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Das Fachmagazin für Aus-, Fortbildung und ... - Zukunft Beruf

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Wie geht es weiter mit der <strong>Beruf</strong>sberatung in Baden-Württemberg?<br />

“Unsere Demokratie wird in<br />

jeder Gr<strong>und</strong>schulklasse verteidigt,<br />

nicht in Afghanistan!”<br />

“Unsere Demokratie wird in jeder<br />

Gr<strong>und</strong>schulklasse verteidigt,<br />

nicht in Afghanistan”, stellte Chris -<br />

tian Chako Habekost fest <strong>und</strong><br />

brachte damit die Fachtagung ‘Be -<br />

rufsberatung’ an der Hochschule<br />

der B<strong>und</strong>esagentur <strong>für</strong> Arbeit<br />

(HdBA) in Mannheim Ende März<br />

2011 mit seiner Sicht der Dinge<br />

auf den Punkt. Um Qualifizierung<br />

geht es in den kommenden<br />

Jahren, um die damit verb<strong>und</strong>ene<br />

Wettbewerbsfähigkeit deutscher<br />

Unternehmen, um den demografischen<br />

Wandel mit den sinkenden<br />

Schulentlasszahlen – <strong>und</strong><br />

wie sich in diesem Umfeld die<br />

<strong>Beruf</strong>sberatung der B<strong>und</strong>esagentur<br />

<strong>für</strong> Arbeit aufstellen muss.<br />

Habekost packte die Thematik<br />

mit viel Humor an; die Realität,<br />

die zahlreiche Vorträge aufzeigten,<br />

ist indes beängstigend: Hochrechnungen<br />

bis zum Jahr 2030<br />

weisen einen extremen Fachkräftemangel<br />

aus, vor allem im weiten<br />

Feld der Dienstleistung <strong>und</strong>:<br />

Insbesondere Ingenieure braucht<br />

das Land, hochkarätige Akademiker,<br />

die sich vor wenigen Jah-<br />

24 | <strong>Zukunft</strong><strong>Beruf</strong><br />

ren noch vergebens um eine Stelle<br />

bei deutschen Unternehmen be -<br />

worben hatten <strong>und</strong> ins <strong>Aus</strong>land<br />

abgewandert waren.<br />

Seit 2006 weise, so Dr. Rainer<br />

Wolf vom statistischen Landesamt,<br />

Baden-Württemberg eine ne -<br />

“Zwei Mädels auf dem<br />

Schulhof: ‘Wir nehmen<br />

gerade den Gazastreifen<br />

durch.’ – ‘Hör mir auf damit.<br />

Ich hab genug Problemzonen<br />

am Körper.’” – Chako Habekost<br />

lockerte die Fachtagung<br />

‘<strong>Beruf</strong>sberatung in Baden-Württemberg’ an der Hochschule der<br />

B<strong>und</strong>esagentur <strong>für</strong> Arbeit in Mannheim Ende März als Kabarettist<br />

auf <strong>und</strong> hinterfragte, warum sich die Jugend zu “Erholbrot” <strong>und</strong><br />

“Dumm-Dumm-Geschossen” entwickle. Liegt es an den Lehrern?<br />

An den Eltern? An der Politik? Sicher sei jedenfalls, dass die Scharfschützen<br />

am Hindukusch erheblich besser ausgerüstet seien als die<br />

ABC-Schützen an den Schulen. Vielleicht, so schlug Habekost vor,<br />

sollte man neue Prioritäten setzen <strong>und</strong> die Lehrpläne von unnützem<br />

Zeug befreien – wie etwa der Rechtschreibung, bei der nach der<br />

26. Reform eh keiner mehr durchblicke. Bildung mache sich im Übrigen<br />

auch an Sprache fest. Und natürlich sei das ‘Mannemerisch’ mit seinen<br />

zeitmanagement-gerechten Verkürzungen (‘Lass uns jetzt aufbrechen =<br />

Hopp!; <strong>Das</strong> kann ich nicht verstehen = Hä?, etc.) das Maß aller Dinge.<br />

Übrigens: Habekosts Vater war <strong>Beruf</strong>sberater <strong>und</strong> später dann<br />

Arbeits amtsdirektor in Bad Kreuznach.<br />

gative Geburtenrate auf. Ein Viertel<br />

aller Frauen sei kinderlos, dies<br />

bei 1,3 bis 1,5 Kindern pro Familie<br />

(im Deutschen Reich um 1890<br />

hatte eine Familie zwischen fünf<br />

<strong>und</strong> sechs Kinder zu ernähren).<br />

Dagegen würden die Menschen<br />

im Ländle immer älter – Männer<br />

aktuell 78 (im Jahr 2060: 85,7<br />

Jahre) <strong>und</strong> Frauen 83 (2060: 89,4<br />

Jahre – zum Vergleich: Um 1901<br />

starb man im Schnitt mit 46). Im<br />

Jahr 2000 sei die Alterspyramide<br />

geknickt: Man zähle mehr ältere<br />

als junge Menschen, es sterben<br />

mehr als zur Welt kommen, <strong>und</strong><br />

der Bevölkerungsverlust in Baden-<br />

Württemberg werde auch nicht<br />

durch Zuwanderung ausgeglichen,<br />

wie das bei der Wiedervereinigung<br />

der Fall war, als H<strong>und</strong>erttausende<br />

aus der ehemaligen DDR<br />

zuzogen.<br />

Bis 2030 werde man einen deutlichen<br />

Rückgang der Studierendenzahlen<br />

hinnehmen müssen,<br />

<strong>und</strong> der Hauptschulabschluss verliere<br />

zahlenmäßig an Bedeutung,<br />

während der mittlere Abschluss<br />

seinen Stellenwert behalte.<br />

Im Zeichen des Wandels von der<br />

Produktions- zur Dienstleistungs -<br />

gesellschaft zählte man 2007 gegenüber<br />

dem produzierenden Ge -<br />

werbe erstmals doppelt so viele<br />

Arbeitskräfte in der Dienstleis -<br />

tung, ein Verhältnis, dass sich bis<br />

2030 weiter dramatisch verschieben<br />

werde. Wissensbasierte Tätigkeiten<br />

werden überproportional<br />

zu- <strong>und</strong> produktionsnahe weiter<br />

abnehmen. Parallel entstehe ein<br />

Überangebot an schwächer Qualifizierten<br />

(“Ohne beruflichen Abschluss<br />

sinken die Möglichkeiten<br />

am Arbeitsmarkt drastisch!”),<br />

<strong>für</strong> die man kaum noch berufliche<br />

Perspektiven vorweisen könne,<br />

während die Nachfrage nach<br />

Hochschulabsolventen nicht mehr<br />

zu decken sei. Bis zum Jahr 2015<br />

werden allein in den Ingenieurwissenschaften<br />

30.000 Fach kräfte<br />

fehlen, ähnliches gelte <strong>für</strong> die Medizin,<br />

die Naturwissenschaften<br />

<strong>und</strong> den Bereich Handel/La ge -<br />

rung. Bei den öffentlichen <strong>und</strong><br />

privaten Dienstleistungen sei, so<br />

Dr. Wolf, bis ins Jahr 2030 gar<br />

ein Minus von 160.000 Personen<br />

errechnet worden, wobei dann<br />

Gut gelaunt trotz<br />

schwerer Zeiten,<br />

die auf Deutschland<br />

zukommen:<br />

Prof. Dr. Gerd<br />

Bender, kommissarischer<br />

Rektor<br />

der Hochschule<br />

der B<strong>und</strong>esagentur<br />

<strong>für</strong> Arbeit in<br />

Mannheim, <strong>und</strong><br />

Eva Strobel, Leiterin<br />

der Regionaldirektion Baden-Württemberg der B<strong>und</strong>esagentur <strong>für</strong><br />

Arbeit, während der zweiten Fachtagung ‘<strong>Beruf</strong>sberatung in Baden-<br />

Württemberg’ (2009 war die erste) Ende März 2011 in der Quadratestadt.<br />

In mehreren Foren wurden Themen r<strong>und</strong> um die demografische<br />

Entwicklung, Schulabgänger <strong>und</strong> den Qualifizierungsbedarf im Land bis<br />

2030 sowie die Faktoren gelingenden Lernens mit Erkenntnissen aus<br />

den Neurowissenschaften behandelt.<br />

Die B<strong>und</strong>esagentur <strong>für</strong> Arbeit investiert derzeit in ein neues Beratungskonzept.<br />

Die jüngst an der Bildungs- <strong>und</strong> Tagungsstätte in Aalen ins<br />

Leben gerufene Beratungsakademie begleitet <strong>und</strong> unterstützt Beraterinnen<br />

<strong>und</strong> Berater auf dem Weg zu guten Vermittlungs- <strong>und</strong> Beratungsgesprächen.<br />

Sowohl jüngere als auch lebensältere Menschen,<br />

Frauen <strong>und</strong> Männer, <strong>Aus</strong>länder <strong>und</strong> Deutsche, Qualifizierte <strong>und</strong><br />

Leis tungsschwächere erwarten in den Arbeitsagenturen <strong>Aus</strong>kunft<br />

über die wirtschaftliche Situation <strong>und</strong> die Entwicklung des Arbeitsmarktes.<br />

Arbeitsmarktkompetenz, also gründliche Kenntnisse<br />

über die Entwicklung bei <strong>Beruf</strong>en <strong>und</strong> Branchen, aber auch im<br />

Bildungssys tem, gehört zu den Kernkompetenzen in der <strong>Beruf</strong>sberatung.<br />

auch im verarbeitenden Gewerbe<br />

der Fachkräftebedarf nicht mehr<br />

zu befriedigen sei.<br />

Gegenmaßnahmen? Laut Dr. Wolf<br />

müsse man sich auf erhöhte Arbeitszeiten<br />

einstellen, Flexibili -<br />

tät bei der Tätigkeitsorientierung<br />

zeigen, die Erwerbsbeteiligung<br />

ausdehnen, z.B. verstärkt Frauen<br />

in die <strong>Beruf</strong>swelt integrieren, <strong>und</strong><br />

höherwertige Abschlüsse forcieren,<br />

sprich: <strong>für</strong> Bildung mehr, viel<br />

mehr Geld als bisher zur Verfügung<br />

stellen.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> unterstrich<br />

Eva Strobel, Leiterin der<br />

Regionaldirektion Baden-Würt-<br />

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