22.04.2020 Aufrufe

Jagd & Natur | Ausgabe Mai 2020

Aufgrund der zahlreichen Beschränkungen im Alltag wollen wir allen Jagd- und Naturinteressierten ein Geschenk machen und stellen die Mai-Ausgabe kostenlos zur Verfügung. Viel Spass bei der Lektüre!

Aufgrund der zahlreichen Beschränkungen im Alltag wollen wir allen Jagd- und Naturinteressierten ein Geschenk machen und stellen die Mai-Ausgabe kostenlos zur Verfügung. Viel Spass bei der Lektüre!

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Rubrik Wild & Wissen

Auerwild

Jetzt steht das Steinwild unten im Tal.

Reviergesang im Morgengrauen

Perfekt getarnt kauert die Henne

neben ihrem Verehrer.

nen die Flügel abspreizen und sich ducken, worauf der

Hahn sie besteigt, im Nacken packt und kopuliert.

Faktoren für den Rückgang

Auerhühner teilen ihren Lebensraum mit potenziell gefährlichen

Prädatoren. Um 1900, als die Art in Mitteleuropa

noch keineswegs bedroht und bis ins Flachland

verbreitet war, wurden Fuchs, Marder, Habicht, Uhu,

verwilderte Miezen, Dachs und Rabenvögel kurzgehalten,

Adler und Wildschwein waren selten, Luchs und

Wolf ausgerottet. Inzwischen sind die Bestände der

Beutegreifer stark bis sehr stark angewachsen, bei

gleichzeitigem Schrumpfen der Auerhuhn-Biotope. Prädatoren

suchen die Balzplätze gezielt auf. Als ich an einem

Morgen vergeblich auf einen Hahn wartete, fand

ich seine Überreste unweit vom Balzplatz – samt einer

Schwungfeder des Steinadlers. Mehrmals versuchten

Füchse, im Dämmerlicht tanzende Gockel zu überrumpeln.

Einmal waren zwei Baummarder mit ähnlichen

Absichten unterwegs. Der Habicht jagt auch im Auerhuhnrevier

und gilt, neben Fuchs und Marder, als wichtigster

Feind. Mit scharfem Blick schleichen Luchse

durch die Wälder der Alpen, Voralpen und des Jura, in

Letzterem auch Wildkatzen. Dachse und Wildschweine

spüren Gelege auf, und in vielen Gebieten haben sich

die gefrässigen Borstentiere explosionsartig vermehrt.

Auf die Eier und die Küken haben es auch die Rabenvögel

abgesehen. Prädation wird dann ein Problem, wenn

nur noch einzelne Hähne die Stellung halten. In gut besetzten

Revieren kann die Population den einen oder

anderen Abgang verkraften.

In Mitteleuropa ist eine Reihe von Faktoren für den

Rückgang des Auerwildes verantwortlich, oft sind es

mehrere gleichzeitig. Ohne Zweifel spielt die Verschlechterung

und Fragmentierung des Lebensraums

eine Hauptrolle. Der Umbau des Waldes in profitorientierte

Fichten-Monokulturen liess die sonnenhungrige

Zwergstrauch- und Krautschicht verkümmern. Und mit

ihr verschwanden Waldameisen und andere Insekten,

Schnecken, Spinnen als lebenswichtige Eiweisslieferanten.

Idealerweise liegt ein Auerhuhn-Biotop in einem

ausgedehnten, strukturierten Bergwald mit vielen

Grenzlinien und stufigen Rändern. Althölzer und Koniferen

dominieren. Ein lückiger Kronenschluss lässt eine

artenreiche Bodenvegetation und Kleinlebewesen gedeihen.

Kontraproduktiv ist der hierzulande praktizierte

überrissene Bau von Forststrassen, die Verdunkelung

der Wälder durch grossen Holzvorrat und Kronen-

Beim Schleifen beutelt es den Sänger.

schluss und das Fällen von beliebten Schlaf- und Balzbäumen

am Tanzplatz. Abträglich für das Gedeihen der

Küken sind nasskalte Wochen nach dem Schlüpfen, sie

leiden an Unterkühlung, müssen oft gehudert werden

und finden nicht genug Nahrung. In einem geschwächten

Organismus gewinnen Parasiten schnell die Oberhand.

Adulte Vögel finden den Tod, wenn sie schlecht

sichtbare Zäune oder Stahlseile anfliegen. Welche Auswirkungen

saurer Regen und Luftverschmutzung auf

Auerhuhn-Lebensräume haben, ist erst ansatzweise

erforscht. Ein Kapitel für sich sind die vom Menschen

verursachten Störungen. Ungebremst nimmt das Ausmass

der Freizeitaktivitäten Jahr für Jahr zu, und der

Wald muss als Tummelplatz herhalten. Kritisch wird es

insbesondere in der kalten Jahreszeit, wenn jede Flucht

viel Energie kostet. Um die für das Wild unerträgliche

Situation zu entschärfen, haben viele Gemeinden auf

ihrem Gebiet Winterruhezonen ausgewiesen und mit

einem Betretungsverbot von Dezember bis April belegt.

Solche Verbote nützen nur dann etwas, wenn ihnen

Nachachtung verschafft wird. Der Forstdienst hat es in

der Hand, in den wenigen verbliebenen Kerngebieten

Auerhuhn-taugliche Waldstrukturen zu erhalten und

weitere zu schaffen. In weniger geeigneten Wäldern sinken

Überlebens- und Fortpflanzungsrate. Wo keine arttypische

Gruppenbalz mehr stattfindet und der Kontakt

mit anderen, mehr als 10 km entfernten Vorkommen

mangels «Trittsteinen» nicht mehr möglich ist, droht Inzucht.

36

JAGD & NATUR 5 l 20

35 l 20

JAGD & NATUR

37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!