Nr. 19 - Januar / Februar 2009
Atlantikküste: Ile de Ré Elsass: Rosheim, Idylle am Fuß der Vogesen Aigues-Mortes Paris: für drei Euro mit dem Mietfahrrad entlang der Seine Guadeloupe: ein Stück Frankreich in der Karibik Bretagne: Carnac: die mystische Aura von Hinkelsteinen Rezept: Poulet Vallée d'Auge
Atlantikküste: Ile de Ré
Elsass: Rosheim, Idylle am Fuß der Vogesen
Aigues-Mortes
Paris: für drei Euro mit dem Mietfahrrad entlang der Seine
Guadeloupe: ein Stück Frankreich in der Karibik
Bretagne: Carnac: die mystische Aura von Hinkelsteinen
Rezept: Poulet Vallée d'Auge
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Das erste deutschsprachige Frankreich-Magazin nr. <strong>19</strong> · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong><br />
Atlantikküste<br />
Diskreter Luxus auf der Ile de Ré<br />
Paris<br />
Mit dem Mietfahrrad<br />
entlang der Seine<br />
Jubiläumsausgabe<br />
3 Jahre<br />
16 Extra-<br />
Seiten<br />
Bretagne<br />
Die mystische Aura von Hinkelsteinen<br />
Guadeloupe<br />
Frankreichs karibische Seite<br />
Politik Eva Joly, engagierte Kämpferin gegen Korruption<br />
Wein Côtes du Ventoux aus der Provence<br />
Mode Espadrilles, mehr als simple Leinenschuhe<br />
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Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Sie halten unsere Jubiläumsausgabe in den Händen, denn<br />
mit diesem Heft feiern wir unseren dritten Geburtstag.<br />
Wir haben dies zum Anlass genommen, unser Layout<br />
ein wenig aufzufrischen und ein paar konzeptionelle<br />
Veränderungen vorzunehmen. So wurde aus unserem<br />
Kulturprogramm beispielsweise unser neuer<br />
Frankreichkalender, den Sie künftig gleich<br />
auf den ersten Seiten des Magazins finden<br />
werden. Um die große touristische Vielfalt<br />
Frankreichs besser zu berücksichtigen, haben<br />
wir unsere Rubrik Unterwegs in Frankreich<br />
stark ausgebaut. Neu hinzugekommen<br />
ist die Rubrik Frankreich<br />
praktisch, in der wir Ihnen nützliche<br />
Tipps geben wollen. Eines hat sich<br />
aber nicht verändert: die Köpfe<br />
hinter dem Magazin. Auch in<br />
Zukunft möchten wir Ihnen –<br />
wie schon in den letzten drei<br />
Jahren – alle zwei Monate<br />
Informatives und Unterhaltsames<br />
aus Frankreich berichten.<br />
Dieses Mal gehört dazu unter anderem<br />
ein Exklusivinterview mit Eva Joly.<br />
Ein Name, der im deutschsprachigen<br />
Raum vielleicht weniger bekannt ist,<br />
den in Frankreich aber jeder kennt. Als<br />
Richterin hat die Norwegerin einen der<br />
größten Wirtschaftsskandale der französischen<br />
Geschichte aufgedeckt.<br />
Heute kämpft sie gegen<br />
die weltweite Korruption und tritt<br />
sogar bei den europäischen Parlamentswahlen<br />
als Kandidatin an. Eine andere ungewöhnliche<br />
Frau, die allerdings nicht mehr unter uns weilt, war<br />
Françoise Sagan. Den gerade erschienenen Film<br />
über sie nahmen wir zum Anlass, das Leben der<br />
Schriftstellerin Revue passieren zu lassen.<br />
Touristisch bieten wir Ihnen dieses Mal einige äußerst<br />
spannende Reiseziele an. Wie wäre es im nächsten<br />
Sommer etwa mit einem Urlaub auf der Ile de<br />
Ré am Atlantik? Eine Mischung aus Ursprünglichkeit<br />
und diskretem Luxus macht die Insel<br />
besonders reizvoll. Im Koffer sollten ein<br />
Paar Espadrilles nicht fehlen. Wenn Sie<br />
jedoch nicht mehr auf die warme Jahreszeit<br />
warten, sondern sich sofort auf<br />
einer Insel erholen wollen, bietet Ihnen<br />
Guadeloupe nicht nur eine Pause vom<br />
europäischen Winter, sondern auch französisches<br />
Lebensgefühl mitten in der Karibik. Alle, die<br />
mystische Orte lieben, sollten einen Abstecher<br />
nach Carnac mit seinen Menhiren in der Bretagne<br />
einplanen. Außerdem entführen wir Sie nach<br />
Rosheim im Elsass, nach Aigues-Mortes<br />
in der Camargue und natürlich nach Paris.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim<br />
Lesen dieser Ausgabe. Sie können mir gerne<br />
schreiben, wie Ihnen unsere kleinen Veränderungen<br />
im Heft gefallen. Wie immer freuen wir uns<br />
über Lob und hören uns Kritik aufmerksam an.<br />
Titelblatt: Saint-Martin-de-Ré (Ile de Ré)<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 3
Inhalt<br />
Paris · 42<br />
Carnac · 68<br />
Ile de Ré · 14<br />
Aigues-Mortes · 34<br />
Françoise<br />
Sagan · 82<br />
Guadeloupe · 54<br />
Biscotte · 100<br />
Espadrilles · 104<br />
4 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
42 · Paris<br />
68 · Carnac<br />
14 · Ile de Ré, 28 · Hotel<br />
100 · Biscotte<br />
34 · Aigues-Mortes<br />
54 · Guadeloupe<br />
30 · Rosheim<br />
96 · Wein<br />
Frankreich heute<br />
76 Eva Joly<br />
Eine Frau will die Korruption besiegen<br />
Sie wurde berühmt durch das Aufdecken der Elf-Affäre,<br />
die ganz Frankreich erschütterte. Nun will die ehemalige<br />
Richterin ins Europaparlament, um dort ihren Kampf gegen<br />
die weltweite Korruption fortzusetzen … Ein Exklusivinterview.<br />
82 Françoise Sagan<br />
Innere Einsamkeit und der Drang nach Freiheit<br />
Die Autorin von « Bonjour Tristesse » verkörperte<br />
das Lebensgefühl einer ganzen Generation:<br />
Freiheit, Emanzipation, Lebenshunger. Nun<br />
erscheint ein Film über ihr bewegtes Leben.<br />
86 Marianne<br />
Umkämpftes Symbol der französischen Republik<br />
Die Geschichte einer Figur, die für die französische<br />
Republik mehr ist als nur ein Symbol.<br />
90 Kulturwirtschaft<br />
Frankreichs Museen entdecken den Profit<br />
Zeitenwende auch in der französischen Kulturlandschaft.<br />
Die Museen sind nichts mehr ohne ihre Museumsshops.<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
14 Ile de Ré<br />
Diskreter Luxus mit maritimem Flair<br />
Die von manchen als das « Saint-Tropez der Atlantikküste »<br />
bezeichnete Insel bezaubert mit pittoresken Hafenorten<br />
und schöner Landschaft.<br />
28 Hotel<br />
Le Richelieu, Ile de Ré<br />
30 Rosheim<br />
Idylle am Fuß der Vogesen<br />
Im Mittelalter eine aufstrebende Stadt, versank sie irgendwann<br />
in einen tiefen Dornröschenschlaf. Eine Erweckung.<br />
34 Aigues-Mortes<br />
Später Ruhm für die Stadt der « Toten Wasser »<br />
Eine Reise in die Vergangenheit: Bis heute umgibt eine<br />
komplett erhaltene Stadtmauer Aigues-Mortes und die<br />
Gassen der Altstadt verströmen mittelalterliches Flair.<br />
42 Paris<br />
Für drei Euro mit dem Mietfahrrad<br />
entlang der Seine<br />
Alle 300 Meter kann man sich in Paris ein Fahrrad fast<br />
kostenlos ausleihen. Ideal für eine Stadterkundung<br />
auf dem Zweirad.<br />
54 Guadeloupe<br />
Ein Stück Frankreich in der Karibik<br />
Traumhaft schöne Strände mit smaragdgrünem Wasser,<br />
dichte tropische Wälder, tosende Wasserfälle – Guadeloupe<br />
bietet Exotik und französisches Lebensgefühl in einem.<br />
68 Carnac<br />
Die mystische Aura von Hinkelsteinen<br />
Seit sechs Jahrtausenden existieren die Menhire<br />
von Carnac. Ihre Bedeutung konnte bis heute<br />
nicht bis ins letzte Detail geklärt werden.<br />
Art de vivre<br />
96 Wein<br />
Côtes du Ventoux: Ein Wein und sein Berg<br />
Die Geschichte eines Weins, den schon im<br />
Mittelalter die Päpste in Avignon rühmten.<br />
98 Chantals Rezept<br />
Poulet Vallée d’Auge<br />
100 Genuss<br />
Biscotte, ein Brot der besonderen Art<br />
Für die einen ist es Zwieback, für die anderen die<br />
Biscotte. Auf den Spuren eines nationalen Lebensmittels.<br />
104 Mode<br />
Die Espadrille, mehr als ein Schuh<br />
Von der Kunst, mit dem Einfachsten einen leichten<br />
Schuh zu kreieren, der die Menschen begeistert –<br />
nicht nur im Sommer.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 Frankreichkalender<br />
51 Abonnement<br />
74 Kulturschock<br />
92 Kulturszene<br />
108 Frankreich praktisch<br />
109 Arte-Programm<br />
110 Leserbriefe<br />
110 Impressum<br />
111 Nachbestellungen<br />
114 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 5
On En Parle<br />
Mehr<br />
Verkehrsberuhigung<br />
Ein verkehrspolitisches Konzept aus<br />
der Schweiz soll nun auch in Frankreichs<br />
Städten Einzug halten: die Begegnungszone<br />
– vergleichbar mit dem verkehrsberuhigten<br />
Bereich in Deutschland,<br />
umgangssprachlich gerne als Spielstraße<br />
bezeichnet, bzw. mit der Wohnstraße in<br />
Österreich. In derartig gekennzeichneten<br />
Bereichen dürfen sich Fußgänger frei<br />
bewegen und haben Vorrang. Autofahrer<br />
dürfen dagegen maximal 20 Stundenkilometer<br />
fahren. Saint-Malo, Chambéry,<br />
Metz und Straßburg zeigten sich bereits<br />
an der Einrichtung solcher Begegnungszonen<br />
interessiert. Bleibt abzuwarten, ob<br />
französische Autofahrer für solche Konzepte<br />
ausreichend diszipliniert sind.<br />
Champagner vom<br />
Meeresboden<br />
Eine ungewöhnliche Aktion spielt sich in der Bucht<br />
von Mont-Saint-Michel ab. Taucher deponierten auf dem<br />
Meeresgrund in 15 Metern Tiefe einige Kisten Champagner<br />
der Marke Roederer Brut Premier, die dort ein Jahr<br />
lang bleiben. Im Anschluss soll eine Verkostung zeigen,<br />
wie sich die Aufbewahrung auf dem Meeresboden im<br />
Vergleich zur konventionellen Lagerung auswirkt.<br />
Korruption auf dem Vormarsch<br />
Bei der jährlichen Bewertung der Korruption<br />
in 180 Ländern von Transparency International<br />
rutscht Frankreich vom <strong>19</strong>. auf den 23. Platz. In<br />
Europa verschlechtern sich ebenfalls Großbritannien<br />
und Italien. Laut des Präsidenten des<br />
französischen Ablegers der Organisation, Daniel<br />
Lebegue, erklärt sich dies vor allem durch das<br />
Auftreten einiger stark medialisierter Skandale<br />
im Land.<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Kostenloser<br />
öffentlicher<br />
Nahverkehr<br />
Ab dem ersten Halbjahr <strong>2009</strong> muss man für die<br />
Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs in Aubagne<br />
(Provence) nicht mehr bezahlen. Da die Einnahmen<br />
bisher nur neun Prozent der Kosten deckten, entschied<br />
sich die Gemeinde zu diesem bürgerfreundlichen<br />
Schritt. Die Mehrkosten von 700.000 Euro<br />
werden aus dem kommunalen Haushalt bestritten.<br />
Ein Dutzend weiterer Städte in Frankreich haben<br />
Gleiches vor, darunter Compiègne, Châteauroux<br />
und Vitré. Das Modell könnte Schule machen...<br />
Viel Lärm um<br />
Vodoo-Puppe<br />
mit Sarkozy-Gesicht<br />
Nicolas Sarkozy wollte den Verkauf einer blauen<br />
Vodoo-Puppe mit seinem Gesicht gerichtlich<br />
verbieten lassen und erlitt damit eine Niederlage<br />
in erster Instanz. Nach Meinung des Gerichts falle<br />
die Herstellung in den Bereich der Meinungsfreiheit.<br />
Außerdem wäre der humoristische, satirische<br />
Charakter der Puppe erkennbar. Der französische<br />
Staatspräsident berief sich dagegen auf den Missbrauch<br />
seines Bildes und die Verletzung seiner<br />
Würde. Er will nun in Berufung gehen. Neben<br />
der blauen Puppe, die zusammen mit Nadeln und<br />
Bedienungsanleitung verkauft wird, existiert auch<br />
eine rote Puppe mit dem Gesicht seiner einstigen<br />
Herausforderin, der Sozialisten Ségolène Royal. Sie<br />
scheint die ganze Sache aber mit mehr Humor zu<br />
nehmen und erklärte, dass sie nicht vor Gericht klagen<br />
wolle, sondern das Ganze als Scherz betrachte.<br />
Schnappschüsse<br />
Trend zur Einäscherung ++ Während am Anfang der<br />
<strong>19</strong>80er-Jahre nur 20 Prozent der Franzosen nach dem Tod lieber<br />
eingeäschert als begraben werden wollten, scheinen sich die<br />
Vorlieben in den letzten drei Jahrzehnten umgekehrt zu haben. Nach<br />
einer Umfrage der Bestattungsunternehmen zieht eine knappe Mehrheit<br />
(51 Prozent) nun die Einäscherung der Erdbestattung vor. Besonders im<br />
Pariser Großraum steht diese Bestattungsform hoch im Kurs.<br />
Leistungsbasierte Bezahlung für 200.000<br />
Beamte ++ Eine kleine Revolution findet gerade innerhalb der<br />
französischen Behörden statt. Ein Teil der Beamten des Landes,<br />
und zwar alle, die in der Verwaltung arbeiten, beispielsweise<br />
Juristen in Ministerien oder Mitarbeiter der Personalabteilung einer<br />
Präfektur, erhalten zukünftig einen leistungs abhängigen variablen<br />
Gehaltsanteil, der bis zu 14.400 Euro pro Jahr ausmachen kann.<br />
Schwere Zeiten für kleine Hotels ++ Das nationale<br />
Statistikinstitut INSEE hat herausgefunden, dass kleine Hotels mit bis<br />
zu zehn Angestellten heute nur noch 42 Prozent der Arbeitsplätze<br />
im Hotelgewerbe stellen, im Gegensatz zu 51 Prozent im Jahre<br />
<strong>19</strong>93. Einen wahren Beschäftigungsboom gab es dagegen bei<br />
Campingplätzen und anderen Unterkünften wie Ferienwohnungen<br />
und Gästezimmern. Arbeiteten <strong>19</strong>93 nur 9.500 Menschen in diesem<br />
Sektor, sind es heute 34.300.<br />
Eingeklemmter Arm in der Zugtoilette ++ Die<br />
tragische Geschichte ist nicht ohne Komik: Ein Fahrgast im TGV von<br />
La Rochelle nach Paris wurde in der Zugtoilette mit einem in der<br />
Toilettenschüssel eingeklemmten Arm aufgefunden. Nach eigenen<br />
Aussagen wollte er nur sein Handy retten, das ihm zuvor in die Toilette<br />
gefallen war. Dabei verklemmte sich der Arm, so dass der arme<br />
Reisende auf Gedeih und Verderb an die Toilette gebunden war.<br />
Zwei Stunden brauchten die Feuerwehrleute im nächsten Bahnhof,<br />
um die Toilette auszubauen. Erst danach konnte der Arm, außerhalb<br />
des Zuges, wieder befreit werden.<br />
Betrüger erwischen versehentlich Sarkozys<br />
Konto ++ Betrüger, die ein ausgeklügeltes System etabliert hatten,<br />
Geld von den Konten ihrer Opfer abzuheben, hatten nicht viel Glück:<br />
Eines der betroffenen Konten war zufällig das von Nicolas Sarkozy. Es<br />
dauerte danach nicht lange, bis das Betrügernetzwerk aufgedeckt<br />
werden konnte.<br />
Franzosen weniger ernährungsbewusst als<br />
gedacht? ++ Eine neue Analyse des nationalen Statistikinstituts<br />
INSEE beunruhigt die Feinschmeckernation Frankreich. Danach hat<br />
sich der Verkauf von Fertigprodukten bei Fleisch, Fisch und Gemüse<br />
in den Jahren von <strong>19</strong>60 bis <strong>19</strong>86 verdoppelt, während der Konsum<br />
von frischen, vorbereitungsintensiven Lebensmitteln abnahm. Heute<br />
geben die Franzosen nur noch zwölf Prozent ihres Budgets für frische<br />
Produkte aus, in Deutschland sind es immerhin 15, in Italien gar 17<br />
Prozent.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 7
On En Parle<br />
Kaffee im Zug wird billiger<br />
Die französische Eisenbahngesellschaft SNCF hat ihren Cateringdienstleister gewechselt.<br />
Wurden die Bistros in den Zügen bisher von der Firma Compagnie des Wagons-Lits (ein<br />
Unternehmen der französischen Accor-Gruppe) betrieben, hat nun der italienische Konzern<br />
Cremonini die Konzession für drei Jahre und vier Monate erhalten. Positiver Nebeneffekt für<br />
die Reisenden: Der Kaffee verbilligt sich in Frankreichs Zügen von 2,40 Euro auf 2,10 Euro,<br />
das fast schon legendäre Schinkensandwich von 4,10 Euro auf 3,50 Euro. Außerdem gibt es nun<br />
dreimal im Jahr eine neue Speisekarte und es werden Bio-Produkte ins Angebot aufgenommen.<br />
Segways für<br />
Frankreichs<br />
Polizisten<br />
Die Franzosen haben sich bereits<br />
an einige ungewöhnliche Fortbewegungsarten<br />
ihrer Polizisten, beispielsweise<br />
auf dem Pferd, mit dem Fahrrad und selbst<br />
mit Rollerblades, gewöhnt. In Montpellier<br />
kommt nun eine weitere hinzu: Segways,<br />
auch Selbstbalance-Roller genannt. Bisher<br />
sah man auf diesen elektrisch betriebenen<br />
« Zweirädern » vor allem<br />
Touristen in europäischen<br />
und US-amerikanischen<br />
Großstädten. Wegen der<br />
Geschwindigkeit von<br />
bis zu 30 Stundenkilometern<br />
und der etwas<br />
erhöhten Stehposition<br />
findet die Polizei dieses<br />
Gefährt für ihre Einsätze<br />
interessant.<br />
Frankreichs älteste<br />
Fernsehsendung wird 60<br />
Die wenigsten Franzosen wissen es,<br />
aber die älteste Sendung im französischen<br />
Fernsehen, die seit Dezember <strong>19</strong>48 regelmäßig<br />
ausgestrahlt wird, ist der « Jour du Seigneur »,<br />
die sonntägliche Übertragung eines katholischen<br />
Gottesdienstes auf France 2. Seit <strong>19</strong>86 haben die<br />
beiden öffentlich-rechtlichen Sender France 2<br />
und France 3 sogar die gesetzliche Verpflichtung,<br />
den wichtigsten Religionen Sendeplätze im<br />
Programm einzuräumen, egal wie hoch die<br />
Einschaltquoten sind. Die Franzosen können<br />
am Sonntagmorgen daher zwischen<br />
sieben religiösen Sendungen wählen.<br />
Mehr Radarkontrollen<br />
Die automatischen Radarkontrollen auf Frankreichs Straßen<br />
feiern ihren fünften Geburtstag. Für die Regierung ist<br />
dies ein Anlass, das einst mit großer Polemik eingeführte System<br />
auszubauen. Bis 2012 sollen 500 weitere Radarfallen im<br />
ganzen Land aufgestellt werden. Außerdem werden in zwölf<br />
Städten, darunter Paris, Lyon, Marseille, Bordeaux, Toulouse,<br />
Straßburg, Metz und Nancy, erstmalig Starenkästen<br />
gegen Rotlichtsünder sowie automatische Radarkontrollen<br />
zur Überwachung des Sicherheitsabstandes in Tunneln eingeführt.<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
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On En Parle<br />
Bordkarte aufs Handy<br />
Während Mobilfunktelefone in der Luft (noch) ausgeschaltet<br />
sein müssen, testet Air France auf dem Boden einen neuen Service<br />
für Handy-Nutzer. Ab sofort können sich Flugpassagiere auf der<br />
Seite http://mobile.airfrance.com einchecken, um die Bordkarte anschließend mit einem Barcode<br />
direkt auf ihr Handy geschickt zu bekommen. Am Flugsteig muss man sein Handy dann<br />
nur noch vor einen Scanner halten und schon geht es ins Flugzeug. Zurzeit ist dieser Service<br />
aber nur auf der Strecke zwischen Paris und Amsterdam und auch nur für Fluggäste ohne<br />
Anschlussflug möglich.<br />
Eine<br />
neue<br />
Pyramide für<br />
Paris .<br />
Neue<br />
Kontakte<br />
über den Wolken<br />
Inspiriert durch den zunehmen den Erfolg von Netzwerken wie Facebook, schuf Air<br />
France-KLM für seine Kunden eine eigene Plattform zum Kennenlernen. Auf der Seite<br />
www.bluenity.com können Passagiere der beiden Fluggesellschaften ihr eigenes Profil<br />
mit Namen, Alter, Herkunftsland, Vorlieben, Hobbys etc. sowie den geplanten zukünftigen<br />
Flügen kreieren. So können Reisende schon im Vorfeld mit anderen<br />
Reisenden des gleichen Fluges in Kontakt treten. Neben dem bloßen Schließen<br />
neuer Bekanntschaften kann man dabei auch praktische Angelegenheiten<br />
regeln, etwa die gemeinsame Weiterfahrt mit einem<br />
Mietwagen oder das gemeinschaftliche Nutzen eines Taxis<br />
zum gleichen Hotel. Da Air France-KLM jedes<br />
Jahr mehr als 75 Millionen Menschen befördert,<br />
gibt es bestimmt viel zu<br />
kommunizieren...<br />
Der Pariser Bürgermeister Bertrand<br />
Delanoë überraschte mit der Vorstellung eines<br />
pyramidenförmigen Hochhausprojektes in<br />
der französischen Hauptstadt. Der Tour Triangle<br />
soll mit einer Höhe von 180 Metern (zum Vergleich:<br />
der Tour Montparnasse misst 210 Meter, der Eiffelturm<br />
325 Meter) unweit der Porte de Versailles im 15. Arrondissement<br />
errichtet werden. Es ist der erste neue Wolkenkratzer<br />
im historischen Zentrum von Paris seit 30 Jahren. Entworfen<br />
wurde das Gebäude von den Schweizer Stararchitekten Herzog<br />
und de Meuron, von denen unter anderem das Olympiastadion von<br />
Peking und<br />
die Allianz-<br />
Arena in München<br />
stammen. Die<br />
Fertigstellung ist für<br />
2012 vorgesehen. In der<br />
letzten Etage wird ein Panoramarestaurant<br />
einziehen.<br />
Air<br />
France-KLM<br />
verschlechtert<br />
Meilenprogramm<br />
Flying Blue, das Meilenprogramm<br />
von Air France-KLM, wird ab nächstem<br />
Frühjahr weniger attraktiv. Für<br />
alle Karteninhaber mit dem niedrigsten<br />
Status « Ivory » gilt ab April <strong>2009</strong>, dass<br />
die gesammelten Meilen nur noch 20<br />
anstatt derzeit 36 Monate gültig sind,<br />
es sei denn, man reist innerhalb dieses<br />
Zeitraums erneut mit der Airline<br />
oder einer der Partnerfluggesellschaften.<br />
Diese Veränderung<br />
betrifft nicht die Mitglieder<br />
mit einem höheren Status<br />
(« Silber », « Gold » und<br />
« Platinum »).<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Marseille bekommt seinen Meerzugang zurück<br />
In der französischen Mittelmeermetropole hat mit dem Abriss der autobahnähnlichen Hochstraße nahe dem<br />
Zentrum einer der großen, aktuell geplanten Stadtumbauten begonnen. Die Passerelle autoroutière de la Joliette<br />
war eine Bausünde aus den <strong>19</strong>70er-Jahren. Über die Hochstraße, die sehr an US-amerikanische Städte erinnerte,<br />
strömten bis zu 40.000 Fahrzeuge täglich in die Innenstadt. Doch während die Autofahrer den freien Blick auf das<br />
Meer genießen konnten, schnitt sie die Stadt von der Küste ab und verstellte den Blick aus den angrenzenden Gebäuden.<br />
Bis 2010 wird nun für 117 Millionen Euro ein Tunnel gebaut, dank dessen in ein paar Jahren eine schlimme<br />
städtebauliche Narbe vergessen sein wird.<br />
Frühling und Sommer im Périgord<br />
Ideen für einen Aufenthalt in jeder Jahreszeit<br />
Fotos: OT intercommunal du Périgord Noir<br />
INFORMATIONEN:<br />
www.dordogne-perigord-tourisme.fr<br />
RESERVIERUNGEN:<br />
www.perigord-reservation.com<br />
COMITE DEPARTEMENTAL DU TOURISME DE LA DORDOGNE – 25 RUE WILSON – BP2063 – 24002 PERIGUEUX CEDEX
Frankreichkalender<br />
Repartir à zéro<br />
Lyon, bis 02.02.<strong>2009</strong><br />
Gainsbourg<br />
Paris, bis 01.03.<strong>2009</strong><br />
Reflets de la Seine<br />
Impressionniste<br />
Rueil-Malmaison, bis 09.03.<strong>2009</strong><br />
<strong>19</strong>45: das Jahr Null in der Kunst<br />
nach dem Ende des 2. Weltkrieges.<br />
Die Ausstellung « Repartir à zéro »<br />
in Lyon widmet sich mit der Periode<br />
<strong>19</strong>45 bis <strong>19</strong>49 einer Phase der Kunstgeschichte,<br />
in der versucht wurde,<br />
die Kunst vom ideologischen Ballast<br />
zu befreien. Man strebte nach einem<br />
« Neuanfang » in der Malerei, als hätte<br />
es sie vorher noch nicht gegeben. Bei<br />
all der Offenheit und Freiheit spürt<br />
man in ihr dennoch die Erinnerung an<br />
den Krieg. Es ist die Zeit, in der die<br />
Karrieren einiger der größten Künstler<br />
des 20. Jahrhunderts begannen, allen<br />
voran die von Pollock und Newman.<br />
Eine Ausstellung, um die Werke dieser<br />
Epoche nicht in Vergessenheit geraten<br />
zu lassen.<br />
Musée des Beaux Arts de Lyon<br />
16, rue Edouard Herriot<br />
69001 Lyon<br />
Telefon: +33 (0)4 72 10 17 40<br />
www.mba-lyon.fr<br />
Mi, Do, Sa, So, Mo 10.00 – 18.00 Uhr<br />
Fr 10.30 – 18.00 Uhr<br />
An Feiertagen geschlossen<br />
8,00 Euro, ermäßigt 6,00 Euro<br />
Eine neue Ausstellung in Paris<br />
würdigt das Talent der komplexen<br />
Persönlichkeit Serge Gainsbourgs.<br />
Dank der Unterstützung der Familie<br />
und vor allem der Tochter, Schauspielerin<br />
Charlotte Gainsbourg, kann man<br />
sich dem Mann nähern, der sich selbst<br />
als « guter Mensch » und Außenseiter<br />
zugleich verstanden hat. Indem er<br />
die moralischen Grenzen eines konservativen<br />
Frankreichs überschritt,<br />
hat Gainsbourg in der französischen<br />
Kultur tiefe Spuren hinterlassen. Die<br />
versammelten Werke bringen uns die<br />
Arbeit eines Künstlers näher, der nie<br />
das machte, was man von ihm erwartete.<br />
Besonders beeindruckend sein<br />
Selbstporträt aus dem Jahre <strong>19</strong>57, das<br />
zum ersten Mal ausgestellt wird.<br />
Cité de la Musique<br />
221, avenue Jean Jaurès<br />
750<strong>19</strong> Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 44 84 44 84<br />
www.cite-musique.fr<br />
Di – Do 12.00 – 18.00 Uhr<br />
Fr – Sa 12.00 – 22.00 Uhr<br />
So 10.00 – 18.00 Uhr<br />
8,00 Euro, ermäßigt 4,00 Euro<br />
Die Ausstellung im westlichen<br />
Pariser Vorort Rueil-Malmaison (nahe<br />
dem Hochhausviertel La Défense)<br />
widmet sich der impressionistischen<br />
Sicht auf die Seine. Am Ende des<br />
<strong>19</strong>. Jahrhunderts und in der zweiten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts nutzten<br />
viele Maler die Ufer des berühmten<br />
Flusses als Modell. Die 80 Gemälde<br />
und ebenso viele Radierungen, Aquarelle<br />
und Plakate transportieren die<br />
Leidenschaft von Malern wie Claude<br />
Monet, Camille Pissarro und anderen,<br />
auch weniger bekannten Künstlern für<br />
die schönen Landschaften am Rande<br />
von Paris. Thematisch und chronologisch<br />
geordnet lassen sie uns heute die<br />
Veränderungen dieser beliebten Orte<br />
erlebbar werden.<br />
Atelier Grognard<br />
6, avenue du Château de Malmaison<br />
92500 Rueil-Malmaison<br />
Telefon: +33 (0)1 41 39 06 96<br />
www.mairie-rueilmalmaison.fr<br />
Mi – Mo 13.30 – <strong>19</strong>.00 Uhr<br />
5,00 Euro, kostenlos für Kinder und<br />
Jugendliche unter 18 Jahren und<br />
Studenten<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Kitsch Catch<br />
Sète, bis 12.05.<strong>2009</strong><br />
Emil Nolde<br />
Montpellier, 07.02. – 24.05.<strong>2009</strong><br />
Salon International de<br />
l’Agriculture<br />
Paris, 21.02. – 01.03.<strong>2009</strong><br />
Catchen ist kitschig. Ist es jedoch<br />
auch geschmacklos? Im Gegensatz zu<br />
den USA und Japan genießt das Catchen<br />
in Europa einen eher schlechten<br />
Ruf. Das internationale Museum für<br />
« unprätentiöse » Kunst, das die Grenzen<br />
des hergebrachten Kunstbetriebes<br />
überschreiten will, versucht genau diese<br />
Klischees zu überwinden, um dem<br />
Besucher die Sportart näher zu bringen.<br />
Auf halbem Weg zwischen Sport<br />
und Theater ist das Catchen immer<br />
auch die große Show. Masken, Paillette,<br />
außergewöhnliche Namen sowie<br />
die beeindruckenden Kunstflüge sind<br />
dabei überaus facettenreiche Elemente.<br />
Eine kulturelle und künstlerische<br />
Entdeckungsreise in die Welt des …<br />
Catchens.<br />
Musée des Arts Modestes<br />
23, quai Maréchal<br />
de Lattre de Tassigny<br />
34200 Sète<br />
Telefon: +33 (0)4 67 18 64 00<br />
www.miam.org<br />
Di – So 10.00 – 12.00 Uhr &<br />
14.00 – 18.00 Uhr<br />
5,00 Euro, ermäßigt 1,50 Euro<br />
Nach dem Grand Palais in Paris<br />
empfängt das Museum Fabre in Montpellier<br />
die erste Retrospektive des Expressionisten<br />
Emil Nolde. 90 Gemälde,<br />
70 Aquarelle, Radierungen und Zeichnungen<br />
werden hier in chronologischer<br />
Anordnung präsentiert und stammen<br />
von Gemäldesammlungen aus aller<br />
Welt. Für Kunstliebhaber und Neueinsteiger<br />
ist diese Ausstellung ein guter<br />
Anlass, einen umfassenden Überblick<br />
über das vielseitige Werk Noldes zu bekommen<br />
und dabei das nach vier Jahren<br />
Renovierungszeit wiedereröffnete<br />
Museum zu besichtigen.<br />
Musée Fabre<br />
13, rue Montpelliéret<br />
34000 Montpellier<br />
Telefon: +33 (0)4 67 14 83 00<br />
http://museefabre-en.montpellieragglo.com<br />
Di, Do, Fr, So 10.00 – 18.00 Uhr<br />
Mi 13.00 – 21.00 Uhr<br />
Sa 11.00 – 18.00 Uhr<br />
An Feiertagen geschlossen.<br />
Sonderöffnungszeiten möglich,<br />
genauere Angabe lagen bei<br />
Redaktionsschluss noch nicht vor.<br />
12,00 Euro, ermäßigt 6,00 Euro<br />
Frankreich ist ein Land, dessen Entwicklung<br />
stark von der Landwirtschaft<br />
geprägt wurde. Ein Grund, warum<br />
viele Franzosen bis heute fürs ländliche<br />
Leben schwärmen. Die internationale<br />
Landwirtschaftsmesse empfängt in<br />
diesem Jahr zum 46. Mal Tausende von<br />
Besuchern, um diesen Sektor vorzustellen.<br />
Alle französischen Regionen sind<br />
hier vertreten, um ihre gastronomischen<br />
Spezialitäten zu präsentieren. Für<br />
kulinarisch Interessierte werden auch<br />
Verkostungen organisiert. Übrigens ist<br />
die Schau eine perfekte Gelegenheit,<br />
um Weidevieh und Hühnerhoftiere zu<br />
sehen und somit dem Pariser Alltag<br />
zu entfliehen. Ein echtes Paradies, vor<br />
allem auch für die Kinder. Letztes Jahr<br />
kamen in den neun Ausstellungstagen<br />
mehr als 600.000 Besucher.<br />
Paris Expo<br />
Porte de Versailles<br />
75015 Paris<br />
www.salon-agriculture.com<br />
Täglich 9.00 – <strong>19</strong>.00 Uhr<br />
(am 27.02.<strong>2009</strong> bis 23.00 Uhr)<br />
12,00 Euro, ermäßigt 6,00 Euro<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 13
Unterwegs in Frankreich Ile de Ré<br />
Ile de Ré<br />
Diskreter Luxus mit<br />
maritimem Flair<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Manche nennen die Ile de Ré das « Saint-Tropez der Atlantikküste<br />
». Doch der Vergleich beschreibt den Charme des<br />
kleinen Eilands vor der Küste von La Rochelle nur unzureichend.<br />
Zwar ist ein gewisser Wohlstand nicht zu übersehen<br />
und die Orte auf der Insel wirken sehr gediegen, doch Luxus<br />
wird auf der Ile de Ré nicht protzig zur Schau gestellt.<br />
Vielmehr konnte sich die Insel eine eher heimelige Atmosphäre<br />
bewahren. Hübsche Dörfer und viel Natur verzaubern<br />
die Besucher. Ein erstes Kennenlernen – 12 Stunden<br />
auf der Ile de Ré.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 15
Unterwegs in Frankreich Ile de Ré<br />
8.45 Uhr – Reif für die<br />
Insel ++ Die Sonne blinzelt durch<br />
die weißen Schleier am Himmel. Der<br />
Wetterbericht hatte gestern Abend<br />
also Recht, als er nach einer längeren<br />
Regenphase für heute einen schönen<br />
Sonnentag an der mittleren Atlantikküste<br />
ankündigte. Voller Vorfreude<br />
verlasse ich mein Hotel am Stadtrand<br />
von La Rochelle und begebe mich mit<br />
meinem Mietwagen auf die vierspurige<br />
Umgehungsstraße der Hafenstadt.<br />
Die Richtung steht fest: Ich will nach<br />
Westen.<br />
Schon einiges habe ich von der<br />
kleinen Insel vor der französischen<br />
Atlantikküste gehört. Sie ist nicht<br />
das einzige Eiland an der Küste, auch<br />
nicht das größte oder das kleinste, aber<br />
vielleicht das exquisiteste. Einige gut<br />
situierte Franzosen, oft aus Paris, haben<br />
sich auf der Ile de Ré ein kleines<br />
edles Refugium gebaut – meist versteckt<br />
hinter den unscheinbaren Mauern<br />
alter Fischer- und Bauernhäuser.<br />
Auch einige berühmte Personen wie<br />
der ehemalige Premierminister Lionel<br />
Jospin zählen zu den Hausbesitzern<br />
dieses Fleckchens Erde mitten im Atlantik.<br />
Durch den Flughafen von La Rochelle,<br />
an dem ich gerade vorbeifahre,<br />
haben sich die Besucherströme im<br />
letzten Jahrzehnt zunehmend internationalisiert.<br />
Zwar ist La Rochelle<br />
weder an das Flugnetz von Air France<br />
angeschlossen, noch gibt es direkte<br />
Flugverbindungen von Paris aus, dafür<br />
sorgte der Boom der Billigfluggesellschaften<br />
für zahlreiche Direktflüge aus<br />
Großbritannien und Irland. Ryanair,<br />
EasyJet & Co. bringen erholungssüchtige<br />
Briten und Iren, die diese neuen<br />
Reisemöglichkeiten gerne nutzen,<br />
quasi bis an die Haustür der Ile de Ré.<br />
9.22 Uhr – Kassenhäuschen<br />
am Eingang zum kleinen Paradies<br />
++ Nun dauert es nur noch wenige<br />
Minuten und ich erreiche endlich<br />
die Küste. Seit <strong>19</strong>88 ist die Anreise<br />
auf die Ile de Ré sehr viel leichter geworden,<br />
denn seit diesem Jahr spannt<br />
sich eine schon von Weitem sichtbare<br />
Brücke über die rund drei Kilometer<br />
breite Wasserstraße, die die Insel vom<br />
Festland trennt. Doch der Zugang<br />
zum vermeintlichen Paradies auf der<br />
anderen Seite ist nicht gratis zu haben.<br />
Und da man hier im Westen Frankreichs<br />
die Regeln der Marktwirtschaft<br />
gut verstanden hat, auch nicht immer<br />
gleich teuer. Kostet die Überfahrt von<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Mitte September bis Mitte Juni 9,00<br />
Euro (Hin- und Rückfahrt), verteuert<br />
sich der Spaß während der stark frequentierten<br />
Urlaubswochen von Mitte<br />
Juni bis Mitte September auf stolze<br />
16,50 Euro – zu entrichten an einer<br />
Mautstelle, wie man sie von den französischen<br />
Autobahnen gewöhnt ist.<br />
Aber welches Paradies ist schon zum<br />
Schnäppchenpreis zu haben? Außerdem<br />
soll die Maut dafür sorgen, dass<br />
nicht noch mehr Touristen die gerade<br />
einmal 30 Kilometer lange und fünf<br />
Kilometer breite Insel bevölkern.<br />
Die Brücke hat die Insel stark verändert.<br />
Musste man früher mühsam<br />
mit einer Fähre übersetzen und dafür<br />
gerade in der Hochsaison oft lange<br />
Wartezeiten in Kauf nehmen, ist eine<br />
Überfahrt heute ein Kinderspiel. Die<br />
bessere Erreichbarkeit hatte einen<br />
Anstieg der Besucherzahlen zur Folge.<br />
Häuser wurden renoviert, ganze Ortskerne<br />
neu herausgeputzt. Der bis in die<br />
<strong>19</strong>80er-Jahre leicht morbide Charme<br />
wich einem adrett maritimen Flair.<br />
Dank restriktiver Auflagen wurde ein<br />
Zubetonieren der Insel verhindert.<br />
Dies hatte aber auch zur Folge, dass<br />
die Immobilienpreise stiegen und stiegen,<br />
so dass sich viele Alt-Insulaner die<br />
Preise schon lange nicht mehr erlauben<br />
können. Aber dies war in Saint-Tropez<br />
einst auch nicht anders und scheint<br />
zum Schicksal attraktiver Landstriche<br />
zu gehören.<br />
Während ich die Brücke hochfahre,<br />
zolle ich innerlich den Radfahrern<br />
an der Seite Respekt, die mit eigener<br />
Muskelkraft die Insel erkunden wollen.<br />
Für einen kurzen Moment quält<br />
mich sogar mein schlechtes Gewissen,<br />
ist die überwiegend flache und mit<br />
einem hervorragenden Radwegenetz<br />
ausgestattete Ile de Ré doch geradezu<br />
ideal fürs Fahrradfahren. Stattdessen<br />
rausche ich mit meinem Mietwagen<br />
über die Asphaltpiste. Aber der<br />
Mensch besitzt nicht ohne Grund die<br />
Gabe, sich Dinge schönzureden und<br />
gute Ausreden zu finden. So entschuldige<br />
ich meine Bequemlichkeit vor<br />
mir selbst mit der Tatsache, dass ich<br />
für diese erste Spritztour auf die Insel<br />
nur einen Tag Zeit habe, ein Auto also<br />
unabdingbar ist, will ich möglichst viel<br />
entdecken.<br />
9.28 Uhr – Am anderen Ufer<br />
++ Es dauert nur wenige Minuten und<br />
ich bin auf der Ile de Ré angekommen.<br />
Parkplätze rechts und links der Straße<br />
säumen den Weg. Daran schließen<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 17
Unterwegs in Frankreich Ile de Ré<br />
sich mit Gräsern bewachsene Dünen<br />
an. Dahinter fällt mein Blick auf den<br />
gar nicht rauen Ozean und ein paar<br />
Kitesurfer. Es ist ein unspektakuläres<br />
Ankommen und dennoch erfüllt mich<br />
gleich dieses sonderbare Gefühl,<br />
auf einer Insel zu<br />
sein – weit weg von den<br />
Sorgen des Alltags. Inzwischen<br />
strahlt auch<br />
die Sonne von einem<br />
blauen Himmel.<br />
Die Straße gabelt<br />
sich. Ich wähle die Strecke<br />
nach rechts und folge dem<br />
Verlauf der nördlichen Küste. Schon<br />
kurz danach erreiche ich den ersten<br />
Ort: Rivedoux-Plage. Die Kommune<br />
feiert sich gerne als das « Tor zur Ile<br />
de Ré ». Geografisch betrachtet gibt<br />
es keinen Grund für Widerspruch.<br />
Die Straße schlängelt sich durch den<br />
Ort. Rechts eine breite, neu angelegte<br />
Promenade. Der Blick gleitet übers<br />
Meer mit der Brücke zur Ile de Ré im<br />
Hintergrund – ein beeindruckendes<br />
Panorama. Links fast durchgängig<br />
zweistöckige Häuser im inselüblichen<br />
Stil: Fassaden aus weißem Putz oder<br />
großen Natursteinen und Dächer mit<br />
blassroten Ziegeln. Die Fensterläden<br />
sind meist grün gestrichen. Alles wirkt<br />
adrett und ordentlich, aber trotzdem<br />
nicht übersaniert.<br />
Einige Touristen spazieren auf der<br />
Promenade und in den Cafés treffen<br />
sich ein paar Einheimische und Neubürger<br />
auf ein Croissant. In Rivedoux-<br />
Plage geht das Leben noch recht<br />
geruhsam zu. Selbst in der absoluten<br />
Hochsaison, wenn man sich in den<br />
Hauptorten der Insel durch die Gassen<br />
schiebt, bleibt der Trubel überschaubar.<br />
Viele Besucher genießen im Sommer<br />
vor allem den schönen Plage Nord, an<br />
dem ich vorher gerade vorbeigefahren<br />
war. Auch ich lasse mir in Rivedoux-<br />
Plage zum ersten Mal eine frische Brise<br />
vom Meer um die Nase wehen und<br />
begrüße den Tag zum zweiten Mal mit<br />
einem Kaffee auf einer Bistroterrasse.<br />
10.45 Uhr – Die puristische<br />
Schönheit einer Klosterruine<br />
++ Nach Rivedoux-Plage führt die<br />
Landstraße an Wäldern vorbei, bis auf<br />
der rechten Seite plötzlich eine Klosterruine<br />
inmitten weitläufiger Felder<br />
auftaucht. Ein malerischer Anblick.<br />
Ich nehme die kleine Stichstraße zur<br />
Ruine und stelle mein Fahrzeug auf<br />
einem kleinen Parkplatz ab. Die Abbaye<br />
Notre-Dame-des-Châteliers war<br />
einst ein Zisterzienserkloster mit großer<br />
Bedeutung für die Insel und eine<br />
der größten Abteien an der mittleren<br />
Atlantikküste Frankreichs. Mönche<br />
gründeten an dieser Stelle bereits im<br />
12. Jahrhundert das erste Kloster. Die<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
h e u t i g e n<br />
Ruinenreste<br />
stammen<br />
jedoch<br />
ü b e r w i e g e n d<br />
aus dem 14. Jahrhundert, da die<br />
vorherigen Gebäude Angriffe der Engländer<br />
nicht überstanden.<br />
Doch auch in den folgenden Jahrhunderten<br />
blieb es nicht ruhig. Diverse<br />
Scharmützel sowie die Religionskriege<br />
sorgten dafür, dass die Abtei schließlich<br />
zerstört und aufgegeben wurde.<br />
Die Anlage verfiel im Anschluss zunehmend,<br />
diente aber lange Zeit als<br />
Landmarke für die Schifffahrt, bis sie<br />
heute zu einem beliebten Ausflugsziel<br />
für Touristen wurde. Der am besten<br />
erhaltenen Teil der Ruine ist die damalige<br />
Klosterkirche. Ihre Ausmaße<br />
lassen sich noch sehr gut erkennen.<br />
Vom ehemaligen Konventgebäude ist<br />
dagegen fast gar nichts übrig geblieben.<br />
Auch vom Refektorium steht nur<br />
noch eine Mauer. Der einstige Kreuzgang<br />
lässt sich dagegen noch ganz gut<br />
erahnen.<br />
Ich genieße es, in der sanften Vormittagssonne<br />
zwischen den Mauern<br />
herumzuspazieren. Außer mir haben<br />
sich nur noch zwei andere Pärchen<br />
hierher verirrt. Die Kombination aus<br />
zerstörtem Bauwerk und friedlicher<br />
Natur übt einen ganz besonderen<br />
Reiz aus. Ich meine, die Geschichte<br />
des Ortes spüren zu können und fühle<br />
mich an Klosterruinen in Schottland<br />
erinnert. Wer hätte gedacht, dass eine<br />
Ruine eine derart puristische Schönheit<br />
besitzen kann? Wer die Stätte<br />
lieber mit sachkundiger Begleitung<br />
erkunden möchte, kann an einer der<br />
Führungen teilnehmen, die von der<br />
Maison du Platin, ein liebenswertes<br />
Museum im nahen La Flotte, organisiert<br />
werden.<br />
11.30 Uhr – La Flotte, ein<br />
Bilderbuchdorf ++ Nächstes Ziel:<br />
La Flotte. Die Gemeinde zählt zu den<br />
beiden Orten auf der Ile de Ré, die von<br />
den Touristen besonders geschätzt werden.<br />
Und dies nicht ohne Grund, denn<br />
La Flotte ist wahrhaft ein Dorf wie im<br />
Bilderbuch. Am Ortsrand kann man<br />
sein Auto auf einem der großen Parkplätze<br />
abstellen, um das überschaubare<br />
Zentrum zu Fuß zu erkunden. Ich<br />
fahre jedoch kühn weiter und finde<br />
direkt am Hafen einen Stellplatz. Dies<br />
ist allerdings großer Zufall, von einem<br />
Nachahmen ist dringend abzuraten.<br />
Das Herz von La Flotte bildet ein<br />
malerisches Hafenbecken. Wo früher<br />
Fischerboote ankerten, liegen heute<br />
vor allem kleine Jachten und Segelboote.<br />
Das Klimpern der Segelmasten<br />
unterstreicht das maritime Flair.<br />
Eine sichelförmige Mole mit einem<br />
weiß-grünen Leuchtturm wurde im<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · <strong>19</strong>
Unterwegs in Frankreich Ile de Ré<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
S. 14/15: Der alte Fischerhafen von La<br />
Flotte. Wo früher Fischerboote ein- und<br />
aus fuhren, ankern heute vor allem Freizeitboote.<br />
In den umliegenden Gebäuden<br />
im inseltypischen Stil laden Bistros und<br />
Rest aurants zum Verweilen ein.<br />
S. 16/17: Zwischen Rivedoux-Plage und La<br />
Flotte lohnt die Abteiruine Notre-Damedes-Châteliers<br />
einen Abstecher. Malerisch<br />
liegt sie inmitten von Getreidefeldern.<br />
S. 18/<strong>19</strong>: Blick auf Rivedoux-Plage, dem « Tor<br />
zur Ile de Ré ». Im Vordergrund der Plage<br />
Nord, der auch bei Kitesurfern beliebt ist.<br />
S. 20: In den Gassen von Saint-Martinde-Ré<br />
hat man das Gefühl, die Zeit sei<br />
stehengeblieben. Schon wenige Schritte<br />
vom Trubel am Hafen entfernt scheint der<br />
Ort im Dornröschenschlaf zu verharren.<br />
323264<br />
Ile<br />
d<br />
e Ré<br />
HÔTEL<br />
& spa<br />
<strong>19</strong> Lodges<br />
Sainte-Marie-de-Ré - Tel.: +33 (0)5 46 30 20 30 - www.lesvignesdelachapelle.com<br />
Jahre 1840 ins Meer hinaus gebaut.<br />
Die hohen Kaimauern geben einen<br />
Hinweis auf das Spiel der Gezeiten. Je<br />
nachdem, ob Ebbe oder Flut ist, wirkt<br />
der Hafen anders. Um das rechteckige<br />
Hafenbecken herum stehen dreigeschossige<br />
Häuser. Die hellen Fassaden<br />
sind herausgeputzt, die Fensterläden<br />
erstrahlen in Blau-, Grün und Grautönen.<br />
Im Erdgeschoss befinden sich in<br />
fast allen Gebäuden Restaurants oder<br />
Bistros, die ihre Tische und Stühle<br />
auf die promenadenartige Uferstraße<br />
stellen. Pittoresker könnte der Anblick<br />
nicht sein.<br />
Ich umrunde das anmutige<br />
Hafenbecken und erkunde die verkehrsberuhigten<br />
Gassen im Umkreis<br />
sowie die schöne Promenade, die<br />
sich im Westen an das Hafenbecken<br />
anschließt. Auch ein mittelalterlicher<br />
Markt lohnt einen Abstecher.<br />
In La Flotte kann man sich wunderbar<br />
treiben lassen. Und wenn der Ort<br />
inzwischen vor allem vom Tourismus<br />
lebt, im Gegensatz zu früher, als<br />
die Austernzucht und Fischerei die<br />
Haupteinnahmequelle war, konnte er<br />
dennoch einen recht authentischen<br />
Charme bewahren. Wie schon in Rivedoux-Plage<br />
ist alles sehr gepflegt,<br />
aber nicht zu künstlich herausgeputzt.
Unterwegs in Frankreich Ile de Ré<br />
Von links nach rechts, von oben<br />
nach unten: Saint-Martin-de-Ré<br />
aus der Vogelperspektive; gut<br />
erkennbar ist die sternförmige<br />
Befestigungsanlage sowie die<br />
heute als Gefängnis genutzte<br />
Zitadelle links im Bild.<br />
Die Uferpromenade von La Flotte.<br />
Vaubans Befestigungsanlage<br />
in Saint-Martin-de-Ré.<br />
Robin und Paul mit ihren<br />
Staffeleien im alten Fischerhafen<br />
von Saint-Martin-de-Ré.<br />
In allen Orten der Insel<br />
laden zahlreiche Bistros und<br />
Restaurants zum Verweilen ein.<br />
12.50 Uhr – Frische Austern<br />
++ Ich merke kaum, wie die Zeit<br />
vergeht. Inzwischen hat die Mittagszeit<br />
begonnen und die ersten Gäste<br />
finden sich in den Restaurants am<br />
Hafenbecken ein. Auch ich suche mir<br />
ein Bistro aus und nehme auf der Terrasse<br />
Platz – mit Blick auf den Hafen.<br />
Meine Wahl auf der Speisekarte fällt<br />
natürlich auf einen Teller Austern.<br />
Schließlich ist die Insel – gerade die<br />
Nordküste – für ihre Austernzucht<br />
bekannt.<br />
Während ich auf mein Essen warte,<br />
komme ich mit dem Kellner ins<br />
Gespräch: Jean-Christophe, 24 Jahre<br />
jung und gebürtig aus Les Portes-en-<br />
Ré, sozusagen dem « letzten » Ort auf<br />
der Insel. Er arbeitet seit vier Jahren in<br />
dem Bistro und erzählt mir ein wenig<br />
aus seinem Leben. Davon, dass die<br />
Einheimischen immer weniger mit der<br />
Preisentwicklung auf der Insel mithalten<br />
können und dass viele seiner Kumpels<br />
aufs Festland abgewandert sind –<br />
nach La Rochelle oder auch Paris. Er<br />
berichtet aber auch von seinen lustigen<br />
Erlebnissen mit den Gästen, die aus<br />
ganz Europa hierher kommen. Als bedürfe<br />
diese Aussage einer Bestätigung,<br />
nimmt am Nachbartisch gerade eine<br />
Spanisch sprechende Familie Platz.<br />
La Flotte hat in dieser Zeit einen kosmopolitischen<br />
Anstrich. « Ich bin eigentlich<br />
froh über die Entwicklungen<br />
der letzten Jahre, denn so konnte ich<br />
wenigsten einen Job in der Gastronomie<br />
finden », meint Jean-Christophe<br />
am Ende unseres Gespräches. Ein versöhnlicher<br />
Blickwinkel.<br />
14.10 Uhr – Saint-Martinde-Ré,<br />
die heimliche Hauptstadt<br />
++ Gut gestärkt erreiche ich<br />
kurz danach die heimliche Hauptstadt<br />
der Ile de Ré: Saint-Martin-de-Ré, die<br />
nur rund vier Kilometer westlich von<br />
La Flotte liegt. Es dauert nicht lange,<br />
um zu erkennen, dass es hier mit<br />
der Ruhe vorbei ist. Obwohl ich noch<br />
nicht einmal im Juli oder August hier<br />
bin, sind die Straßen voller Touristen.<br />
Überall herrscht lebhafter Trubel.<br />
Saint-Martin-de-Ré war einfach zu<br />
schön, um unentdeckt zu bleiben. So<br />
ging es dem Ort wie vielen anderen mit<br />
außergewöhnlichen Reizen: Er wurde<br />
vom Tourismus geradezu überrannt.<br />
Wer vor Besuchermassen aber keine<br />
Angst hat, kann auch in Saint-Martinde-Ré<br />
eine wunderbare Zeit erleben.<br />
Schon bei der Annäherung fällt<br />
eine der Sehenswürdigkeiten auf: die<br />
beeindruckenden Festungsmauern, die<br />
den ganzen Ort umgeben. Denn in<br />
Saint-Martin-de-Ré hat der berühmte<br />
Festungsbauer Vauban, auf dessen<br />
Spuren man in ganz Frankreich trifft,<br />
seine Handschrift hinterlassen. Der<br />
« Stararchitekt » des Sonnenkönigs<br />
durfte im 17. Jahrhundert eine bereits<br />
bestehende Befestigungsanlage umbauen<br />
und verstärken. Die für Vauban<br />
typische Sternform ermöglichte<br />
dabei eine optimale Positionierung<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
der Kanonen. Ludwig XIV. wollte verhindern,<br />
dass die Engländer die Insel<br />
erneut einnehmen und sich in die französische<br />
Politik einmischen konnten.<br />
Die eigentliche Zitadelle am östlichen<br />
Stadtrand wird bis heute als Gefängnis<br />
benutzt – ein wichtiger Arbeitgeber auf<br />
der Insel. Einst wurden von dort Sträflinge<br />
in die Überseegebiete verschifft.<br />
Die gesamte Befestigungsanlage gehört<br />
seit 2008 zusammen mit anderen<br />
Bauten von Vauban im ganzen Land<br />
zum Weltkulturerbe der UNESCO.<br />
Doch die meisten Besucher kommen<br />
nicht wegen Vauban nach Saint-<br />
Martin-de-Ré, sondern wegen des<br />
malerischen Hafens und der wunderschönen<br />
Gassen. Auch ich habe mein<br />
Auto wieder einmal abgestellt und<br />
begebe mich zu Fuß auf Erkundungstour.<br />
Auf den ersten Blick erinnert das<br />
Dorf an La Flotte – ein tideabhängiger<br />
Hafen mit zahlreichen Jachten und<br />
Segelbooten, zwischen denen noch ein<br />
paar wenige Fischerboote auszumachen<br />
sind, eine drei- bis viergeschossige<br />
Randbebauung im inselüblichen<br />
Stil und viele Restaurants und Bistros,<br />
in denen lokale und nationale Spezialitäten<br />
angeboten werden. Doch im<br />
Gegensatz zu La Flotte ist alles ein<br />
bisschen größer, ist das Treiben pulsierender.<br />
Auch ist das Hafenbecken<br />
kein bloßes Rechteck, sondern wie ein<br />
mehreckiger breiter Kanal angelegt,<br />
der eine über Brücken zugängliche Insel<br />
in der Mitte umschließt.<br />
14.45 Uhr – Robin und Paul,<br />
zwei begeisterte Hobbykünstler<br />
++ Während ich die Kaianlagen<br />
entlangschlendere, fallen mir einige<br />
Senioren mit ihren Staffeleien und<br />
Campingstühlen auf, die die Hafensilhouette<br />
auf Leinwand verewigen. Darunter<br />
Robin und Paul aus Manchester.<br />
Sie haben sich das gegenüberliegende<br />
Ufer mit hell leuchtenden Fassaden,<br />
einem süßen kleinen Restaurant mit<br />
zwei großen Sonnenschirmen vor der<br />
Tür und einem weiß-roten Fischerboot<br />
an der Kaimauer als Motive ausgesucht.<br />
Beide sind bereits im Rentenalter<br />
und kommen jedes Jahr wieder auf die<br />
Ile de Ré. « Das Klima, das Licht, die<br />
Dörfer, die Landschaft, einfach alles<br />
ist hier wunderbar », strahlt mich Robin<br />
in feinstem Englisch an. « Und die<br />
Menschen auf der Insel sind auch sehr<br />
herzlich », ergänzt ihr Mann Paul zugleich.<br />
« Auch wenn natürlich viele nur<br />
temporär auf der Insel leben. Wir fühlen<br />
uns hier sehr geborgen. » « Und interessante<br />
Motive gibt es quasi an jeder<br />
Straßenecke », fügt Robin noch hinzu.<br />
Wir plaudern noch ein wenig weiter,<br />
bis ich mich schließlich verabschiede<br />
und wieder auf den Weg mache.<br />
Mein nächstes Ziel ist die gotische<br />
Kirche des Ortes, deren Kirchturm<br />
man schon vom Hafen aus erblickt.<br />
Der Weg dorthin führt über kopfsteingepflasterte<br />
Gassen, die von alten<br />
Häusern gesäumt werden. Es ist die<br />
Hôtel Le Chat Botté<br />
Charme, Ursprünglichkeit, Eleganz<br />
Wohlbenden<br />
Reexzonenmassage<br />
Farblichttherapie<br />
Tel.: +33 (0)5 46 29 21 93<br />
E-Mail:hotelchatbotte@wanadoo.fr<br />
Internet: www.hotelchatbotte.com<br />
perfekte Dorfidylle. Je weiter man sich<br />
vom Hafen entfernt, desto ruhiger<br />
wird es. Die Kirche selbst wird von<br />
einem kleinen Platz umgeben, auf<br />
dem Autos unter Bäumen parken. Ein<br />
Schild weist auf die Möglichkeit hin,
Unterwegs in Frankreich Ile de Ré<br />
den Kirchturm zu besteigen. In mir<br />
erwacht der sportliche Ehrgeiz und<br />
ich beginne mit dem Aufstieg. Zum<br />
Glück ist die Mittagszeit gerade vorbei,<br />
so dass der Turm wieder zugänglich<br />
ist. Nach 117 Stufen werde ich<br />
schließlich mit einem wunderbaren<br />
Rundblick über Saint-Martin-de-Ré<br />
für diese kleine körperliche Anstrengung<br />
belohnt. Ein würdiger Abschluss<br />
für meinen Besuch in diesem wunderschönen<br />
Hafenort.<br />
16.00 Uhr – An Salzwiesen<br />
entlang zum Leuchtturm der<br />
Wale ++ Es ist Zeit, wieder aufzubrechen<br />
und an die äußerste Westspitze<br />
der Insel zu fahren. Schon nach einigen<br />
Kilometern tauchen auf der rechten<br />
Seite die ersten Salzwiesen auf.<br />
Das kostbare Gut trug früher zum<br />
Wohlstand der Inselbewohner bei.<br />
Der lehmhaltige Boden der Meeresbuchten<br />
und die vielen Sonnenstunden<br />
waren geradezu ideal zur Salzgewinnung.<br />
Im Hafen lagen damals<br />
Schiffe, die das Salz bis nach Holland<br />
oder Skandinavien brachten. Doch<br />
die Erfindung des Kühlschranks hat<br />
die Bedeutung von Salz als Konservierungsstoff<br />
zunichte gemacht.<br />
Längst lässt sich das Produkt auch<br />
kostengünstiger herstellen, so dass<br />
viele Salzgärten aufgegeben wurden.<br />
Und dennoch wurde die alte Tradition<br />
auf der Ile de Ré gepflegt und es<br />
gibt bis heute Salzbauern. Außerdem<br />
sind brachliegende Salzwiesen ein<br />
Paradies für Vögel, die sich hier ebenfalls<br />
wohl fühlen.<br />
Ich genieße es, durch die Landschaft<br />
aus Feldern, Sümpfen und<br />
Salzgärten zu fahren. Mit etwas Abstand<br />
passiere ich auf der rechten Seite<br />
den kleinen Ort Loix, der weniger<br />
spektakulär als La Flotte und Saint-<br />
Matin-de-Ré, dafür aber vielleicht<br />
authentischer ist. Knapp zehn Kilometer<br />
später tauchen in der Höhe der<br />
Ortschaft Ars-en-Ré auf der linken<br />
Seite eine Reihe merkwürdiger Häuser<br />
auf. Sie sehen aus wie Mühlen, denen<br />
man die Mühlenflügel entfernt hat.<br />
Ich bin neugierig und biege auf einen<br />
schmalen Feldweg ein, um mir die<br />
Bauten aus der Nähe anzuschauen.<br />
Viel schlauer werde ich durch diesen<br />
Von links nach<br />
rechts, von oben<br />
nach unten: Kirche<br />
von Saint-Martinde-Ré;<br />
vom Turm<br />
hat man einen<br />
schönen Rundblick.<br />
Wohnhäuser, die<br />
an ehemalige<br />
Mühlen erinnern.<br />
Im Hintergrund<br />
der schwarzweiße<br />
Kirchturm<br />
von Ars-en-Ré.<br />
Bis heute wird<br />
Salz auf der Ile de<br />
Ré gewonnen.<br />
Phare des Baleines.<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Ein Paradies für Fahrradfahrer<br />
Die höchste natürliche Erhebung der Ile de Ré misst gerade einmal <strong>19</strong> Meter über dem<br />
Meeresspiegel. Rund 100 Kilometer ausgeschilderte Fahrradwege oder gut zu befahrende<br />
Feldwege sorgen für ein entspanntes Fortkommen jenseits des Autoverkehrs. In vielen<br />
Orten gibt es auch Fahrradverleihstationen und -werkstätten, möchte man nur einen<br />
kleinen Ausflug auf dem Zweirad unternehmen oder hat man eine Panne mit seinem<br />
eigenen. Dank der überschaubaren Distanzen zwischen den einzelnen Ortschaften, die<br />
meist über eine große Bandbreite an Übernachtungsmöglichkeiten verfügen, bieten sich<br />
auch Rundreisen mit dem Fahrrad über die ganze Insel an. Ein besonderer Service ist der<br />
Vélobus, dank dem man einzelne Strecken mit dem Fahrrad im Bus zurücklegen kann,<br />
beispielsweise die Rückfahrt nach einem langen Ausflug.<br />
Domaine Hôtelier<br />
Les Grenettes<br />
kleinen Abstecher jedoch nicht. Hohe<br />
Steinmauern umgeben die Anwesen,<br />
die anscheinend, was immer sie auch<br />
früher waren, zu schicken Wohnhäusern<br />
umgebaut wurden.<br />
Zurück auf der Landstraße fällt<br />
mein Blick auf den markanten spitzen<br />
Kirchturm von Ars-en-Ré. Er ist nicht<br />
nur wegen seiner Form auffallend,<br />
sondern auch wegen seiner schwarzweißen<br />
Farbe. Der Grund dafür ist<br />
simpel, denn der Kirchturm dient den<br />
Seefahrern zur Orientierung. Im Hafen<br />
von Ars-en-Ré holten holländische<br />
und skandinavische Schiffe früher das<br />
Salz ab. Heute liegen dort – wie auch<br />
in den anderen Orten der Insel – vor<br />
allem Freizeitboote. Ich fahre aber direkt<br />
weiter zum Phare des Baleines (dt.<br />
Leuchtturm der Wale).<br />
17.00 Uhr – Am Ende der<br />
Welt ++ Schon im 17. Jahrhundert<br />
wurde an der Westspitze der Insel ein<br />
Leuchtturm errichtet. Er stammt von<br />
Vauban und war von 1682 bis 1854 zuverlässiger<br />
Wegweiser für die Seeleute.<br />
1854 wurde er dann durch den höheren<br />
großen Leuchtturm ersetzt. Beide<br />
zusammen bilden bis heute eine schon<br />
von weitem auffallende Silhouette. Der<br />
Name geht auf eine Legende zurück,<br />
nach der an diesem Küstenabschnitt<br />
zu Zeiten der Römer einmal 300 Wale<br />
gestrandet sind. Zum letzten Mal<br />
wurde der große Meeressäuger hier im<br />
Jahre <strong>19</strong>20 gesichtet.<br />
Der Phare des Baleines ist zugleich<br />
der westlichste Punkt der Ile de Ré.<br />
Ich bin hier also am Ende der (Insel-)<br />
welt. Vor mir nichts als der weite Atlantik.<br />
Dieser Umstand hat aber auch<br />
dazu geführt, dass viele Besucher hierher<br />
strömen und ich nicht wirklich das<br />
Gefühl bekomme, am Ende von irgendetwas<br />
zu sein. Ein im Jahre 2007<br />
eröffneter musealer Erlebnisbereich am<br />
Fuße des alten Leuchtturms verstärkt<br />
Ihr nächstes Reiseziel<br />
auf der Ile de Ré …<br />
Hôtel ***<br />
45 geräumige und gemütliche Zimmer<br />
Feinschmecker<br />
Restaurant<br />
Speisen aus frischen Meeresprodukten…<br />
Hotel unter freiem<br />
Himmel**<br />
Mobil Homes und Stellplätze zu vermieten<br />
Freizeit<br />
Beheiztes Hallenbad mit Wasser-Rutschbahn<br />
2 Tennisplätze und Fahrad-Vermietung, um die 80 km<br />
langen Radfahrwege der Insel zu entdecken…<br />
Wir empfangen<br />
Seminare, Kongresse, Hochzeiten,<br />
Geburtstage, Banketts<br />
Erlebnisreiche Aufenthalte<br />
ILE DE RE: LE BISTROT DU MARTRAY<br />
Charme und Geschmack · Bistro im zeitgenössischen Design<br />
ausgefallene Zimmer, zwischen Meer und Salzwiesen gelegen<br />
Hotel Le Martray · 8 Route d'Ars · 17590 Ars-en-Ré · Tel.: +33 (0)5 46 29 40 04 · www.hotel-le-martray.com<br />
Route du Bois Plage<br />
17740 Sainte Marie de Ré<br />
Ile de Ré<br />
Tel : 05.46.30.22.47<br />
Fax : 05.46.30.24.64<br />
www.hotel-les-grenettes.com<br />
contact@hotel-les-grenettes.com
Unterwegs in Frankreich Ile de Ré<br />
Ein langer Befestigungswall lädt<br />
zu schönen Sparziergängen<br />
entlang der Südküste ein.<br />
noch den Trubel. Der Leuchtturm der<br />
Wale ist also nichts für Menschen,<br />
die die Einsamkeit und Verlassenheit<br />
suchen, außer vielleicht an einem stürmischen<br />
Regentag im Winter.<br />
Nordöstlich des Phare des Baleines<br />
schließt sich der lange Plage de<br />
la Conche an. Neben Überresten aus<br />
dem Zweiten Weltkrieg findet man an<br />
dem Strand auch Fischschleusen, die<br />
heute unter Denkmalschutz stehen.<br />
Fischschleusen sind Anlagen, dank<br />
derer man Fische ganz ohne Netze,<br />
Boote und Angeln fangen kann. Sie<br />
wurden seit dem Mittelalter vielerorts<br />
an geeigneten Küstenbereichen<br />
gebaut, die sich einerseits durch ausreichend<br />
große Gezeitenunterschiede<br />
auszeichneten, gleichzeitig aber<br />
auch flach genug für die Anlage der<br />
Fischschleusen waren. Das Prinzip ist<br />
simpel: Durch Steinwälle wird verhindert,<br />
dass Fische, die bei Flut bis<br />
an die Ufer gespült wurden, bei abfließendem<br />
Wasser wieder zurück ins<br />
Meer finden. Nur das Wasser selbst<br />
kann durch kleine Öffnungen in den<br />
Wällen abfließen. Die Fische bleiben<br />
zurück und müssen anschließend nur<br />
noch eingesammelt werden.<br />
18.10 Uhr – Strandspaziergang<br />
an der Südküste ++ Ich<br />
sehne mich nach so vielen Steinen<br />
und Bauten nach ein wenig Ruhe und<br />
suche mir auf der Rückfahrt ein stilles<br />
Plätzchen an der Südküste. Ein Parkplatz<br />
auf einem Feldweg abseits der<br />
Hauptroute ist schnell gefunden. Vor<br />
mir erhebt sich ein befestigter Wall,<br />
auf dem es sich vorzüglich spazieren<br />
lässt. Die Sonne taucht die Landschaft<br />
in ein warmes Licht. Zeit, die<br />
Gedanken schweifen zu lassen und<br />
die Meeresluft tief einzuatmen. Ich<br />
laufe und laufe und merke, wie mein<br />
Kopf immer freier und leerer wird. Ein<br />
wunderbares Gefühl.<br />
Hier an der Südküste findet man<br />
einige der beliebtesten Strände der Ile<br />
de Ré. Besonders schön ist der Strand<br />
von Le Bois-Plage-en-Ré. In der Umgebung<br />
des Dorfes gibt es zahlreiche<br />
Weinstöcke, denn auf der Ile de Ré<br />
wird dank der vielen Sonnenstunden<br />
im Jahr auch Wein angebaut. Reizvoll<br />
für Badefreunde ist ebenfalls der<br />
Küstenabschnitt bei Sainte-Mariesde-Ré.<br />
Die Südküste bietet Erholung<br />
für die ganze Familie – egal, ob es eher<br />
sportlich aktiv oder faul in der Sonne<br />
liegend zugehen soll.<br />
20.15 Uhr – Au revoir, Ile<br />
de Ré! ++ Für mich ist nun aber der<br />
Augenblick gekommen, von der Ile de<br />
Ré Abschied zu nehmen. Es war ein<br />
langer Tag voller wunderbarer Eindrücke.<br />
Natürlich bin ich mir bewusst,<br />
dass meine Fahrt über die Insel nur ein<br />
erstes Kennenlernen sein konnte – so<br />
etwas wie das erste Date einer vielleicht<br />
langen Liebesbeziehung. Es gibt noch<br />
so viel mehr auf der Insel zu entdecken<br />
und Gesehenes lohnt eine noch viel intensivere<br />
Beschäftigung damit. Daher<br />
werde ich wiederkommen und länger<br />
bleiben. Und während ich gerade über<br />
die Brücke nach La Rochelle fahre,<br />
versinkt hinter mir tief im Westen die<br />
Sonne im Atlantik.<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Angers<br />
la Baule<br />
Die<br />
<br />
Ile de Ré liegt vor der Küste<br />
von La Rochelle. Aus den meisten<br />
deutschen Regionen sowie Österreich<br />
erreicht man die Insel am besten via<br />
Brüssel bzw. Metz, Paris und Tours. Aus<br />
der Schweiz sowie dem äußersten<br />
Südwesten Deutschlands sollte man<br />
Frankreich weiter südlich durchqueren.<br />
Von La Rochelle aus geht es über eine<br />
mautpflichtige Brücke, die direkt an die<br />
Umgehungsstraße angebunden ist, auf<br />
die Ile de Ré.<br />
Ile de Ré …<br />
… Berlin 1.540 km<br />
… Köln 970 km<br />
… Wien 1.720 km<br />
… Hamburg 1.390 km<br />
… München 1.320 km<br />
… Zürich 1.000 km<br />
Der Flughafen von La Rochelle liegt in<br />
unmittelbarer Nähe der Brücke zur Ile de<br />
Ré, wird aus dem deutschsprachigen<br />
Raum allerdings nicht angeflogen und<br />
ist auch nicht ans Flugnetz von Air France<br />
angebunden. Die nächsten größeren<br />
Flughäfen sind in Bordeaux und Nantes,<br />
die beide mit Air France via Paris bzw.<br />
Lyon aus dem deutschsprachigen<br />
Raum angeflogen werden.<br />
Die Ile de Ré selbst hat keinen direkten<br />
Bahnanschluss, dafür verkehren aber<br />
Busse ganzjährig vom Bahnhof La<br />
Rochelle zur Insel. Nach La Rochelle<br />
gibt es eine direkte TGV-Verbindung von<br />
Paris aus. Die Fahrzeit ab Paris beträgt<br />
weniger als drei Stunden.<br />
www.iledere.com<br />
Ile de Ré Tourisme<br />
5bis, rue de la Blanche<br />
17580 Le Bois-Plage-en-Ré<br />
Telefon: +33 (0)5 46 09 00 55<br />
Office de Tourisme de La Flotte<br />
Quai de Sénac<br />
17630 La Flotte<br />
Telefon: +33 (0)5 46 09 60 38<br />
Office de Tourisme de Saint-Martin<br />
Quai N. Baudin<br />
17410 Saint-Martin-de-Ré<br />
Telefon: +33 (0)5 46 09 20 06<br />
Maison du Platin<br />
4, cours Félix Faure<br />
17630 La Flotte<br />
Telefon: +33 (0)5 46 09 61 39<br />
Das Museum bietet Führungen zur<br />
Abbaye Notre-Dame-des-Châteliers.<br />
Le Phare des Baleines<br />
17590 Saint-Clément-des-Baleines<br />
Telefon: +33 (0)5 46 29 18 23<br />
Öffnungszeiten variieren je nach<br />
Jahreszeit.<br />
Nantes<br />
A83<br />
Ile de Ré<br />
Cholet<br />
A83<br />
N11/E601 Niort<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
E602/A837<br />
E5/A10<br />
Bordeaux<br />
Donostia-<br />
S. Sebastian<br />
Biarritz<br />
Bayonne<br />
Pau<br />
Pamplona
Unterwegs in Frankreich Hotel<br />
Hôtel Le Richelieu<br />
Ein Hotel mit familiärem Charme<br />
Nur wenige Schritte vom malerischen Hafen von La<br />
Flotte entfernt, kann das Hôtel Le Richelieu mit einer<br />
langen Familientradition aufwarten. Angefangen hat<br />
alles <strong>19</strong>64 mit dem Unternehmergeist eines Mannes, Léon<br />
Gendre, seit <strong>19</strong>77 auch Bürgermeister der kleinen Kommune,<br />
der seinen Traum von einem Hotel verwirklichen wollte. Mit<br />
der Unterstützung seiner Frau setzte er alles auf eine Karte und<br />
investierte sein ganzes Geld und seine Zeit in dieses Projekt.<br />
Seitdem wurde das Hotel sukzessive ausgebaut und zu einem<br />
der bekanntesten Häuser auf der Insel. Seit <strong>19</strong>97 werden die<br />
Geschäfte zwar von seinem Sohn Richard geführt, doch die<br />
Eltern unterstützen ihn jederzeit mit ihren Ratschlägen.<br />
Der Familie ist es wichtig, bei allen notwendigen Veränderungen<br />
im Laufe der Zeit den ursprünglichen Charme<br />
eines Familienhotels zu bewahren. Das Hôtel Le Richelieu<br />
möchte sich von großen Kettenhotels unterscheiden und eine<br />
Wohlfühloase bleiben, die sich perfekt in die Umgebung<br />
einbettet. Schließlich leben die Gendres seit Generationen<br />
auf der Ile de Ré und fühlen sich ihrer Heimat besonders<br />
verpflichtet. In den Zimmern des Hotels stehen vielleicht<br />
nicht überall Flachbildschirme der neuesten Generation,<br />
dafür wird viel Wert auf den persönlichen Empfang und die<br />
Betreuung der Gäste gelegt.<br />
Die familiäre Atmosphäre führte dazu, dass viele Gäste<br />
des Hauses zu Stammkunden wurden. Sie haben – genauso<br />
wie neugierige Erstbesucher – die Wahl zwischen acht<br />
Zimmerkategorien. Diese unterscheiden sich in der Größe,<br />
dem Einrichtungsstil und der Lage. Manche bieten einen<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
E5/A10<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
Caen<br />
Brest<br />
Quimper<br />
Rennes<br />
Lorient<br />
Angers<br />
Blick aufs Meer, andere einen direkten Zugang<br />
zum Garten. Das Design ist insgesamt klassisch.<br />
Für das kulinarische Wohl ist im Hôtel<br />
Le Richelieu ebenfalls gesorgt. Das hoteleigene<br />
Restaurant besitzt sogar einen Michelin-<br />
Stern, was gerade Feinschmecker erfreut. Der<br />
Küchenchef Richard Bouteau verwendet bei<br />
seinen Gerichten gerne lokale Produkte, insbesondere<br />
aus dem Meer. Doch neben einem<br />
Feinschmeckermenü gibt es auch ein kalorienarmes<br />
Angebot für alle, die während ihres<br />
Urlaubs auf ihr Gewicht achten wollen. Um<br />
Gesundheit und körperliches Wohlbefinden<br />
geht es auch im Thalassotherapie-Zentrum<br />
des Hotels. Auch hier wird viel Wert auf eine<br />
heimelige Atmosphäre ohne Massenbetrieb<br />
gelegt. Und wer einfach nur etwas schwimmen<br />
möchte, kann sich über einen Außenpool freuen.<br />
Außerdem gibt es einen kleinen Innenpool<br />
mit Meerwasser.<br />
la Baule<br />
Le Richelieu Hôtel<br />
44, avenue de la Plage<br />
17630 La Flotte<br />
Telefon: +33 (0)5 46 09 60 70<br />
www.hotel-le-richelieu.com<br />
DZ mit Halbpension ab<br />
250 Euro, diverse Sonderund<br />
Pauschalangebote<br />
44 Zimmer, Pool,<br />
Feinschmecker-Restaurant<br />
Nantes<br />
A83<br />
La Flotte<br />
Cholet<br />
A83<br />
N11/E601 Niort<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
E602/A837<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 29
Unterwegs in Frankreich Rosheim<br />
Rosheim<br />
Idylle am FuSS der Vogesen<br />
Es sind die kleinen Entdeckungen, die<br />
auch Kenner auf ihren Reisen durch das<br />
Elsass immer wieder überraschen.<br />
Abseits der beliebten Touristenpfade trifft<br />
man auf ungeahnte Kleinode, die für<br />
Entzückung sorgen. Rosheim ist ein solches<br />
Kleinod. Machen Sie bei Ihrem nächsten<br />
Elsass besuch doch einen Ausflug in<br />
dieses romantische Städtchen, dessen<br />
Stadtwappen eine Rose ziert.<br />
Von Straßburg 25 Kilometer entfernt und mit dem<br />
Auto in gut einer halben Stunde zu erreichen,<br />
liegt Rosheim vor den anmutigen Ausläufern der<br />
Vogesen, die wie Perlen am Horizont aufgereiht sind. Die<br />
fruchtbare Ebene davor, die reichen Wein und Getreideanbau<br />
gestattet, ermöglicht den Bewohnern seit Jahrtausenden<br />
gutes Auskommen und Wohlleben. Die Bürger<br />
des Städtchens profitierten besonders im Mittelalter vom<br />
Reichtum der Landschaft und Rosheim gehörte Jahrhunderte<br />
lang zu den wichtigen Städten des Elsass. Im Jahr<br />
1262 wurden dem Ort die Stadtrechte zugesprochen und<br />
1303 wurde er zur reichsfreien Stadt erhoben. Im 14.<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Links: Rathaus mit Uhrturm. Im ersten Stock befindet sich dort das Zimmer des Bürgermeisters. Rechts: Mittelalterkirche St. Peter und Paul.<br />
Jahrhundert trotzte Rosheim gemeinsam mit anderen elsässischen<br />
Städten Karl IV. die Privilegien eines Städtebundes<br />
ab, der als Zehnstädtebund bis ins 17. Jahrhundert<br />
hinein bestand. Das waren die Jahrhunderte der wirtschaftlichen<br />
Blüte, wovon das Stadtbild heute noch an<br />
allen Ecken zeugt.<br />
Der Lauf der Geschichte verlegte die politischen<br />
und wirtschaftlichen Wichtigkeiten irgendwann an andere<br />
Orte. Das stolze Rosheim geriet in Vergessenheit<br />
und stagnierte in seiner Entwicklung. So würde man<br />
Rosheim mit seinen 4.500 Einwohnern heute eher als<br />
Dorf bezeichnen, obwohl es offiziell den Status einer<br />
Stadt hat. Es ist allerdings ein wunderhübsches Dorf, bei<br />
dem man den Eindruck gewinnt, dass die Zeit ein paar<br />
Jahrhunderte stillgestanden haben muss – so unversehrt<br />
zeigt sich uns heute seine mittelalterliche Architektur.<br />
Das Stadtrecht beinhaltete ein im Mittelalter entscheidendes<br />
Privileg: den Bau einer Stadtmauer. So muss<br />
man noch heute, von Osten und der D35 kommend,<br />
zwei wuchtige Stadttore durchqueren, um in das Städtchen<br />
zu gelangen. Die sind so schmal, dass sich entgegenkommende<br />
Autos bei der Tordurchfahrt aufmerksam<br />
abwechseln müssen. Früher schützten die Einwohner<br />
Rosheims sogar zwei Stadtmauern und acht Tore mit<br />
mächtigen Bögen und Türmen, was einen Eindruck<br />
davon vermitteln mag, wie kriegerisch das Mittelalter<br />
auch im Elsass gewesen sein muss. Die Reste der inneren<br />
Stadtmauer mit Uhr- und Schulturm liegen heute inmitten<br />
des Städtchens und bilden die eigentliche Ortsmitte.<br />
Die wichtigste und längste Straße Rosheims trägt den<br />
Namen Charles de Gaulles. Es ist die Straße, an der sich<br />
eine reichgeschmückte Fassade an die andere reiht. Hier<br />
befindet sich in der Nummer 21-23, in der sogenannten<br />
Oberstadt, das Heidenhaus (Maison romane). Es ist das<br />
älteste Haus in Rosheim, das bei den jüngsten Renovierungsarbeiten<br />
wieder in den Originalzustand versetzt<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 31
Unterwegs in Frankreich Rosheim<br />
wurde. Dazu zählt eine hölzerne<br />
Außentreppe an der Fassade, die<br />
das Erdgeschoss und das Obergeschoss<br />
miteinander verbindet, denn<br />
im Mittelalter war im Inneren des<br />
Gebäudes kein Durchgang zu den<br />
Geschossen vorgesehen. Beliebtes<br />
Fotomotiv ist die wie eine Vogelnest<br />
an der oberen Fassade klebende<br />
hölzerne Latrine. Es handelte<br />
sich damals im wahrsten Sinne des<br />
Wortes um ein « Austreten », wenn<br />
die Leute ihr Geschäft verrichten<br />
wollten. Die Passanten auf der<br />
Straße mussten in diesem Falle auf<br />
der Hut sein … Bei den Bauarbeiten<br />
ist es nun gelungen, das genaue Erbauungsdatum<br />
zu ermitteln: 1152.<br />
Damit gilt das Heidenhaus als das<br />
älteste Steinhaus im ganzen Elsass.<br />
Zur selben Zeit etwa wurde<br />
auch die Kirche St. Peter und Paul<br />
erbaut, die mit ihren steinernen<br />
Bettlern auf dem Kirchendach und<br />
der aus dem 17. Jahrhundert stammenden<br />
Silbermann-Orgel eine<br />
weitere Attraktion ist. Man vermutet<br />
übrigens, dass die Erbauung<br />
des Heidenhauses und der Peter<br />
und Paul-Kirche auf Initiative des<br />
Staufen-Kaisers Friedrich Barbarossa<br />
erfolgt sein könnte, der durch<br />
verschiedene Siedlungsprojekte<br />
versuchte, das Elsass seinem Herrschaftsbereich<br />
zu sichern.<br />
Die Rue du Général de Gaulle<br />
führt in der inneren Stadt durch<br />
zwei weitere Stadttore- bzw. -türme,<br />
von denen einer früher als Gefängnis<br />
diente. In diesem kann man im<br />
Obergeschoss die Gefängniszellen<br />
besichtigen, die dort eingerichtet<br />
waren. Der Kerkermeister wohnte<br />
damals übrigens bei den Gefangenen<br />
im Erdgeschoss des Turmes. Heute<br />
befinden sich dort Büros der Stadtverwaltung.<br />
Vom Gefängnisturm ist<br />
es nicht weit zum Fremdenverkehrs-<br />
Von oben nach unten: Das<br />
alte Gefängnis. Eins von vier<br />
Stadttoren. Maison romane - das<br />
älteste Steinhaus im Elsass. In der<br />
Ferne locken die Vogesen.<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
ubaix<br />
Lille<br />
büro, das im früheren öffentlichen Schlachthaus aus dem<br />
16. Jahrhundert untergebracht ist. Gleich gegenüber befindet<br />
sich der Sechseimer-Brunnen. Noch bis <strong>19</strong>10 haben sich<br />
die Bewohner Rosheims hier mit Wasser versorgen können,<br />
wobei ihnen die drei Eimerpaare Antwerpen das Wasserschöpfen erleichterten.<br />
Der Brunnen wurde 1605 im Renaissancestil<br />
erbaut Gent und ist ein schönes Beispiel elsässischer Handwerkskunst.<br />
Hinter ihm befindet sich das Rathaus von Rosheim,<br />
ein Bau von 1760 im Régence-Stil.<br />
Eigentlich ist in Rosheim jedes Haus eine eingehende<br />
Betrachtung wert. Bruxel Da finden sich reich-geschmückte<br />
Wappen und Zunftzeichen, üppige Fassadenmalereien<br />
und aufwendig geschnitzte Balkone. Die Menschen Liege in<br />
Rosheim pflegen ihre Häuser mit Liebe und das Schöne<br />
daran ist, dass die Gebäude in alltäglicher Nutzung sind.<br />
Rosheim ist kein eigentlicher Charlroi Touristenort. Es ist ein<br />
ganz normales elsässisches Städtchen, das zufällig wunderhübsch<br />
ist und in dem das Leben seinen gewohnten<br />
Gang geht. Das macht das Städtchen so sympathisch.<br />
In manchem kleinen Café an der Rue du Général de<br />
Gaulles lässt sich nach dem Stadtrundgang eine Pause<br />
einlegen und dem Treiben der Rosheimer zusehen. Wen<br />
es aber nach einem besonderen kulinarischen Erlebnis<br />
Charleville-<br />
Mézières<br />
gelüstet, der findet in der Stadt dazu eine ungeahnte Gelegenheit.<br />
Rosheim hat nämlich mit der Hostellerie du<br />
Rosenmeer ein restaurant gastronomique (dt. Feinschmeckerlokal)<br />
zu bieten, das der Guide Michelin mit einem<br />
Stern ausgezeichnet hat. Hier kann man nicht nur die<br />
berühmte elsässische Küche genießen und aus dem reichen<br />
Weinkeller edle Tropfen verkosten, hier kann man<br />
nach beendetem Schmaus auch in einem der 20 Zimmer<br />
übernachten oder in der Boutique berühmte elsässische<br />
Spezialitäten, wie die Foie Gras, erwerben.<br />
Muss man von Osten her Rosheim durch das Nadelöhr<br />
der Stadttore betreten, so kommt man im Westen<br />
aus dem Ort ganz leicht wieder hinaus: die Rue du<br />
Général de Gaulle endet ganz unspektakulär inmitten<br />
der fruchtbaren Felder. Die Stadtmauer vermag Rosheim<br />
nur von der einen Seite zu schützen, die übrigen<br />
Teile der Befestigungen hat den vielen kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen oder dem Zeitenwandel der<br />
Jahrhunderte nicht standhalten können. Wieder präsentieren<br />
sich die Vogesenausläufer mit ihren lieblichen<br />
Rundungen und beim Blick zurück auf Rosheim erfreut<br />
sich das Auge noch einmal … an diesem hübschen elsässischen<br />
Kleinod.<br />
Luxembourg<br />
Rosheim<br />
<br />
liegt südwestlich von Straßburg,<br />
das man über die deutsche<br />
Rhein-Tal-Autobahn A5 (Frankfurt-Basel)<br />
aus Deutschland und Österreich<br />
er reicht. Von Reims Straßburg gelangt man<br />
dann über die Autobahn A352, die<br />
Schnel l straße D500 und die Landstraße<br />
D39 nach Rosheim. Aus der Schweiz<br />
nimmt man die Autobahn Châlons-en-<br />
Champagne A35 von<br />
Basel in Richtung Straßburg, biegt einige<br />
Kilometer vor Straßburg auf die D500<br />
ab und nimmt anschließend die D39<br />
nach Rosheim.<br />
Rosheim …<br />
… Berlin 780 km<br />
… Köln Troyes 380 km<br />
… Wien 840 km<br />
… Hamburg 735 km<br />
… München 400 km<br />
… Zürich 205 km<br />
Der westlich von Straßburg gelegene<br />
Flug hafen liegt quasi vor der Haustür<br />
von Rosheim. Es bestehen aus dem<br />
deutsch sprachigen Raum allerdings<br />
kei ne direkten Flug ver bindungen nach<br />
Straßburg. Alternativ bieten sich die von<br />
mehreren Städten im deutsch sprachigen<br />
Raum an geflo genen Flughäfen<br />
Mulhouse/Basel oder Karlsruhe/Baden-<br />
Baden an.<br />
Dijon<br />
Aus dem deutschsprachigen Raum<br />
gibt es direkte Zugverbindungen nach<br />
Straßburg. Von dort verkehren Vorortzüge<br />
nach Rosheim.<br />
www.rosheim.com<br />
Metz<br />
Office de Tourisme<br />
94, rue du Général de Gaulle<br />
67560 Rosheim<br />
Telefon: +33 (0)3 88 50 75 38<br />
Nancy<br />
Hostellerie du Rosenmeer<br />
45, avenue de la Gare<br />
67560 Rosheim<br />
Telefon: +33 (0)3 88 50 43 29<br />
www.le-rosenmeer.com<br />
Chefkoch Huber Maetz serviert eine<br />
innovative Küche mit Kräutern und<br />
wilden Blumen der Saison. Spezialität:<br />
Gänseleberpastete.<br />
Öffnungszeiten:<br />
12.00 – 13.45 Uhr & <strong>19</strong>.30 – 21.30 Uhr<br />
Ruhetage: Montag, Mittwoch,<br />
Sonntagabend<br />
Besançon<br />
Saarbrücken<br />
Karlsruh<br />
A35<br />
A4/E25<br />
A5/E35<br />
Straßburg<br />
Rosheim<br />
A35<br />
Frankreich Deutschlan<br />
Colmar<br />
Freiburg<br />
A35/E25<br />
Mulhouse<br />
A36/E60<br />
Belfort<br />
Basel<br />
Schweiz<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 33<br />
Bern
Unterwegs in Frankreich Aigues-Mortes<br />
Aigues-Mortes<br />
Später Ruhm für die Stadt der « Toten Wasser »<br />
Die Geschichte meinte es nicht immer gut mit der Festungsstadt im Westen<br />
der Camargue. Im <strong>19</strong>. Jahrhundert drohte Aigues-Mortes gar die totale<br />
Bedeutungslosigkeit. Doch Totgesagte leben bekanntlich länger. Und so<br />
pulsiert heute das Leben in den mittelalterlichen Gassen der charmanten<br />
Altstadt, die von einer komplett erhaltenen Stadtmauer eingefasst wird.<br />
Aigues-Mortes ist ein Reiseziel, das man nicht verpassen sollte.<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 35
Unterwegs in Frankreich Aigues-Mortes<br />
Aigues-Mortes wirkt wie eine Fata Morgana oder wie<br />
ein gestrandetes Ufo, das hier nicht hingehört. Die<br />
Stadt hat etwas Irreales, hebt sie sich doch stark von<br />
ihrer Umgebung ab. Am meisten empfindet man dies, wenn<br />
man sich von der Küste aus über die D979 den Festungsmauern<br />
nähert. Es ist die schönste Anfahrt nach Aigues-<br />
Mortes, die man, selbst wenn man aus der entgegengesetzten<br />
Himmelsrichtung anreist, mit einem kleinen Umweg wählen<br />
sollte. Denn plötzlich taucht auf dieser Strecke die stolze<br />
Stadtmauer im Flimmern der Hitze vor einem auf. Ein bizarrer<br />
Anblick zwischen den Lagunen und Salzwiesen rechts<br />
und links der Straße.<br />
Hat man sein Auto dann kurz danach auf einem der<br />
Parkplätze am Rande der Befestigungsmauer abgestellt<br />
und schreitet durch eines der Stadttore ins Zentrum von<br />
Aigues-Mortes, meint man, eine Reise in eine andere Zeit<br />
anzutreten. Man fühlt sich durch die dicken Mauern vom<br />
Rest der Welt abgeschottet, gar beschützt. Die Altstadt<br />
der einstigen Hafenstadt ist ein Universum für sich. Hier<br />
scheint der Rest der Welt fern.<br />
Vielleicht hängt die besondere Ausstrahlung der kleinen<br />
Stadt auch mit der tragischen Geschichte des Ortes<br />
zusammen. Denn genauer betrachtet, stand Aigues-Mortes’<br />
Schicksal seit der Gründung nie wirklich unter einem guten<br />
Stern. Angefangen hat alles mit einer mörderischen Motivation:<br />
Ludwig IX., auch Ludwig der Heilige genannt,<br />
kaufte Ländereien im Westen der Camargue, um hier einen<br />
Hafen für seine Kreuzzüge zu errichten. Als erstes entstand<br />
der Tour de Constance, bis heute eines der Symbole<br />
von Aigues-Mortes, der die Stadtmauer nach Norden abschließt.<br />
Doch die Stadt sollte Ludwig IX. nicht viel Glück<br />
bringen. Zwar brach er von hier zweimal zu Kreuzzügen<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
S. 34/35: Stadtmauer mit<br />
der Porte de la Reine.<br />
Links: Die Place Saint-Louis<br />
bildet das Herz der Altstadt.<br />
Oben und unten: Schmucke Häuser<br />
säumen die Gassen der Altstadt, zu<br />
der mit ihrem Auto nur Anwohner<br />
Zufahrt haben. Alle anderen müssen ihr<br />
Fahrzeug vor den Stadttoren abstellen.<br />
p&v – Groupe Pierre & Vacances –<br />
garantiert seit mehr als 40 Jahren<br />
individuelle Ferienerlebnisse in Frankreich,<br />
Italien und Spanien. Erleben Sie<br />
sonnenreiche Wochen am Meer, in den<br />
Bergen oder der City. Mit den Feriendörfern,<br />
Residenzen und Hotels von<br />
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Provence:<br />
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Feriendorf<br />
Pont-Royal<br />
1 Woche im Studio<br />
für bis zu 5 Personen<br />
ab 290 L<br />
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Paris<br />
1 Nacht im Studio<br />
für 2 Personen<br />
ab 77 L<br />
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Restaurant-Tipps<br />
In den Gassen und auf den Plätzen von Aigues-Mortes locken zahlreiche Restaurants,<br />
so dass man als Besucher die Qual der Wahl hat. Drei gefallen allerdings besonders:<br />
Le Galion (24, rue Pasteur, Telefon: +33 (0)4 66 53 86 41): Klassisches französisches<br />
Restaurant mit leckeren Speisen. Spezialität: la pierrade, eine Zubereitung auf<br />
einem heißen Stein.<br />
Paradiski:<br />
Maeva Residenz<br />
Plagne Lauze<br />
1 Woche im Studio<br />
für 2 Personen<br />
ab 275 L<br />
Le S (38, rue de la République, Telefon: +33 (0)4 66 53 74 60): Nettes Restaurant in<br />
modernem Dekor. Für alle, die ein außergewöhnliches Design schätzen.<br />
Le Bateau Ivre (Quai des Bateliers, Telefon: +33 (0)4 66 71 63 31): Restaurant und<br />
Bar auf einem Schiff außerhalb der Altstadt mit einem wunderbaren Blick auf die<br />
Stadtmauer und den Tour de Constance.<br />
Information, Katalog, Reservierung:<br />
Tel: 01805 - 90 10 11*<br />
(*0,14 Euro/Min. vom dt. Festnetz)<br />
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Unterwegs in Frankreich Aigues-Mortes<br />
auf, doch sein zweiter Aufbruch wurde eine Reise ohne<br />
Wiederkehr. Der König verstarb vor den Toren von Tunis<br />
an einer Infektionskrankheit.<br />
Seine Nachfolger trieben das Projekt einer Hafenstadt<br />
an der Mittelmeerküste für die französische Krone zwar<br />
weiter voran, doch bereits kurz nach der Fertigstellung<br />
versandete der Hafen. Die Stadt « saß auf dem Trockenen »<br />
und konnte ihre ursprüngliche Bestimmung langfristig<br />
nicht beibehalten. Aigues-Mortes war quasi eine Totgeburt.<br />
Als sei dies nicht schon schlimm genug gewesen, brachen<br />
in der sumpfigen, öden Umgebung Malariaepidemien aus.<br />
Aigues-Mortes wurde zu einem unwirtlichen Ort, der<br />
schnell an Bedeutung verlor. Da verwundert es nicht, dass<br />
die dicke Stadtmauer ihre Belastbarkeit niemals unter Beweis<br />
stellen musste. Wer sollte schon diesen Ort einnehmen<br />
wollen? Aigues-Mortes wirkt von Weitem bedrohlich und<br />
mächtig und ist doch nicht mehr als eine Kulisse, die sich<br />
nie im Kampf beweisen musste.<br />
Doch einige Städte erleben die Gunst der späten Stun-<br />
La Pointe de l’Espiguette: Endloses Strandvergnügen<br />
de. Aigues-Mortes musste viele Jahrhunderte auf seinen<br />
Durchbruch warten. Mit der Entwicklung des Tourismus<br />
emanzipierte sich die Hafenstadt ohne wirklichen Hafen<br />
von ihrem eigenen Schicksal und etablierte sich als eine<br />
der Hauptsehenswürdigkeiten der Camargue. Nur wenige<br />
europäische Städte können heute eine derart vollkommene<br />
Stadtmauer aufweisen. Sie gilt als ein Meisterwerk aus dem<br />
13. Jahrhundert.<br />
Wahrscheinlich war es auch das Fehlen großer kriegerischer<br />
Auseinandersetzungen, das das mittelalterliche<br />
Flair bis heute bewahrte. Die rechteckige Altstadt ist ein<br />
wunderbares Ensemble. Es gibt kaum moderne Bauten, die<br />
den Gesamteindruck schmälern könnten. Geruhsam lässt<br />
es sich durch die Gassen im Schachbrettmuster schlendern.<br />
Verlässt man dabei ein wenig die vielbesuchten Hauptrouten,<br />
kann man noch ganz gut die einstige Ruhe dieses Ortes<br />
nachempfinden. Autolärm oder andere Nebenwirkungen<br />
der modernen Zivilisation sind hier fern. Am Hauptplatz<br />
des Ortes, die Place Saint-Louis, wo sich auch das Rathaus<br />
befindet, stellen<br />
Restaurantbesitzer<br />
– wie auch in vielen<br />
angrenzenden Gassen<br />
– ihre Stühle<br />
und Tische vor<br />
die Tür. Aigues-<br />
Mortes zeigt sich<br />
durch und durch<br />
idyllisch. Auch ein<br />
paar wenige Hotels<br />
gibt es innerhalb<br />
der Festungsmauern<br />
– für alle, die<br />
abends nicht in die<br />
Neustadt wechseln<br />
möchten, sondern<br />
in der mittelalterlichen<br />
Welt verweilen<br />
wollen.<br />
Zum Pflichtprogramm<br />
eines<br />
jeden Besuchs<br />
sollte natürlich ein<br />
Rundgang auf der<br />
Stadtmauer gehören.<br />
Die Befestigungsanlage<br />
ist von<br />
keinem Punkt der<br />
Altstadt weit entfernt<br />
– meist sieht<br />
man die mächtige<br />
Mauer bereits am<br />
Ende der Gasse.<br />
Der Zugang ist<br />
allerdings kostenpflichtig<br />
und nicht<br />
Wer einen Besuch von Aigues-Mortes mit einem Bad im Mittelmeer verbinden möchte, sollte die Pointe<br />
de l’Espiguette südlich von Le Grau-du-Roi aufsuchen. Ein kilometerlanger und gerade anfangs endlos<br />
breit wirkender feiner Sandstrand lässt keine Wünsche offen – egal ob nach einem Sonnenbad oder<br />
einem langen Strandspaziergang. Der südliche Abschnitt wird von FKK-Anhängern frequentiert.<br />
Anfahrt: Von Aigues-Mortes über die D979 nach Le Grau-du-Roi. Am Kreisel ortseingangs nach links auf die<br />
D62b. Am dritten Kreisel die Route de l’Espiguette nehmen und bis zum Ende fahren. Der große Parkplatz ist<br />
kostenpflichtig.<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Die Stadtmauer von<br />
Aigues-Mortes ist<br />
komplett erhalten<br />
und überall im<br />
Ort gegenwärtig.<br />
Besonders schön<br />
ist ein Spaziergang<br />
auf der Mauer.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 39
Tours<br />
Unterwegs in Frankreich Aigues-Mortes<br />
Dijon<br />
Poitiers<br />
Angoulême<br />
gerade preiswert, lohnt sich aber dennoch. Auf der 1.634<br />
Meter langen Stadtmauer lässt sich die Altstadt Bourges einmal<br />
ganz umrunden. Unterwegs hat man dabei nicht nur einen<br />
herrlichen Ausblick auf die Häuser und Gassen, sondern<br />
auch auf die flache Umgebung von Aigues-Mortes.<br />
Wer danach noch Zeit hat oder vielleicht sogar ein paar<br />
Tage länger in Aigues-Mortes bleibt, sollte die Altstadt<br />
auch außerhalb der Stadtmauer umrunden. Im Westen<br />
bilden Freizeitboote auf dem Chenal Maritime, eine Kanalverbindung<br />
nach Le Grau-du-Roi an der Mittelmeerküste,<br />
eine attraktive Kulisse und erinnern an die ursprüngliche<br />
Bestimmung des Ortes als Hafen. Im Norden schließen<br />
Limoges<br />
Montluçon<br />
sich die Straßen der Neustadt direkt an die Stadtmauer an,<br />
während der Weg im Süden und Osten durch Felder verläuft.<br />
Spätestens wenn man gegenüber der Porte de la Reine<br />
inmitten von Blumenfeldern steht und die imposante Befestigungsanlage<br />
vor sich sieht, ist man Ludwig dem Heiligen<br />
trotz seiner kreuzzüglerischen Absichten für die Idee zur<br />
Gründung dieser Stadt dankbar.<br />
Clermont-<br />
Ferrand<br />
Chalon-sur-Seine<br />
Lyon<br />
Blick auf den Tour de Constance, dem<br />
Wahrzeichen von Aigues-Mortes. Im Vordergrund<br />
das Restaurantschiff « Le Bateau Ivre ».<br />
St. Etienne<br />
s<br />
Aus<br />
<br />
Deutschland und der Schweiz<br />
erreicht man die Camargue über die<br />
Rhône-Tal-Autobahn. Von der Autobahn<br />
A9 (Orange-Montpellier) führen die<br />
D6313 und D979 anschließend direkt<br />
nach Aigues-Mortes. Aus Österreich<br />
ist eine Anreise über Norditalien und<br />
entlang der Côte d’Azur vorteilhafter.<br />
Von Arles aus geht es dann über die<br />
D570 und D58 nach Aigues-Mortes.<br />
Wer sich der Altstadt wie im Artikel<br />
beschrieben nähern möchte, sollte kurz<br />
vor Aigues-Mortes die D62 nach Le Graudu-Roi<br />
nehmen, um sich anschließend<br />
über die D979 vom Südwesten aus der<br />
Festungsstadt zu nähern.<br />
Aigues-Mortes …<br />
… Berlin 1.520 km<br />
… Köln 1.020 km<br />
… Wien 1.460 km<br />
… Hamburg 1.470 km<br />
… München Toulouse 1.030 km<br />
… Zürich 720 km<br />
Die nächsten Flughäfen sind in Nîmes<br />
und Montpellier. Während es nach<br />
Nîmes keine Verbindungen aus dem<br />
deutschsprachigen Raum gibt, bietet Air<br />
France Flüge via Paris nach Montpellier<br />
an. Raynair bedient zudem die Strecke<br />
von Hahn nach Montpellier. Alternativ<br />
bietet sich auch der Flughafen<br />
von Marseille an, der ebenfalls von<br />
Lufthansa angeflogen wird.<br />
Der nächste TGV-Bahnhof ist in Nîmes,<br />
das man in drei Stunden mit dem<br />
Hochgeschwindigkeitszug von Paris<br />
aus erreicht. Von Nîmes geht es mit<br />
einem Regionalexpress oder mit dem<br />
Bus weiter nach Aigues-Mortes.<br />
www.ot-aiguesmortes.fr<br />
Office de Tourisme<br />
Place Saint-Louis<br />
30220 Aigues-Mortes<br />
Telefon: +33 (0)4 66 53 73 00<br />
Besichtigung der Stadtmauer<br />
Zugang: Im Nordwesten der Altstadt,<br />
unweit der Porte de la Gardette. Bézier<br />
Öffnungszeiten variieren je nach<br />
Jahreszeit. Narbonne<br />
Eintrittspreise: 6,50 Euro, ermäßigt<br />
4,50 Euro, bis 17 Jahre kostenlos<br />
Montpellier<br />
A9/E15<br />
Valence<br />
A7/E15<br />
Orange<br />
A9/E15<br />
Avignon<br />
Nîmes<br />
A54/E805 Arles<br />
Aigues-Mortes<br />
Marseille<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong><br />
Perpignan
Unterwegs in Frankreich Paris<br />
Für drei Euro<br />
mit dem Mietfahrrad<br />
entlang der Seine<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Seit einiger Zeit sorgt ein System von<br />
Mietfahrrädern, Vélib’ genannt, in Paris<br />
für Furore. Dank zahlloser Ausleihstationen<br />
und guter Konditionen sorgte es<br />
für eine regelrechte Fahrradrevolution<br />
in der französischen Hauptstadt. Dank<br />
der Leihräder können aber auch Touristen<br />
die Seine-Metropole auf zwei Rädern<br />
entdecken – und dies fast kostenlos,<br />
keine Selbstverständlichkeit im<br />
teuren Paris. Wir haben Vélib’ für Sie<br />
getestet und schickten einen unserer<br />
Redakteure auf Erkundungstour.<br />
Ein paar Euro und stramme Waden,<br />
mehr brauche ich nicht für<br />
diese Reportage. Ich freue mich<br />
auf diese Tour, denn nachdem ich früher<br />
lange in Paris gelebt habe, war ich schon<br />
seit einiger Zeit nicht mehr mit einem<br />
« touristischen » Blick in der französischen<br />
Hauptstadt unterwegs. Freunde<br />
haben mir erzählt, wie sehr sich Paris<br />
durch die Einführung von Vélib’ verändert<br />
hätte. Ich bin neugierig darauf.<br />
Kaum bin ich aus der Metrostation nach<br />
oben gestiegen, sehe ich mich bereits<br />
von Radfahrern « umzingelt ». Ein Anblick,<br />
den ich in Paris von früher so<br />
nicht kenne. Wer hätte das gedacht?<br />
Dabei rief die Einführung der<br />
Mietfahrräder viele Kritiker auf den<br />
Plan. Die Leihfahrräder seien zu<br />
schwer, zu benutzerunfreundlich, nicht<br />
für das Fahren in der Stadt geeignet,<br />
gar ein parteipolitisches Spielzeug<br />
ohne ernsthaftes Konzept – die Liste<br />
der angeführten Argumente gegen Vélib’<br />
war lang. Heute scheint die Skepsis<br />
wie verflogen. Die Pariser bedienen<br />
sich ganz natürlich der 21.000 Fahrräder<br />
mit einer Station alle 300 Meter<br />
– so, als hätte es dieses System schon<br />
immer gegeben.<br />
Morgens und abends nach Feierabend<br />
sieht man sogar Büroangestellte<br />
mit Anzug oder Kostüm durch die<br />
Straßen flitzen. Einige Firmen sind<br />
selbst soweit gegangen, ihre Mitarbeiter<br />
ausdrücklich zu ermutigen, die<br />
Leihfahrräder für den Arbeitsweg zu<br />
verwenden – als Beitrag zum Umweltschutz.<br />
Die Regierung schlug kürzlich<br />
vor, dass Arbeitgeber den Jahresbeitrag<br />
in Höhe von 29 Euro für ihre Angestellten<br />
übernehmen sollten – ähnlich<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 43
Unterwegs in Frankreich Paris<br />
dem Zuschuss für eine Monatskarte<br />
im öffentlichen Nahverkehr.<br />
Doch während die Pariser Vélib’<br />
längst in ihren Alltag integriert haben,<br />
trauen sich erst wenige Touristen an<br />
die Fahrräder heran. Viele glauben,<br />
dass Vélib’ eher für die Einheimischen<br />
konzipiert sei, und befürchten, dass<br />
der Ausleihmodus kompliziert und<br />
das Mieten teuer sein könnte. Keines<br />
dieser Vorurteile stimmt: Vélib’ steht<br />
Touristen gegenüber genauso offen wie<br />
den Parisern, das Ausleihen ist kinderleicht<br />
(man braucht lediglich eine Visa-<br />
Karte) und die Tarife sind günstig.<br />
Für Kurzzeitbenutzer lohnt sich am<br />
ehesten der Tagespass: Für nur einen<br />
Euro kann man einen ganzen Tag lang<br />
ein Fahrrad so oft ausleihen, wie man<br />
möchte. Man muss dabei nur beachten,<br />
spätestens alle 30 Minuten sein Zweirad<br />
an einer der vielen automatisierten Stationen<br />
zu wechseln. Andernfalls kosten<br />
die ersten 30 Extra-Minuten einen<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Euro, die nächsten 30 Minuten sogar<br />
zwei Euro und alle weiteren 30 Minuten<br />
vier Euro. Diese Kosten fallen aber<br />
nur an, wenn man sein Fahrrad nicht<br />
wechselt. Es ist dagegen kein Problem<br />
und vollkommen kostenneutral, ein<br />
Fahrrad abzugeben und an der gleichen<br />
Station sofort ein neues auszuleihen.<br />
So werde ich an diesem Tag die<br />
Uhrzeit nicht aus den Augen verlieren<br />
und mache mich auf den Weg zu meiner<br />
ersten Mietstation. Als Strecke habe ich<br />
mir eine Durchquerung der Stadt entlang<br />
der Seine ausgedacht, einmal vom<br />
Westen in den Osten. Für mich ist der<br />
Fluss die schönste « Avenue » von Paris,<br />
eine Schneise, entlang derer man den<br />
Charme der Metropole am besten erfasst.<br />
Außerdem befindet sich ein Großteil<br />
der wichtigsten Sehenswürdigkeiten<br />
direkt oder in unmittelbarer Nähe zum<br />
Ufer. Eine Fahrt e ntlang der Seine ist<br />
also auch eine Fahrt zu den architektonischen<br />
Höhepunkten von Paris.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 45
Unterwegs in Frankreich Paris<br />
16 .<br />
15.<br />
17.<br />
8. 9. 10 .<br />
2.<br />
1. 3.<br />
4.<br />
7.<br />
6.<br />
5.<br />
14.<br />
18 .<br />
13 .<br />
<strong>19</strong>.<br />
11.<br />
12 .<br />
20.<br />
Pont<br />
d’Iéna<br />
Avenue de New York<br />
Quai Branly<br />
Pont de<br />
l’Alma<br />
Avenue Montaigne<br />
Cours Albert 1er<br />
SEINE<br />
Quai d’Orsay<br />
Avenue Gabriel<br />
Avenue des Champs Élysées<br />
Avenue Franklin<br />
Roosvelt<br />
Avenue<br />
W.Churchill<br />
Quai d’Orsay<br />
Place de la<br />
Concorde<br />
Quai des Tuileries Quai du Louvre<br />
SEINE<br />
Av de Président Kennedy<br />
Pont de<br />
Grenelle<br />
Pont de<br />
Bir-Hakeim<br />
Allée des Cygnes<br />
Quai André Citroën<br />
Ile de la Cité<br />
Quai de Gesvres Quai de l’hôtel de vi le<br />
Ile Saint-Louis<br />
Pont Mirabeau<br />
SEINE<br />
S. 42/43: Blick vom Pont Alexandre<br />
III auf den Eiffelturm.<br />
S. 44/45: Uferweg an der Seine<br />
unterhalb der Tuilerien.<br />
Links: Der Parc André Citroën ist der<br />
Ausgangspunkt der Fahrradtour. Im<br />
Hintergrund sieht man die modernen<br />
Gewächshäuser des Parks.<br />
Mitte: Die Farbe des Heißluftballons,<br />
der einen schönen Rundblick auf die<br />
Umgebung erlaubt, zeigt die aktuelle<br />
Luftqualität in der Metropole an.<br />
Rechts: Pont Mirabeau, der<br />
mehrfach besungen wurde.<br />
Auch wenn es quasi an jeder Ecke<br />
eine Mietstation gibt, hatte ich mich<br />
vorher im Internet, wo man auch sehen<br />
kann, wie viele Fahrräder aktuell an einer<br />
Station bereit stehen, über die Lage<br />
einer guten Ausgangsbasis informiert.<br />
Zielstrebig gehe ich in der Rue Balard<br />
zur Hausnummer 88, wo ich schon<br />
von weitem die silberfarbenen Zweiräder<br />
sehe. Hier im Westen von Paris<br />
befinde ich mich gleich am Rande des<br />
Parc André Citroën. Dieser Park, der<br />
erst <strong>19</strong>92 eröffnet wurde, versinnbildlicht<br />
auf seine Weise die Entwicklung<br />
der französischen Hauptstadt während<br />
der letzten Jahrzehnte.<br />
Denn wo es heute so schön grünt,<br />
befand sich vor noch gar nicht so langer<br />
Zeit ein Industriegebiet. André<br />
Citroën produzierte hier im Ersten<br />
Weltkrieg Munition, bis zu 20.000<br />
Granaten täglich. Als der Frieden wieder<br />
einkehrte, wandelte er seine Fabrik<br />
um und begann mit der Herstellung<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
von Autos. Dafür wurde auf der Fläche<br />
des heutigen Parks eine 55.000 Quadratmeter<br />
große Fabrikanlage errichtet,<br />
mitten in Paris. Es war auch hier, wo<br />
der legendäre DS « geboren » wurde,<br />
bevor man die Produktionsstätte später<br />
in den Pariser Speckgürtel verlagerte.<br />
Der Hauptsitz des Unternehmens blieb<br />
noch bis <strong>19</strong>82 im 15. Arrondissement.<br />
Doch heute ist auch das Geschichte.<br />
Ich durchquere mit meinem Fahrrad<br />
den Park, dessen Name also an<br />
die große Vergangenheit des Ortes<br />
erinnert. Es ist einer der modernsten<br />
Parks der Stadt. Auf einer Fläche von<br />
14 Hektar wurde hier eine sehr zeitgenössische<br />
Vision von Landschaftsarchitektur<br />
verwirklicht. Dazu gehören<br />
moderne Gewächshäuser, große<br />
Rasenflächen und dicht bewachsene<br />
Alleen, aber auch Betonmauern. Mit<br />
einem an einem Seil befestigten Heißluftballon<br />
kann man zudem aufsteigen<br />
und einen Panoramablick auf die Kapitale<br />
genießen. Die Farbe des Ballons<br />
zeigt dabei die aktuelle Luftqualität in<br />
der Metropole an.<br />
Der Parc André Citroën hat als<br />
weitere Besonderheit, sich direkt zur<br />
Seine hin zu öffnen. So gelange ich direkt<br />
ans Ufer des Flusses. Hier befand<br />
sich früher ein Hafen, der Port de Javel,<br />
in dem schon seit dem 15. Jahrhundert<br />
Schiffe festmachten. 1824 begann<br />
Karl X. außerdem, an dieser Stelle sein<br />
berühmtes Desinfektionswasser, L’eau<br />
de Javel, herzustellen. Der Erfolg desgleichen<br />
erforderte die Konstruktion<br />
einer Manufaktur. Heute ist dagegen<br />
die Idylle zurückgekehrt. Die Seine<br />
fließt behäbig dem Ärmelkanal entgegen<br />
und nur der Autoverkehr von<br />
der anderen Uferseite sorgt für eine<br />
dezente Geräuschkulisse. Schiffe sieht<br />
man hier kaum noch, aber der Name<br />
ist geblieben.<br />
Ich fahre mit meinem Rad flussaufwärts.<br />
Die Hafenaktivitäten sind<br />
jedoch noch nicht ganz verschwunden.<br />
Entlang dem Quai André Citroën<br />
werden Baumaterialien mit<br />
dem Schiff angeliefert und gelöscht.<br />
Ein bisschen weiter passiere ich die<br />
Büros der Hafenverwaltung von Paris<br />
(Port Autonome de Paris). Es hat<br />
durchaus etwas Skurriles, Kiesel- und<br />
Sandberge unweit des Eiffelturms zu<br />
sehen. Kurz danach erreiche ich die<br />
erste Brücke über die Seine, den Pont<br />
Mirabeau.<br />
Die Überquerung verbindet das 15.<br />
Arrondissement am linken Ufer mit<br />
dem schicken 16. Arrondissement am<br />
rechten Ufer. Ihre Berühmtheit verdankt<br />
die Brücke dem Gedicht « Le<br />
pont Mirabeau » von Guillaume<br />
Apollinaire: « Sous le pont Mirabeau<br />
coule la Seine / et nos amours<br />
/ faut-il qu’il m’en souvienne / la joie<br />
venait toujours après la peine » (dt.<br />
Unter’m Pont Mirabeau fließt die<br />
Seine / Was Liebe hieß / muss ich<br />
es in ihr wiedersehn? / Muss immer<br />
der Schmerz vor der Freude steh’n?).<br />
Diese Zeilen kennen fast alle Pariser.<br />
Der Sänger George Brassens<br />
bezieht sich in seinem Chanson « Les<br />
Ricochets » auf diesen Vers und auch<br />
Marc Lavoine nennt 2001 eines seiner<br />
Lieder « Le pont Mirabeau ».<br />
Ich bemerke plötzlich, dass bereits<br />
25 Minuten seit dem Ausleihen meines<br />
Fahrrades vergangen sind. Mir bleiben<br />
also fünf Minuten, eine Mietstation<br />
zu finden und mein Zweirad gegen ein<br />
neues einzutauschen. Nur einige Meter<br />
gegenüber dem Pont Mirabeau entdecke<br />
ich in der Avenue Emile Zola eine<br />
solche. Schon nach einer Minute sitze<br />
ich wieder auf einem neuen Drahtesel.<br />
Theoretisch kann man sogar das gleiche<br />
Rad wieder nehmen. Entscheidend<br />
ist nur, dass es einmal ordnungsgemäß<br />
an der Station zurückgegeben und<br />
registriert wurde. Die Auflage mit<br />
den 30 Minuten wurde übrigens nicht<br />
eingeführt, um den Benutzern das<br />
Leben schwer zu machen. Sie sind Teil<br />
des Konzepts. Die Stadt will damit<br />
verhindern, dass die Fahrräder nutzlos<br />
irgendwo herumstehen, anstatt einem<br />
anderen Benutzer dienlich zu sein. Im<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 47
Unterwegs in Frankreich Paris<br />
Oben von links nach rechts: Am südlichen Ende der Allée des Cygnes steht das<br />
Modell der New Yorker Freiheitsstatue. Von der künstlichen Insel hat man einen<br />
schönen Blick auf den Eiffelturm. Blick auf den Pont de Bir Hakeim und das<br />
Hochhausviertel Beaugrenelle. Pont Bir Hakeim, der Fahrradweg verläuft unter dem<br />
Viadukt für die Metro. Blick vom rechten Ufer auf den Eiffelturm. An der Skulptur<br />
auf der Place de l’Alma legen Diana-Fans in Gedenken an ihren Tod bis heute<br />
Blumen nieder. Unten von links nach rechts: Pont Alexandre III. Am unteren Ende<br />
der Champs-Elysées säumen Gründanlagen und Alleen den Prachtboulevard.<br />
Alltag dauern einzelne Fahrten selten<br />
länger als eine halbe Stunde.<br />
Ich setze anschließend meine<br />
Fahrt entlang der Seine fort. Auf der<br />
rechten Seite liegt das Quartier de<br />
Beaugrenelle. Ein Hochhausviertel<br />
aus den <strong>19</strong>70er-Jahren, das nicht mehr<br />
unbedingt heutiger städtebaulicher<br />
Ästhetik entspricht. In den Türmen<br />
sind überwiegend Wohnungen untergebracht,<br />
rund 10.000 Pariser haben<br />
hier ihr Zuhause. Zurzeit finden<br />
umfangreiche Umbauarbeiten statt,<br />
um das Viertel wieder attraktiver zu<br />
gestalten. Die Geschäfte sollen sich<br />
zukünftig an den Themen « Wellness »<br />
und « Lebensart » orientieren. Ein<br />
nicht ganz einfaches Konzept inmitten<br />
grauer Betontristesse.<br />
Auf der anderen Seite des Flusses<br />
sehe ich das beeindruckende Gebäude<br />
des französischen Rundfunks, die<br />
Maison de la Radio. Ich nehme den<br />
Pont de Grenelle dorthin, allerdings<br />
nur bis zur Flussmitte. Denn hier<br />
beginnt eine bei Touristen fast unbekannte<br />
künstliche Insel, die eine<br />
längliche mit Bäumen beflanzte Allee<br />
inmitten des Flusses bildet: die Allée<br />
des Cygnes, die bis zur nächsten Brücke,<br />
dem Pont de Bir Hakeim, führt.<br />
Außerdem befindet sich am südlichen<br />
Ende der 890 Meter langen Insel eine<br />
Miniaturausgabe der New Yorker<br />
Freiheitsstatue. Es ist ein magischer<br />
Ort inmitten des Großstadtrubels. Ein<br />
paar Spaziergänger genießen die Ruhe<br />
genauso wie ich.<br />
Am Pont de Bir Hakeim muss<br />
ich von meinem Leihrad absteigen<br />
und es ein paar Stufen auf die Brücke<br />
tragen. 22 Kilo wiegt das gute Stück.<br />
Ich denke an die Kritiker von Vélib’<br />
und ihren Vorwurf, dass die Räder zu<br />
schwer seien. Doch gleichzeitig gehört<br />
diese robuste Bauweise zu den Stärken<br />
der Fahrräder, verzeiht sie doch einige<br />
Grobheiten bei unvorsichtiger Benutzung.<br />
Oben angekommen, genieße<br />
ich den traumhaften Blick auf den<br />
Eiffelturm und schwinge mich wieder<br />
auf meinen Sattel. Die Brücke ist ein<br />
architektonisches Schmückstück mit<br />
zwei Etagen. Eine Etage für Autos,<br />
Fahrräder und Fußgänger, eine für die<br />
Linie 6 der Metro. Der Fahrradweg<br />
verläuft dabei in der Mitte der Brücke<br />
zwischen den wunderschönen Metallstützen<br />
der U-Bahn. Ich wechsele hier<br />
die Flussseite und radle zum rechten<br />
Ufer. Dort biege ich in die Avenue<br />
Kennedy und folge der Seine auf einem<br />
Radweg bis zur nächsten Brücke,<br />
dem Pont d’Iéna, die direkt auf den<br />
Eiffelturm zuführt.<br />
Ich kann dem Reiz des weltberühmten<br />
Wahrzeichens dieser Millionenmetropole<br />
nicht widerstehen und<br />
wechsele erneut auf das linke Ufer der<br />
Seine. Direkt am Fuße wirkt der Turm<br />
noch bombastischer als von weitem.<br />
Doch langsam wird es wieder Zeit,<br />
nach einer Mietstation Ausschau zu<br />
halten. Ich folge dem Quai Branly mit<br />
dem neuen gleichnamigen Museum zur<br />
Rechten. Es dauert nicht lange und ich<br />
erreiche den Pont de l’Alma. Auf einer<br />
der Stützen thront eine Statue, die<br />
Zouave du Pont de l’Alma. Sie dient<br />
den Parisern zur Pegelstandsmessung<br />
der Seine. Wenn bei Hochwasser die<br />
Flut ihre Füße umspült, werden die<br />
tiefer gelegenen Uferstraßen gesperrt.<br />
Steigt das Wasser weiter und erreicht<br />
die Oberschenkel, wird die Schifffahrt<br />
auf der Seine eingestellt. Bei einem<br />
historischen Hochwasser im Jahre<br />
48 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
<strong>19</strong>10 stand die Statue gar bis zu den<br />
Schultern im Wasser.<br />
Für mich ist es nun aber allerhöchste<br />
Zeit, endlich mein Fahrrad wieder<br />
gegen ein neues einzutauschen. Ich<br />
überquere dafür den Pont de l’Alma, wo<br />
sich direkt am anderen Ufer eine Mietstation<br />
befindet. Auf dem Platz steht<br />
eine Plastik, die eine Flamme symbolisiert.<br />
Dieses Mal handelt es sich um<br />
eine Nachbildung der Flamme der New<br />
Yorker Freiheitsstatue. Gestiftet wurde<br />
sie <strong>19</strong>87 von der Zeitung International<br />
Herald Tribune, um die französischamerikanische<br />
Freundschaft zu feiern<br />
und Frankreich für die Restaurierung<br />
der Freiheitsstatue zu danken.<br />
Doch die vielen Leute, die hierher<br />
strömen, kommen aus einem anderen<br />
Grund. Denn unter dem Platz befindet<br />
sich der Tunnel, in dem Lady Diana<br />
im August <strong>19</strong>97 bei einem tragischen<br />
Unfall ums Leben kam. Der Vorfall<br />
erschütterte die ganze Welt. Die Skulptur<br />
wurde spontan zu einem Treffpunkt<br />
aller Bewunderer der Prinzessin. Die<br />
Flamme wurde im Laufe der Jahre<br />
sogar derart mit Beileidsbekundungen<br />
und Schmierereien versehen, dass<br />
sie kürzlich grundgereinigt werden<br />
musste. Noch heute legen Diana-Fans<br />
regelmäßig Blumen an der Skulptur<br />
ab. Gitter verhindern allerdings, dass<br />
Leichtsinnige in den Tunnel gelangen<br />
können. Die offizielle Gedenkstätte befindet<br />
sich dabei gar nicht hier, sondern<br />
in einem kleinen Park (Clos des Blancs-<br />
Manteaux) im Marais.<br />
Von der Place de l’Alma aus führt<br />
ein schön unter Bäumen angelegter<br />
Fahrradweg flussaufwärts, über den<br />
ich schnell zum Pont Alexandre III.<br />
komme. Es ist eine der schönsten<br />
Brücken der Stadt, ein Geschenk vom<br />
gleichnamigen Zaren aus Anlass der in<br />
Paris stattfindenden Weltausstellung<br />
im Jahre <strong>19</strong>00. Die Brücke bildet eine<br />
Achse, die am linken Ufer vom Hôtel<br />
des Invalides begrenzt und am rechten<br />
Ufer vom herrschaftlichen Grand Palais<br />
und dem nicht weniger majestätischen<br />
Petit Palais gesäumt wird. Auf<br />
dem Brückengeländer stehen vergoldete<br />
Statuen. Hier zeigt sich Paris ganz<br />
und gar als repräsentative Weltstadt.<br />
Seit zwei Jahren lockt am Fuße der<br />
Brücke am rechten Ufer der Nachtclub<br />
« Showcase » in einem ehemaligen<br />
Hangar. Zahlreiche Konzerte<br />
werden dort gegeben. Ein origineller<br />
Ort. Östlich der Brücke schließt sich<br />
zudem der Port des Champs-Elysées<br />
an, an dem zahlreiche Hausboote<br />
dauerhaft angedockt haben. Einige<br />
dieser « schwimmenden Häuser »<br />
liegen in zweiter, gar dritter Reihe.<br />
Platz ist kostbar in Paris, selbst auf<br />
der Seine. Ein Hausboot wirkt besonders<br />
modern, das Schiff « Saint-Paul ».<br />
Es gehört dem französischen Architekten<br />
Jacques Rougerie, ein großer<br />
Meerliebhaber, der hier sowohl sein<br />
Büro als auch sein Zuhause eingerichtet<br />
hat.<br />
Ich muss erneut einen Fahrrad-<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 49
Unterwegs in Frankreich Paris<br />
wechsel vornehmen, entscheide aber<br />
spontan, mir Zeit zu lassen und einen<br />
Euro wegen Zeitüberziehung zu<br />
akzeptieren. Ich verlasse dafür die<br />
Seine und begebe mich in Richtung<br />
der Champs-Elysées. Hier am unteren<br />
Ende des Prachtboulevards säumen<br />
Bäume und parkähnliche Grünstreifen<br />
die Straße. Vergnügt radle ich nach<br />
dem Aufsuchen einer Vélib’-Station<br />
unter den Bäumen zur Place de la<br />
Concorde, deren Obelisk schon von<br />
weitem zu sehen ist. Es macht Spaß, in<br />
Sichtweite des rauschenden Verkehrs<br />
Rechts (von oben nach unten): Die neue<br />
Passerelle de Solférino. Musée d’Orsay.<br />
Uferweg am Port de la Concorde.<br />
Die im Französischen bouquinistes<br />
genannten Buchhändler sind heute ein<br />
Symbol der französischen Hauptstadt.<br />
Unten (von oben nach unten): Hausboote<br />
säumen an vielen Stellen das Ufer.<br />
Blick auf die Nationalversammlung.<br />
durch die Grünanlagen zu fahren. Ich<br />
verstehe, warum die Pariser das Fahrrad<br />
entdeckt haben.<br />
Am Pont de la Concorde bin ich<br />
dem Fluss schließlich wieder ganz<br />
nahe und steige zum verkehrsberuhigten<br />
Ufer hinunter, Port de la Concorde<br />
genannt. Hier am Fuße der Tuilerien<br />
reihen sich erneut Hausboote aneinander.<br />
Was muss das für ein wunderbares<br />
Gefühl sein, an dieser Stelle vor einer<br />
so schönen Kulisse mitten in Paris<br />
wohnen zu dürfen. Auf der anderen<br />
Flussseite sieht man die Nationalversammlung<br />
und dahinter die Spitze des<br />
Eiffelturms. Die meisten Spaziergänger<br />
wirken wie Einheimische. Auf den<br />
Bänken sitzen vereinzelt Männer und<br />
Frauen und genießen die Sonne. Idylle<br />
pur. Auf einem der Hausboote steht<br />
ein altes Auto.<br />
Ich fahre immer weiter in Richtung<br />
des Louvre. Auf dem gegenüberliegenden<br />
Ufer säumt das Musée d’Orsay den<br />
Fluss. Eine filigrane Fußgängerbrücke,<br />
die Passerelle de Solférino, setzt einen<br />
zeitgenössischen Kontrapunkt zur klassischen<br />
Architektur der Umgebung.<br />
In Höhe des Louvre begebe ich mich<br />
wieder auf Straßenniveau und finde<br />
mich auf dem vielbefahrenen Quai<br />
François Mitterrand im Großstadttrubel<br />
wieder. Der Fahrradweg innerhalb<br />
der Busspur ermöglicht aber ein recht<br />
gutes und sicheres Fortkommen. Beim<br />
Passieren des Louvres, was ein paar<br />
Minuten in Anspruch nimmt, glaube<br />
ich gerne, dass es das größte Museum<br />
der Welt ist. Dabei komme ich an einer<br />
weiteren Fußgängerbrücke vorbei,<br />
dem Pont des Arts. Im Sommer finden<br />
sich jeden Abend Pariser und Besucher<br />
zu einem Picknick auf der Brücke ein.<br />
Ein magisches Erlebnis.<br />
Kurz bevor ich den bekannten Pont<br />
Neuf erreiche, fangen die legendären,<br />
auf den Ufermauern befestigten Buchstände<br />
an. Diese für Paris so typischen<br />
Buchhändler heißen im Französischen<br />
bouquinistes. Sie bieten sowohl antiquarische<br />
als auch gebrauchte Bücher<br />
neueren Datums an. Die Besitzer<br />
berufen sich dabei auf eine alte Tradition.<br />
Schon im 16. Jahrhundert soll<br />
es in Paris mobile Buchhändler auf<br />
den Straßen gegeben haben. Damals<br />
waren sie aber noch nicht auf einen<br />
bestimmten Ort festgelegt. Als 1578<br />
der Pont Neuf – entgegen dem Namen<br />
die älteste Brücke der Stadt – gebaut<br />
wurde, nahm die Anzahl der Buchhändler<br />
in diesem Bereich zu. 1620<br />
existierten schließlich 24 bouquinistes<br />
mit der offiziellen Lizenz, ihre Bücher<br />
auf tragbaren Ständern auf der Brücke<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
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Abo-Vertrieb: interabo Betreuungs-GmbH, Amtsgericht Hamburg HRB 35763, Geschäftsführer: Uwe Flashaar.
Unterwegs in Frankreich Paris<br />
Großes Foto oben: Der Pont Neuf, die<br />
älteste Brücke von Paris. Kleines Foto<br />
oben: Pflanzen- und Tierhändler am<br />
Quai de la Mégisserie. Unten: Tour<br />
Saint-Jacques. Im Hintergrund das<br />
Centre Georges Pompidou. Rechts:<br />
Hôtel de Ville, das Pariser Rathaus.<br />
und entlang der Uferstraße anzubieten.<br />
Heute sind es in ganz Paris fast 250,<br />
die schätzungsweise 500.000 Bücher<br />
sowie darüber hinaus Zeitschriften,<br />
Radierungen und Postkarten in ihrem<br />
Sortiment führen. Die Besitzer müssen<br />
keine Gebühr für ihren Stand an die<br />
Stadt abführen, verpflichten sich aber,<br />
mindestens vier Tage in der Woche zu<br />
öffnen. Jeder Händler darf dabei nur<br />
einen Stand besitzen.<br />
Ich wechsele mein Fahrrad erneut,<br />
muss dieses Mal schon wieder einen<br />
Euro nachzahlen – die Schönheit der<br />
Stadt lässt mich zu schnell die Zeit<br />
vergessen – und folge dem Quai de la<br />
Mégisserie. Die Läden, die den Boulevard<br />
säumen, würde man an dieser<br />
Stelle normalerweise nicht unbedingt<br />
vermuten. Es sind Blumen- und<br />
Tierhändler – einer neben dem anderen.<br />
Die Pflanzen stehen auf den<br />
Bürgersteigen und kleine Hamster,<br />
Kaninchen, Vögel, Hunde und Katzen<br />
erfreuen besonders Kinder. Doch auch<br />
exotischere Konsumwünsche werden<br />
hier befriedigt, beispielsweise sind<br />
Mäuse als Futter für Schlangenbesitzer<br />
im Angebot. Nichts für sensible<br />
Gemüter.<br />
Als ich an der Place du Châtelet<br />
vorbeikomme, sehe ich die blauen und<br />
weißen Rohre des Centre Georges<br />
Pompidou über die anderen Häuser<br />
hinausragen. Es ist ein interessanter<br />
Kontrastpunkt zur alten Architektur<br />
des Tour Saint-Jacques, der gerade<br />
restauriert wurde und nun in frischem<br />
Glanz erstrahlt. Auch das ist Paris.<br />
Auf der anderen Uferseite erhebt sich<br />
die herrschaftliche Fassade der Conciergerie,<br />
ehemaliges Anwesen der<br />
französischen Könige, bevor sie in den<br />
Louvre zogen, und heutiger Justizpalast.<br />
Das Gebäude erinnert mich daran,<br />
dass ich mich nun im historischen<br />
Herzen der französischen Hauptstadt<br />
befinde.<br />
Danach dauert es nicht mehr lange<br />
und ich fahre am Rathaus vorbei.<br />
Schon seit 1357 befindet sich hier die<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Arras<br />
Amiens<br />
Rennes<br />
Cherbourg-<br />
Octeville Aus<br />
<br />
Norddeutschland erreicht man<br />
Paris am besten über die Route<br />
Aachen – Liège – Valenciennes. Aus<br />
Süddeutschland und Österreich bietet<br />
sich die Strecke über Saarbrücken/<br />
Straßburg – Metz – Reims an. Aus der<br />
Schweiz geht es über Dijon nach Paris.<br />
Paris …<br />
Caen<br />
… Berlin 1.060 km … Hamburg 905 km<br />
… Köln 490 km … München 840 km<br />
… Wien 1.240 km … Zürich 660 km<br />
Zahlreiche Fluggesellschaften bieten<br />
(oft mehrmals täglich) Direktflüge<br />
von vielen Städten in Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz nach<br />
Paris an, darunter Lufthansa, Austrian,<br />
Swiss, Air France, Air Berlin, Niki,<br />
EasyJet und TUIfly. In Paris gibt es zwei<br />
internationale Flughäfen, Charles<br />
de Gaulle (CDG) und Orly, die beide<br />
gut an den öffentlichen Nahverkehr<br />
angeschlossen sind. Die meisten Flüge<br />
aus dem deutschsprachigen Raum<br />
landen in CDG.<br />
Aus Köln verkehrt der Thalys, aus<br />
Frankfurt und Saarbrücken der ICE, aus<br />
München und Stuttgart der TGV und<br />
Le Havre<br />
aus Zürich der Lyria in wenigen Stunden<br />
mehrmals täglich nach Paris (Gare du<br />
Rouen<br />
Nord bzw. Gare de l’Est). Außerdem<br />
bestehen Nachtzugverbindungen aus<br />
dem deutschsprachigen Raum an die<br />
Seine, etwa ab Berlin und Hamburg.<br />
www.parisinfo.com<br />
Office de Tourisme<br />
Carrousel du Louvre<br />
Place de la Pyramide Inversée<br />
99, rue de Rivoli<br />
75001 Paris<br />
Es lohnt sich der Kauf eines im Buch handel<br />
bzw. Internet (www.media-cartes.fr)<br />
erhältlichen Fahrrad wege plans von<br />
Paris (4,95 Euro), auf dem auch die Mietstationen<br />
eingezeichnet sind. Einen<br />
Plan der Mietstationen sowie wei te re<br />
Le Mans<br />
nützliche Informationen gibt es auch<br />
auf der Seite: www.velib.paris.fr<br />
A1/E15-E<strong>19</strong><br />
A16<br />
A13/E5<br />
A4/E50<br />
PARIS<br />
A11/E50<br />
A5/E54<br />
A6/E15<br />
A10/E5<br />
Orleans<br />
Nantes<br />
Stadtverwaltung. Nach einem AngersBrand<br />
1871 wurde das heutige Rathaus<br />
von 1874 bis 1882 wieder aufgebaut.<br />
Mit seiner Länge von 110 Metern,<br />
einer Breite von 85 Metern und einer<br />
Höhe von 48 Metern gehört das<br />
A83<br />
Gebäude zu den größten Cholet Rathäusern<br />
Europas. Außerdem wurden hier<br />
wichtige technische Neuerungen<br />
zum ersten Mal in Frankreich getestet,<br />
beispielsweise eine Heizung mit<br />
im Fußboden eingelassenen Radiatoren,<br />
hydraulische Fahrstühlen oder<br />
das Telefon. A83<br />
Nach dem Rathaus mache ich<br />
mich erneut auf die Suche nach einer<br />
Mietstation. Mein Magen fängt<br />
N11/E601<br />
Niort<br />
langsam an zu knurren. Ich beschließe<br />
deshalb, meine kleine Reise<br />
La Rochelle<br />
hier<br />
E5/A10<br />
zu beenden. Eigentlich wollte ich<br />
noch bis zur neuen Nationalbibliothek<br />
am östlichen E602/A837 Stadtrand weiterfahren.<br />
Vielleicht später. Nun werde<br />
ich mich nach dem Strampeln erst<br />
einmal in einem der vielen Bistros<br />
im nahen Marais stärken. Für gerade<br />
einmal einen Euro (zuzüglich<br />
zwei Euro für eine gewollte und eine<br />
ungewollte Zeitüberziehung)<br />
Tours<br />
konnte<br />
ich Paris aus einem ganz anderen<br />
Blickwinkel kennenlernen. Ich bin<br />
Poitiers<br />
Angoulême<br />
Limoges<br />
zufrieden, eine der großen Neuerungen<br />
der Kapitale selbst getestet<br />
zu haben. Vélib’ ist eine wunderbare<br />
Möglichkeit, sich in Paris fortzubewegen<br />
– auch als Tourist.<br />
Bourges<br />
Montluçon<br />
Clermon<br />
Ferrand<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 53<br />
E5/A10
Unterwegs in Frankreich Guadeloupe<br />
Guadeloupe<br />
Ein Stück Frankreich in der Karibik<br />
Endlose Regenwälder, tosende Wasserfälle, schwefelumwogte Vulkane, brodelnd heiße<br />
Quellen oder doch lieber Kokospalmen, weiße Strände und smaragdgrünes Meer<br />
gefällig? Guadeloupe lässt jedes Urlauberherz höher schlagen. Eine Entdeckungsreise<br />
auf die karibische Schmetterlings insel mit ihren zwei aufregend schönen Seiten.<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Nach einem achtstündigen Flug landen<br />
wir sanft in Pointe-à-Pitre, der Hauptstadt<br />
von Guadeloupe. Unsere Mitreisenden<br />
sind überwiegend Einheimische, die<br />
Verwandte besuchen, und Geschäftsmänner.<br />
Touristen sind hingegen in der wohltuenden<br />
Unterzahl. Unsere anschließende Fahrt mit<br />
einem kleinen Busshuttle zur Autovermietung,<br />
die sich am Rande der Hauptstadt befindet,<br />
weckt bei uns den Eindruck, dass hier mitten in<br />
der Karibik alles überraschend « europäisch »<br />
anmutet. Große Supermarktketten, Autohändler,<br />
die vornehmlich französische Klein- und<br />
Mittelklassewagen anbieten, Möbelhäuser, Banken<br />
und Versicherungen säumen die gut ausgebaute<br />
mehrspurige Route Nationale.<br />
Fast schon sind wir ein wenig enttäuscht,<br />
denn wir hatten mehr Urwaldromantik erwartet.<br />
Bei einer Reise mit einem Kleinkind<br />
hat eine Insel mit intakter Infrastruktur und<br />
guter medizinischer Versorgung aber auch ihre<br />
Vorteile. Während wir auf die Bereitstellung<br />
Links: Am Strand von<br />
Saint-Anne an der<br />
Südküste von Grande-<br />
Terre. Rechts: Sicht vom<br />
Point des 3 Châteaux,<br />
im äußersten Osten<br />
von Guadeloupe<br />
bei Saint-François.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 55
Unterwegs in Frankreich Guadeloupe<br />
unseres Fahrzeuges warten, fühlen<br />
wir uns wie durchgewalkt. Das<br />
schwüle tropische Klima macht uns<br />
als Neuankömmlinge noch zu schaffen.<br />
Wir sehnen<br />
uns nach einer<br />
kühlen Dusche. Zuvor<br />
müssen wir aber erst<br />
zu unserem Feriendomizil<br />
auf die andere<br />
Inselseite gelangen.<br />
Eine schmale<br />
Land zunge verbindet<br />
die beiden Inselflügel<br />
Grande-Terre und<br />
Basse- Terre miteinander. Grande-Terre trägt<br />
zu Recht den Namen « Smaragdinsel ». Weiße<br />
Sand strände, Palmen, flaches, smaragdgrünes<br />
Meer wasser und hier und da ein luxuriöser<br />
All-Inclusive-Club direkt am Strand prägen<br />
das Bild. Basse-Terre ist das wilde, vulkanische<br />
Gegen stück. Unsere anfängliche Enttäuschung<br />
über die irgendwie zu europäische Karibikinsel<br />
löst sich daher in Luft auf, als wir nach der<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Überquerung der Landzunge direkt in den tropischen<br />
Regenwald fahren. Eine gut ausgebaute<br />
Straße führt in etlichen Serpentinen durch<br />
das Terrain. Links und rechts am Wegesrand<br />
sehen wir Hinweisschilder zu Wanderwegen,<br />
Wildparks und Wasserfällen.<br />
Nach einigen Kilometern lichtet sich der<br />
Urwald. Vor uns liegt die « Côte sous le vent »,<br />
wie der Küstenabschnitt genannt wird. Wir<br />
erblicken die ersten Häuschen auf Basse-Terre.<br />
Meist sind es aus Wellblech zusammengezimmerte<br />
Buden mit Veranda – hier zählt das<br />
Praktische. Da auf Guadeloupe fast durchgehend<br />
Temperaturen um die 28 Grad herrschen<br />
und es sich auch nachts nur gering abkühlt, ist<br />
es nicht notwendig, die Gebäude gegen Kälte<br />
zu schützen. Einige Häuschen sind aber auch<br />
recht hübsch anzusehen, sind aus Holz gebaut<br />
und in bunten Farben angestrichen.<br />
Wir entschließen uns, vor unserer Weiterfahrt<br />
zum Ferienquartier einen Zwischenstopp<br />
am Strand « Malendure » einzulegen. Kurz danach<br />
stehen wir in schwarzem Vulkansand, der<br />
typisch für die Strände dieser Inselseite ist. Die<br />
Füße gewöhnen sich nach einer Weile an die<br />
anfangs fast unerträgliche Hitze. Das Meer ist<br />
glasklar.<br />
Wir sind hier direkt vor den Riffen des<br />
weltbekannten Jacques Cousteau-Reviers, wo<br />
zahlreiche Tauchschulen ihre Dienste anbieten.<br />
Die Südküste von<br />
Grande-Terre ist<br />
bekannt für ihre<br />
Strände. Hier befinden<br />
sich auch die meisten<br />
Ferienresorts von<br />
Guadeloupe.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 57
Unterwegs in Frankreich Guadeloupe<br />
Tropische Flora und<br />
dichte Regenwälder<br />
prägen Basse-Terre.<br />
Hier entlang der D23.<br />
Für Neulinge ist die sogenannte Baptême zu<br />
empfehlen, ein zweistündiger Tauchkurs unter<br />
Aufsicht eines persönlichen Scouts in einer<br />
Wassertiefe von bis zu sechs Metern. Mit ein<br />
wenig Glück kann man eine armlange Wasserschildkröte<br />
an sich vorbeipaddeln sehen oder<br />
auf Tuchfühlung mit den bunten Südseefischen<br />
kommen. Es ist ein absolut empfehlenswertes<br />
und mit gerade einmal 40 Euro erschwingliches<br />
Abenteuer, nach dem man zudem stolz ein<br />
Tauchzertifikat in den Händen halten darf. Die<br />
Unterwasserwelt lässt sich aber ebenso durch<br />
den Glasboden eines Ausflugsbootes bewundern.<br />
Außerdem besteht hier die Möglichkeit,<br />
sich Schnorchel, Maske und Flossen zu leihen<br />
und damit an den Klippen zu paddeln.<br />
Schon fängt es an zu dämmern, ein Blick<br />
auf die Uhr verrät uns jedoch, dass es erst kurz<br />
nach 18 Uhr ist. An die allzu früh einbrechende<br />
Dunkelheit werden wir uns während des<br />
gesamten Karibikaufenthaltes nicht gewöhnen.<br />
Man kann zusehen, wie die Sonne zügig<br />
ins Meer eintaucht und binnen Minuten ganz<br />
verschwunden ist. Es wird also Zeit, endlich<br />
unsere Unterkunft für die kommenden Tage<br />
aufzusuchen. Wir fahren eine steile Straße<br />
an Baracken und kleinen Läden entlang und<br />
gelangen zu unserem Häuschen, welches mit<br />
einigen weiteren Unterkünften inmitten eines<br />
tropischen Gartens hübsch um einen Swimmingpool<br />
herum gruppiert ist.<br />
Der Hausherr, ein Schweizer Auswanderer,<br />
empfängt uns herzlich. Die Unterkunft<br />
ist spartanisch, aber sauber und zweckmäßig<br />
eingerichtet – das Leben auf Guadeloupe fin-<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
det vornehmlich im Freien statt. Eine<br />
große Veranda und die außen liegende<br />
Küche lassen durchweg gutes Wetter<br />
vermuten. Als Willkommensgruß<br />
steht schon eine kleine Flasche Rum<br />
nebst Limetten und einem Päckchen<br />
Rohrzucker bereit, woraus wir uns das<br />
typische Getränk der Inselbewohner<br />
mixen sollen: den Ti Punch. Von den<br />
Einheimischen wird er quasi zu jeder<br />
Tageszeit und zu jedem Anlass getrunken.<br />
Die fruchtige Variante dieses süffigen<br />
Hochprozentigen ist der Planter’s<br />
Punch. Müde von der Reise freuen wir<br />
uns aufs Bett.<br />
Am nächsten Morgen werden wir<br />
um 5.30 Uhr von durchdringendem<br />
exotischem Vogelgezwitscher geweckt,<br />
was uns daran erinnert, am Fuße des<br />
Regenwaldes zu sein. Der Blick zum<br />
Himmel lässt uns allerdings Ungutes<br />
vermuten, denn Wolken verdecken teilweise<br />
die Sonne. Im Laufe der nächsten<br />
Tage werden wir jedoch lernen, dass<br />
Wolken auf Basse-Terre üblich sind,<br />
und werden diesen natürlichen Sonnenschutz<br />
auch sehr zu schätzen wissen, gerade da wir<br />
mit Kindern unterwegs sind. Im Gegensatz zu<br />
Grande-Terre mit<br />
den weißen Kalkstränden,<br />
die meist<br />
Rezepte mit Rum<br />
mit einem wolkenfreien<br />
Himmel Planter’s Punch<br />
aufwarten können, 1 cl Grenadine, 3 cl brauner Rum, 3 cl weißer<br />
ist die Witterung Rum, 1 cl Zitronensaft, 3 cl Ananassaft, 3 cl<br />
auf der Vulkaninselhälfte<br />
ideal zum oder Crushed Ice, Muskatnuss. Alles gut<br />
Grapefruitsaft, 3 cl Orangensaft, 2-3 Eiswürfel<br />
Wandern und für schütteln.<br />
andere Unternehmungen.<br />
Ti Punch<br />
Wir wollen unseren<br />
ersten echten 1 Teelöffel Zuckerrohr(sirup) darüber<br />
Eine Limettenscheibe in ein Glas geben und<br />
gießen.<br />
Urlaubstag mit<br />
einem Besuch der<br />
« Alten Dame » beginnen<br />
– so nennt<br />
sich La Soufrière,<br />
ein immer noch aktiver Vulkan von stattlichen<br />
1.467 Metern Höhe. Der zweistündige Aufstieg<br />
beginnt sehr bequem, nach dem ersten Drittel<br />
5 cl weißen Rum dazu geben und einige<br />
Minuten ziehen lassen. Mit einem Glas Wasser<br />
servieren.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 59
Unterwegs in Frankreich Guadeloupe<br />
Großes Foto: Krater<br />
des immer noch<br />
aktiven Vulkans La<br />
Soufrière. Kleines<br />
Foto: Entspannendes<br />
Bad nach einer<br />
anstrengenden<br />
Wanderung auf den<br />
Vulkan: Les Bains<br />
jaunes auf einer Höhe<br />
von 960 Metern über<br />
dem Meeresspiegel.<br />
wird es allerdings recht steinig und gegen Ende<br />
wirklich steil. Eine Kopfbedeckung, die vor<br />
der Sonne schützt, ausreichend Getränke und<br />
festes Schuhwerk sind unbedingt zu empfehlen.<br />
Oben angekommen, beeindruckt die vulkanische<br />
Vegetation und vor allem der offene<br />
Krater, aus dem Schwefelgeruch und Dampf<br />
strömt. All das ist sehr aufregend und uns<br />
wird ein wenig mulmig zumute. Fast erwarten<br />
wir, dass der Vulkan aus seinem Schlummer<br />
erwachen könnte. Nach der Umrundung des<br />
Kraters machen wir uns wieder an den Abstieg.<br />
Dieser ist nicht minder anspruchsvoll, aber<br />
am Fuße des Berges lädt zur Belohnung<br />
ein vom warmen schwefelhaltigen Wasser<br />
der « Alten Dame » gespeistes Becken zum<br />
Entspannen ein.<br />
Dieses Wasser soll bei Gicht und anderen<br />
Gebrechen Wunder wirken. Wir kommen<br />
schnell mit einigen Einheimischen ins<br />
Gespräch, die hier täglich baden und unseren<br />
Besuch als eine schöne Abwechslung<br />
sehen. Brodelnde warme Quellen findet<br />
man an mehreren Stellen von Basse-Terre.<br />
Frisch aus dem Berg austretend sind sie noch<br />
kochend heiß. Wo sie aber ins Meer münden,<br />
kann man von einem herrlichen Wechselbad<br />
profitieren. Ausgeschildert sind diese Orte<br />
meist nicht, man sollte sich bei den Einheimischen<br />
einfach danach erkundigen.<br />
Am nächsten Tag machen wir uns auf den<br />
Weg nach Grande-Terre, wo sich die farbenprächtige<br />
Hauptstadt Pointe-à-Pitre befindet.<br />
Dieser Inselteil ist das Zentrum der Hotellerie,<br />
aber auch das Hauptanbaugebiet von Bananen<br />
und Zuckerrohr. Es gibt Rumdestillerien<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
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Unterwegs in Frankreich Guadeloupe<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
und in Sainte-Rose auch ein Rummuseum<br />
zu besichtigen. Nach rund einer halben Stunde<br />
Fahrtzeit gelangen wir an unser Ziel: den<br />
östlichsten Punkt von Guadeloupe, der<br />
Pointe des Châteaux. Hier treffen das<br />
karibische Meer und der Atlantik aufeinander.<br />
Schwimmen ist an dieser Stelle<br />
unmöglich, die Wellen sind immens und<br />
es weht ein sehr starker Wind. Sofort<br />
wird uns klar, warum dieser Ort auch<br />
die « bretonische Atlantikküste » genannt<br />
wird. Wir folgen einem Pfad hinauf zum<br />
Kreuz an der Pointe des Colibris, von<br />
der man einen umwerfenden Blick auf<br />
die Umgebung und den Tafelberg der<br />
vorgelagerten kleinen Insel La Désirade<br />
hat.<br />
Auf dem Rückweg wählen wir die<br />
Route d’Argent, wo sich ein malerischer<br />
Sandstrand an den anderen reiht. Bei<br />
Sainte-Anne halten wir an, wo wir den<br />
Rest des Tages am Strand verbringen<br />
wollen. Zum ersten Mal erleben wir<br />
hier Leguane in freier Wildbahn. Diese<br />
Tiere mit einer stattlichen Länge von<br />
eineinhalb Metern laufen im Sand herum<br />
und erfreuen die Strandbesucher<br />
mit ihrer absolut ungefährlichen Anwesenheit.<br />
Zum Schlafen klettern die Reptilien gerne auf<br />
Palmen, wo man sie dank ihrer der Umgebung<br />
angepassten Färbung kaum noch erkennen<br />
kann. Manchmal passiert es sogar, dass ein vor<br />
sich hindösender Leguan aus der Baumkrone<br />
purzelt und mit einem dumpfen Plumps auf<br />
dem sandigen Boden landet. Nach ein paar<br />
Sekunden Benommenheit setzt er dann aber<br />
seinen Weg unbeschadet fort.<br />
Wieder geht ein erlebnisreicher und viel<br />
zu kurzer Tag zu Ende und bei Einbruch der<br />
Dämmerung treten wir die Heimfahrt nach<br />
Basse-Terre an. Inzwischen können wir dabei<br />
eine Geste deuten, die uns seit unserer Ankunft<br />
auffiel: Es gibt bei den einheimischen<br />
Autofahrern ein Handzeichen (kombiniert mit<br />
der Autohupe), welches die unterschiedlichsten<br />
Linke Seite: Cascade<br />
des Ecrevisses. Rechte<br />
Seite: Impressionen<br />
vom Leben auf<br />
Guadeloupe. Viele<br />
Häuser sind simpel,<br />
aber besitzen ihren<br />
ganz eigenen Charme.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 63
Unterwegs in Frankreich Guadeloupe<br />
Unten: Leguane und<br />
Schildkröten gehören<br />
zur natürlichen Fauna<br />
der Insel. Rechte<br />
Seite: Blick vom<br />
Pointe des Châteaux<br />
auf den Tafelberg<br />
von La Desirade.<br />
Bedeutungen<br />
haben kann.<br />
Es ist das<br />
einfache Aufund<br />
Abbewegen<br />
der linken<br />
Hand, die dabei<br />
aus dem Fenster<br />
gehalten wird.<br />
Dies kann bedeuten:<br />
Freie Fahrt, hier kann<br />
mein Hintermann gefahrlos<br />
überholen. Oder: Jetzt kann er<br />
keinesfalls überholen, Gegenverkehr<br />
naht. Manchmal heißt<br />
die Geste: Bitte schneller fahren.<br />
Oder auch: Fahrt sofort verlangsamen!<br />
Die wichtigste Bedeutung dieser<br />
Handbewegung ist schließlich der Gruß<br />
an Bekannte, immer untermalt mit mehrfachem<br />
kurzen Hupen. Wir zählen auf drei<br />
Kilometern bei dem Fahrzeug vor uns nicht<br />
weniger als 15 Hup- und Winkzeichen.<br />
Die nächsten Tage vergehen fast wie im<br />
Fluge. Bei den Fahrten über die Insel fallen uns<br />
immer wieder die vielen Kühe am Straßenrand<br />
auf, die nicht auf einer Weide eingezäunt sind.<br />
Man kennt dieses Straßenbild von Indien und<br />
tatsächlich: Schaut man sich die Geschichte<br />
von Guadeloupe an, lässt die Erklärung nicht<br />
lange auf sich warten. Viele ehemalige Sklaven<br />
waren nach der Sklavenbefreiung 1848 nicht<br />
mehr bereit, auf den Zuckerrohr- und Bananenplantagen<br />
zu arbeiten. Um den Plantagenbetrieb<br />
aufrechterhalten zu können, wurden<br />
deshalb freie Kontraktarbeiter, vor allem in<br />
Indien, angeworben und nach Guadeloupe<br />
gebracht. Der Plantagenbesitzer bezahlte die<br />
Überfahrt, dafür mussten die Kontraktarbeiter<br />
drei bis fünf Jahre auf seiner Plantage arbeiten.<br />
Danach waren sie frei und konnten in ihre<br />
Heimat zurückkehren oder auf Guadeloupe<br />
bleiben. Auf diese Weise kamen zwischen 1854<br />
und 1889 rund 42.000 Inder auf die Insel – und<br />
die meisten blieben für immer …<br />
Ein weiterer Höhepunkt einer Guadeloupereise<br />
sind die mannigfaltigen Wasserfälle<br />
der Insel. Die größten und bekanntesten sind<br />
der Chutes de Moreau (nur über einen vierstündigen<br />
Fußweg quer durch den Regenwald<br />
zu erreichen) und der Chutes du Carbet. Wir<br />
besuchen dagegen einen Wasserfall, der für<br />
Reisende, die nicht so gut zu Fuß sind oder<br />
kleine Kinder bei sich haben, ideal ist. Nach<br />
einem wunderschönen kleinen Weg durch den<br />
Regenwald kommen wir dabei zu einem Bassin,<br />
das von einem etwas kleineren Wasserfall<br />
gespeist wird, der Cascade aux Ecrevisses (dt.<br />
Flusskrebswasserfall). Hier kann man nicht<br />
nur wunderbar baden, sondern sich auch hinter<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
den Wasserfall stellen – ein einmaliges<br />
Erlebnis, das einem den Atem stocken<br />
lässt.<br />
Viel schneller als erwünscht ist es an<br />
der Zeit, unsere Sachen zu packen und<br />
wieder den Heimflug anzutreten. Auf der<br />
Rückfahrt zur Mietwagenstation durchqueren<br />
wir ein letztes Mal den dichten<br />
Regenwald und schweift unser Blick über<br />
die Silhouette von La Soufrière. Wer<br />
hätte gedacht, dass Frankreich derart<br />
karibisch sein kann.<br />
Aus Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />
gibt es keine direkten Flugverbindungen<br />
nach Guadeloupe. Air France fliegt aber von<br />
mehreren Flughäfen im deutschsprachigen<br />
Raum via Paris täglich nach Guadeloupe. In Paris<br />
ist jedoch ein Flughafenwechsel notwendig, da<br />
die Zubringerflüge in Paris-CDG landen und die<br />
Flüge nach Guadeloupe als « Inlandsflüge » in<br />
Paris-Orly starten. Auch Air Caraïbes und Corsair<br />
bieten Flüge zwischen Paris und Guadeloupe<br />
an, allerdings ohne Zubringerflüge aus dem<br />
deutschsprachigen Raum.<br />
<br />
Das Fahren mit einem Mietwagen auf der<br />
Insel ist mit den Verhältnissen im französischen<br />
Mutterland vergleichbar. Das Straßennetz ist gut<br />
ausgebaut.<br />
www.lesilesdeguadeloupe.com<br />
Fr emdenverkehrsbüro von Guadeloupe<br />
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Sainte-Rose<br />
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Baie-Mahault<br />
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Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 65
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 14<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 15<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 16<br />
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Unterwegs in Frankreich Carnac<br />
Carnac<br />
Die mystische Aura<br />
von Hinkelsteinen<br />
Auf halber Strecke zwischen Nantes und Brest liegt an der bretonischen Südküste der beliebte<br />
Badeort Carnac. Doch der Ortsname steht für mehr als nur simples Badevergnügen. Denn<br />
nördlich der Gemeinde befindet sich eine der großartigsten Ansammlungen von Menhiren in<br />
ganz Europa. Der Umstand, dass die genaue Bedeutung dieser Steinreihen bis heute nicht abschließend<br />
geklärt werden konnte, verstärkt die Anziehungskraft dieser sonderbaren Sehenswürdigkeit.<br />
Wo hast du ihn gefunden? », fragt der Römer Technokratus,<br />
Cäsers Sondergesandter, der die widerspenstigen<br />
Gallier durch die Versuchung des<br />
«<br />
Goldes in die Dekadenz treiben und damit schwach machen<br />
soll, als er im Wald auf Obelix mit einem Hinkelstein auf<br />
dem Rücken trifft. « Den habe ich nicht gefunden, den habe<br />
ich selbst gemacht. Ich haue Hinkelsteine und liefere sie »,<br />
erwidert dieser in seiner gutmütigen Art. « Lieferst du<br />
viele? », hakt Technokratus nach. « Eigentlich nicht, denn<br />
wenn die Leute einen haben, wollen sie keinen zweiten. Die<br />
nutzen sich nämlich nicht schnell ab. » Mit letzterer Aussage<br />
aus der Episode « Obelix GmbH & Co. KG » hatte Asterix’<br />
engster Freund wohl Recht, zumindest merkt man den Menhiren<br />
von Carnac kaum ihre jahrtausendealte Geschichte an<br />
– auch wenn sie im Laufe der Zeit zum Teil umgestürzt waren<br />
und erst im <strong>19</strong>. und 20. Jahrhundert wieder aufgerichtet<br />
wurden.<br />
Technokratus’ Strategie ging übrigens nicht auf. Zwar<br />
schafften es die römischen Legionäre, mit üppigen Goldzahlungen<br />
für die Lieferung von Hinkelsteinen die Dorfgemeinschaft<br />
zeitweise zu korrumpieren, doch am Ende<br />
siegten – wie sollte es bei Asterix und Obelix auch anders<br />
sein – wieder einmal die aufmüpfigen Gallier. Sie machten<br />
sich einen Spaß daraus, zum Schluss die römischen Legionäre<br />
zu verprügeln und feierten anschließend ein feuchtfröhliches<br />
Dorffest mit gegrilltem Wildschwein.<br />
Aber woher kommen diese seltsamen Steine in der Bretagne?<br />
Wohl kaum von Obelix und seinen Freunden, die<br />
die Hinkelsteine zwar in die Kinderzimmer brachten, aber<br />
nicht deren « Erfinder » waren. Schon seit jeher ranken sich<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Links: Alignements de Kermanio. Unten: Aus erhöhter<br />
Position erkennt man besonders gut die Steinreihen.<br />
viele Legenden um Bedeutung und Ursprung der Menhire.<br />
Eine beliebte darunter ist die vom Papst Cornély, der angeblich<br />
von heidnischen Soldaten im 3. Jahrhundert bis an<br />
die Küste verfolgt wurde, dort aber kein Schiff zur weiteren<br />
Flucht fand. Er drehte sich daraufhin kurzerhand um und<br />
verwandelte seine Verfolger in Steine. Eine andere Legende<br />
besagt, dass die Menhire zu alten gallischen Friedhöfen gehörten<br />
und dass jeder Stein eine Grabstelle kennzeichnete.<br />
War der Verstorbene reich gewesen, bekam er einen großen<br />
Hinkelstein auf sein Grab, war er arm, einen kleinen. Eine<br />
andere Sage erklärte die Existenz der Menhire dagegen mit<br />
einem am Stein begrabenden Schatz. Grübe man ihn aus,<br />
würde man sterben.<br />
Nach einer Legende<br />
sind die Menhire<br />
versteinerte Soldaten<br />
unbeantwortet und konnte bis heute nicht endgültig geklärt<br />
werden. Das Mystische, das sich immer schon um<br />
die Menhire rankte und sie heute noch umgibt, trug auf<br />
der anderen Seite aber auch zum Schutz und Erhalt dieser<br />
sonderbaren Orte bei.<br />
Dabei interessiert sich die Wissenschaft nicht erst heute<br />
für die Steinalleen und Dolmen. Bereits im 18. Jahrhundert<br />
beschäftigten sich die ersten Gelehrten mit den Steinen. Sie<br />
suchten nicht nur nach logischen Erklärungsansätzen für<br />
die Entstehung dieser Anlagen, sondern nahmen auch die<br />
ersten Zählungen, Vermessungen und Gewichtsberechnungen<br />
vor. In der ersten Hälfte des <strong>19</strong>. Jahrhunderts erstellte<br />
der britische Ingenieur Vicars schließlich den ersten korrekten<br />
Plan von Carnac. Weitere Experten perfektionierten<br />
diese Aufzeichnungen. Die Dokumente sind bis heute<br />
wichtige Quellen für Wissenschaftler geblieben, da sie die<br />
Situation aus einer Epoche darstellen, als die Menhire noch<br />
nicht wieder aufgerichtet worden waren.<br />
Zu den wichtigen Zeugnissen aus vergangener Zeit<br />
gehört auch etwas, was bis heute bei Touristen beliebt ist:<br />
Postkarten. Zwischen <strong>19</strong>00 bis Mitte der <strong>19</strong>20er-Jahre sind<br />
über 1.200 Postkartenmotive von bretonischen Hinkelsteinen<br />
bekannt. Sie zeigen, wie sich die Steine in die Landschaft<br />
und das Leben der damaligen Epoche einpassten, als<br />
die Menhire noch nicht zum Schutz vor dem Massentourismus<br />
eingezäunt werden mussten. Denn das zunehmende<br />
Interesse an diesen Überbleibseln einer vergangenen Zeit<br />
rief alsbald ungewünschte Nebeneffekte hervor: Durch das<br />
Herumtrampeln zwischen den Steinen wurden diese erneut<br />
instabil und drohten umzukippen. Anfang der <strong>19</strong>90er-Jahre<br />
sah sich der Staat deshalb gezwungen, Maßnahmen zur Erhaltung<br />
der Menhire einzuleiten und regulierte den Zugang<br />
zu den Steinreihen von Carnac.<br />
Doch wer hat einst die Steinreihen errichtet? Und warum?<br />
Geklärt scheint heute auf jeden Fall die Frage zu sein,<br />
wie alt die Steine denn wirklich sind. Ging man lange Zeit<br />
davon aus, dass sie rund 4.000 Jahre überdauert haben, weiß<br />
Die Steinreihen und Dolmen in der Nähe<br />
von Carnac und andernorts in der Bretagne beflügelten<br />
jedenfalls die Fantasie von Generationen. Man spürte<br />
wohl, dass diese Steine etwas zu bedeuten haben müssen.<br />
Nur was? Diese Frage blieb lange Zeit wissenschaftlich<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 69
Unterwegs in Frankreich Carnac<br />
Links: Ein Wohnhaus am Rande der Alignements<br />
du Ménec. Oben: Chez Céline, eine Boutique mit<br />
örtlichen Produkten inmitten der Alignements de<br />
Kermanio. Rechts: Der « Riese » von Le Manio.<br />
man dank modernster Datierungsmethoden, dass zumindest<br />
die Dolmen von Carnac noch älter sind, nämlich rund<br />
6.000 Jahre. Das Gewinnen von Informationen über die<br />
damaligen Bewohner der Gegend war für die Archäologen<br />
dagegen eine größere Herausforderung. Da der bretonische<br />
Boden oft sehr sauer ist und Knochen stärker zersetzt<br />
als anderswo, gestaltete sich die Spurensuche schwierig.<br />
Dennoch gelang es den Experten, sich ein Bild von der<br />
Bevölkerung in der Bretagne im 4. Jahrtausend v. Chr. zu<br />
machen.<br />
Wer nun das Bild von Obelix vor Augen hat und sich<br />
vorstellt, derartige Steinreihen könnten nur von großwüchsigen,<br />
starken Männern errichtet worden sein, die<br />
als Kind in einen Zaubertrank gefallen sind, der irrt.<br />
Funde, die als Referenz gelten dürfen, weisen auf im<br />
Schnitt 1,59 Meter große Männer und 1,51 Meter große<br />
Frauen hin. Denn viel wichtiger als Stärke war für die<br />
Errichtung der Steinanlagen eine optimale Arbeitsorganisation.<br />
Es bedurfte dafür hierarchischer Strukturen,<br />
einer guten Technik und des richtigen Glaubens bzw.<br />
guter Überzeugungskraft, damit mit gemeinsamer Leistung<br />
derartig anstrengende Arbeiten wie das Aufstellen<br />
von Steinreihen oder die Errichtung von Dolmen – der<br />
schwerste Megalith wiegt 350 Tonnen – vollbracht werden<br />
konnten.<br />
Die Motivation lag wohl, davon geht man nach dem<br />
heutigen Stand der Forschung aus, in der Schaffung von<br />
heiligen Orten und – im Falle der Dolmen, die als Gräber<br />
dienten – im Ahnenkult. Aber über die genauen Details<br />
kann auch heute nur spekuliert werden. Die Hinkelsteine<br />
von Carnac reihen sich dabei in eine megalithische Kultur<br />
ein, die ab dem 5. Jahrtausend v. Chr. im äußersten Westen<br />
Europas entstand – von Portugal über die Bretagne bis<br />
nach England. Sie sind also kein auf diesen Ort begrenztes<br />
Phänomen, zählen aber zu den spektakulärsten Megalithen<br />
der Welt und lohnen auf jeden Fall einen Umweg auf einer<br />
Reise durch die Bretagne.<br />
Bis heute werfen die<br />
Steinreihen und Dolmen<br />
von Carnac Fragen auf<br />
Besonders interessant sind dabei die im Französischen<br />
Alignements genannten Steinalleen und Steingehege<br />
im Norden der heutigen Kommune Carnac. Sie reihen<br />
sich entlang der Route des Alignements und der Route de<br />
Kerlescan. Am westlichen Ende der Route des Alignements<br />
befindet sich außerdem die Maison des Mégalithes, ein Dokumentationszentrum,<br />
das auch über einen gut sortierten<br />
Buchladen zu dem Thema der megalithischen Kultur verfügt<br />
und der ideale Ausgangspunkt für eine Erkundungstour<br />
ist. Wer genug Zeit mitgebracht hat, kann hier getrost<br />
sein Auto stehen lassen und sich auf eine kleine Wanderung<br />
begeben. Man sollte gut zwei bis drei Stunden dafür einplanen,<br />
je nachdem wie viele Pausen man unterwegs einlegt.<br />
Natürlich kann man die einzelnen Sehenswürdigkeiten<br />
auch mit dem Auto abfahren, Parkplätze sind entlang der<br />
Straße ausreichend vorhanden, doch man wird den Charme<br />
des Ortes dann nur halb so stark auf sich wirken lassen<br />
können wie bei einem gemächlichen Rundgang.<br />
So oder so sollte man sich zunächst gleich gegenüber<br />
der Maison des Mégalithes die Alignements du Ménec<br />
anschauen. Über 1.000 Menhire stehen hier auf einer Länge<br />
von 950 Metern in elf Reihen in einer Nordost-/Südwestausrichtung.<br />
Unterbrochen wird das beeindruckende<br />
Steinfeld von einer schmalen Landstraße, die in Richtung<br />
Norden führt. Am nördlichen Rand steht ein malerisches<br />
weißes Steinhaus. Das perfekte Fotomotiv.<br />
Rund einen Kilometer nordöstlich gelangt man nach<br />
dem Überqueren einer der Hauptzufahrtsstraßen nach<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Nach Auray<br />
Nach Auray<br />
Le Quadrilatère<br />
Le géant du Manio<br />
Alignements de Kerlescan<br />
Nach Auray<br />
Alignements du petit Ménec<br />
Cité<br />
du Run<br />
Alignements du Ménec<br />
Alignements de Kermanio<br />
Le Vieux<br />
Moulin<br />
Le Manio<br />
D<strong>19</strong>6<br />
Kerlescan<br />
D186<br />
Le Ménec<br />
Zum Musée de la<br />
Préhistoire,<br />
Carnac Centre,<br />
Plouharnel,<br />
Quiberon<br />
Maison des<br />
Mégalithes<br />
Zum Musée de la<br />
Préhistoire,<br />
Carnac Centre,<br />
Plouharnel,<br />
Quiberon<br />
La croix<br />
Audran<br />
D1<strong>19</strong><br />
Tumulus<br />
Chapelle St-Michel<br />
Table d'Orientation<br />
D<strong>19</strong>6<br />
Kermario<br />
Classes du<br />
Patrimoine<br />
Kermaux<br />
Fußweg<br />
Landstraße<br />
Nebenstrecke<br />
Cairn (Dolmen) de Kercado<br />
Zugang (im Sommer geschlossen)<br />
Parkplatz<br />
Informationszentrum<br />
Trinkwasserstelle<br />
Toiletten<br />
Aussichtspunkt<br />
Nach La Trinité-sur-Mer<br />
Picknickplatz<br />
Dolmen<br />
Calvaire<br />
Tumulus<br />
Megalith<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 71
Unterwegs in Frankreich Carnac<br />
Carnac zu den Alignements de Kermario, dem zweiten<br />
großen Feld von Menhiren. Hier verteilen sich knapp 1.000<br />
Hinkelsteine auf einer Länge von 1.100 Metern in zehn parallelen<br />
Reihen. Durch die Lage in einer Mulde und die umliegenden<br />
Wälder wirkt das Feld etwas weniger offen als die<br />
Alignements du Ménec. Besonders malerisch ist ein kleines<br />
Steinhaus inmitten der Steinreihen, das eine Boutique mit<br />
örtlichen Produkten anbietet und auch Crêpes serviert – der<br />
ideale Stopp für eine kleine Pause. Weiter östlich davon<br />
kann man auf die Überreste einer alten Mühle steigen, um<br />
einen guten Blick auf die Steinalleen zu genießen.<br />
Der schwerste Megalith<br />
wiegt 350 Tonnen<br />
Danach führt die Landstraße weiter in<br />
Richtung Nordosten zu den Alignements de Kerlescan.<br />
Sie bestehen aus 13 Reihen. Im Westen erkennt man<br />
die Überreste eines Steingeheges, wie man einen geschlossenen<br />
Bereich mit dicht aneinandergrenzenden Megalithen<br />
nennt. Kurz davor führt ein Wanderweg in Richtung Nordwesten<br />
zu einem anderen viereckigen Steingehege (Le Manio),<br />
das am Anfang des 20. Jahrhunderts restauriert wurde.<br />
Es war einst ein Einzelgrab. Gleich daneben befindet sich<br />
der « Riese » von Le Manio, ein sechs Meter hoher Hinkelstein.<br />
Wer nun immer noch nicht genug von den Menhiren<br />
hat, kann noch die Alignements du Petit-Ménec aufsuchen,<br />
die sich weiter östlich bereits auf dem Gemeindegebiet von<br />
La Trinité-sur-Mer befinden. Wer zu Fuß unterwegs ist,<br />
kann sich diesen Abstecher aber ruhigen Gewissens sparen,<br />
die Steinreihen sind weniger spektakulär als die bisher gesehenen.<br />
Der Rückweg, zumindest für alle, die ihr Fahrzeug an<br />
der Maison des Mégalithes stehen gelassen haben, erfolgt<br />
über die gleiche Strecke wie der Hinweg. Es gibt keine<br />
wirkliche Alternativroute. Das macht aber auch gar nichts.<br />
Denn so kann man die sonderbaren Hinkelsteine nochmals<br />
in Ruhe auf sich wirken lassen. Unweigerlich schweifen<br />
die Gedanken auch zu Asterix und Obelix. Man stellt sich<br />
vor, wie die beiden Gallier durch die Wälder streiften, auf<br />
Wildschweinjagd gingen und Obelix ab und zu ein Hinkelstein<br />
zu einem Kunden brachte. In Carnac sind der Fantasie<br />
keine Grenzen gesetzt – das wussten schon unsere Vorfahren<br />
mit ihren blumigen Legenden …<br />
Ch<br />
Oc<br />
Die<br />
<br />
Südküste der Bretagne und damit<br />
auch Carnac erreicht man am besten<br />
über Rennes und Vannes. Die An reise<br />
nach Rennes erfolgt aus dem süddeutschen<br />
Raum, Österreich und der<br />
deutschsprachigen Schweiz via Paris.<br />
Aus Nord- und Westdeutschland bietet<br />
sich alternativ die neue Auto bahn verbin<br />
dung entlang der Ärmel kanal küste<br />
an, womit man auch den stau ge plagten<br />
Pariser Großraum um fahren kann.<br />
Die Menhire befinden sich nördlich<br />
und nordöstlich von Carnac und sind<br />
aus geschildert.<br />
Carnac …<br />
… Berlin 1.550 km<br />
… Köln 980 km<br />
… Wien 1.730 km<br />
… Hamburg 1.400 km<br />
… München 1.330 km<br />
… Zürich 1.100 km<br />
Die nächsten Flughäfen sind in Lorient,<br />
Rennes und Nantes. Zu den drei Air ports<br />
gibt es jedoch keine direkten Flug verbindungen<br />
aus Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz. Air France bietet<br />
aus dem deutschsprachigen Raum zu<br />
diesen drei Städten aber Umsteige verbindungen<br />
via Paris an.<br />
Von Paris aus verkehren TGV-Züge nach<br />
Auray nördlich von Carnac. Von dort<br />
fahren Busse nach Carnac.<br />
www.ot-carnac.fr<br />
www.carnac.monuments-nationaux.fr<br />
Brest<br />
Office de Tourisme<br />
74, avenue des Druides<br />
56340 Carnac<br />
Telefon: +33 (0)2 97 52 13 52<br />
Quimper<br />
Im Sommer auch:<br />
Place de l’Eglise Carnac-Ville<br />
56340 Carnac<br />
Maison des Mégalithes<br />
Route des Alignements<br />
56340 Carnac<br />
Telefon: +33 (0)2 97 52 29 81<br />
Chez Céline<br />
Alignements de Kermario<br />
56340 Carnac<br />
Telefon: +33 (0)2 97 52 17 31<br />
www.chezceline.com<br />
Lannion<br />
N12/E50<br />
N164<br />
D768<br />
N165/E60<br />
Lorient<br />
Carnac<br />
Quiberon<br />
N24<br />
Vannes<br />
N165/E60<br />
La Baule<br />
St. Nazaire<br />
Rennes<br />
Nantes<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
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Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 73
Kulturschock<br />
Wo ist der<br />
Als ich mich entschied, mein Erasmusjahr<br />
in Berlin zu verbringen, ahnte ich<br />
nicht, dass die Essgewohnheiten von<br />
Franzosen und Deutschen derart verschieden<br />
sein könnten. Da ist einmal der unterschiedlich<br />
stark ausgeprägte Wunsch, gemeinsam zu speisen.<br />
Ich lebe in einer Wohngemeinschaft. Als<br />
ich kürzlich nach Hause kam und mir etwas<br />
Leckeres kochen wollte, war das Licht in der<br />
Küche bereits an. Mein Mitbewohner saß allein<br />
am Tisch mit einem Teller voller Nudeln. So<br />
weit nichts Ungewöhnliches. Doch dann entdeckte<br />
ich, dass zeitgleich seine Freundin in<br />
seinem Zimmer war und zufällig ein Brötchen<br />
aß. Warum speisten sie nicht zusammen? Unvorstellbar<br />
in Frankreich! Für mich hieß es, dass<br />
etwas zwischen den beiden vorgefallen sein<br />
musste, dass sie sich zuvor sicherlich gestritten<br />
hatten. Ich fragte leise meinen Mitbewohner:<br />
« Ist alles in Ordnung? ». Dumme Frage! Selbstverständlich<br />
war alles in Ordnung. Er verstand<br />
noch nicht einmal, dass das « gemeinsame » Essen<br />
in getrennten Räumen bei mir Verwunderung<br />
hervorrufen konnte.<br />
Natürlich habe ich nichts gegen Leute, die<br />
alleine essen. Selbstverständlich sind auch viele<br />
Franzosen wegen der persönlichen Lebenssituation<br />
oder aus Zeitmangel dazu gezwungen.<br />
Ich muss sogar zugeben, dass mich die endlosen<br />
Familienessen in Frankreich, wenn man<br />
um 12.00 Uhr mit dem Aperitif beginnt und<br />
nicht weiß, wann das Essen je enden wird,<br />
langweilen. Es fällt mir dennoch schwer, mir<br />
vorzustellen, nicht gemeinsam mit meinem<br />
Freund zu Abend zu essen, wenn wir beide<br />
zu Hause sind.<br />
Doch dies ist längst nicht der einzige<br />
Unterschied, der mir zu Frankreich auffällt.<br />
Schon als ich zum ersten Mal nach<br />
Berlin kam, um mir ein Zimmer in einer<br />
Wohngemeinschaft zu suchen, überraschte<br />
mich einiges. Die Besichtigungstermine<br />
liefen immer nach dem gleichen Schema<br />
ab: « Hier ist das Badezimmer, dort dein<br />
Zimmer und hier die Küche ». Ich traute mich<br />
nicht, nach dem Wohnzimmer zu fragen, bis<br />
ich endlich begriff, dass dies in Wohngemeinschaften<br />
grundsätzlich nicht zu<br />
existieren scheint. Dafür verfügen<br />
diese meist über eine Wohnküche.<br />
Ein Konzept für sich: ein<br />
Sofa mitten in der Küche. In<br />
Frankreich, mit Ausnahme<br />
von Einzimmerwohnungen<br />
natürlich, gibt<br />
es eigentlich in allen<br />
Wohnungen ein<br />
Wohnzimmer, selbst<br />
in Wohngemeinschaften.<br />
Und wenn es<br />
einen Tisch zum Essen<br />
in der Küche gibt,<br />
steht fast immer auch<br />
ein großer Esstisch im<br />
Wohnzimmer.<br />
Mein Eindruck ist<br />
aber nicht, dass Essen in<br />
D e u t s c h l a n d<br />
w e n i g e r<br />
wicht<br />
i g<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Esstisch?<br />
ist als in Frankreich. Ganz in Gegenteil: Das<br />
Thema ist allgegenwärtig. Deshalb ist es auch<br />
für mich eine echte Herausforderung, auf meine<br />
Linie zu achten. Gerade wenn meine Freunde<br />
aus Frankreich zu Besuch sind, fällt ihnen<br />
auf, dass es in Berlin unendlich viele<br />
Möglichkeiten gibt, um billig,<br />
schnell und manchmal auch<br />
lecker zu speisen. Mein WG-<br />
Zimmer liegt in Prenzlauer<br />
Berg. Unter einer nahen<br />
U-Bahn-Station existiert<br />
beispielsweise ein<br />
Curr y w urstimbiss.<br />
Ich bin immer daran<br />
vorbeigelaufen,<br />
ohne jemals daran<br />
zu denken, deren<br />
Angebote einmal<br />
zu probieren.<br />
Ich wunderte<br />
mich<br />
sogar,<br />
wer an diesem Stand wohl essen würde. Grober<br />
Fehler! Denn dieser unscheinbare Imbiss<br />
ist die berühmteste Currywurstbude von ganz<br />
Berlin. Direkt unter der U-Bahn … In Paris<br />
kann man an solchen Orten bestenfalls ein<br />
wenig appetitliches Sandwich an einem Imbiss,<br />
der sicherlich in keinem Reiseführer erwähnt<br />
wird, kaufen.<br />
Meine Freunde bemerken meist auch, dass<br />
die Deutschen den ganzen Tag über essen. Sei<br />
es morgens um 8.00 Uhr in der Straßenbahn,<br />
um 11.00 Uhr auf der Straße, um 17.00 Uhr<br />
auf dem Weg nach Hause oder sogar um 6.00<br />
Uhr an einem Sonntagmorgen nach einer langen<br />
Nacht in einem der Clubs der Stadt. Immer<br />
sind Leute mit einem Sandwich, einem Döner<br />
oder anderem unterwegs. Diese Aufweichung<br />
klassischer Essenszeiten war für mich am Anfang<br />
sehr verwirrend. Doch inzwischen erkenne<br />
ich die Vorteile: Es ist toll, um 16.00 Uhr<br />
an einem schönen Sonntagnachmittag einen<br />
Brunch in einer Kneipe zu genießen, während<br />
man in Frankreich zu dieser Zeit quasi kein<br />
offenes Restaurant finden würde. In Berlin<br />
schaue ich nicht mehr auf die Uhr, wenn es<br />
ums Essen geht. Es wird nicht einfach sein,<br />
mich nach meinem Erasmusjahr wieder an<br />
die französischen Verhältnisse zu<br />
gewöhnen. Doch auf eines<br />
freue ich mich schon<br />
jetzt: auf das gemeinsame<br />
Speisen.<br />
Die Zeichnung<br />
in der letzten<br />
Ausgabe war<br />
inspieriert<br />
von einem<br />
Werbeplakat vom<br />
Overnight Express<br />
London-Paris von<br />
Steve Fornev. Und<br />
dieses Mal?<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 75
Frankreich Heute Eva Joly<br />
Eva Joly ist anders. Als Norwegerin wird sie Richterin in<br />
Frankreich. Doch als ob dies nicht schon ungewöhnlich<br />
genug wäre, entpuppt sie sich als bekannteste Kämpferin<br />
gegen den französischen Korruptionssumpf und deckt trotz<br />
Morddrohungen einen der größten Finanzskandale aller<br />
Zeiten auf: die Elf-Affäre. Eva Joly gibt nur selten Interviews.<br />
Wir haben es dennoch geschafft, sie in einem Pariser Bistro<br />
zu einem persönlichen Gespräch zu treffen. Ihr gefiel der<br />
zugleich kritische und liebenswerte Blick von Frankreich<br />
erleben auf ihre Wahlheimat – eine Mischung aus Nähe<br />
und Distanz, die auch ihr Verhältnis zu Frankreich prägt.<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Madame Joly, was versinnbildlicht<br />
Frankreich für Sie?<br />
Für mich ist Frankreich Lebensfreude. Es<br />
sind die kleinen Glücksmomente des Alltags,<br />
ein frisches Brot, gute Lebensmittel, der Duft<br />
des Meeres in der Bretagne, die Austern, aber<br />
auch die Rauheit der Fischer.<br />
Wie haben die Franzosen Sie am Anfang aufgenommen?<br />
Meine Integration ging sehr schnell vonstatten.<br />
Mir fiel dabei vor allem die Sympathie<br />
auf, auf die ich als Ausländerin gestoßen bin.<br />
Die Leute waren sehr nachsichtig mit mir,<br />
insbesondere hinsichtlich meiner sprachlichen<br />
Fehler am Anfang. Außerdem hat mich die<br />
andere Lebenseinstellung der Franzosen begeistert.<br />
Frankreich hatte – ich weiß allerdings<br />
nicht, ob dies immer noch so ist – eine gute<br />
Tradition: Wenn<br />
Für viele<br />
Franzosen<br />
ersetzt das<br />
bloße Wort<br />
das Handeln,<br />
insbesondere in<br />
der Politik.<br />
man gut und bemüht<br />
war, wenn<br />
man Fertigkeiten<br />
mitbrachte, wurde<br />
man mit offenen<br />
Armen empfangen.<br />
Ich bin mir<br />
nicht sicher, ob<br />
eine französische<br />
Richterin in Norwegen<br />
genauso gut<br />
aufgenommen worden wäre wie ich in Frankreich.<br />
Hier erkennt man nicht nur die Fähigkeiten<br />
von Menschen an, sondern man ist auch<br />
bereit, Fremden eine Chance zu geben. Das ist<br />
wie im Café: Ist ein Kellner gut, kann er etwas<br />
erreichen. So auch bei der Auswahl der Richter.<br />
Das Verfahren berücksichtigt ausschließlich<br />
objektive Kriterien. So wurde ich selbst in der<br />
mündlichen Prüfung nicht wegen meines Akzentes<br />
diskriminiert. Ich finde das noch immer<br />
wunderbar, wenn ich daran zurückdenke.<br />
Dieser Geist hat mich die ganzen Jahre<br />
seitdem begleitet. Angefangen habe ich als<br />
stellvertretende Staatsanwältin in Orléans. In<br />
einem Prozess musste ich also öffentlich auftreten.<br />
Für mich als Ausländerin war dies eine<br />
echte Herausforderung. Ich hatte Angst, Fehler<br />
im Französischen zu machen, beispielsweise,<br />
dass ich bei einem Wort den falschen Artikel<br />
benutzen würde. Noch heute unterlaufen<br />
Eine ungewöhnliche Biografie<br />
Eva Joly macht keine halben<br />
Sachen, weder beruflich noch<br />
privat. Wenn sie ein Ziel vor Augen<br />
hat, dann will sie es auch erreichen.<br />
Es sind aber auch die Zufälle des<br />
Lebens, die sie werden ließen, was<br />
sie heute ist: eine starke Frau, die<br />
keine Angst vor den Mächtigen hat<br />
und unermüdlich für Gerechtigkeit<br />
kämpft. Eva Jolys Biografie ist<br />
erstaunlich. Geboren in den <strong>19</strong>50er-<br />
Jahren in Motzfelds Gate, einem<br />
ärmlichen Stadtteil von Oslo, fährt sie<br />
im <strong>Februar</strong> <strong>19</strong>64 mit dem Zug nach<br />
Paris, wo sie als Au-pair-Mädchen<br />
in einer gut bürgerlichen Familie<br />
im 6. Arrondissement arbeitet. Der<br />
älteste Sohn der Familie, Pascal,<br />
verliebt sich in sie und begleitet<br />
Eva im Juli <strong>19</strong>67 trotz der elterlichen<br />
Proteste zurück nach Oslo, wo beide<br />
heiraten. Das junge Ehepaar kehrt<br />
anschließend nach Paris zurück, wo<br />
Eva Joly Jura studiert.<br />
Ihren ersten Job findet die junge<br />
Frau <strong>19</strong>70 in der Firma des großen<br />
Meisters der französischen Musik<br />
der damaligen Epoche: Eddie<br />
Barclay. Dort bleibt sie aber nicht<br />
lange, sondern wird im Anschluss<br />
für ein paar Jahre Modestylistin.<br />
Ihre wirkliche Bestimmung entdeckt<br />
Eva Joly aber im Jahre <strong>19</strong>80, als sie<br />
zufällig an einem Werbeplakat vor<br />
dem Rathaus vorbeikommt, auf dem<br />
der Richterberuf angepriesen wird.<br />
Sie besteht das Auswahlverfahren<br />
zum Richteramt, eine der härtesten<br />
Prüfungen im Land, und wird stell vertretende<br />
Staatsanwältin in Orléans.<br />
Die französische Justiz ahnt zu<br />
diesem Zeitpunkt nicht, dass Eva Joly<br />
viel von sich reden machen wird.<br />
Sie wechselt alsbald ins Richteramt<br />
und wird eine der kämpferischsten<br />
und mutigsten Juristinnen in<br />
ganz Frankreich, jederzeit bereit,<br />
Gewohnheiten auf den Kopf zu<br />
stellen und sich bis zur Selbstaufgabe<br />
für die Gerechtigkeit einzusetzen.<br />
Eva Joly wird eine Richterin, die<br />
sogar die mächtigsten Männer und<br />
Frauen des Landes, seien es Minister<br />
oder Unternehmensführer, fürchten,<br />
insbesondere wenn sie in Jolys 13<br />
Quadratmeter großes Büro im Pariser<br />
Justizpalast vorgeladen werden. So<br />
etwas gab es in Frankreich noch nie<br />
zuvor.<br />
Mit viel Geduld nimmt sich die<br />
streitbare Richterin einem der<br />
größten politischen Skandale Frankreichs<br />
an: die Affäre um den Mineral<br />
ölkonzern Elf Aquitaine. Die Franzosen<br />
entdecken dabei einen nicht<br />
vorstellbaren Korruptionssumpf.<br />
Trotz vielfacher Bedrohungen lässt<br />
sich Eva Joly nicht einschüchtern.<br />
Mit Hilfe einiger Kollegen bringt sie<br />
die Un ter suchungen Stück für Stück<br />
voran. Es ist ein einsamer Kampf,<br />
doch die Richterin verliert niemals<br />
das Vertrauen ins Gerichtswesen.<br />
Dabei muss sie viel über sich<br />
ergehen lassen. Abends hat sie<br />
meist Angst, ihre Wohnungstür zu<br />
öffnen. Allerorts wird versucht, sie<br />
einzuschüchtern. Pressekampagnen<br />
sollen sie zusätzlich destabilisieren.<br />
Sogar Morddrohungen erhält die<br />
Richterin. Und dennoch verfolgt Eva<br />
Joly ihr Ziel gnadenlos und zieht die<br />
Angelegenheit durch.<br />
Doch während dieser zehn Jahre<br />
von <strong>19</strong>92 bis 2002 hat die mutige<br />
Frau kein Privatleben mehr. Wohin<br />
auch immer sie geht, zwei bis vier<br />
Bodyguards sind dabei. Eva Joly<br />
beschließt deshalb, nachdem<br />
die Elf-Akte geschlossen ist, nach<br />
Norwegen zurückzukehren, wo<br />
ihr die norwegische Regierung<br />
eine Beraterstelle für die weltweite<br />
Korruptionsbekämpfung anbietet.<br />
Sie nutzt die Chance, sich für diesen<br />
Kampf aus einer neuen Position<br />
heraus zu engagieren. Dabei<br />
geht es auch um die Suche nach<br />
Wegen, wie man der Korruption<br />
grundsätzlich vorbeugen kann.<br />
Doch damit ist ihre Karriere noch<br />
nicht zu Ende: Eva Joly kündigt<br />
nun an, für die Grünen bei den<br />
europäischen Parlamentswahlen<br />
in Paris anzutreten – neben Daniel<br />
Cohn Bendit.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 77
Frankreich Heute Eva Joly<br />
mir solche Fehler, wenn ich müde bin. Stellen Sie sich nur<br />
einmal vor, ich würde in einem Prozess anstatt un mythe<br />
(dt. Mythos) von une mythe sprechen. Die Aussprache wäre<br />
identisch mit une mite (dt. Motte), was etwas ganz anderes<br />
bedeutet. So ein Fehler hätte<br />
Gelächter hervorgerufen, was<br />
ich mir als Staatsanwältin<br />
nicht erlauben konnte.<br />
Das dachte ich zumindest.<br />
Doch bald stellte ich<br />
fest, dass mir die Franzosen<br />
so zuhörten, wie ich sprach,<br />
dass sie meine kleinen<br />
sprachlichen Fehler durchaus<br />
akzeptierten. Eine Kollegin<br />
in Orléans meinte einst zu<br />
mir: « Eva, es ist unglaublich,<br />
wie Dir die Menschen zuhören.<br />
Du sprichst nicht wie die<br />
anderen. Deshalb erweckst<br />
Du Aufmerksamkeit. Man<br />
hat sogar Angst vor Dir. » Ab<br />
diesem Moment wusste ich,<br />
dass meine « Andersartigkeit »<br />
eine Stärke war.<br />
Dabei wissen wir, dass Sie<br />
die französische Sprache lieben<br />
…<br />
Ja, das stimmt. Ich habe mit 20 Jahren begonnen, Französisch<br />
zu lernen. Nach rund einem Jahr konnte ich recht flüssig<br />
sprechen. Ich moderierte damals sogar eine französischsprachige<br />
Sendung im norwegischen Radio. Ich habe schon<br />
immer die Bilder hinter französischen Ausdrücken geliebt.<br />
Und auch die Präzision. Dank des Französischen fand ich<br />
sogar einen Zugang zur Philosophie. Norwegische Bücher<br />
vermochten mir<br />
das zuvor nicht<br />
In Frankreich kann<br />
man eigentlich alles<br />
sagen, was man will.<br />
Man mag die Konfrontation.<br />
Wichtig ist aber,<br />
wie man es sagt.<br />
Die Elf-Affäre erschüttert<br />
eine ganze Nation<br />
zu ermöglichen.<br />
Für mich ist das<br />
Franz ösische<br />
ein erhabenes<br />
intellektuelles<br />
Werkzeug.<br />
Es ist aber<br />
auch eine Sprache<br />
voller Ironie,<br />
der man oft<br />
die Tendenz der Heuchelei unterstellt. Dabei ist nicht die<br />
Sprache selbst un auf richtig, es ist mehr die Rhetorik dahinter<br />
und die Liebe der Franzosen zu blumigen Phrasen. Für<br />
viele Franzosen ersetzt das bloße Wort das Handeln, insbesondere<br />
in der Politik. Wenn Sarkozy etwa davon spricht,<br />
Die Affäre um den Mineralölkonzern Elf Aquitaine<br />
war eine der größten Korruptionsskandale der<br />
französischen Geschichte und erschütterte<br />
das ganze Land. Angefangen hatte alles mit<br />
der Entdeckung horrender Zahlungen an ein<br />
bankrottes Textilunternehmen. Doch schnell<br />
weitete sich der Skandal aus. Die anfangs von<br />
Eva Joly ganz allein geleiteten Untersuchungen<br />
führten zu einem riesigen Korruptionssumpf aus<br />
schwarzen Kassen, fiktiven Arbeitsverhältnissen und<br />
Schmiergeldzahlungen. Die Ausmaße gingen sogar<br />
über die Landesgrenzen hinaus, selbst die deutsche<br />
CDU war in den Skandal verstrickt. Politiker und<br />
Firmenbosse mussten vor der Justiz Rechenschaft<br />
ablegen. Am Ende der Affäre standen zahlreiche<br />
Verurteilungen. Außerdem deckte der Skandal<br />
Praktiken auf, die dem Funktionieren einer normalen<br />
Demokratie diametral gegenüberstanden.<br />
Steuerparadiese trockenlegen zu wollen, dann entnehme<br />
ich der Aussage einen klaren politischen Willen. Doch<br />
dann vermisse ich die greifbaren Vorstellungen, wie man<br />
das erreichen will. Ich glaube, die französische Sprache<br />
ermöglicht es stärker als das<br />
Norwegische oder vielleicht<br />
auch als das Deutsche, sich<br />
von bloßen Worten mitreißen<br />
zu lassen.<br />
Was fällt Ihnen heute nach<br />
all den Jahren in Frankreich<br />
noch besonders auf?<br />
Ohne Zögern, die Höflichkeit.<br />
In Frankreich kann<br />
man eigentlich alles sagen,<br />
was man will. Man mag die<br />
Konfrontation. Wichtig ist<br />
aber, wie man es sagt. In<br />
Norwegen ist es genau anders<br />
herum. Man mag keine<br />
Konfrontation, sucht immer<br />
den Konsens. Ich liebe die<br />
französische Höflichkeit. Sie<br />
gibt dem Leben eine gewisse<br />
Würze. Die Norweger haben<br />
davon keine Ahnung, sie sehen<br />
in der Höflichkeit sogar<br />
etwas Negatives. In ihren<br />
Augen drückt sie fehlende Authentizität aus.<br />
Ein weiterer Punkt ist das soziale Miteinander. In<br />
Frankreich kann man sich sein Leben nicht ohne soziale<br />
Kontakte vorstellen. Für Norweger ist es dagegen das<br />
größte Glück, irgendwo einsam in den Bergen zu sein. Die<br />
Franzosen träumen währenddessen von einem gemeinsamen<br />
Essen mit Freunden in einer lebhaften Brasserie. Als<br />
ich nach Norwegen zurückkam, fiel mir auch auf, dass jeder<br />
seine Wochen lange im Voraus verplant hatte. Es gab<br />
keinen Platz für Spontanität. An jedem Herbstwochenende<br />
fahren sie zu ihrer Hütte in den Bergen und im Frühjahr<br />
ans Meer. Das Leben ist sehr auf die Familie ausgerichtet.<br />
Es ist schwer, soziale Netzwerke zu knüpfen.<br />
In Frankreich erfreue ich mich dagegen an den<br />
vielen kleinen Momenten des zwischenmenschlichen<br />
Austauschs. Sei es ein gemeinsames Frühstück oder ein<br />
kurzer Kaffee zwischendurch. Ich mag die Diskussionen<br />
beim gemeinsamen Speisen. Es gibt viele Möglichkeiten<br />
während des Tages, sich kurz zu sehen, ohne viel Zeit<br />
miteinander zu verbringen. Wenn Sie in Norwegen dagegen<br />
jemanden einladen, muss alles lange vorher organisiert<br />
werden. In Frankreich können sie auch um 20.30<br />
Uhr auftauchen und sich um 23.00 Uhr wieder verabschieden.<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Sie sprechen viel von den positiven Seiten<br />
Frankreichs, doch das Land ging auch sehr<br />
hart mit Ihnen um …<br />
eingeprägt. Am Ende führt dies zu der<br />
Arroganz, die man den Franzosen gerne<br />
vorwirft.<br />
Ja, aber ich will mir dennoch eine objektive<br />
Betrachtung bewahren. Mein Vorteil<br />
ist, dass ich nicht zwischen dem einen<br />
oder dem anderen Land wählen muss. Ich<br />
habe 35 Jahre lang in Frankreich gelebt<br />
und wohne nun seit sechs Jahren in Norwegen.<br />
Die Rückkehr nach Skandinavien<br />
war sehr hart, aber auch sehr hilfreich.<br />
Wie sollte man etwa die<br />
unzureichende demokratische<br />
Struktur Frankreichs<br />
übersehen?<br />
Sie hat mir erlaubt, Frankreich wieder aus<br />
dem Blickwinkel einer Norwegerin zu<br />
betrachten. Mit der Distanz werden auch<br />
die Schwächen des Landes sichtbarer.<br />
Wie sollte man etwa die unzureichende<br />
demokratische Struktur Frankreichs übersehen?<br />
Eine Machtausübung, die stark an<br />
einzelne Personen gebunden ist, das Fehlen<br />
von Beratung und Respekt gegenüber der<br />
Justiz, ja sogar die Auswüchse dergleichen?<br />
Wenn ein Fall in Norwegen nach neun<br />
Monaten nicht vorangekommen ist, verstärkt<br />
man die Anstrengungen. Man lässt<br />
die Situation sich nicht verschlimmern.<br />
In Frankreich ist es genau andersherum.<br />
Das Handeln der Norweger ist außerdem<br />
sehr durchdacht. Bevor man eine Reform<br />
durchführt, hat man alle Betroffenen angehört<br />
und Vor- und Nachteile gründlich<br />
abgewogen. Es wäre beispielsweise undenkbar,<br />
die Strafprozessordnung wie in<br />
Frankreich kurzerhand abzuändern, nur<br />
weil ein Jugendlicher in einem Gefängnis<br />
Selbstmord begangen hat.<br />
Und da ist natürlich die sprichwörtliche<br />
Arroganz der Franzosen. Es existiert<br />
in diesem Land eine große Offenheit und<br />
Neugierde gegenüber der Welt. Doch die<br />
Kehrseite der Medaille ist eine gewisse<br />
Überheblichkeit. Dies liegt auch am elitären<br />
Anspruch der Nation. Den Franzosen<br />
wird beigebracht, dass sie die besten seien.<br />
Es wird ihnen schon im Kleinkindalter<br />
Einige hohe Politiker und Geschäftsmänner<br />
haben ihre Arroganz sicherlich schnell ablegen<br />
müssen, wenn sie von Ihnen im Gericht<br />
vorgeladen wurden, oder?<br />
Nein. Genau das funktioniert so in<br />
Frankreich nicht. Einige hatten vergessen,<br />
dass wir in bestimmten Situationen<br />
alle gleich sind. Viele der hohen<br />
Herrschaften, die ich in mein<br />
Büro vorlud, würden daran auch<br />
heute noch nicht einmal denken.<br />
Es heißt so schön: Gleichheit,<br />
Freiheit, Brüderlichkeit. In<br />
meiner Tätigkeit habe ich aber<br />
gemerkt, wie sehr die Gleichheit<br />
an Wichtigkeit verloren hat.<br />
Man zögerte noch nicht einmal, mir zu<br />
sagen: « Kümmern Sie sich nicht darum,<br />
wir werden das anders regeln ». Natürlich<br />
auf Wegen, die weder transparent noch<br />
demokratisch waren. Man hat mir oft zu<br />
verstehen gegeben, dass ich kleingeistig<br />
sei, dass ich aus selbstsüchtigen Gründen<br />
versuche, das Leben von Ministern oder<br />
Unternehmenschefs zu stören.<br />
Paradoxerweise haben diese Reaktionen<br />
mir aber erst recht die Macht meines<br />
Amtes bewusst gemacht. Es ist die<br />
Kraft der Institution. Wenn man nicht<br />
einknickt, können sie nichts gegen einen<br />
unternehmen. In solchen Situationen<br />
muss man den Zorn beiseite schieben und<br />
wie ein Interpret von Mozart sein: die<br />
Technik beherrschen und die Partitur gut<br />
spielen. Das Amt des Richters ist stark.<br />
Haben Sie immer<br />
darauf vertraut?<br />
Ja. Natürlich gab<br />
es Momente, in denen<br />
ich kurz vor einem<br />
Z u s a m m e n b r u c h<br />
stand. Doch ich<br />
habe von einer großen<br />
Unterstützung<br />
in der Bevölkerung profitiert. Für mich hat<br />
die Elf-Affäre zwei Erkenntnisse gebracht.<br />
Zum einen dachte ich vorher, dass die inter-<br />
Für viele französische<br />
Politiker bin ich eine<br />
Aussätzige. In der Metro<br />
gratuliert man mir dagegen<br />
für meine Arbeit.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 79
Frankreich Heute Eva Joly<br />
nationalen Institutionen vertrauenswürdig seien. Durch diese<br />
Affäre habe ich jedoch begriffen, dass es Finanzströme gibt,<br />
die sich jeglicher Kontrolle entziehen. Zum anderen wurde<br />
mir klar, dass man Lösungen finden muss, die Steueroasen<br />
auf der Welt zu<br />
regulieren. Die<br />
norwegische Regierung<br />
erlaubt mir<br />
seit sechs Jahren an<br />
Lösungsansätzen<br />
zu arbeiten. Konkrete<br />
Maßnahmen<br />
sind möglich. Die aktuelle Finanzkrise hat sogar gezeigt, dass<br />
mehr Transparenz wichtiger ist denn je.<br />
Ich bin keine Grüne. Ich bin eine<br />
Bürgerin, die sich für mehr Transparenz<br />
und Demokratie einsetzt.<br />
Werden Sie in den Straßen Frankreichs von den Menschen<br />
erkannt?<br />
Ich hatte nie vor, in die Politik<br />
zu gehen. Als ich nach Norwegen<br />
zurückkehrte, entdeckte ich, dass<br />
mir das Land eine bessere Plattform<br />
für den Kampf gegen die Korruption<br />
bietet als Frankreich. Meine Arbeit<br />
bekam mehr Gewicht, weil ein Land<br />
dahinter stand. Ich habe in Norwegen<br />
auch eine unglaubliche Freiheit kennengelernt.<br />
In Frankreich wurde der<br />
oberste Polizeidirektor kalt gestellt,<br />
da er die strenge Einwanderungspolitik<br />
der Regierung kritisierte. In Norwegen<br />
ist die Meinungsfreiheit der<br />
Beamten heilig. Natürlich darf man<br />
nicht diffamieren, aber man darf seine<br />
Meinung ausdrücken. Ich habe sechs<br />
wunderbare Jahre hinter mir.<br />
Doch nun habe ich das Gefühl,<br />
dass ich als Beraterin in Norwegen<br />
alles gemacht habe, was ich machen<br />
konnte. Die Zeit ist reif für etwas<br />
Neues. Ich kenne die Funktionsweisen<br />
internationaler Organisationen und habe einiges von<br />
der Welt gesehen. Als Politikerin ist es wichtig, Dinge<br />
verstehen zu können. Europa bietet eine gute Plattform für<br />
Veränderungen. Hier kann man viel mehr anschieben als<br />
von Norwegen aus.<br />
Und warum treten Sie<br />
für die Grünen an?<br />
Für mich ist die<br />
Partei eine Plattform.<br />
Ich bin keine Grüne.<br />
Ich bin eine Bürgerin, die sich für mehr Transparenz und<br />
Demokratie einsetzt. Die Plattform der Grünen passt zu<br />
mir, denn meine Mitstreiter sind wie ich Mitglieder der Zivilgesellschaft,<br />
Menschen, die etwas verändern wollen. Ich<br />
glaube, dass ist eine einmalige Chance.<br />
Ja. Es ist schon komisch. Für viele französische Politiker<br />
bin ich eine Aussätzige. In der Metro gratuliert man mir<br />
dagegen für meine Arbeit. Auf jeden<br />
Fall habe ich alles aufgeschrieben.<br />
Meine Bücher erzählen detailliert<br />
meine Geschichte und Gedanken. 15<br />
Jahre Arbeit. Ich denke, es ist wichtig,<br />
Spuren zu hinterlassen.<br />
Madame Joly, wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei und<br />
danken Ihnen für das Gespräch.<br />
Warum haben Sie sich entschieden,<br />
bei den europäischen Parlamentswahlen<br />
für die Grünen in Paris anzutreten?<br />
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Frankreich heute Françoise Sagan<br />
Françoise Sagan <strong>19</strong>57 nach ihrem Autounfall.<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Françoise<br />
Sagan<br />
Innere Einsamkeit und der Drang nach Freiheit<br />
Als Françoise Sagan 2004 starb, war sie die<br />
bekannteste französische Schriftstellerin<br />
weltweit. Ihre Bücher wurden in 22 Sprachen<br />
übersetzt und die Verkäufe überstiegen allein<br />
in Frankreich die 30-Millionen-Marke. Frankreich<br />
verlor mit ihr nicht nur eine bekannte Autorin,<br />
sondern eine Frau, die exemplarisch für das<br />
Lebens- und Freiheitsgefühl einer ganzen<br />
Generation stand. In Deutschland kommt<br />
dieser Tage der Film « Bonjour Sagan » in die<br />
Kinos, was wir zum Anlass nehmen, an diese<br />
außergewöhnliche Frau zu erinnern.<br />
Françoise Sagan – das ist vor<br />
allem ein ganz eigener Stil. Der<br />
einer Frau, die mehr als alles<br />
andere die Niveaulosigkeit verabscheute.<br />
Entsprechend stilbewusst verfasste<br />
sie bereits Anfang der <strong>19</strong>90er-Jahre ihren<br />
eigenen Nachruf: « Sie betrat <strong>19</strong>54<br />
die Bühne der Weltöffentlichkeit mit<br />
dem kleinen Roman ‹ Bonjour tristesse ›<br />
und erregte damit einen Skandal. Sie<br />
trat nach einem schludrigen Leben mit<br />
einem ebenso schludrigen Werk wieder<br />
ab, was ein Skandal war – aber nur für<br />
sie selbst. »<br />
Über den Skandal ihres ersten Romans,<br />
den sie im Alter von gerade einmal<br />
18 Jahren verfasste, würde sie heute<br />
sicher nur noch müde lächeln können.<br />
In « Bonjour tristesse » verbringt<br />
die 17-jährige Heldin den Sommer<br />
mit einem Jungen und schläft mit ihm,<br />
ohne jedoch in ihn verliebt zu sein. Es<br />
gab nichts weiter Aufregendes in diesem<br />
Roman, vergleicht man ihn jedenfalls<br />
mit heutigen<br />
Literaturskan dalen.<br />
Dabei war das eigentlich<br />
Anrüchige<br />
gar nicht das Verhältnis<br />
der jungen<br />
Frau. Das Anstößige, zu mindest zur<br />
damaligen Zeit, war der Umstand,<br />
dass die Heldin davon eben nicht in<br />
andere Umstände kam. Wie konnte<br />
ein Schriftsteller, noch dazu eine Frau,<br />
es wagen, ein derart freies Leben zu<br />
beschreiben, ohne die Heldin dafür<br />
mit einer Schwangerschaft zu bestrafen?<br />
Soviel Freizügigkeit kam in den<br />
prüden <strong>19</strong>50er-Jahren einer Revolution<br />
gleich, zu einer Zeit, als die Pille<br />
noch nicht erfunden und die sexuelle<br />
Befreiung noch in weiter Ferne war.<br />
Das Buch erschien sogar zwei Jahre<br />
vor Roger Vadims epochemachenden<br />
Film « Und Gott schuf das Weib », in<br />
dem die junge Brigitte Bardot als unersättliche<br />
Frau schockierte.<br />
F r a n ç o i s e<br />
Sagan schrieb<br />
über 50 Bücher,<br />
in denen sie<br />
ernste Themen<br />
auf leichte Weise<br />
aufgriff. Ihre<br />
Lebensphilosophie<br />
war dabei<br />
immer präsent:<br />
« Es zählt vor<br />
allem, mit dem<br />
eigenen Leben<br />
im Einklang<br />
zu sein. Und<br />
mit dem Leben<br />
ü b e r h a u p t . »<br />
Glücklich zu<br />
sein heißt also<br />
vor allem, zu<br />
sich selbst ehrlich<br />
zu sein, auch wenn das die anderen<br />
zuweilen erstaunen mag. Damit<br />
wundert es auch nicht, dass Françoise<br />
Sagan, die linken Ideen immer sehr<br />
nahe stand, trotzdem luxusversessen<br />
verkünden konnte: « In einem Jaguar<br />
lässt es sich eben besser heulen als in<br />
einem Autobus. »<br />
Die Grande-Dame der französischen<br />
Literatur wurde am 21. Juni<br />
<strong>19</strong>35 als Françoise Quoirez geboren<br />
und wuchs als drittes Kind einer<br />
bürgerlichen Familie in Cajac im südwestfranzösischen<br />
Departement Lot<br />
auf. Bereits im Alter von zwölf Jahren<br />
machte sie auf sich aufmerksam – allerdings<br />
nicht zur Zufriedenheit ihrer<br />
Eltern. Denn man beklagte sich in der<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 83
Frankreich heute Françoise Sagan<br />
Klosterschule, die die kleine Françoise<br />
besuchte, über die mangelnde Spiritualität<br />
des Mädchens. Doch<br />
auch ohne diese erlangte<br />
Françoise <strong>19</strong>51 das Abitur mit<br />
der sensationellen Note von<br />
17 (von 20) Punkten. In ihrer<br />
Französischprüfung kündigte<br />
sich die künftige Schriftstellerin<br />
vielleicht schon an.<br />
Sie schrieb über das Thema:<br />
« Welche Ähnlichkeit hat die<br />
Tragödie mit dem wahren<br />
Leben? »<br />
Ihre Karriere begann<br />
kometengleich bereits mit<br />
dem ersten Buch. Sagan<br />
schrieb « Bonjour tristesse »<br />
innerhalb weniger Wochen<br />
im Sommer <strong>19</strong>53, als sie<br />
sich an der Sorbonne langweilte.<br />
Der Verleger René<br />
Juilliard, einer der wichtigsten<br />
der Hauptstadt, las<br />
das Buch in einer Nacht<br />
und entschied am nächsten<br />
Morgen, es zu veröffentlichen.<br />
Vier Jahre später überschritten<br />
die Verkäufe bereits die 4-Millionen-<br />
Marke. Das Buch wurde Kult und zum<br />
Symbol einer Generation, die nach<br />
Freiheit und Emanzipation der Frau<br />
dürstete. Marguerite Duras, Juliette<br />
Gréco, Brigitte Bardot und nicht zuletzt<br />
mit diesem Buch auch Françoise<br />
Sagan waren wesentlich an einem<br />
neuen Bild der jungen Französin beteiligt:<br />
unabhängig und autonom in<br />
ihrer Sexualität.<br />
Mit 18 Jahren bekam Sagan von<br />
ihrem Verleger als Honorar 500.000<br />
alte Francs überwiesen. Für eine unbekannte<br />
Autorin auch heute noch<br />
eine stattliche Summe. Ihr Vater riet<br />
ihr, sofort alles auszugeben. Er kannte<br />
nur zu gut die Verschwendungssucht<br />
seiner Tochter. Sie tat es auch sofort,<br />
war sehr freigiebig und umgab sich mit<br />
einem großen Freundeskreis. « Ich lud<br />
30 Leute für den Sommer zu mir nach<br />
Saint-Tropez ein. Das tat ich fünf Jahre<br />
lang. Danach war ich mit Schulden<br />
nur so überhäuft », gestand sie später in<br />
einem Interview. Ihre finanzielle Situation<br />
sollte sich zeitlebens nicht mehr<br />
bessern, schon seit <strong>19</strong>60 gaben ihr die<br />
Banken keine Schecks mehr. Sie verprasste<br />
die Vorschüsse auf ihre nächsten<br />
Bücher mit einer Geschwindigkeit, dass<br />
die Gerichtsvollzieher bei ihr ein- und<br />
ausgingen. Sie konnte sich schließlich<br />
in das Einzige retten, das wirklich noch<br />
ihr gehörte: ein kleines Haus in Equemauville,<br />
das sie in einem lichten Moment<br />
im August <strong>19</strong>58 erstanden hatte,<br />
nachdem sie das Geld dafür gerade im<br />
Spielkasino gewonnen hatte.<br />
Neben dem Glücksspiel liebte Françoise<br />
Sagan die schnellen Autos, die für<br />
sie « die Sorgen im Wind zu zerzausen »<br />
bedeuteten. Sie versteckte,<br />
ganz ihrem<br />
Ideal der Offenheit<br />
und Freiheit entsprechend,<br />
ihre Neigung<br />
zu den schnellen<br />
Sportwagen nie. Eine<br />
Anekdote aus dem<br />
Jahr <strong>19</strong>68, die sie in<br />
ihren Erinnerungen<br />
« Derrièr l’épaule »<br />
(dt. «Mein Blick zurück.<br />
Erinnerungen»)<br />
beschreibt, beweist das:<br />
« Ich fuhr stets sehr rasant<br />
und eines Tages warf man<br />
mir meine Liebe zu Sportwagen<br />
vor. Im Odéon, wo<br />
sich eine Menge junger<br />
Leute zum Diskutieren<br />
versammelt hatte, wurde<br />
unter großem Applaus und<br />
Gejohle nach mehr<br />
Freiheit und dem<br />
Systemsturz verlangt.<br />
Das Mikro ging von<br />
einem zum anderen<br />
und die Diskussion<br />
führte schließlich<br />
vom Kartoffelpreis bis<br />
zum Stummfilmkino.<br />
Einer fand sich, der<br />
mitten in der Diskussion<br />
schrie: ‹ Madame<br />
Sagan, die ihre revolutionären<br />
Freunde hier unterstützt, ist<br />
selbstverständlich im Ferrari angereist. ›<br />
Buhrufe wurden laut und ich verstand<br />
kaum noch, was die Leute skandierten.<br />
Man reichte mir das Mikro, das gute<br />
zwei Minuten brauchte, ehe es endlich<br />
bei mir ankam. Dadurch gewann ich<br />
Zeit, eine gepfefferte Antwort zu finden<br />
– fand aber keine. Also stand ich<br />
nur auf und schrie mit fester Stimme:<br />
‹ Das ist falsch: Es ist ein Maserati!› »<br />
Ihre Sportwagen waren manchmal,<br />
ganz abgesehen von dem finanziellen<br />
Ärger, nicht ganz legal auf den Straßen<br />
unterwegs. Der Schriftstellerkollege<br />
Daniel Rondeau erinnerte sich<br />
in einem Gespräch mit dem Express:<br />
« Ich weiß noch, wie sie mir eines<br />
Tages ihr Auto gab. Sagans Austin<br />
hatte ein Lenkrad aus Holz und einen<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Schwarz Weiss Filmverleih<br />
aufgemotzten Motor mit einer irren<br />
Beschleunigung. ‹ Es gibt da nur ein<br />
kleines Problem ›, sagte sie mir in umständlicher<br />
Art. Ich verstand nach einer<br />
Weile schließlich, dass der Wagen<br />
nicht angemeldet war. Das war praktisch,<br />
weil sie keine Bußgelder für ihre<br />
Geschwindigkeitsüberschreitungen zu<br />
erwarten hatte. Aber es war klar, dass<br />
der Wagen bei einer Polizeikontrolle<br />
sofort eingezogen werden würde. Zwei<br />
Jahre fuhr ich den Austin, bis ich ihn<br />
nach ein paar brenzligen Situationen<br />
mit der Polizei wieder abgab. » Auch<br />
das gehört zu Sagan – großzügige<br />
Geschenke und kleine Gesetzesübertretungen.<br />
Als sie <strong>19</strong>57 nach einem schweren<br />
Unfall in ein Krankenhaus eingeliefert<br />
und wegen der starken Schmerzen die<br />
Bekanntschaft mit Morphium machte,<br />
verfiel sie für den Rest ihres Lebens<br />
den Drogen und konnte sich nie wieder<br />
davon trennen. Trotz aller Alkohol-<br />
und Drogenexzesse hörte sie nie<br />
auf zu schreiben und fand Eingang in<br />
die höchsten Kreise des literarischen<br />
und politischen Lebens. Auch dort<br />
nahm sie nie ein Blatt vor den Mund.<br />
Als sie <strong>19</strong>79 Präsidentin der Jury<br />
der Filmfestspiele von Cannes war,<br />
machte sie den Druck und die Nebenabreden<br />
öffentlich, die die Juroren<br />
dazu zwangen, die Goldene Palme an<br />
« Die Blechtrommel » und an « Apocalypse<br />
Now » gleichzeitig zu vergeben.<br />
Befreundet war sie auch mit dem<br />
Präsidenten François Mitterrand. Im<br />
Winter <strong>19</strong>85 nahm er sie mit auf eine<br />
offizielle Reise nach Bogota in Kolumbien.<br />
In der Höhe von 2.600 Metern<br />
erlitt sie aber einen Lungenkollaps und<br />
musste in die Heimat zurückgebracht<br />
werden, wo sie sich nur langsam wieder<br />
erholte. Der Präsident sagte nach<br />
ihrer Genesung: « Das nächste Mal,<br />
meine Liebe, begleiten Sie mich nur in<br />
ein flaches Land. »<br />
Die Frau, die vom Dichter François<br />
Mauriac liebevoll « das charmante kleine<br />
Monster » genannt wurde, blieb zeitlebens<br />
ein Partygänger und liebte den<br />
Alkohol, das Glücksspiel, die Kasinos<br />
und die Pferderennen. Sagan sprach<br />
davon in ihren Büchern mit einer Kraft,<br />
die eine tiefe Lebenslust verriet. Gleichzeitig<br />
litt sie unter einer tiefen inneren<br />
Leere, die sie mit einem exzessiven Lebensstil<br />
zu überwinden suchte. Sagan<br />
hat andere nie für ihren Lebenswandel<br />
verurteilt und wollte für ihren eigenen<br />
genauso wenig verurteilt werden. Jeder<br />
solle sein Leben so führen, wie es<br />
ihm beliebt. « Die Gesetze sind dafür<br />
da, sich an die Menschen anzupassen.<br />
Nicht umgekehrt », sagte sie <strong>19</strong>95. Da<br />
war sie in einer Aufsehen erregenden<br />
Affäre mit vielen anderen Stars aus dem<br />
Showbiz wegen Kokainmissbrauchs<br />
angeklagt und wurde zu einem Jahr auf<br />
Bewährung und einer Geldstrafe von<br />
40.000 Francs verurteilt.<br />
Am 24. September 2004 verstarb<br />
Françoise Sagan im Krankenhaus von<br />
Honfleur. Noch im Frühjahr 2003 war<br />
sie von einem Journalisten des Express<br />
gefragt worden: « Was ist für Sie ein<br />
gelungenes Leben, Madame Sagan? »<br />
Und sie hatte geantwortet: « Was mich<br />
betrifft, würde ich nicht sagen, dass<br />
mein Leben gelungen ist. » Und nach<br />
einer langen Pause: « Aber es ist mir<br />
gelungen, das zu tun, was mir immer<br />
gefallen hat: durch das Schreiben zu<br />
leben. » Das ist wohl die Essenz des<br />
Lebens dieser Frau, die von einem<br />
Skandal in den nächsten schlitterte,<br />
die ihre Berühmtheit mit einem Achselzucken<br />
abtat und die sich eine beinahe<br />
kindliche Natürlichkeit bewahrt<br />
hatte. Sagan war zwar die meistgelesene<br />
französische Autorin der zweiten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts, doch hat<br />
sie nie einen der großen französischen<br />
Literaturpreise bekommen. Vielleicht<br />
war ihr Leben zu unkonventionell dafür<br />
…<br />
Sylvie Testud, die die Sagan im<br />
Film von Diane Kurys so meisterhaft<br />
verkörpert, sagte über ihre Figur:<br />
« Man wird mich nicht für verrückt<br />
halten, wenn ich sage, dass nur ein<br />
Zehntel des Lebens der Sagan aufregender,<br />
lebendiger und lustvoller ist als<br />
zehn mittelmäßige, sparsame und gut<br />
geführte Leben. Ohne Sagan wäre kein<br />
einziger großer Text erschienen, aber<br />
30 mittelmäßige und längst vergessene<br />
Bücher. Françoise Sagan hinterlässt<br />
eine ungreifbare und brilliante Arbeit,<br />
die wir nie ganz erreichen werden, so<br />
sehr wir uns auch mühen. »<br />
SYLVIE TESTUD<br />
in einem Film von DIANE KURYS<br />
„Mit ihrem Lebensstil hat<br />
Françoise Sagan den französischen<br />
Frauen zu einem Selbstvertrauen<br />
verholfen, das die Feministinnen<br />
anderer Länder nie erreicht haben.“<br />
Die Zeit<br />
„Diane Kurys zeigt die<br />
unglaubliche Freiheit der Gedanken<br />
von Françoise Sagan, die ihrer Zeit<br />
weit voraus war, und in ihren besten<br />
Momenten an Oscar Wilde erinnert<br />
... ein Enfant terrible der Literatur.<br />
Sylvie Testud zeigt mit ihrer<br />
großartigen Leistung eine Seele<br />
auf Irrwegen, die verborgen<br />
hinter ihrer Leichtsinnigkeit,<br />
existentielle Fragen stellt.“<br />
arte<br />
Ab 1. <strong>Januar</strong> im Kino<br />
www.schwarzweiss-filmverleih.de
Frankreich heute Marianne<br />
Marianne<br />
Umkämpftes Symbol<br />
der französischen Republik<br />
Deutschland hat seine Germania, Frankreich die Marianne.<br />
Seit Generationen vereinigt letztere die Hoffnungen und Ängste der<br />
Franzosen. Die einen charakterisieren sie als jung, schön und friedliebend –<br />
für andere bedeutet sie das Antiquierte, Hässliche und Kriegerische.<br />
Alle aber verbinden mit der Marianne ihre Vision von der französischen Republik.<br />
Kürzlich erschien in Frankreich ein Buch, das Karikaturen der Marianne aus<br />
zwei bewegten Jahrhunderten vereinigt. Es bietet einen originellen Streifzug<br />
durch die politische und soziale Geschichte Frankreichs.<br />
Nach der Französischen Revolution von 1789 und der<br />
Gründung der Ersten Republik 1792 war in Frankreich<br />
das Bedürfnis verbreitet, die gewaltigen Veränderungen<br />
in einem Symbol zu verkörpern. Ein Symbol<br />
mit menschlichen Zügen, das als offizielles Staatssiegel dienen<br />
sollte. Man entschied sich für<br />
eine Frauengestalt, die den Freiheitshut<br />
tragen sollte – die phrygische<br />
Mütze. Mit solchen roten<br />
Mützen kleideten sich im Alten<br />
Rom die Sklaven, wenn ihnen<br />
ihre Freiheit zurückgegeben werden<br />
sollte. Die Revolutionäre<br />
übernahmen die Mütze vor allem<br />
auch, um sich von den katholischen<br />
Symbolen des Mittelalters<br />
abzugrenzen.<br />
Die « Frau der Freiheit », die<br />
mehr oder weniger die französische Republik verkörpert,<br />
hatte zunächst keinen Namen – oder genauer: keinen Vornamen.<br />
Man fand ihn schließlich im Süden Frankreichs in<br />
einem Revolutionslied, das Guillaume Lavabre wenige Tage<br />
nach der Proklamation der Republik geschrieben hatte. Es<br />
hieß « Marianne ». Obwohl der Name von den beiden Vornamen<br />
Marie und Anne abstammt, die bei der katholischen<br />
Bevölkerung sehr beliebt waren und ausgerechnet von einigen<br />
Königinnen getragen wurden (Anne von Österreich,<br />
Marie de Médicis, Marie-Antoinette), wurde er aus einer<br />
Laune der Geschichte heraus<br />
auch das Symbol für den epochalen<br />
Regimewechsel. Denn<br />
die Zusammenfügung « Marianne<br />
» war in der damaligen Zeit<br />
sehr verbreitet – bei den Mägden<br />
auf dem Land und dem Dienstpersonal<br />
der Bourgeoisie. Dass<br />
« Marianne » nun der Name des<br />
Symbols der Republik werden<br />
sollte, hörte sich fast an wie eine<br />
Das offizielle Symbol der französischen Republik. Revanche des Frankreichs der<br />
unteren Schichten.<br />
Die Abbildungen der Marianne waren im Laufe der<br />
Geschichte nicht immer schmeichelhaft, riefen sie doch<br />
genauso viel Verehrung wie tiefe Abneigung hervor. Die<br />
Marianne wurde zum beliebten Motiv der Karikaturisten<br />
und von den verschiedensten Lagern vereinnahmt.<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Für die Monarchisten und<br />
Bonapartisten war die Marianne<br />
eine hassgeliebte Figur, die sie<br />
in hämischen Darstellungen<br />
verspotteten. Die arme Frau<br />
wurde als fette Matrone mit<br />
riesigen Brüsten dargestellt und<br />
bekam die Figur eines aufgehenden<br />
Hefeteiges verpasst. Man<br />
gestaltete nach ihr sogar die<br />
Griffe der Tischklingeln, mit<br />
denen die feinen Leute des Adels<br />
und Bürgertums ihre Bediensteten<br />
zu rufen pflegten. Einen<br />
beißenderen Spott (der Macht)<br />
konnte es wohl kaum geben.<br />
Seit ihrer Geburt wurde die Marianne<br />
als Symbol der Republik in jeden<br />
politischen Streit hineingezogen. Die<br />
Zeichnung, die Alfred Le Petit in der<br />
Zeitschrift Lyon Républicain am 25. April<br />
1880 veröffentlichte, ist dafür exemplarisch:<br />
Papst Pius IX. hatte gerade das<br />
Unfehlbarkeitsdogma verkündet und die<br />
« Auswüchse der Moderne » verurteilt. Im<br />
katholischen Frankreich war die Republik<br />
schlecht angesehen und in Paris wurde,<br />
um die « Sünde » der Pariser Kommune<br />
von 1871 zu tilgen, die Kirche Sacre-<br />
Cœur erbaut. Die katholische Kirche<br />
versuchte mit aller Macht, die Wahlen zu<br />
beeinflussen und unterstützte die Monarchisten.<br />
Die Abbildung aber zeigt eine<br />
Marianne, die sich der Kleriker als eine<br />
unbesiegbare « Frau Gulliver » erwehrt.<br />
Eine der berühmtesten Abbildungen<br />
der Marianne spiegelt<br />
den erbitterten Kampf um den<br />
Einfluss in der Schulbildung Ende<br />
des <strong>19</strong>. Jahrhunderts wider. Die<br />
Kirchenoberen beanspruchten<br />
genauso wie die Republikaner, die<br />
Kinder Frankreichs zu unterrichten<br />
– jeder seinen eigenen Werten<br />
verpflichtend. Auf dem Bild von<br />
Roubille, das im Le Rire vom 26.<br />
März <strong>19</strong>04 erschien, stehen sich<br />
eine schwarzgekleidete Nonne<br />
und die in grellem Rot dargestellte<br />
Marianne als Verteidigerin der Republik drohend<br />
gegenüber und streiten sich um das Schulkind,<br />
das von ihnen fast zerfetzt zu werden droht.<br />
Bildband<br />
Marianne dans tous ses états<br />
La République en caricature<br />
de Daumier à Plantu<br />
Guillaume Doizy und Jacky<br />
Houdré<br />
Editions Alternatives Paris 2008<br />
144 Seiten (nur auf Französisch)<br />
ISBN 978-286227-567-3<br />
www.editionsalternatives.com<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 87
Frankreich heute Marianne<br />
Die<br />
Marianne<br />
war aber auch<br />
ein Symbol für die<br />
Selbstverteidigung<br />
Frankreichs. Besonders<br />
in Kriegszeiten war das<br />
ein stets wiederkehrendes<br />
Motiv. Eine Marianne, die sich<br />
anschickt, in den Krieg zu ziehen,<br />
um ihre Ideale zu verteidigen,<br />
gestaltete Fabiano für die Zeitschrift<br />
La Baönnette vom 29. Juni <strong>19</strong>16. In der<br />
Sonderausgabe wird einer der wichtigsten<br />
Waffen des Ersten Weltkriegs gehuldigt, dem<br />
Bajonette. Für die « poilus » (dt. sinngemäß die<br />
Bärtigen), wie die Franzosen ihre Soldaten damals<br />
nannten, weil sie in den Schützengräben keine Gelegenheit<br />
hatten, sich zu rasieren, war das Bajonette das<br />
Markenzeichen des Krieges. Hier wird es als Bleistift dargestellt<br />
und Marianne, halb militärisch, halb zivil gekleidet ist<br />
ein Bild dafür, dass der Krieg immer auch ein Krieg der Worte ist.<br />
Marianne-Büsten<br />
In den Rathäusern Frankreichs findet sich neben dem Bildnis des aktuellen<br />
Präsidenten immer auch eine Büste der Marianne. Mit ziemlichem<br />
Brimborium wählt die fran zösische Bürgermeister-Vereinigung alle paar<br />
Jahre ein neues Modell, nach dem die Marianne als « die » typische<br />
Französin gestaltet wird. In den letzten Jahren waren dies:<br />
<strong>19</strong>68: Brigitte Bardot<br />
<strong>19</strong>78: Mireille Mathieu<br />
<strong>19</strong>85: Catherine Deneuve<br />
<strong>19</strong>89: Inès de la Fressange<br />
2000: Laetitia Casta<br />
2003: Evelyne Thomas<br />
Die jeweilige Wahl ist allerdings nur ein Vorschlag. Jeder Bürgermeister<br />
kann die Marianne nach dem Vorbild wählen, das ihm beliebt. Allzu<br />
oft geschieht das jedoch nicht. Denn meistens wird nur dann eine<br />
neue Büste angeschafft, wenn die alte beschädigt, zerbrochen oder<br />
gestohlen ist.<br />
88 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Auch in Zeiten, in denen die<br />
Einheit der Republik in Gefahr<br />
war, stand die Marianne für die<br />
Abwehr innerer Feinde. Sie sollte<br />
die Bevölkerung für drohende<br />
Gefahren sensibilisieren und die Notwenigkeit von<br />
Veränderung symbolisieren. Dabei haben sich ihrer alle<br />
politischen Strömungen bemächtigt. <strong>19</strong>36 zum Beispiel<br />
gewannen die linken Kräfte die Parlamentswahl und Léon<br />
Blum wurde neuer Ratspräsident. Als er versuchte, die<br />
Lebensbedingungen der Arbeiter zu verbessern, zog er den<br />
Hass der Rechten auf sich. Das zeigt das Bild von A.R.<br />
Charlet aus dem L’Espoir français vom 17. September <strong>19</strong>37:<br />
Eine verhärmte und ausgelaugte Marianne wird von zwei<br />
riesigen Krebsen ausgesogen, die die Zeichen der Kommunistischen<br />
Partei und der linken Kräfte auf ihren Panzern<br />
tragen. Auf einem weiteren Bild des gleichen Künstlers<br />
vom 1. November <strong>19</strong>37 wird die Marianne gleichzeitig vom<br />
Nationalsozialismus und vom Kommunismus bedroht.<br />
Die letzte Abbildung<br />
zeigt eine Marianne, die<br />
die Redefreiheit symbolisiert.<br />
Ohne diese hätte<br />
es ja all die Karikaturen<br />
der Marianne nicht geben<br />
können. Rolan Topor wirft<br />
auf der Zeichnung vom 8.<br />
Juli <strong>19</strong>68 dem Staat vor,<br />
die Meinungsfreiheit mit<br />
Füßen zu treten. General de<br />
Gaulle steht einer Marianne<br />
gegenüber, die nach den<br />
Ereignissen des Mai <strong>19</strong>68<br />
die freie Rede einfordert.<br />
Egal, welcher politischen<br />
Strömung man angehört –<br />
so eine Marianne muss doch<br />
eigentlich allen gefallen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 89
Frankreich heute Museumsboutiquen<br />
Frankreichs Museen<br />
Die Museenvielfalt Frankreichs ist berühmt. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass sich die<br />
Museen mehr und mehr eines durchaus profitablen Geschäftsmodells bedienen, um über<br />
die Runden zu kommen. Museumsshops sind das Gebot der Stunde und bilden einen<br />
Wirtschaftssektor, dem eine glänzende Zukunft vorausgesagt wird.<br />
Vor kurzem erschien in Frankreich eine Broschüre, um<br />
die nicht viel Aufhebens gemacht wurde. Natürlich<br />
nicht, denn sie richtete sich an ein ganz kleines und<br />
sehr spezielles Publikum: an die Museumsdirektoren öffentlicher<br />
und privater Institutionen des Landes. Der Titel der<br />
Publikation: « Museums- und Ausstellungsshops. Management-Handbuch<br />
». Sie wurde von der ODIT-France herausgegeben,<br />
einer Institution, die dem französischen Tourismus-<br />
Ministerium unterstellt ist. In ihr wird den Leitungen der<br />
französischen Museen und Sehenswürdigen ein umsatzorientiertes<br />
Management ihrer Museums- bzw. Ausstellungsshops<br />
empfohlen. Dass dieses Thema von offiziellen Stellen<br />
so aktiv behandelt wird, zeugt von einer grundlegenden Entwicklung<br />
in der französischen Museumslandschaft: Die<br />
Museen können ihr wirtschaftliches Gleichgewicht heute<br />
nur noch halten, wenn sie sich auf die sprudelnden Einnahmen<br />
ihrer Museumsshops verlassen können.<br />
Die französischen Museen und Sehenswürdigkeiten verfügen<br />
heute quasi alle über einen Souvenirshop, der, meist<br />
am Ausgang gelegen, ein Sortiment von Kunst-Postkarten,<br />
Reproduktionen, Büchern und Plakaten feilbietet. Besonders<br />
gerne greifen die Besucher zu Produkten, die auf die<br />
aktuelle Ausstellung Bezug nehmen. Für die Museen sind<br />
das Einkünfte, ohne die manche von ihnen den Monat nicht<br />
überstehen würden. Lange Zeit war diese Entwicklung in<br />
Frankreich, wo Kultur und Kommerz so gerne als unabhängig<br />
voneinander betrachtet werden, kaum ein Thema.<br />
Darauf spricht auch das Handbuch von ODIT an, in<br />
dem bemerkt wird, dass es einen beträchtlichen Unterschied<br />
zwischen der französischen Museumskultur und<br />
dem angelsächsischen Pragmatismus gebe: « Die Begriffe<br />
der französischen Museumsverantwortlichen sind noch<br />
vollkommen von Erziehung und Aufklärung geprägt: das<br />
Publikum, die Besucher, die Zuschauer. Die Amerikaner<br />
und Briten dagegen nutzen ganz ungezwungen die Worte<br />
Konsument und Käufer. » Wird hier gerade ein Tabu gebrochen?<br />
Wahrscheinlich nicht. Das Handbuch beweist eher,<br />
dass sich die Dinge langsam und gemächlich verändern.<br />
Den Museumsbesuchern jedoch sollte klar sein, dass ihr<br />
Kaufverhalten in den Museumsshops inzwischen bis aufs<br />
Kleinste untersucht und analysiert wird. Das « Museumsmanagement<br />
» wird künftig nichts unversucht lassen, die<br />
Käufer an sich zu binden. Anstatt des Hinweises « Nehmen<br />
Sie einen Ausstellungskatalog! » heißt es jetzt vielleicht bald:<br />
« Und vergessen Sie nicht den Besuch im Museumsshop! »<br />
Als die ersten Museumsshops in den <strong>19</strong>80er-Jahren eingerichtet<br />
wurden, sollten sie dem Besucher zunächst nur einen<br />
besseren Service bieten. Außerdem hoffte man, über die die<br />
Ausstellung begleitenden Produkte die Öffentlichkeitsarbeit<br />
zu verbessern. Eine durchaus lobenswerte Absicht. Aber mit<br />
der Zeit und der chronischen Unterfinanzierung der Museumslandschaft<br />
wurden die Museumsshops immer mehr als<br />
Quelle zusätzlicher Einnahmen verstanden. In einem Land<br />
wie Frankreich, das eine so besondere Beziehung zu seiner<br />
Kultur pflegt, ist das nicht gerade selbstverständlich. Bei all<br />
dem ist der Museumsshop am Ende ein Geschäft wie jedes<br />
andere – und als ein solches muss er auch seinen Profit erzielen.<br />
Wenn dieser zum Erhalt des Museums beitragen kann<br />
– wieso sollte man etwas dagegen haben?<br />
Viele Museumsshops haben sich angesichts der gemeinsamen<br />
Erfahrungen zu einem Netzwerk zusammengeschlossen.<br />
Das bekannteste unter ihnen ist die Réunion<br />
des Musées Nationaux (dt. Vereinigung der Nationalen<br />
Museen), der über 45 Einrichtungen angehören. Auch die<br />
Centres des Monuments Nationaux (dt. Nationale Denkmalzentren)<br />
betreiben selber Ausstellungsshops in mehr als<br />
90 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
entdecken den Profit<br />
100 Sehenswürdigkeiten. Die meisten der französischen<br />
Museumsshops sind aber unabhängig und direkt dem Museum<br />
angeschlossen, in dem sie sich befinden.<br />
Die ODIT schätzt, dass ein rein privat geführter Museumsshop,<br />
um rentabel zu sein, pro Jahr mindestens 150.000<br />
Besucher benötigt. Bei öffentlichen Unternehmen kann<br />
diese Zahl auf 50.000 bis 80.000 Besucher pro Jahr sinken,<br />
da die Aufwendungen für Miete, Abgaben und Steuern<br />
niedriger sein können. In beiden Fällen ist die geforderte<br />
Besucherzahl jedoch ziemlich hoch und garantiert alleine<br />
noch lange keine starken Verkäufe. Man schätzt, dass die<br />
Besucher in den landesweiten Museen und Sehenswürdigkeiten<br />
durchschnittlich zwei Euro ausgegeben, wobei auswärtige<br />
Besucher mehr konsumieren als ortsansässige.<br />
Einige Museumsshops sind dabei « rentabler » als andere.<br />
So geben die Besucher eines Shops in Museen der Schönen<br />
Künste mehr als 17 Euro bei ihrem Besuch aus. Je spezialisierter<br />
das Museum ist, desto weniger enthält der durchschnittliche<br />
Warenkorb der Besucher. Museen, die viele Schulklassen<br />
als Besucher haben, verzeichnen naturgemäß die geringsten<br />
Einnahmen. Aber noch ganz andere Faktoren spielen eine<br />
Rolle. Befindet sich zum Beispiel ein Museumsshop im selben<br />
Raum wie die Museumsauskunft bzw. der Eintrittskartenverkauf,<br />
kann der durchschnittliche Einkauf pro Besucher<br />
auf 0,20 Euro sinken. Kann das Museum dagegen seinen<br />
Shop in einem eigenen Verkaufsraum unterbringen, steigen<br />
die Umsätze schon wieder auf durchschnittliche 3,70 Euro<br />
pro Besucher und auf mehr als 16 Euro pro Käufer.<br />
Das ODIT-Handbuch für erfolgreiches Museumsshop-<br />
Management gibt den Betreibern detaillierte Hinweise für eine<br />
profitgerechte Ladengestaltung – kein Wunder, hat man die<br />
Käufergruppen doch genauestens analysiert. Ein Museumsshop<br />
sollte zum Beispiel niemals am Eingang des Museums<br />
eingerichtet werden, weil der Besucher vor der Ausstellung<br />
selten in Kauflaune ist. Der Ausgang ist natürlich der ideale<br />
Ort, wenngleich auch dabei einiges zu beachten ist. Drei Optionen<br />
nennt die ODIT: einen frei zu wählenden Ausgang, einen<br />
Ausgang, der zwingend durch den Shop führt, und einen<br />
Ausgang, der beide Optionen bereithält. Allerdings müssen<br />
auch die Verfasser des Management-Handbuchs zugeben, dass<br />
der verpflichtende Shopbesuch beim Publikum nicht ganz so<br />
gut ankommt: « Manche Kunden empfinden diese Variante als<br />
Nötigung. » In der Tat … , das klingt überzeugend.<br />
Übrigens, die Methode, Süßwaren stets unmittelbar<br />
an der Kasse zu präsentieren, die verzweifelte Mütter beim<br />
Einkaufen mit ihren Kindern sicher schon oft verflucht<br />
haben, setzt sich auch in den Museumsshops durch. Man<br />
unterscheidet dort zwischen den « heißen Zonen », in denen<br />
aktuelle Produkte einen schnellen Kaufreflex auslösen<br />
sollen, und den « kalten Zonen », wo sich die Kunden den<br />
Produkten mit mehr Reflektion und Bedacht nähern. Auf<br />
seinem Weg durch den Museumsshop sollte der Besucher<br />
sowieso ständig mit Produkten konfrontiert werden, die auf<br />
die gerade gesehene Ausstellung verweisen.<br />
Die weibliche Zielgruppe steht bei den Shopmanagern<br />
besonders hoch im Kurs, denn wie überall gilt sie auch hier<br />
als besonders kauffreudig und emotional berührbar. Waren,<br />
die sich an Kinder richten, sind möglichst weit im Inneren<br />
des Shops zu platzieren, damit die aufgeregten Kleinen ihre<br />
Eltern möglichst tief in die Geschäftsfläche hineinziehen.<br />
Männliche Käufer erreicht man angeblich am besten, wenn<br />
in den Verkaufsräumen Informationsständer aufgestellt<br />
sind, die möglichst auf der linken Seite angebracht sind.<br />
Linke Gehirnhälfte gleich rationale Kaufentscheidung, so<br />
denkt man sich das. Und unsere lieben Senioren erleichtert<br />
man die Kaufentscheidung am besten, wenn die sie ansprechenden<br />
Waren erst im Kassenbereich ausgestellt werden,<br />
da die älteren Kunden gerne lange überlegen, bevor sie sich<br />
schließlich entscheiden.<br />
Ein Museumsshop soll, und das ist die eigentliche<br />
Botschaft der ODIT-Broschüre, wie ein ganz normales<br />
Geschäft betrieben werden. Sein Erfolg hängt schlicht<br />
von einer kaufkräftigen Kundschaft und einer guten Geschäftslage<br />
ab. Gewöhnen wir uns also an den Gedanken,<br />
dass auch vor den französischen Museen die durchkommerzialisierte<br />
Wahrnehmung von Besuchern als Kunden nicht<br />
Halt macht. Am Ende überraschen die Autoren aus dem<br />
Tourismusministerium allerdings mit einer Feststellung:<br />
« Bei aller Rentabilität sollte ein Museumsshop doch immer<br />
auch seine besondere Eigenschaft herausstellen, Teil eines<br />
einzigartigen kulturellen Ensembles zu sein. » Puh … , wir<br />
danken für diese Erkenntnis!<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 91
Kulturszene<br />
Coralie Clément: Toystore<br />
CD von EMI<br />
CDs<br />
Nach ihrem Debütalbum « Salle des pas perdus » und dem<br />
2005 erschienen « Bye Bye Beauté » überzeugt die hübsche<br />
Sängerin auf ihrer neuen CD wieder mit ihrem ganzen<br />
Talent. Das bisher vor allem als kleine Schwester von Benjamin<br />
Biolay bekannte Mädchen ist zur Frau geworden.<br />
Doch passt der berühmte Biolay, der alle Songs komponiert<br />
hat, nach wie vor musikalisch auf sie auf. Besonders eindrucksvoll ist die<br />
Ballade « Je ne sens plus ton amour » im Duett mit Etienne Daho. Das mit<br />
Spannung erwartete neue Album von Coralie Clément erfüllt wieder einmal<br />
alle Erwartungen.<br />
Johnny Halliday: Ça ne finira jamais<br />
Doppel-CD + DVD von Warner<br />
Der große Star der französischen Rockmusik, Johnny Halliday, hat angekündigt, <strong>2009</strong><br />
zum letzten Mal auf Tournee zu gehen. Letztere trägt dann auch den bezeichnenden<br />
Titel « M’arrêter là » (dt. Ich höre hier auf). Mit seinem neuen Album, dem 52. seiner<br />
Karriere, wird eine Ära zu Ende gehen. Der berühmte Sänger erklärt dazu, dass er mit<br />
65 Jahren demnächst mehr Zeit für seine Familie haben möchte. Eine Rocklegende<br />
geht in den Ruhestand, vorerst jedenfalls.<br />
Charles Aznavour: Duos<br />
Doppel-CD von EMI<br />
Der Mann, der 100 Millionen Schallplatten weltweit verkauft hat,<br />
schickt sich an, noch einen drauf zu setzen. In « Duos » singt er seine<br />
bekanntesten Chansons im Duett mit so berühmten Leuten wie<br />
Sting, Elton John und Liza Minelli. Und sogar auf Deutsch ist er zu<br />
hören – zusammen mit Herbert Grönemeyer. Eine CD, die man nicht<br />
verpassen sollte – und die manche für eine seiner besten halten.<br />
Claude Debussy: Cellosonate <strong>Nr</strong>. 1 d-moll<br />
Francis Poulenc: Cellosonate u.a.<br />
Jean-Guihen Queyras, Violoncello; Alexandre Tharaud, Klavier<br />
CD von harmonia mundi<br />
Unter den französischen Komponisten des 20. Jahrhunderts nimmt Francis Poulenc<br />
eine Sonderstellung ein. Da ihm sein Vater jegliche musikalische Ausbildung verwehrte,<br />
brachte er sich sein Handwerkszeug auf autodidaktischem Wege bei und ließ sich so nie<br />
von einer Komponistenschule- oder ideologie vereinnahmen. Diese hochgelobte Aufnahme mit Queyras<br />
und Tharaud vereint einige seiner eindringlichsten Kammermusikstücke für Cello und Klavier. Von<br />
Debussy finden sich neben der Cellosonate mit dem « Scherzo » und dem « Intermezzo » auch zwei bisher<br />
unveröffentlichte Stücke.<br />
92 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Filme<br />
Ein Geheimnis<br />
Frankreich 2007, 100 min • Originaltitel: Un secret • Ein Film<br />
von Claude Miller mit Cécile de France, Patrick Bruel, Ludivine<br />
Sagnier, Julie Depardieu und Mathieu Amalric • Kinostart:<br />
18. Dezember 2008, im Verleih von Arsenal<br />
Im Paris der <strong>19</strong>50er-Jahre leidet der kleine François unter den hohen Anforderungen seiner anscheindend<br />
perfekten Eltern. Er flüchtet sich in seiner Not zur jüdischen Nachbarin Louise, bei der er den Trost und die<br />
Anerkennung findet, die ihm seine Eltern sonst versagen. An seinem 15. Geburtstag erzählt ihm Louise ein<br />
streng gehütetes, dunkles Geheimnis, das seine Sicht auf seine Familie grundlegend ändern wird. Der Roman<br />
von Philippe Grimbert, der als Vorlage dient, war in Frankreich ein großer Erfolg und ist in Deutschland bei<br />
Suhrkamp erschienen. Der Film gewann beim Montréal-Filmfestival 2007 den Grand Prix des Amériques.<br />
Julie Depardieu wurde 2008 zu Recht mit dem César als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet.<br />
Bonjour Sagan<br />
Frankreich 2007, 117 min • Originaltitel: Sagan • Ein Film von Diane Kurys mit<br />
Sylvie Testud, Pierre Palmade, Lionel Abelanski, Jeanne Balibar • Kinostart:<br />
8. <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong>, im Verleih von Schwarz-Weiß-Film<br />
Künstlerbiografie des literarischen Wunderkindes und ersten Popstars<br />
Frankreichs: Françoise Sagan. Mit dem weltweiten Sensationserfolg ihres<br />
mit 18 Jahren geschriebenen Erstlingsromans « Bonjour Tristesse » bringt<br />
Sagan dem Nachkriegsfrankreich seinen Glamour zurück. Sie zelebriert<br />
einen unabhängigen Lebensstil, der für das Land eine Provokation darstellte,<br />
und doch einen neuen Trend gesetzt hat.<br />
Die Klasse<br />
Frankreich 2008, 128 min • Originaltitel: Entre les Murs • Ein Film von<br />
Laurent Cantet mit François Bégaudeau und französischen Schülern •<br />
Kinostart 15. <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong>, im Verleih von Concorde<br />
Der junge Lehrer François versucht im 20. Pariser Arrondissement,<br />
wo unterschiedliche Nationalitäten, Meinungen und<br />
Kulturen aufeinanderprallen, einer Klasse 14- bis 15-jähriger<br />
Schüler, darunter viele Migrantenkinder, das notwendige Wissen<br />
beizubringen und sich von Leistungsverweigerung und Aggression<br />
nicht entmutigen zu lassen. Der engagierte Lehrer gibt<br />
trotz aller Widrigkeiten nicht auf, weicht Konfrontationen nicht<br />
aus, fördert mit unkonventionellen Methoden die Stärken der<br />
Jugendlichen und gibt eigene Schwächen zu. Er spielt auf Risiko und gewinnt<br />
für alle ein Stückchen mehr Gerechtigkeit und Demokratie. Der Film wurde in<br />
Cannes unter großem Beifall mit der Goldenen Palme 2008 ausgezeichnet.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 93
Kulturszene<br />
Sabine Weiß: Die Wachsmalerin<br />
Historischer Roman, 411 Seiten, List<br />
Bücher<br />
Das Leben der Madame Tussaud, die<br />
alle Welt als Begründerin der berühmten<br />
Wachsfigurenkabinette kennt, wird im Debütroman<br />
von Sabine Weiß lebendig und<br />
spannend geschildert. Marie, Tochter eines<br />
Scharfrichters, muss sich als junges Mädchen<br />
in Paris durchschlagen, in den Wirren<br />
der französischen Revolution ums Überleben<br />
kämpfen und bricht schließlich nach England<br />
auf, um zu werden, was sie heute immer<br />
noch ist: eine Legende.<br />
Sandra Kegel (Hrsg.): Paris<br />
Reiselesebuch, 154 Seiten, Ellert & Richter<br />
Für was Paris nicht alles steht: Stadt der Liebe, Stadt der Kunst, Stadt des Luxus, Stadt<br />
der Gigantomanie... In diesem äußerst lesenswerten Buch werden alle diese Klischees<br />
durch die Feder von Leuten beschrieben, für die Paris eben kein Klischee, sondern das<br />
reale Leben war. Ihre Berichte zeichnen ein Bild dieser Sehnsuchtsstadt, das sich vom<br />
Schablonenhaften löst und die Stadt zum Leben erweckt. Und so lauschen wir gespannt<br />
den Berichten von Emile Zola, Ernest Hemmingway, Cees Nootesboom und v.a. und<br />
müssen aufpassen, dass unsere Träume von der Stadt des Lichts nicht doch wieder … im<br />
Klischee enden.<br />
Montaigne: Über die Freundschaft<br />
Ausgewählte Essais, 167 Seiten, Insel<br />
Seit 1580 beschäftigen die Essais von Montaigne das Publikum und<br />
rufen sowohl Widerspruch als auch Enthusiasmus hervor. Sie sind ein<br />
Werk, das in Frankreich fast ehrfurchtsvoll behandelt – und immer<br />
noch viel gelesen wird. Der Insel-Verlag bringt nun in einer schönen<br />
Leinenausgabe eine Auswahl der pointiertesten Gedanken des Philosophen<br />
heraus, der zu seinen Lesern nicht als Lehrender, sondern als<br />
Mensch zu Menschen sprechen will: über die Freundschaft, die Reue,<br />
die Lüge und das Philosophieren selbst.<br />
Denis Lépée: Der Carthago-Code<br />
Roman, 384 Seiten, dtv<br />
Ein temporeicher und actiongeladener Wissenschaftsthriller, in dem das geheime<br />
Wissen der Baukunst Karthagos Dreh- und Angelpunkt einer Serie<br />
von Anschlägen ist. Die Bomben explodieren in der französischen Nationalversammlung,<br />
im Westminster Palace und am Sitz der Europäischen Kommission.<br />
Ein Unterwasserarchäologe wird in einen Strudel undurchsichtiger<br />
Ereignisse gezogen. Und steht plötzlich selbst im Visier der Leute, die da eine<br />
Bombe nach der anderen zünden.<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Entdecken Sie Frankreichs Alpen!<br />
Aus dem Inhalt:<br />
Beiträge zu Savoie,<br />
Haute Savoie, Isére,<br />
Drôme, Hautes Alpes,<br />
Alpes des Haute-<br />
Provence, Alpes<br />
Maritimes, Riviera/<br />
Côte d‘Azur. Städtetipps<br />
zu Nizza und<br />
Lyon. Themenstraßen<br />
und Route des<br />
Grandes Alpes.<br />
Nach dem großen Erfolg der Sonderausgabe<br />
zur französischen Region Rhône-Alpes<br />
erscheint Anfang <strong>2009</strong> ein würdiger Nachfolger:<br />
das ALPENADRIA SPEZIAL zu den<br />
FRANZÖSISCHEN ALPEN<br />
Ab 09.01.<strong>2009</strong> für nur EUR 5,00 / CHF 8.80 im Handel!<br />
Oder bestellen Sie versandkostenfrei im Internet: www.alpen-journal.de<br />
DP Destination Publishing KG • Wuppertal • T (02 02) 94 60 02 26 • abo@alpen-journal.de
Art de vivre Wein<br />
Côtes du Ventoux: Ein Wein<br />
Viele denken bei Ventoux an die Tour<br />
de France und den gleichnamigen Berg<br />
in der Provence, der beim weltberühmten<br />
Radrennen als höchste Erhebung im<br />
Departement Vaucluse regelmäßig<br />
erklommen werden muss. Dabei ist der<br />
Mont Ventoux bei Weinkennern genauso<br />
berühmt wie bei Radsportfreunden.<br />
Die Weine der Côtes du Ventoux werden<br />
wegen ihres fruchtig-leichten Charakters<br />
geschätzt und sind aus diesem Teil der<br />
Provence nicht wegzudenken.<br />
Das Weinanbaugebiet Côtes du Ventoux befindet sich<br />
im Osten des Departements Vaucluse. Es zieht sich<br />
halbkreisförmig um den Mont Ventoux und teilt sich<br />
in drei Anbauflächen auf Höhen von 100 bis 400 Metern. Im<br />
Norden liegt die kleinste davon im Becken von Malaucène, das<br />
sich zwischen dem Bergmassiv und der Umgebung von Montmirail<br />
erstreckt. Es ist für seine terrassenartigen Weinfelder bekannt.<br />
In der Mitte des Ventoux-Anbaugebietes liegt das Becken<br />
von Carpentras, das, nach Osten sich öffnend, in einem<br />
Meer von Weinstöcken den Fuß des Mont Ventoux berührt.<br />
Der Süden des Anbaugebietes wird schließlich durch eine Anbaufläche<br />
bestimmt, die sich bis zum Pays d’Apt erstreckt.<br />
Ein mediterranes Klima mit der milden Sonne langer<br />
Sommer bietet den Weinen der Côtes du Ventoux beste<br />
Bedingungen und lässt eine Traube heranwachsen, die besonders<br />
für ihren natürlichen Zuckergehalt geschätzt wird.<br />
Doch gleichzeitig ist die Region vom Mistral geprägt, dem<br />
typischen und manchmal rauen Nordwestwind, der für den<br />
Weinanbau eine entscheidende Rolle spielt. Er schützt die<br />
Reben vor Feuchtigkeit und trocknet die Trauben nach dem<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Links: Der Mont Ventoux beeindruckt im<br />
Sommer wie im Winter. Rechts: Das Dorf Vaisonla-Romaine<br />
am Fuß des Mont Ventoux.<br />
und sein Berg<br />
Regen, aber er kann auch seine zerstörerischen Kräfte walten<br />
lassen. Deshalb schützen die Winzer ihre Weinberge durch<br />
die charakteristischen Pappelhaine und schirmen das Flachland<br />
nach Südosten durch Zypressen-Bepflanzungen ab.<br />
Der Mont Ventoux selbst wirkt dabei durch seine Masse als<br />
natürlicher Schutz und schwächt<br />
die Kraft des Mistral etwas ab.<br />
So vereinen sich die Sonne und<br />
der Wind zu einem für den Weinanbau<br />
vorteilhaften Klima.<br />
Während der Weinanbau in<br />
Frankreich allgemein schon für<br />
das 5. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesen<br />
werden kann, lassen die<br />
Ausgrabungen im Vaucluse darauf schließen, dass im heutigen<br />
Anbaugebiet der Côtes du Ventoux erst seit ca. 70 v. Chr.<br />
Wein gekeltert wird. Die großen Klöster trugen nicht wenig<br />
zum Aufstieg des Anbaugebietes bei, aber erst die Anwesenheit<br />
der Päpste in Avignon machten den Côtes du Ventoux<br />
über die Grenzen der Region bekannt. Er wurde von 1309<br />
Les Côtes du Ventox in Zahlen<br />
Anbaufläche: 7.500 Hektar<br />
Jahresertrag (2006): 294.080 Hektoliter<br />
Davon: 76% Rotwein, 20% Rosé, 4% Weißwein<br />
Winzer: 114 Weingüter, 15 Kooperativen<br />
bis 1414 regelmäßig auf den päpstlichen Tafeln in Avignon<br />
serviert. In den Akten des Vatikans in Rom lassen sich sogar<br />
Einträge finden, die dokumentieren, dass zwei Winzer aus<br />
dem Ventoux 1376 anlässlich des Besuches einer hochgestellten<br />
Persönlichkeit 460 Flaschen Rot- und 385 Flaschen<br />
Weißwein nach Rom lieferten.<br />
Doch trotz dieser langen Tradition<br />
wurde erst 40 Jahre nach<br />
Einführung des AOC-Siegels<br />
dem Anbaugebiet der Côtes du<br />
Ventoux der Titel einer Appellation<br />
d’Origine Contrôllée verliehen,<br />
der nun seit <strong>19</strong>73 die Seriösität<br />
der regionalen Weinproduktion<br />
garantiert. Die aromatischen Rosé- und Weißweine werden<br />
meist jung getrunken, was auch für einige Rotweine gilt, die<br />
seit den <strong>19</strong>60er-Jahren als Primeur verkauft werden dürfen.<br />
Einige Jahrgänge werden aber im Eichenfass ausgebaut und<br />
haben eine komplexe und strukturiertere Fülle. Sie sollte<br />
man vor dem Genuss unbedingt länger reifen lassen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 97
Art de vivre Chantals Rezept<br />
Chantal, Kochexpertin von Frankreich<br />
erleben, beantwortet gerne Ihre Fragen:<br />
chantal@frankreicherleben.de<br />
«<br />
Heute möchte ich Ihnen einen regionalen Klassiker aus<br />
der Normandie vorstellen. Kaum eineinhalb Stunden<br />
von Paris entfernt liegt das Pays d’Auge, das eines der<br />
beliebten Ausflugsgebiete der Hauptstädter ist. Im<br />
Vallée d’Auge sprießt die Natur besonders üppig und<br />
die Kühe geben eine gute Milch, aus der die feine<br />
Butter und der normannische Käse gemacht werden.<br />
Von dort kommt auch der berühmte Calvados, der aus<br />
Cidre gebrannt wird. Allesamt beste Zutaten, um eine<br />
reichhaltige Mahlzeit zuzubereiten. Bon appétit!»<br />
Für 6 Personen<br />
Zubereitungszeit: 60 min<br />
Poulet<br />
Vallée d’Auge<br />
98 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Zutaten<br />
1 Huhn (2 kg)<br />
oder 6 Hühnerkeulen bzw. -brüste<br />
2 EL Olivenöl<br />
80 g Butter<br />
2 große Zwiebeln,<br />
in Streifen geschnitten<br />
500 ml trockener Cidre<br />
500 ml Crème fraiche<br />
500 g Champignons,<br />
in Scheiben geschnitten<br />
30 ml Calvados (optional)<br />
Salz und Pfeffer<br />
aus der Mühle<br />
Zubereitung<br />
•<br />
Das Olivenöl mit der Hälfte der Butter in einem<br />
Schmortopf erhitzen. Die Zwiebeln und die<br />
Hühnerteile darin zehn bis 15 Minuten unter<br />
gelegentlichem Wenden goldbraun anbraten.<br />
• Für Liebhaber des Hochprozentigen (optional):<br />
Das Bratgut mit dem Calvados ablöschen<br />
und nach Geschmack flambieren.<br />
• Den Cidre hinzugeben und langsam aufkochen lassen.<br />
Dabei den Bratensatz gründlich vom Boden lösen.<br />
• In der Zwischenzeit die Champignons in der verbliebenen<br />
Butter ca. zehn Minuten anschwitzen, bis sie<br />
entwässert sind, und dann zum Huhn dazugeben. Salzen<br />
und pfeffern. Den Schmortopf mit dem Deckel bedecken<br />
und auf kleiner Flamme 30 Minuten köcheln lassen.<br />
• Am Ende der Garzeit die Hühnerteile aus dem<br />
Schmortopf nehmen und warmstellen. Die<br />
Crème fraiche in den Bratenfond rühren, alles<br />
aufkochen und fünf bis sechs Minuten eindicken<br />
lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />
• Die Hühnerteile auf einer Platte anrichten und großzügig<br />
mit der Champignon-Cidre-Sauce übergießen.<br />
Serviervorschläge<br />
•<br />
Ganz nach Art der Normandie passen in<br />
Scheiben geschnittene und in Butter gebratene<br />
Kartoffeln gut zum Gericht.<br />
• Da das Essen aus der Normandie stammt, eignet<br />
sich zum Dessert hervorragend ein Apfelkompott.<br />
Weinempfehlung<br />
• Als Wein passt ein Chinon gut zu diesem Gericht.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 99
Art de vivre Biscotte<br />
Biscotte<br />
Ein Brot der<br />
besonderen Art<br />
Die Biscotte gehört zu jenen Details der französischen<br />
Küche, von denen jeder Franzose schwärmt. Für manche<br />
gehört sie zu den unverzichtbaren Bestandteilen<br />
eines jeden Frühstücks. Für andere ist es der Notvorrat,<br />
falls das Brot einmal ausgegangen ist. Auf jeden Fall<br />
findet man sie in allen Küchen des Landes. Zwar ist die<br />
Biscotte pure französische Tradition, aber die industrielle<br />
Massenproduktion hat ihr doch ihren eigenen Geschmack<br />
genommen. Glücklicherweise hat sich im<br />
Südwesten des Landes eine kleine Fabrik aufgemacht,<br />
die authentische Biscotte am Leben zu erhalten.<br />
Bei der Biscotte handelt es sich um das, was wir im<br />
Deutschen Zwieback nennen. Ein Stück Weißbrot,<br />
das zweimal gebacken wurde – wie der Name ja<br />
schon sagt: « bis-cotto », « zweimal gebacken ». Ein Stück<br />
hartes Brot also, das die Franzosen mit Butter und Marmelade<br />
bestrichen zum Frühstück essen. Manche tunken<br />
es vorher in Kaffee oder in eine heiße Schokolade, damit<br />
es beim Abbeißen nicht zerbricht. Die Biscotte ist überall<br />
in den Supermärkten erhältlich, meistens in schlichten<br />
Verpackungen.<br />
Hat man aber einmal eine authentische, traditionelle<br />
Biscotte gegessen, weiß man erst, was eine richtige Biscotte<br />
ist. Sie ist nämlich gar nicht so leicht zu produzieren.<br />
Die meisten Biscotte-Fabriken sind mittlerweile<br />
von den Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie<br />
aufgekauft worden. Die Konkurrenz der industriellen<br />
Bäckereien hat die kleinen traditionellen Fabriken verdrängt<br />
und das Wissen um die Kunst der althergebrachten<br />
Biscotte-Herstellung verschwand nach und nach.<br />
Und doch gibt es eine kleine Fabrik im Südwesten des<br />
Landes, die es wagt, sich diesem Trend zu widersetzen.<br />
In Saint-Germain-du-Salembre stellt das kleine Unternehmen<br />
La Chanteracoise eine authentische Biscotte her,<br />
die unter den Produkten der Industrie-Bäckereien sonst<br />
nicht mehr zu finden ist, und um deren Herstellungsweise<br />
diese auch gar nicht mehr wissen.<br />
100 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Sylvain Bocher ist ein Mann von 35 Jahren und Chef<br />
der sechsköpfigen Belegschaft des kleinen Unternehmens<br />
La Chanteracoise. Mit seiner Ausbildung in der Lebensmittelwirtschaft<br />
war er früher nie mit der Biscotte<br />
in Berührung gekommen, sondern beschäftigte sich beruflich<br />
eher mit Alkoholen und Hochprozentigem. Bis<br />
zu dem Tag, als ihn sein Wunsch, ein Unternehmen der<br />
traditionellen Lebensmittelproduktion zu übernehmen,<br />
zu Monsieur Pommier führte. Dieser hatte sein ganzes<br />
Leben lang Biscotte und andere Brotprodukte hergestellt<br />
und war in der Region für seine Waren bekannt. Er hat<br />
immer alleine gearbeitet und suchte einen Nachfolger für<br />
sein Unternehmen.<br />
Die beiden Männer wurden sich schnell handelseinig.<br />
Doch bevor Sylvain Boucher die Biscotte-Fabrik<br />
übernehmen konnte, musste sie überlebensfähig gemacht<br />
werden. Besonders die alten Maschinen sollten an die<br />
Vorgaben moderner Lebensmittelproduktion angepasst<br />
und nicht zuletzt musste die Fabrikation rentabler gemacht<br />
werden. Mehr als zehn Investoren hatten das Projekt<br />
wieder verworfen, weil ihnen der Aufwand für die<br />
detailreiche Arbeit zu hoch erschien.<br />
Für den jungen Unternehmer aber war die Sache klar:<br />
« Da niemand mehr die traditionellen Biscotte herstellen<br />
kann – weil es ja die alten Maschinen nicht mehr gibt,<br />
müssen wir also Leute finden, die uns neue Maschinen<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 101
Art de vivre Biscotte<br />
für die alte Herstellungsweise konstruieren. » Der alte<br />
Monsieur Pommier glaubte anfangs nicht daran, dass das<br />
gelingen könnte. Für ihn konnten nur die alten Maschinen<br />
die wirklich guten Biscotte produzieren. Die beiden<br />
Männer machten sich dennoch auf den Weg, einige Maschinen<br />
zu testen, die für die Biscotte-Produktion in Frage<br />
kommen könnten. Sylvain Bocher blieb dabei sehr zurückhaltend.<br />
Er ließ Monsieur Pommier, den er liebevoll<br />
« Papy » nannte, völlig freie Hand, um die Rezepte und<br />
Herstellungsweise mit den Maschinen zu testen: « Eines<br />
Tages waren wir auf dem Rückweg aus Bordeaux, wo wir<br />
eine Maschine getestet hatten. Ich steuerte den Wagen.<br />
Monsieur Pommier hatte seit einer Stunde nichts gesagt<br />
und ich dachte, er sei mit dem Ergebnis der Tests unzufrieden.<br />
Als ich ihn darauf ansprach, versicherte er mir<br />
das genaue Gegenteil. Er habe sich soeben eingestanden,<br />
dass die Maschinen geradezu perfekt sind. Und er habe<br />
darüber nachgedacht, wie viele Ferien er sich, wenn er sie<br />
früher schon eingesetzt hätte, hätte leisten können. Seit<br />
15 Jahren nämlich hatte er schon keinen Urlaub mehr<br />
gehabt … »<br />
Nachdem sich Monsieur Pommier für die neuen Maschinen<br />
entschieden hatte, blieb ihm nur noch, das Originalrezept<br />
der Biscotte an Boucher zu übergeben: Weizenmehl,<br />
Wasser, Zucker, Hefe, Salz und Gerstenmalz.<br />
Würde man dem Rezept auch Eier zufügen, hätte man<br />
die Zutaten für eine Brioche. Deswegen hat die Biscotte<br />
auch diesen leicht süßlichen Geschmack, der einen an<br />
irgendetwas zwischen Kuchen und Brot erinnert.<br />
Bei der Zubereitung werden, wie bei einem richtigen<br />
Bäcker, aus dem Biscotte-Teig Kugeln geformt, die mindestens<br />
zwei Stunden ruhen müssen. Dann gibt man sie<br />
in eine spezielle Form, in der sie aufgehen können. So<br />
bekommt jede Biscotte ihre ganz eigene Form und kein<br />
Stück gleicht dem anderen. Aus den kleinen Brotteigen<br />
wird im Ofen bei ca. 200 Grad eine Art Toastbrot gebacken.<br />
Das wird für drei Tage beiseite gestellt, damit es<br />
seine Feuchtigkeit abgibt. In der industriellen Produktion<br />
wird diesem Vorgang übrigens nur acht Stunden eingeräumt.<br />
Die Brote werden dann in Scheiben geschnitten<br />
und ein weiteres Mal gebacken, so dass die Biscottes die<br />
typische goldbraune Färbung bekommen. Bei La Chan-<br />
102 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
teracoise dauert dieser Vorgang noch einmal 20 Minuten,<br />
in der Biscotte-Industrie dagegen nur drei bis vier.<br />
Eine traditionell<br />
hergestellte Biscotte<br />
La Chanteracoise<br />
benötigt also zwischen<br />
zwei und vier<br />
Tagen, um die ihr<br />
eigene Konsistenz<br />
und den typischen<br />
Geschmack zu entwickeln.<br />
Dass das<br />
in den fünfzehn<br />
Stunden, die die<br />
Biscotterie La Chanteracoise<br />
Großbäckereien<br />
Le Maine<br />
dafür aufwenden,<br />
nicht gelingen kann,<br />
liegt auf der Hand.<br />
So verlassen das<br />
kleine Unternehmen<br />
von Sylvain Boucher täglich nicht mehr als 500 bis 800<br />
Pakete. Das Produkt, das hier mit so viel Liebe erzeugt<br />
wird und das Monsieur Pommier zu recht stolz sein lässt,<br />
hat treue Kunden gefunden. Qualität spricht sich eben<br />
herum. Die Produktpalette<br />
bietet inzwischen<br />
über zehn<br />
verschiedene Varianten<br />
der Biscotte, darunter<br />
natürlich auch<br />
eine Bioversion und<br />
eine Mini-Biscotte,<br />
die hervorragend zu<br />
Gänseleberpastete<br />
passt. So verbindet<br />
die Biscotte aus<br />
Saint-Germain-du-<br />
Salembre die Tradition<br />
althergebrachter<br />
Produktionsweisen<br />
mit den Anforderungen<br />
zeitgerechter Konsumweisen. Die biscotte française<br />
hat offenbar noch glänzende Zeiten vor sich.<br />
Les Biscottes « La Chanteracoise » sind in Frankreich in zahlreichen<br />
Bäckereien, Feinkost-und Bioläden erhältlich. Wenn Sie vor Ort sind, zögern<br />
Sie nicht, Sylvain Bocher einen Besuch abzustatten, man kann die Waren<br />
auch in seiner kleinen Fabrik kaufen. Für eine Lieferung der Biscotte nach<br />
Deutschland kontaktieren Sie die Firma direkt, man wird sicher einen Weg<br />
finden, wie die Ware zu Ihnen zugesandt werden kann.<br />
24<strong>19</strong>0 Saint-Germain-du-Salembre<br />
Telefon: +33 (0)5 53 80 51 17<br />
www.la-chanteracoise.com<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 103
Art de vivre Mode<br />
Viel ist sie nicht, die Espadrille. Eine Bastsohle,<br />
über die mehr oder weniger sorgfältig<br />
ein Stück Stoff genäht ist. Das ist schon alles.<br />
Was das Modische betrifft, geht es wohl kaum<br />
schlichter in der Schuhwelt. Auch der Tragekomfort<br />
ist nicht gerade der angenehmste und die Orthopäden<br />
raten sowieso davon ab. Zwar sind die<br />
Füße immer gut belüftet, aber die Sohle bietet dem<br />
Fuß keine Unterstützung und die Espadrilles schützen<br />
weder vor Kälte noch vor Nässe. Auch was die<br />
Lebensdauer betrifft, erfüllt die Espadrille gerade<br />
einmal das Mindeste, was man von einem Schuh<br />
erwarten möchte – und das auch nur, wenn man sie<br />
unter normaler Belastung beansprucht. Wie kommt<br />
es dann also, dass der Schuh trotz seiner offensichtlichen<br />
Schwächen zum Liebling der Franzosen<br />
werden konnte und als Beispiel par excellence für<br />
das französische art de vivre gilt?<br />
Ganz einfach: Weil die Espadrilles treueste<br />
Fans haben. Und das nicht nur in Frankreich. Die<br />
Menschen in vielen Teilen der Welt mögen das<br />
Haus nicht ohne ihre geliebten Espadrilles verlassen.<br />
Picasso ging es übrigens ebenso. Tagein, tagaus<br />
trug er ein weißes Modell mit grauen Streifen.<br />
Für die Fans der Espadrille ist der Schuh ein Symbol<br />
für den Sommer und die großen Ferien. Was<br />
gibt es Schöneres, als an den ersten heißen Tagen<br />
seine alten Modelle aus der Schublade zu kramen<br />
und damit den Sommer zu begrüßen?<br />
Wie das mit Gefühlen nun mal so ist, gerät<br />
das Rationale ein bisschen ins Hintertreffen. Man<br />
liebt diesen einfachen und sparsamen Schuh eben<br />
so sehr, dass ihm seine Fehler nachgesehen werden.<br />
Wundern Sie sich über die sparsame Ausführung?<br />
Man wird Ihnen sofort sagen, dass Sie rein<br />
gar nichts von Espadrilles verstehen: Man muss<br />
in ihnen nämlich die Wiederkehr des Einfachen<br />
und Natürlichen begreifen! Denn in Zeiten von<br />
Bioboom und Öko-Produkten ist dieser Schuh mit<br />
dem Leinen und der geflochtenen Hanfsohle das<br />
Produkt der Stunde! Sie beklagen sich über den<br />
mangelnden Komfort? Bei der Anprobe bemerken<br />
Sie die bedauerliche Eigenheit der Espadrille, am<br />
Anfang etwas zu schmerzen? Man wird Ihnen sofort<br />
entgegnen, dass das absolut natürlich sei, weil<br />
der Schuh sich erst der Form Ihres Fußes anpassen<br />
müsse – was er natürlich so gut wie kein zweiter<br />
tut. Und wenn Sie irritiert bemerken, dass es keinen<br />
rechten und linken Schuh gibt, wird Ihnen<br />
der Espadrille-Anhänger ernst erklären, dass eben<br />
dies der Beweis für die Originalität des Schuhs ist,<br />
der perfekt an das moderne Leben angepasst sei.<br />
Sie sehen – die Liebhaber der Espadrilles haben<br />
einfach auf alles eine Antwort und dulden keine<br />
Widerrede.<br />
Doch schauen wir uns die Sache ein wenig<br />
genauer an. Wo kommt der Schuh her, dem die<br />
Leute so gerne alles verzeihen? Die Espadrilles<br />
104 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 105
Art de vivre Mode<br />
stammen ursprünglich aus den Pyrenäen und sind<br />
dort sehr verbreitet. Man könnte sagen, dass sie<br />
zum traditionellen Kulturerbe gehören, genauso<br />
wie die Baskenmütze oder das Pelote-Spiel. Sie<br />
sind Teil des unübersetzbaren terroir, also des<br />
Reichtums regionaler Spezialitäten. In Frankreich<br />
gilt die baskische Provinz Soule im Departement<br />
Pyrénées-Atlantiques als ihr Ursprung. Das ruhige<br />
Dorf Mauléon-Licharre ist wohl die Hauptstadt<br />
der Espadrille. 75 Prozent der französischen<br />
Espadrille-Produktion kommen von dort. Kein<br />
Wunder also, dass im örtlichen Fremdenverkehrsamt<br />
eine riesige Espadrille präsentiert wird, die<br />
es sogar ins Guiness-Buch der Rekorde geschafft<br />
hat. Allerdings, wer auch sonst würde auf die Idee<br />
kommen, sich so etwas ins Foyer zu stellen?<br />
Beim näheren Hinsehen stellt man allerdings<br />
fest, dass am anderen Ende der Pyrenäen ein weiteres<br />
Städtchen für seine Kultur der Espadrille bekannt<br />
ist: Saint-Laurant-de-Cerdans südlich von<br />
Perpignan im Departement Pyrénées-Orientales.<br />
Beide Orte beanspruchen für sich, die Geburtsstätte<br />
der Espadrille zu sein. Allerdings tobt zwischen<br />
ihnen kein « Krieg um die Espadrilles ». Ganz im<br />
Gegenteil, auf sympathische Weise arbeiten die<br />
beiden Orte miteinander und wehren sich gemeinsam<br />
gegen<br />
die überm<br />
ä c h t i g e<br />
Die « echten » Espadrilles sind im Internet u.a. Kon kurrenz<br />
bei folgenden Anbietern erhältlich:<br />
aus Asien.<br />
Denn dort<br />
Die Espadrilles von Mauléon:<br />
kön nen die<br />
www.espadrilles-mauleon.fr<br />
Es padrilles<br />
www.espadrille-creation.com<br />
für wenige<br />
Euro produziert<br />
wer-<br />
Die Espadrilles der Ost-Pyrenäen:<br />
www.creationcatalane.com<br />
den, womit<br />
die französischen<br />
Her-<br />
Die Luxus-Espradrilles aus den Landes:<br />
www.paregabia.com<br />
steller nicht<br />
m i t h a l t e n<br />
k ö n n e n .<br />
Dabei sind<br />
sich die Experten<br />
noch nicht einmal einig, ob das Schuhwerk<br />
wirklich aus Frankreich stammt. Einige halten<br />
Spanien als die Wiege der Espadrilles. Für diese<br />
Version spricht, dass die Männer des Königs von<br />
Aragon seit dem 18. Jahrhundert Espadrilles trugen.<br />
Eine andere Geschichte scheint aber auch<br />
nicht unwahrscheinlich. Diese erzählte der <strong>19</strong>92<br />
verstorbene Père Ignace de Gorostarzu, Spezialist<br />
der baskischen Kultur. Nach ihm hat eine gewisse<br />
Mercedes Larrabure, eine spanische Adlige,<br />
ihren Anteil an der Erfindung der Espadrille. Sie<br />
verliebte sich in das französische Baskenland und<br />
verbrachte fortan viel Zeit in der Region. Einmal<br />
soll sie beim Betrachten einer Muschel den Einfall<br />
gehabt haben, die Form der Muschel in einer<br />
Schuhsohle nachzuahmen. Meeresfrüchte wären<br />
damit also die wahren Eltern der Espadrilles.<br />
Père de Gorostarzu berichtete weiter, dass der<br />
Erfolg der Espadrille so groß war, dass der Erzbischof<br />
von Bayonne selbst den Gottesdienst in<br />
Espardrilles zelebrierte, und auch Napoléon III.<br />
soll sich nie von seinen blauen Espadrilles getrennt<br />
haben, wenn er das Baskenland besuchte. Das<br />
Hôtel du Palais in Biarritz war lange Zeit berühmt<br />
dafür, dass es ein Exemplar von Napoleon III. in<br />
einer Vitrine ausstellte – bis das Haus und mit ihm<br />
der berühmte Schuh beim Erdbeben von <strong>19</strong>07 zerstört<br />
wurde.<br />
Wo auch immer der Ursprung der Espadrilles<br />
liegt, die Entwicklung der Espadrille-Produktion<br />
war so rasant, dass am Ende des <strong>19</strong>. und zu Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts eine Welle von Arbeitskräften<br />
über die Pyrenäen ins französische<br />
Baskenland schwappte. Junge Spanierinnen verließen<br />
ihre heimatlichen Dörfer, um vom Herbst<br />
bis zum nächsten Frühjahr in Soule für die<br />
Espadrille-Fabriken zu arbeiten. Man nannte sie<br />
wohlwollend hirondelles (dt. Schwalben), waren<br />
sie doch freundliche und unentbehrliche Arbeitsmigranten<br />
für die Schuhindustrie.<br />
Allerdings war es der Norden Frankreichs, der<br />
den Espadrilles zu ihrem großen wirtschaftlichen<br />
Durchbruch verhalf, und zwar an Orten, an denen<br />
man sie nie vermutet hätte: Die Bergleute in den<br />
Kohleminen trugen sie bei der Arbeit und jeder<br />
von ihnen verschliss ein Paar pro Woche. Um<br />
diese Nachfrage bedienen zu können, wurde in<br />
Mauléon in mehr als 30 Fabriken gearbeitet, die<br />
pro Jahr bis zu 400.000 Paare herstellen konnten.<br />
Am anderen Ende der Pyrenäen in Sain-Laurentde-Cerdans<br />
waren von den 3.000 Einwohnern<br />
1.000 in der Schuhproduktion beschäftigt. Der<br />
technische Fortschritt brachte allerdings den<br />
Espadrille-Herstellern nach dem Ersten Weltkrieg<br />
einen großen Rückschlag: Um den Staubexplosionen<br />
in den Minen vorzubeugen, begann man,<br />
die Stollen zu befeuchten. Die Hanfsohlen der<br />
Espadrilles hielten dem Wasser nicht stand, das<br />
Schuhwerk wurde für die Kumpel unbrauchbar.<br />
Auf Initiative des Abgeordneten Paul Ramadier<br />
erließ man schließlich die Anordnung, dass in den<br />
Bergwerken künftig Sicherheitsschuhe zu tragen<br />
seien. Ein schöner Fortschritt für die Bergleute,<br />
aber ein großer Rückschlag für die Espadrilles.<br />
Doch die Leute in den Pyrenäen resignierten<br />
deswegen nicht, ganz im Gegenteil. Die Dachde-<br />
106 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
cker trugen unverändert Espadrilles täglich bei<br />
der Arbeit, die baskischen Pelote-Spieler kann<br />
man sich bis heute ohne ihre schneeweißen Espardrilles<br />
gar nicht vorstellen, und nach und nach<br />
wurde der Schuh der Armen auch Lieblingsstück<br />
der Bourgoisie. So wurde es zum Beispiel zum<br />
größten Schick, bei der Hochzeit weiße Espadrilles<br />
zu tragen. Und schließlich waren es die Urlauber,<br />
die in den Sommerferien ihre Stadtschuhe<br />
durch die leichten Leinenschuhen einzutauschen<br />
liebten. Die preiswerten Schuhe wurden Ausdruck<br />
eines freien und leichten Lebens. Es gibt<br />
nicht wenige Leute, die diese Urlaubsstimmung<br />
in den Winter hinüberretten wollen und – ganz<br />
zur Freude der Schuhfabrikanten – die Espadrilles<br />
in der kalten Jahreszeit als Hausschuhe in<br />
der Wohnung tragen.<br />
Heute kämpft nur noch eine Handvoll französischer<br />
Hersteller um das Überleben der französischen<br />
Espadrilles. Gegen die asiatische Konkurrenz<br />
kommen sie nicht an, denn während in Asien<br />
hochproduktive Maschinen eingesetzt werden,<br />
wird die Espadrille in Frankreich noch per Hand<br />
geflochten. Das kostet zwar mehr, bringt aber auch<br />
eine bessere Qualität. Die Hersteller aus Mauléon<br />
– kaum ein Dutzend sind es noch – setzen dabei<br />
ganz auf das Authentische ihrer Erzeugnisse und<br />
auf die Qualität. Sie haben sich zusammengetan<br />
und die Marke « Mauléon » kreiert, die als Label<br />
künftig für die Qualität der französischen Produktion<br />
stehen soll.<br />
Da Not bekanntlich erfinderisch macht, setzen<br />
die Espadrilles-Hersteller inzwischen vermehrt<br />
auf Originalität. Neben dem traditionellen Modell<br />
werden auch wesentlich modischere Espadrilles<br />
produziert. In Sainte-Marie-de-Gosse im<br />
Departement Landes wird mit der Marke « Pare<br />
Gabia » eine Luxusversion der Espadrille angeboten,<br />
von der die Modelle nicht selten mehr als 100<br />
Euro kosten. In den östlichen Pyrenäen wagen in<br />
Saint-Laurent-de-Cerdans zwei junge Frauen das<br />
Experiment, die letzte Espadrilles-Farbrik des<br />
Ortes am Leben zu erhalten. Sie haben die Marke<br />
« Création Catalane » gegründet, dank derer das<br />
Dorf langsam wieder zum Leben erwacht. Alle<br />
glauben hier fest an den Erfolg des Unternehmens,<br />
das für <strong>2009</strong> eine Produktion von 10.000 Paaren<br />
avisiert hat. Was nichts ist im Vergleich zur Jahresproduktion<br />
von 1,5 Millionen Schuhpaaren in<br />
ganz Frankreich, und erst recht nicht mit der Zahl<br />
der Direktimporte aus China und Bangladesh<br />
mithalten kann. Acht Millionen Paare sind es pro<br />
Jahr. Es ist ein mutiges Wagnis, sich auf diesem<br />
Markt behaupten zu wollen. So mutig, wie damals<br />
die hirondelles, die Jahr für Jahr zu Fuß die Pyrenäen<br />
überquerten.<br />
Die Espadrille-Fabrik in Saint-<br />
Laurent-de-Cerdans überlebt dank<br />
ihrer Marke « Creation Catalane ».<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 107
Frankreich praktisch<br />
Ferientermine <strong>2009</strong><br />
Frankreich ist dafür bekannt, ein stark zentralisiertes<br />
Land zu sein. Dies spiegelt sich zum Teil auch in den<br />
Ferienterminen wider. Denn die Sommer-, Herbstund<br />
Weihnachtsferien fangen im ganzen Land an denselben<br />
Tagen an und enden auch gemeinsam. Für die Winter- und<br />
Osterferien hat sich links des Rheins dagegen ein dezentraler<br />
Ansatz durchgesetzt. Durch eine zeitliche<br />
Versetzung der Termine um jeweils eine<br />
Woche sollen die Staus auf den Autobahnen<br />
verringert werden und die<br />
Urlaubshochburgen von einer längeren<br />
Saison profitieren. Das Land<br />
wurde dafür in drei Zonen eingeteilt.<br />
Die genauen Termine werden<br />
jeweils vom nationalen Bildungsministerium<br />
festgelegt. Das Schuljahr wird<br />
in Frankreich in Wochen gezählt und muss insgesamt<br />
36 Unterrichtswochen umfassen, was 175<br />
bis 180 Unterrichtstagen ohne Berücksichtigung der<br />
Feiertage entspricht.<br />
Bei der Planung einer Reise nach Frankreich sollte<br />
man möglichst die französischen Ferientermine im<br />
Kopf haben. Gerade am Anfang und Ende der Ferien<br />
ist mit starkem Verkehrsaufkommen im ganzen Land<br />
zu rechnen, dies betrifft sowohl die Autobahnen als<br />
auch die Bahnhöfe und Flughäfen, da viele Franzosen<br />
im eigenen Land verreisen. Auch sind viele<br />
Unterkünfte während der Ferienzeiten viel teurer<br />
als in der ferienfreien Zeit. Wenn man selbst nicht<br />
an bestimmte Termine gebunden ist, kann es vorteilhaft<br />
sein, dies bei der Planung zu berücksichtigen.<br />
Die Ferienzonen im Überblick:<br />
Zone A* Zone B Zone C<br />
Weihnachtsferien 20.12.2008 – 05.01.<strong>2009</strong> 20.12.2008 – 05.01.<strong>2009</strong> 20.12.2008 – 05.01.<strong>2009</strong><br />
Winterferien 07.02.<strong>2009</strong> – 23.02.<strong>2009</strong> 21.02.<strong>2009</strong> – 09.03.<strong>2009</strong> 14.02.<strong>2009</strong> – 02.03.<strong>2009</strong><br />
Osterferien 04.04.<strong>2009</strong> – 20.04.<strong>2009</strong> 18.04.<strong>2009</strong> – 04.05.<strong>2009</strong> 11.04.<strong>2009</strong> – 27.04.<strong>2009</strong><br />
Sommerferien 02.06.<strong>2009</strong> – 02.09.<strong>2009</strong> 02.06.<strong>2009</strong> – 02.09.<strong>2009</strong> 02.06.<strong>2009</strong> – 02.09.<strong>2009</strong><br />
Herbstferien 24.10.<strong>2009</strong> – 05.11.<strong>2009</strong> 24.10.<strong>2009</strong> – 05.11.<strong>2009</strong> 24.10.<strong>2009</strong> – 05.11.<strong>2009</strong><br />
Weihnachtsferien <strong>19</strong>.12.<strong>2009</strong> – 04.01.2010 <strong>19</strong>.12.<strong>2009</strong> – 04.01.2010 <strong>19</strong>.12.<strong>2009</strong> – 04.01.2010<br />
* Zur Zone A gehören ebenfalls die Überseegebiete<br />
108 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
Arte-Programm<br />
Sonntag, 21.12.2008, 20.45 Uhr<br />
Unsere Jugend in Indochina<br />
Themenabend<br />
Der Themenabend führt nach Südostasien in<br />
den Jahren zwischen <strong>19</strong>20 und <strong>19</strong>46. Die Protagonisten<br />
sind Zeitzeugen der letzten Epoche der<br />
französischen Kolonialzeit in Indochina. Ihre<br />
Erzählungen « Unsere Jugend in Indochina » gleichen<br />
einem Reiseroman. Den Auftakt des Abends<br />
macht Catherine Deneuve in dem international<br />
mehrfach ausgezeichneten Film « Indochine » von<br />
Régis Wargnier.<br />
Mittwoch, 31.12.2008, 00.45 Uhr<br />
Don Quichotte gegen<br />
den Blauen Engel<br />
Musical<br />
Die französische Schauspielerin und Sängerin<br />
Arielle Dombasle spielt in diesem amüsanten<br />
Musical das Revuegirl Daisy Bell, das sich für die<br />
Reinkarnation von Marlene Dietrich hält.<br />
Freitag, 23.01.<strong>2009</strong>, 21.00 Uhr<br />
Voltaire und die Affäre Calas<br />
Fernsehfilm<br />
Als Voltaires Mündel Marie Corneille um Beistand<br />
für die angeklagte Hugenottenfamilie Calas<br />
bittet, zögert Voltaire zunächst... Die Affäre Calas<br />
markiert nicht nur einen der fatalsten Rechtsirrtümer<br />
der französischen Geschichte, sondern auch<br />
den epochemachenden Kraftakt, mithilfe der Öffentlichkeit<br />
gegen die Intoleranz des alten Regimes<br />
zu kämpfen.<br />
Freitags, ab 20.02.<strong>2009</strong>, 21.00 bzw. 22.30 Uhr<br />
Venus und Apoll<br />
Serie<br />
ARTE baut sein Serienangebot aus, darunter<br />
eine neue Serie von Tonie Marshall: Gegenüber<br />
des Schönheitssalons Venus & Apoll eröffnet eine<br />
Galerie und das Leben der vier Mitarbeiterinnen<br />
gerät aus den Fugen: Ein Überfall, ein Anschlag<br />
auf den Salon, ein Mord. Gibt es einen Zusammenhang?<br />
Mehr Informationen zu den Sendungen finden Sie im Arte-Magazin oder unter: www.arte.tv<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong> · 109
Leserbriefe · Impressum<br />
Ihre letzte Ausgabe ist für<br />
mich die Krönung der bisher erschienenen<br />
Hefte, die allesamt interessant,<br />
informativ und liebevoll<br />
über das Land berichten, indem<br />
ich lebe und arbeite. Ihr Bericht<br />
über das Perigord ließ mein Herz<br />
hüpfen vor Freude und Zustimmung,<br />
denn ich lebe dort. Vor 20<br />
Jahren kauften wir ein Gehöft,<br />
eine abgeschlossene Anlage mit<br />
Scheunen und Häusern, die wir<br />
liebevoll über Jahre restaurierten.<br />
Seit vielen Jahren nun lebe ich<br />
hier und betreibe ein Chambre<br />
d‘ hote. Ihrem gut beobachteten<br />
und feinsinnig geschriebenen Titelthema<br />
kann man kaum etwas<br />
hinzufügen. Die Nähe zur Natur,<br />
zu dem « Sein » der Seele, zu den<br />
wirklichen Werten des Lebens, zu<br />
dem Wissen und Verstehen wie<br />
es einmal war und vielleicht sein<br />
wird mit uns Menschen, braucht<br />
man nicht zu suchen. Es begegnet<br />
einem auf Schritt und Tritt.<br />
Ich kann den Worten Arthur<br />
Millers: « Für mich gehört dieses<br />
Land, dieser Fluss dem Dichter<br />
Rainer Maria Rilke. Es ist nicht<br />
französisch, nicht österreichisch,<br />
nicht einmal europäisch... » nur<br />
beipflichten.<br />
Heide Feldmann, Bouyssour<br />
Ihre Zeitschrift lese ich mit<br />
viel Interesse. Die Artikel über<br />
die Regionen und Lebensgewohnheiten<br />
der einzelnen Regionen<br />
erweitern den Horizont zu diesem<br />
liebenswerten Land. Gerne würde<br />
ich aber auch meine französischen<br />
Sprach kenntnisse auffrischen bzw.<br />
erweitern. Daher würde ich es<br />
sehr begrüßen, wenn auch der<br />
eine oder andere Artikel aus der<br />
fran zösischen Literatur / Chansons<br />
/ Reportage in Originalsprache<br />
veröffentlicht würde.<br />
Erika Hiergeist, per E-Mail<br />
Euer Magazin hat wirklich<br />
bisher gefehlt und ich bin sehr<br />
froh, dass es Frankreich erleben<br />
gibt. Regelrecht verzehre ich das<br />
Heft an einem Wochenende, so<br />
dass ich mich montags ärgere,<br />
wirklich schon jeden Bericht gelesen<br />
zu haben und nun wieder so<br />
lange auf das neue Heft warten zu<br />
müssen. Aber ab jetzt teile ich es<br />
mir ein bisschen ein und bin auch<br />
wesentlich beruhigter, da ich nun<br />
ein Abo abgeschlossen habe. Ich<br />
war es satt, ständig von Tankstelle<br />
zu Buchladen zu rasen, um Euer<br />
Heft zu kaufen. Es ist wie ein<br />
kleiner Frankreichurlaub, durchs<br />
Magazin zu blättern. Macht weiter<br />
… und zwar genau so!<br />
Nicole Wolf, Frankfurt a.M.<br />
Jetzt lese ich schon seit über<br />
einem Jahr Ihre sehr gute und<br />
interessante Zeitschrift – gefunden<br />
habe ich sie in unserer Post-<br />
Shop-Filiale. Nach meinem ersten<br />
Frankreichaufenthalt vor gut 22<br />
Jahren als Au-pair-Mädchen bin<br />
ich ein absoluter Frankreichfan.<br />
Ich freue mich immer sehr, wenn<br />
Sie über die französische Hauptstadt<br />
berichten. Auch Ihre Berichte<br />
über das ländliche Frankreich<br />
sind jedes Mal ein Genuss.<br />
Friederike Mohr, Koblenz<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge<br />
oder Anregungen? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail:<br />
Leserbriefe<br />
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Per Brief: Frankreich erleben - Leserbriefe - Globus Medien GmbH -<br />
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Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren<br />
und Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen<br />
Mitarbeiter zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine einzelne<br />
Personen am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet die<br />
Nennung im Impressum statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
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Herausgeber: Markus Harnau<br />
Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />
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Catalane • S. 6-11: Roederer; Segways; Air France; Herzog & De Meuron;<br />
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• S.109, Arte, DR • S.114: Yvon52, Fotolia; Serge Robin, Ajc Presse; P.<br />
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110 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
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7<br />
9<br />
8<br />
6<br />
5<br />
1<br />
10<br />
2<br />
12<br />
4<br />
3<br />
11<br />
13<br />
1 Paris und Umgebung <strong>Nr</strong>.<br />
14<br />
Les Palaces, rosige Zeiten für Pariser<br />
18<br />
Luxusherbergen<br />
Die Sainte-Chapelle in Schönheitskur 17<br />
Tuilerien - Paris träumt vom Wiederaufbau seines 17<br />
alten Stadtschlosses<br />
Kunst - Musée du Montparnasse 16<br />
Alle 20 Arrondissements 15<br />
Stadtentwicklung - Neue Hochhäuser für Paris? 14<br />
Cité de l’Immigration - Ein notwendiges Museum 13<br />
Vaux-le-Vicomte - Wenn Größenwahn zum<br />
12<br />
Verhägnis wird<br />
Barbizon - Nabel der französischen<br />
12<br />
Landschaftsmalerei des <strong>19</strong>. Jahrhunderts<br />
Fontainebleau - Kleines Paradies der Glückseligkeit 12<br />
Parc de Sceaux - Wenn der Park im Mittelpunkt steht 12<br />
Rambouillet - Ein Schloss für den Präsidenten 12<br />
Saint-Germain-en-Laye - Sinnbild eines elitären 12<br />
Lebensgefühls<br />
Parc de Saint-Cloud - Schlosspark ohne Schloss 12<br />
Auvers-sur-Oise - Van Goghs letzte Ruhestätte 12<br />
Chantilly - Schloss, Pferde, Schlagsahne 12<br />
Pierrefonds - Beschaulichkeit versus Monumentalität 12<br />
Kommunalpolitik - Paris erlebt eine<br />
12<br />
Fahrradrevolution<br />
Fondation Le Corbusier - Das Erbe eines<br />
12<br />
polarisierenden Architekten<br />
Gastronomie - Preiswert essen in Paris 12<br />
Paris La Défense - Paris‘ futuristisches Gesicht 10<br />
Paris 14e - Stadtspaziergang durch das 14.<br />
9<br />
Arrondissement<br />
Paris-CDG - Hinter den Kulissen des Pariser<br />
8<br />
Flughafens Charles-de-Gaulle<br />
Opéra National de Paris - Eine Bühne für das<br />
7<br />
Publikum<br />
Paris Rive Gauche - Zukünftiges 7<br />
Restaurant - Café Marly, Pariser Chic im Louvre 6<br />
Shoppingtour - Auf Einkaufstour durch Paris mit 6<br />
einem der legendärsten Autos Frankreichs, der Ente<br />
Palais-Royal - Die Renaissance des Shoppings 6<br />
Avenue Montaigne - Nächtlicher Bum mel über die 6<br />
Pariser Luxusmeile<br />
Kaufhäuser - Mythos Grands Magasins: vom<br />
6<br />
«Paradies der Damen» zum Konsumtempel<br />
Maison de Balsac, Musée Gustave Moreau,<br />
5<br />
Fondation Cartier<br />
Mac/Val - Zeitgenössischer Kunst tempel in einem 3<br />
Vorort von Paris<br />
Gastronomie - Chez Antoine 1<br />
Pariser Bistros 1<br />
Die Gewächs häuser von Auteuil 1<br />
Interview - Anne Hidalgo 1<br />
Märkte - Jedem seinen Markt 1<br />
Stadtteile - Spaziergang durch eine sinnliche<br />
1<br />
Metropole<br />
Hotel<br />
Hôtel des Académies et des Arts, Paris 11<br />
Kube Rooms and Bars, Paris 2<br />
2 Nordfrankreich <strong>Nr</strong>.<br />
Côte d’Opale - Immer am Ärmelkanal entlang 14<br />
Centre Historique Minier - Die Geschichte des<br />
14<br />
Bergbaus erleben<br />
Amiens - Kleine Kapitale der Picardie 14<br />
Baie de Somme - Paradies für Menschen und Vögel 14<br />
Karneval in Dünkirchen - Eine ganze Stadt feiert mit 13<br />
urigem Humor<br />
La Piscine - Ein Schwimmbecken als Eintrittskarte in 10<br />
die Welt der Kunst<br />
Auf Lille 2004 folgt lille3000, die Verwandlung 6<br />
geht weiter<br />
Lille - Frankreichs flämische Metropole 2<br />
Hotel<br />
L‘Hermitage Gantois, Lille 5<br />
3 Elsass / Lothringen / Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Ardennen - Im sagenhaften Grün der Ardennen 18<br />
Elsass - Goethes amour fou in Sesenheim 17<br />
Gedenkkult - Charles de Gaulle, wohin man schaut 17<br />
Le Chocolat, Schokoladenmuseum Straßburg 16<br />
Vittel - Vom Kurort zur Weltmarke 15<br />
Plombières-les-Bains - Thermale Freuden in den 12<br />
Vogesen<br />
Straßburg - Stadterneuerung als politisches<br />
11<br />
Leitmotiv<br />
Wein - Jean-Paul Schmitt, ein Winzer mit Charakter 10<br />
und charaktervollen Weinen<br />
Madeleines, die süße Verführung aus Commercy 10<br />
Metz - Im Osten etwas Neues 9<br />
Burgen - Auf den Spuren des Mittelalters 8<br />
Elsässische Weinstraße - Eine Weingegend zeigt 8<br />
sich volksnah<br />
Mulhouse - Europäische Hauptstadt der<br />
8<br />
Technikmuseen<br />
Dominikanerkloster Guebwiller - Wo Musik Grenzen 8<br />
überwindet<br />
Golf im Elsass - Geheimtipp unter Golfern 8<br />
Dorfleben - Eine Reise zu den fünf schönsten<br />
8<br />
Dörfern des Elsass<br />
Colmar - Der Zauber der Nacht 8<br />
Sainte-Marie-aux-Mines - Besuch einer Silbermine 8<br />
aus dem 16. Jahrhundert<br />
Bugatti in Molsheim - Die Wiederentdeckung einer 8<br />
automobilen Legende<br />
Straßburg - Wenn Fachwerkhäuser auf Glaspaläste 8<br />
treffen<br />
Skifahren in den Vogesen - Mittelgebirge hinter der 7<br />
Grenze<br />
Elsass - Hochburg der Weihnachtsmärkte 6<br />
Wein - Champagner, Lebensgenuss pur 5<br />
Stockweiher - der Wolf im Schafspelz 3<br />
Hotel<br />
Le Château-Fort, Sedan 16<br />
Le Prestige Impérial, Plombières-les-Bains 12<br />
Le Domaine du Lac, Guebwiller 9<br />
4 Burgund / Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Anis de Flavigny, der Erfolg kleiner weißer Bonbons 18<br />
Morvan - Einst vergessen, heute ein grüner Schatz 17<br />
Bibracte - Galliens Hauptstadt vom Staub befreit 17<br />
Guédelon - Die spinnen, die Burgunder! 17<br />
Wein - Montrachet, ein Wein der Extraklasse 17<br />
Skifahren im Jura - Landstrich der Geruhsamkeit 7<br />
Saline Royale - Salz des Lebens: die königliche 7<br />
Saline von Arc-et-Senans<br />
Burgund - Mit dem Hausboot auf dem Canal du 2<br />
Nivernais<br />
Wein - Chablis, weißes Gold des Burgund 1<br />
Jura - Hundeschlittenfahren im hohen Norden... 1<br />
des Jura<br />
5 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Loir-Tal - Die Poesie der Natur 14<br />
Wein - AOC Touraine, der Siegeszug des Sauvignon 12<br />
Wein - Vouvray 9<br />
Gastronomie - Chez Miton, Chahaignes 3<br />
Wein - Jasnières du Loir 3<br />
Fahrradtouren - Mit dem Fahrrad entlang der Loire 3<br />
Höhlenwohnungen - Moderne Troglodyten am Loir 3<br />
Als Schlossherr im Jahr 2006... 3<br />
Die etwas anderen Schlösser 3<br />
Wein - Domaine de Beauséjour 3<br />
6 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Les Bains des Docks, Le Havres weißer Badetempel 18<br />
Mont-Saint-Michel - Übers Watt zum Klosterberg 16<br />
La Hague - Eine Reise ans Ende der Welt 16<br />
Pays d’Auge & Côte Fleurie - Natur und Luxus 16<br />
Spuren der Geschichte - Die Normandie unter<br />
16<br />
Wilhelm dem Eroberer<br />
Mont-Saint-Michel - Die spektakuläre Rettung des 10<br />
Klosterbergs<br />
Trouville-sur-Mer - Bäderarchitektur vom Feinsten 8<br />
Camembert-Herstellung 3<br />
Le Havre - Frankreichs neuestes Weltkulturerbe 3<br />
7 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Halbinsel Rhuys - Die wilde Schönheit der Bretagne 16<br />
Belle-Ile-en-Mer - Raues Eiland im Atlantik 11<br />
Le Pays des Abers - Die Bretagne im Kleinformat mit 9<br />
Fjorden wie im hohen Norden<br />
Rennes - Geschichtsträchtig und weltoffen 9<br />
Nantes-Brest-Kanal - Und aus der Mitte entspringt 9<br />
ein Kanal<br />
Bretonische Lebensart - Mehr als nur Klischees? 9<br />
Lichouseries, zuckersüße Köstlichkeiten aus der 9<br />
Bretagne<br />
Bretagne - Thalassotherapie: die heilsamen Kräfte 2<br />
des Meeres<br />
Hotel<br />
Grand Hôtel Barrière, Dinard 6<br />
8 Nördliche Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Saint-Nazaire - Der Blick nach vorne 11<br />
Nantes - Eine Stadt organisiert ihre kul turelle<br />
4<br />
Metamorphose<br />
Inseln - Ile de Noirmoutier und Ile d‘Yeu - das Leben 4<br />
vor der Küste<br />
Aquarium von La Rochelle 2
9 Südliche Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Cannelés, knackige Hülle mit weichem Kern 17<br />
Bassin d’Arcachon - Eine Bootsfahrt, die ist lustig... 16<br />
Bordelais - Eine kleine Revolution: die Winery 15<br />
Biarritz - Vom Fischerdorf zum legendären Seebad 14<br />
Pont de Pierre - Die schönste Annäherung an<br />
13<br />
Bordeaux<br />
Typisch Bordeaux - Wenn Kleinigkeiten zum<br />
13<br />
Markenzeichen werden<br />
Bordeaux-Saint-Michel - Bodenständig und populär 13<br />
Stadterneuerung Bordeaux - Wenn das 21.<br />
13<br />
Jahrhundert auf das 18. Jahrhundert trifft<br />
Bordeaux Rive Droite - Ein Ufer auf Identitätssuche 13<br />
Ein Traumwochenende im Bordelais 5<br />
Cordouan - Das kleine Versailles im Atlantik 5<br />
Portraits - Salzbauern, Austernzüchter,<br />
4<br />
Kiwiproduzenten, die Berufe entlang der Küste<br />
Hossegor - Wo Architektur den legendären Ruf eines 4<br />
Seebades begründet<br />
La Leyre - « Wenn du die Region wirklich kennen 4<br />
lernen möchtest, interessiere dich für die Leyre...»<br />
Wein - Bordelais: Les Vignobles Peyvergès 2<br />
Bordeaux - Das Erwachen einer schlafenden<br />
1<br />
Schönheit<br />
Hotel<br />
Seeko’o Hotel, Bordeaux 13<br />
Les Sources de Caudalie, Bordelais 3<br />
10 Zentralfrankreich / Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Dordogne-Tal - Frankreich wie im Bilderbuch 18<br />
Rouffignac - Die Höhle der 100 Mammuts 18<br />
Périgueux, Brantôme, Bergerac, Sarlat - Unterwegs 18<br />
in den Städten des Périgord<br />
Cordes-sur-Ciel - Am Ende einer langen Reise 17<br />
Albi - Die ziegelrote Stadt am Tarn 15<br />
Lascaux - Weltberühmte Felszeichnungen von 15<br />
Zerstörung bedroht<br />
Moissac - Ein Glanzlicht der europäischen<br />
13<br />
Kunstgeschichte<br />
Toulouse - Weltoffenheit und Lebenslust 12<br />
Erinnerungskultur - Versuch einer Zustandsbeschreibung<br />
11<br />
am Beispiel von Oradour-sur-Glane<br />
Roquefort, le roi des fromages 11<br />
Skifahren im Zentralmassiv - Land der erloschenen 7<br />
Vulkane<br />
Skifahren in den Pyrenäen - Bergkette zwischen 7<br />
zwei Meeren<br />
Land der Katharer - Von Foix nach Carcassonne 4<br />
Viadukt von Millau - Die Brücke über den Wolken 1<br />
Hotel<br />
Hôtel Garonne, Toulouse 10<br />
11 Alpen / Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Lyon - Fête des Lumières 2008 18<br />
Wein - Rhone-Tal, ein Weingebiet mit Vielfalt 16<br />
Briançon - Stade auf mehreren Etagen 15<br />
Annecy - Zwischen Urbanität und Alpenromantik 14<br />
Les 3 Vallées - Grenzenloses Wintersportvergnügen 13<br />
Barcelonnette - Einmal Mexiko und zurück 12<br />
Route des Grandes Alpes - Höhenrausch und<br />
11<br />
Fernsicht<br />
Grenoble - Frankreichs Alpenmetropole auf<br />
11<br />
Schönheitskur<br />
Evian, Thonon, Aix-les-Bains - Legendäre Kurbäder 11<br />
der Belle Epoque<br />
Yvoire - Mittelalterliches Flair am Genfer See 10<br />
Flusskreuzfahrt - Freizeitstress und Langsamkeit, 10<br />
Tagebuch einer Flusskreuzfahrt auf der Rhone<br />
Skifahren in den Südalpen - Dem Mittelmeer so nah 7<br />
Skifahren in den Nordalpen - Gebirge der Superlative 7<br />
Wein - Die Wahrheit über den Beaujolais Nouveau 7<br />
Lyon - Eine Stadt entdeckt die Magie des Lichts 3<br />
Hotel<br />
l’ermitage, Lyon 18<br />
Collège Hôtel, Lyon 14<br />
Hameau Albert 1er, Chamonix 7<br />
12 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />
Flusskreuzfahrt - Freizeitstress und Langsamkeit, 10<br />
Tagebuch einer Flusskreuzfahrt auf der Rhone<br />
Cevennen - Das Rätsel der Höhle von Trabuc 7<br />
Musée du Désert - Auf den Spuren des eigenen 6<br />
Namens<br />
Narbonnaise - Ein Morgen mit Gérard beim<br />
4<br />
Aalfang...<br />
Bambouseraie - Die Poesie eines 150 Jah re alten<br />
Bambusgartens<br />
Hotel<br />
Domaine de Verchant, Montpellier 17<br />
13 Côte d’Azur / Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Aix-en-Provence - Auf den Spuren von Cézanne 18<br />
Marseille - Panier-Viertel, Marseille pur 16<br />
Mougins - Picassos letzter Wohnort 13<br />
Nizza - Kunst erobert die Stadt 11<br />
Die Provence wie im Film - Auf den Spuren von 10<br />
«Jean Florette» und «Manons Rache»<br />
Flusskreuzfahrt - Freizeitstress und Langsamkeit, 10<br />
Tagebuch einer Flusskreuzfahrt auf der Rhone<br />
Luberon - Eine Reise zu den Farben der Provence 10<br />
Massif de la Sainte-Baume - Auf dem Dach der 10<br />
Provence<br />
Camargue - Land zwischen Fluss und Meer 9<br />
Circuit du Var - Erste Formel-1-Fahrschule der Welt 6<br />
Marseille - 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen 5<br />
Calissons aus Aix-en-Provence 2<br />
Confiserie - Wo Blüten zu süßen Köstlichkeiten 2<br />
werden<br />
Villages perchés - Wo Dörfer auf Gipfeln thronen 2<br />
Saint-Tropez - Wo der Luxus zu Hause ist 2<br />
Hotel<br />
Dolce Frégate, Saint-Cyr-sur-Mer 15<br />
HI, Nizza 8<br />
Le Delos, Bandol 4<br />
14 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Calvi - Perle im Nordwesten Korsikas 8<br />
Restaurant - A Pineta, Ajaccio 5<br />
Mit der Eisenbahn durch Korsikas Bergwelt 5<br />
Gorges de la Restonica, Korsikas alpine Seite 5<br />
Städtevergleich - Bastia versus Ajaccio 5<br />
Wenn Landstraßen zu Traumstraßen werden 5<br />
Hotel<br />
Casadelmar, Porto-Vecchio 1<br />
4<br />
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Frankreich<br />
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Loire-Tal<br />
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unentdeckten<br />
Schlössern<br />
Burgund<br />
Wallfahrtsort und<br />
Weltkulturerbe<br />
Vézelay<br />
Côte Vermeille<br />
Unterwegs am Fuße der Pyrenäen<br />
Honfleur<br />
Fischerdorfromantik und Künstlerflair<br />
Dalida<br />
Unsterbliche Ikone<br />
des französischen<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 20 - März / April <strong>2009</strong> erscheint am 25. <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong><br />
114 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>
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