Publikation als PDF - RKW
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14 <strong>RKW</strong> MAGAZIN · SEPTEMBER 2003<br />
SCHWERPUNKT<br />
Die Wirtschaft ebnet<br />
Europa den Weg<br />
>> Die Europäische Union ist bei uns angekommen: Wir<br />
haben den europäischen Binnenmarkt, die Grenzen sind<br />
gefallen, der Frieden zwischen den Mitgliedsstaaten erscheint<br />
uns heute selbstverständlich, der Euro ist für elf<br />
Mitgliedsstaaten zum alltäglichen Zahlungsmittel geworden,<br />
und Mitte Juli hat der EU-Verfassungskonvent<br />
in Brüssel den Entwurf für eine europäische Verfassung<br />
feierlich unterzeichnet. Aber wie steht es um die europäische<br />
Integration? Eine Bestandsaufnahme.<br />
(D)<br />
er Prozess hin zu einem integrierten<br />
Europa gestaltet sich<br />
schwierig, das zeigte schon<br />
das Ringen der Staats- und Regierungschefs<br />
um den Vertrag von Nizza. Zurzeit<br />
beraten die Mitgliedsstaaten über den<br />
Entwurf der europäischen Verfassung,<br />
der im Frühjahr 2004 endgültig beschlossen<br />
werden soll. Auf seiner Grundlage<br />
werden am 1. Mai des kommenden Jahres<br />
zehn neue Mitgliedsstaaten in die EU<br />
aufgenommen, die die Verfassung allesamt<br />
ratifizieren müssen. 2005 soll sie<br />
schließlich in Kraft treten.<br />
Bis dahin sind noch zahlreiche Auseinandersetzungen<br />
zu erwarten: Zwischen<br />
den neuen und den alten Mitgliedern,<br />
den großen und den kleinen, den<br />
Mittelgebern und den -empfängern. Aber<br />
genau das wird die Integration voranbringen:<br />
„Gemeinsames Recht kann eine<br />
große integrative Kraft entfalten“, gab<br />
denn auch Joschka Fischer im Mai 2000<br />
in seiner wichtigen Rede zur „Finalität<br />
der europäischen Integration“ in der Berliner<br />
Humboldt-Universität zu bedenken.<br />
Noch ist es nicht so weit. Was ist es<br />
aber, das Europa heute im Innersten<br />
zusammenhält? Knappe Antwort: die<br />
Wirtschaft.<br />
Wirtschaftliche Integration<br />
Seit der Kohle- und Stahlgemeinschaft in<br />
den 50er Jahren haben sich immer mehr<br />
europäische Länder durch ihre wirtschaftlichen<br />
Verflechtungen zu einem<br />
Wirtschaftsraum Europa integriert. Die-<br />
ser wächst nun auf beinahe 500 Millionen<br />
Einwohner an. „Damit entsteht der<br />
weltweit größte einheitliche Markt, der<br />
für die Herausforderungen des globalen<br />
Wettbewerbs hervorragend gerüstet ist.<br />
Das Wirtschaftspotenzial der Beitrittskandidaten<br />
ist groß, die EU integriert mit<br />
diesen Ländern ausgesprochene Wachstumsmärkte“,<br />
verspricht das Auswärtige<br />
Amt. Die gemeinsamen Spielregeln im<br />
vergrößerten Wirtschaftsraum erleichterten<br />
auch kleinen und mittleren Unternehmen<br />
das wirtschaftliche Engagement.<br />
Das bestätigt auch der Deutsche Industrie-<br />
und Handelskammertag (DIHK): Seinen<br />
Schätzungen zufolge wird sich der<br />
Anteil des Auslandsgeschäftes am<br />
Gesamtumsatz mittelständischer Firmen<br />
von 2000 bis 2005 nahezu verdoppeln.<br />
EU-weit sieht rund ein Drittel aller kleinen<br />
und mittelständischen Unternehmen<br />
mehr Vorteile <strong>als</strong> Nachteile im europäischen<br />
Binnenmarkt, dagegen empfindet<br />
lediglich ein Zehntel mehr Nachteile.<br />
Auch die Bertelsmann Forschungsgruppe<br />
Politik unterstreicht in ihrem<br />
Diskussionspapier „Europas Reform<br />
Denken“ die „Wachstumsgemeinschaft“<br />
Europas – neben der EU <strong>als</strong> Sicherheitsgemeinschaft,<br />
Solidaritätsgemeinschaft<br />
und Verfassungsgemeinschaft – <strong>als</strong><br />
eines der vier „Großprojekte der Europäischen<br />
Union“: Die Vergleichbarkeit der<br />
Preise, sinkende Wechselkursrisiken und<br />
Transaktionskosten hätten bereits den<br />
Wettbewerb intensiviert und die Attraktivität<br />
Europas <strong>als</strong> Investitionsstandort<br />
Foto: Michael Kappler/ddp<br />
erhöht. Jetzt entstehe „ein ökonomisches<br />
Umfeld, das der Sicherung von<br />
Preisstabilität, der Mobilisierung von<br />
Wachstumskräften und der dringend benötigten<br />
Modernisierung der europäischen<br />
Volkswirtschaften förderlich ist.“<br />
Allerdings müssten sich die Mitgliedsstaaten<br />
in der Wirtschaftspolitik noch<br />
besser koordinieren, die Außenvertretung<br />
in der Wirtschafts- und Finanzpolitik<br />
in eine Hand legen und die Grundlage<br />
einer gemeinsamen Wirtschafts- und<br />
Finanzordnung schaffen.<br />
Soziale Integration<br />
Mit dem Binnenmarkt und der Währungsunion<br />
sei es aber noch nicht getan:<br />
Die Europäische Union werde zunehmend<br />
auch bei der „Sicherung persönlicher<br />
Freiheit, allgemeinen Wohlstands<br />
oder sozialer Gerechtigkeit in die Pflicht<br />
genommen“. Keine leichte Aufgabe, zu-