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Schritt für Schritt zur eigenen Mitte: Mein Jakobsweg. Leseprobe_XXL

Pilgern? Nichts für mich, hätte Katharina Lankers noch vor wenigen Jahren gesagt. Doch in Krisensituationen ist vieles anders… Hier eine XXL-Leseprobe aus ihrer persönlichen Reiseerzählung

Pilgern? Nichts für mich, hätte Katharina Lankers noch vor wenigen Jahren gesagt. Doch in Krisensituationen ist vieles anders…

Hier eine XXL-Leseprobe aus ihrer persönlichen Reiseerzählung

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schwieriger umsetzbar zu sein als eine Reise zum Mars. Auf dem Jakobsweg

wollte ich es aber zumindest versuchen.

Wer Kinder hat, weiß allerdings, dass man sich selbst für ein Vorhaben

wie den Jakobsweg nicht einfach viele Wochen lang unerreichbar

vom Acker machen kann und will. Auch wenn mein Nachwuchs schon

ziemlich erwachsen und recht selbstständig war, musste also ein Kompromiss

her. Mein Kompromiss lautete wie folgt: Statt Smartphone

kramte ich mein uraltes winziges Nokia-Handy hervor, ohne Kamera

und Internetzugang, dafür mit einem Akku, der eine ganze Woche hält.

Es lässt sich problemlos in die Hosentasche stecken, innerhalb von Sekunden

ein- und ausschalten, und man kann es auch mal etwas härter

anfassen, ohne dass es gleich rumzickt oder sein Display zersplittert.

Man könnte es auch Dumb-Phone nennen, ist es doch auf die elementaren

Funktionen beschränkt, für die diese Telefone mal erfunden wurden,

nämlich zum Telefonieren. Mit meinem Dumb-Phone kann man sogar

Kurzmitteilungen schreiben – was braucht man mehr?

Die Handyfrage und meine prinzipielle Erreichbarkeit waren damit

geklärt. Allerdings konnte es durchaus passieren, dass ich doch einmal

ins Internet müsste, um irgendeine unvorhergesehene Angelegenheit

zu klären. Leider erfuhr ich, dass es auf dem Camino keine Internet-Cafés

mehr gibt – nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen sind die meisten Herbergen

mit WLAN ausgestattet, weil sowieso fast jeder Pilger mit Smartphone

unterwegs ist. Was also tun? Schließlich entschied ich mich dazu,

das smarte Gerät doch mitzunehmen, es aber ausgeschaltet ganz unten

im Rucksack zu deponieren und nur im Notfall von seiner Funktion Gebrauch

zu machen, beziehungsweise nur in großen zeitlichen Abständen

mein E-Mail-Postfach auf dringenden Handlungsbedarf zu prüfen. Der

gravierendste Nachteil meiner angedachten Smartphone-Abstinenz war,

dass ich noch eine extra Kamera mitnehmen musste, um ein paar tägliche

Bilder für mich festzuhalten, und somit drei verschiedene Ladegeräte

in meinem Rucksack landeten. Ein hässliches Extragewicht, das ich

würde mitschleppen müssen – aber das war es mir wert.

Neben dem Verzicht auf digitale Medien wollte ich auch möglichst

alle weiteren Ablenkungen ausschalten: Keine Bücher oder Zeitschriften

lesen, mich weder mit Informationen noch mit fremdem Gedankengut

vollstopfen, sondern völlig auf mich selbst zurückgeworfen sein und

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