Schritt für Schritt zur eigenen Mitte: Mein Jakobsweg. Leseprobe_XXL
Pilgern? Nichts für mich, hätte Katharina Lankers noch vor wenigen Jahren gesagt. Doch in Krisensituationen ist vieles anders… Hier eine XXL-Leseprobe aus ihrer persönlichen Reiseerzählung
Pilgern? Nichts für mich, hätte Katharina Lankers noch vor wenigen Jahren gesagt. Doch in Krisensituationen ist vieles anders…
Hier eine XXL-Leseprobe aus ihrer persönlichen Reiseerzählung
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etwas längeren Weg mit dem seichteren Gefälle, oder den kurzen steilen.
Obwohl ich um meine Knie fürchte, entschließe ich mich kurzerhand
für die steile Variante. Die meisten der Mitpilger, die zeitgleich mit mir
diesen Punkt erreicht haben, folgen der anderen Strecke, und so habe
ich wieder einmal die Chance auf mehr Raum für mich.
Kaum bin ich gestartet und trippele möglichst knieschonend den steilen
Waldweg hinunter, überholt mich eine Pilgerin, bestimmt weit über
60, und hüpft wie ein junges Bergzicklein an mir vorbei bergab. »You
have to jump!«, ruft sie mir mit leicht slawischem Akzent zu. »It’s much
easier!« Vor Staunen bin ich sprachlos. Dann realisiere ich allerdings,
dass sie nur einen kleinen Tagesrucksack trägt. Mit meinem Ballast hinten
drauf wird es schwer, es ihr nachzutun, und so trippele ich weiter,
nicht ohne ihr bewundernd hinterherzuschauen. Die karge Berglandschaft
ist abgelöst worden durch einen lichten, zartgrün belaubten Wald,
der zugezogene Himmel lockert immer mehr auf, und bis ich im Tal bin,
prangt er in strahlendem Blau mit schneeweiß-fedrigen Wolkenkissen.
Es ist, als hätte ich mit den Pyrenäen tatsächlich eine Schwelle überschritten,
und würde freudig begrüßt in der neuen Welt, in der ich in
den kommenden Wochen nach Orientierung suchen werde.
Das Kloster Roncesvalles erreiche ich am frühen Nachmittag, erschöpft,
aber zufrieden. Soia und Erik sind schon vor Ort, doch ich habe
keine Ruhe für einen Schwatz. Eilig mache ich mich auf zur Anmeldung,
und bete, dass der Herrgott ein Einsehen mit mir hat und mich nicht
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Weg ins Ungewisse