksforschung, Erfolgstheorie,<br />
Selbstdisziplin, Entscheidungslehre<br />
und Persönlichkeitsentwicklung.<br />
In insgesamt<br />
zwölf Kapiteln wird jeweils ein<br />
zentraler Aspekt beschrieben. Dieses<br />
Buch ist ein Werkzeugkoffer<br />
mit Zeitmanagementmethoden<br />
und Produktivitätstechniken.<br />
Busy is the new stupid, Tim Reichel,<br />
FinanzBuch Verlag, 2020,<br />
ISBN: 978-3-959-72306-0<br />
62 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
produkte<br />
Trotzt aggressiven<br />
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Normelemente | Stahlteile in aggressiven Umgebungen<br />
müssen korrosionsfest sein. Ganter bietet Normelemente<br />
daher auch in der höherwertigen Edelstahl-Qualität A4<br />
jetzt in noch größerem Umfang.<br />
Der korrosionsbeständige Edelstahl A4 wird in<br />
verschiedensten Branchen immer wichtiger.<br />
Steht doch der zuverlässige Werkstoff für<br />
Langlebigkeit, Wartungsfreiheit und somit für<br />
Investitionssicherheit. Vor allem die Chrom-,<br />
Nickel- und Molybdän-Bestandteile verleihen<br />
dem austenitischen A4-Stahl seine hohe Resistenz<br />
gegen Chloride und Säuren. Das prädestiniert<br />
die A4-Normelmente von Ganter, auch<br />
überall dort eingesetzt zu werden, wo entsprechend<br />
scharf gereinigt werden muss.<br />
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In jeder Teilegattung<br />
des Ganter-Portfolios<br />
findet sich eine Norm,<br />
die auch in der<br />
A4-Werkstoffqua lität<br />
erhältlich ist.<br />
Bild: Ganter<br />
In jeder Teilegattung des Ganter-Portfolios<br />
findet sich eine Norm, die auch in der<br />
A4-Werkstoffqualität erhältlich ist. Dazu zählen<br />
Handräder, Ballengriffe, Ringschrauben<br />
und -muttern, die gemäß oder in Anlehnung an<br />
die DIN hergestellt sind. Auch diverse Scharniere,<br />
Bügelgriffe und Griffleisten, die sich<br />
auch mittels Schweißen befestigen lassen,<br />
Stern- und Dreisterngriffe, ein- und zweiarmige<br />
Spannmuttern gehören der A4-Range an.<br />
Letztlich runden Maschinenelemente wie Rastbolzen,<br />
Rastriegel und geschlitzte oder geteilte<br />
Stellringe das umfassende Programm ab. •<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 63
vorschau 08.20<br />
Condition Monitoring<br />
Die flächendeckende und automatisierte<br />
Zustandsüberwachung wird wirtschaftlicher:<br />
Mittels erweiterbarer und IoT-fähiger Schwingungssensorik,<br />
Gateway und automatisierter<br />
Datenanalyse plus App-basierter Visualisierung<br />
wird nun insbesondere für indirekt prozesskritische<br />
Aggregate ganzer Maschinen- und Anlagenparks<br />
eine Lösung angeboten, die einfach<br />
zu nutzen und effizient sein soll.<br />
Bild: Schaeffler<br />
Antriebstechnik<br />
Wie sich Entwicklungen zu Präzisions- und<br />
kundenspezifischen Sondergetrieben auch vom<br />
Wettbewerb abheben können, erläutern die<br />
Neugart-Geschäftsführer im Interview.<br />
3D-Metalldruck<br />
Additive Teile sind auch in Sicherheitsfunktionen<br />
im Einsatz. Hier ist Qualitätsmanagement<br />
gefordert, doch wie? Der Tüv Süd hat jetzt begonnen,<br />
Firmen als Zulieferer zu zertifizieren.<br />
erscheint dienstags Impressum<br />
ISSN 0019–9036<br />
Organ des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung<br />
e.V. (WSM), Düsseldorf, Hagen. Die Mitglieder<br />
des Verbandes erhalten den <strong>Industrieanzeiger</strong> im Rahmen ihrer<br />
Mitgliedschaft. Zusammenarbeit im Fachbereich der Gießereitechnik<br />
mit der Zentrale für Gussverwendung, Düsseldorf.<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Mitherausgeber: Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher (Werkzeug-<br />
maschinen); Prof. Dr.-Ing. Thomas Bergs (Technologie der<br />
Fertigungsverfahren); Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt (Fertigungsmesstechnik<br />
und Qualitätsmanagement);<br />
Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Günther Schuh (Produktions-<br />
systematik), WZL RWTH Aachen<br />
Verlag: Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
Verlagsleiter: Peter Dilger<br />
Chefredakteur:<br />
Dipl.-Ing. (FH) Werner Götz (gö), Phone +49 711 7594–451<br />
Stellv. Chefredakteur:<br />
Dipl.-Betriebswirt (FH) Dietmar Kieser (dk),<br />
Phone +49 711 7594–454<br />
Redaktion:<br />
Dipl.-Inf. (FH) Uwe Böttger (ub), Phone +49 711 7594–458;<br />
M. Litt. Sanja Döttling (sd), Phone +49 711 7594–342;<br />
Kyra Kutter (kk), Phone +49 711 7594–475;<br />
B. A. (FH) Nora Nuissl (nu), Phone +49 711 7594–391;<br />
M. A. Nico Schröder (sc), Phone +49 170 6401879;<br />
Susanne Schwab (su), Phone +49 711 7594–444;<br />
Dipl.-Ing. Olaf Stauß (os), Phone +49 711 7594–495;<br />
Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Infowirtin (FH) MonaWillrett (mw),<br />
Phone +49 711 7594–285<br />
Ständige freie Mitarbeiter:<br />
Dipl.-Ing. Volker Albrecht, Karin Faulstroh (kf),<br />
Michael Grupp (mg), Sabine Koll (sk), Markus Strehlitz (ms),<br />
Henriette Steuer (hs)<br />
Redaktionsassistenz: Daniela Engel, Phone +49 711 7594–452,<br />
Fax –1452, E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />
Layout: Katrin Apel, Vera Müller, Ana Turina<br />
ANZEIGEN<br />
Gesamtanzeigenleiter:<br />
Joachim Linckh, Phone +49 711 7594–565, Fax –1565<br />
Auftragsmanagement:<br />
Matthias Rath, Phone +49 711 7594–323, Fax –1323<br />
Zurzeit gilt Preisliste 79 vom 1.10.2019.<br />
Anzeigen-Annahmeschluss für Gelegenheits anzeigen mittwochs,<br />
15 Uhr.<br />
Leserservice: <strong>Industrieanzeiger</strong> +49 711 7252–209,<br />
konradinversand@zenit-presse.de<br />
Erscheinungsweise: dienstags (28 x jährlich)<br />
Bezugspreis: Inland jährlich 208,60 € inkl. Versandkosten und<br />
MwSt; Ausland 208,60 € inkl. Versandkosten. Einzelpreis 7,55 €<br />
(inkl. MwSt, zzgl. Versandkosten).<br />
Bestellungen erbitten wir an den Verlag.<br />
Sofern die Lieferung nicht für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich<br />
bestellt war, läuft das Abonnement bis auf Widerruf.<br />
Bezugszeit: Das Abonnement kann erstmals vier Wochen zum<br />
Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt werden. Nach Ablauf<br />
des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils vier<br />
Wochen zum Quartalsende.<br />
Bei Nichterscheinen aus technischen Gründen oder höherer<br />
Gewalt entsteht kein Anspruch auf Ersatz.<br />
AUSLANDSVERTRETUNGEN<br />
Großbritannien/Irland: Jens Smith Partnership, The Court, Long<br />
Sutton, GB-Hook, Hampshire RG 29 1TA, Phone 01256<br />
862589, Fax 01256 862182, E-Mail: media@jens.demon.co.uk;<br />
USA: D.A. Fox Advertising Sales, Inc. Detlef Fox, 5 Penn Plaza,<br />
19th Floor, New York, NY 10001, Phone +1 212 8963881, Fax<br />
+1 212 6293988, detleffox@comcast.net<br />
Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors, nicht<br />
unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte keine Gewähr. Alle im <strong>Industrieanzeiger</strong> erscheinenden<br />
Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte,<br />
auch Übersetzungen, vorbehalten. Reproduktionen, gleich<br />
welcher Art, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart.<br />
Druck: Konradin Druck, Leinfelden-Echterdingen<br />
Printed in Germany<br />
© 2020 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Leinfelden-Echterdingen<br />
64 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
Wir berichten über<br />
Aachener Zentrum für 3D-Druck ....... 32<br />
AFAG Messen und Ausstellungen ..... 12<br />
Albrecht Jung ....................................... 48<br />
Arburg .................................................... 32<br />
ArGeZ ..................................................... 18<br />
Arkema ................................................... 32<br />
Atlas Elektronik ..................................... 51<br />
Audi ......................................................... 38<br />
Automotive Management Consulting<br />
(AMC) ......................................... 24, 26, 32<br />
AVK ......................................................... 32<br />
BMW ...................................................... 16<br />
Bond Laminates .................................... 32<br />
Bosch ..................................................... 38<br />
Brose ...................................................... 32<br />
Centro Ricerche Fiat ............................ 32<br />
CGI Deutschland ................................... 50<br />
CQFD Composites ................................. 32<br />
csi Entwicklungstechnik ......... 24, 26, 32<br />
Daimler ................................................... 38<br />
Deutsche Lichtmiete ............................ 16<br />
Deutsche Post DHL Group .................. 19<br />
Deutsche Messe .................................. 22<br />
e.Go ......................................................... 42<br />
Edag Engineering ................................. 32<br />
ElringKlinger .......................................... 32<br />
Engel ....................................................... 20<br />
Engel Austria ......................................... 32<br />
Europäische Zentralbank .................... 10<br />
FEV Group .............................................. 32<br />
Fill ............................................................ 32<br />
Fluidsysteme Dasbeck ......................... 40<br />
Fraunhofer ICT ...................................... 32<br />
Fraunhofer ILT ....................................... 32<br />
Friedrich-Wilhelm-Bessel-Institut ..... 51<br />
Ganter ..................................................... 63<br />
Gartner ................................................... 28<br />
GK Concept ............................................ 32<br />
Grindtec ................................................. 12<br />
Haimer .................................................... 15<br />
Hannover Messe .................................. 12<br />
HBW Gubesch Thermoforming .......... 32<br />
Hengst SE .............................................. 52<br />
Herrmann Ultraschall .......................... 46<br />
HRES Development ................................ 8<br />
Hyundai Motor ...................................... 32<br />
IKB Bank ................................................ 10<br />
Institut für Integrierte Produktion<br />
Hannover (IPH) ..................................... 16<br />
Institut für Konstruktionstechnik (IK) 32<br />
Institut für Leichtbau und<br />
Kunststofftechnik (ILK) ........................ 32<br />
Institut für Verbundwerkstoffe (IVW) 32<br />
Invent ...................................................... 32<br />
IPT ........................................................... 42<br />
IW Köln ................................................... 14<br />
JEC World .............................................. 12<br />
Kaysser, H. P. ......................................... 18<br />
Kistler ..................................................... 13<br />
L&L Products ......................................... 32<br />
Lanxess .................................................. 32<br />
Lapp ........................................................ 58<br />
Laser Zentrum Hannover (LZH)..........<br />
16<br />
Laserteile4you ....................................... 18<br />
Leister Technologies ............................ 32<br />
LMT Tools ............................................... 20<br />
Lyric Automation Germany ................. 49<br />
Messe München .................................. 13<br />
Metav ..................................................... 12<br />
MiR .......................................................... 54<br />
Misumi .................................................... 21<br />
OE-A ........................................................ 13<br />
OECD ....................................................... 10<br />
Open Hybrid Lab Factory (OHLF)........<br />
32<br />
PHP Fibers ............................................. 32<br />
Plastic Omnium ..................................... 32<br />
Porsche .................................................. 32<br />
pressetext.at ......................................... 17<br />
PSA ......................................................... 38<br />
Samsung .................................................. 8<br />
Schneider Form .................................... 32<br />
Scott Bader ........................................... 32<br />
Shape Corporation ............................... 32<br />
SMC ........................................................ 21<br />
Steinbeis Forschungszentrum ........... 60<br />
Sumitomo Bakelite High Performance<br />
Plastics (SBHPP) .................................. 32<br />
Tado .......................................................... 8<br />
Taitra ....................................................... 17<br />
Technology Academy .......................... 48<br />
Thomas GmbH+Co. Technik+ -<br />
Innovation KG (TTI) .............................. 32<br />
Thyssenkrupp ........................................ 15<br />
TU München .......................................... 52<br />
Tube ........................................................ 12<br />
Ucimu ..................................................... 20<br />
Universal Robots .................................. 48<br />
Universität Göttingen ........................... 19<br />
Universität Hohenheim ........................ 19<br />
University of Texas ............................... 17<br />
Vargus .................................................... 20<br />
VDA ......................................................... 10<br />
VDE ......................................................... 14<br />
Verlag C. H. Beck .................................... 8<br />
VKA ......................................................... 32<br />
Volkswagen ............................... 16, 32, 38<br />
Voss Fluid ............................................... 20<br />
Webasto ................................................. 32<br />
Wensing ................................................. 40<br />
Werkzeug Formen & Spritzguß -<br />
technik .................................................... 32<br />
Whirlpool ............................................... 54<br />
Wire ........................................................ 12<br />
Würth Industrie Service ...................... 18<br />
WZL ......................................................... 42<br />
ZSW ........................................................ 16<br />
Beilagen in dieser Ausgabe:<br />
Landesmesse Stuttgart GmbH<br />
(Teilbeilage).<br />
Wir bitten um Beachtung.<br />
Was tun bei<br />
ARTHROSE?<br />
Wenn an den Händen auch<br />
die Mittelgelenke der Finger<br />
erkranken, betrifft dies nicht<br />
nur „ein paar kleine Gelenke“.<br />
Ankleiden, Essen und Trinken<br />
schmerzen. Teller und Gläser<br />
fallen aus der Hand, und das<br />
Öffnen und Schließen der<br />
Wohnungstür sind nur noch<br />
mühsam möglich. Was aber<br />
kann man selbst dagegen tun?<br />
Welche ärztlichen Behandlungsmöglichkeiten<br />
gibt es?<br />
Auf diese Fragen zur Fingerarthrose<br />
sowie zu allen anderen<br />
Arthroseformen gibt die Deutsche<br />
Arthrose-Hilfe wertvollen<br />
praktischen Rat, den jeder<br />
kennen sollte und den jeder<br />
leicht anwenden kann. Sie fördert<br />
zudem die Arthroseforschung<br />
bundesweit mit bisher<br />
über 350 Forschungsprojekten.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20 65
zuletzt ...<br />
Dunkle<br />
Seiten<br />
Die dunkle Seite hatte schon immer<br />
etwas Anziehendes. Mal ist es die<br />
Anziehungskraft der der Erde abgewandten<br />
und damit dunklen Seite des<br />
Mondes, die eine chinesische Raumsonde<br />
dort aufsetzen ließ. Mal ist es<br />
eine schwarze Scheibe wie „Dark Side<br />
of the Moon“ der Rockband Pink Floyd, die die Massen in ihren Bann<br />
zieht. 43 Jahre nach Erscheinen werden jährlich noch eine Viertelmillion<br />
Exemplare verkauft. Auf die Dunkle Seite respektive auf Darth Vader ließ<br />
George Lucas, Regisseur der Weltraumsage Star Wars, den Jedi-Ritter<br />
Luke Skywalker treffen. Nicht weniger tückisch ist das Darknet, das in zwielichtigen<br />
Kreisen so beliebt ist wie in erotomanischen der Darkroom.<br />
Zig Millionen sollen den Lastern frönen. Die Dunkelziffer ist enorm. Findige<br />
Leute nutzen jetzt die Dunkelheit für einen weiteren Zweck. Der Rückzug<br />
dorthin soll vom Burnout gebeutelte oder gefährdete Menschen zurück ins<br />
Leben führen. Für die Therapie wird ein siebentägiger, betreuter Aufenthalt in<br />
einem Hotel im Kärntener Almdorf Seinerzeit in<br />
völliger Dunkelheit verbracht. Frei von<br />
Außenreizen, werde der Fokus auf die innere Wahrnehmung<br />
gerichtet, was den Erkrankten von tiefgehenden<br />
Erschöpfungszuständen befreit, verspricht<br />
der Anbieter. Die vom Burnout Kurierten sehen<br />
plötzlich wieder das Licht am Ende des Tunnels.<br />
Wer danach aber mit einem Tunnelblick<br />
durchs Leben geht, hat wohl wieder Therapiebedarf,<br />
da er mög licherweise dunkle Gedanken hegt. dk<br />
Bild: Azat Valeev/stock.adobe.com<br />
66 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20
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68 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20