Jaguar Magazin Nr.7
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KILLING IT
Luke Jennings erklärt die Faszination von Killing Eve, seiner
Hauptfigur Villanelle und wie die TV-Adaptation seiner Novellen
mit dem Casting den Nagel auf den Kopf getroffen hat
Bericht Olly Richards
Als Luke Jennings begann, Ideen für die Figur zu
sammeln, die später zur Auftragskillerin Villanelle aus
der Fernsehserie Killing Eve werden würde, hatte er zwei
Worte im Sinn: „unverschämt unterhaltsam“. Es gibt
zwar noch viele weitere Worte, die zur Beschreibung der
Serie passen würden, aber diese beiden eignen sich
besonders gut. Sowohl in Jennings’ ursprünglicher
Novelle Codename Villanelle als auch in der TV-Adaption
ist Villanelle ein Charakter, der den
Zuschauer in ein und derselben Minute
Tränen lachen und vor Entsetzen
erstarren lässt. Villanelle ist eine
russische Waise, die von einem
Topsecret-Verbrechersyndikat aus
dem Gefängnis befreit und als
Auftragskillerin ausgebildet wurde. Sie
liebt ihren Job über alles und erfreut sich
an einer fortlaufenden Katz-und-Maus-
Verfolgungsjagd mit Eve Polastri, einer
auf sie angesetzten MI5-Geheimagentin.
Als Jennings 2013 mit dem Schreiben
der ersten Villanelle-Erzählung begann,
war er bereits als Schriftsteller ziemlich erfolgreich,
sogar schon für den Booker Prize nominiert. Jennings
wollte etwas Unterhaltsames schaffen; die Charaktere
folgten dabei keinem der typischen Klischees des
Thriller-Genres. Und so wurde Villanelle geboren. „Sie
sprang völlig ausgearbeitet in meinen Kopf“, erzählt
Jennings. „Ich hatte vorher viel über Psychopathie
gelesen und dachte darüber nach, was ihr als Kind
passiert sein könnte, um als Erwachsene so zu werden.“
Seine Absicht war es nicht, einen weiteren typischen
Bildschirm-Psychopathen ins Leben zu rufen, der ganz
ohne Gefühle und Emotionen auskommt. Er las Studien
über Psychopathen, die sich selbst ihrer eigenen
Psychopathie bewusst waren, sich aber nicht
dafür schämten. Ebenfalls beschäftigte er sich mit
Theorien, die behaupten, dass Psychopathen Liebe
spüren oder Einfühlungsvermögen
haben könnten. Diese Gefühle würden
aber abgespalten von ihren anderen
Gefühlen wahrgenommen. Er wollte das
erschreckendste Monster erschaffen, was
man sich vorstellen kann – eine Person,
die ohne Motiv und aus purem Spaß die
grauenvollsten Taten begeht.
Die DNA von Villanelle setzt sich aus
verschiedenen Faktoren zusammen.
Einerseits wurde Jennings vom Leben
der Terroristin Idoia López Riaño
(alias La Tigresa) inspiriert, die in
den 1980ern in der baskischen
Separatistengruppe ETA aktiv war. „Da sie so gebildet
und attraktiv war, hätte sie sich ohne Schwierigkeiten
ein erfolgreiches Leben außerhalb der Terrorgruppe
aufbauen können. Aber sie schien das Morden regelrecht
zu genießen.“ Jennings orientierte sich also an den
Charaktereigenschaften eines lebendigen Vorbilds, als
er die düsteren Comic-Morde entwarf, die immer viel
komplizierter sind, als sie eigentlich sein müssten.
16 / Jaguar Magazin