07.05.2020 Aufrufe

Schlaflos - Das neue Normal: Eine Loseblattsammlung zum aktuellen Geschehen

Ein Stimmungsbild unserer Zeit. Wir führen die Loseblattsammlung 2021 weiter. Heute mit: Die theoretische Jugendweihe Info zur Sammlung: Viele Menschen sind schlaflos, die Gedanken rotieren. Nicht immer nur um sich selbst, sondern um ihre Freunde, Familien, um überhaupt alles. Die Loseblattsammlung enthält Gedanken, die diese Menschen mit uns teilen möchten. Die Texte sind bewusst unkommentiert, ungeschönt. Böse, kontrovers, traurig, lustig (ja, auch lustig) nachdenklich, vor allem jedoch authentisch. Normal ist nicht. Punkt.

Ein Stimmungsbild unserer Zeit. Wir führen die Loseblattsammlung 2021 weiter.
Heute mit: Die theoretische Jugendweihe

Info zur Sammlung:
Viele Menschen sind schlaflos, die Gedanken rotieren. Nicht immer nur um sich selbst, sondern um ihre Freunde, Familien, um überhaupt alles.
Die Loseblattsammlung enthält Gedanken, die diese Menschen mit uns teilen möchten. Die Texte sind bewusst unkommentiert, ungeschönt. Böse, kontrovers, traurig, lustig (ja, auch lustig) nachdenklich, vor allem jedoch authentisch.

Normal ist nicht. Punkt.

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<strong>Loseblattsammlung</strong> © ELVEA<br />

sen. <strong>Das</strong> war hart. Ebenfalls hart war<br />

es, dass viele keine Arbeit mehr hatten.<br />

Hotels, Restaurants, Geschäfte, Bars<br />

alles geschlossen.<br />

Die Ausgangssperre hat bei mir ziemliche<br />

Spuren hinterlassen. Ich fühlte<br />

mich dem Eingesperrt sein ausgeliefert<br />

- das war eine seltsame Erfahrung.<br />

<strong>Das</strong> Flüge immer wieder gestrichen<br />

wurden, verstärkte das Gefühl von<br />

Ohnmacht. Wann und wie komme ich<br />

überhaupt von La Palma weg? <strong>Das</strong><br />

fragte nicht nur ich mich. Gerade Ältere<br />

trauten sich den Trip über Teneriffa<br />

nicht zu.<br />

Als das Deutsche Konsulat auf Gran<br />

Canaria informierte, dass es auf absehbare<br />

Zeit keine Direktflüge von den<br />

kleineren Inseln nach Deutsch-land<br />

geben würde, buchte ich dann doch die<br />

Rückreise via Teneriffa. Nach 5 Monaten<br />

und 11 Tagen freute ich mich jetzt<br />

auf zu Hause.<br />

Während meiner letzten Woche durfte<br />

man immerhin eine Stunde vor die<br />

Tür und <strong>zum</strong> Friseur und zur Fußpflege,<br />

was ich sofort nutzte. Denn ich<br />

musste mich ja auf zwei Wochen häuslicher<br />

Quarantäne in Hannover einrichten.<br />

Am 11. Mai stand ich um 3.30 auf,<br />

gegen 5 Uhr kam die Taxe, die eine<br />

Freundin und mich <strong>zum</strong> Hafen auf der<br />

anderen Inselseite brachte. Die Fähre<br />

fuhr via Gomera nach Teneriffa. Von<br />

Hafen <strong>zum</strong> Flughafen. Der war leer bis<br />

auf unseren Flug, der dennoch eine<br />

Stunde Verspätung hatte. <strong>Das</strong> Boarding<br />

dauerte 3 Stunden, wir hatten<br />

mehr als 20 Rollstuhlfahrer dabei. Wie<br />

die Heringe standen wir in engen Gängen.<br />

Wohlweislich flog ich nur mit<br />

Handgepäck, in dem alle Unterlagen<br />

für den <strong>neue</strong>n historischen Roman waren<br />

(14 kg…). Auf dem Frankfurter<br />

Flughafen legte ich einen beachtlichen<br />

Sprint hin und erreichte den letzten<br />

verspäteten Zug nach Hannover.<br />

Um 1 Uhr 30 hatte meine Wohnung<br />

mich wieder.<br />

Ich schlafe immer noch schlecht. In<br />

den ersten Monaten hier waren meine<br />

Batterien ziemlich leer. Es hatte sich<br />

einiges angehäuft, nicht nur Erfreuliches…<br />

An Schreiben war nicht zu<br />

denken.<br />

Ich wehre mich gegen eine gewisse<br />

Lethargie und Mutlosigkeit, die immer<br />

mal wieder nach mir greift. Die<br />

Lesungen, den Kontakt zu meinen LeserInnen,<br />

vermisse ich sehr. Es ist wie<br />

ein Schweben im luftleeren Raum. Es<br />

fehlt die Resonanz. Überhaupt gehören<br />

die KünstlerInnen meist zu den<br />

besonders hart Betroffenen.<br />

Der Corona-Blues macht sich wohl<br />

bei Vielen immer mal wieder bemerkbar.<br />

In meinem Freundeskreis gibt es<br />

sehr unterschiedliche Reaktionen. Als<br />

ich wiedergekommen war und mich<br />

gern verabreden wollte, reagierten einige<br />

sehr verhalten – sie hielten sich<br />

strikt mit Treffen zurück. Und ich<br />

dachte anfangs, die wollten nichts<br />

mehr von mir wissen.<br />

Andere weisen auf Widersprüche in<br />

den Maßnahmen hin. Die sehe ich<br />

ebenfalls, wenn ich z.B. die übervollen<br />

Schulbusse beobachte. Es ist<br />

schon beängstigend – wir alle wissen<br />

nicht, wie es weiter-geht: Mit der Pandemie,<br />

mit der Umwelt, mit der Wirtschaft,<br />

mit der Politik. Die Verantwortlichen<br />

machen da so manchen<br />

Spagat. Ich beneide sie nicht. Falsche<br />

Entscheidungen können sich bitter rächen.<br />

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