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RAL1015 taxi news - Heft 09-2019

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recht & steuern

Wahrheitssuche in 4002

Foto: fotolia

08.50h in der Kirchstraße 6,

Amtsgericht Berlin. 12. November.

Ein nasser und kalter Tag im scheußlichsten

Monat des Jahres. Die Suche nach

einem Parkplatz gestaltet sich schwierig,

um nicht zu sagen: verheerend. Zwei der

fünf Angeklagten scheitern daran und

erscheinen verspätet im Saal 4002. Ein

kleiner Raum. Selten, dass es hier mehr als

einen Angeklagten gibt. Aber heute schon.

Fünf vermeintliche Täter, drei Anwälte,

Staatsanwalt, Richterin, Protokollantin.

Der Tatvorwurf lautet: Widerstand gegen

Vollstreckungsbeamte in Mittäterschaft,

§§ 113, 25 StGB.

Was ist passiert?

Taxi News hatte schon in der Juli-Ausgabe

über den Fall berichtet: Vor über zwei

Jahren, anlässlich einer Uber-Demonstration

von Berliner Taxifahrern, kam es gegen

Mittag zu einem Verkehrsstillstand an der

Ecke Invalidenstraßen / Alt Moabit. Laut

Aktenlage ging es weder vor noch zurück.

Alles von Taxen verstopft. Das bestätigt

auch einer der Angeklagten, der einzige,

der sich zur Sache einlässt. Er ist ohne

Anwalt erschienen. Ein freundlicher junger

Mann mit türkischen Wurzeln. Bei der

Angabe der Personalien gibt er strahlend

bekannt, dass er bald Vater wird, seine Frau

sei schwanger. Es folgen Angaben zum

bescheidenen Verdienst. Zur Sache erinnert

er sich, dass er in seinem Wagen saß, als

ein Polizeibeamter auf sein Fahrzeug zukam

und ihn mit Gesten dazu aufforderte,

den Kreuzungsbereich zu räumen. Das sei

gar nicht gegangen, sagt der Angeklagte,

deshalb sei er aus seinem Fahrzeug ausgestiegen,

um dem Beamten die Situation zu

erklären. Nach dieser Aussage unterbricht

die Vorsitzende Richterin die Verhandlung

und bittet die Angeklagten, den Saal zu verlassen.

Nun folgt ein Rechtsgespräch unter

Volljuristen ohne Öffentlichkeit. Verteidiger

und Richterin drängen den Staatsanwalt

dazu, die Anklage sanktionslos einzustellen.

Der Vorfall sei über 2,5 Jahre her,

rechtlich Relevantes sei wohl eigentlich

nicht geschehen etc. . Nein, der Vertreter

der Staatsanwalt möchte nicht einstellen,

er möchte, sagte er, „dass die Wahrheit ans

Licht kommt“ und dann müsse man eben

an einem weiteren Verhandlungstag die

Zeugen hören.

19.11.2019 09h.

2. Verhandlungstag.

Viel Sonne an frischem Wind. Wieder spielt

der Parkplatzmangel eine unrühmliche

Rolle. Die Verhandlung beginnt daher erst

um 09.30h. Ein Angeklagter fehlt. Sein

Verfahren wird abgetrennt. Das Gericht hat

heute vier Zeugen geladen. Zwei Polizeibeamten

und zwei Rettungssanitäter. Nach

der Belehrung werden drei von ihnen

wieder vor die Tür geschickt. Der Beamte,

der die Strafanzeige gegen die Angeklagten

gefertigt hat, bleibt im Saal und wird von

der Richterin zum Geschehen befragt. Für

die Verteidiger ist es durchaus angenehm,

dass es sich bei dem Polizisten um einen

Zeugen handelt, der nicht unmittelbar vor

der Verhandlung seine schriftliche Aussage

noch einmal gelesen hat und notorisch

das dort Enthaltene wiederkäut. Nein,

der Zeuge sagt gleich freimütig, er könne

sich an die einzelnen „Täter“ nicht mehr

9/2019 · RAL 1015 taxinews 5

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