PARNASS 01/2020 Leseprobe
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Kunstszene
linke Seite | MQ LIBELLE | Rendering, 2019 | © O&O Baukunst
rechte Seite | MQ LIBELLE | Aufbau, 2020 | © Eva Schlegel
Es erinnert an die visionären Projekte von
„Haus-Rucker-Co“ in den 1970er-Jahren, wie
die Nike, 1977 in Linz, oder an die Oase, 1972
für die Dokumenta 5 in Kassel. Die Poesie, die
diesen Projekten innewohnte, findet sich in der
Libelle, dem „Megaloprepus coerulatus“, wieder.
Für Laurids Ortner war bei der Aufgabenstellung
der Blick von oben auf die Dachlandschaft
des MQ Ausgangspunkt und Inspiration. „Ohne
Bild aus der Luft gibt es keine Vorstellung von
der Besonderheit des Areals und von der einzigartigen
städtebaulichen Situierung.“ Ortner
sieht die dem Himmel zugewandten Flächen der
Museumsbauten als gleichrangige fünfte Fassade.
Denn das MuseumsQuartier als Ganzes lässt
sich ob seiner Größe nur in Luftaufnahmen kommunizieren,
und vom Himmel her wird auch die
Libelle als schlangenförmiges gläsernes Gebilde
in ihrer Gesamtheit als neues Wahrzeichen
wahrgenommen werden. Das Farbkonzept besteht
„nur“ aus den „Nichtfarben“ Grau und
Weiß. Die Schwere des darunter liegenden steinernen
Kubus des Leopold Museums wird nach
oben zu gebrochen und immer heller. Keine Farbe,
keine Begrünung der Dachterrasse, sondern
weiße sandgestrahlte Betonplatten, keinerlei Anmutung
eines Dachgartens, keine Werbe- oder
Logo aufschriften auf Sonnenschirmen sollen
die in den Himmel übergehende Helligkeit der
Dachhaut stören. „Farbe bringen die Besucher“,
so Laurids Ortner. Pure Architektur und Antithese
auf die Bestandsarchitektur.
Die Konstruktion, die Statik, war die eigentliche
große Herausforderung für die Architekten.
Denn unter dem Dach befinden sich ausgerechnet
jene Museumsräume mit der größten
Spannweite, die nicht weiter belastbar sind.
Schon allein deshalb war die Figur der Libelle,
das Aufsetzen ihrer Beinchen auf wenige mögliche
Punkte, nämlich auf die Wände der Räume,
die einzige Möglichkeit. Ihr Skelett ist ein Stahlbau,
eine in sich geschlossene Konstruktion, die
man theoretisch auch als Ganzes fix und fertig
auf das Gebäude hätte stellen können.
Erreichbar ist die Libelle durch zwei außen an
die südliche Fassade des Leopold Museums angefügte
Panorama-Lifte, die jeweils 21 Personen
25 Meter hoch auf die insgesamt drei Aussichtsterrassen
mit insgesamt 1.100 Quadratmeter,
zugelassen für insgesamt 450 Personen,
bringen. Von dort aus kann man – barriere- und
konsumfrei – über Rampen die Terrassen oder
den niveaugleichen 215 Quadratmeter großen
stützenfreien multifunktionalen Veranstaltungsraum
für 300 Personen, einen neuen Stadtsalon,
ansteuern. Er ist technisch und akustisch für alle
Arten von Belebung gerüstet. Mit sechs Meter
breiten elektrischen Schiebetüren öffnet er sich
in Richtung des Kaiserforums. Der Blick über die
Dächer in Richtung des historischen Stadtkerns
bis hin zum Kahlenberg ist atemberaubend.
MQ LIBELLE
AM LEOPOLD MUSEUM
Eröffnungswoche: Di 21. bis So 26. April
Bauherr
MuseumsQuartier E+B GesmbH,
Direktor Dr. Christian Strasser, MBA
Architektur
O&O Baukunst
Projektleitung
Laurids Ortner und Willi Fürst
Kunstinstallationen
Brigitte Kowanz (Lichtkreise)
Eva Schlegel (Fassade O. T. verschleiert)
PA R NASS 01/2020 11