Schritt für Schritt zur eigenen Mitte: Mein Jakobsweg. Leseprobe_XXL
Pilgern? Nichts für mich, hätte Katharina Lankers noch vor wenigen Jahren gesagt. Doch in Krisensituationen ist vieles anders… Hier eine XXL-Leseprobe aus ihrer persönlichen Reiseerzählung
Pilgern? Nichts für mich, hätte Katharina Lankers noch vor wenigen Jahren gesagt. Doch in Krisensituationen ist vieles anders…
Hier eine XXL-Leseprobe aus ihrer persönlichen Reiseerzählung
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Stück gelaufenen Kilometer eine natürliche Grenze setzten. Daher bestand
ein essentieller Teil meiner Vorbereitung auf den Camino darin,
mich intensiv meinen Füßen zu widmen, dem wichtigsten Körperteil
des Vorhabens.
Endlich nahm ich es in Angriff, Arztbesuche und Untersuchungen anzuleiern.
Nach der schockierenden Erkenntnis, dass meine zarten Füße,
auf die ich immer so stolz gewesen war, der Schwerkraft nachgebend
in die Breite geflossen waren, ergriff ich Gegenmaßnahmen: Ich ließ
mir Einlagen anpassen, nahm Physiotherapie in Anspruch und absolvierte
sogar eine fabelhafte Fußschule. Viel Barfuß-Laufen, intensivierte
Fußmassagen sowie der Kauf von richtig guten, richtig bequemen (und
richtig teuren) Wanderschuhen, in die auch die neuen Einlagen passten,
gehörten dazu. Die kommenden Monate nutzte ich, um die neuen
Schuhe einzulaufen, auch wenn es mir oftmals albern vorkam, normale
Nordic-Walking-Touren in knöchelhohen Wanderschuhen zu absolvieren.
Aber wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, überhaupt mit diesen
albernen Stöcken durch die Gegend zu laufen, ist man auch für solche
Peinlichkeiten abgehärtet genug.
Zu der wohlüberlegten Zusammenstellung der geeigneten Ausrüstung
und vor allem dem Immer-wieder-Ausdünnen und Reduzieren des angedachten
Gepäcks kamen die organisatorischen Vorkehrungen in Job
und Familie, die ich treffen musste: Projekte abschließen, Vertretungen
organisieren, Vollmachten und Instruktionen erteilen. So zogen sich die
gesamten Vorbereitungen für den Jakobsweg über Monate hin. Monate
voller Spannung, Herzklopfen und Hoffnung, in denen meine Gedanken
auf ganz natürliche Weise immer mehr aus dem eingefahrenen Karussell
ausscherten und das Waten im Beziehungsmorast automatisch in den
Hintergrund trat. Schon bald würde ich mit dem Camino festen Boden
unter den Füßen haben, und mit jedem kleinen Bausteinchen der Vorbereitung
wurde dieser Boden konkreter und tragfähiger. Es war, als
ob ich mich allein durch die gedankliche Annäherung an das Pilgern
schon ein Stückchen auf meine innere Mitte zubewegte.
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