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PARNASS 01/2020 Leseprobe

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Kunstszene

DAS NEUE KÜNSTLERHAUS

Drei Jahre wurde renoviert, ehe das neue Künstlerhaus

Anfang März wiedereröffnen kann. Die

57 Millionen Euro, die das Projekt Renovierung,

Erweiterung und Modernisierung letztlich

beanspruchte, die Schätzung lag zunächst bei

30 Millionen, wurden zur Gänze von Hans Peter

Haselsteiner getragen. Der Unternehmer wird

auch bis auf Weiteres für die laufenden Kosten,

die Betriebskosten wie etwaige Kosten der Instandhaltung

Sorge tragen. „Es war mir ein dringendes

Anliegen, nicht nur die Sammlung Essl

von der Randlage in Klosterneuburg in die Bundeshauptstadt

zu bringen, um sie hier einem breiten

Publikum zugänglich zu machen. Ich wollte

unbedingt auch dieses so wichtige Gebäude

wiederbeleben, das seit vielen Jahren dem Verfall

preisgegeben war“, erklärte Haselsteiner Anfang

Februar, als das Haus seinen beiden neuen

Nutzern, der Albertina modern und der Künstlerhaus-Vereinigung,

übergeben wurde. Der Weg

dahin war kein unumstrittener. „Ich halte es für

eine Verpflichtung von wohlhabenden Menschen,

die in Österreich wohlhabend wurden,

ihren Reichtum außerhalb der Steuerpflicht zu

einem gewissen Teil für die Gesellschaft einzusetzen,

der sie ihren Reichtum zu verdanken haben.

Es wäre nur schön, wenn man wenigstens nicht

beschimpft würde“, erklärte sich Haselsteiner

und führte aus, dass eine Zweidrittelmehrheit der

Künstlervereinigung das Projekt begrüßt hätte,

es mit dem anderen Drittel aber immer wieder zu

problembehafteten Auseinandersetzungen kam.

Auch die Rolle der Albertina führte wiederholt

zu Kritik, ebenso wie die bis Redaktionsschluss

noch ungeklärte Zukunft des brut-Theaters. Der

Französische Saal, der Anfang der 1970er-Jahre

zum Theater umgebaut wurde, ist vorerst noch

in Haselsteiners Hand. Doch was hier in Zukunft

geplant ist, ist noch offen. Die Frage wurde

akut, als um den Jahreswechsel 2018/19 die enorme

Kostensteigerung der Sanierung aufgrund

der baurechtlichen Bestimmungen bekannt wurde,

sowie der Umstand, dass diese zusätzlichen

Kosten weder durch die Stadt Wien noch durch

das brut-Theater gedeckt sind. Haselsteiner sieht

sich nicht in der Verantwortung, diese zu übernehmen,

doch er möchte sich zunächst nicht

drängen lassen, was die Entscheidung der Nutzungsmöglichkeiten

betrifft. „Wenn Sie als Mäzen

aktiv werden, muss etwas in irgendeiner Weise

Ihr Herz berühren“, so Haselsteiner, der den

brut-Betrieb schätzt, wie er selbst sagt, aber ihm

emotional dennoch nicht „nah genug“ sei.

GESCHICHTE

Bis 2015 war die 1861 gegründete Gesellschaft bildender

Künstlerinnen und Künstler Österreichs

Alleineigentümerin der ihr 1865 geschenkweise

überlassenen Liegenschaft am Karlsplatz

und des von ihr erbauten Künstlerhaus-Gebäudes.

Seit 2015 hält sie als Minderheiteneigentümerin

26 Prozent in der Künstlerhaus Besitzund

Betriebs GmbH.

Die Geschichte des Künstlerhauses war stets

eine des Wandels. Bereits wenige Jahre nach der

Eröffnung 1868 wurden am Kernbau des Architekten

August Weber seitliche Anbauten, der

Deutsche und eben auch der Französische Saal,

vorgenommen. Sodann wurde der Haupteingang

mehrfach zwischen Karlsplatz und Bösendorferstraße

hin und her verlegt, und die ursprünglichen

Raumgrößen wurden variiert. 1948/49

funktionierte man den Deutschen Saal zum Kino

um, 1955 wurden die Fenster im Obergeschoß zugemauert

und die Innengestaltung aus Seidenbespannungen,

Holzvertäfelungen und Stuckornamenten

wurde bis 1962 nach und nach entfernt.

Nachdem die Vereinsmitglieder bereits ab 1906

einen Neubau erwogen, brachte die angespannte

Finanzlage der Künstlervereinigung von 1925 bis

1931 die Idee auf, das Gebäude zu einem Apartmenthaus

umzuwidmen. Die Architekten Theiß

& Jaksch sowie Max Hegele sprachen sich für einen

groß angelegten Umbau aus. 1963 stimmte das

Bundesdenkmalamt schließlich dem Abriss des

Künstlerhauses zu, und Architekt Karl Schwanzer

plante die Errichtung des neuen IBM Headquarters

an dessen Stelle, eine Idee, die allerdings auf

breiten Unmut stieß. Das Künstlerhaus blieb in

der Hand der Künstler. Durch Vermietungen an

die Wiener Festwochen, das Wien Museum, das

Kunsthistorische Museum und viele andere konnten

weitere radikale bauliche Veränderungen in

den letzten Jahrzehnten abgewehrt, doch auch nötige

Renovierungen nicht vollzogen werden. Von

der baulichen Originalsubstanz blieben letztlich

nur die Fassaden sowie der Eingangsbereich mit

Treppenhaus erhalten. Hier wurde anhand restauratorischer

Befundungen vorbildlich restauriert.

Die Ausstellungsflächen erfuhren indessen eine

technische Modernisierung und räumliche Erweiterung.

Wobei die unteren Geschoße, auch das zuletzt

ungenützte Kellergeschoß, künftig durch die

Albertina modern programmiert wird, die hier, so

ihr Direktor Klaus Albrecht Schröder, „eine wechselnde

Schausammlung in Themenausstellungen“

etablieren möchte. Das Obergeschoß wird von der

Künstlerhaus Vereinigung bespielt. Herzstück ist

der ehemalige Plastikersaal, der zentrale Saal im

ersten Stock, er wurde überbaut und soll als „Factory“

ein multifunktionaler Raum für den Verein

sein, der auch Platz für Screenings, Performances

und Vorträge schafft. PW

unten | KÜNSTLERHAUS | Außen Frontansicht | © Robert Bodnar

rechte Seite | KÜNSTLERHAUS | Innen Eingangshalle | © Ana Skobe

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