SOM-2_2020
Auf allen Ebenen gesunden
Auf allen Ebenen gesunden
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9. Jahrgang · Ausgabe 2/2020 · 11,50 €
Themen in dieser Ausgabe:
Pathogenese
der Periimplantitis
Langzeitfasten vs. Intervallfasten
Glück und Erfolg in der Praxis
Auf allen Ebenen gesunden
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 1
Grundlagenseminare
aus der ganzheitlichen Zahnmedizin
für Ärzte und Zahnärzte
139. ZAEN-Kongress in Freudenstadt 17. bis 20. September 2020
Donnerstag 17. September 2020
09:00–12:30 Uhr Die Betrachtung der Mundhöhle aus ganzheitlich ärztlicher Sicht
Dr. Bodo Wettingfeld
14:30–18:00 Uhr Ohrakupunktur nach dem Vier-Punkte-System
Dr. Bodo Wettingfeld
Freitag, 18. September 2020
09:00–12:30 Uhr Der Zahn als iatrogener Störfaktor im menschlichen Immunsystem – Einführung in
die orale Regulationsmedizin
Dr. Hubertus R. Hommel
14:30–18:00 Uhr NICO – ein unentdecktes Kieferphänomen und eine gestörte Calciumhomöostase
bei chronischen Krankheiten
Dr. Hansjörg Lammers
Samstag, 19. September 2020
09:00–12:30 Uhr Kontrovers oder vereinbar? Der Arzt in der persönlichen und digitalen Welt – Möglichkeiten
der Nutzbarmachung zum Wohle des Patienten
Dr. Annette Jasper
14:30–18:00 Uhr Über kinetische Kettenwirkungen bei Kiefer-, Kopf und Rückenschmerzen
und ihre Therapie – Teil 1
(Mit Schienen und funktionskieferorthopädischen Geräten, besonders Biognathoren)
Dr. Hubertus von Treuenfels
Sonntag, 20. September 2020
09:00–12:30 Uhr Über kinetische Kettenwirkungen bei Kiefer-, Kopf und Rückenschmerzen
und ihre Therapie – Teil 2
(Mit Übungen nach Padovan – Neurofunktionelle Reorganisation)
Dr. Hubertus von Treuenfels
Information:
ZAEN Freudenstadt
Am Promenadenplatz 1, 72250 Freudenstadt
Tel.: +49 7441 918580, Fax: +49 7441 9185822
E-Mail: info@zaen.org
www.zaen.org
Bei Besuch von 5 der 7
Seminare erhalten Sie das
Basiszertifikat „Ganzheitliche
ZahnMedizin” der GZM
2 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Alles anders?
Christine Albinger-Voigt
Elke Glenz-Scotland
Christel Foch
Wer hätte gedacht, dass unser
gewohnter Wortschatz in so
kurzer Zeit um so viele unübliche
Wörter erweitert wird.
Die Corona-Krise macht es möglich:
Corona, Reproduktionszahl, Systemrelevanz,
Verdopplungszahl, Sterberate und
Mund-Nase-Schutz prägen die alltägliche
Kommunikation. Aber auch Kurzarbeit,
Patientenängste, finanzielle Sorgen und
ein unsicherer Blick in die wirtschaftliche
Zukunft gehören dazu.
Im Chinesischen setzt sich das Wort Krise
aus zwei Wörtern zusammen. Einmal
aus dem Wort „Gefahr“, zum anderen
aus dem Wort „Gelegenheit“. Im Griechischen
hingegen heißt Krisis „Höhe oder
Wendepunkt einer gefährlichen Lage“.
Muss eine Krise daher immer Anlass zur
Verzweiflung geben? Nur die wenigsten
leben zur Zeit so, wie vor ein paar Monaten.
Corona greift die Gesundheit an, die
Gesellschaft, das berufliche und soziale
Leben sowie unsere Haltung zu der ein
oder anderen Sache. Es hat sich so manches
geändert, und es zeigt sich einmal
mehr, wie bewegt das Leben sein kann,
wie viel Beweglichkeit es verlangt.
Beste Beispiele hierzu kommen direkt aus
dem Vorstand. Christine Albinger-Voigt
und Elke Glenz-Scotland zeigen sich den
Patienten in neuem Look, Christel Foch
zeigt sich Ihren Studenten bis auf Weiteres
nur auf dem Bildschirm. Als Dozentin,
die den direkten Kontakt mit den
Student*innen sehr schätzt, ist dies eine
neue Aufgabe, der sie sich im Homeoffice
stellt. Für Christine Albinger-Voigt und
Elke Glenz-Scotland geht der Praxisbetrieb
im neuen Outfit weiter, allerdings
mit anderen Spielregeln, neuen Herausforderungen
und Patienten, die mit ihren
ganz neuen Sorgen und Ängsten behandelt
werden müssen.
Gerasimos Papathanasiou wird zurzeit
von Kollegen aus aller Welt um Hilfe gebeten,
die sehr auf seinen fachlichen Rat
Wert legen. Er unterstützt hier mit allen
Kräften mit seinen wissenschaftlichen
Erkenntnissen speziell zur Neuraltherapie.
Auch das Leben des Verbandes ändert
sich. Innerhalb einer Woche kann sich
ein ganzer Terminkalender voller schöner
Kongresse, Vorträge und Seminare
leeren. Übrig bleiben ein paar magere
Fragezeichen, die eventuell im Herbst
Ausrufezeichen werden. Die Absage des
beliebten Bodensee-Kongresses, von
Seminaren und letztlich auch von Vorstandssitzungen
schmerzen. Da ist auch
die Tatsache, dass es richtig ist, Veranstaltungen
auf Eis zu legen, ein schwacher
Trost. Die GZM lebt von intensivem Austausch
von Wissen und Erfahrung. Wenn
persönlicher Kontakt nicht möglich ist,
wie kann die GZM dann ihren Zielen folgen
und dem Erhalt des Wissens um die
ganzheitliche und systemische Zahnmedizin
dienen? Es müssen Veränderungen
in Kauf genommen und neue Wege beschritten
werden.
Eine Veränderung, die auch ohne Corona
stattgefunden hätte, ist der Wechsel
der Chefredaktion. Beate Kreisel, die in
vielen, vielen Jahren der GZM als Chefredakteurin
treue und hervorragende
Dienste geleistet hat, gibt den Staffelstab
weiter, um sich anderen wunderbaren
Aufgaben zu widmen. Die GZM, Mitglieder
und Vorstand, sind ihr zu großem
Dank verpflichtet. SOM und MuM
wurden durch ihre neugierige und zugewandte
Art geprägt und erfreuen sich
heute als Fachmagazin und als Patienteninformation
großen Ansehens und hoher
Nachfrage. „Ihr Team“, Claudia Reimer,
Cornelia Wittersheim und Klaus Weber
lassen sie mit einem weinenden und einem
lachenden Auge ziehen. Sie werden
sie vermissen, freuen sich aber auch mit
ihr über ihre neuen Ziele.
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 3
Nun wird Beate Kreisels Team zu meinem
Team. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit,
auf viele, hilfreiche, spannende
Artikel und Informationen, die wir Ihnen
präsentieren werden. Sie werden feststellen,
dass es im Heft unter neuer Regie ein
paar kleine Änderungen gibt, die sicherlich
Zuspruch finden. Im wissenschaftlichen
Teil lesen Sie drei Artikel.
Frau Dr. med. dent. Elisabeth Jakobi-Gresser
widmet sich der Pathogenese
der Periimplantitis, Dr. med. Rainer Stange
beschäftigt sich mit der Frage „Langzeit-
versus Intervallfasten“ und Prof. Dr.
Hartmut Schröder und Richard Graf informieren
uns über Nocebo-Effekte.
Versäumen Sie keinesfalls den Blick in die
Mitte des Heftes. Hier werden in Zukunft
„Zahlen, Daten, Fakten auf einen Blick“
präsentiert. Dieses mal geht es um die
Modellpraxis. Vergleichen erwünscht.
Die GZM hatte schon lange vor, das Wissen
und die geballte Referentenpower auch
online zur Verfügung zu stellen. Nicht als
Ersatz für Präsenzveranstaltungen, sondern
als Ergänzung. Beschleunigt durch
die Corona-Situation geht es nun voran.
In der Rubrik „Markt und Möglichkeiten“
finden Sie die Vorstellung eines neuen
Partners der GZM: „Die Naturheilkundetage“,
mit der die GZM bald die erste Online-Veranstaltung
organisieren wird, stellt
sich und ihre Initiatoren vor. (Bitte beachten
Sie die Termine dazu.) Sehr interessant
sind auch die Artikel von Steuerberater
Rullmann zur betriebswirtschaftlichen
Auswertung und von Annette Jasper zu
„Glück und Erfolg in der Praxis“.
Neu ist auch unser Pflanzenportrait. Wir
stellen Ihnen aus dem Bereich der Phytotherapie
immer mal wieder interessante
Pflanzen vor, die auf ihre Nützlichkeit hin
beleuchtet werden.
Bewusst haben wir in dieser Ausgabe auf
Corona-lastige Artikel verzichtet. Zurzeit
ist alles gesagt, aber noch nicht alles erforscht,
nicht alles verstanden und nicht
alles belegt. Corona wird uns begleiten.
Die Wissenschaft und die Erfahrungsheilkunde
mit all ihren Annahmen, Fehlannahmen,
Belegen und Beweisen wird weiter
ihr Bestes tun, um Lösungen zu suchen,
Entscheidungsträger zu stützen, um den
richtigen Weg in dieser Blackbox zu finden.
Als Wissensträger der GZM werden
unsere Autoren, Referenten und Fachleute
beisteuern, was aktuell ist. Im Kleinen in
der Praxis – oder auf der internationalen
Bühne im Thinktank. Im Laufe der Zeit
werden wir mithilfe unserer Kernthemen
punkten und uns zumindest darüber freuen
können, dass Ganzheitlichkeit, systemisches
Denken und die Naturheilverfahren
einen ganz wichtigen und zukunftsweisenden
Stellenwert einnehmen. Die Stärkung
der Immunkompetenz in und durch die
Mundhöhle und die systemischen Säulen
der ganzheitlichen Zahnmedizin werden
dabei eine besondere Rolle spielen (siehe
auch Leserbriefe in dieser Ausgabe).
Auf der Suche nach guten Lösungen und
Möglichkeiten werden die GZMler – so
wie ich sie kenne – mit Kreativität und
Tatkraft vorangehen und ihren Teil dazu
beitragen, eine positive Zukunft zu schaffen.
Vieles in dieser Welt kann besser werden.
Es liegt an uns. Wie ein chinesisches
Sprichwort sagt: „Wenn der Wind des
Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern,
die anderen Windmühlen.“
Aus dem Homeoffice Marke „Wohnzimmergemeinschaftsbüro
mit Ehemann“
und drei Kindern im Hintergrund grüßt
Sie ganz herzlich.
Ihre Constance Nolting
PS: Leserbriefe erwünscht! Wir freuen
uns auf Ihre Einsendungen.
Mensch & Mund
8. Jahrgang · Ausgabe 2/2020
Mensch & Mund
Für Ihr Wartezimmer:
Mensch & Mund
Zahnschmerz – Erste Hilfe aus Küche & Co.
Diese Ausgabe gibt Ratschläge zur kurzfristigen Linderung
bei Zahnschmerz – falls die Zahnarztpraxis nicht sofort erreichbar
ist. Ein wertvoller, kleiner Ratgeber für Ihre Praxis.
Bitte melden Sie sich bei der GZM-Geschäftsstelle,
wenn Sie zusätzliche Exemplare für Ihre Praxis wünschen.
Ganzheitliche ZahnMedizin für interessierte Patienten
Zahnschmerz
Erste Hilfe aus Küche und Co.
4 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
3 Editorial
Wissenschaft und Praxis
6 Pathogenese der Periimplantitis
Dr. Elisabeth Jacobi-Gresser
12 Glück und Erfolg in der Praxis
Interview mit Dr. Annette Jasper
14 Nocebo-Effekte – Plädoyer für eine wohlgeformte Kommunikation
Prof. Dr. Hartmut Schröder und Richard Graf
22 Langzeitfasten vs. Intervallfasten
Dr. Rainer Stange
Statistik
20 Praxis in Zahlen
Markt und Möglichkeiten
27 Die BWA als Führungsinstrument
Dipl.-Kfm.Carsten Rullmann
28 Die Naturheilkundetage (NHKT)
Dr. Birgit Bramlage, Katja Wörmer, Dr. Riku Rautsola
Pflanzenportait
32 Plantago major – der Breitwegerich
Fortbildung
2 139. ZAEN-Kongress
35 Mundakupunktur interdisziplinär
36 GZM-Veranstaltungen
Claudia Reimer
38 Homöopathie für Zahnärzte
31 Leserbrief 37 Impressum 30 GZM-Mitgliedsantrag
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 5
Wissenschaft
Pathogenese der Periimplantitis
Dr. med. dent. Elisabeth Jacobi-Gresser
ln der 50-jährigen Erfolgsgeschichte der oralen lmplantologie sehen wir uns zunehmend
mit entzündlichen Auswirkungen im periimplantären Weich- und Hartgewebe konfrontiert.
Dies ist u. a. bedingt durch den zunehmenden Einsatz dentaler lmplantate, eine großzügige
lndikationsstellung und mangelnde Beachtung patientenbedingter Risikofaktoren.
Während sich die Mukositis in Analogie zur Gingivitis
als reversible Entzündung der periimplantären
Schleimhaut definiert, zeichnet sich die Periimplantitis
durch einen irreversibel-progressiven Entzündungsprozess
aus, bei dem nicht nur das periimplantäre
Weichgewebe, sondern auch der umgebende Knochen durch
Destruktion betroffen ist [1]. Auf der mikroskopisch-molekularen
Ebene unterscheiden sich periimplantäre Gewebe und physiologisches
Parodont. Die periimplantären Gewebestrukturen
begünstigen durch geringere Vaskularisation und verändertem
parallelen Kollagenfaserverlauf den Entzündungsverlauf.
Da die periimplantäre Osseointegration als eine immunologisch
modulierte Interaktion mit dem implantären Fremdmaterial
gesehen wird, bedeutet der marginale Knochenabbau den
Verlust des „foreign body equilibrium“, d. h. Verlust einer ausgeglichenen,
balancierten Fremdkörperreaktion [2]. Die Angaben
über Prävalenzen differieren in der Literatur erheblich: für
die periimplantäre Mukositis von bis zu 40–80 % der Implantatpatienten
und 20–50 % der Implantate und für die Periimplantitis
von 10–56 % resp. 10–40 % [3]. Patienten mit einer Parodontitisanamnese
und nicht dauerhaft erfolgreicher Therapie
sind mit einem höheren Entzündungsrisiko und konsekutivem
Tab. 1: Funktionell relevante Polymorphismen auf Zytokin produzierenden
Genen, die mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion
einhergehen.
Funktionell relevante Polymorphismen (SNPs)
in den IL-1-, TNFA- und IL-1RA-Genen
Gen Polymorphismus Effekt
lL-1a -889 C/T gesteigerte Freisetzung
IL-1b +3953 C/T gesteigerte Freisetzung
TNF-a -308 G/A gesteigerte Freisetzung
IL-1RA +2018 T/C verminderte Freisetzung
SNP–single nucleotide polymorphismen
Implantatverlust behaftet. Bisher wurde der Fokus vorwiegend
auf die Biofilm-assoziierten Risiken gelegt, in den letzten Jahren
wurden zunehmend weitere kompromittierende immunologische
und genetische Aspekte beschrieben.
Genetische Risikofaktoren für die
Periimplantitis
Die enge Assoziation genetischer Varianten zum Schweregrad
der Parodontitis konnte durch eine Vielzahl von Studien belegt
werden. Aufgrund einer umfassenden Datenlage liegen inzwischen
auch Meta-Analysen vor, die die Bedeutung dieser Zytokinpolymorphismen
an großen Patientenkollektiven auch
für die Periimplantitis und den Implantatverlust bestätigt haben
[4]. Bei Patienten ohne oder mit nur einem Polymorphismus
auf den zytokinproduzierenden Genen liegt eine normale
Tab. 2: Die prozentuale Verteilung der Polymorphismen auf
unterschiedliche Ethnien (Quelle: www.ncbi.nlm.nih.gov/snp)
IL 1B +3953 C/T
rs 1143634
IL 1A -889 C/T
rs 1800587
IL1RN +2018 T/C
rs 419598
TNFA -308 G/A
rs 1800629
MAF
MAF
MAF
MAF
global:
caucasian:
african american:
asian:
global:
caucasian:
african american:
asian:
global:
caucasian:
african american:
asian:
global:
caucasian:
african american:
asian:
14 %
20 %
13 %
5 %
26 %
25 %
36 %
2,5 %
14 %
20 %
4 %
5 %
10 %
17 %
15 %
3 %
MAF = minor allele frequence
6 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Wissenschaft
Entzündungskapazität vor. Bei Patienten, die hingegen mehr
als zwei dieser genetischen Varianten tragen, spricht man von
High-Respondern, denn bei ihnen ist eine stark erhöhte Entzündungsbereitschaft
genetisch determiniert.
Analog zur Parodontitis werden Ausmaß und Verlauf der Entzündungsantwort
auch bei der Periimplantitis durch das Verhältnis
der pro- und antientzündlichen Zytokine IL-1a und IL-
1β, TNF-a und IL-1RN mitbestimmt.
Die klinische Relevanz dieser Polymorphismen zeigt sich auch
darin, dass Patienten mit High-Responder-Polymorphismen
für TNF-a und IL-1 neben der erhöhten Assoziation zur Parodontitis
auch eine erhöhte Empfindlichkeit für einen periimplantären
Knochenverlust aufweisen [5–9]. Die Konzentration
der Entzündungszytokine IL-1 und TNF-a im betroffenen Parodont
korreliert zum Schweregrad einer Parodontitis [10]. Das
Ausmaß des Gewebeverlustes ist bei Rauchern mit genetisch erhöhtem
Risiko verstärkt [11]. Polymorphismen im proentzündlichen
IL-6-Gen und im antientzündlich wirkenden IL-10-Gen
können ebenfalls ursächlich sein für eine überschießende Entzündungsantwort.
Der Polymorphismus -174G/C im IL-6-Gen
geht mit einer erhöhten IL-6-Sekretion einher. In Studien zur
Parodontitis wurde diese genetische Variante mit chronischen
und auch aggressiven Krankheitsverläufen assoziiert [12].
Die gesteigerte IL-6-Expression korreliert nachweislich auch
mit einem Implantatverlust [13]. Interleukin-10 (IL-10) ist neben
IL-1-RA ein weiteres antimflammatorisches Zytokin. Der
Polymorphismus -592C/A im IL-10-Gen geht mit einer verminderten
IL-10-Synthese einher. Die dadurch verminderte
Entzündungshemmung erklärt, warum diese genetische Variante
in einer Vielzahl von Studien mit der Parodontitis assoziiert
wurde und in einer Meta-Analyse als Prädispositionsfaktor
für chronische Parodontitisverläufe bestätigt wurde [14]. Es
konnte nachgewiesen werden, dass bei betroffenen Patienten die
verminderte IL-10-Freisetzung eine deutlich erhöhte Knochenresorption
und eine gesteigerte Gewebedestruktion zur Folge hat
[15].
Das individuelle Risiko für eine Titanimplantat-assoziierte Periimplantitis
beruht ebenfalls auf einer genetisch bedingten Suszeptibilität.
Die klinischen Effekte einzelner Genvarianten sind
hierbei moderat, sodass – ähnlich wie bei anderen komplexen
Krankheiten – ein Vorliegen von Polymorphismen mehrerer
funktioneller Gene an einer Periimplantitisentwicklung bzw.
einem Implantatverlust beteiligt sind [16].
Abb. 1: Durch Partikel aktivierte Makrophagen schütten proinflammatorische
Zytokine aus mit lokalen Gewebeeffekten.
Abb. 2: Aktivierte Makrophagen setzen eine Entzündungskaskade
in Gang.
Defizienz der Schleimhautresistenz
und Granulozytenfunktion
Bei etwa 10 % der Patienten mit chronischer Parodontitis
liegt eine ineffiziente Erregerabwehr bei gestörter Schleimhautimmunität
– aber keine genetisch bedingte erhöhte Entzündungsneigung
– vor. Hier können Defekte der Schleimhautresistenz
sowohl für Aphthen aber auch für Parodontitis
und Mukositis verantwortlich sein. Im Rahmen der immuno-
Abb. 3: Röntgenologische Darstellung einer fortgeschrittenen
Periimplantitis
logischen Abwehr werden die parodontopathogenen Bakterien
von Granulozyten phagozytiert und abgetötet. In seltenen
Fällen angeboren, häufiger aber bedingt durch Stoffwechselerkrankungen
(z. B. Diabetes) kann die Granulozytenfunktion
gestört sein (Phagozytosedefekt).
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 7
Wissenschaft
Abb. 4: Oraler Situs bei fortgeschrittener
Periimplantitis mit Darstellung von Granulationsgewebe
Abb. 5: Histologie bei ausgeprägter granulomatöser
periimplantärer Entzündung
mit Einlagerung von Titanpartikeln
(Vergrößerung x 100, Dr. W. Esinger)
Abb. 6: Darstellung von Titanmikropartikeln,
umgeben von Entzündungszellen
(Vergrößerung x 200, Dr. W. Esinger)
Abb. 7: CD 68 – Histoimmunfärbung zur
Darstellung der Makrophagen. Titan-Mikro-
und Nanopartikel finden sich intraund
extrazellulär von Fresszellen.
Eine zusätzliche Reduktion der Granulozytenfunktion
kann bei einem Mangel
an IgA-Antikörpern oder am Mannose-bindenden
Lektin (MBL) vorliegen,
welche die für eine effektive Elimination
erforderliche Bindung zwischen Granulozyten
und Bakterien verbessern (Opsonierung).
Diese Parameter sollten vor
allem dann abgeklärt werden, wenn die
entsprechende Entzündungsgenetik keine
überschießende Entzündungsneigung
anzeigt und somit die chronische Entzündungstendenz
nicht genetisch erklärt
werden kann.
Titanpartikelfreisetzung
durch Korrosion
Wissenschaftliche Untersuchungen nehmen
allerdings nun immer mehr die
besonderen Eigenschaften des Implantatmaterials
und seiner Oberflächenmorphologie
in die Betrachtung. Als ein sehr
oxidationsfreudiges Metall bildet Titan
im physiologischen Milieu Oxidschichten
auf seiner Oberfläche aus, die zur
Passivierung führen und vor Korrosion
schützen [17]. Einerseits fördert die Rauigkeit
der Oberfläche die Osseointegration,
anderseits begünstigt sie aber auch
einen Partikelabrieb [18]. Seit zwei Jahrzehnten
ist der wissenschaftliche Fokus
auf die Auswirkungen von Titanpartikeln
gelenkt, die sich durch mechanischen Abrieb
beim Einbringen und durch korrosive
Ereignisse (Bio-Tribocorrosion) von
der Implantatoberfläche ablösen und als
Mikro- und Nanopartikel immunologische
Effekte im Organismus verursachen
[19, 20]. Titanoxidpartikel zeigen im
Vergleich mit anderen Oxidpartikeln aus
Aluminium- oder Zirkonkeramik eine
deutlich höhere immunstimulative Potenz
[21]. Makrophagen reagieren nach
Kontakt mit Titanoxidpartikeln mit einer
Ausschüttung der proentzündlichen Zytokine
TNF-a und IL-1, was u. a. analog
zur Pathogenese der Parodontitis eine
Osteoklastenaktivierung und damit einhergehend
eine Osteolyse zur Folge hat
[22]. Korrosionsfördernde Faktoren sind
mechanischer, chemischer und elektrolytischer
Natur (Tribokorrosion). Bereits
die mechanische Reibung beim Inserieren
eines Implantates sowie auch Mikrobewegungen
bei der Belastung führen
zum Partikelabrieb der im Nanometerbereich
liegenden dünnen Oxidschicht
am Implantat-Knochen-lnterface und am
Implantat-Abutment-lnterface [23–25].
lm Vergleich von Implantatsystemen mit
und ohne „platform-switching“ zeigten
die letzteren eine höhere Partikelbeladung
im periimplantären Gewebe. Die
Ausprägung der ausgeschütteten Zytokin-Spiegel
war proportional zur Gewebepartikellast.
In radiologischen Kontrolluntersuchungen
erwies sich deshalb das
crestale Knochenniveau um Implantate
mit „platform-switching“ im Verlauf als
stabiler [26]. Erhöhte Partikelbeladung
des Implantat umgebenden Gewebes findet
sich auch nach Scaling-Maßnahmen
an der Implantatoberfläche [27].
Die genannten Faktoren führen alle zu
einer Partikeldissemination in umliegende
und auf dem Blut- und Lymphweg in
entferntere Gewebe und Organe. Mechanischer
Abrieb und korrosive Prozesse
verstärken sich dabei gegenseitig. Mit der
elektronenmikroskopischen Spektroskopie
(scanning electron microscopy-energy
dispersive spectroscopy, SEM-EDS)
gelang der Nachweis von Titannanopartikeln
(NP) im periimplantären Knochen
von Minischweinen. Der Vergleich verschiedener
Implantatoberflächen ergab
eine unterschiedliche Gewebebelastung
in Abhängigkeit von Merkmalen wie Rauigkeit
und mechanischer Verbundstabilität
der aufgebrachten Oberfläche. Bereits
am Tag nach der Implantatinsertion in
den Kieferknochen der Versuchstiere waren
Partikel im periimplantären Gewebe
nachweisbar. Die Autoren schlussfolgern,
dass mit der Zeit eine kritische Partikelbeladung
im periimplantären Gewebe
erfolgen könne, die eine Schädigung der
Osteoblasten zur Folge habe [28].
Makrophagenaktivierung
durch Partikelfreisetzung
Titan hat aufgrund seiner im Gegensatz
zu anderen Metallen herausragenden
Oxidationsfähigkeit in der Regel kein al-
8 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Wissenschaft
lergisierendes Potenzial, da es nicht als
Ion, sondern als partikuläre Struktur in
Geweben vorliegt und damit unter physiologischen
Bedingungen primär keine
T-lymphozytäre Reaktion auslöst. Stattdessen
wird aufgrund des Partikelreizes
das monozytäre Abwehrsystem aktiviert
[29, 30]. Dieser Vorgang führt zur Ausschüttung
von proentzündlichen Zytokinen
wie Tumornekrosefaktor- (TNF-a)
und Interleukin-1β (IL-1β) durch Aktivierung
der Monozyten/Makrophagen.
Grundsätzlich aber führt die Partikelaufnahme
durch die Makrophagen zu deren
Aktivierung. Durch die permanente
Partikelfreisetzung besteht der Entzündungs-initiierende
Reiz fort, sodass ein
empfindlicher Organismus dauerhaft
proentzündlich getriggert wird. Der Pathomechanismus
des Knochenabbaus
durch die proinflammatorischen Zytokine
TNF-a und IL-1 aufgrund von Makrophagenaktivierung
durch Titanpartikel
(MP, NP) aus Implantaten ist beschrieben
[31]. Das Ausmaß der Aktivierung humaner
Makrophagen wurde in-vitro gemessen
und korreliert zum Ausmaß der
gefundenen Zytokinausschüttung.
Die Bildung der Zytokine TNF-a und
IL-1 hat nicht nur lokale, sondern auch
systemische Auswirkungen. Als proentzündliche
„Alarmzytokine“ lösen sie
komplexe Immunreaktionen aus.
Die gesteigerte Abwehrreaktion von Gewebemakrophagen
auf Partikel ist der
zugrundeliegende Pathomechanismus
für eine Titanpartikel-induzierte Entzündungsreaktion.
Knochen
Osteoklastenaktivität ↑
Knochenresorption↑
Parodontitis
Periimplantitis
Osteoporose
Schleimhaut
Kollagenaseaktivität ↑ (aMMP8)
Gewebeabbau↑
Parodontitis
Wundheilungsdefekte
Muskel
Proteinkatabolismus ↑
Transmembranpotential ↓
Myalgie
Immunsystem
Anlockung weiterer Immunzellen
T-Zellaktivierung (IFN-γ ↑)
Sauerstoffradikale ↑
lokale Entzündung
oxidativer Stress
TNF-α
IL-1
Fettgewebe
Lipoproteinlipase ↑
Fettsäurefreisetzung
Kachexie
Fettstoffwechselstörung
Nervensystem
Fieber, Anorexie, Fatigue,
Aktivierung der HHN-Achse
IDO-Aktivität ↑
Depression
Schlafstörungen
Hormonsystem
Aktivierung der HHN-Achse
Stresseffekte
Infertilität
Libidoverlust
Insulinresistenz
Gefäßendothel
Chemotaxis von
Immunzellen
Arteriosklerose
Schlaganfallrisiko ↑
Abb. 8: Die Ausschüttung der proentzündlichen Zytokine TNF-α und IL-1β hat auch
unterschiedliche systemische Effekte.
2018
Abb. 9: Follow-up eines Titanimplantates von 36 Jahren bei Patientin ohne Entzündungsrisikogenetik.
Es ist kein Knochenabbau festzustellen.
TNF-α
p < 0.0001
IL-1β
p < 0.0001
Mikrobielle und partikuläre
Inflammasomaktivierung
Abb. 10: Patienten mit erhöhter Ausschüttung der proinflammatorischen Zytokine
TNF-α und IL-1β haben ein statistisch signifikant höheres Risiko eines Implantatverlustes
(Jacobi-Gresser et al. 2013).
Es ist nachgewiesen, dass sowohl parodontopathogene
Keime als auch Titanoxidpartikel
unabhängig voneinander die
Inflammasom-Kaskade in den Makrophagen
aktivieren können und somit die
Zytokinproduktion anregen [32]. Die
Aktivierung dieser Inflammasome führt
zur Bildung des proentzündlichen Zytokins
IL-1β. Darüber hinaus fördert eine
Biofilmadhäsion an der Titanimplantatoberfläche
wiederum deren Korrosionsprozesse
[33]. Eine Untersuchung zur
Assoziation proinflammatorischer Synergismen
von Titan-NP/MP und Porphyromonas
gingivalis (Pg) konnte zeigen,
dass Titannanopartikel ohne LPS (Lipopolysaccharide)
von Pg eine stärkere Entzündungsreaktion
initiieren als in Kombination
mit diesen Bakterien aufgrund
ihrer blockierenden Einflussnahme auf
eine physiologische Osteoblastenfunktion
[34, 35]. In einer aktuellen Longitudinalstudie
konnte die taxonomisch
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 9
Wissenschaft
Aktivierung von
Schleimhautmakrophagen
IL1RA, IL-10
Bakterien-
LPS
Co-Cr-Mo-
Ti - Ionen
Osteoklastenaktivierung
Knochenabbau
Kollagenolyse
Markus-Kretschmar@fotolia.com
OPG
RANKL
IL10, IL1RA
TNFα, IL-1β
IL-10
TIMP
IL-6 / IL-8
Aktivierung von
Granulozyten
TNFα, IL-1β
Chemotaxis
von Granulozyten
TiO2-Partikel
TLR 4
NF-kB
Makrophage
Aa, Pg
Keine
Aktivierung
des
Inflammasom-
Komplexes
durch
Metallionen
Gewebeabbau
MMP8
Pro-IL-1β
Abb. 11: Durch Partikel aktivierte Makrophagen schütten proinflammatorische
Zytokine aus mit lokalen Gewebeeffekten.
Pro- und antientzündliche Effekte sind genetisch determiniert.
Abb. 12: Inflammasomaktivierung in Makrophagen durch Parodontopathogene
und durch Titanpartikel über die Bindung an
Toll-like-Rezeptoren auf der Oberfläche von Immunzellen. Partikel
setzen im Gegensatz zu Ionen die Entzündungskaskade in Gang.
unterschiedliche Biofilmzusammensetzung an Implantaten im
Vergleich zu gesunden Zähnen, aber auch bei Periimplantitis
und chronisch-aggressiver Parodontitis mittels hochauflösenden
Gensequenzierungsverfahren (NGS) dargestellt werden. Es
konnte gezeigt werden, dass sich das periimplantäre Mikrobiom
bei Patienten mit chronisch-aggressiver Parodontitis wesentlich
in seiner Zusammensetzung von dem an parodontitischen Zähnen
dieser parodontal erkrankten Patienten unterscheidet. Daraus
wird abgeleitet, dass eine tradierte Parodontaltherapie bei
Periimplantitis nicht die gleichen Erfolge erwarten lässt, zumal
weitere komplexe immunologische Mechanismen involviert sind
[36]. Staphylococcus aureus steht u. a. im Verdacht, eine ätiologisch
wesentliche Rolle bei der Periimplantitis zu spielen, zumal
dieser Keim eine hohe Bindungsaffinität zu Titanoberflächen
besitzt und über die Hälfte aller untersuchten Implantate besiedelt
waren [37]. Titan-Nanopartikel haben zudem weitreichende
Auswirkungen auf das Bakterienwachstum durch Schädigung
ihrer DNA-Struktur [38]. Es konnte nachgewiesen werden, dass
im Vergleich von Zirkonpartikeln mit Titanpartikeln gleicher
Größenordnung und Konzentration letztere ein deutlich höheres
proinflammatorisches Potenzial besitzen [39, 40]. Einige Autoren
sehen in der Verwendung von Zirkon als Implantatmaterial die
Prävention einer Periimplantitis durch die materialbedingt geringere
Biofilmadhäsion. In-vivo- und in-vitro-Studien belegen
die verminderte Biofilmausprägung an der Zirkonoberfläche im
Vergleich zu der des Titans [41–44]. Generell wird die Biofilmakkumulation
beeinflusst durch Oberflächenmerkmale der eingebrachten
Materialien, wie ihre chemische Zusammensetzung,
Beschichtung und deren Rauigkeit sowie der freien Oberflächenenergie
[45, 46].
Da es sich bei der Reagibilität der Makrophagen um eine Reaktion
des unspezifischen Immunsystems handelt, bedarf es keiner
vorausgehenden Exposition mit dem Material wie bei einer
erst nach einem Erstkontakt mit dem T-lymphozytären System
sich entwickelnden Sensibilisierung. Allerdings beeinflussen
auch andere stark entzündungsfördernde Einflüsse, wie akute
Erkrankungen, Impfungen usw., die aktuelle Reagibilität des
Immunsystems. Die Unverträglichkeit auf Titan ist somit keine
Allergie, sondern eine unspezifische Entzündungsreaktion (Periimplantitis)!
Aber auch durch Korrosion oder Abrasion von Metallen aus metallischem
Zahnersatz allgemein, und nicht nur aus Implantatres-
Literatur
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10 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Wissenschaft
Abb. 13: Entzündungsfreie periimplantäre Mukosa um zweiteiliges
verschraubbares Zirkonoxidimplantat (ZERAMEX XT)
in regio 36
Abb. 14: Histologie der periimplantären Mukosa um Zirkonoxidimplantat
ohne Entzündungsreaktion
taurationen, gelangen Metallionen in zum Teil hohen Konzentrationen
in den Speichel [47].
Diese können toxische Schleimhautreaktionen hervorrufen
oder bei bestehender allergischer Sensibilisierung auch in geringerer
Konzentration parodontale/periimplantäre Entzündungsreaktionen
verursachen. Dabei muss die Entzündungsreaktion
nicht, wie häufig angenommen, auf die Kontaktstelle begrenzt
sein. Über die verteilende Funktion des Speichels werden auch
andere Schleimhautbereiche des Mundraumes erreicht. Bei
derartigen Material-induzierten Entzündungsreaktionen spielen
zusätzlich parodontopathogene Erreger eine katalysierende
Rolle. Hiervon sind Patienten mit erhöhtem genetischen Entzündungsgrad
stärker betroffen.
Fazit
Die Periimplantitis stellt ein pathogenetisch komplexes Krankheitsbild
dar und hat in Abhängigkeit von der individuellen genetischen
Suszeptibilität neben lokalen auch systemische Auswirkungen.
Sie weist gewisse Ähnlichkeiten mit einer Parodontitis
auf, unterscheidet sich allerdings in der taxonomischen Biofilmzusammensetzung
und ist zusätzlich durch Fremdkörperreaktionen
auf das Implantatmaterial mitbestimmt. Patienten mit einer
Parodontitisanamnese tragen ein genetisch höheres Risiko auch
an einer Periimplantitis zu erkranken. Eine präimplantologische
Risikodiagnostik bei entsprechend disponierten Patienten ermöglicht
ein differenziertes Implantat-prothetisches Vorgehen
mit dem Ziel der Vermeidung einer Periimplantitisentwicklung.
Für eine Frühdiagnostik und ein Therapiemonitoring stehen
heute Labor-Biomarker wie Calprotectin oder die aMMP-8-Bestimmung
aus dem Sulcusfluid zur Verfügung, um antientzündliche
Maßnahmen frühzeitig einzuleiten und in ihrer Effizienz zu
kontrollieren [48, 49]. Eine an den Patienten angepasste Überwachung
in definierten Zeitintervallen ist aufgrund individueller
Risikobelastung unabdingbar.
Erstveröffentlichung in DENTALE IMPLANTOLOGIE, September 2018, 298–305
Autorin
Dr. med. dent.
Elisabeth Jacobi-Gresser
1972–1977 Studium der Zahnmedizin an der Johannes-
Gutenberg-Universität, Mainz
1977–1980 wissenschaftliche Autorin
Mitarbeiterin an der ZMK-
Klinik der Johannes-Gutenberg-Universität
in Mainz und Ausbildung zur Oralchirurgin
(Prof. Dr. Dr. P. Tesch)
1978 Beginn der operativen Tätigkeit in der Implantologie
1982 Gründung der Praxisgemeinschaft mit
Dr. Peter Gresser
1998 Heilpraktikererlaubnis
1999 Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie
2004 Praxismerkmal Homöopathie LZK-RLP
2009 Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft
für UmweltZahnmedizin
2010 Tätigkeitsschwerpunkt UmweltZahnmedizin
2014–2018 wissenschaftliche Leitung des Curriculums
„Integrative Zahnmedizin“ bei der Landeszahnärztekammer
Rheinland-Pfalz
2018 Praxisübergabe und seither tätig in GP Dres.
Igiel, Knierim und Kollegen
Referententätigkeit national und international, Dozententätigkeit
in Curricula; Praxisstudien und Publikationen in
wissenschaftlichen Journalen (peer-reviewed)
Interessenkonflikt:
Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt im
Sinne der Richtlinien des International Committee of
Medical Journal Editors besteht.
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 11
Interview
Glück und Erfolg in der Praxis
Dr. med. dent. Annette Jasper ist seit 20 Jahren niedergelassene Zahnärztin in München.
Eine Zahnärztin aus Leidenschaft , die sich von Anfang an dazu entschieden hat, quer zu
denken und Schulmedizin mit ganzheitlicher Zahnmedizin zu verknüpfen.
Sie ist Expertin im Bereich CMD und Implantologie und beschäftigt sich intensiv mit
Funktionsstörungen und den daraus resultierenden Folgen.
Als erfolgreiche Buchautorin publiziert sie in verschiedenen Fachzeitschriften, ist
Gastrednerin auf Kongressen und in Kliniken und gern gesehene Ratgeberin im
Fernsehen.
GZM: Frau Dr. Jasper, was macht
Ihre Praxis besonders, und
welche Schwerpunkte werden
behandelt?
Dr. Annette Jasper:
Ich habe zwei Schwerpunkte:
1. CMD-Diagnostik und -Therapie: In
diesem Bereich habe ich mir in den
letzten 20 Jahren ein sehr gutes Netzwerk
an Therapeuten zusammengestellt
und arbeite mit den Systemen
Zebris und DIR.
2. Aufbau einer gesunden Mundflora:
Meine Bemühungen in diesem Bereich
liegen darin, die Mundflora
nicht weiter zu stören. Dies ist ganz
besonders wichtig bei Parodontitiden
und bei Patienten, die sich in einer
Bestrahlungs- oder Chemotherapie
befinden. Bei einer PAR-Behandlung
lege ich großen Wert darauf, dass der
Patient die Zusammenhänge zwischen
Immunsystem und Darm versteht
und ganzheitlich betreut wird. Mit aus
diesem Grund habe ich die spezielle
Zahn- und Mundpflegeserie Muskanadent
entwickelt. Hierbei handelt es
sich um spezielle Produkte, die die
Mundflora stabilisieren. Sie beinhalten
keine künstlichen Aromen, keine
Tenside, keine Parabene und keine
Konservierungsstoffe, dafür viele pflegende
Substanzen für das Zahnfleisch.
Welche Ausbildung haben Sie genossen
und welche persönlichen Schwerpunkte
haben Sie für sich gewählt?
Nach dem Studium der Zahnmedizin in
Göttingen und meiner Assistenzzeit in
Siegen habe ich die Weiterbildung in der
KFO in Dachau gemacht. 1989 machte
ich mich mit meiner jetzigen Praxis
selbstständig. In Folge absolvierte ich diverse
Weiterbildungen in den Bereichen
CMD, Akupunktur und Implantologie.
Seit 2018 studiere ich Ayurvedamedizin
an der Europäischen Akademie für Ayurveda
in Birstein.
Was hat Sie in Ihrer Laufbahn besonders
geprägt?
Bereits im Studium hatte ich Kurse bei
den Professoren Lotzmann und Bumann.
Hier wurde bereits mein Herz für die
CMD geöffnet.
Warum haben Sie sich für die ganzheitliche
systemische Zahnmedizin oder
KFO entschieden?
Dies kam ganz automatisch und intuitiv.
Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass
ich ganzheitlich arbeite, bis es jemand erwähnte.
Mir war es schon immer wichtig,
zu helfen und die Ursache zu behandeln
und nicht nur ein Loch im Zahn zu füllen.
Mir war es schon immer wichtig, Gespräche
mit den Menschen zu führen und nicht
nur Reparaturmedizin zu betreiben. Natürlich
müssen wir sehr viel reparieren. Dafür
wurde das Studium so aufgebaut, wie es ist,
jedoch kommen viele Patienten auch zur
Vorsorge und Kontrolle. Da ist es wichtig,
hinter den Vorhang zu schauen und den
Menschen darüber aufzuklären, in welche
Richtung er gerade unterwegs ist. Zum Beispiel
ist es einem Knirscher nicht unbedingt
bewusst, dass er knirscht und schon gar
nicht, was passiert, wenn er so weitermacht.
Ich halte es für meine zahnärztliche Pflicht,
über die Folgen von Pressen und Knirschen
aufzuklären. In der Prophylaxe machen wir
es schon lange: Wir klären die Menschen
darüber auf, dass sie Zahnseide und Zwischenraumbürstchen
verwenden sollen.
Würden Sie den Weg zur ganzheitlichen
systemischen Zahnmedizin noch einmal
einschlagen?
Auf jeden Fall. Eine andere Art zu arbeiten
und den Menschen zu helfen ist für
mich undenkbar und unbefriedigend.
Was machen Sie am liebsten in der Praxis?
Da gibt es viele Tätigkeiten. Ich berate
gerne, mache Pläne nach der Funktionsanalyse
und führe auch gerne eine lange
Präparation oder Wurzelbehandlung
durch. Diese Behandlungen sind dann
fast wie eine Meditationssitzung. Ich denke,
es ist die Abwechslung, die unseren
Job so einzigartig macht.
Was ist für Sie im Alltag ein großes
Ärgernis?
Am meisten belastet es mich, wenn ich
neue Mitarbeiterinnen suche. Es ist mir
wichtig, in einem harmonischen Team
zu arbeiten. Jeder hat sein eigenes Leben,
welches außerhalb der Praxis weitergeht.
Dies ist natürlich auch gut und wichtig.
Jedoch ist immer irgendetwas, das gerade
beim Personal zu regeln ist.
12 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Interview
Was ist für Sie im Alltag ein großes
Glück?
Es ist für mich ein großes Glück so selbstbestimmt
arbeiten zu können. Ich kann
es mir selbst aussuchen, welche Schwerpunkte
ich in der Praxis wähle. Ich kann
meine Öffnungszeiten und somit meine
Arbeitszeiten selbst gestalten.
Welcher Erfolg macht Sie stolz?
Das Lächeln eines Patienten nach einer
Behandlung.
Ihr liebster Patient ist ...
… der Mensch, der meine Empfehlungen
annimmt.
Was tun Sie für Ihre Work-Life-Balance?
Tägliche Meditation und Yoga, und durch
meinen Hund bin ich jeden Tag draußen
in der Natur. Ich ernähre mich überwiegend
vegetarisch und verbringe wertvolle
Zeit mit meiner Familie.
Die drei wichtigsten Ratschläge für ein
zufriedenes Arbeitsleben?
1. Tue das, was dich glücklich und zufrieden
macht – auch wenn du etwas
anderes gelernt hast.
2. Sei dankbar für das Vertrauen deiner
Patienten. Sei dankbar für deine Mitarbeiter.
3. Habe immer im Hinterkopf, dass dein
Arbeitsleben ein Teil deines Lebens ist.
Gestalte es so, dass du stolz darauf sein
kannst.
Wenn jemand in den Beruf einsteigt,
was sollte beachtet werden?
Bring Neugier, Interesse für die Menschen,
Geduld und Demut mit.
Zusammen oder gemeinsam – welche
Praxisform würden Sie jungen Zahnärzt*
innen empfehlen und warum?
Ich empfehle ganz klar die Gemeinschaft.
Leider war das bei mir am Anfang nicht
möglich. In der Gemeinschaft (ganz
gleich welche Rechtsform man wählt)
kann man sich Aufgaben teilen, austauschen
und in Lebensnöten gegenseitig
unter die Arme greifen.
Was sind nach Ihrer Auffassung die drei
wichtigsten Ideen für eine erfolgreiche
Praxis?
1. Biete das an, was du möchtest. Orientiere
dich nicht nach den Kassenrichtilinien.
Wenn es sich dann herausstellt,
dass es eine Privatpraxis sein
muss, dann ist es so.
2. Sei authentisch und ehrlich zu den
Mitarbeitern und feiere sie. Ohne
deine Mitarbeiter funktioniert deine
Praxis nicht. Zuerst musst du deine
Mitarbeiter von einer neuen oder besonderen
Behandlungsweise überzeugen,
dann erst deine Patienten.
3. Achte auf dich als Person. Du bist
das Zugpferd deiner Praxis. Es muss
dir gut gehen, damit es der Praxis gut
geht.
Was wünschen Sie der GZM für die
Zukunft?
Ich wünsche der GZM viel Wachstum
und viele junge, motivierte Kolleginnen
und Kollegen, die die GZM mitgestalten
wollen.
Wir bedanken uns herzlich für das
Gespräch und wünschen viel Glück,
Gesundheit und Erfolg.
Dr. Annette Jasper
in ihrer Praxis in München
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
13
Wissenschaft
Nocebo-Effekte
Plädoyer für eine wohlgeformte Kommunikation
Prof. Dr. Hartmut Schröder und Richard Graf
„Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an.“
(Marcus Aurelius, der römische „Philosophenkaiser“)
Die Autoren erläutern, wie durch Information und Kommunikation als Stimuli innere Wirkprozesse
ausgelöst werden können, die sowohl zu einem Placebo- als auch zu einem
Nocebo-Effekt führen können. In diesem Prozess kann das Zusammenwirken der spezifischen
Konstruktion des Stimulus (durch verbale und nonverbale Faktoren) mit einer bestimmten
emotionalen Disposition (beispielsweise bei ängstlichen Patienten) und einem
bestimmten Kontext eine besonders gefährdende Dynamik entstehen lassen, die schließlich
in einem Nocebo-Effekt mündet – ohne dass dieser durch die eigentlich wohlmeinenden
Akteure intendiert war.
Negative Suggestionen und das Spiel mit der Angst verbieten
sich von selbst; denn es gilt der antike Grundsatz, dass
der Arzt vor allem nicht schaden darf. Dennoch kann
nicht ausgeschlossen werden, dass in der Kommunikation
mit Patienten unbeabsichtigt negative innere Wirkprinzipien
angestoßen werden, die vor allem dem ohnehin ängstlichen Patienten
Schaden zufügen können. Bekannt geworden ist dieses
Phänomen unter dem Begriff „Nocebo“.
Studienlage:
Schaden durch bloße Information?
Ein beeindruckendes Beispiel für das Potenzial von Information
und Kommunikation als Stimuli für negative innere Wirkprozesse
bietet die Studie von Silvestri et al. [2], die sich damit beschäftigt,
wie durch Information unerwünschte Nebenwirkungen
stimuliert werden können. In der Studie geht es um erektile
14 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Wissenschaft
Dysfunktion im Kontext der Einnahme eines Betablockers. Gefragt
wird, ob durch Information erektile Dysfunktion erzeugt
bzw. verstärkt werden kann. Männliche Patienten, denen ein
Betablocker verordnet worden war, wurden in drei Gruppen
eingeteilt: Die erste Gruppe erhielt keine Information darüber,
dass sie einen Betablocker einnimmt. Die zweite Gruppe bekam
die Information, dass ein Betablocker verordnet wurde. Und die
dritte Gruppe wurde explizit darüber aufgeklärt, dass das Medikament
als unerwünschte Nebenwirkung auch „gelegentlich“
eine Störung der Erektion auslösen kann. Drei Monate später
wurde in allen Gruppen die Häufigkeit einer erektilen Dysfunktion
per Befragung erhoben. In der ersten Gruppe betrug sie
3,1 %, in der zweiten Gruppe 15,6 % und in der dritten Gruppe
31,2 %. Eine spätere ähnlich angelegte Studie von Cocco [1] bestätigte
die Ergebnisse der Studie von Silvestri et al.
Gemäß dieser Studien kann erektile Dysfunktion lediglich durch
eine Information, die als Stimulus ungünstige innere Wirkprozesse
auslöst, erzeugt bzw. verstärkt werden. Interessant ist in
dieser Hinsicht eine weitere Studie zur erektilen Dysfunktion,
die starke positive Effekte der Behandlung der erektilen Dysfunktion
lediglich durch Placebo aufzeigt [4]. Zech et al. [5]
beschäftigen sich vor diesem Hintergrund mit der Problematik
medizinischer Aufklärung und nicht-intendierten Nocebo-Effekten.
Zecht et al. nennen Ergebnisse von zahlreichen Studien
zu Nocebo-Effekten als Nebenwirkung von Placebos, u. a. bei
Chemotherapeutika, Aspirin, Betablockern, und weisen darauf
hin, dass im Zeitalter der Patientenautonomie durch eine gut
gemeinte Aufklärung „genau die Nebenwirkungen induziert
werden können, über die aufgeklärt wird: Gerade dadurch wird
also die körperliche Unversehrtheit gefährdet“. Unerwünschte
Nebenwirkungen treten – so die Autoren – „manchmal allein
schon dadurch auf, dass von ihnen gesprochen wird“. Allerdings
entstehen sie nicht „durch die Information an sich, sondern v. a.
durch eine induzierte negative Erwartungshaltung“. Entscheidend
für die Stärke des Nocebo-Effekts seien die „Wortwahl des
Arztes“ und der jeweilige Kontext.
Macht von Sprache und Information
als negative Stimuli
Damit Patienten durch die (eigentlich sinnvolle und notwendige)
Aufklärung nicht unbeabsichtigt Schaden zugefügt wird, ist
es wichtig, den Nocebo-Mechanismus zu kennen und zu verstehen,
warum eine bloße Information unter bestimmten Umständen
einen so starken Einfluss auf die Physiologie eines Menschen
haben kann. Gleichzeitig ist es von großer Bedeutung zu
erkennen, dass Patienten zum Schutz vor Nocebo-Effekten individuell
wirksame Interventionen benötigen, die den inneren
negativen Wirkprozess abschwächen und beenden können.
Sowohl bei Placebos als auch bei Nocebos ergibt sich die interessante
Frage, wie etwas wirkt, das keinen klassischen Wirkstoff
enthält: Welche Kräfte und inneren Prozesse verbergen sich
hinter dem Wirken des vermeintlich Wirkungslosen?
Sprache, Schweigen, Stimme und nonverbale Kommunikation haben
nicht eine Bedeutung an sich, sondern sie sind Träger von
Informationen, denen nachfolgend eine Bedeutung gegeben
wird – auch wenn etwas gar nicht explizit gesagt und intendiert
worden ist. Ob etwas überhaupt als Information wahrgenommen
wird und als Stimulus etwas auslösen kann, hängt immer
auch vom Rezipienten und dem gesamten Kontext der Kommunikation
ab. Die Bedeutungen einer Information werden von jedem
Menschen subjektiv konstruiert und anschließend manchmal
mit dem Körper erlebt. Zu unterscheiden ist, auf welcher
Ebene bzw. in welchem System Informationen verarbeitet werden.
Zum besseren Verständnis des Nocebo-Mechanismus ist
daher eine Differenzierung in Emotions- und Kognitionssystem
wichtig – vor allem dann, wenn die Verarbeitung in beiden Systemen
nicht kohärent ist.
In einem neurologischen Prozess wird zunächst durch das
Emotionssystem eine Bedeutung erzeugt, danach im Kognitionssystem
eine weitere, die mit der ersten Bedeutung zusammengebracht
wird. In Gedankenzyklen spielen nun mehrere
Bedeutungen mit, die schließlich in eine finale Bedeutung
münden. Als weitere Komponente kommt der Körper hinzu,
der seinerseits eine Rückkopplung gibt, die wiederum auf eines
der beiden Systeme wirken kann, sodass ein außerordentlich
komplexer Wirkkreislauf in Gang gesetzt wird [3].
Diesen Aspekt von Bedeutung zu verstehen, ist für die Interaktion
zwischen Patient und Therapeut von besonderer Wichtigkeit.
Sprache und auch nonverbale Kommunikation haben demnach
keine konstante und kontextunabhängige sowie subjektübergreifende
Bedeutung. Daher ist das Dialogische in der Interaktion
zwischen Arzt und Patient unverzichtbar. Nur ein Gespräch
kann sicherstellen, was bei dem Patienten durch Information
und Kommunikation ausgelöst wird, was ihn wirklich bewegt.
Äußere und innere Stimuli
Was nun die Entstehung von Krankheiten und Symptomen
betrifft, so können krankmachende Stimuli durch Informationen,
verbale und nonverbale Kommunikation sowohl aus dem
Äußeren als auch aus dem Inneren eines Patienten kommen
(siehe Infokasten). Im Äußeren kommen sie durch Signale aus
der Umwelt und Umgebung oder durch den Arzt. In inneren
Wirkprozessen entstehen sie durch Gefühle und bewusst erscheinende
Konstrukte wie Gedanken und Einstellungen des
Patienten selbst. Fatal wird die Situation, wenn sich äußere
Stimuli und innere Wirkprozesse zyklisch verstärken und auf
eine längere Dauer wirken. Da Vorstellungen sowie Erinnerungen
auf der einen Seite und Wirklichkeit auf der anderen
Seite durch dieselben neuronalen Prozesse im menschlichen
Gehirn erzeugt werden, können sprachlich vermittelte und
vorgestellte Inhalte als Stimuli dienen, die wiederum „Wirklichkeit“
erzeugen. Die Macht von Sprache und Information
besteht also darin, dass sie in einem bestimmten Kontext
und für eine bestimmte Person so bedeutungsstark werden
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 15
Wissenschaft
können, dass sie wirkmächtige innere Prozesse auslösen. Die
Wirkmacht eines einzelnen Wortes kann dabei so groß sein,
dass es die Welt so erscheinen lässt, wie der Inhalt des Wortes
es vorgibt.
Nocebo-Mechanismus als
biopsychosoziales Phänomen
Placebo und Nocebo können indes gar nicht voneinander getrennt
werden, denn sie stellen zwei Seiten einer Medaille
dar, die von ein und demselben Prozess bewirkt werden. So
fasste Kennedy [6] den Begriff Nocebo Anfang der 60er-Jahre
aus Beobachtungen im Placebo-Arm von Arzneimittelstudien
noch sehr eng und „meinte damit negative Nebeneffekte
von Placebos, d. h. das Entstehen von Symptomen, die ähnlich
wie die positiven Effekte eines Placebos – zum Erstaunen der
Forscher – als unspezifische Wirkungen auftraten“. Der nicht
gewünschte Effekt wird daher auch als der „böse Bruder des
Placebo“ bezeichnet [7].
Brisanz und Chance des Nocebo
Abb. 1: Der zyklische Wirkprozess beim Nocebo-Effekt
Abb. 2: Der weit gefasste zyklisch-evolutionäre Wirkprozess
Dass der Nocebo-Effekt als „Wirken des vermeintlich Wirkungslosen“
durchaus nicht ungefährlich ist, zeigte vor allem
die Erweiterung des Begriffs durch Hahn [8], „der außerhalb
des engen pharmakologischen Kontexts (...) die Kategorie der
Erwartung in den Vordergrund rückte: Die Erwartung von
Krankheit und die damit verbundenen Affektzustände (vor allem
Angst) können nach Hahn Symptome bzw. Krankheit bis
hin zum Tod erzeugen“ [8].
Hinweise auf die Stärke und Häufigkeit von Nocebo-Effekten
im klinischen Alltag finden sich reichhaltig in der Forschungsliteratur
[7] und verknüpfen sich nicht selten mit einer gewissen
Ratlosigkeit, hinsichtlich von Erklärungen im Rahmen
des alten „Maschinenparadigmas“ zu bleiben. So wird etwa
nach einer „Nocebo-Persönlichkeit“ bzw. einer „genetischen
Disposition“ betroffener Patienten gesucht sowie „nach möglichen
Prädiktoren sowie bestimmten Indikationen, die Nocebos
befördern“ können [7]. Auf dieser Grundlage ließen sich
betroffene Patienten wiederum pathologisieren und sodann
wiederum – als Triumph des pharmakologischen Paradigmas
– medikamentös therapieren. Dass eine erneute Medikation
auch wieder das Risiko in sich bergen könnte, einen weiteren
Nocebo-Effekt zu forcieren, bleibt in diesem Ansatz freilich
unerwähnt.
Sichtbar wird damit einerseits die Brisanz des Nocebos für die
konventionelle Medizin und die Chance für ein ganzheitliches
Denken auf der Grundlage des biopsychosozialen Modells andererseits:
Dass Menschen sich über ihr Bewusstsein und ihren
Geist krank, aber eben auch gesund machen können, ist nämlich
keineswegs etwas Pathologisches. Es erklärt sich durch das
gleichzeitige Dasein des Menschen als Natur- und Kulturwesen
[9]. Der Nocebo-Effekt ist ein Beweis für die Wirkkraft innerer
Prozesse, die durch wirkstofffreie Stimuli ausgelöst werden
können. Konsequent zu Ende gedacht, können die Wirkfaktoren
so ausgerichtet werden, dass die Wirkprozesse eine
Selbstheilung aktivieren, wie der Placebo-Effekt zeigt.
16 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Wissenschaft
Angst als Grundemotion
Beim Nocebo-Effekt wirkt die Angst – als evolutionär erste individuelle
Emotion – besonders stark [3]. Die Angst in Abb. 1,
die aus dem Emotionssystem, das dem Bewussten nicht zugänglich
ist, ausgelöst wird (), forciert das zeitlich nachfolgende
Kognitionssystem. Dieses versucht, die bewusst verarbeitete
Bedeutung () aus demselben sensorischen Stimulus in einen
kohärenten Zusammenhang () zu bringen. Das kohärente
Weltbild lautet früher oder später: Ich bin krank.
Das Krankheitsbild ist fatalerweise das stimmige kohärente
Weltbild. Es wirkt seinerseits wieder als innerer Stimulus auf
das Emotionssystem (ohne Zugang zum Bewusstsein), und es
beginnt ein folgenreicher Kreislauf (Abb. 1).
Die kognitiven Oberflächenstrukturen (wie Gedanken, Glaube,
Erwartungen, Überzeugungen, Wille) entstehen aus verdichteten
neuronalen emotionalen Programmen (nePs) [3]. Diese
sind – in Anlehnung an Eric Kandel – ein Sammelbegriff für
die neuronalen emotionalen Strukturen: für alle Grundemotionen
(z. B. Angst), für alle zusammengesetzten Emotionen (z. B.
Enttäuschung), für alle komplexen nePs (z. B. automatisierte
Routineabläufe), die im Emotionssystem unbewusst ausgeführt
werden.
Das neP der Angst hat das emotionale Motiv „Sorge um Sicherheit“
und bewegt sich von Leichtsinn (zu wenig Angst) bis hin
zur Starre (zu viel Angst). Im zyklischen Wirkprozess kann sich
die Angst in den dysfunktionalen Bereich verschieben. NePs
sind nicht mehr ohne Weiteres einem einzelnen Gehirnareal
zuzuordnen. Das einfache neP der Angst als erste Grundemotion
ist noch klar der Amygdala zuzuordnen und das neP des
Ekels als zweite Grundemotion noch weitgehend der Insula
[3]. Das Emotionssystem insgesamt kann keinem Gehirnareal
mehr eindeutig zugeordnet werden, weil nePs hoch vernetzt
sind und bei späteren Grundemotionen (z. B. Scham) der präfrontale
Cortex beteiligt ist, der auch dem Kognitionssystem
zugeordnet wird.
Nocebo-Effekt setzt reale physiologische
Veränderungen in Gang
Der beim Nocebo-Mechanismus bewusst erlebte Kontrollverlust
entsteht aus dem zyklischen Wirkprozess bei fatal zusammenwirkenden
dysfunktionalen Emotionen. Dabei wirkt die
Starre (dysfunktional zu viel Angst) blockierend auf die Einflussnahme
(Ärger). Das aus dem Emotionssystem „erfahrene“
Gefühl entsteht aus den gegenseitig blockierten Emotionen und
wird als Gefühl des Kontrollverlusts empfunden.
Der wiederholte Durchlauf des zyklischen Wirkprozesses feuert
den Nocebo-Effekt an, indem sich gleichzeitig genau dafür nePs
im Emotionssystem bilden. Angstbesetzte nePs erzeugen wiederum
die angstbesetzten kognitiven Oberflächenstrukturen,
die ihrerseits als eskalierende Stimuli wirken. Der Nocebo-Effekt
als Circulus vitiosus schafft sich seine eigenen neuronalen
emotionalen Strukturen, die als biologische Strukturen außerordentlich
robust sind und sich nicht mehr so leicht destabilisieren
lassen. Haben sich erst einmal Nocebo-fördernde nePs
herausgebildet, so wird das Kognitionssystem immer seltener
aktiviert und der Wirkprozess bleibt dem Bewussten schließlich
weitgehend unzugänglich.
Als weitere Komponente wirkt die emotionale Erregung bei der
Bildung der nePs mit. Der Nocebo-Effekt entsteht aus dem Zusammenwirken
der äußeren und inneren Stimuli, die neuronale
sowie biochemische Prozesse in Gang setzen und reale physiologische
Veränderungen bewirken können [7, 9], Abb. 2.
Der Nocebo-Effekt kann als komplexer zyklischer Wirkprozess
betrachtet werden, bei dem als Stimulus jede Information als
Beipackzettel, Plakate in Praxen, Video-Spots sowie bewusste
und unbewusste verbale als auch nonverbale Kommunikation
von Ärzten, Therapeuten und weiteren unterstützenden Personen
im Umfeld des Patienten zu einem Heil- oder eben auch
einem Nocebo-Effekt führen können.
Lösungsmöglichkeiten
Trotz der Komplexität des zyklischen Wirkprinzips und der subjektiven
Verarbeitung von inneren und äußeren Stimuli, sind
wirksame Interventionen möglich. Wichtig ist dabei, zu unterscheiden,
was der Patient selbstwirksam tun kann, was er vermeiden
und regulieren kann und was Ärzte und Therapeuten
vermeiden und regulieren können. Ein Entweder-Oder würde
das Ziel verfehlen. Auch wenn Ärzte und Therapeuten, die das
Phänomen durch ihre Kommunikation auslösen, für eine große
Anzahl von Patienten den Stimulus vermeiden oder durch einen
heilenden Placebo-Effekt ersetzen könnten, sollten parallel die
Patienten zu eigenen und selbstwirksamen Interventionen befähigt
werden, wenn sie auf Stimuli treffen, die einen Nocebo-Effekt
auslösen können.
In einem ersten Schritt brauchen sowohl die Patienten als auch
Ärzte und Therapeuten ein solides Wissen über die zyklisch-evolutionären
Wirkprinzipien. Auf der Grundlage eines solchen
Wissens können dann bestimmte Prozesse frühzeitig erkannt
werden. Achtsamkeitstechniken eignen sich gleichermaßen für
die Erkennung der Wirkprozesse, wie sie auch für die Regulierung
verwendet werden können. Mit dem Wissen über die Wirkprinzipien
kann gezielt an riskanten Stellen interveniert werden,
sodass eine sofortige Erleichterung, ein Stoppen des negativen
Effekts oder sogar die Umkehrung bewirkt werden können.
Im zweiten Schritt können Patienten sowie Ärzte und Therapeuten
mit wirksamen Interventionen versorgt werden:
▶ Vermeidung – die Stimuli können größtenteils vermieden
werden. Wie die Vermeidung gestaltet wird, ergibt sich aus
den Wirkmechanismen. Eine höhere Wirkung wird erreicht,
wenn die Vermeidung mit heilenden Stimuli kombiniert
und überformt wird, sodass der Nocebo-Kreislauf
erst gar nicht initiiert wird.
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 17
Wissenschaft
Wohlgeformte Kommunikation
durch Arzt und Therapeut
Abb. 3: Intervention mit Stimulus, der zur Regulierung führt
▶ Regulierung – der Patient selbst, aber auch Ärzte und Therapeuten,
verfügen über eine Vielfalt an sowohl kurz- als
auch langfristigen Interventionen, um aus dem Gedankenkreislauf
auszusteigen. Die Regulierung als wichtiger
Baustein gibt vor allem dem Patienten ein selbstwirksames
Werkzeug an die Hand, und zum anderen ist ein wiederholtes
Regulieren bereits der Beginn der Lösung.
▶ Lösung – die Rückbildung Nocebo-fördernder nePs ist
schwieriger und erfordert eine gezielte Interventionsplanung.
Neben kognitiven Interventionen, die heilende
kohärente Weltbilder induzieren, verspricht eine direkte
Intervention an den nePs im Emotionssystem den höchsten
Erfolg.
Schmid weist in seiner „Bewusstseinsmedizin“ nach, dass „die
(bewusste und unbewusste) Verarbeitung von Information im
lebenden Organismus“ bzw. „die eigene Vorstellungskraft“ im
Zusammenspiel mit „metabolischen, neurologischen, endokrinen
und immunologischen Informationsprozessen sowohl zu
Genesung als auch zu Krankheit und sogar bis zum Tod führen
kann“ [10]. Er zeigt auf, dass durch eine passende therapeutische
Kommunikation Nocebo-Reize nicht nur vermieden,
sondern sogar umgekehrt werden können. Von besonderer Bedeutung
sind dabei eine „gesundheitsfördernde Grundhaltung“
und eine „wohlgeformte Kommunikation“ aufseiten der Patienten
und Therapeuten.
Als erster und wichtigster Stimulus sollte dem Patienten mit
Empathie begegnet werden. Fehlende Empathie kann – freilich
unbeabsichtigt – Emotionen im dysfunktionalen Bereich auslösen.
Eine Aussage wie „Oje, was haben Sie da gemacht?“ kann
z. B. Schuld auslösen. „Gab es solche Auffälligkeiten in Ihrer Familie
bereits?“ kann Scham auslösen. Aussagen wie „Da kann
man nichts machen“ werden Angst auslösen.
Wenn ein Arzt einen Bandscheibenschaden diagnostiziert und
dem Patienten gleichzeitig versichert, dass funktionelle Einschränkungen,
chronische Schmerzen und sogar Lähmungen
wahrscheinlich sind, so kann er damit das neP der Angst aktivieren,
dass mit Sorge um Sicherheit unweigerlich in den dysfunktionalen
Bereich rutscht (Abb. 3).
Der Arzt kann anschließend, wenn er realisiert, welche Wirkung
er mit seiner Aussage erzeugt hat, einen neuen Stimulus
so formen, dass er Maßnahmen nennt, die die Sorge um Sicherheit
wieder in einen angemessenen Bereich bringen, sodass der
Patient zurück in die Selbstwirksamkeit findet und sich das Gefühl
von Kontrollverlust auflöst. Folgende Aussage könnte den
Wirkprozess regulieren:
„Aus meiner Praxis kenne ich Patienten mit einem vergleichbaren
Befund, die sich nach der Behandlung wieder gut bewegen
konnten. Neben der Therapie haben diese Patienten konsequent
ihre Rückenmuskulatur trainiert und dafür Sorge getragen, keine
zu schweren Gewichte zu heben. Der Aufbau der Rückenmuskulatur
hat bei diesen Patienten auch einen Gewichtsverlust
bewirkt und den Prozess der Heilung zusätzlich unterstützt.“
Literatur
[1] Cocco, G. (2009). Erectile dysfunction after therapy with metoprolol: the Hawthorne
effect. Cardiology;112(3):174–7.
[2] Silvestri, A.; Galetta, P.; Cerquetani, E. et al. (2003). Report of erectile dysfunction after
ther-apy with beta-blockers is related to patient knowledge of side effects and is reversed
by placebo. Eur Heart J.; 24(21):1928–32.
[3] Graf, G. (2018) Die neue Entscheidungskultur – Mit gemeinsam getragenen Entschei-dungen
zum Erfolg. München: Carl Hanser Verlag.
[4] de Araujo, A. C.; da Silva, F. G.; Salvi, F. et al. (2009). The management of erectile
dysfunction with placebo only: does it work? J. Sex. Med.; 6(12):3440–8.
[5] Zech, N., Seemann, M.; Graf, B. M. et al. (2015). Nocebo-Effekte – Negativwirkungen
der Aufklärung. In: Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther; 50(1):64–69.
[6] Kennedy, W. (1961). The nocebo reaction. In: Med Exp Int. J. Exp. Med.; 95:203–205.
[7] Schröder, H. (2016). Das Nocebophänomen – Wie Kommunikation krankmachen
kann. In: EHK; 65(02):84–89.
[8] Hahn, R. (1997). The Nocebo Phenomenon: concept, evidence and implications for
public health. In: Preventive Medicine; 26:607–611.
[9] Schröder, H. (2014). Medizin und Bewusstsein. Auf dem Weg zu einer Kulturheilkunde?
In: Galuska J. (Hrsg.) Bewusstsein – Grundlagen, Anwendungen und Entwicklung.
Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
[10] Schmid, G. B. (2013). Bewusstseinsmedizin: Psychogene Heilung durch Vorstellungskraft.
In: Suggestionen: Forum der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie;
6–40.
18 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Wissenschaft
Stimulus mit negativem Wirkkreislauf
Ein farbiges Plakat über Hämorrhoiden im Praxiszimmer eines
Proktologen kann zu einem perfekten Stimulus werden,
um einen negativen Wirkkreislauf in Gang zu setzen. Die vom
Emotionssystem ausgelöste Angst und der Ekel werden das
Kognitionssystem aktivieren. Dieses wird das auf dem Plakat
Abgebildete zu einem kohärenten Weltbild eines zukünftigen
eigenen Krankheitsbildes zusammenfügen. Dieser Prozess
wird wiederum durch den bewusst erlebten, eigenen Schmerz
verstärkt. Das nun zu erwartende eigene Krankheitsbild kann
weiter als innerer Stimulus wirken, der vielleicht Schuld auslöst,
nicht früher zum Arzt gegangen zu sein. In der Folge kommt
noch die Scham dazu, zukünftig mit einem gesellschaftlich tabuisierten
Problem herumlaufen zu müssen. Dieses feuert konsequent
komplexere nePs zukünftiger peinlicher intimer Szenen
an. Der Teufelskreis ist gestartet.
Eine einfache Abhilfe wäre das Entfernen der Krankheitsbilder
und die Ausstattung der Praxis mit gesundheitsfördernden
Bildern. Als wirksame Variante bietet sich an, einfachere Erkrankungen
nur kurz zu zeigen, denen anschließend Heilungsbilder
zugeordnet werden (vorher / nachher). Der Arzt könnte
die Heilungsbilder mit Sätzen kommentieren, die als Stimulus
wirken: „Nach einer erfolgreichen Behandlung kann es wieder
so aussehen.“ Krankheitsbilder sind für viele Menschen starke
Stimuli, sodass große Achtsamkeit angezeigt ist. Sie sollten nur
kurz gezeigt werden, und das Heilungsbild sollte auf jeden Fall
dominieren. Im Ergebnis sollte das Krankheitsbild nicht mehr
als Stimulus wahrgenommen werden können. Noch sicherer
wäre es, auf Krankheitsbilder völlig zu verzichten.
Natürlich kann auch der Patient selbst vermeiden, auf die Bilder
zu blicken. Er kann seine Reaktionen selbst regulieren, wenn
er entsprechend sensibilisiert ist. Wenn er Abbildungen von
Hämorrhoiden sieht und sich ein unangenehmes kohärentes
Weltbild herausbildet, kann er aus sich heraus mit einem positiven
inneren Selbstbild den Gedankenzyklus unterbrechen.
Allerdings ist es meist nicht möglich, aus eigener Kraft ein bereits
etabliertes kohärentes Weltbild wieder aufzulösen, wenn es
der eigenen Gesundheit schadet. Funktionaler wäre es, in einer
solchen Situation ein neues inneres Bild zu kreieren, das dann
als Stimulus automatisch wirkt. Geübtere Patienten können
auch ein inneres Krankheitsbild visuell überformen, sodass es
sich von krank nach heil wandelt. Unterstützend wirkt dabei,
wenn dies farbig dreidimensional und in einem bewegten Bild
geschieht.
Plädoyer für eine wohlgeformte
Kommunikation
Der Nocebo-Mechanismus zeigt, dass Information und Kommunikation
Wirkmechanismen im Patienten auslösen können,
die unbeabsichtigt oder beabsichtigt den Patienten negativ beeinflussen.
Bei „ängstlichen“ Patienten ist bereits ein grundlegender
Faktor für einen Circulus vitiosus mehr oder weniger
dauerhaft aktiviert, sodass das Risiko für diese Menschen besonders
hoch ist. Dennoch zeigen die vorgestellten Beispiele
auch, dass negative Suggestionen vermeidbar sind und Stimuli
mit angemessener Kommunikation gestaltet werden können,
die Schaden verhindern oder den Kreislauf beenden.
Prof. Dr.med.
Hartmut Schröder
Autoren
Richard Graf
Lehrstuhlinhaber für Sprachgebrauch und
therapeutische Kommunikation an der
Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder,
Fakultät für Kulturwissenschaften
Logenstraße 11
15230 Frankfurt/Oder
E-Mail: schroeder@europa-uni.de
Diplom-Mathematiker und Emotionsforscher,
Lehrbeauftragter an der
Goethe-Universität Frankfurt/Main
Gerhardshainerstr. 3
61462 Königstein im Taunus
www.k-i-e.com
Interessenkonflikt:
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des
International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 19
Statistik
Praxis in
Zahlen
400.000 €
350.000 €
300.000 €
250.000 €
200.000 €
150.000 €
100.000 €
50.000 €
Betriebswirtschaftliche Kostenstruktur einer modellierten
zahnärztlichen Durchschnittspraxis in Euro
2004-05 2014-16 2015-17 2017-19
Personalkosten 87.732 127.120 135.315 148.410
Raumkosten 19.045 21.975 21.954 22.626
Kaltmieten/kalk. Mieten 14.120 16.292 16.277 16.775
Nebenkosten 4.925 5.683 5.677 5.851
Materialkosten 15.453 21.527 22.068 23.210
Praxisbedarf (ohne ges. abr. Mat.) 13.399 19.189 19.719 20.773
Bürobedarf 2.054 2.338 2.349 2.437
übrige Betriebskosten 40.262 51.778 52.967 56.937
Finanzierungskosten 9.356 4.822 4.394 3.180
Abschreibungen 30.619 37.052 37.854 40.581
Abschreibungen/Anlagevermögen 27.952 33.662 34.337 36.894
Abschreibungen Bau und Umbau 2.667 3.390 3.517 3.687
Betriebsausgaben 202.467 264.274 274.552 294.944
Kalkulatorische Kosten 115.667 131.015 131.630 136.533
Unternehmerlohn 115.000 130.921 131.534 136.432
Kalkulatorische Zinsen 667 94 96 101
Gesamtkosten 318.134 395.289 406.182 431.477
Personalkosten Raumkosten Kaltmieten Nebenkosten Materialkosten Praxisbedarf Bürobedarf übrige Finanzie
kalk. Mieten (ohne ges. abr. Mat.) Betriebskosten kost
2004–05
2014–16
2015–17
2017–19
Was ist statistische Modellierung?
Statistische Modellierung ist eine vereinfachte mathematisch-formalisierte Methode, um
sich der Realität anzunähern und auf der Grundlage dieser Annäherung Vergleiche oder
Prognosen zu treffen. Bei der einfachen Methode werden repräsentative Stichproben getätigt,
Mittelwerte berechnet und ggfs. die Standardabweichung einbezogen.
Betriebswirtschaftliche Kostenstrukturen
einer Modellpraxis -
Vollkostenrechnungen der Prognos AG*
*Prognos AG: Wirtschaftsforschungsunternehmen
Forschung und Beratung,
Berlin
Quelle: 84 BZÄK 1 Statistisches Jahrbuch
18/19 Praxisführung
Arbeits- und Behandlungszeit
des Inhabers einer modellierten
zahnärztlichen Praxis pro Woche
40 Stunden
30 Stunden
20 Stunden
10 Stunden
Arbeitszeit Zeit für Zeit für Praxis- Sonstige Arbeitszeit
Behandlung verwaltung
2004-05 2014-16 2015-17 2017-19
Arbeitszeit/Std. 48,0 47,1 46,7 45,8
Zeit für Behandlung/Std. 31,5 34,3 34,4 34,3
Zeit für Praxisverwaltung/Std. 7,9 8,2 7,9 7,6
Sonstige Arbeitszeit/Std. 5,0 4,6 4,4 3,9
20
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Statistik
400.000 €
350.000 €
300.000 €
250.000 €
200.000 €
150.000 €
100.000 €
50.000 €
rungs- Abschreibungen Abschreibungen Abschreibungen Betriebsausgaben Kalkulatorische Unternehmer- Kalkulatorische Gesamtkosten
en Anlagevermögen Bau und Umbau Kosten lohn Zinsen
Jahresarbeitstage des Inhabers
einer modellierten zahnärztlichen Praxis
300 Tage
Bildquelle: Prodente
200 Tage
100 Tage
Arbeitstage Urlaubstage Krankheitstage effektive
Arbeitstage
2004/05 2014-16 2015-17 2017-19
Arbeitstage/p. J. 251,3 253,4 252,6 250,6
Urlaubstage/p. J. 30 30 30 30
Krankheitstage/p. J. 4,2 8 10,4 11,1
effektive Arbeitstage/p. J. 217,1 215,4 212,2 209,5
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
21
Wissenschaft
Langzeitfasten
vs. Intervallfasten
Für wen ist welches Konzept optimal?
Dr. med. Rainer Stange
Verschiedene Schulen und Praktiken des Fastens beanspruchen seit mindestens 100 Jahren
therapeutische wie präventivmedizinische Wirkungen bis hin zur Lebenszeitverlängerung.
ln der mitteleuropäischen Naturheilkunde konnte das medizinisch indizierte und begleitete
Fasten so als essenzieller Bestandteil verankert werden, bei vielen Autoren mit dem hohen
Anspruch des Heilfastens. Fasten wurde stets traditionell gegenüber den Reduktionsdiäten
abgegrenzt.
Durch neuere Entwicklungen fiel zumindest das sogenannte
intermittierende Fasten unter die zahlreichen Varianten
der kalorischen Restriktion. Die tierexperimentelle
und später auch Humanforschung einiger US-amerikanischer
Gruppen weist seit etwa 15 Jahren auf biopositive Wirkungen
auch kurzzeitiger, bis hinunter zu wiederkehrender, 14
Stunden pro Tag währender Energieabstinenz. Dieser Beitrag
klärt verschiedene Begrifflichkeiten und skizziert die wichtigsten
derzeitig bekannten Resultate des Fastens auf Metabolismus
und Signaltransduktionswege. In einigen Modellen war es
möglich, als Zytoprotektion insbesondere neuroprotektive wie
krebsverhindernde Effekte nachzuweisen.
Langlebigkeitsforschung und Fasten
Die überwiegend in den USA betriebene Grundlagenforschung
zur Lebenserwartung zahlreicher Spezies (vom Einzeller bis
zum Schimpansen) hat sich in den letzten beiden Dekaden
neben der Qualität der Ernährung besonders auf die Energieaufnahme
konzentriert. Eine Unterschreitung der dauerhaften
Energieaufnahme unter das für jedes höhere Lebewesen sich
spontan einstellende „ad libitum“-Niveau (AL) wird als kalorische
Restriktion bezeichnet (calorie, resp. caloric restriction,
kurz: CR, bzw. seltener synonym gebraucht dietary restiction,
kurz: DR). In den vielfältigen Realisierungen dieses Konzeptes
22 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Wissenschaft
könnte CR ein erfolgreicher Schlüssel zu Lebensverlängerung,
Verbesserung der Lebensqualität sowie Manifestationsverzögerung
und klinischer Kontrolle chronischer Krankheiten sein,
kurzum: nur biopositive Wirkungen ausüben. In der Breite der
Anwendung beim Menschen ist eine dauerhafte CR (bezogen
auf die in vielen Tierversuchen für teils dramatische Effekte
benötigten etwa zwei Drittel der AL-Energieaufnahme) allerdings
nicht realisierbar. Deshalb werden aktuell Praktikabilität,
Sicherheit und klinische Ergebnisse periodischer Restriktionsmuster
erforscht, in denen auch Fastenphasen im Sinne der hiesigen
Leitlinien enthalten sein können [1].
Dieses Forschungsgebiet ist in der letzten Dekade unter den
Stichwörtern intermittierende kalorische Restriktion (intermittent
caloric restriction, lCR) bzw. periodisches Fasten (periodic
fasting, PF) international sehr rasch angewachsen. Allerdings
lassen die Fülle der beforschten Reduktionsmuster (eine Auswahl
zeigt Tab. 1) sowie die klinischen Interessengebiete und
damit Zielparameter der jeweiligen Arbeitsgruppen noch kein
übersichtliches Bild entstehen, aus dem sich klare Empfehlungen
für Gesunde wie Patienten ableiten ließen.
Es gibt weder für die übergeordneten Begriffe CR bzw. DR
noch für die spezifischeren ICR oder PF weithin anerkannte
Definitionen. Die Forschungsgruppe um Valter Longo hat
zudem während der Fastenphasen anstelle hierzulande gebräuchlicher
natürlicher und hochwertiger Lebensmittel (wie
Obst- oder Gemüsesäfte, Gemüsebrühe und evtl. Honig) Beutelnahrung
im Konzept einer fasting mimicking diet (FMD)
vorgeschlagen [2].
Intermittierendes Fasten als
traditionelle Medizin
Wohl als erster Fastenarzt überhaupt hatte der US-Amerikaner
Edward Hooker Dewey (1837–1904) neben seiner langjährigen
Praxis mit Langzeit(LZ)-Fasten auch das regelmäßige Auslassen
des Frühstücks (breakfast skipping) als gesundheitsfördernd propagiert.
Der französische Fastenarzt Guillaume Guelpa (1850–
1930) seinerseits schlug schon vor 100 Jahren ein periodisch
in 14 Tagen wiederholtes Fasten an drei bis fünf konsekutiven
Tagen als gesundheitsfördernd vor. Sein Wirken und die nur
wenigen Schriften gerieten in Vergessenheit und wurden auch
von der fastenärztlichen Szene, die Wirkungen eher in längeren
Phasen sah, kritisch gewertet. Diese beiden Persönlichkeiten
hatten somit die wichtigsten Grundtypen des Intervallfastens
(IF) mit einem täglichen bzw. mehrtägigen Grund-Rhythmus
praktiziert und verschriftlicht, konnten sich damit jedoch weder
in den USA noch in Europa über ihre jeweilige eigene Lebensspanne
hinaus durchsetzen.
Guelpa trug mit seiner Postulierung des periodischen Fastens,
das sich unter anderem günstig auf Anfallsleiden auswirken
sollte, zusätzlich zur gleichzeitig aufkommenden, 1923 erstmals
so bezeichneten ketogenen Ernährung bei. Er hatte offenbar
die Bedeutung der vermehrten Produktion von Ketonkörpern
erkannt, heute die möglicherweise wichtigste physiologische
metabolische Endstrecke des IF. Damals wie heute war weder
bekannt, ob und wie bestimmte Wirkungen, wie Erhöhung der
Krampfschwelle, von Serum-Konzentrationen der Ketonkörper
abhängen, noch wie lange ein Mensch fasten muss, um diese
zu erreichen. Außerhalb der Epileptologie beansprucht die ketogene
Ernährung einige gesicherte Indikationen, wie Glukosetransporter-(Glut1)-Defekt
oder Pyrovatdehydrogenase-(P-
DH)-Mangel. Allerdings sind diese Erkrankungen sehr selten.
Das deutliche wissenschaftliche Interesse und die heute zu
beobachtende breite Praxis zielen dagegen eher auf eine breite
präventive Wirkung ab, insbesondere bezüglich Karzinogenese
und Neuroprotektion.
Eine Reihe von Studien laufen derzeit, die etwa bessere Verträglichkeit
und bessere Wirksamkeit von Strahlentherapie
zeigen sollen, wenn eine ketogene Ernährung parallel praktiziert
wird [4].
Klinische Forschung
Die klinische Forschung hat sich neben Grundlageneffekten bislang
insbesondere der Beschwerdelinderung bei muskulo-skeletalen
Erkrankungen oder der Verbesserung einzelner Parameter
beim metabolischen Syndrom bzw. seinen Einzelkomponenten
(insbesondere der Hypertonie) gewidmet. Es wurden bislang
nur wenige randomisiert kontrollierte Studien publiziert. Erst
durch die Konfrontation mit den Ergebnissen anderer zeitlicher
Muster für CR, die zunächst ausschließlich aus der experimentellen
Forschung stammten, wurde die bis dahin selbstverständliche
Praxis explizit mit dem Begriff des Langzeitfastens belegt,
von den meisten Autoren als ein mindestens fünftägiges kontinuierliches
Fasten verstanden, das der Gesunde bis zehn Tage in
Eigenregie durchführen kann, das in Kliniken dagegen bis etwa
30 Tage sicher praktizierbar ist.
Am deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg wurde
Ende 2018 die sehr aufwendige und sorgfältig durchgeführte
HELENA-Studie publiziert [5]. 150 als gesund geltende übergewichtige
Nichtraucher wurden in drei Gruppen randomisiert:
intermittierende kalorische Restriktion (lCR, 5 Tage ohne Energierestriktion,
2 Tage mit 75 %, somit wöchentlich gemittelt
etwa 20 % Energierestriktion), kontinuierliche Energie-Restriktion
(CCR, alle Tage gleich, wöchentlich ebenso etwa 20 %
Restriktion) und eine Kontrollgruppe ohne jegliche Restriktionsempfehlung.
Auf 12 Wochen einer sehr aufwendig kontrollierten
Interventionsphase folgten 12 Wochen empfohlene Erhaltungsphase
und dann 26 Wochen Nachbeobachtungsphase.
Die relativen mittleren Gewichtsverluste zum Ende der Interventionsphase
betrugen -7,1 % für lCR, -5,2 % für CCR und
-3,3 % für Kontrolle, zum Ende der Nachbeobachtung -5,2 %
für lCR, -4,9 % für CCR und -1,7 % für Kontrolle. Trotz der
etwas besseren Gewichtsabnahme in der ICR-Gruppe ergaben
sich keine Unterschiede für den Hauptzielparameter (82 Genexpressionsmarker
im Fettgewebe) sowie sämtliche, sehr vollstän-
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 23
Wissenschaft
Tab. 1: Wichtige Formen und ihre Vertreter des intermittierenden Fastens (IF)
Name Zeitmuster Besonderheit Klinische Prüfung Erst- bzw. führender Autor
Morgenfasten nicht bestimmt, Frühstück seit spätem 19. Jh.
nein Dewey 1900
auslassen
medizinisch propagiert
periodisches
Fasten
every other day
fasting
time restricted
feeding
5-zu-2-Methode
4–5 Tage Fasting
Mimicking Diet
(FMD)
2–5 Tage Wasserfasten
Leangains-
Methode
Warior Diet
3–5 Tage kontinuierliches
Fasten in 14 Tagen
frühes 20. Jh. nein Guelpa 1919
jeder Tag im Wechsel intermittierend oder ständig ja (z. B. kardiovaskuläre Bruce-Keller 1999, Anson 2003
Risikofakoren)
tägliche Energieaufnahme
innerhalb max. 8 Std.
2 Tage 70 % Reduktion,
5 ad libitum
Wiederholung nach
Belieben
Wiederholung nach
Belieben
16 Std. Energiekarenz,
8 Std. ad-libitum-Aufnahme
20 Std./Tag undereating,
4 Std./Tag overe ating
insbesondere für CR überprüft
CR bzw. Fasten im Original
500–600 kcal/Tag
FMD-Pulver in Beuteln (kommerzielles
Produkt aus den USA)
insbesondere Gewichtskontrolle
Gewichtskontrolle
ja (z. B. kardiovaskuläre
Risikofakoren)
Chaix 2014
Michael Mosley (keine wiss. Veröff.), Harvie
2013
Brandhorst 2015
– ja (z. B. kardiovaskuläre
Risikofakoren)
Raffaghello 2008, Safdie 2009
in der Form nur für Kraftsportler – Martin Berckhan (keine wiss. Veröff.)
ohne gesundheitsfördernden
Anspruch
dauerhaft nur für Sportler – Ori Hofmekler 2002 (keine wiss. Veröff.)
dig erhobenen metabolischen Parameter im Serum, allenfalls
ein leichter Vorteil für das CRP. Auch die Relation zwischen
subkutanem und viszeralem Fettgewebe blieb für alle Gruppen
im gesamten Verlauf statistisch nicht unterscheidbar.
HELENA konnte nicht mehr unter zwölf weiteren randomisierten
Studien berücksichtigt werden, die ein kürzlich erschienener
systematischer Review zur Frage der Effekte einer
Frühstücksmeidung als sehr häufiger Praxis des IF bezüglich
Gewichtsabnahme und Energieaufnahme analysierte. Bemerkenswert
ist hier zunächst, dass nur vier der zwölf Studien älter
als vier Jahre sind, das heißt, das Gebiet ist für viele Gruppen
in der Welt brandheiß, auch wenn sie sich nicht alle explizit
unter IF einordnen. Die Studien unterscheiden sich in Details,
wie Typ-2-Diabetes als mögliches Einschlusskriterium, Parallelgruppen
oder Crossover-Design, Länge des energiefreien
bzw. -reduzierten Intervalls, gesamter Dauer der Studie und
spezifischer Ernährungsempfehlungen. In der Meta-Analyse
ließ sich ein mittlerer zusätzlicher Gewichtsverlust von 0,44 kg,
bedingt offenbar durch eine verminderte Energieaufnahme von
260 kcal/d für die Frühstücksmeider, feststellen [6]. In mehreren
Studien konnte ein günstiger Einfluss auf kardiovaskuläre
Risikomarker gezeigt werden, insbesondere durch tageweise
wechselndes Fasten (alternate day fasting, ADF) [7].
Neben Gewichtskontrolle sind körperliche Leistungsfähigkeit
bis hin zu Optimierungen im Leistungssport ein deutlicher Antrieb
für die klinische Forschung wie Praxis mit IF (vgl. Tab. 1).
Ein Beispiel, von dem auch die im LZ-Fasten etablierte Indikation
chronisch entzündliche Erkrankungen profitieren könnte:
Sehr aktive, kerngesunde Freizeitsportler wurden bezüglich
möglicher Vorteile durch ein tägliches 16-Stunden-Fasten über
6 Wochen randomisiert im Vergleich zu einem gewöhnlichen
Mahlzeiten-Schema untersucht. Diese wurden unter strengen
Kontrollen einem recht intensiven körperlichen Training zugeführt.
Dabei ließ sich erstmals für IF nachweisen, dass die
für sehr sportlich aktive Menschen regelhaft erhöht nachweisbaren
Marker einer subtilen chronischen Entzündung für die
Intervallfaster niedriger ausfielen. Auch entwickelte sich ihre
Körperzusammensetzung etwas günstiger, während muskuläre
Leistungen in beiden Gruppen gleich waren.
Ob die vom LZ-Fasten gut gewohnten Effekte wie Blutdrucksenkung,
Schmerzreduktion, Stimmungsaufhellung usw. sich
auch durch intermittierendes Fasten erzielen lassen, kann im
Einzelfall versucht werden. Erfahrungsgemäß sind viele Patienten,
die bereits positive LZ-Fastenerfahrungen haben, an einem
Vergleich interessiert.
Ein weiterer wichtiger physiologischer Mechanismus ist die vermutlich
ketonabhängige Stimulierung der Autophagie. Derzeit
kann diese nicht unter Routinebedingungen gemessen werden.
Deshalb kann das individuell notwendige minimale Fastenintervall
zur Stimulation der Autophagie nicht sicher angegeben
werden. Als praktische Anwendung konnte dagegen unter randomisierten
Bedingungen gezeigt werden, dass sogenanntes
Intervallfasten von 16 Stunden täglich bei übergewichtigen
Typ-2-Diabetikern zu besserer Gewichtsabnahme und Stoffwechselparametern
führte als eine hypokalorische Ernährung
nach normalem Mahlzeitenmuster.
24 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Wissenschaft
Fasten und orale Gesundheit
Die Auswirkungen irgendeiner Form des intermittierenden
wie des Langzeit-Fastens auf die Mundgesundheit sind bislang
praktisch nicht erforscht. Grundsätzlich sind erwünschte wie
unerwünschte Effekte zu erwarten, weil:
▶ sämtliche Schleimhäute im Fasten Funktions- und Strukturänderungen
durchlaufen,
▶ Fasten Auswirkungen auf das Mikrobiom auch der Mundhöhle
hat.
▶ die systemischen anti-entzündlichen Wirkungen des Fastens
sich bis ins Parodontium fortsetzen könnten.
Der Beitrag der Schleimhäute der Mundhöhle zu den Verdauungskräften
besteht während der dort stattfindenden mechanischen
Zerkleinerung vor allem in Einspeichelung und
erstem Kontakt mit verdauungsaktiven Enzymen, hier vor
allem der α-Amylase Ptyalin. Die Speichelproduktion verbraucht
Energie und Aminosäuren für die Enzyme und den
intrinsischen Faktor. Im Langzeit-Fasten, das im Körper einen
maximalen „Sparzwang“ auslöst, lässt die Speichelproduktion
deutlich nach, auch weil visuelle, olfaktorische und geschmackliche
Reize des Essens sowie seine Zerkleinerung als
natürliche Stimuli weitgehend ausbleiben. Faster bestätigen
dies, wenn sie eine bis dato meist nicht bekannte Xerostomie
erfahren. Diese ist unangenehm und begünstigt zudem zeitabhängig
Karies und Zahn- wie Speichelsteinbildung, worauf in
der Fastenberatung hingewiesen werden muss. Die Speichelproduktion
lässt sich durch zusätzliche bewusste Zungen- und
Kieferbewegungen stimulieren, ggf. auch durch Kaugummis.
Haut und Schleimhäute sind schon im Normalzustand, umso
mehr im Fasten auch Ausscheidungsorgane. Der Fastende und
seine Umgebung merken dies am verstärkten Odor, der nicht
nur durch Aceton geprägt ist sowie an ungewohnt pelzigen
Zungenbelägen, wie man sie sonst vielleicht aus schweren Infektionserkrankungen
kennt. Für welche Substanzen der Körper
diesen recht ungewöhnlichen Ausscheidungsweg wählt,
bleibt eine der vielen ungelösten Fragen bereits an die Physiologie
des gesunden Fastenden. Gute Fastenführer empfehlen
hier regelmäßiges Zungenbürsten mit einer extrem weichen
Bürste.
Das Mikrobiom des gesamten Verdauungstraktes reagiert sehr
schnell auf jede Änderung des intraluminalen Nährstoffangebots,
umso mehr auf die plötzliche, ca. 90 %-ige Reduktion
im Fasten. Hierüber ist bislang nur eine Untersuchung mit
Stuhlproben von 15 gesunden Fastern erfolgt, die unmittelbar
nach dem Fasten dramatische Veränderungen, nach 3 Monaten
jedoch eine annähernde Restitution dieses sehr variablen
Bakterienspektrums aufwiesen [8]. Obwohl enge Zusammenhänge
zwischen Darm- und Mundflora bestehen, sollte dies
dringend für die Mundflora untersucht werden.
Zusammengefasst können derzeit durch keine Fastenform gesicherte
Vorteile für die Mundgesundheit postuliert werden.
Religiös motiviertes
intermittierendes Fasten
Der Ramadan stellt ein über 29 Tage kontinuierliches intermittierendes
Fasten mit allerdings auch Flüssigkeitskarenz zwischen
Sonnenauf- und -untergang dar. Je nach zeitlich etwas
variierender Jahreslage, vielmehr aber in Abhängigkeit von geografischen
Bedingungen (insbesondere dem Breitengrad), kann
der tägliche Zeitraum extrem unterschiedlich sein, die Bedingung
einer mindestens 14-Stunden-Nahrungskarenz ist jedoch
meist erfüllt. Er stellt somit ein jährlich von vielen Millionen
Menschen in der Welt wiederholtes Massenexperiment mit intermittierendem
Fasten dar, das sowohl Gesunde wie auch viele
chronisch Kranke relativ strikt einhalten.
Die publizierte Forschung bezüglich Sicherheit und gesundheitlicher
Vorteile des Ramadan wertet dieses Experiment relativ
positiv. Aus traditionell westlich medizinischer Sicht wundert
dies umso mehr, als auch in den heißen muslimischen Kernländern
und auch von älteren, herzkreislauf- wie nierenkranken
Bürgern eine hier meist 12-stündige Flüssigkeitskarenz
gefordert und auch eingehalten wird. Die Sicherheitsforschung
zum Ramadan lieferte bislang etwa Daten zur Therapiequalität
und zu möglichen Dosierungsänderungen für Vitamin-K-Antagonisten
sowie zur erheblichen Gefährdung höhergradig niereninsuffizienter
Patienten.
Ausblick
IF in seinen verschiedenen Formen ist konzeptuell grundsätzlich
sehr alt. Massenhaft praktiziert wie beforscht wird es jedoch
erst seit gut einer Dekade von Gruppen und Individuen,
die nicht an die traditionellen medizinischen Fastenschulen anknüpfen,
sondern sich eher aus der experimentellen Forschung
zu Fragen von Energieaufnahme und Lebenserwartung bei verschiedensten
Lebewesen ableiten.
Ein Vergleich zwischen IF und dem in Mitteleuropa seit Langem
praktizierten, präventiv oder therapeutisch intendierten
medizinischen Fasten, neuerdings zur Abgrenzung auch als
LZ-Fasten bezeichnet, fällt schwer. Die hier sich äußerst rasch
entwickelnde Forschungsaktivität mit zahlreichen randomisierten
Studien hat sich bislang primär auf die Fragen der Gewichtskontrolle
bei Übergewichtigen mit und ohne Typ-2-Diabetes
sowie körperliche Leistungsfähigkeit konzentriert (Übersicht
z. B. in [9]). In keinem Falle ist bisher versucht worden – und
auch demnächst ist dies vermutlich nicht zu erwarten –, dass
wichtige Fragen der Vergleichbarkeit von IF und LZ-Fasten
etwa durch randomisierte klinische Studien einer Klärung zugeführt
würden.
Die durch therapeutisches LZ-Fasten erzielten bzw. in vergleichsweise
wenigen Studien nachgewiesenen Effekte, etwa auf rheumatische
Erkrankungen, sind durch alle Formen des IF bislang
nicht untersucht bzw. (soweit erfahrungsseitig beurteilbar) nicht
erreicht worden. Zu erwarten und zu hoffen ist, dass es gelingt,
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 25
Wissenschaft
Modelle für krankheits- und typenangepasste Kombinationen
von LZ-Fasten und nachfolgendem IF zu entwickeln. Günstige
Voraussetzungen sind in der rasch steigenden Popularität des IF
sowie bereits hochrangig publizierter Ergebnisse begründet. Damit
verbessert sich die Akzeptanz des früher auch als Reizthema
geltenden Fastens in der medizinischen Landschaft.
Erfahrene Fastenärzte wissen, dass unter kundiger und einfühlender
Anleitung fast jeder Mensch fasten kann, die Verträglichkeit
aber etwa zwischen fülligen und asthenischen Typen sehr
stark differiert. Die Patienten erwarten von uns heute angesichts
der auch durch die Medien enorm geförderten Popularität des
IF Antworten bezüglich individueller biopositiver Effekte. Der
Fastenarzt wird dabei dem Intervallfasten insbesondere für
Übergewichtige zunehmend Bedeutung schenken.
Die Erstveröffentlichung erfolgte in „Die Naturheilkunde“ 1/2019, S. 22–25. Die
vorliegende Fassung wurde insbesondere um den Abschnitt „Fasten und orale Gesundheit“
erweitert und geringfügig aktualisiert.
Literatur
[1] Wilhelmi de Toledo, F.; Buchinger, A.; Burggrabe, H. et al. (2013). Fasting Therapy – an Expert
Panel Update of the 2002 Consensus Guidelines. Forsch Komplementmed 20:434-443.
[2] Longo, V. D.; Brandhorst, S.; Choi, I. Y. et al. (2015). A peridic diet hat mimics fasting promotes
multi-systlem regeneration, enhanced cognitive performance, and healhspan. Cell Metab. 2015; 22:86–99.
[3] Dewey, E. D. (1900). The No-Breaklast Plan and the Fasting Cure. The Health Culture Co, New York
City. 207 S. (bzw. Dewey ED: Die Fastenkur und das Morgenfasten, Übersetzt von Frau Käthe W. Dewey.
Mit einer Einführung von Dr. med. S. Möser, 0. Salle, Berlin vergriffen. (Als Kindle edition, 110 S. verfügbar).
[4] Mengmeng, L. V.; Zhu, X.; Wang, H. et al. (2014). Roles of Caloric Restriction, Ketogenic Diet and Intermittent
Fasting during Initiation, Progression and Metastasis of Cancer in Animal Models: A Systematic
Review and Meta-Analysis. PLoS One. Dec 11; 9(12):e115147
[5] Schübel, R.; Nattenmüller, J.; Sookhail, D. et al. (2018). Effects of intermittent and continuous calorie
restriction on body weight and metabolism over 50 wk: a randomized controlled trial. Am J Clin. Nutr.;
108(5):933–945.
[6] Sievert, K.; Husain, S. M.; Page, M. J. et al. (2019). Effect of breakfast on weight and energy intaker
systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ; 364:142.
[7] Klempel, M.; Kroeger, C. M.; Bhutani, S.; Trepanowski, J. F.; Varady, K. A.(2012). Intermittent fasting
combined with calorie restriction is effective for weight loss and cardio-protection in obese women.
Nutr. J.; 11:98, doi: 10.1186/1475–2891–11–98.
[8] Liebscher, D. (2012). Auswirkungen religiösen Fastens auf anthropometrische Parameter, Blutfettwerte
und Hämodynamik normalgewichtiger gesunder Probanden. Dissertation Technische Universität
Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus.
[9] Mesnage, R.; Grundler, F.; Schwiertz, A.; Le Maho, Y.; Wilhelmi de Toledo, F. (2019). Changes
in human gut microbiota composition are linked to the energy metabolic switch during 10 d of Buchinger
fasting. J. Nutr. Sci.;8: e36. doi: 10.1017/jns. 2019.33.
[10] Harvie, M.; Howell, A. (2017). Potential Benefits and Harms of Intermittent Energy Restriction and
Intermittent Fasting Amongst Obese, Overweight and Normal Weight Subjects-A Narrative Review of Human
and Animal Evidence. Behav. Sci .(Basel). 19;7(1).
Autor
Dr med. Rainer Stange
Charité – Universitätsmedizin Berlin und lmmanuel
Krankenhaus Berlin, Abteilung f. Naturheilkunde
Königstraße 63, 14109 Berlin
Tel.: +49 30 80505-690
E-Mail : r.stange@immanuel.de
www.naturheilkunde.immanuel.de
Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt
im Sinne der Richtlinien des International
Committee of Medical Journal Editors besteht.
Weitere Literaturhinweise
Anson, R. M.; Guo, Z.; de Cabo, R. et al. (2003). Intermittent fasting dissociates beneficial effects of dietary
restriction on glucose metabolism and neuronal resistance to injury fom calorie intake. Proc. Nat. Acad.
Sci. U.S.A.; 100:6216–6220.
Bruce-Keller, A. J.; Umberger, G.; McFall, R.; Mattson, M. P. (1999). Food restriction reduces brain damage
and improves behavioral outcome following excitotoxic and metabolic insults. Ann. Neurol.; 45:8–15.
Choi, I. Y.; Piccio, L.; Longo, V. D. et al. (2016). A diet mimicking fasting promotes regeneration and reduces
autoimmunity and multiple sclerosis symptoms. Cell Rep. 2016:15:2136-2146
Chaix, A.; Zaninpar, A.; Miu, P.; Panda, S. (2014). Time-restricted leeding is a preventative and therapeutic
intervention against diverse nutritional challenges. Cell Metab.; 20:991–1005.
Harvie, M.; Wright, C.; Pegington, M. (2013). The effect of intermittent energy and carbohydrate restriction
v. daily energy restriction on weight loss and metabolic disease risk markers in overweight women. Br.
J. Nur.; 10(8): 1534–47.
Varady, K. A.; Bhutani, S.; Church, E. C.; Klempel, M. C. (2009). Short-term modified alternate-day fasting:
a novel dietary strategy for weight loss and cardioprotection in obese adults. Am. J. Clin. Nut., 2009a;
90:1138–1143.
Wei, M.; Brandhort, S.; Shelehchi, M. (2017). Fasting-mimicking diet and markers/risk factors for aging,
diabetes, cancer and cardiovascular disease. Sci. Transl. Med.; 9(377) eaai8700.
26 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Markt und Möglichkeiten
Die BWA als Führungsinstrument
Lernen Sie die betriebswirtschaftliche Auswertung mithilfe Ihres steuerlichen Beraters
kennen und nutzen diese als Führungsinstrument.
In Zeiten zunehmend schwieriger werdenden wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen und insbesondere vor dem
Hintergrund der aktuell vorherrschenden Corona-Pandemie
kann die fehlende Kenntnis der betriebswirtschaftlichen Situation
schnell den Fortbestand der Praxis gefährden.
Die Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus hat sich ab Januar
2020, ausgehend von China, sehr dynamisch und weltweit entwickelt.
Angesichts der Ausbreitungsdynamik, der Schwierigkeit,
Menschen vor einer Übertragung zu schützen, und der Gefährlichkeit
des Virus ergriffen und ergreifen Regierungen und nationale
Behörden Maßnahmen, die das öffentliche Leben extrem
einschränken und die Wirtschaft stark negativ beeinflussen. Hiervon
sind auch die Arzt-/Zahnarztpraxen im besonderen Maße
betroffen.
Um schnellstmöglich hierauf reagieren und situationsbedingte
Hilfsmaßnahmen ergreifen zu können, empfehlen wir dringend,
sich laufend über die wirtschaftliche Situation – insbesondere
über die aktuelle Gewinn- und Liquiditätslage – zu informieren.
Hierbei stellt das funktionierende Rechnungswesen einen
wichtigen Bestandteil der Arzt-/Zahnarztpraxis auf dem Weg
zu einem nachhaltigen Erfolg dar. Es ist ratsam, dass der Arzt/
Zahnarzt seine Unterlagen für die laufende Finanzbuchhaltung
nicht nur einmal jährlich, sondern von Beginn seiner Tätigkeit an
monatlich einem steuerlichen Berater seines Vertrauens übergibt,
da gerade in der Startphase die aussagekräftigen Unterlagen
jederzeit zur Verfügung stehen sollten. Dies dient nicht nur
zur Arbeitsvereinfachung für den steuerlichen Berater, sondern
vor allem dem eigenen Interesse des Arztes/Zahnarztes, um die
BWA-Informationen zeitnah als Führungs- bzw. Controllinginstrument
nutzen zu können.
Die Verarbeitung der monatlichen Finanzbuchhaltung erfolgt
beim Steuerberater regelmäßig mit EDV-Programmen, die neben
den für steuerliche Zwecke notwendigen Bearbeitungen
auch sinnvolle betriebswirtschaftliche Auswertungsmöglichkeiten
und Branchenvergleiche bieten, mittels derer sich unter anderem
auch Kreditinstitute regelmäßig informieren lassen.
Aus unserer Sicht ist es unerlässlich, dass der steuerliche Berater
spätestens nach etwa drei Monaten mit dem Arzt/Zahnarzt und
danach regelmäßig quartalsweise das Ergebnis der betriebswirtschaftlichen
Auswertungen eingehend bespricht. Der Arzt/
Zahnarzt muss hierbei in die Lage versetzt werden, seine bisherigen
finanziellen Erfolge selbst zu verstehen: Dies erfolgt grund-
sätzlich Schritt für Schritt. Hierzu erläutert der steuerliche Berater
in der Regel den Aufbau der Buchhaltung. So wird die Funktionsweise
der einzeln zu verwendenden Buchführungskonten,
unter Verweis auf den praxis- und privatbezogenen Kontenkreis,
der ausschließlich private Vorgänge betrifft, erläutert. In einem
weiteren Schritt kann dann das steuerliche Ergebnis als Saldo
aus den gesamten Praxiseinnahmen und -ausgaben hergeleitet
werden.
Nach Neutralisierung sämtlicher zahlungsunwirksamer Vorgänge
kann auch die Liquiditätslage der Praxis begutachtet und
intensiv analysiert werden. Die Liquiditätslage spiegelt sich, vereinfacht
ausgedrückt, im Finanzmittelbestand wider. Besondere
bzw. außerordentliche Zahlungsströme bleiben ohne Analyse
meist unerkannt.
Qualifizierte Steuerberater verwenden regelmäßig branchenspezifische
Kontenrahmen für Ärzte bzw. Zahnärzte. Diese sind auf
die jeweiligen Berufsgruppen zugeschnitten und ermöglichen
so einen anonymisierten Vergleich mit den jeweiligen Branchenbzw.
Facharztgruppendaten.
Ein Controlling auf Basis der monatlichen bzw. quartalsweisen
Finanzbuchführungsauswertungen (BWA) sollte zum Standard
einer jeden Arzt-/Zahnarztpraxis gehören, um als Praxisinhaber
jederzeit in der Lage zu sein, wirtschaftlich fundierte Entscheidungen
treffen zu können.
Hierbei sind wir Ihnen gerne behilflich. Sprechen Sie uns an.
Autor
Dipl.-Kfm.
Carsten Rullmann
Steuerberater
Fachberater für den Heilberufebereich IFU//ISM gGmbH
Partnerschaftsgesellschaft mbB fessel & partner
Gittertor 14, 38259 Salzgitter (Bad)
Tel.: +49 5341 8170-0
Fax: +49 5341 8170-50
E-Mail: stb@fessel.ne
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 27
Markt und Möglichkeiten
Eine neue Internetplattform stellt sich vor
Die Naturheilkundetage (NHKT)
Die GZM wird sich in Zukunft mit digitalen Varianten der Wissenübermittlung beschäftigen.
Vorträge, Seminare, Fortbildungen ohne persönlichen Kontakt? Kaum vorstellbar,
aber zunehmend Realtität und das nicht nur aus aktuellem Anlaß der Corona-Situation.
Für die GZM werden Präsenzveranstaltung immer höchste Priorität haben. Das Ziel des
Wissenserhaltes und die Verbreitung der ganzheitlichen und systemischen Zahnmedizin
stehen jedoch so weit im Vordergrund, dass sich mit den digitalen Verbreitungsformen
neue Möglichkeiten ergeben.
Die GZM freut sich, in den „Naturheilkundetagen” einen Kooperationspartner gefunden
zu haben, der digitale Veranstaltungen ermöglicht und den Teilnehmer in eine virtuelle
Kongresswelt eintauchen läßt.
Bei dieser Plattform handelt es sich
um die erste rein digitale Veranstaltung
mit dem Schwerpunkt
Naturheilkunde, die Vortragsveranstaltung
und Messe vereint – virtuell
– sowohl live als auch on demand.
Die NHKT bieten regelmäßige Live-
Events in Form von Eventreihen zu bestimmten
Themen an. So entsteht über
die Zeit eine dauerhafte Plattform für Naturheilkunde
und Ganzheitsmedizin im
Netz, auf der sich Gleichgesinnte und Interessierte
informieren, weiterbilden und
untereinander austauschen können. Das
Besondere an diesem Format ist: Jeder
Teilnehmer hat die Möglichkeit, mit den
Referenten, den Ausstellern und anderen
Teilnehmern live zu chatten. Sowohl die
virtuelle Messehalle als auch sämtliche
Vorträge sind im Nachgang zur Live-Veranstaltung
weiterhin im Netz verfügbar.
365 Tage im Jahr, 7 Tage die Woche, 24
Stunden am Tag. Das Portal bietet jedem
Teilnehmer eine aktuelle und umfangreiche
Mediathek zum Thema Naturheilkunde
an.
Sowohl der Besuch der Events als auch
der dauerhafte Zugriff auf die Inhalte im
Archiv ist für sämtliche Teilnehmer bisher
völlig kostenfrei!
Motivation und Vision
Die Motivation für dieses gemeinsame
Projekt, die Entwicklung der digitalen
Plattform für die „Naturheilkundetage“,
ist aus der Erkenntnis und den Erfahrungen
erwachsen, dass die Naturheilkunde
neben der reinen Schulmedizin einen
extrem wichtigen komplementären und
wirksamen Beitrag für die ganzheitliche
Behandlung von Patienten leistet.
28 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
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Die Vision ist, die Naturheilkunde mit
dieser Plattform aus einer Nische zu heben
und weiter in das Bewusstsein von
Therapeuten, Krankenkassen, Patienten
sowie der allgemeinen Bevölkerung zu
rücken.
Die Historie
Das erste große Event der digitalen Naturheilkundetage
wurde bereits im Oktober
2018 über die Plattform veranstaltet.
Dieses lief über einen Zeitraum von
drei ganzen Tagen und behandelte zahlreiche
naturheilkundliche Themen und
Therapien aus dem gesamten Spektrum.
Aktuell liegt der Fokus auf monatlichen
Event-Reihen zu jeweils einem bestimmten
Schwerpunkt.
Die Plattform hat mittlerweile knapp
1700 registrierte Teilnehmer – mit steigender
Tendenz. Das letzte Event wurde
von über 500 Besuchern frequentiert.
Das Team
Aus dem ursprünglichen Team hat sich
ein Kern von drei überzeugten „Gefährten“
herauskristallisiert, die von der Sinnhaftigkeit
und dem Nutzen der Plattform
für eine bessere Wahrnehmung der Naturheilkunde
und damit der ganzheitlichen
Medizin in der Gesellschaft mehr als
überzeugt sind.
„Wir sind ein Team von drei naturheilkundeaffinen
Personen.“
Dr. Birgit Bramlage
Biologin
Founder und Projektmanagerin
„Durch meine Ausbildung und meinen beruflichen
Werdegang bin ich durch und durch
ein Forschergeist. Während und auch nach
meinem Studium habe ich als Wissenschaftlerin
mit Schwerpunkt Molekular- und Zellbiologie
in der Biotechnologiebranche arbeiten
dürfen. Mehr als 25 Jahre lag mein Fokus auf
der Erforschung neuer biologisch basierter
Therapieformen. Immer wieder bin ich dabei
mit den Limitierungen der rein pharmazeutischen
Schulmedizin, insbesondere auf molekularer
Ebene, konfrontiert worden. Für mich
ist es ganz klar: Die Schulmedizin kann ohne
die Alternativmedizin nicht funktionieren:
Die Therapieformen der Naturheilkunde als
zusätzliches Instrument zur Behandlung von
Patienten sind nicht mehr wegzudenken. Die
Integrative Medizin ist der Schlüssel für eine
wirklich sinnvolle und nachhaltige Therapie.“
Katja Wörmer
Rechtsanwältin
Founder und Programmanagerin
„Nach meinem Jurastudium absolvierte ich
noch einen Teil des Studiums der Humanmedizin.
Die ganzheitliche Betrachtung des Menschen,
das Zusammenspiel zwischen Psyche,
Geist und Körper kam viel zu kurz bzw. wurde
gar nicht betrachtet. Wirklich nachhaltige
Therapien mit langfristigen Erfolgen sind aber
meines Erachtens nur unter dieser Voraussetzung
möglich. Gerade in der Krebstherapie
oder auch bei anderen chronischen Krankheiten,
ist aber eine Schulung der Patienten zur
langfristigen Änderung ihres gesamten Lebensstils
mit einem ganzheitlichen Ansatz für
eine vollständige Genesung unumgänglich.
Dies habe ich persönlich in meinem familiären
Umfeld und darüber hinaus immer wieder
beobachten können.“
Dr. Riku Rautsola
Gesundheitsökonom
Founder und Geschäftsführer
„Ausgesprochen positive persönliche Erfahrungen
mit verschiedenen Therapieformen
der Naturheilkunde sind meine Motivation
und befeuern meinen Ehrgeiz jeden Tag, mit
NHKT der Naturheilkunde mehr Sichtbarkeit
und Akzeptanz in der Gesellschaft zu geben.
Lebensgefährliche Lebensmittelallergien, eine
Atopie und ein chronisches Rückenleiden sowie
eine Pollenallergie wurden bei mir schon
vor Jahrzehnten durch Therapien aus der Naturheilkunde
nachhaltig geheilt. Mit der pharmazeutischen
Schulmedizin konnte dagegen
nur teilweise eine Behandlung der Symptome
erreicht werden.“
Nähere Infos unter:
www.dienaturheilkundetage.com
info@dienaturheilkundetage.com
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 29
Die GZM steht für die Erarbeitung, Prüfung und Verbreitung von diagnostischen und therapeutischen
Methoden, die einem erweiterten Verständnis der Zahnheilkunde im Sinne einer
Ganzheitsbetrachtung entsprechen. Der erkrankte Mensch steht im Mittelpunkt. Erkrankungen
im Zahn-, Mund und Kieferbereich sind nicht nur lokal und isoliert, sondern in ihrem gesamtmedizinischen
Zusammenhang zu erfassen.
Das Leitbild der GZM:
▶ Der Patient ist ein individuelles und komplexes Wesen.
▶ GZM-Zahnärzte arbeiten auf dem aktuellen Stand des
zahnärztlichen Wissens. Sie integrieren Naturheilkunde
und komplementäre Medizin durch interdisziplinäre
Zusammenarbeit mit Ärzten und anderen Therapeuten
im Netzwerk.
▶ Sie betreiben individuelle Gesundheitsförderung durch
Gesundheitscoaching, agieren wertschätzend gegenüber
Patienten, Kollegen, Co-Therapeuten und sich
selbst.
▶ GZM-Zahnärzte sehen ihren Beruf als Berufung und
stellen traditionelle ärztliche Werte in den Vordergrund.
▶ GZM-Zahnärzte unterstützen die Persönlichkeits-entwicklung
der Mitglieder, der Patienten und der Mit-arbeiter
mit dem Ziel einer authentischen, heilsamen
Begegnung.
▶ GZM-Zahnärzte nutzen multimodale Therapieansätze
für chronisch kranke Patienten.
Mitgliedsantrag
E-Mail: info@gzm-org.de
Fax: +49 621 473949
Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zur Internationalen
Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin e. V. (GZM)
Vollzahler Deutschland (Zahnärzte) 300,- €
Studenten
frei
(Andere gem. GZM-Beitragsordnung)
Internationale Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin
Kloppenheimer Straße 10
68239 Mannheim
Deutschland
Vorteile der Mitgliedschaft:
▶ Führen der Bezeichnung „Praxis für ganzheitliche Zahnmedizin“
(für qualifizierte Mitglieder)
▶ Praxisschwerpunkt „Ganzheitliche ZahnMedizin“
▶ Werbung neuer Patienten durch Netzwerkkontakte
und Datenbank
▶ Verlinkung mit Therapeuten-Suche auf Internet-Auftritt
der GZM
▶ qualifizierte Weiterbildung nach bewährtem Leitfaden
▶ vergünstigte Teilnahme an den durch die GZM veranstalteten
jährlichen Kongressen und Symposien
und an der Medizinischen Woche
▶ 4-mal pro Jahr Mitgliedszeitschrift „Systemische Orale
Medizin“ mit der Patientenzeitschrift „Mensch und Mund“
▶ MuM zur Weitergabe an die Patienten zum Selbstkostenpreis
▶ Sicherheit für den Patienten durch Zusammenarbeit
mit speziell geschulten zahntechnischen Laboren
▶ lebendiger Austausch mit Kollegen
▶ Unterstützung bei regionalen Veranstaltungen
für Patienten
Name, Vorname, Titel
Anschrift
Telefon, Fax
E-Mail, HP
Datum, Unterschrift
30 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Leserbrief
Natürlicher Mundschutz
Naseweis(heiten) für Mundatmer
Dr. Hubertus von Treuenfels
Vor lauter Alarmismus um Abstand, Abschirmung und
Abstinenz zum Schutz vor Corona von außen kommt
die Abwehr von innen viel zu kurz: die Erhaltung und
Stärkung der eigenen Gesundheit. Diese ist nämlich
auch durch die weit verbreitete Mundatmung gefährdet. Deshalb
könnte das Motto „Gesund beginnt im Mund“ nicht aktueller
und naheliegender sein. Denn gegen das unmittelbare
Risiko des Inhalierens von Erregern über den Mund direkt in
die Lungen helfen Schutzmasken nur bedingt. Der natürliche
Mundschutz durch Mundschluss und Nasenatmung dagegen
führt viel weiter.
Über die verschlungenen Gänge der Nasenräume konfrontieren
wir die Viren und anderes Ungeziefer gleich 2-mal mit unserer
biologischen Barriere. Nicht nur, dass die Eindringlinge
an Härchen und Schleimhäuten leichter hängen bleiben, ihre
längere und engere Passage bietet dem nasalen Abschirm- und
Nachrichtendienst die Gelegenheit, spezifische Abwehrzellen
in Stellung zu bringen und rechtzeitig eine Immunisierung
einzuleiten. Mit entsprechenden Verhaltenstipps, einfachen
Hilfsmitteln und Methoden können wir die Nase vorn haben
und so unser Ansteckungsrisiko noch weiter minimieren.
Wehret den Anfängen: Das Mund- und Nasenmilieu, die schützenden
Pforten unseres Wirtshauses sind nicht nur zu pflegen,
sondern auch angemessen zu öffnen bzw. zu schließen. Denn
besonders beim Sprechen kann man von seinem Gegenüber
gefährliche Partikel angehaucht bekommen, die um so leichter
und schneller inhaliert werden, wie beim Lungenzug eines
Rauchers, wenn man durch den Mund atmet. Wenigen ist bekannt,
dass die Mundatmung als Ruheatmung und chronische
Dauergewohnheit Störanfälligkeiten und Krankheiten begünstigen
oder verstärken kann. Halten wir aber im wahrsten Sinne
des Wortes immer den Mund, sobald uns jemand aus der Nähe
anspricht oder gar ein wenig anspuckt, indem wir durch die
Nase atmen, können uns sogar Nies- oder Hustenattacken anderer
weniger gefährden. Auf der anderen Seite halten wir uns
durch die eigenen ruckartigen Stöße beim Niesen und Husten
so manche Erreger, auch Viren, vom Leib. Wenn wir nur wenige
zurückbehalten, sind sie nützlich für unsere Immunisierung,
reichen aber ggf. nicht für eine bedrohliche Erkrankung.
Im Laufe der Evolution hat sich die Nasenatmung als Grundund
Ruheatmung deshalb so bewährt und durchgesetzt, weil
sie unsere überempfindlichen und lebensnotwendigen Lungenbläschen
hauptsächlich vor Austrocknung, Schmutz, Giften und
Ungeziefer bewahrt. Damit vermindert sie erheblich das Risiko,
sich eine Lungenentzündung, nicht nur über das Corona-Virus,
einzufangen. Hinzu kommt, dass die Nasenatmung erwiesenermaßen
mehr Atemtiefe mit sich bringt, die wiederum mit einer
ausgiebigeren Be- und Entlüftung bei größerem Atemvolumen
einhergeht. Deshalb sind atemfördernde Bewegungen an der
frischen Luft von so unschätzbarem Wert für Körper, Seele und
Geist.
Wie alle unbewussten und unwillkürlichen Gewohnheiten lässt
sich auch die Mundatmung nicht ohne Weiteres abstellen.
Ein verblüffend einfaches wie nützliches Hilfsmittel kann ein
Zahnstocher oder eine Büroklammer sein, die man zum üben
alleine zu Hause zwischen den Lippen hält. Außer Haus und
unter Menschen lässt sich die Mundatmung ebenso einfach wie
wirksam austricksen: durch einen Knopf, eine Bohne o. Ä. Es
reicht schon, sie hinter der Unterlippe zu tragen, um sich zu
erinnern: Mund zu! Mundatmer, die die ungewohnte Nasenatmung
überfordert, sodass sie sie nicht lange durchhalten,
können diese auf die kritischen Momente näherer Kontakte beschränken.
Natürlich gelingt alles umso besser durch regelmäßiges
Üben und Naseputzen.
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 31
Pflanzenportrait
Plantago major – der Breitwegerich
Die kleine Pflanze mit großem Potenzial
Die Natur steckt voller Überraschungen: Selbst unscheinbare Pflanzen haben oftmals
große Potenziale, die man ihnen auf den ersten Blick gar nicht zutrauen würde und bei
denen man oft zweimal hinschauen muss, um sie zu glauben. Ein ganz typischer Vertreter
dieses Phänomens ist der Breitwegerich.
Der Breitwegerich, eine ausdauernde
krautige Pflanze mit einer Wuchshöhe
zwischen drei und 25 cm,
wächst gerne mitten auf stark begangenen
Wegen, und zwar durchaus auch
im städtischen Raum. Der Breitwegerich
hat keine Angst davor, dass Menschen
ihn mit Füßen treten; ganz im Gegenteil.
Aus seiner Widerstandsfähigkeit gegenüber
Tritten und ähnlicher mechanischer
Belastung zieht er seine Konkurrenzvorteile.
Wo andere, empfindlichere Pflanzen
längst eingehen würden, behauptet sich
der Breitwegerich mit Bravour und Zähigkeit.
Außerdem hilft ihm der Mensch mit
organischer Düngung, sei es aus Abfällen
oder insbesondere beim Gassi gehen mit
dem Hund. Auch wenn der Breitwegerich
an besonders hoch belasteten Wuchsorten
nicht bis zur Samenbildung heranreift,
helfen ihm seine Kollegen aus der Nachbarschaft
– mit bis zu 40 000 Samen pro
Pflanze ist die Ausbreitung kein Problem.
Auf und am Rand von Gehsteigen, Bahnsteigen,
Schulhöfen und Sportplätzen, in
stark begangenen Bereichen von Parks
und in Vorgärten, auf Brachen und Baulücken,
über die sich Trampelpfade ziehen:
Überall, wo der Boden stark verdichtet
wird, kann man den Breitwegerich finden.
Auf derart verdichteten und sauerstoffarmen
Böden ist er in seinem Element, und
selbst Umweltbelastungen wie Streusalz
machen ihm keineswegs den Garaus.
Damit ist der Breitwegerich ein erstklassiger
Vertreter für sogenannte „Trittpflanzengesellschaften“,
also genau solche
Pflanzengruppierungen, die sich dort
ansiedeln und halten, wo Menschen oft
und viel entlanggehen. „Wo der hintritt,
wächst kein Gras mehr“, sagt man, aber
Breitwegerich wächst und gedeiht dort
allemal.
Die heilenden und antiinflammatorischen
Kräfte
des Breitwegerichs
Wer nun glaubt, eine Pflanze, die man
derart mit Füßen tritt, könne man getrost
links liegen lassen, der irrt sich gleich
in mehrfacher Hinsicht – angefangen
bei der historischen Perspektive. Denn
schon seit Langem gilt Breitwegerich
als eine Pflanze mit heilsamen Wirkungen.
Schon der deutsche Name verweist
auf eine gewisse Ehrerbietung, bedeutet
doch die Beisilbe „-rich“ so viel wie „König“
– das macht aus dem Wegerich also
einen „König der Wege“. Sein lateinischer
Name Plantago major geht angeblich zurück
auf lateinisch planta (Fußsohle). Das
wird gerne so gedeutet, dass die Blattform
ähnlich der Form einer Fußsohle sei –
worüber man allerdings durchaus diskutieren
kann.
Gleichwohl gilt Breitwegerich als probates
Mittel für fußmüde Wanderer. Denn
wenn die Füße schmerzen und sich Blasen
ankündigen, kann man die breiten Blätter
des Breitwegerichs mit einem Stein etwas
platt quetschen und dann unter die Füße
in den Schuh legen. Der Saft des Breitwegerichs
wirkt kühlend und wundheilend
und erleichtert damit das Weitergehen.
Und das ist bei Weitem nicht die einzige
Anwendungsmöglichkeit für Breitwegerich-Blätter
oder -Extrakt.
32 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Sichere, verträgliche
Oberflächendesinfektion
Breitwegerich enthält eine ganze Reihe
von Inhaltsstoffen, die für naturheilkundliche
Anwendungen interessant sind:
▶ Ganz typisch für einen Vertreter der
Trittpflanzengesellschaft enthält Breitwegerich
einen hohen Gehalt an Kieselsäure,
die der Pflanze unter anderem
ihre Belastbarkeit verleiht. Kieselsäure
trägt dazu bei, Schleimhäute zu stärken
und wird auch gegen Entzündungen an
Schleimhaut und der Haut allgemein
eingesetzt.
▶ Zink und Gerbstoffe sorgen für raschen
Wundschluss bei Geschwüren
und Hautverletzungen.
▶ Für das im Breitwegerich enthaltene
Iridoidglykosid Aucubin wird beschrieben,
dass es eine schützende Wirkung
für die Leber entfaltet, besonders
wenn dieses Organ durch Medikamente
(z. B. Chemotherapie) stark belastet
wird. In Studien hat sich gezeigt, dass
Aucubin schützend auf Nervenzellen
wirkt, einen positiven Einfluss bei Osteoporose
und Alterungsvorgängen
hat, die Wundheilung und Hautregeneration
unterstützt und antispasmodisch
wirkt (Bsp.: Breitwegerich-Tee
gegen Krampfhusten).
▶ Durch die menschliche Darmflora wird
Aucubin übrigens zu Aucubigenin
transformiert, das antibiotisch wirkt.
▶ Auch bei dermatologischen Erkrankungen
verlassen sich viele Ärzte und
Patienten inzwischen auf Breitwegerich,
namentlich bei Psoriasis und Neurodermitis.
▶ Die beruhigende Wirkung von Breitwegerich
auf die Darmschleimhaut
kann bei Reizdarm hilfreich sein.
Verallgemeinernd könnte man sagen,
dass der Wegerich auf die „Wege“ im Inneren
des menschlichen Körpers positiv
Einfluss nimmt. Im Einzelnen wären
das der Verdauungsapparat, angefangen
in der Mundhöhle (Einsatz bei Aphthen
und Zahnschmerzen), dann der Atem-
Trittpflanzengesellschaft
Der Breitwegerich (Plantago major) ist
ein typischer Vertreter dieser Art Ansammlung
von Pflanzen, die gemeinsam
haben, dass sie ungemein hart
im Nehmen sind. Drauf rumtreten?
Kein Problem! Verdichteter Boden mit
wenig Sauerstoff? Genau der richtige
Standort!
Diese Pflanzen zählt man noch dazu:
▶ Einjähriges Rispengras (Poa annua)
▶ Gleichblättriges Knotengras (ein Vogelknöterichgewächs)
(Polygonum
arenastrum)
▶ Schutt-Kresse (Lepidium ruderale)
Gänsefingerkraut (Potentilla anserina)
▶ Deutsches Weidelgras (Lolium
perenne)
▶ Weißklee (Trifolium repens)
▶ Strahlenlose Kamille (Matricaria
discoidea)
▶ Niederliegender Krähenfuß
(Coronopus squamatus)
▶ Silbermoos (Bryum argenteum)
▶ Niederliegendes Mastkraut (Sagina
procumbens)
▶ Purpurstieliges Hornzahnmoos
(Ceratodon purpureus)
▶ Kahles Bruchkraut (Herniaria glabra)
▶ Kleines Liebesgras (Eragrostis minor)
▶ Hundszahngras (Cynodon dactylon)
▶ Löwenzahn (Taraxacum officinale)
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Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 33
Pflanzenportrait
trakt, das Gehör samt Gehörgang, sogar
das Urogenitalsystem sowie die Blutbahnen,
insoweit als der Breitwegerich seit
altersher als blutstillendes Mittel bekannt
ist. Richtig eingesetzt, fördert er die Heilung
bei Ohrenentzündung, Magen- und
Darmulcerationen, Blasenleiden und
Hautleiden. Seine antiviralen, immunmodulatorischen
und zytotoxischen
Wirkungen empfehlen den Breitwegerich
auch als unterstützende Heilpflanze bei
chronischen Infektionen.
Breitwegerich bei Mukositis
Studie von Cabrera-Jaime, Martínez und
Ferro-García
Chemo- und Radiotherapien haben häufig
zur Folge, dass die Mundschleimhaut
angegriffen wird. Eine Studie befasst sich
mit dem Vergleich der Wirksamkeit des
Breitwegerichs (Plantago major) im Vergleich
zu Mundspülungen mit entweder
Chlorhexidin (0,12 %) oder Sodium
bicarbonat (5 %) bei Mukositis, die oft
schmerzhaft und hartnäckig ist. Die Studie
ergab, dass die Patienten scheinbar
schneller auf die Sodium bicarbonat-Spülung
reagierten, allerdings sind die Unterschiede
zu den anderen Spülungen
so wenig signifikant, dass alle drei gute
Möglichkeiten zur Unterstützung der
Heilung bieten. So kann ein Pflanzenextrakt
aus Breitwegerich genauso bei der
Behandlung genutzt werden und bietet
dementsprechend eine gute pflanzliche
Alternative.
In dieser kontrollierten Multizentrenstudie
(randomisiert) wurden 50 Tumor-
Literatur
patienten mit Mukositis Grad II und III
untersucht. Die Teilnehmer wurden in
Zufallsgruppen geteilt und mit den Extrakten
des Breitwegerichs, Chlorhexidin
oder Sodium bicarbonat behandelt.
Unter Berücksichtigung des Schweregrades
der Entzündung, der Schmerzhaftigkeit
und der Fähigkeit, den Mund voll zu
nehmen, wurde die orale Aufnahmemenge
festgestellt, die anzeigte, wie empfindlich
die Mundhöhle auf Nahrung reagierte.
Zudem wurden allgemeine Umstände
wie Alter, Lebensumfeld, Geschlecht,
Blutwerte etc. und die Dosis der Chemotherapeutika
in die Analyse einbezogen.
Bei 68 % der Patienten heilte die Schleimhaut
komplett ab. Bei Patienten, die in der
Gruppe Sodium Bicarbonat waren, heilte
die Schleimhaut durchschnittlich nach 5
Tagen, bei den Patienten in den anderen
beiden Gruppen nach durchschnittlich 7
Tagen. Dieser Unterschied gilt nicht als
statistisch signifikant.
Dementsprechend bieten alle drei Spülungen
eine gute Hilfe bei der Heilung.
Wer also pflanzliche Alternativen bevorzugt,
kann den Breitwegerich nutzen.
Autor: GZM Redaktion
Studie:
Cabrera-Jaime, S.; Martínez, C.; Ferro-García,
T. et al. (2018). Efficacy of
Plantago major, chlorhexidine 0.12 %
and sodium bicarbonate 5 % solution in
the treatment of oral mucositis in cancer
patients with solid tumour: A feasibility
randomised triple-blind phase III clinical
trial. Eur. J. Oncol. Nurs.; 32:40–47. doi:
10.1016/j.ejon. 2017.11.06.
Breitwegerich und
Rauchen
Noch nicht einmal Zigaretten schrecken
den Breitwegerich ab, wächst er
doch in der Stadt oft gerade an solchen
Stellen, wo Menschen ihre Zigarettenstummel
achtlos hinwerfen.
Das ist insofern nicht ohne Ironie, als
Breitwegerich-Tee als probates Mittel
bei der Raucherentwöhnung gilt.
Es heißt, dass er den Menschen den
Geschmack auf Zigaretten verleidet –
für alle, die mit dem Rauchen aufhören
wollen, eine vielleicht sehr wertvolle
Unterstützung; auf jeden Fall einen Versuch
wert.
Und sollte das Abgewöhnen nicht
klappen, so las man in einem launigen
Artikel zum Thema auch schon den süffisanten
Hinweis, dann könne man den
Breitwegerich-Tee zumindest noch gegen
den Raucherhusten einsetzen.
Sage niemand, bescheidene Trittpflanzen
und erhabene Lebensklugheit hätten
nichts miteinander zu tun!
Einsatzgebiete für
Breitwegerich
▶ Asthma
▶ Blasen an den Füßen
▶ Bronchitis
▶ entzündete Brustwarzen
▶ Geschwüre
▶ Harnwegsentzündungen
▶ Hautentzündungen
▶ Husten
▶ Insektenstiche
▶ Lungenentzündungen
▶ Lungenschwäche
▶ Magenschleimhautentzündungen
▶ Neurodermitis
▶ Reizdarm
▶ Verbrennungen
▶ Wunden
Quelle:
https://www.kostbarenatur.net/anwendung-und-inhaltsstoffe/breitwegerich/
Ellenberg H. (1986). Vegetation Mitteleurops mit den Alpen. Stuttgart: Eugen Ulmer.
Kreuter, M-L. (1997). Kräuter und Gewürz. München: BLV Verlag.
Wurzer, W. (Hrsg.) (1994) Die große Enzyklopädie der Heilpflanzen. : Ihre Anwendung und ihre natürliche Heilkraft. Plantago Major, Seite 451. Klagenfurt: Kaiser Verlag.
E-Ramal, M.; Salem Serag, M.; El-Naga, A. (2013). Ecology of Plantago major L. at Damieta. Egypt: LAP Lambert Academic Publishing.
Klenner, A. (2015) Plantago major; Natural living magazin, Create Space Independent Publishing Plattform.
Ploberger, F. (2017). Westliche und trditionell chinesische Heilkräuter, Ö-Schiedelberg: Bacopa Verlag.
Wittig, R. (2008). Siedlungsvegetation; Stuttgart: Eugen Ulmer.
34 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
Mundakupunktur interdisziplinär
GZM-Sonderseminar für Zahnärzte und Ärzte
13. bis 14. November 2020
Freitag von 13:00 bis 21:00 Uhr und Samstag von 9:00 bis 17:00 Uhr
Seminarinhalt:
Notwendige Grundlagen zum Verständnis und Einsatz der Mundakupunktur mit ihren regulativen Zusammenhängen
werden gelehrt und eröffnen auch neue Perspektiven für die ganzheitliche Zahnmedizin.
Die antiinflammatorische, immunmodulierende, spasmolytische, muskelrelaxierende, lymphaktivierende
Wirkung der Mundakupunktur eignet sich hervorragend bei Funktionsstörungen, CMD, in der Kieferorthopädie,
als Begleittherapie in der Parodontologie, prä- und postoperativ und bei anderen zahnärztlichen
Indikationen.
Die Sofortwirkungen sind beeindruckend, auch wissenschaftlich evaluiert und können dem Praxisalltag
eine neue Richtung geben. Diagnose- und Therapiekonzepte werden aufgezeigt.
Referentin:
Prof. DDr. Irmagard Simma
Tagungsort:
Hotel Viktoria Nürnberg | Königstr. 80 | 90402 Nürnberg
Information und Anmeldung:
Internationale Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin e. V.
Kloppenheimer Straße 10 | 68239 Mannheim | www.gzm.org
Tel.: +49 621 4824300 | Fax: +49 621 473949 | E-Mail: info@gzm-org.de
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
35
Fortbildung
GZM-Veranstaltungen
Weitere Veranstaltungen
und detaillierte Informationen
verschiedener Anbieter finden Sie
auf unserer Internetseite unter:
www.gzm.org/35-0-seminare.htm.
Weitere Termine im Internet unter www.gzm.org
KONGRESSE
SEMINARE
CURRICULA
139. ZAEN-Kongress
Termin: 17. bis 20 September 2020 (s. Seite 2)
Ort: Freudenstadt
Anmeldung: ZAEN Freudenstadt
Am Promenadenplatz 1
72250 Freudenstadt
Tel.: +49 7441 918580
Fax: +49 7441 9185822
E-Mail: info@zaen.org
www.zaen.org
53. Medizinische Woche Baden-Baden
„Krank trotz Wohlstand“
Ort: Baden-Baden
Termin: 28. Oktober bis 1. November 2020
29. Oktober 2020
Klinische Session HPU Diagnose
von 16:30 bis 18:00 Uhr
31. Oktober 2020
GZM-Zahnärztetag
von 09:00 bis 18:00 Uhr
31. Oktober 2020
GZM Mitgliederversammlung
ab 18:00 Uhr
Anmeldung: EMENDO Event & Congress
Tel.: +49 711 4605376-1
E-Mail: info@med-woche.de
www.medwoche.de/ticketbuchung.htm
Homöopathie für Zahnärzte
Einsteigerseminar (s. Seite 38)
Termin: 25. bis 26. September 2020
Ort: Karlsruhe, Hotel Blauer Reiter
Referent: Peter Emmrich M.A., Arzt,
Biologe und Autor
Anmeldung: GZM Geschäftsstelle
Kloppenheimer Str. 10
68239 Mannheim
Tel.: +49 621 4824300
Fax: +49 621 473949
E-Mail: info@gzm-org.de
www.gzm.org
Mundakupunktur interdisziplinär
Seminar für Zahnärzte und Ärzte (s. Seite 35)
Termin: 13. bis 14. Oktober 2020
Ort: Nürnberg, Hotel Viktoria
Referentin: Prof. DDr. Irmgard Simma
Anmeldung: GZM Geschäftsstelle
Kloppenheimer Str. 10
68239 Mannheim
Tel.: +49 621 4824300
Fax: +49 621 473949
E-Mail: info@gzm-org.de
www.gzm.org
Neue Wege in der Systemischen
Kieferorthopädie
Block 3
Nachholtermin: 25. und 26. August 2020
Block 4
Nachholtermin: 16. und 17. Oktober 2020
Anmeldung: GZM Geschäftsstelle
Kloppenheimer Str. 10
68239 Mannheim
Tel.: +49 621 4824300
Fax: +49 621 473949
E-Mail: info@gzm-org.de
www.gzm.org
SEMINARE SGZM
Neuraltherapie II
Termin: 28. und 29. August 2020
Ort: Olten oder Basel
Referentin: Dr. med. Bettina Kneip
Irisdiagnostik
Die Augen – Tor zur Seele
Termin: 19. September 2020
9:15 bis 17:00 Uhr
Ort : Zürich
Zunftmuseum Obere Zäune 19
8001 Zürich
Referentin: Dr. med. dent. Martina Obermeyer
Die Corona-Lücken
im Veranstaltungskalender
werden im nächsten Jahr
wieder aufgefüllt.
Zahnärztliche Hypnose
Termin: 14. Oktober 2020
Ort: Zürich, Zunftmuseum
Obere Zäune 19, 8001 Zürich
Referent: Dr. med. dent Patrick Meyenberger
Kinesiologie Grundkurs
Termin: 27. und 28. November 2020
Ort: Zürich
Praxis Dr. Urs Weilenmann
Schifflände 24, 8001 Zürich
Referenten: Dr. med. dent. Urs Weilenmann,
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Anmeldung: Sekretariat SGZM
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Fax: +41 31 9525705
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Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 37
GZM-Sonderseminar
Homöopathie für Zahnärzte
25. bis 26. September 2020
Freitag von 13:00 bis 21:00 Uhr und Samstag von 9:00 bis 17:00 Uhr
Seminarinhalt:
Erlernen Sie die Grundlagen der Homöopathie und wie akute Erkrankungen rasch mit den entsprechenden
Homöopathischen Arzneimitteln erfolgreich behandelt werden können.
Es wird Ihnen in leichter Art und Weise das Wissen so vermittelt, dass Sie es gleich in Ihrer Praxis in die Tat
umsetzten können.
Nicht nur Entzündungen, sondern auch Ängste können mit der Homöopathie gut behandelt werden. Mittel
wie Aconitum, Belladonna, Gelsemium, Hypericum und viele mehr werden besprochen.
Aber an diesen beiden Tagen können auch Fälle in schriftlicher Form mitgebracht werden.
Referent:
Peter Emmrich, M.A.
Tagungsort:
Hotel Blauer Reiter | Amalienbadstr. 16 | 76227 Karlsruhe
Information und Anmeldung:
Internationale Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin e. V.
Kloppenheimer Straße 10 | 68239 Mannheim | www.gzm.org
Tel.: +49 621 4824300 | Fax: +49 621 473949 | E-Mail: info@gzm-org.de
38 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
CURRICULA
zu gefragten Tätigkeitsschwerpunkten
2020
Save the Date!
KIEFERORTHOPÄDIE
INHALTE u. a.:
Kieferorthopädische Befunderhebung
Herausnehmbare Behandlungsgeräte
Aufstellung des KFO-Behandlungsplanes
Gezielte Retention
25./26. SEPTEMBER 2020
IMPLANTOLOGIE
INHALTE u. a.:
Grundlagen und fortgeschrittene Techniken
Hartgewebsaugmentation und Weichgewebsmanagement
Implantologisch-prothetische Propädeutik
Live-OP der Teilnehmer
25./26. SEPTEMBER 2020
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020
www.haranni-academie.de/curriculare-fortbildung
39
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Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät). Nicht zur Verwendung
als einzige Nahrungsquelle geeignet. Nur unter ärztlicher Aufsicht verwenden.
40 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020