Nr. 19 - Januar / Februar 2009
Atlantikküste: Ile de Ré Elsass: Rosheim, Idylle am Fuß der Vogesen Aigues-Mortes Paris: für drei Euro mit dem Mietfahrrad entlang der Seine Guadeloupe: ein Stück Frankreich in der Karibik Bretagne: Carnac: die mystische Aura von Hinkelsteinen Rezept: Poulet Vallée d'Auge
Atlantikküste: Ile de Ré
Elsass: Rosheim, Idylle am Fuß der Vogesen
Aigues-Mortes
Paris: für drei Euro mit dem Mietfahrrad entlang der Seine
Guadeloupe: ein Stück Frankreich in der Karibik
Bretagne: Carnac: die mystische Aura von Hinkelsteinen
Rezept: Poulet Vallée d'Auge
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von Autos. Dafür wurde auf der Fläche<br />
des heutigen Parks eine 55.000 Quadratmeter<br />
große Fabrikanlage errichtet,<br />
mitten in Paris. Es war auch hier, wo<br />
der legendäre DS « geboren » wurde,<br />
bevor man die Produktionsstätte später<br />
in den Pariser Speckgürtel verlagerte.<br />
Der Hauptsitz des Unternehmens blieb<br />
noch bis <strong>19</strong>82 im 15. Arrondissement.<br />
Doch heute ist auch das Geschichte.<br />
Ich durchquere mit meinem Fahrrad<br />
den Park, dessen Name also an<br />
die große Vergangenheit des Ortes<br />
erinnert. Es ist einer der modernsten<br />
Parks der Stadt. Auf einer Fläche von<br />
14 Hektar wurde hier eine sehr zeitgenössische<br />
Vision von Landschaftsarchitektur<br />
verwirklicht. Dazu gehören<br />
moderne Gewächshäuser, große<br />
Rasenflächen und dicht bewachsene<br />
Alleen, aber auch Betonmauern. Mit<br />
einem an einem Seil befestigten Heißluftballon<br />
kann man zudem aufsteigen<br />
und einen Panoramablick auf die Kapitale<br />
genießen. Die Farbe des Ballons<br />
zeigt dabei die aktuelle Luftqualität in<br />
der Metropole an.<br />
Der Parc André Citroën hat als<br />
weitere Besonderheit, sich direkt zur<br />
Seine hin zu öffnen. So gelange ich direkt<br />
ans Ufer des Flusses. Hier befand<br />
sich früher ein Hafen, der Port de Javel,<br />
in dem schon seit dem 15. Jahrhundert<br />
Schiffe festmachten. 1824 begann<br />
Karl X. außerdem, an dieser Stelle sein<br />
berühmtes Desinfektionswasser, L’eau<br />
de Javel, herzustellen. Der Erfolg desgleichen<br />
erforderte die Konstruktion<br />
einer Manufaktur. Heute ist dagegen<br />
die Idylle zurückgekehrt. Die Seine<br />
fließt behäbig dem Ärmelkanal entgegen<br />
und nur der Autoverkehr von<br />
der anderen Uferseite sorgt für eine<br />
dezente Geräuschkulisse. Schiffe sieht<br />
man hier kaum noch, aber der Name<br />
ist geblieben.<br />
Ich fahre mit meinem Rad flussaufwärts.<br />
Die Hafenaktivitäten sind<br />
jedoch noch nicht ganz verschwunden.<br />
Entlang dem Quai André Citroën<br />
werden Baumaterialien mit<br />
dem Schiff angeliefert und gelöscht.<br />
Ein bisschen weiter passiere ich die<br />
Büros der Hafenverwaltung von Paris<br />
(Port Autonome de Paris). Es hat<br />
durchaus etwas Skurriles, Kiesel- und<br />
Sandberge unweit des Eiffelturms zu<br />
sehen. Kurz danach erreiche ich die<br />
erste Brücke über die Seine, den Pont<br />
Mirabeau.<br />
Die Überquerung verbindet das 15.<br />
Arrondissement am linken Ufer mit<br />
dem schicken 16. Arrondissement am<br />
rechten Ufer. Ihre Berühmtheit verdankt<br />
die Brücke dem Gedicht « Le<br />
pont Mirabeau » von Guillaume<br />
Apollinaire: « Sous le pont Mirabeau<br />
coule la Seine / et nos amours<br />
/ faut-il qu’il m’en souvienne / la joie<br />
venait toujours après la peine » (dt.<br />
Unter’m Pont Mirabeau fließt die<br />
Seine / Was Liebe hieß / muss ich<br />
es in ihr wiedersehn? / Muss immer<br />
der Schmerz vor der Freude steh’n?).<br />
Diese Zeilen kennen fast alle Pariser.<br />
Der Sänger George Brassens<br />
bezieht sich in seinem Chanson « Les<br />
Ricochets » auf diesen Vers und auch<br />
Marc Lavoine nennt 2001 eines seiner<br />
Lieder « Le pont Mirabeau ».<br />
Ich bemerke plötzlich, dass bereits<br />
25 Minuten seit dem Ausleihen meines<br />
Fahrrades vergangen sind. Mir bleiben<br />
also fünf Minuten, eine Mietstation<br />
zu finden und mein Zweirad gegen ein<br />
neues einzutauschen. Nur einige Meter<br />
gegenüber dem Pont Mirabeau entdecke<br />
ich in der Avenue Emile Zola eine<br />
solche. Schon nach einer Minute sitze<br />
ich wieder auf einem neuen Drahtesel.<br />
Theoretisch kann man sogar das gleiche<br />
Rad wieder nehmen. Entscheidend<br />
ist nur, dass es einmal ordnungsgemäß<br />
an der Station zurückgegeben und<br />
registriert wurde. Die Auflage mit<br />
den 30 Minuten wurde übrigens nicht<br />
eingeführt, um den Benutzern das<br />
Leben schwer zu machen. Sie sind Teil<br />
des Konzepts. Die Stadt will damit<br />
verhindern, dass die Fahrräder nutzlos<br />
irgendwo herumstehen, anstatt einem<br />
anderen Benutzer dienlich zu sein. Im<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 47