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Schritt für Schritt zur eigenen Mitte: Mein Jakobsweg. Leseprobe_XXL

Pilgern? Nichts für mich, hätte Katharina Lankers noch vor wenigen Jahren gesagt. Doch in Krisensituationen ist vieles anders… Hier eine XXL-Leseprobe aus ihrer persönlichen Reiseerzählung

Pilgern? Nichts für mich, hätte Katharina Lankers noch vor wenigen Jahren gesagt. Doch in Krisensituationen ist vieles anders…

Hier eine XXL-Leseprobe aus ihrer persönlichen Reiseerzählung

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die Chance haben, ungestört unter meiner eigenen Schädeldecke herumzustöbern.

Selbst auf die Gefahr hin, dass mich dort möglicherweise

nur gähnende Leere erwartete. Es musste Jahrzehnte her sein, dass ich

zuletzt die Gelegenheit hatte, mich gepflegt zu langweilen!

Entschleunigen: Laufen, Essen, Schlafen

Die zahllosen Aktivitäten, Projekte und Aktionen, die ich in der Kaugummiprinz-Ära

angeleiert hatte, fegten immer noch wie ein Wirbelsturm

um mich herum, dem ich mich kaum entziehen konnte. Das bereits

in früher Kindheit eingepflanzte und in meiner beruflichen

Laufbahn hochgezüchtete Streben nach Erfolg, Leistung, Tempo und Resultaten

hatte mich jahrelang durch den Kalender gepeitscht und vielleicht

ein wenig von meiner abhandengekommenen Mitte abgelenkt.

Mir war sonnenklar, dass ich dieser Mitte keinen Schritt näher kommen

würde, wenn ich weiterhin der Schneller-Höher-Weiter-Philosophie

folgte. Konsequenterweise bestünde eine meiner Aufgaben darin, eben

NICHT die längsten Etappen zu laufen und NICHT im Turboschritt über

den Camino zu hetzen, sondern gemächlich vor mich hin zu trotten und

bei jeder Gelegenheit das Tempo zu drosseln, anstatt zu beschleunigen.

Das Mantra, das ich immer wieder mit meiner Vorstellung vom

Ca mino und dem Abstreifen alles Überflüssigen und Hinderlichen verband,

lautete »Laufen, Essen, Schlafen«. Dies waren die einzigen drei

Dinge, um die ich mich während meiner Reise kümmern musste und

wollte, und schon allein der Gedanke daran ließ mir Seufzer der Erleichterung

entströmen. Einen Schritt vor den anderen setzen, ab und zu Essen

tanken und für nachts einen Schlafplatz finden – mit nichts sonst

würde ich mich beschäftigen müssen. Welch ein paradiesischer Zustand

musste das sein!

Um das Essen und Schlafen würde ich mir auf dem Camino Frances

aufgrund der dort vorhandenen guten Infrastruktur wenig Sorgen machen

müssen, so hoffte ich jedenfalls. Was das Laufen anging, so war

ich durch mein seit Jahren praktiziertes Nordic-Walking recht gut im

Training. Bei längeren Wander- und Bergtouren litt ich allerdings immer

wieder an heftigen Schmerzen in den Füßen, denen ich nur durch ausgiebige

Pausen entgegensteuern konnte und die der Anzahl der am

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