Jagd & Natur | Ausgabe Mai 2020
Aufgrund der zahlreichen Beschränkungen im Alltag wollen wir allen Jagd- und Naturinteressierten ein Geschenk machen und stellen die Mai-Ausgabe kostenlos zur Verfügung. Viel Spass bei der Lektüre!
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Jagd & Gesellschaft
Zeitenwende
die Frage, warum er 52 Jahre bei Paul Sonderegger gearbeitet
habe, antwortete er in seinem prägnanten Prättigauer-Tütsch:
«Är ischt an guata Chef gsin, susch weer
i nid so lang blibä.»
Mit Vasella AG einen Nachfolger gefunden
Paul hatte lange gehofft, dass sein Sohn als gelernter
Büchsenmacher einmal in seine Fussstapfen treten
würde. Doch wie so oft wollte der Junior als Maschinenbauingenieur
eine andere Laufbahn einschlagen.
Eigentlich nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass
der Büchsenmacherberuf langsam, aber unaufhaltsam
den gleichen Weg geht wie alle traditionellen Handwerkerberufe.
Moderne Waffen sind heute Maschinenbau-
Erzeugnisse und von Hand wird da nur noch ganz wenig
daran gearbeitet. Vorbei sind die Zeiten, wo ein Büchsenmacher
noch eine Schlagfeder von Hand in mühsamer
Handarbeit angefertigt, gehärtet und eingepasst
hat. Wer Paul Sonderegger kennt, weiss, dass er keine
halben Sachen macht. Heuer wird er 65 Jahre alt und
wollte seinen Betrieb nach 49 Jahren Büchsenmachertätigkeit
noch übergeben, solange ein potenter Interessent
zu finden war. Diesen hat er in Romano, Orlando
und Franco Vasella gefunden. Sie kennen und schätzen
sich seit vielen Jahren und haben zusammen schon
einige Grossanlässe wie das Eidg. Schützenfest 1985
und zwei Kantonalschützenfeste als Festbüchsenmacher
erfolgreich bestritten. Die Vasella AG in Chur wird
also seinen Betrieb übernehmen und in das neue Jagd-
Zentrum Chur integrieren. Dadurch geht die Betreuung
der Kunden von Paul Sonderegger nahtlos ins Jagd-
Zentrum Chur an der Grabenstrasse 15 über. Gutscheine
und Garantieansprüche, Bestellungen und Aufträge
von Produkten, die bei Sonderegger gekauft resp. bestellt
wurden, bleiben gültig und werden weiter bearbeitet.
Paul Sonderegger wird in diesem Jahr Romano
Vasella am Mittwochnachmittag auf dem 100-m-Stand
Rossboden noch unterstützen.
Paul Sonderegger
Büchsenmacher mit Leib und Seele
Ein seltsames Gefühl beschleicht mich beim Fotografieren
der unzähligen Werkzeuge und Ersatzteile für all
die verschiedenen Waffen. Es ist, als zögen 70 Jahre
Büchsenmacherkunst im Eiltempo an mir vorbei. All die
herrliche Handarbeit, die dahintersteckt. Es ist die Zeitenwende,
die unerbittlich alle traditionellen Handwerker
beseitigt. Auch ich gehöre als alter Mechaniker dazu
und habe bei dem Anblick der halbleeren Werkstatt
heimlich eine kleine Träne verdrückt. Doch alles dreht
sich weiter ...
Fotos: Peter Vonow
Nach 72 Jahren verschwindet ein in Schützen- und Jägerkreisen
bestens bekannter Name. Doch Paul Sonderegger
hat vorgesorgt. Sein Betrieb wird in das Jagd-Zentrum
Chur der Vasella AG integriert.
Paul Sonderegger ist Büchsenmacher mit Leib und
Seele. Er war und ist ein Perfektionist und die Zuverlässigkeit
in Person. Schon sein Vater Paul war weit herum
ein Begriff bei den Schützen. Dieser hatte seine
Ausbildung seinerzeit bei Vasella in Chur absolviert und
arbeitete später bei Hämmerli in Lenzburg als Büchsenmacher,
bis er sich 1948, ein Jahr vor dem Eidg. Schützenfest
in Chur, selbständig machte. Seine Passion
waren Parabellum-Pistolen, die Jagdwaffen aus Suhl
und natürlich alle Ordonanzwaffen. Dann waren seine
Martini-Stutzer legendär. Die schossen wie Gift und
hatten so feine Stecher, dass sie schon fast schossen,
als man noch ans Auslösen dachte. Mein erster Stutzer
war ein 11er-Geradezug mit einem Hämmerli-Lauf für
800 Franken mit offener Visierung. Den habe ich heute
noch in meinem Waffenschrank. Ich kann mich auch
Peter Vonow
noch gut erinnern, wie Paul sen. mir jeweils im Trapstand
Landquart einen ganzen Plastiksack voller Schrotpatronen
verschiedenster Hersteller mit einem Augenzwinkern
in die Hand drückte und meinte: «Nimm du
diese Testpatronen mit, die schiesst hier sowieso niemand
mehr.» So konnte ich wieder ein paar Passen mit
meiner Baikal-Doppelflinte schiessen. Damals war man
noch nicht so auf Rosen gebettet und Trap nur etwas
für die «Reichen». Paul hat den elterlichen Betrieb 1983
übernommen und zügelte sein Geschäft an die Grabenstrasse.
Dorthin mitgenommen hat er Büchsenmacher
Hans Peter Pitschi, der seit 1967 bei Sonderegger
arbeitete. «Hampi», wie ihn viele nannten, ging 2012 in
Pension. Doch schon ein Jahr später stand er wieder in
der Werkstatt. Jetzt geht er also mit 73 Jahren zusammen
mit Paul in den wohlverdienten Ruhestand. Auf
Foto: Markus P. Stähli
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