SOM_02_2022
Störfeld, Neuraltherapie , Tinnitus, Schwindel, CMD
Störfeld, Neuraltherapie , Tinnitus, Schwindel, CMD
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10. Jahrgang · Ausgabe 2/2022 · 11,50 €
Neuraltherapie
Dem Störfeld auf der Spur
Shutterstock
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 1
Fortbildung
Grundlagenseminare
aus der ganzheitlichen Zahnmedizin
für Ärzte und Zahnärzte
143. ZAEN-Kongress - 21. bis 25. September 2022
Mittwoch 21. September 2022
09:30 – 13:00 Uhr Die Betrachtung der Zähne aus ärztlicher Sicht
Bodo Wettingfeld (SEM 007)
14:30 – 18:00 Uhr Einführung in die Mundakupunktur
Dr. Bodo Wettingfeld (SEM 010)
Donnerstag 22. September 2022
09:30 -18.00 Uhr Französische Ohrakupunktur: schnell erlernt – wirkungsvoll – kostengünstig
Hardy Gaus (SEM 011)
Freitag 23. September 2022
09:30 – 13:00 Uhr CMD für Ärzt:Innen und Zahnärzt:Innen
Katja Schwenzer-Zimmerer / Stephan Zimmerer (SEM 017)
14:30 – 18:00 Uhr Interdisziplinäres Netzwerken
Dr. Christel Maria Foch (SEM 022)
Samstag 24. September 2022
09:00 -13.00 Uhr Schnarchen, so müde machend! - Möglichkeiten der oralen Schlafmedizin – Teil 1
Dr. Hubertus von Treuenfels (SEM 029)
14:30 – 18:00 Uhr Schnarchen, so müde machend! - Möglichkeiten der oralen Schlafmedizin – Teil 2
Dr. Hubertus von Treuenfels (SEM 034)
Sonntag 26. September 2021
09:00 -13.00 Uhr Neuraltherapie in der Zahnheilkunde
Andrea Koglin (SEM 039)
Information:
ZAEN Freudenstadt
Am Promenadenplatz 1
72250 Freudenstadt
Tel.: +49 7441 918580, Fax: +49 7441 9185822
E-Mail: info@zaen.org
http://www.zaen.org
Beim Besuch
von 7 der 8 Seminare
erhalten Sie das
Basiszertifikat
Ganzheitliche
ZahnMedizin
der GZM
Basiszertifikat
Ganzheitliche ZahnMedizin
verliehen von der
Internationalen Gesellschaft für
Ganzheitliche ZahnMedizin e.V.
an
Dr. Max Mustermann
März 2022
2 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
ZA Christine Albinger-Voigt, Vorstand GZM
4 Editorial
Wissenschaft
6 Wir beißen uns durch / CMD-Behandlung – Ein multimodaler regulationsmedizinischer Ansatz
mit Hilfe der Neuraltherapie
Katja Schwenzer-Zimmerer, Stephan Zimmerer
18 Schwindel beim Zahnarztbesuch
Thomas Kaiser
22 Die ganzheitliche Tinnitus-Therapie
Daniela Pfaue
Praxis
32 Neuraltherapie einer Zahnärztin im Sinne einer ganzheitlich-integrativen Zahnmedizin
Andrea Koglin
Gesellschaft
36 Neuraltherapiekurs für Zahnmediziner und Zahnmedizinerinnen
GZM Aktiv
42 Peter Helms zum 80. Geburtstag
44 CDM Symposium online
Rhena Butros
Fortbildung
2 ZAEN Kongress Grundlagenseminare aus der ganzheitlichen Zahnmedizin für Ärzt*innen und
Zahnärzt*innen
40 Arzneipflanzenexkursion in Saas-Almagell/Schweiz mir Prof. Dr. Michael Keusgen
51 GZM Veranstaltungen
Claudia Reimer
4 Impressum 21 GZM-Mitgliedsantrag
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 3
Über den Berg
Diesmal habe ich das Vergnügen,
die Leserinnen und Leser der
SOM aus den Dolomiten begrüßen
zu dürfen. Dieses wird mir
zuteil, weil ich eine Heilkräuterexkursion
begleiten darf, die unserer befreundeter
Verband, der Zentralverband der
Ärzte für Naturheilverfahren unter der
Leitung von Prof. Dr. Michael Keusgen
organisiert.
Ein ganz besondere Freude ist es deswegen,
weil sich nicht nur Ärzte und
Ärztinnen unter den 20 Teilnehmenden
befinden, sondern auch ein Zahnarzt,
der in der GZM, und besonders in der
SGZM – unserer Schweizer Schwestergesellschaft
– wohl bekannt ist.
Ziel der Exkursion ist, Heilkräuter zu entdecken
und die Beziehung zum medizinischen
Nutzen herzustellen. Obereggen
ist als Ausgangsort bestens geeignet für
diverse – zum Teil leicht anspruchsvolle
Touren, die uns auf das Weißhorn, das
Schwarzhorn und an den Karersee führen.
Auen, Feldränder, Wald und Wiesen
bieten eine reiche Pflanzenwelt die
begeisterten Teilnehmenden entdecken
die Vielfalt und Pracht der zahlreichen
Bergkräuter. Dabei geraten sie in einen
regen Austausch über Inhaltsstoffe und
Wirkweisen. Es ist ausreichend Zeit, um
zu entdecken, zu fotografieren und zu
diskutieren. Die humanmedizinischen
Vertreter und Vertreterinnen zeigen sich
dabei auch sehr interessiert an den Einsatzgebieten
in der Zahnmedizin. Und
unser Vertreter der Zahnzunft kann
Auskunft geben. Schnittstellen werden
entdeckt und während der Bestimmung
der Pflanzen besprochen. So gelingt interdisziplinärer
Austausch mit Leichtigkeit.
Hocherfreut kann ich verfolgen,
wie die Phytotherapie eine Klammer bildet,
Wissbegierde weckt und ein Antrieb
für einen fachlichen Austausch zwischen
den Disziplinen darstellt.
Fachorgan der Internationalen Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin e. V.
IMPRESSUM
Herausgeber & Verlag:
Internationale Gesellschaft
für Ganzheitliche ZahnMedizin e. V.
Kloppenheimer Straße 10
68239 Mannheim
Tel.: +49 621 4824300
Fax: +49 621 473949
Internet: www.gzm.org
E-Mail: gzm@gzm.org
ISSN 2194-945X
Erscheinungsweise:
Format/Umfang:
Auflage:
4-mal jährlich
SOM: DIN A4 / 52 Seiten
MuM: DIN A4 / 12 Seiten
SOM: 2.000 Stück
MuM: 2.500 Stück
Preise:
GZM-/SGZM-Mitglieder: im Mitgliedsbeitrag
enthalten
Nicht-Mitglieder:
Studenten:
Einzelverkaufspreis:
Chefredaktion:
€ 45,00/Jahr
€ 27,00/Jahr
€ 11,50/Exemplar
Constance Nolting
Anschrift der Redaktion:
Kloppenheimer Straße 10
68239 Mannheim
E-Mail: gzm.redaktion@gzm-org.de
Redakteur
Mensch & Mund:
Ludwig Fiebig
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und bestätigen mit der Einsendung, dass sie
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4 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Eine weitere Möglichkeit, über den eigenen
Wissensfundus hinaus Neues zu entdecken,
bieten wir mit den Artikeln in
der SOM. Wir sind immer bemüht, Ihnen
neue und interessante Themen aus
dem Bereich der Naturheilkunde und
Ganzheitlichkeit zu präsentieren. Man
möchte nun meinen, dass wir die zweite
Ausgabe der SOM – aus aktuellem Anlass
- der Phytotherapie widmen. Dieses
ist nicht der Fall. In der Ausgabe 2, die
Sie nun in den Händen halten, geht es
um die Möglichkeiten der Neuraltherapie.
Die Phytotherapie in der Zahnheilkunde
werden wir in einer der nächsten
Ausgaben in den Fokus nehmen.
Wie die meisten von Ihnen wissen, ist
die Neuraltherapie eine Regulations- und
Umstimmungstherapie. Fehlsteuerungen
in der Grundregulation führen zu
Fehlinformationen und Fehlfunktionen
im Körper. Diese kann umfängliche Beschwerden
zur Folge haben. Solche Fehlsteuerungen
können beispielsweise durch
Störfelder, wie z.B. Narben ausgelöst
werden. Neuraltherapeutisch tätige Mediziner:innen
gleichen Dedektiv:innen,
die den Störfeldern auf der Spur sind. Sie
suchen diese mit akribischer Genauigkeit
und nutzen die Therapie, um Fehlfunktionen
im Organismus zu beseitigen.
Lesen Sie auf Seite 32 den Bericht von
Andrea Koglin, die seit über 20 Jahren
Mitglied der GZM und zusätzlich eine
sehr aktive Neuraltherapeutin in der
IGNH – der Internationalen Gesellschaft
für Neuraltherapie nach Huneke - ist.
Sie berichtet über die Neuraltherapie
im Portfolio der ganzheitlichen Zahnmedizin.
Katja Schwenzer-Zimmerer ist
Zahnärztin, ihr Ehemann Neurochirurg.
Die häufigste dysfunktionale Störung
im MKG-Bereich ist nach wie vor die
CMD. Sie stellen uns den Nutzen der
Neu raltherapie in diesem Tätigkeitsfeld
vor und berichten über ihren multimodalen
regulationsmedizinischen Ansatz.
Schwindel beim Zahnarztbesuch oder
gar danach? Ein Phänomen, dass Ihre Patient:innen
betreffen könnte. Tom Kaiser
berichtet über den die Existenz des zervikogenen
Schwindels auf Seite 18 und
darüber, was man dagegen tun kann.
Tinnitus ist ein Symptom pathologisch
veränderter Hörwahrnehmung. Viele
Millionen Menschen hören ein Rauschen,
Pfeifen oder Klingeln im Ohr. Was
tun bei Patient:innen mit Tinnitus? Kann
die Neuraltherapie hier helfen? Und was
hat CMD damit zu tun? Daniela Pfaue
beleuchtet das Thema ab Seite 22.
Sie lesen es schon: Eine ganze Menge
Neuraltherapie in diesem Heft. Und
sollten Sie hier noch kein Spezialist oder
keine Spezialistin sein, dann haben wir
etwas für Sie: Die Internationale Gesellschaft
für Neuraltherapie nach Huneke
hat für die Zahnmedizin ein Curriculum
geschaffen, dass Sie befähigt, die
detektivische Arbeit aufzunehmen und
die Neuraltherapie in den Praxisalltag
einzubinden. Genaues erfahren Sie auf
Seite 36.
Peter Helms, unser Ehrenmitglied und
ehemaliger Vorsitzender wird 80 Jahre
alt. Peter Bornhofen gratuliert, stellvertretend
für die GZM auf Seite 42-43 In
unseren Fortbildungsankündigungen
finden Sie viel mehr Präsenzfortbildungen,
als in den letzten 18 Monaten.
Das ist für uns ein gutes Zeichen und
wir sind zuversichtlich, dass wir uns
alle in Freudenstadt und Baden-Baden
wiedersehen. Und falls uns doch etwas
dazwischen kommt: Wir halten auch
an den mittlerweile sehr beliebten und
bewährten Online-Veranstaltungen fest.
Aktuelle Termine übersenden wir Ihnen
per Post oder per email oder schauen Sie
gelegentlich auf unsere Homepage.
Auf den Seiten 38-39 sehen Sie Bilder
aus den Dolomiten. Wenn diese kleine
Fotostrecke Lust auf mehr macht, kommen
Sie einfach das nächste Mal mit. Im
August geht es schon weiter. Vielleicht
sind Sie dann auch dabei?
Herzlichst Ihre
Constance Nolting
Die MuM befasst sich mit Störfeldern
und Herden. Ein Überblick für Ihre Patient:innen.
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 5
Wissenschaft
Wir beißen uns durch
CMD-Behandlung - Ein multimodaler regulationsmedizinischer Ansatz mit Hilfe der Neuraltherapie
Katja Schwenzer-Zimmerer, Stephan Zimmerer
Epidemiologie
Die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) ist die häufigste
dysfunktionale Störung im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich. Sie
hat ein inhomogenes Erscheinungsbild und tritt mit Leitsymptomen
wie Schmerzen an Zähnen, Kiefer, Kopf, Gesicht, Nacken
und Rücken, Kiefergelenksbeschwerden oder -geräuschen,
Tinnitus etc. in unterschiedlichen Ausprägungen mit mehr oder
weniger subjektivem Krankheitscharakter in unserem Kulturkreis
laut LeResche (1) mit einer Prävalenz von 10% und einer
Inzidenz von 3% der Bevölkerung auf. 80 % der Patienten sind
Frauen, wobei es eine hohe Dunkelziffer an Menschen gibt, die
klinisch - morphologisch alle Anzeichen einer dentalen oder
temporomandibulären Fehlfunktion haben, allerdings (noch)
nicht unter Krankheitsanzeichen leiden bzw. die Anzeichen
nicht mit dem Kiefer-Gesichtsbereich in Zusammenhang bringen.
Nach einer Umfrage des Robert Koch Institutes (RKI) bezüglich
Rückenschmerzen in Deutschland (2) zeigt sich, dass
61,3% der Befragten in den letzten zwölf Monaten von Rückenschmerzen
berichten. Des Weiteren geben 45,7% an, dass sie im
vergangenen Jahr Nackenschmerzen hatten. Frauen sind von
allen Schmerzarten häufiger betroffen als Männer. Unter ganzheitlichen
Gesichtspunkten und aufgrund eigener Erfahrungen
ist zu vermuten, dass ein großer Teil der Patientinnen und Patienten
mit Rückenschmerzen auch unter einer craniomandibulären
Dysfunktion leidet. Ähnliches trifft für Patienten und Patientinnen
mit Tinnitus oder „atypischem“ Gesichtsschmerz zu.
Grundsätzlich erfordert die gründliche Abklärung einer CMD
auch die Untersuchung des Halteapparates und eigentlich wäre
auch umgekehrt bei Beschwerden am Halteapprat eine Orofaziale
Untersuchung angezeigt.
Paradigmenwandel
Die ganzheitliche Diagnostik und erfolgreiche und nachhaltige
Therapie der Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) gehört
Zusammenfassung
Die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) ist die häufigste
dysfunktionale Störung im MKG-Bereich. Das Erscheinungsbild
ist inhomogenem mit Prävalenz 10%, Inzidenz 3%
der Bevölkerung LeResche (1). 80 % der Patienten sind Frauen.
Nach Untersuchungen des Robert Koch Institutes (RKI)
(2) geben 61,3% der Befragten Rückenschmerzen, 45,7% Nackenschmerzen/12
Monate an. CMD korreliert hier häufig,
ebenso Tinnitus, atypischer Gesichtsschmerz u.a.. Grundsätzlich
sollte bei CMD der Halteapparat untersucht werden
und umgekehrt (hohe Dunkelziffer). Die CMD-Behandlung
erfolgt interdisziplinär, wobei regulationsmedizinisch die
Neuraltherapie nach Huneke multimodal mit Schienentherapie,
Physiotherapie, Selbstbeobachtung, Verhaltenstherapie
zur Stressverarbeitung erfolgreich einsetzbar ist. Durch
die Neuraltherapie können somatische – muskulofasziale
und arthrogene Strukturen an Kopf und Körper, neuronalen
Strukturen direkt und übergeordnet sowie die Hormonachsen
mit einer Methode nebenwirkungsarm und effektiv behandelt
werden.
Schlüsselwörter: CMD, Gesichtsschmerz, Kiefergelenk, Neuraltherapie
nach Huneke, Störfeld, Herd/Fokus, Regulationsmedizin,
ganzheitliche Behandlung
6 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
schon immer zu den großen Herausforderungen in der Zahnmedizin
und Medizin. Schwer betroffene Patientinnen und Patienten,
die meist auch unter anderen funktionellen Beschwerden
wie beispielsweise Rückenschmerzen, Organ-Erkrankungen,
vegetativen Fehlregulationen, diversen Kopfschmerzen oder
Fibromyalgiesyndrom leiden, haben oft eine lange Krankengeschichte
hinter sich und werden von unterschiedlichen Fachdisziplinen
zumeist nur isoliert in Segmenten ihrer Krankheit
behandelt. Häufig kommen psychosomatische oder psychische
Probleme (Depressionen, Schlafstörungen, Aggression, Burnout)
hinzu. Den Zusammenhang zwischen den zum Teil sehr
unterschiedlichen Beschwerden stellen nur Fachkolleginnen
und -kollegen fest, die sich darauf spezialisiert haben und auch
bei umfassender Diagnostik und Herstellung der Beziehungen
zwischen den unterschiedlichen Symptomen ist nicht gesagt,
dass letztlich eine Salutogenese (3) erfolgen kann. In der Vergangenheit
wurde die Behandlung der CMD aus zahnärztlicher
Sicht eher mechanistisch und auf die Okklusion oder Störkontakt
bezogen gesehen. Inzwischen geht man jedoch von einer
eher über psychosoziale Faktoren getriggerte Entstehung bei
der Analyse des biopsychosozialen Modells der CMD aus. Hier
hat in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel hin zu einem
personalisierten Ansatz stattgefunden (4).
Optimalerweise erfolgt die Behandlung einer symptomatischen
CMD interdisziplinär. Hierbei kann regulationsmedizinisch
bei entsprechendem Leidensdruck die Neuraltherapie nach
Huneke neben und in Kombination mit etablierten Therapien
wie Schienentherapie, Physiotherapie, Selbstbeobachtung,
Verhaltenstherapie und Coping Strategien und Ähnlichem zur
besseren Stressverarbeitung eine herausragende Rolle spielen.
Die schwere symptomatische CMD betrifft alle Ebenen des
Menschen – Soma, Psyche und Geist. Sie ist immer multifaktoriell
und hat häufig Teil-Ursachen in länger zurückliegenden
Traumen oder Zusammenhängen und ist in der Regel Folge einer
psychischen und physischen Dekompensation infolge von
Stress auf dem Boden unterschiedlicher Einflussfaktoren. Aus
regulationsmedizinsicher Sicht können es auch unbedeutende
Anlässe, wie eine Impfung oder ein Infekt sein und eine geringfügige
Erhöhung des psychosozialen Stresses, die im geeigneten
Gesamtkontext zur Dekompensation führen.
Der wesentliche Vorteil der Neuraltherapie im Rahmen der
CMD-Behandlung liegt darin begründet, dass hiermit sowohl die
somatischen – muskulofaszialen und arthrogenen Strukturen am
Kopf und übrigen Körper, als auch die neuronalen Strukturen direkt
und übergeordnet sowie die Hormonachsen mit einer Methode
nebenwirkungsarm und effektiv behandelt werden können.
Bemerkung: Unter dem Eindruck der Covid Epidemie fällt subjektiv
eine höhere Inzidenz der CMD auf. Dies mag an psychosozialen
Faktoren durch ungewollte Abgrenzungen, frei flottierenden
Ängsten und Fremdbestimmung im Zusammenhang
mit einer ungünstigeren Arbeitsergonomie z.B. im Homeoffice,
weniger Ausgleichssport und ökonomischen und existenziellen
Sorgen liegen. Auch das Tragen der Schutzmasken (besonders
FFP2) trägt nicht zu einer Besserung bei.
Spezielle Pathogenese
Grundsätzlich ist die CMD in der Regel durch einen erhöhten
Tonus in der Kau- und Nacken-Muskulatur gekennzeichnet.
Als Kardinalsymptome der Craniomandibulären Dysfunktion
gelten Schmerzen im Kiefer-Gesichtsbereich, Kiefergelenksgeräusche,
Funktionseinschränkungen (5). Das Stressmodell nach
Selye (6) und die Untersuchungen von Cannon (7) beschreiben
bereits Mitte des letzten Jahrhunderts eindrücklich die Folgen
von Stress bei Mensch und Tier einerseits auf den Hormonhaushalt
und andererseits auf Verhalten, Muskulatur und Organe
und sind inzwischen Lehrbuchwissen bei Schülern und
Studenten.
Summary
Craniomandibular dysfunction (CMD) is the most common
dysfunctional disorder in the maxillofacial area. The appearance
is inhomogeneous with a prevalence of 10% and an incidence
of 3% in the LeResche population (1). 80% of the patients
are women. According to studies by the Robert Koch
Institute (RKI) (2), 61.3% of those surveyed report back pain
and 45.7% neck pain/12 months. CMD often correlates here,
as does tinnitus, atypical facial pain, etc. In principle, the
holding apparatus should be examined in CMD and vice versa
(high number of unreported cases). The CMD treatment
is interdisciplinary, whereby the neural therapy according to
Huneke can be successfully used multimodally with splint
therapy, physiotherapy, self-observation, behavioral therapy
for stress management. Neural therapy can be used to treat
somatic, musculo-fascial and arthrogenic structures on the
head and body, neuronal structures directly and superordinately,
and the hormone axes with one method with few side
effects and effectively.
Key words: CMD, facial pain, temporomandibular joint TMJ,
neural therapy according to Huneke, interference field, focus,
regulatory medicine, holistic treatment
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 7
Wissenschaft
Er prägte den Begriff Fight-or-flight-Response,
der die Reaktion von Tieren auf Bedrohung
beschreibt, und veröffentlichte zu dem Thema
(1915) Bodily Changes in Pain, Hunger, Fear
and Rage (7).
Abb. 1: Stress Modell nach Selye
Das „General Adaptation Syndrome“ (Selye 1946: 123)
Abb. 2: Fight or Flight-Reaktion
Zu funktionellen Erkrankungen und deren organischen
Folgen infolge von Stress existiert eine
S3 Leitlinie unter Mitarbeit von über 30 Fachgesellschaften.
Die Folgen von chronischem Stress
betreffen sowohl die Organe (Herz, Schilddrüse,
Magen, Darm etc. ) als auch die Psyche, Schlafstörungen,
Depressionen, Panikattacken etc.
Die spezifische physische Reaktionsform des
Menschen auf Stress im Zusammenhang mit der
CMD wird bedingt durch die reflektorische Verkürzung
der Kau- und Nackenmuskulatur und
das Anheben der Schultern mit Vorschub des
Unterkiefers ausgelöst s. Abb. 3 modifiziert nach
Ettin et al. Dies geschieht unbewusst reflektorisch
infolge von akutem und chronischem Stress.
Bei chronischen Belastungen wird häufig in
der Nacht gepresst oder geknirscht mit nachfolgend
Kopfschmerzen und Verspannung am
Morgen. Bei intensiver PC -Arbeit, schlechter
Arbeitsergonomie – z.B. zu hoher Position
der Tastatur oder entsprechend belastenden
Situationen am Tag können auch tagsüber erhebliche
Parafunktionen auftreten. Hier sollte
eine Selbstbeobachtung der Patientin oder des
Patienten nach entsprechender Anleitung mit
Schmerztagebuch erfolgen, um festzustellen,
wann hier Belastungen auftreten. Die reflektorische
Verkürzung der Muskulatur setzt sich
oft im Bereich der autochthonen Rückenmuskulatur
fort. Bei vielen Patientinnen und Patienten
fällt zudem in der Anamnese ein Unfall
mit Schleudertrauma auf.
(In diesem Zusammenhang ist die nicht allgemein
als Krankheitsbild anerkannte Kryptopyrolurie
(KPU) zu nennen, die in 10%
der Bevölkerung oft im Zusammenhang mit
einem HWS-Trauma auftritt und durch vermehrte
Ausscheidung von Zink, Vitaminen
und Spurenelementen zu einem relativen
Mangel mit entsprechenden Erscheinungen
führen kann. Diese sollten beim Nachweis
einer KPU durch entsprechende Nahrungsergänzungsmittel
ausgeglichen werden.)
Ebenso kann eine kieferorthopädische Regulation
mit Einbringen erheblicher Kräfte in
8 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
die Kiefer besonders im wachsenden Organismus zu einer
reflektorischen Steilstellung der Wirbelsäule aufgrund der
reaktiven Anspannung der autochthonen Rückenmuskultur
führen. Derartige Verspannungen können in manchen Fällen
nachhaltig, auch nach Beendigung der kieferorthopädischen
Behandlung, eine Rolle spielen. Letztlich kommen bis
zum Auftreten des Krankheitsgefühls bei der Craniomandibulären
Dysfunktion in der Regel mehrere Faktoren zusammen.
Je nach Beruf kann auch eine chronische Fehlbelastung
aufgrund der Arbeitshaltung eine Rolle spielen ( s. Abb. 4
bei Berufsgruppen Friseur*innen, Zahnärzt*innen, Bauarbeiter*innen,
Büro etc. oder habitueller Fehlhaltung). Nicht
zuletzt weisen Patientinnen und Patienten mit florider CMD
Salutogenesemodell nach Antonovsky (3). In Abhängigkeit
von der individuellen Resilienz können die gleichen Faktoren
bei verschiedenen Patientinnen und Patienten unterschiedliche
Folgen zeigen. Da man davon ausgeht, dass es vollständig
gesund beziehungsweise vollständig krank (außer tot) nicht
gibt, gibt es auf dem Kontinuum zwischen Gesundheit und
Krankheit jeweils eine Tendenz eher zur subjektiven Gesundheit
oder eher zur Krankheit hin. Dies hängt auch maßgeblich
von Umgebungsfaktoren sowie psychischen, psychosozialen
und individuellen persönlichen Faktoren ab. Das Salutogenesemodell
eignet sich nach meiner Auffassung am besten, um
die individuelle Krankheitsentstehung der CMD zu beschreiben.
Allein die Erklärung der Pathogenese und der Tatsache,
Abb. 4: Zusammenhang Haltung, Nacken und Kaumuskulatur bei Fehlhaltung
HWS Wirbelsäule und Fortleitung in den Muskelketten
Abb. 5: Salutogenese - Fassmodell aus Weinschenk
S Handbuch der Neural therapie
oft Zahn- oder Kieferfehlstellungen – Kreuzbisse, Traumen
in der Anamnese oder Asymmetrien auf, die bei der Ausprägung
des Krankheitsbildes eine Rolle spielen können. Es
gilt jedoch die Regel, dass eine Patientin oder ein Patient mit
vollständig eugnathem Gebiss bei Auftreten von erheblichen
anderen Triggern (Stress, Trauma, stattgehabte KFO, Störfelder)
ebenso in einer CMD münden kann, wie ein Patient
mit dysgnathem Gebiss und offensichtlichen dentalen oder
maxillären Fehlstellungen, während eine tiefenentspannte
Patientin oder eine Patient mit erheblicher Dysgnathie völlig
beschwerdefrei sein kann.
dass Gesundheit ein Kontinuum darstellt, das man selbst regulieren
kann, hilft vielen Patientinen und Patienten bereits unter
Anleitung und Unterstützung durch die Schmerzbehandlung
sich auf ein entsprechendes regulationsmedizinisches
Konzept einzulassen.
Die Möglichkeiten der Genese auf der Basis einer gewissen Eigenverantwortung
anzuleiten im Sinne der Regulationsmedizin
/ Neuraltherapie auch die psychische Autoregulation kombiniert
mit Selbstbeobachtung, Coaching und Hypnotherapie zu
fördern hat sich jedenfalls bewährt.
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 9
Wissenschaft
Tabelle 1:
Wichtige Faktoren bei der körperlichen Untersuchung aus regulationsmedizinische Sicht
Bereich Faktoren Trigger
Kopf Narben Störfelder
Zähne Fehlstellungen/Verluste/Herde Vorkontakte, Schmerzen
Zunge/Wangen Pressen Schleimhautirritation
Kiefer Fehlstellungen, irreguläre Knochenstruktur NICO, Störfelder, Fremdkörper, Narben
Nasennebenhöhlen Verschattungen Störfelder, Entzündungen
Kau-Muskulatur Verspannungen, Myogelosen Schmerzpunkte
Kiefergelenke
Knacken, Reiben, Limitation, Subluxation
Fehlfunktion, Kompression, Entzündungsmediatoren, Arthrose,
Kontusion
Ohren Tinnitus, Druck Kiefergelenkskompression
Kehlkopf/Zungenbein Hochstand, Kranialverlagerung Schmerzpunkte
HWS Blockaden, Verspannungen Schmerzpunkte
Schulter Blockaden, Arthrose, Kalkschulter Schmerzpunkte
Arm Fehlbelastung Schmerzpunkte
BWS Blockaden, Verspannungen Schmerzpunkte
LWS Blockaden, Verspannungen Schmerzpunkte
ISG Blockaden, Arthrose Schmerzpunkte
Becken Schiefstand Fehlbelastung/Skoliose
Beinachsen Abweichungen Fehlbelastung Knie
Beinlängen Differenz Fehlbelastung Hüfte, ISG
Füße Fehlstellung, Instabilität Fehlbelastung Knie, Hüfte ISG
Tabelle 2:
Wichtige anamnestische Faktoren bei der Evaluierung von Stressoren/Einflussfaktoren
Bereiche
Stressoren
Familie
Tod, Erbschaft, Streit, Mutter, Missbrauch, Krankheiten
Partnerschaft
Scheidung, Tod, Betrug, Krankheiten
Beruf/Schule
Mobbing, Überlastung, Leistungsdruck, Arbeitslosigkeit, Rente
Soziales Umfeld
Mobbing
Arbeitsplatz – Körperhaltung - Belastung
Ungünstige Haltung wie Friseur, Zahnarzt, Büro etc.
Arbeitszeiten
Schichtdienst
Schlaf
Schlafstörungen, Baby, Elektrosmog
Wohnung
Elektrosmog, bauliche Belastungen/Gifte
Medien
PC-Sucht, Smartphone, TV
Sorgen
Schulden, Krankheit, Ängste
Stattgehabte Unfälle und Narben nach Verletzungen oder Operationen
sowie Bagatellverletzungen müssen unter regulationsmedizinischen
Gesichtspunkten wegen ihrer Rolle als mögliches Trauma
oder Störfeld immer erfragt und sorgfältig notiert werden.
10 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Multimodale Therapie
Abb. 6: Multimodale Therapie: Säulen der CMD-Behandlung mit verschiedenen Modalitäte
Tabelle 3: Therapiekonzept unter Einbeziehung der Neuraltherapie
bei 1. -6.
1. A Ausschalten dentaler Trigger – Entlastung der Kiefergelenke
– hart weiche Schiene im Unterkiefer mit adjustierter
Oberfläche ev. auch 2 mit unterschiedlicher Bisserhöhung
2. B Abklären, Entfernen oder Behandeln von Foci und Störfeldern
– NICOS, beherdeten Zähnen, NNH-Befunden,
Mandeln
3. C Mittelfristig falls notwendig – schrittweise angepasste
dentale Rehabilitation
4. Ggf. Mitbehandlung - Abklärung durch HNO
5. Abklärung und ggf. Behandlung Rücken- Halteapparat –
Orthopäde/Neurochirurg
6. Ggf. systemische Schmerzbehandlung – ggf. Diazepam,
Amitriptilin oder CBD
7. Physiotherapie/Craniosakraltherapie – Osteopathie
orofazial und Halteapparat – Rücken
je nach Befund, Übungen und Selbstbehandlung
8. Je nach Ausmaß der psychischen Befunde: Selbstbeobachtung,
Psychosomatische Begleitbehandlung- Coaching,
Hypnotherapie ggf. medikamentöse Einstellung – Stressverarbeitungsstrategien
– ggf. Arbeitsplatzwechsel oder Umschulung
9. Ausschalten von Stressoren – ggf. längerfristige Krankschreibung
– „Burnout“
10. Ernährungsumstellung, Nahrungsergänzungsmittel nach
Bedarf
11. Physikalische Maßnahmen – z-B. Wärme, Rotlicht, TENS,
Bemer-Therapie – (Magnetfeldtherpie zur Verbesserung
der Mikrozirkulation)
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 11
Wissenschaft
Neuraltherapie nach Huneke
Die Neuraltherapie ist ein regulationsmedizinisches Verfahren,
das mittels Injektion eines kurzwirksamen Lokalanästhetikums
(meist Procain) diagnostische und therapeutisch sowohl bei
chronischen als auch akuten Erkrankungen eingesetzt wird (8).
Die Neuraltherapie wirkt durch die gezielte Beeinflussung von
örtlich begrenzten Störungen (z.B. lokale Schmerzen, Narben,
Kiefergelenksbeschwerden) oder auch Allgemeinstörungen des
Organismus (z.B. Migräne, Schlafstörungen, Angst…) unter
Zuhilfenahme des vegetativen Nervensystems. Dabei werden
periphere und/oder zentrale Strukturen des Vegetativums durch
gezielte Behandlung (Injektionen) mit Lokalanästhetika vorübergehend
blockiert.
Die Neurophysiologischen Zusammenhänge auf der Basis des
vegetativen Nervensystems insgesamt und in Bezug auf die Innervation
im Kiefer-Gesichtsbereich sind die Grundlage der
Neuraltherapie und müssen für das Verständnis der Wirkweise
und Therapieansätze unbedingt beachtet werden vgl Abb. 7
und Abb. 8
Abb. 7: Ursprungsgebiete und Organversorgung von Sympathikus (rot) und
Parasympathikus (blau)
Abb. 8: Schema zur neuromuskulären Steuerung des Kaumechanismus aus
Weinschenk S: Handbuch der Neuraltherapie basierend auf Schuhmacher GH.
Anatomie für Zahnmediziner Heidelberg, Hüthig 1997
Quelle: Schünke M et al: Prometeus LernAtlas der Anatomie, Kopf-Hals- und Neuroanatomie.
Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 4. Aufl. Stuttgart, Thieme; 2015
Diese reversible kurzzeitige Impulsunterbrechung erfolgt mit
dem Ziel einer Normalisierung der vegetativen Membranfunktionen
im Injektionsgebiet und nachfolgender Re-Harmonisierung
der von hier aus gestörten Regelkreisen. – „Regulationsmedizin“.
Die neuraltherapeutisch vorgenommene Injektion ist
durch den Reiz mittels Nadelstich und die Reizausschaltung
durch das Lokalanästhetikum bestimmt (9).
Pharmakologische Besonderheiten
von Procain
Im Gegensatz zu manch anderslautenden Informationen tritt
eine Allergie auf Procain selten auf (10). Im Vergleich zu beispielsweise
Ultracain 4% ist es wenig toxisch. Die Halbwertszeit
ist sehr kurz: Procain zerfällt im Gewebe unmittelbar durch
die ubiquitär im Gewebe vorkommende Pseudocholinesterase
in Paraaminobenzoesäure, die die Kapillar-Membranen abdichtet
und Diäthylaminoethanol, welches lokal die Gefäße
erweitert und somit die Durchblutung erhöht. Procain diffundiert
schlecht im Gewebe, sodass die Injektionen gut platziert
werden müssen – gleichzeitig führt dies dazu, dass man sehr
12 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
spezifisch arbeiten kann und die nicht myelinisierten C-Fasern
des autonomen Nervensystems, die ja das Zielorgan für
die Autoregulation darstellen, bevorzugt werden. Diese Effekte
erklären die entzündungshemmende Wirkung und die positive
Wirkung auf Nervensystem und Hormonhaushalt.
Wie alle Lokalanästhetica ist Procain sympathikolytisch. Eine
Beimengung von Adrenalin ist kontraindiziert, da dies die Wirkung
negativ beeinflussen würde. Daher ist Procain außer bei
einer nachweislichen Allergie das Medikament der Wahl für die
Neuraltherapie.
Konzept/Systematik der Neuraltherapie
1. Therapie über den Locus dolendi –„da wo es weh tut“
2. Therapie über das Segment – segmentale Nervenareale
3. Therapie über zentrale Strukturen des vegetativen Nervensystems
(erweitertes Segment/Ganglien)
4. Neuraltherapie als Infusion als Reset
5. Störfeldtherapie – z.B. Narben, Tonsillen, Weisheitszahnregionen
Nach dieser Einteilung kann man der Topographie des vegetativen
Nervensystems und den Verbindungen zum somatischen
Nervensystem, den Hirnnerven und dem zentralen Nervensystem
Rechnung tragen (9).
1. / 2. Entspricht der Segmenttheapie:
Die lokal-segmentale Therapie an Bereichen, die über die Segmentreflektorik
verschaltet sind, nutzt vegetative, somatische
Afferenzen und Efferenzen(9, 10). Dies trifft für die Injektion
an Muskeltriggerpunkte (15) , Quaddeln und Infiltrationen an
Gelenke zu.
3. Die Therapie über zentrale Strukturen nutzt vertikale Verschaltungen
über Körperganglien mit dem Ziel eine Durchblutungsverbesserung,
Reset von Nerven, Löschen des Schmerzgedächtnisses
(13) (früher: erweiterten Segmenttherapie). Sie
stellt technisch höhere Anforderungen an den Behandler (z.B.
Gl pterygopalatinum).
Im Rahmen dieser Behandlung treten folgende Phänomene auf
(s. Abb. 9).
Segmentphänomen:
hier kommt es nach jeder Behandlung kontinuierlich zu einer
Besserung der Beschwerdesymptomatik bis zu völligen Beschwerdefreiheit
(11).
Besserung nach Erstverschlimmerung:
hierbei tritt nach einer anfänglichen Verschlechterung über
Stunden bis wenige Tage ebenfalls eine Besserung der Beschwerdesymptomatik
ein (9,10,11)
Reaktionsphänomen:
Hier tritt eine anfängliche Verschlechterung der Urspungssymptomatik
über 1-3 Tage mit Rückkehr zum Ausgangsniveau der
Beschwerden auf. Dies ist ein klarer Hinweis auf ein Störfeld
(11)
Retrogrades Phänomen:
Nach Segmenttherapie neu auftretende Beschwerden, unter
Umständen an fern abgelegenen Stellen sind ein deutlicher
Hinweis auf ein Störfeldgeschehen (11).
Intravasale Neuraltherapie
Mit unverdünntem Procain als Endoanästhesie nach Zipf oder
als Infusion mit Procain in NaCl: Hierdurch erreicht man therapeutisch
wirksam Strukturen wie Gefäß-, Herz und Schleimhautrezeptoren
und das die positive Einflussnahme auf die
Psyche erklärende limbische System (11, 12)
Störfeldtherapie
Begriffsdefinitionen Herd – Störfeld:
Herdgeschehen sind der Zahnmedizinerin und dem Zahnmediziner
sehr vertraut und es ist tägliches Brot der Zahnärztin
und des Zahnarztes Herde zu sanieren. Niemand bezweifelt
die Tatsache, dass ein beherdeter Zahn durch das Abgeben von
Bakterien in die Blutbahn eine Fernwirkung - zum Beispiele an
Herzklappen oder Endoprothesen - im Sinne einer bakteriellen
Besiedlung hervorrufen kann. Der Begriff Herd und Störfeld
wir manchmal vermischt oder gleichgesetzt. Fakt ist, dass ein
Herd ein Störfeld im neuraltherapeutischen Sinne sein kann,
aber nicht muss. Umgekehrt kann ein Störfeld morphologisch
zum Beispiel im Sinne eines Herdes oder einer Narbe sichtbar
sein – es muss aber nicht makroskopisch sichtbar sein.
Ein Störfeld (neuromodulatorischer Trigger) ist ein chronischer
oligo – oder asymptomatischer Gewebeabschnitt an einer beliebigen
Stelle des Körpers (10) dessen afferenter Schenkel sich
durch neuroplastische Modulation im Reizzustand befindet.
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 13
Wissenschaft
Die Hypothese der Fernwirkung liegt in der Verknüpfung des
gesamten Körpergewebes über das autonome Nervensystem
(12), und die dem Vegetativum zugeordneten C-Fasern.
Ein Herd ist dadurch gekennzeichnet, dass er morphologisch
nachweisbar ist. Sehr häufige Störfelder, die nicht makroskopisch
sichtbar sind, sind die Regiones der Weisheitszähne nach Entfernung.
Manchmal sind im Kieferbereich an der Position einer solchen
„Knochennarbe“ nach z.B. Weisheitszahnentfernung aber
auch fettige Knochennekrosen im Bereich des nicht vollständig
ausgeheilten Knochendefektes nach Weisheitszahnentfernung
nachweisbar „Neuralgia Inducing Cavitational Osteonecrosis“
NICOS im Sinne eines makroskopisch sichtbaren Herdes, die
oft über das Triggern der C-Fasern wie der Name schon sagt,
auch als Störfeldes wirken. Ob ein Störfeld im Bereich einer
Narbe oder Extraktionswunde vorliegt, lässt sich nur durch die
neuraltherapeutische – diagnostische Infiltration mit Procain
herausfinden. Wenn die Symptome nach Infiltration an einen
verdächtigen Bereich für 20 h bzw. bei einer Testinfiltration im
Zahnbereich für 8 h verschwinden, liegt ein Störfeld vor (9).
Therapeutisch ist der Unterschied zwischen Störfeld und
Herd der, dass der Herd auch chirurgisch saniert werden
muss, während man das Störfeld durch die stabilisierende
Behandlung im Sinne aufgrund der Neuroplastizität mit
Procain behandeln kann. Erfahrene Chirurgen, die eine
neuraltherapeutische Ausbildung haben, infiltrieren jede
Wunde/Narbe prophylaktisch mit Procain, um die Entstehung
eine Störfelds zu vermeiden.
Grundlagen der Störfeldphysiologie:
Das ursprünglich von den Gebrüdern Huneke zufällig entdeckte
Störfeldphänomen wurde von Ricker (16) tierexperiementell
belegt (9,10,11). Er konnte die Engrammierbarkeit des vegetativen
Nervensystems als Grundlage der Störfelderkrankung
zeigen. Von Pischinger und Heine (14) wurde das Modell einer
segmentübergreifenden Verschaltung über eine ubiquitäre Synapse
aus zellulären, humoralen und neuronalen Komponenten,
das „Grundsystems“ über das die Impulsweiterleitung über die
sympathischen Fasern des vegetativen Nervensystems im Organismus
stattfindet, aufgestellt. Speransky (17) konnte in der
Neuralpathologie, ebenfalls tierexperimentell demonstrieren,
dass es keinen segmentalen Grenzen bei der Störfeldwirkung
gibt. In Nature beschreibt Kevin Tracey (18) 2002 einen inflammatorischen
Reflex. Durch Stress, Störfelder und auch Emotionen
entstandene lokale Sympathikus-Fehlinformationen können
reflektorisch Entzündung und immunologische Antworten
des Organismus unterhalten und somit chronische Erkrankungen
in entfernten Körperregionen hervorrufen.
Die häufigsten Störfelderkrankungen im Kontext der CMD
sind (auch nach eigener Beobachtung):
Migräne, Tinnitus, Trigeminusneuralgie bzw. atypischer Gesichtsschmerz,
chronische Nebenhöhlenaffektionen, chronische
Augenentzündungen Bronchialasthma, Allergien, Hyper- und
Hypothyreose/Hashimoto Thyreoiditis, Herzrhythmusstörungen,
chronische Prostatitis, Reizblase, Zyklusstörungen, chronische
Darmentzündungen., orthopädisch-rheumatische Erkrankungen,
Durchblutungsstörungen, vegetative Regulationsstörungen
Phänomene im Zusammenhang
mit Störfeldbehandlung
Sekundenphänomen:
Sofortiges reproduzierbares Verschwinden nach Infiltration des
vermuteten Störfeldes. Vgl oben Plischko 2007 (19)
Nachbarschaftphänomen:
eine nur für ein paar Stunden anhaltende Symptomlinderung
bei Vorliegen eines Störfelds in direkter Nachbarschaft des getesteten
Bereiches.
Die Punkte 1-6 aus Tabelle 3 können unmittelbar durch Neuraltherapie
mitbehandelt werden. Durch den regulationsmedizinischen
Ansatz fällt der Behandlungsbedarf mit Operationen
oder invasiven Behandlungen sowie medikamentösen Einstellungen
oft unmittelbar bis mittelfristig weg. 80% aller Störfelder
liegen nach Hans Barop (12 Taschenatlas Neuraltherapie nach
Huneke, S. 22 Haug Verlag 2017) im MKG und Tonsillenbereich.
Im Weiteren müssen alle Narben und zum Beispiel der Bauchnabel
sowie der gynäkologische Bereich – beim Mann der Plexus
vesicourethralis als Störfeld ausgeschlossen werden.
Typische Injektionsorte bei CMD:
Intradermale Quaddeln und subcutane, subgaleale infiltraionen am Schädel:
Dornenkranz nach Hopfer auch Kopfkranz, die Neuerstrecke nach Perschke und
der temporomanibuläre Block. Abb. 10 a, b c: Infiltration von muskulären Triggerpunkten
Kaumuskulatur nach Palapation (Travell 15).
14 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Abb. 11: Injektion an das
Koefergelenk
Abb. 12: Injektion an das
Ganglion oticum
Abb. 13: Injektion an
das Ganglion pterygopalatium
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 15
Wissenschaft
Fallbericht: XY
Pat. S G, 44 Jahre. Verheiratet, 1 Tochter (16 Jahre), früher
Leistungssport Volleyball.
Anlass für den Arztbesuch:
Die Patientin kommt wegen Gesichtsschmerzen linkseitig,
Zahnschmerzen, Tinnitus links mehr als rechts, Panikstörung,
Schlafstörungen, Erschöpfung, chronische Gastritis seit 2006.
Anamnese: In der Familien-Anamnese Tod des Bruders und
Scheidung der Eltern belastend, aktuell fehlender Sport unter
Corona belastend. Die Patientin ist wegen Ängsten, Panikattacken
in psychologischer Behandlung gewesen – Herzrasen
funktionell. Aktuell Stress, Mobbing bei der Arbeit.
Sport wurde seit frühester Jugend zum Ausgleich intensiv betrieben.
Befund:
MKG
OPT, Untersuchung MKG Asymmetrie wegen
fehlendem Zahn 23 und Lückenschluss
– Tendenz zum Kreuzbiss, Kaumuskulatur
verspannt, KG Knacken terminal rechts
Allgemein: Guter EZ, eingeschränkter AZ wegen
Schmerzen, schmerzhafte Trigger Nacken,
Tendenz Fibromyalgie, funktionelle Magenbeschwerden
und Reizdarm, Pat ist erschöpft bei
Durchschlafstörungen
NCH Neurologische Untersuchung bis auf
Schmerzen unauffällig, keine Ausfälle
HWS-LWS Syndrom, Trigger ISG
Labor
Urinprobe KPU
Auf Nachfrage: Auffahrunfälle 1999, 2003, 2008 jeweils mit
Schleudertrauma, Peitschenhiebverletzung HWS
Bildgebung
Sitzungen
OPT, CT Rücken, MRT Rücken
Behandlung einmal – zweimal pro Woche
Zeit /Psycho-Th Massnahmen MKG/Oral/Neurochirurgie/Physio Neuraltherapie
Woche 1
Coaching –psychosomatische
Therapie, Selbstbeobachtung
begleitend incl. Hausaufgaben
Woche 2
Coaching –psychosomatische
Therapie, Selbstbeobachtung
begleitend incl. Hausaufgaben
Ausführliche Anamnese und Untersuchung MKG
OPT (Untersuchungsbogen für Homöopathische
Erstanamnese und Erhebungsbogen CMD der
DGZMK), Urintest KPU
Pat krank schreiben!
Ernährungsumstellung einleiten
Frühstücken! Haferflocken, kein Weizen, Zucker,
Schweinefleisch, Konserven reduzieren
Nahrungsergänzungsmittel MSM Schwefel, Curcuma,
Kryptosan, Titrieren von CBD Tropfen zu
Nacht bei Schlafstörungen
Untersuchung NCH: Röntgen HWS, LWS, MR
HWS: Degenerative Veränderungen – kein op
würdiger Befund
MKG: Abdrücke OK UK,
Bissnahme aufrecht
Erste Behandlung: Infusion mit Procain und
Basen – Bemerbehandlung,
Neuraltherapie: Quaddeln cubital (Keine Allergie),
Infiltration Schilddrüse bds.
Reset – Infusion
Quaddel – keine Allergie, Autonom NS,
Hormonachse Schilddrüse: Stress
Neuraltherapie: Infusion Procain und Basen,
KPU Hoffmann, Bemer,
Lokal Infiltration: Triggerbehandlung Nacken,
Dornenkranz, Infiltration Kaumuskulatur Spülung
Kiefergelenke, Infiltration Myogelosen und
Trigger Kaumuskulatur
Reset -Infusion Procain und Basen, Bemer
Neuraltherapie Rücken:
Lokal Infiltration: Trigger, HWS Facetten, LWS
Segment: Spinalnerven, N. occ bds., Lokal: ISG
Bemer
Neuraltherapie Störfeld: Unterspritzen Narben
und 8er Bereich, Mandeln Infiltration Störfeld
Zahn 23,
16 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Woche 3
Coaching – Coping-Strategien,
Laufen wieder angefangen
Hypnotherapie gegen Knirschen
– Blockadenlösung (3 Sitzungen),
Trauerverarbeitung – Rückführung
zusätzlich
Woche 4
Hypnotherapie
Einsetzen Entlastungsschiene hart weich mit adjustierter
Oberfläche, Physiotherapie Beginn
Trägt Schiene, arbeitet wieder
Reset: Infusion, Bemer Schädelbasis Therapie
im Segment: Infiltrationen Gl pterygoplatainum,
Gl oticum,
Quaddeln Colon
Hormonachse/Störfeld: Gyn-Raum
Reset: Infusion, Bemer
Lokal: Trigger Nacken
Woche 5 Trägt Schiene nachts, arbeitet wieder Reset Infusion,
Trigger Nacken Myogelose KM
Woche 6
Hypnotherapie
Woche 7
Rückfall Tinnitus
Woche 8
Trägt Schiene nachts
arbeitet
Trägt Schiene
Musste Schicht arbeiten
Impfung Covid
3 Tage krank
Reset: Infusion
Hormonachse Störfeld: Gyn raum
Reset: Infusion
Infiltration Kaumuskulatur, Kiefergelenke,
Trigger Nacken
Reset: Infusion
Woche 9-12 Trägt Schiene bei Bedarf Vorstellung bei Bedarf
Behandlungsverlauf über 3 Monate – kein Tinnitus mehr, allgemein keine akuten Schmerzen mehr – gelegentlich wieder Verspannungen
– Neuraltherapie bei Bedarf, Pat stellt sich auf Umschulung ein, da der Beruf mit Schichtdienst und wenig Wertschätzung
verbunden ist.
Interessenkonflikt:
Die Autorin und der Autor geben an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
Literaturverzeichnis:
(1) LeResche L: Epidemiology of temporomandibular disorders: implications for
the investigation of etiologic factors. Crit Rev Oral Biol Med 1997; 8: 291–305
in Reißmann DR: Therapie von kraniomandibulären … Zahnmedizin up2date 2017;
11: 179–201
(2) von der Lippe E et al: Prävalenz von Rücken- und Nackenschmerzen in Deutschland.
Ergebnisse der Krankheitslast-Studie BURDEN 2020, Journal of Health Monitoring
· 2021 6(S3)DOI 10.25646/7854 Robert Koch-Institut, Berlin
(3) Antonovsky A: Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Deutsche
Herausgabe von Alexa Franke. dgvt-Verlag, Tübingen 1997, ISBN 978-3-87159-136-5.
(4) Fussnegger MR: Plädoyer für einen Paradigmenwechsel in der Behandlung von
Patienten mit orofazialen Schmerzen – ein personzentrierter, narrativer Ansatz. Dtsch
Zahnärztl Z 2016; 71: 371–377
(5) Reißmann DR: Therapie von kraniomandibulären Dysfunktionen. Zahnmedizin
up2date 2017; 11: 179–201
(6) Selye H: Stress, Cortison und HomöostaseStress, Cortisone and Homeostasis. Adrenal
Cortex Hormones and Physiological Equilibrium, 1936–1960
(7) Cannon W: Wut, Hunger, Angst und Schmerz: eine Physiologie der Emotionen.
Aus d. Engl. übers. von Helmut Junker, hrsg. von Thure von Uexküll. Urban & Schwarzenberg-Verlag,
München, Berlin, Wien 1975, Erste engl. Ausgabe 1915
(8) S3 Leitlinie „Funktionelle Körperbeschwerden“ AWMF-Reg. Nr. 051-001
(9) Ettlin D et al. Hrsg.: Das Kiefergelenk in Funktion und Dysfunktion. Thieme-Verlag,
Stuttgart2019
(10) Fischer L: Neuraltherapie: Neurophysiologie, Injektionstechnik und Therapievorschläge.
Haug-Verlag, Stuttgart 2014
(11) Barop H: Lehrbuch und Atlas der Neuraltherapie, , 2. Überarbeitete und erweiterte
Auflage. Haug-Verlag, Stuttgart, S 57-65
(12) Hahn-Godefroy JD: Wirkung und Nebenwirkung des Procain – was ist gesichert?
Komplement Integr Med 2007; 2 (7): 32-34
(13) Weinschenk S et al Handbuch der Neuraltherapie: 2. überarbeitete Auflage, Thieme-Verlag
Stuttgart 2020
(14) Pischinger A: Das System der Grundregulation, Haug-Verlag Stuttgart, 2010
(15) Travell JG, Simons DG: Myofacial pain and dysfunction. Baltimore Williams and
Wilkins 1998
ISBN: 9783132204911
(16) Ricker G: Pathologie als Naturwissenschaft – Relationspathologie. Springer-Verlag,
Heidelberg 1924
(17) Speransky AD: Grundlage einer Therorie der Medizin. Sänger-Verlag Berlin 1950
(18)Tracey KJ: The inflammatory reflex. Nature 2002;420:853-859
(19) Plischko I: Das Störfeld – eine Herausforderung. KIM 2007: 2:8-13.
Autoren
PD Dr. med. Dr. med. dent
Katja Schwenzer-Zimmerer
Fachärztin für Mund-, Kiefer- und
Gesichtschirurgie
Praxis an der Wiese
79539 Lörrach
Dr. med. Stephan Zimmerer
Facharzt für Neurochirurgie
Praxis an der Wiese
79539 Lörrach
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 17
Wissenschaft
Schwindel beim Zahnarztbesuch -
ein Beweis für die Existenz des
zervikogenen Schwindels?
Thomas Kaiser
Zusammenfassung
Welche Zahnärztin, welcher Zahnarzt kennt das nicht – während
oder nach der zahnärztlichen Behandlung klagen Patienten*innen
über Schwindel und/oder HWS-Beschwerden.
Ursächlich sind oft längere Zwangshaltungen oder Überstreckung
der Halswirbelsäule bei der Lagerung. Werden diese
Beschwerden vom Patienten*innen bereits während der Behandlung
bemerkt, kann eine Entlastung der Halswirbelsäule
durch Positionsänderung, wie zum Beispiel verstärkte
Anteflexion, herbeigeführt werden. Doch manchmal treten
Schwindel und HWS-Beschwerden auch mit zeitlicher Verzögerung
nach Abschluss der Behandlung auf und werden
dann gelegentlich auch therapiebedürftig. Gehäuft treten
diese Phänomene bei Patienten*innen mit vorbekannten
HWS-Erkrankungen wie Fehlhaltungen, Blockaden, muskulären
Verspannungen, zervikalen Bandscheibenprozessen
oder zervikalen Spinalkanalstenosen auf. Insbesondere das
zeitnahe Auftreten von Schwindel legt die Existenz eines zervikal
bedingten Schwindels (zervikogener Schwindel) nahe,
dessen Existenz nach wie vor umstritten ist und von einigen
Fachleuten sogar abgelehnt wird. Die Erfahrungen und Befunde
aus unserer Schwindelsprechstunde legen einen klaren
Zusammenhang von Schwindelsymptomen im Kontext mit
zervikalen Syndromen aber auch mit begleitenden vestibulären
Funktionsstörungen nahe. Neben den gängigen schulmedizinischen
Therapieverfahren stehen für die während
oder nach einer Zahnarztbehandlung aufgetretenen Schwindel-
und HWS-Beschwerden sehr gute neuraltherapeutische
Behandlungskonzepte zur Verfügung.
Schlüsselwörter: Zervikogener Schwindel, Schwindel, Nacken,
Lokalanästhesie, Neuraltherapie
Summary
Which dentist does not know this - during or after the dental
treatment, patients complain about dizziness and/or
cervical spine problems. The causes are often longer forced
postures or overstretching of the cervical spine during positioning.
If the patient notices these symptoms during the
treatment, the cervical spine can be relieved by changing
the position, such as increased anteflexion. However, sometimes
dizziness and cervical spine symptoms occur with a
time lag after the end of the treatment and then occasionally
require therapy. These phenomena occur more frequently
in patients with known cervical spine diseases such as poor
posture, blockages, muscular tension, cervical disc processes
or cervical spinal canal stenosis. In particular, the timely
occurrence of dizziness suggests the existence of cervical
dizziness (cervicogenic dizziness), the existence of which is
still controversial and is even rejected by some experts. The
experiences and findings from our dizziness consultation
suggest a clear connection between vertigo symptoms in the
context of cervical syndromes and accompanying vestibular
dysfunctions. In addition to the usual conventional medical
therapy methods, very good neural therapy treatment
concepts are available for dizziness and cervical spine symptoms
that have occurred during or after dental treatment.
Key words: Cervicogenic dizziness, dizziness, Neck, local anesthesia,
neural therapy
18 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Wodurch kann Schwindel ausgelöst werden ?
In unserer Praxis werden wir oft von Patienten*innen aufgesucht,
die während und nach einem zahnärztlichen Eingriff
unter kurzzeitigen oder auch länger anhaltenden Schwindelbeschwerden
leiden. Dieses Phänomen erleben wir auch
nicht selten bei Patienten*innen, die im Rahmen einer Vollnarkose
intubiert und längere Zeit während der Operation
mit überstrecktem Kopf gelagert wurden. Dabei handelt
es sich in der Regel um Patienten*innen, die an einem klinisch
relevanten HWS-Syndrom leiden. Aber nicht nur ältere,
sondern auch jüngere Patienten*innen sind davon betroffen.
In unserer heutigen Zeit mit viel Bildschirmarbeit, wenig Bewegung
und oft auch durch Stress ausgelösten Verspannungen
der Nackenmuskulatur finden sich bei immer jüngeren Patienten*innen
bereits symptomatische und behandlungsbedürftige
HWS-Syndrome.
Assoziierte Kopfschmerzen und auch Schwindelbeschwerden
sind hier nicht selten. Zahnärzte sollten bei diesen Patienten*innen
für mögliche Probleme im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung
sensibilisiert sein.
Welche Schwindelarten gibt es?
Natürlich muss im Falle eines während der Behandlung auftretenden
Schwindels auch an einen möglichen gutartigen Lagerungsschwindel
oder einen phobisch bedingten Schwindel
gedacht werden. Der Lagerungsschwindel tritt aber nur bei
Kopfbewegungen auf, nicht in Ruhe, und sistiert dann spontan,
der phobische Schwindel ist oft assoziiert mit Beklemmungs-
oder Angstgefühlen und vegetativen Symptomen.
Insbesondere ältere Patienten mit ausgeprägten degenerativen
Veränderungen an der Halswirbelsäule oder aber auch mit
bekannter zervikaler Spinalkanalstenose können den Kopf
beim Flachlegen nicht auf der Liege ablegen und empfinden
bei forcierter Überstreckung oft ein unangenehmes Gefühl das
sich bis zum Schwindel steigern kann. Hier würde man dann
naheliegend von zervikogen ausgelöstem Schwindel sprechen.
Aber gibt es diesen überhaupt? Die Existenz eines zervikogenen
Schwindels ist in der Fachwelt nach wie vor umstritten
und wird insbesondere unter Neurologen immer noch kritisch
gesehen (8, 10). Dabei gibt es aus der manuellen Therapie, der
Osteopathie, der Neuraltherapie, experimentellen Untersuchungen
an Menschen und Tieren und nicht zuletzt aus den
Erfahrungen vieler Patienten*innen deutliche Hinweise auf
klare und nachvollziehbare pathophysiologische Zusammenhänge
und Mechanismen (1,3,7,9). Den Erkenntnissen der
„evidenzbasierten Medizin“ stehen besonders in dieser Frage
die Erfahrungen aus der „Erfahrungsmedizin“ gegenüber.
Wenn man wie ich über mittlerweile Jahrzehnte immer wieder
von chronischen Schwindelpatienten berichtet bekommt, dass
es Ihnen nach einer osteopathischen Behandlung der HWS
über mehrere Tage deutlich besser gegangen sei, oder aber Patienten
schildern, dass Ihnen nach einer heftigen Massage der
HWS danach über mehrere Tage schwindelig war, dann sind
das doch wichtige Hinweise, die wir in unsere diagnostische
und therapeutische Beurteilung mit einfließen lassen sollten.
Auch wenn es im engeren Sinne keine spezifischen Tests zum
kausalen Nachweis eines im Zusammenhang mit Nackenbeschwerden
zervikogen ausgelösten Schwindels gibt (1,6), so
finden sich doch aus klinischen Erfahrungen, aber auch aus
tiermedizinischen Experimenten, deutliche Hinweise auf einen
möglichen kausalen Zusammenhang (3,5).
Unbestritten ist, dass insbesondere die obere Halswirbelsäulenmuskulatur
starke propriozeptive Afferenzen in das vestibuläre,
cerebelläre und okulomotorische System vermittelt (1,6,8). Neuroanatomisch,
funktionell und klinisch umfasst die obere Halswirbelsäule
die Segmente Okziput bis C3. Diese unterhalten einerseits
enge Konvergenzen zu den spinalen Trigeminuskernen,
was unter anderem beim zervikogenen Kopfschmerz im Sinne
eines „referred pains“ eine zentrale Rolle spielt. Andererseits bestehen
aber auch Verbindungen zu anderen Hirnnervenkernen.
Insbesondere Projektionen zum Vestibulariskernkomplex sowie
zu den Cochleariskernen kreuzen über den Nucleus cervicalis
centralis (NCC) auf die Gegenseite und erreichen dann auch das
iStock/courtneyk
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 19
Wissenschaft
Kleinhirn (3). Aus dieser Konvergenzsituation in Bereich des
Hirnstamms ergibt sich, dass viele Noziafferenzen aus Strukturen
der oberen HWS Symptome wie Gleichgewichtsstörungen, Tinnitus,
Übelkeit und Kopfschmerzen auslösen können.
Dabei spielen insbesondere die zervikalen propriozeptiven Afferenzen
in das vestibuläre System bei der Unterstützung der Hypothese
des zervikogen ausgelösten Schwindels eine zentrale Rolle.
So ließ sich in einer Arbeit von Hölz et. Al (4) unter zervikalen
Provokationsbedingungen über zervikookuläre Bahnen bei Probanden
sowohl ein horizontaler wie auch vertikaler Nystagmus
provozieren, der eine halspropriozeptive Aktivierung des vestibulären
Systems nahelegt (4) und auch nachvollziehen lässt,
dass die Patienten*innen dabei Schwindelgefühle wahrnahmen.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Beobachtung aus
unserer Praxis, dass zervikogen ausgelöste Schwindelbeschwerden
in den meisten Fällen mit einer vestibulären Tonusimbalance
im Zusammenhang stehen, also einer zumindest einseitigen
Unterfunktion eines Gleichgewichtsorganes. Diese lässt sich
durch kalorische Untersuchungen der Vestibularfunktion (Video-
und Elektronystagmographie) nachweisen, wo sich dann
typischerweise bei noch zumindest teilweise erhaltener Vestibularfunktion
ein Defizit der Amplituden und/oder der Frequenz
der Syntagmen einer Seite nachweisen lässt. Auch ein einseitig
pathologischer Video-HIT (Head impulse test) mit Nachweis von
verspäteten Rückstellsakkaden als Ausdruck einer Störung des
vestibulo-okulären Reflexes kann auf eine einseitige vestibuläre
Läsion hinweisen, die im Zusammenhang mit zervikalen propriozeptiven
Afferenzen dann symptomatisch werden kann. Durch
den Unterberger Tretversuch, einen einfachen, im klinischen Alltag
leicht durchzuführenden Test, kann zumindest ein Hinweis
auf eine einseitige vestibuläre Störung objektiviert werden. Eine
Drehung um mehr als 45° zu einer Seite legt das Vorliegen einer
relevanten vestibulären Asymmetrie zumindest nahe.
Fasst man diese Untersuchungsergebnisse mit den Erfahrungen
aus der Praxis zusammen, kann man die Existenz
eines zervikogen ausgelösten Schwindels bei bestimmten
Konstellationen wie klinisch relevanten HWS-Syndromen,
ungünstiger Lagerung des Kopfes aber auch einer begleitenden
vestibulären Problematik eigentlich nicht mehr negieren.
Von zahnärztlicher Seite ist eine Kenntnis dieser Zusammenhänge
im Hinblick auf eine Vermeidung unnötiger Komplikationen
vor allem bei längeren Eingriffen sicher hilfreich.
Welche therapeutischen Maßnahmen gibt es ?
Mögliche therapeutische Maßnahmen sind nachfolgende physiotherapeutische,
manualtherapeutische oder osteopathische
Behandlungen (7,9), die allesamt darauf abzielen, muskuläre Verspannungen
und ggf. Blockaden zu lösen und die propriozeptiven
Einflüsse aus der Halswirbelsäule zu minimieren. Durch den
therapeutischen Einsatz von Lokalanästhetika kann dieser Effekt
deutlich verstärkt werden. Auch schulmedizinisch werden neuerdings
Facettengelenksblockaden im Bereich der Facettengelenke
der HWS mittels Lokalanästhetika diagnostisch und therapeutisch
eingesetzt (2). Im Bereich der Neuraltherapie ist diese Art
der Therapie schon lange bekannt und kann erfolgreich durch
zusätzliche Maßnahmen wie Infiltration der aktiven Muskeltriggerpunkte,
der kurzen, tiefen aber auch der oberflächlichen Halsmuskeln,
Infiltrationen im Bereich der Dornfortsätze sowie durch
intradermale Quaddelung zur Lockerung der HWS-Muskulatur
unterstützt werden. Vestibuläre Syndrome lassen sich gut durch
eine Blockade des ipsilateralen Ganglion stellatum behandeln,
die durch Reduktion des Sympathikotonus zu einer Besserung
der Mikrozirkulation und somit Förderung regenerativer Effekte
im Innenohr beitragen kann. Insofern stellt die Neuraltherapie
eine gute Behandlungsmöglichkeit zervikaler Schwindelsymptome
im Zusammenhang mit zahnärztlicher Behandlung dar und
kann bei entsprechenden „Risikopatienten“ ggf. sogar prophylaktisch
vor einem geplanten Eingriff durchgeführt werden.
Interessenkonflikt:
Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
Literaturverzeichnis:
Autor
Dr. med. Thomas Kaiser
Facharzt für Neurologie
Schwindeldiagnosezentrum
Wilhelmstr. 84-86
55543 Bad Kreuznach
e-mail: mail@schwindeldiagnose.de
Tel.: 0671-92001318
Chu, E.: Cervicogenic dizziness. Oxf Med Case Reports 2019, 11: p. 476-478
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20 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Die GZM steht für die Erarbeitung, Prüfung und Verbreitung von diagnostischen und therapeutischen
Methoden, die einem erweiterten Verständnis der Zahnheilkunde im Sinne einer
Ganzheitsbetrachtung entsprechen. Der erkrankte Mensch steht im Mittelpunkt. Erkrankungen
im Zahn-, Mund und Kieferbereich sind nicht nur lokal und isoliert, sondern in ihrem gesamtmedizinischen
Zusammenhang zu erfassen.
Das Leitbild der GZM:
▶ Der Patient ist ein individuelles und komplexes Wesen.
▶ GZM-Zahnärzte arbeiten auf dem aktuellen Stand des
zahnärztlichen Wissens. Sie integrieren Naturheilkunde
und komplementäre Medizin durch interdisziplinäre
Zusammenarbeit mit Ärzten und anderen Therapeuten
im Netzwerk.
▶ Sie betreiben individuelle Gesundheitsförderung durch
Gesundheitscoaching, agieren wertschätzend gegenüber
Patienten, Kollegen, Co-Therapeuten und sich
selbst.
▶ GZM-Zahnärzte sehen ihren Beruf als Berufung und
stellen traditionelle ärztliche Werte in den Vordergrund.
▶ GZM-Zahnärzte unterstützen die Persönlichkeits-entwicklung
der Mitglieder, der Patienten und der Mitarbeiter
mit dem Ziel einer authentischen, heilsamen
Begegnung.
▶ GZM-Zahnärzte nutzen multimodale Therapieansätze
für chronisch kranke Patienten.
Mitgliedsantrag
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Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin e. V. (GZM)
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Internationale Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin
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Vorteile der Mitgliedschaft:
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(für qualifizierte Mitglieder)
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der GZM
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jährlichen Kongressen und Symposien
und an der Medizinischen Woche
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Medizin“ mit der Patientenzeitschrift „Mensch und Mund“
▶ MuM zur Weitergabe an die Patienten zum Selbstkostenpreis
▶ Sicherheit für den Patienten durch Zusammenarbeit
mit speziell geschulten zahntechnischen Laboren
▶ lebendiger Austausch mit Kollegen
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für Patienten
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Anschrift
Telefon, Fax
E-Mail, HP
Datum, Unterschrift
Wissenschaft
Die ganzheitliche Tinnitus-Therapie
Daniela Pfaue
Zusammenfassung
Tinnitus ist ein Symptom pathologisch veränderter Hörwahrnehmung,
der durch Schädigungen entlang der Hörbahn
generiert werden kann. Eine psychische und physische
Belastung durch das Ohrgeräusch entsteht nur bei ca. 25%
der betroffenen Patientinnen und Patienten. Auch ohne Behandlung
setzt bei vielen Menschen ein Gewöhnungsprozesse
ein. Da die Entstehung und Ausprägung eines Tinnitus
sehr unterschiedlich sein kann, gibt es keinen allgemein gültigen
Therapieansatz, welcher eine vollständige Rückbildung
der Ohrgeräusche garantiert. Am erfolgreichsten sind multimodale
Ansätze innerhalb einer stabilen Arzt-Patienten-Beziehung.
Schlüsselwörter: Tinnitus, Neuraltherapie nach Huneke, Multimodaler
Ansatz
Zusammenfassung
Summary
Tinnitus
Tinnitus
ist
is a
ein
symptom
Symptom
of
pathologisch
pathologically
veränderter
altered auditory
perception that
Hörwahrnehmung,
der
can
durch
be generated
Schädigungen
by damage
entlang
along
der Hörbahn
the
auditory
generiert
pathway.
werden
A mental
kann.
and
Eine
physical
psychische
burden
und physische
from the
Belastung
ringing in
durch
the ear
das
only
Ohrgeräusch
occurs in about
entsteht
25%
nur
of the
bei
affected
ca. 25%
der
patients.
betroffenen
Even without
Patientinnen
treatment,
und Patienten.
many people
Auch
start
ohne
to
Behandlung
get
used to it.
setzt
Since
bei
the
vielen
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Menschen
and
ein Gewöhnungsprozesse
ein. Da die Entstehung und Ausprägung eines
severity of tinnitus
Tinnitus
sehr
can be
unterschiedlich
very different,
sein
there
kann,
is
gibt
no generally
es keinen
applicable
allgemein
therapeutic
gültigen
Therapieansatz,
approach that
welcher
guarantees
eine vollständige
a complete resolution
Rückbildung
of
der
the
Ohrgeräusche
noise in the ears.
garantiert.
Multimodal
Am erfolgreichsten
approaches within
sind
a
multimodale
stable
doctor-patient
Ansätze
relationship
innerhalb einer
are most
stabilen
successful.
Arzt-Patienten-Beziehung.
Key words: tinnitus, neural therapy according to Huneke,
Schlüsselwörter:
multimodal approach
Tinnitus, Neuraltherapie nach Huneke, Multimodaler
Ansatz
Pfeifen, Klingeln, Rauschen, Brummen, Klopfen oder
Summen, jeder vierte Erwachsene kennt vorübergehende
ein- oder beidseitige Ohrgeräusche aus seiner persönlichen
Erfahrung. Aktuell sind rund 3 Millionen Menschen in
Deutschland von einem dauerhaften Tinnitus betroffen. Die
Tendenz ist steigend, es kommen jährlich rund 250 000 Betroffene
hinzu. Bei ca. 1,5 Millionen Betroffenen gilt der Tinnitus
als mittelgradig bis unerträglich (Deutsche Tinnitus-Liga =
DTL). Über 90% der von Tinnitus Betroffenen leiden zusätzlich
unter einer Schwerhörigkeit und ca. 44% unter einer Hyperakusis
(Geräuschüberempfindlichkeit).
Die Behandlung von Tinnitus stellt für viele Betroffene und ihre
Therapeuten und Therapeutinnen eine große Herausforderung
dar, denn es existieren keine Standardtherapien, die allen gleicher-
maßen und zuverlässig helfen. Bei vielen Ärztinnen und Ärzten
herrscht immer noch eine gewisse Hilflosigkeit im Umgang mit
Tinnituspatienten. Dies führt nicht nur zur Frustration auf beiden
Seiten, sondern oft auch zu einer Nichtbehandlung. Die Deutsche
Gesellschaft für HNO-Heilkunde (DGHNO-KHC) zeigt verschiedene
Therapieansätze in ihren S3-Leitlinien auf, von z.B. Beratung
über Hörgeräteversorgung, Musiktherapie, Medikation, Psychotherapie
und Stimulationsverfahren.
Bei Ohrgeräuschen ist meist die HNO-Ärztin oder der HNO-
Arzt der erste Ansprechpartner. Das gilt vor allem dann, wenn
die Ohrgeräusche erstmals auftreten und/oder länger als 24
Stunden anhalten. Treten zusätzlich auch eine akute Hörminderung
und Schwindel auf, sollte auf jeden Fall ein zügigerer
Vorstellungstermin vereinbart werden.
22 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Systematik
Man unterscheidet zwei Arten von Tinnitus (abgeleitet vom lateinischen
‚tinnire‘ = klingen):
• Dem seltenen objektiven Tinnitus liegt, eine mess- und hörbare
Schallquelle in der Nähe des Innenohrs zugrunde, z.B.
durch Gefäß- oder Muskelaktivität
• Der häufig auftretende subjektive Tinnitus, hat keine Schallquelle
im Körperinneren. Er wird von den Betroffenen,
aufgrund einer fehlerhaften Informationsverarbeitung im
Hörsystem, als Ton oder Schmalbandgeräusch (Rauschen,
Brummen, Summen, Pfeifen usw.) wahrgenommen.
In den ersten 3 Monaten spricht man von einem Ohrgeräusch
oder akuten Tinnitus, danach handelt es sich um einen chronischen
Tinnitus. Je früher ein Ohrgeräusch einer Therapie zugeführt
wird, umso höher ist die Erfolgsquote. Das bedeutet nicht
zwangsweise, dass ein seit mehreren Jahren bestehender Tinnitus
nicht doch noch deutlich gebessert werden kann.
Als Ärztin oder Arzt sollte man der Patientin oder dem Patienten
nie die Hoffnung auf eine vollständige Heilung oder deutliche
Besserung nehmen. Die Erzeugung einer übersteigerten
Erwartungshaltung, nur um eine IGEL-Leistung anzubieten,
ist jedoch genauso verwerflich. Denn neben hohen Kosten
kann sich daraus auch eine zunehmende Frustration, manchmal
sogar eine Symptomverschlechterung entwickeln. Bei der
ersten persönlichen Untersuchung wird versucht der Ursache
auf den Grund zu gehen. Sollte dem Tinnitus eine Grunderkrankung
zugrunde liegen, ist es unverzichtbar, diese gezielt zu
behandeln. Bei akut auftretendem Tinnitus ohne gleichzeitige
Schwerhörigkeit ist in ca. 80% der Fälle Stress für die Entstehung
irregulärer Erregungsmuster im Bereich der Hörverarbeitung
mit ursächlich.
Bei der Behandlung des chronischen Tinnitus ist es von wesentlicher
Bedeutung, ob das Ohrgeräusch kompensiert wird, d.h.
keine wesentliche Beeinträchtigung hervorruft, oder ob es bereits
zu einer Dekompensation geführt hat. Wenn der Tinnitus
im Gehirn durch plastische Veränderungen und Vernetzung in
der emotionalen Bewertung sowie durch konsekutive Hinwendung
verschaltet und damit verstärkt wird, so verhindert dies ein
Überhören und es entsteht ein Leiden am Tinnitus [1] [2]. Eine
Dekompensation äußert sich in einer Einschränkung der Lebens-
und Gestaltungsfähigkeit und kann psychosoziale Begleiterscheinungen,
wie z.B. manifeste Depressionen, Angsterkrankungen,
Konzentrations- und Schlafstörungen nach sich ziehen.
Tinnitus-Schweregrade:
Grad 1 (leichtgradig): Wahrnehmung nur in stiller Umgebung,
kein Leidensdruck, gut kompensiert
Grad 2 (mittelgradig): Wahrnehmung auch bei geringem Außengeräuschpegel,
durch gewöhnliche - Umgebungsgeräusche
und Lärm maskierbar, stört bei Stress/Belastung
Grad 3 (schwergradig): Störend unabhängig vom Pegel der
Außengeräusche, praktisch nicht maskierbar, dauernde Beeinträchtigung
im privaten und beruflichen Bereich, sowohl emotionale
als auch kognitive Auswirkungen
Grad 4 (schwerstgradig): Völlige Dekompensation im privaten
und beruflichen Bereich, bis zur Arbeitsunfähigkeit
Diagnostik
• Ausführliche, ganzheitliche Anamnese: Frühere Operationen,
Unfällen, Narben? Störfeldermittlung
• HNO-ärztliche Untersuchung, Ohrmikroskopie, Tubendurchgängigkeit
(Valsalvamanöver)
• Nasopharyngoskopie, Sonographie der Nasennebenhöhlen
• Inspektion Gebiss (schiefstehender 8er?) und Kauapparat
(Bruxismus? Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)?), evtl.
OPG/DVT Störfeldermittlung
• Abtasten der Halswirbelsäule (HWS) und Nackenmuskulatur
• Tonaudio-, Sprachaudio-, Tympanometrie, Stapediusreflexe
• Tinnitusbestimmung mit Frequenz und Lautstärke (meist
5-15 dB über der Hörschwelle und praktisch immer in der
Frequenz des größten Hörverlusts [3])
• OAE (Otoakustische Emissionen), BERA (Brainstem Evoked
Response Audiometry)
• Bei Schwindel: orientierende Vestibularisprüfung, KIT (Kopf-
Impuls-Test), Lagerung
• Bei pulssynchronen Ohrgeräuschen: Auskultation des Ohres
und der A. carotis
• Suche nach Grunderkrankungen z.B. Blutdruck und Pulsmessung,
Apnoescreening
• Zum Ausschluss einer zentralen Genese: MRT-Schädel mit
Kontrastmittel und Feinschichtung im Kleinhirnbrückenwinkel
• Psychologische Diagnostik bei hohem Leidensdruck mittels
validierter Fragebögen:
• Tinnitusfragebogen nach Goebel und Hiller [4]
• Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) [5]
Ursachen
• Stress mit muskulären Verspannungen sowie vermehrter
Kortisolausschüttung und Minderdurchblutung
• Craniomandibuläre Dysfunktion (siehe CMD-Artikel Dr. K.
Schwenzer-Zimmerer und Dr. S. Zimmerer)
• HWS-, Schulter-Arm-Syndrom mit Verspannungen im Bereich
der Nackenmuskulatur, des Musculus (M.) trapezius
im Rahmen einer chronischen Fehlbelastung oder bei Z. n.
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 23
Wissenschaft
Schleuder-, Schädelhirntauma, als Sturzfolgen, nach einer
Impfung in den Oberarm oder postoperativ
• Entzündungen im Bereich des Ohres, der Nasennebenhöhlen,
der Zähne oder des Kiefers führen ebenso zur Minderdurchblutung
Störfelder
• Autoimmun- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hypertonie,
Arteriosklerose) oder Stoffwechselstörungen (Diabetes
mellitus) können die Durchblutung des Innenohrs stören
• Knall- und Explosionstrauma, chronische Lärmexposition
mit resultierender Hochtonschwerhörigkeit/ C5-Senke (defekte
Haarzellen einer bestimmten Frequenz können keine
Informationen mehr weiterleiten - Unterforderung der
Empfängerzellen im Hörcortex - abnormale Aktivität erzeugt
hochfrequentes Geräusch = Tinnitus)
• Trommelfellverletzungen, Schädelhirntrauma
• Otosklerose
• Cerumen obturans
• Medikamente: z.B. NSAR (nicht steroidale Antirheumatika),
Chemotherapeutika (platinhaltig), Antibiotika (z.B. Aminoglykoside),
Antihypertensiva (z.B. ACE-Hemmer, Betablocker,
Diuretika)
• Nikotin, Alkohol, Nährstoffmangel (Vitamine, Mineralstoffe,
Spurenelemente)
• Neurodegenerative Erkrankungen: z.B. Multiple Sklerose
• Vestibularisschwannom
• Morbus Menière
Therapie
Bei der Erstvorstellung einer Tinnituspatientin oder eines
Tinnituspatienten in der Sprechstunde, muss zunächst zwischen
einem akuten und chronischen Tinnitus aurium unterschieden
werden, da dies ausschlaggebend für die Wahl der
weiteren Therapie ist. In der zur Verfügung stehenden, meist
knapp bemessenen Zeit, sollten die oben genannten Punkte
der Diagnostik durchgeführt werden. Dass ein solch komplexes
Krankheitsbild natürlich nicht innerhalb einer Vorstellung
gelöst werden kann, sollte mit der Patientin oder dem Patienten
offen besprochen werden. Zeigt sich in der Anamnese
ein Zusammenhang mit beruflichem Stress, kann durch eine
Krankmeldung für einige Tage einer Verschlechterung entgegengewirkt
werden. Bei eher privatem Stress, profitiert die Patientin
oder der Patient eventuell sogar von der Ablenkung am
Arbeitsplatz. Wichtig ist es, den Circulus vitiosus frühzeitig zu
durchbrechen.
Abbildung 1: Vermeidbarer Teufelskreis bei chronischem Tinnitus
24 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Die Therapie des akuten Tinnitus
Ein akuter Tinnitus, der meist mit einer plötzlichen Hörminderung
einhergeht, sollte – laut Leitlinie – wie ein Hörsturz behandelt
werden, d.h. mit hochdosiertem Kortison. Bei einem dauerhaften
Abfall des Hörvermögens muss eine zentrale Genese
durch eine MRT Schädel mit Kontrastmittel und Feinschichtung
im Kleinhirnbrückenwinkel ausgeschlossen werden.
Die hochdosierte Kortisontherapie (in der Regel beginnend mit
250 mg Prednisolon unter Magenschutz mit Protonenpumpeninhibitoren)
erfolgt entweder oral, intravenös oder insbesondere
nach erfolgloser systemischer Therapie intratympanal (IT). Dabei
wird dieses an mehreren Tagen mit einer langen Kanüle direkt
in die Paukenhöhle appliziert. Die Wirksamkeit dieser Hochdosistherapie
bei akuten Hörstörungen wurde in einer multicentrischen
Studie (HODOCORT-Studie) wissenschaftlich untersucht
[6]. Eine niedrig dosierte Steroidbehandlung ist beim akuten Tinnitus
nicht sinnvoll, denn sie ist nicht besser als ein Therapie mit
Placebo [7] [8]. Kortison muss auf einem grünes Rezept verordnet
werden, da die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt.
Die Exazcerbation eines schon länger bestehenden Tinnitus
wird meist durch Stresssituationen ausgelöst und ist ein reines
Wahrnehmungsphänomen, bei dem Steroide keine Besserung
bringen [9].
Bei einem akuten Tinnitus mit normalem Audiometriebefund
ist dagegen an eine Überreizung zu denken. Hier sollte auf keinen
Fall eine Steroidbehandlung erfolgen, da hierdurch das
Erregungslevel eher gesteigert wird und zusätzlich Schlafstörungen
entstehen können [9]. In diesem Fall ist eine neuraltherapeutische
Therapie sinnvoll.
Obwohl ein akutes Ohrgeräusch bei jungen gesunden Patientinnen
und Patienten, mit nur leichter Hörminderung, sehr
häufig auch von alleine wieder verschwindet, sollte man den
Patientinnen und den Patienten trotzdem unterstützende Behandlungsansätze
aufzeigen. Eine Empfehlung zur selbstständigen
Bewegung und Massage im Bereich der Halswirbelsäule,
zur Einnahme von 400 mg Magnesium am Abend, Vitaminund
Ginkopräparaten in Kombination mit einer Aufmerksamkeitsumlenkung
und Entspannung hilft häufig bereits und gibt
der Patientin oder dem Patienten das Gefühl, dass etwas dagegen
unternommen werden kann. Auch neuraltherapeutische
Injektionen ums Ohr und an den Eingang des Gehörgangs zur
Stimulation des Nervus vagus (s. Abb. 2) können - nach ausführlicher
Aufklärung - schon am ersten Vorstellungstermin
erfolgen. Hierbei wird erläutert, dass Procain nicht nur beruhigend
auf Nerven, sondern auch durchblutungsfordernd und
muskelentspannend wirkt. Es ist hilfreich gleich einen Flyer
mit weiteren Informationen zur Neuraltherapie auszuhändigen
und eine erste, kostenlose Injektion zu setzen, damit der Patient
das weitere Procedere besser einschätzen kann. Nach jeder
Abbildung 2: Ohr rechts mit N. vagus;
Aufsuchen des schmerzhaftesten Punktes
hier mittels eine Ohrhäckchens in der
very point Technik
Injektion sollte eine15-minütige Überwachung erfolgen. Bei
persistierendem Tinnitus kann dann nach 2 Wochen eine Wiedervorstellung
vereinbart werden, um weitere therapeutische
Möglichkeiten zu besprechen.
Als behandelnder Arzt sollte man immer gut abwägen, ob der
Patient von Anfang an eine hochdosierte orale Kortisontherapie
benötigt oder ob zuerst einmal mit Durchblutungsforde-
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 25
Wissenschaft
rung, Stimmungsaufhellung, Ablenkung und Entspannung für
ein paar Tage abgewartet werden kann. Alle Optionen sollten
vorschlagen und erläutern werden, entscheiden muss die Patientin
oder der Patient dann jedoch selbst. Wichtig ist eine genaue
Dokumentation der gewünschten Behandlung und dass
sie oder er über alle Therapiemöglichkeiten sowie Nebenwirkungen
schriftlich aufgeklärt wurde.
Neuraltherapie
Es werden lokale, intravenöse oder intratympanale Procaininjektionen
unterschieden.
Im Rahmen einer Entzündung, Degeneration oder Überbeanspruchung
kann es zu einer lokalen Minderperfusion kommen.
Das Ziel der neuraltherapeutischen Behandlung ist eine
Verbesserung der Mikrozirkulation. Dementsprechend wirkt
sie besser bei akutem als bei chronischem Tinnitus. Zur Normalisierung
der Durchblutungsverhältnisse sollte die Injektion
in die Nähe von Gefäßnervenbündel erfolgen, die Träger der
versorgenden sympathischen Innervation sind.
Für das Innenohr: Arteria (A.) labyrinthii und A. basilaris aus
den Arteriae (Aa.) vertebrales
Abbildung 3: Intratympanale Injektion (IT) Ohr rechts
Da diese Gefäße nicht direkt erreichbar sind, werden Injektionen
weiter peripher an das Ganglion (Ggl.) stellatum und/oder
das Ganglion cervikale superius gesetzt.
Ggl. stellatum (10): Von hier hat der Sympathikus Verbindung
zur gesamten oberen Körperhälfte: Kopf, Hals, Arme
und Brustraum. Es bestehen Verbindungen zu verschiedenen
Hirnnerven: N. vagus, N. glossopharyngeaus, N. hypoglossus,
N. phrenicus. Auch alle Störfelder in diesem Bereich
können indirekt über das Ggl. stellatum beeinflusst werden.
Ein Injektion an dieses Ganglion bewirkt also eine partielle
inkomplette Unterbrechung der sympathischen efferenten wie
afferenten Reizleitung im seitengleichen oberen Körperquadranten
vom Kopf bis zum Zwerchfell, wobei gleichzeitig die
parasympatische Erholungsphase (über den N. vagus) ermöglicht
wird [16].
Ggl. cervikale superior (9): Es bestehen Verbindungen zwischen
diesem Ganglion und dem Ggl. cervikale superius des N.
vagus sowie dem Ggl. inferius des N. glossopharyngeus. Eine
Procaininfiltration an dieses Ganglion hat also die größtmögliche
regulierende Wirkung auf das vegetative Nervensystem, da
es gleichzeitig sowohl Sympathikus- als auch Parasympathikusfunktion
reduziert.
Für das Mittelohr: A. tympanica superficialis inferior, anterior
und posterior; A. menigea media, A. pharyngea ascendens, A.
maxillaris und A. stylomastoidea – alle aus der A. carotis externa
Auch dieses Gebiet wird durch die Injektion an die 2 Halsganglien
oder durch eine intratympanale Injektion erreicht (s. Abb. 3).
Hierbei werden der liegenden
Patientin oder dem
liegenden Patienten, wie
bei der intratympanalen
Kortisoninjektion, 0,4 ml
1%iges Procain mit einer
langen Kanüle durch den
vorderen unteren Trommelfellquadranten
direkt
in die Paukenhöhle injiziert.
Während und 5
Minuten nach der IT sollte
die Patientin oder der
Patient weder Sprechen
noch Schlucken, damit das
Procain nicht direkt über
die Tuba auditiva abläuft.
Da das Procain durch das
runde Fenster auch ins Innenohr
diffundiert, kann
es zu einem sofortigen
oder bis zu einer Stunde
verzögertem Schwindel
kommen. Darüber muss
vorher aufgeklärt werden.
Bei Narben auf dem Trommelfell z.B. nach Paukendrainage
oder chronischen Entzündungen sowie bei akuten Entzündungen,
können auch wenige Tropfen Procain auf das Trommelfell
gegeben werden.
26 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Abbildung 4: Anatomie des Mittelohrs mit inkompletter Darstellung des Trommelfells
Für das äußere Ohr: A. temporalis superficialis; A. maxillaris;
A. occipitalis
Die ohrnahen Injektionen erfolgen ans Mastoid (3), hierbei
werden sowohl der R. mastoideus der A. occipitalis als auch
die A. auricularis posterior erreicht. Eine Quaddel vor den Tragus
- in der traditionell chinesischen Medizin als Tor des Ohres
(1) bezeichnet - und an die A. temporalis superficialis kann
bei einer Erkrankung des äußeren Ohres oder bei einer CMD
zusätzlich hilfreich sein. Bei entzündlichen Erkrankungen sollte
der Lymphabfluss des Ohres durch subkutane Injektionen
im Kieferwinkel verbessert werden. Alle druckempfindlichen
Punkte ums Ohr können ebenso wie eventuelle Narben nach
Operationen, Verbrennungen oder Erfrierungen mit wenigen
Teilstrichen Procain infiltriert werden.
Ganglion pterygopalatinum (7): Bei Irritationen im Bereich der
Nasennebenhöhlen und der Zähne sowie zur Durchblutungssteigerung
über die A. maxillaris im Bereich des Kiefergelenks, äußeren
Gehörgangs, der Paukenhöhle, Zähne und des Zahnhalteapparates.
Ganglion oticum (6): Eine Procaininjektion bewirkt eine Anästhesie
des Kiefergelenks, passagere Lähmung der Kaumuskulatur,
Spannungsänderung des Trommelfells sowie bessere Durchblutung
der A. maxillaris und der A. meningea media (aus der A.
Abbildung 5: Anatomie der Paukenhöhle ohne Trommelfell, Hammer und Amboss
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 27
Wissenschaft
carotis externa). Ideal also bei CMD, Bruxismus, „Druck auf dem
Ohr“, Otalgie, Erkrankungen der Ohrspeicheldrüsen (Unterbrechung
der parasympatisch-sympatisch innervierten Drüsenfunktion
der Gl. parotidea, Gl. submandibularis, Gl. sublingulais).
Bei gleichzeitigen Nackenverspannungen: lokale Injektionen
an die okzipitalen Sehnenansätze, in die druckschmerzhaften
Triggerpunkte, Quaddeln paravertebral bds. der HWS, evtl. zusätzlich
Nn. occipitalis minor (12) und major.
Abbildung 6: Procain-Injektionen ums Ohr
1) Das Tor des Ohres quaddeln
2) Den N. facialis und die A. auricularis posterior
3) Das Mastoid
Procain-Injektionen an:
1) Das Tor des Ohres
2) Den N. facialis und die A. auricularis posterior (siehe Abb.6)
3) Das Mastoid
4) Das Kiefergelenk
5) Den M. masseter
6) Das Ggl. oticum
7) Das Ggl. pterygopalatinum
8) Den R. frontalis der A. temporalis superficialis und N. auriculotemporalis
9) Das Ggl. cervikale superius
10) Das Ggl. stellatum
11) Die Adler Langer´schen Druckpunkte C1-C7
12) Den N. occipitalis minor
13) Den N. vagus
28 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Sollte sich nach 3 Behandlungen keine Besserung zeigen, müssen
Störfelder gesucht und angespritzt werden. Beim Infiltrieren
eines vermuteten Störfeldes wird kurzfristig die efferente
und afferente Sympathikusreizung unterbrochen und dadurch
eine Perfusionsverbesserung und Schmerzunterbrechung bewirkt
sowie die positive Rückkopplung beendet. Bei wiederholter
Anwendung kann dadurch die engrammatische pathologische
Reizbarkeit des Sympathikus normalisiert werden im
Sinne einer „Desensibilisierung“ [17].
Mehr als 70 % der Störfelder liegen im HNO- und Zahn-Bereich.
Abbildung 8: Störfelder im Kopf-Hals-Bereich
a) Tonsillen, Adenoide, Zähne, Kiefergelenk
b) Kiefer-, Stirnhöhlen, Narben bei Z.n. Parotidektomie, Strumektomie,
Anthelixplastik (AHPL), Facelift
Bei Zahnfokus, wie z.B. schief stehendem Weisheitszahn oder
unsauberer Wurzelfüllung, kann lokal um den Zahn in Höhe
der Zahnwurzel von bukkal und palatinal je 0,1-0,2 ml injiziert
werden. Bleiben die Beschwerden langfristig bestehen, sollte
eine Exstirpation in Erwägung gezogen werden.
Weitere Störfelder sind zum Beispiel chronische Irritationen
im Urogenitalbereich oder Darm und Narben nach Sectio oder
Appendektomie, welche bei ausbleibendem Erfolg natürlich
auch angespritzt werden sollten.
Liegt eine CMD vor, kann zusätzlich eine Quaddel über das
Kiefergelenk (4) von außen, Injektionen in Triggerpunkte des
M. masseters (5) von außen, von oral an den M. pterygoideus
lateralis und ggf. an das Ggl. stelllatum (10) bzw. Ggl. supremum
(9) erfolgen.
Um den Patienten insgesamt etwas zu entspannen, sind folgende
Punkte hilfreich: LG 20 bekannt aus der TCM (Kopfmitte),
Vaguspunkt am Gehörgangseingang (siehe Abb. 2), Schilddrüse
und Nabel.
Am Ende der lokalen Therapie lohnt es sich noch 1-2 ml 1%
Procain intravenös/paravasal zu geben.
Hat sich nach 5 neuraltherapeutischen Behandlungen noch
keinerlei Verbesserung eingestellt, können zunächst Procaininfuionen
in einem wöchentlichen Abstand mit langsam steigender
Dosierung (2 - 8 je 5 ml 1%ige Procainampullen in 250 ml
NaCl) gegeben werden. Diese helfen bei der Regulation nicht
nur mittels Durchblutungssteigerung und Muskelentspannung,
sondern auch durch Stimmungsaufhellung.
Auch bei chronischem Tinnitus kann Neuraltherapie, v.a. in
Form von Infusionen und Ganglieninjektionen, noch zu einer
Besserung führen, Kortison jedoch nicht mehr.
Abbildung 9: Konzept zur Tinnitus-Retraining-Therapie
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 29
Wissenschaft
Die Therapie des chronischen Tinnitus
Bei einem chronischen Tinnitus kann weder durch Medikamente,
eine Operation, apparative Versorgung noch durch Neuraltherapie
das Störgeräusch komplett abgeschaltet oder gelöscht werden.
Der Leidensdruck ist individuell sehr unterschiedlich, korreliert
nicht mit der Tinnitus-Frequenz oder -Lautstärke [10]
[11], sondern wird vor allem von den Begleitsymptomen, wie
z.B. Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Depressions- und
Angsterkrankung geprägt. Insbesondere bei diesen Begleiterkrankungen
kann gut therapeutisch angesetzt werden, z.B. mit
einer antidepressiven Medikation.
Konventionelle / implantierbare Hörgeräte
Je nachdem ob eine Normakusis (häufig!) oder gleichzeitig
eine Schwerhörigkeit besteht, kann ein Tinnitus-Masker/Noiser
mit oder ohne Hörgerät verordnet werden. Dadurch, dass
Hörinformationen von außen wieder stärker wahrgenommen
werden, tritt das Ohrgeräusch in den Hintergrund. Bei einer
ein- oder beidseitigen Ertaubung kann durch ein Cochlea-Implantat
(CI) die Tinnitusbelastung meist gut reduziert werden.
Psychotherapie
Eine kognitive Verhaltenstherapie zielt auf eine Verbesserung
der Verarbeitung und Bewältigung von Ohrgeräuschen ab, bei
gleichzeitiger Verbesserung der Stressverarbeitung und Behandlung
komorbider Symptome wie Schlafstörungen, Ängste,
Depressionen. Sie konzentriert sich auf eine Verbesserung der
Bewältigungsfertigkeiten durch Entkatastrophisierung der Tinnitussymptomatik,
die bewusste Aufmerksamkeitsumlenkung
und den Erwerb von Copingstrategien (Ablenkung, positive
Selbstverbalisierung). Es werden die Fähigkeiten des menschlichen
Gehirns genutzt, mittels Lernprozesse plastische Veränderungen
zu erreichen und damit den Tinnitus aktiv sowie
dauerhaft zu habituieren [12].
Tinnitus-Bewältigungs-Therapie
Die ursprünglich von Jastreboff und Hazell entwickelte Tinnitus-Retraining-Therapie
(TRT) nach dem sogenannten „neurophysiologischen
Modell“ [13] [14] ist in den letzten Jahren
erfolgreich modifiziert worden.
Heute wird eine Kombination aus TRT, auditorischer Stimulation
durch Masker/Noiser oder Hörgeräten und Verhaltenstherapie
angewandt. Dieser neue multimodale Therapieansatz wird
als Tinnitus-Bewältigungs-Therapie (TBT) bezeichnet und
kann die Lebensqualität von Betroffenen deutlich verbessern.
Tinnitracks
Eine ähnliche Strategie verfolgt die Tinnitracks-App mit seiner
Neurotherapie. Hierbei wird mit gezielt auf den Patienten zugeschnittener
Musik, versucht die verantwortlichen Hörzellen wieder
ins Gleichgewicht zu bringen. Voraussetzung ist ein tonaler Tinnitus
mit stabiler Frequenz und einem Hörverlust geringer als 60
dB. Zuerst wird beim HNO-Arzt die Tinnitusfrequenz bestimmt,
welche dann in der App hinterlegt wird. Mittels eines Codes kann
der Patient die App freischalten und hat Zugriff auf die unterschiedlichsten
Lieder, welche er sich nun auf sein Handy laden
kann. Hierbei wird immer die spezifische Tinnitusfrequenz aus
den betreffenden Liedern herausgefiltert. Der Patient sollte täglich
insgesamt 90 Minuten die Musiktherapierapie für ein Jahr lang
anwenden. Tinnitracks bietet auch eine Basistherapie an, in welcher
der Patient Bewältigungsstrategien lernt, die ihm das Leben
mit dem Tinnitus erleichtern sollen. Diese Counseling dauert etwa
sechs Wochen. Viele Krankenkassen unterstützen diese Therapie.
Kalmeda
Die Kalmed Tinnitus-App bietet eine digitale kognitive Verhaltenstherapie
an, die von allen Krankenkassen erstattete wird.
Sie ist als eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) vom
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
zugelassen und kann somit vom behandelnden Arzt budgetneutral
bis zu viermal auf einem Kassenrezept verordnet werden.
Hierbei werden die Anwenderinnen und Anwender auf
fünf Leveln mit je neun Modulen in den Kategorien Aufmerksamkeitslenkung,
Entspannung, Selbstwirksamkeit, Akzeptanz
und Achtsamkeit durch die Therapie geführt.
Neuromodulation
Mittels Biofeedback, welches seit mehr als 100 Jahren praktiziert
wird, kann die Patientin oder der Patient lernen, unbewusst
ablaufende Prozesse im Körper gezielt wahrzunehmen
und zu beeinflussen, z.B. den Blutdruck, die Schweißdrüsenaktivität
oder Hirnströme. Über Biofeedback lernen die Betroffenen
ihre Entspannungsfähigkeit zu verbessern und Stress
erfolgreicher zu bewältigen.
Beim Neurofeedback kann mittels verschiedener Verfahren,
wie z.B. Hämoenzephalographie oder Elektroenzephalographie,
die Hirnaktivität erfasst werden. Es werden z.B. mittels
Elektroden auf der Kopfoberfläche Gehirnwellen erfasst und
auf einem Bildschirm sichtbar gemacht. Teilnehmende sollen
dabei lernen, die Kontrolle über bestimmte unwillkürliche Gehirnprozesse
zu erlangen. Dadurch kann dann diejenige Aktivität
im Gehirn reduzieren werden, welche für die Erzeugung der
anhaltenden Geräuschwahrnehmung verantwortlich ist.
30 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
Weitere Möglichkeiten der Neuromodulation, jeweils gepaart
mit einer akustischen Stimulation:
• Transkranieller Magnetstimulation
• Transkranieller Elektrostimulation
• Bimodale Vagusstimulation
• Wangenstimulation
• Zungenstimulation des Nervus trigeminus
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen findet man im Internet unter www.tinnitus-liga.de.
Die Deutsche Tinnitus-Liga vertritt als gemeinnützige
Selbsthilfeorganisation die Interessen von Patientinnen
und Patienten mit Tinnitus, Hörsturz, Hyperakusis, Morbus
Menière und sonstigen Hörbeeinträchtigungen. Sie können
eine wichtige und tragende Rolle spielen [15].
Zusammenfassung
Jeder Tinnitus-Patient sollte ausführlich befragt, untersucht und
beraten werden. Es ist wichtig aufmerksam zuzuhören, Verständnis
zu zeigen und Ängste zu nehmen. Vor allem beim akuten
Tinnitus kann man zusätzlich zur leitliniengerechten Therapie
mit einem neuraltherapeutischen Ansatz die Ursache behandeln,
zum Beispiel Verspannungen lösen, Störfelder löschen und die
Durchblutung fördern. Selbst bei einem chronischen Tinnitus
lohnt sich ein Behandlungsversuch mit Procaininfusionen und
Ganglieninjektionen, um die Gemütslage und somit die Kompensation
zu verbessern.
Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt
vorliegt.
Autorin
Dr. med. Daniela Pfaue
Fachärztin für Hals-Nasen-
Ohrenheilkunde
Marienstraße 2,
89231 Neu-Ulm,
E-Mail: pfaue@hno-nu.de
Literaturverzeichnis:
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10.1016/j.neuroscience.2019.01.027
[2] Schaaf H, Eichenberg C, Hesse G. Tinnitus und das Leiden am Tinnitus. Psychotherapeut.
2010;55:225-32.
[3] Jain S, Cherian R, Nataraja NP, Narne VK. The Relationship Between Tinnitus
Pitch, Audiogram Edge Frequency, and Auditory Stream Segregation Abilities in Individuals
With Tinnitus. Am J Audiol. 2021 Sep;30(3):524-34. DOI: 10.1044/2021_AJA-
20-00087
[4] Goebel G, Hiller W. Tinnitus-Fragebogen (TF). Ein Instrument zur Erfassung von
Belastung und Schweregrad bei Tinnitus (siehe Anlage Tinnitus Fragebogen). Göttingen:
Hogrefe Verlag für Psychologie; 1998.
[5] Herrmann C, Buss, U, Snaith, RP. HADS-D – Hospital Anxiety and Depression
Scale - Deutsche Version: Ein Fragebogen zur Erfassung von Angst und Depressivität
in der somatischen Medizin. Bern: Huber; 1995.
[6] Plontke SK, Girndt M, Meisner C, Probst R, Oerlecke I, Richter M, Steighardt J,
Dreier G, Weber A, Baumann I, Plößl S, Löhler J, Laszig R, Werner JA, Rahne T. Multizentrische
Studie zur Hörsturztherapie – Planung und Konzeption [Multicenter trial
for sudden hearing loss therapy – planning and concept]. HNO. 2016 Apr;64(4):227-
36. DOI: 10.1007/s00106-016-0149-3
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hearing loss. Cochrane Database Syst Rev. 2013 Jul;(7):CD003998. DOI:
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depression. Otolaryngol Head Neck Surg. 1999 Jul;121(1):48-51. DOI: 10.1016/S0194-
5998(99)70123-3
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– Clinical Symptoms and Therapy]. Laryngorhinootologie. 2017 Jan;96(1):47-59. DOI:
10.1055/s-0042-119419
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psychosomatic tinnitus therapy 1–5 years after discharge. Eur Arch Otorhinolaryngol.
2017 Feb;274(2):701-10. DOI: 10.1007/s00405-016-4316-7
[13] Jastreboff PJ, Hazell JWP. Treatment of tinnitus based on a neurophysiological
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[14] Jastreboff PJ. 25 years of tinnitus retraining therapy. HNO. 2015 Apr;63(4):307-11.
DOI: 10.1007/s00106-014-2979-1
[15] Knör E. Die Deutsche Tinnitus-Liga e.V. (DTL). In: Biesinger E, Iro H, editors.
HNO Praxis heute – Tinnitus. Band 25. Heidelberg: Springer Verlag; 2005. p. 173-8.
DOI: 10.1007/3-540-27491-X_13
[16] Barop H. Lehrbuch und Atlas Neuraltherapie. Stuttgart. Haug Verlag; 2014
[17] Fischer L. Neuraltherapie. Stuttgart. Haug Verlag; 2014
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Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 31
med-akademie.de
Praxis
Neuraltherapie im Portfolio
einer Zahnärztin im Sinne
einer ganzheitlich-integrativen
Zahnmedizin
Andrea Koglin
Andrea Koglin ist seit 2008 Mitglieder der GZM. Parallel zur Ausbildung zur ganzheitlichen Zahnmedizinerin
hat sie die Ausbildung zur zertifizierten Neuraltherapeutin bei der Internationalen Gesellschaft
für Neuraltherapie nach Huneke absolviert und sich so dem Therapieziel der nachhaltigen
Gesundung auch unter Einsatz unkonventionellerer Therapiemethoden verschrieben. Sie ist selbstständige
Zahnärztin und hält darüber hinaus Vorträge vor interessierten Kollegen und Kolleginnen.
Zusammenfassung
Die Zahnmedizin profitiert auf vielfältige Weise von Innovationen
in den unterschiedlichen Fachrichtungen wie
Chirurgie, Werkstoffkunde, bildgebenden Verfahren und
Zahntechnik. Damit einher geht die Spezialisierung von
Verfahren. Zahnärzte und Zahnärztinnen müssen zunehmend
interdisziplinäres Denken berücksichtigen. Dazu
zählt auch die Einbeziehung der Möglichkeiten der Neuraltherapie.
Schlüsselwörter: Neuraltherapie in der Zahnheilkunde, Störfelder
Summary
Dentistry benefits in many ways from innovations in various
disciplines such as surgery, materials science, imaging
processes and dental technology. This is accompanied by
the specialization of processes. Dentists must increasingly
consider interdisciplinary thinking. This also includes the
inclusion of the possibilities of neural therapy.
Key words:
Neural therapy in dentistry, interference fields,
In ihrer Therapieentscheidung, non-invasiv oder invasiv, konservierend
oder prothetisch, mit oder ohne Hilfe der Kieferorthopädie
ist die gründliche personalisierte Anamnese und eine
einordnende Diagnose Voraussetzung für vorausschauendes
zahnärztliches Arbeiten. Das Umsetzen der Therapieziele kann
sich durch Verunsicherungen, Ängste, manchmal sogar durch
psychosomatische Überlagerung der Patientinnen und Patienten
verzögern oder auch ganz scheitern. Da Zahnärzte und
Zahnärztinnen in erster Linie Generalisten sind, ist die Einbeziehung
von Spezialfachrichtungen wie Kieferchirurgie und
Kieferorthopädie über die Basisversorgung hinaus sehr hilfreich
und fördert eine kollegiale Zusammenarbeit zum Wohle
der zu Behandelnden.
Die Integration der Neuraltherapie in den allgemeinzahnmedizinischenen
Praxisalltag unterstützt darin, chronische Belastungsfaktoren
zu erkennen und den Zahnarzt und die Zahnärztin
als auch die Patientin und den Patienten zeitiger in die
Lage zu versetzen, einer Krankheitsmanifestation entgegensteuern
zu können. Die Stärke der Anwendung der Neuraltherapie
32 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Praxis
liegt im Bereich des Funktionellen, also weit vor Ausbruch einer
Krankheit an sich.
Die Ergänzung der zahnärztlichen Diagnostik durch die neuraltherapeutische
Anamnese und Tastbefunde wie z.B. Adler-
Langersche Druckpunkte ebnen oft schon zum Zeitpunkt der
Neuaufnahme der Patientin oder des Patienten die Suche nach
Störfeldarealen, die darauf aufbauende Therapieplanung und
Umsetzung ist nachhaltiger. Die Akzeptanz von Störfeldern ist
ohne die Kenntnis der Funktion des vegetativen Nervensystems
schwierig. Grundlage für die Entstehung von Störfeldern ist die
Engrammierbarkeit dieses Nervensystems.
Ungefähr 30% aller chronischen Erkrankungen beruhen ursächlich
auf der Summierung unterschiedlicher durch den Organismus
nicht abbaubarer chronischer Reizfaktoren, die sich
im Laufe der Zeit nacheinander aufbauen. Davon entfallen 70
bis 80 % auf den Kiefer- Gesichtsbereich einschließlich der Nasennebenhöhlen
und des lymphatischen Rachenringes.
Mein Interesse für die Neuraltherapie lag von Beginn an zentral
darin begründet, wie sich der Terminus Herd durch den neuraltherapeutischen
Begriff Störfeld erweitert. Die Erweiterung
der Pathologie weg von der ausschließlichen bakteriellen Genese
einer Erkrankung hin zu einer Milieuberücksichtigung und
die Möglichkeit einer wechselseitigen Beeinflussung zwischen
Mikrobiom und dem Zustand der Grundsubstanz eines Organismus
weckte in mir das Interesse an diesem Fachgebiet.
Faszinierend ist es auch, wie universell und im Grunde einfach
die Neuraltherapie in das komplexe Geschehen der Regulation des
Organismus über das Vegetativum eingreift und wie groß auch
der Einfluss über das Fachgebiet der Zahnmedizin mithilfe der
Neuraltherapie in das Gebiet der Psychoneuroimmunologie ist.
Die Möglichkeit, dass eine chronisch unterschwellige Reizung
des sympathischen Anteils des vegetativen Nervensystems bei
einem kleinen erneuten Insult wie z. B. einer Weisheitszahnextraktion
plötzlich neben einer monatelang bestehenden Wundheilungsstörung
zu einem chronischen Gesichtsschmerz führen
kann, hätte ich früher als schicksalhaft angesehen. Heute reagiere
ich darauf neuraltherapeutisch und bin der Patientin oder
dem Patienten zunächst hilfreich dabei, dass es nicht zur Chronifizierung
des Schmerzes kommt. Dabei wird die nichtheilende
Wunde lokal umflutet, gesäubert und möglichst intraossär
mit Druck Procain injiziert. Die Heilung erfolgt zügig. Zahnärzte
und Zahnärztinnen sehen insbesondere im Notdienst zahlreiche
dieser sogenannten Zweitschlagsphänome.
Bei diesem Patienten, der mit unterschiedlichsten metallischen
Grossfüllungen versorgt war, darunter einige mehr oder weniger
vollständige Wurzelfüllungen und dem Vorliegen einer chronischen
Parodontitis und sowie Tonsillektomienarben, begann ich
eine metallfreie Ordnungstherapie als Oralrehabilitation mit begleitender
Neuraltherapie der Narbenstörfelder (Abb: 1 OPG).
Anschließend konnten die übrigen verlagerten Weisheitszähne
komplikationslos mit prompter Wundheilung extrahiert werden.
Ebenso eindrucksvoll und hilfreich sind vergleichsweise einfache
neuraltherapeutische Kurzinterventionen im Oberkiefer
(retromolare Injektionen) bei muskulären Verspannungen im
Kieferbereich, die oft im Segment in die Zähne Schmerzen projizieren
können. Zumindest vorübergehend löst das Entkoppeln
des sympathisch gesteuerten Regelkreises die Muskelspannung.
Auf diese Weise kann eine invasive, symptomatisch- erfolglose
Therapie an Zähnen unterbleiben.
In diesem Fall wie auch bei der Störfeldtestung dient die neuratherapeutische
Massnahme diagnostischen als auch therapeu-
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 33
Praxis
tischen Zwecken. Die neuraltherapeutische Zahntestung als sogenannte
unblutige Extraktion setzt die sympathikusinduzierte
Dauerreizbarkeit der Gewebe herab, bei gereizter Gingiva und
überempfindlichen Zähnen konstatiere ich in der Folge eine
Besserung der Symptomatik. Abgesehen davon können Störfeldareale,
deren Elimination vor Beginn einer umfangreichen
Therapie sinnvoll sind, ausfindig gemacht werden.
Die vorrangigste Aufgabe der Zahnärztin und des Zahnarztes
ist die Vitalerhaltung der Zähne. Entscheidend für den Entwicklungsprozess
einer chronischen Krankheit ist der Einfluss
der vegetativen Nervensystems auf das Gefäßsystem.
In den Zähnen erschwert sich durch den hohen intrapulpalen
Druck, den Platzmangel für das Pulpagewebe (ein embryonales
Bindegewebe) und das im Laufe der Zeit enger werdende Pulpacavum
die Blutzirkulation.
Jede Ischämie der umgebenden Strukturen der Zähne kann in
frühe regressive Metamorphosen oder auch autolytische Prozessen
der Zahnpulpa einmünden. Der hohe sympathisch gesteuerte
Kaudruck bei der CMD kann zu Pulpanekrosen völlig
gesunder Zähne führen ebenso wie zu Lockerungen der Zähne
im Parodont. Die Zahn- Kieferregion ist zweifach innerviert,
afferent über den N. Trigeminus und afferent als auch efferent
über den Sympathikus.
Eine parasympathische Innervation erfolgt indirekt über die
Mundschleimhaut und ihre Speicheldrüsen. Der Hauptverknüpfungspunkt
parasympathischer und sympathischer Nervenfasern
erfolgt in Höhe des Segmentes C2 über das Ganglion
cervicale superior. Mittels der Neuraltherapie beeinflussen wir
perfusionsgestörte Gewebe und die sie versorgenden perivasculären
Nervenfasern in Hinblick auf eine verbesserte Funktion.
Nervenzellmembranen werden durch den Einfluss des Procain
stabilisiert, ihre Dauerdepolarisation wird durch das Redoxpotential
des Procain auf einen Normzustand zurückgeführt und
so ihre Reizbarkeit minimiert.
Wirkung des Procain auf das Gewebe erfolgt auch hier in der
Folge auf eine Perfusionsverbesserung. Das sympathikolytisch
wirksame Procain verstärkt den Einfluss des Parasympathikus
auf die perfusionsgestörten Gewebe der Mundhöhle. So normalisiert
sich der Speichelfluss und entspannt sich die Muskulatur,
die Krafteinwirkung auf die Zähne nimmt ab, Parodontien
werden entlastet und die dort stationierte Lymphzirkulation
verbessert sich. Die Pulpen der Zähne besitzen keine eigenen
Lymphgefäße. Das Einfließen regelrechten Speichels in die
Mundhöhle fördert wiederum die Remineralisation des Zahnschmelzes,
welches dessen Abwehr- und Grenzflächenfunktion
zu Gute kommt. Diese Autoregulation im Mundhöhlenmilieu
unterbindet die Ausschüttung schmerzerzeugender Neurotransmitter,
normalisiert pH- Werte der Mundhöhle in den Bereich
des Basischen und führt zu einer biologisch- nachhaltigen,
wirklichen Kariesprophylaxe.
Die Neuraltherapie als lange in der Praxis bewährtes, ca. 100
Jahre altes Gedanken- und Therapiegebäude soll zu jeder kommenden
Zeit Inhalt der Medizin als auch Zahnmedizin bleiben
als auch jeweils an aktuelle Therapierichtungen wie z. B. an
die Implantologie angepasst werden. Es entfaltet Wirksamkeit,
indem es uns aus der derzeit dominierenden Einseitigkeit des
Spezialisten- und Expertentum herausführen kann.
Autorin
Dipl.-Stom. Andrea Koglin
Zahnärztin
17489 Greifswald
www.andrea-koglin.squarespace.com
Ein weiterer Ansatzpunkt der Neuraltherapie ist in gewisser
Weise eine Milieukorrektur im retikuloendothelialen System,
welches das Lymphsystem beinhaltet. Die immunmodulierende
34 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Wissenschaft
www.hypnose-kongress-berlin.de
8. – 11. Sept. 2022
Hypnose-Kongress Berlin
Zahnärztliche Hypnose und Kommunikation
Kollegialer
Austausch
Wissenschafts-
Symposium
Symposium für
Hypnoseassistenz
Workshops
Supervision
DGZH-Spezial
Studententag
Für Mitglieder der GZM gelten die vergünstigte Preise für DGZH Kooperationsgesellschaften.
Online-Anmeldung unter: hypnose-kongress-berlin.de/anmeldung/
Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose (DGZH) e. V., Veranstaltungsort: AMERON Berlin ABION Spreebogen Waterside
Weitere Systemische Infos und Anmeldung: Orale Medizin www.hypnose-kongress-berlin.de
· 10. Jahrgang 2/2022 35
Gesellschaft
NEU
Neuraltherapiekurs für Zahnmediziner und
Zahnmedizinerinnen
Die Neuraltherapie nach Huneke
ist ein wichtiger Bestandteil der
ganzheitlichen Zahnmedizin. Daher
stellt die Internationale medizinische
Gesellschaft für Neuraltherapie nach
Huneke (IGNH) einen neuen Zertifizierungskurs
für Zahnmedizinerinnen und
Zahnmediziner vor.
Viele chronische, therapieresistente Krankheitsbilder
in der Schulmedizin haben ihre
Ursache in nicht entdeckten Erkrankungen
der Zahn-/Mund-/Kieferregion. Als
ganzheitlich tätige Zahnärztin oder tätiger
Zahnarzt ist es daher wichtig, ein fundiertes
Wissen über die neuroanatomischen und
neurophysiologischen Zusammenhänge
der Kopfregion zum Ganzkörper zu haben.
Die Neuraltherapie Ausbildung der IGNH
qualifiziert Sie als Zahnarzt oder Zahnärztin,
die modernen Techniken der therapeutischen
Lokalanästhesie als Regulationstherapie
im Kopfbereich einzusetzen.
Im Rahmen der Ausbildung für Zahnmedizinerinnen
und Zahnmediziner erlernen
Sie die neurophysiologischen Grundlagen,
die zum Verständnis der Neuraltherapie als
ganzheitliches Regulationsverfahren nötig
sind. Neuraltherapie als regulationsmedizinisches
Verfahren nutzt die körpereigenen
Mechanismen um gestörte Körperfunktionen
durch gezielte Beeinflussung des vegetativen
Nervensystems in die Homöostase
zurückzuführen und dadurch beispielsweise
Schmerz, Autoimmunerkrankungen,
Entzündungsreaktionen und auch Stoffwechselerkrankungen
zu lindern oder gar
ganz zur Abheilung zu bringen.
Da im Kopf-Hals-Bereich und insbesondere
im Zahnbereich – aufgrund der hohen
nervalen Dichte und aufgrund der speziellen
anatomisch-physiologischen Verhältnisse
– besonders häufig die Ursachen dieser
Regulationsstörungen zu suchen sind,
sind Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner
geradezu dazu prädestiniert, durch
die Behandlung und Sanierung dieser Störfelder,
Nozigeneratoren oder neuromodulatorischer
Trigger die zugrundeliegende
Symptomatik erfolgreich zu therapieren.
Die neuraltherapeutische Ausbildung der
IGNH qualifiziert dazu, die aktuellen Injektionstechniken
der Neuraltherapie im
Bereich der Zahnkieferregion und des
Gesichtsschädels einzusetzen. Im Rahmen
der Ausbildung werden die Grundlagen
der Neuroanatomie und Neurophysiologie
des autonomen Nervensystems, die für
den gezielten Einsatz und das Verständnis
dieses regulationsmedizinischen Verfahrens
notwendig sind, erlernt.
Neuraltherapie bedeutet: Diagnostischer
und therapeutischer Einsatz von Lokalanästhetika
(Procain 1%) unter Nutzung der
Eigenschaften (z.B. Neuroplastizität) und
der Funktionen (z.B. Regulation von Orga-
IGNH- Ausbildungsablauf für Zahnmedizinerinnen
und Zahnmediziner
Kurs 1: Propädeutik-Kurs
Kurs 2: Segment-Kurs
Kurs 3: erweitertes Segment
Kurs 4: Störfeldkurs
vom Segment zum Störfeld
(neuromodulatorischer Trigger
- NMTR)
Kurs 5: Zahnkurs
neuraltherapeutische
auf die Zähne
Sicht
Kurs 6: Schmerzkurs
moderne Schmerzphysiologie,
Triggerpunkteinführung
nen, Zellsystemen, Mikrozirkulation) des
autonomen Nervensystems. Damit wird es
möglich, eine gezielte Diagnostik und Therapie
der Zahnkieferregion vornehmen zu
können (z.B. Schmerzen, Entzündung,
Degeneration, Kaustörungen). Die neuraltherapeutische
Ausbildung für Zahnmedizinerinnen
und Zahnmediziner bedeutet
neben der klassischen zahnmedizinischen
36 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Gesellschaft
Ausbildung eine Integration in die Gesamtmedizin
und ist von hervorragender
Bedeutung für das fachübergreifende Behandlungskonzept
der Neuraltherapie.
Die neuraltherapeutische Ausbildung
der IGNH für Zahnmedizinerinnen und
Zahnmediziner verläuft in Form von
sechs Tageskursen. Jeder Kurs hat eine
Dauer von 12 UE und sollte in der genannten
Reihenfolge belegt werden.
Die Ausbildung erfolgt gemeinsam mit
den Ärztinnen und Ärzten anderer
Fachrichtungen und kann zur günstigen
Blockbuchung (je 3 Tageskurse)
belegt werden. Nach erfolgreicher
Teilnahme an den 6 Tageskurse
vergibt die IGNH an Zahnmedizinerinnen
und Zahnmediziner
das Zertifikat „Zahnmedizinische
Neuraltherapie“.
Gerne kann jedoch die Vollausbildung
mit den Humanmedizinern
fortgesetzt oder einzelne
weiterführende Kurse aus dem
Curriculum von Zahnmedizinerinnen
und Zahnmedizinern
nach Abschluss dieser
Grundausbildung wahlweise
belegt werden.
Weitere Informationen zur Ausbildung erhalten Sie in der Geschäftststelle der Internationalen Gesellschaft für Neuraltherapie
nach Huneke (IGNH e.V) in Freudenstadt. Telefon 07441-918580 oder unter www.ignh.de oder in der Geschäftsstelle
der GZM
Michaela Keil,
Fachärztin für Allgemein-
Chirurgie
Praxis Rinneberg
Saarlandplatz 8
66693 Mettlach-Orscholz
nthmk@gmx.de
Dr. med. Gerd Belles D. O.
(DAAO)
Am Sauerborn 28, 54317 Gusterath
gerd@belles.de
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 37
Auf Wanderschaft.
Vom 25. bis 29. Mai 2022 eroberten begeisterte Pflanzenexkursionswillige
die Dolomiten. Mit dabei waren Interessierte aus der
Human- und Tiermedizin. Was besonders freut: Auch die Zahnmedizin
war vertreten, sogar international. Urs Weilenmann, der
Präsident der SGZM, und seine Frau Beatrice bereichterten die
Gruppe mit Fachwissen zur Pflanzen- und Bergwelt.
Ausgerüstet mit Bestimmungsbüchern, Apps, Fotoapparaten und
Sammeltüten folgte die wanderfreudige Gemeinschaft dem Exkursionsleiter
Prof. Dr. Michael Keusgen auf Schritt und Tritt durch
die Berge. Spannend waren dabei nicht nur die zum Teil sehr seltenen
Fundstücke aus der Pflanzenwelt. Auch der ein oder andere
Wanderweg barg interessante Abschnitte, deren Bewältigung mit
unvergesslichen Eindrücken der Bergwelt belohnt wurde.
Bis spät in die Nacht bestimmten die Teilnehmenden die
zum Teil seltenen Fundstücke deren Einsatz in der Heilkunde.
Glück mit dem Wetter hatte die fröhliche und harmonische
Gruppe ebenfalls. Wenn die ZAEN- und SGZM-Engel
reisen...
…ohne Worte
Michael Keusgen...
Trollius europeus (Trollblume)
Der Gipfel des Weißhorn
38 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
Auf der Jagd nach dem ultimativen Foto
Auf dem Weg zum Gipfel
Glückliche Exkursionsteilnehmende
Gentiana Acaulis (Kochscher Enzian)
Morgens um 5 Uhr: Der Latemar
spiegelt sich im Karersee
Rhododendron Hirsutum (Bewimperte Alpenrose)
Rast und Ruh nacherfolgreicher Wanderung
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 39
16 My ZAEN
Mehrtägige Arzneipflanzenexkursion in Saas-Almagell/Schweiz
mit Prof. Dr. Michael Keusgen
Vom Enzian zur Alpenrose
– die 2. Fortsetzung –
Termin: 03.08. – 07.08.2022
So manch einer mag sich fragen, ob man im August überhaupt
noch eine botanische Exkursion machen kann, da ist doch
schon (fast) alles verblüht. Aber weit gefehlt, es kommt „nur“
auf die Höhe an! Und hier gibt es keine idealere Region als das
Saas-Tal in der wunderschönen Schweiz, welches von insgesamt
18 Viertausendern eingerahmt ist. Diese braucht man für
eine botanische Exkursion natürlich nicht zu bezwingen, aber
sie spenden durch ihre Gletscher auch im Hochsommer ausreichend
Kühle, um die wunderbare Flora der Zentralalpen in
voller Pracht erblühen zu lassen. Wobei sich allerdings spätsommerliche
Elemente in das bunte Blütenspektakel mischen;
hier sind insbesondere Massenvorkommen von Edelweiß,
Alpenaster und Deutscher Fransenenzian zu erwähnen.
Die Vegetation der Zentralalpen unterscheidet sich grundsätzlich
von der der nördlichen und südlichen Kalkalpen (nördlich:
Allgäu, Salzburger Land; südlich: Dolomiten). Das in den Zentralalpen
vorherrschende Silikatgestein mit eingesprengten
Kalklinsen ist überwiegend sauer und begünstigt somit ganz
andere Pflanzenarten, als wir sonst aus den Randalpen kennen.
Durch die Kalklinsen, die wiederum basisch sind, ergibt
sich eine unglaubliche Vielfalt.
Auch wenn die Bergkulisse des Saas-Tals sehr beeindruckend
ist, ist das Areal wegen seiner ungewöhnlich guten Erschließung
durch Bergbahnen körperlich wenig herausfordernd (sofern
man Höhen zwischen 1.500 m und 3.200 m gut verträgt). Ein
absolutes Highlight ist sicherlich der Besuch des Hohsaas,
einem Dreitausender, wobei man mit der Seilbahn direkt in
Kosten der geführten Wanderung:
360,-- € pro Person
Anmeldung unter info@zaen.org oder telefonisch unter:
07441-918580
Unterkunft: Im Hotel Alpenhof Saas-Almagell sind bereits
Zimmer bis zum 3.7.2022 reserviert.
Eigene Buchung ist dennoch zwingend erforderlich –
Kennwort: ZAEN
einem hochalpinen Biotop landet, ohne den Berg erklimmen
zu müssen. Besonders beeindruckend: Der tiefblaue Himmelsherold,
der im August auch blühen sollte. Von dort kann man
gemütlich auf einem gut ausgebauten Weg in das Tal zurückkehren
und bequem zahlreiche Vegetationsstufen durchqueren.
Ebenfalls empfehlenswert ist eine Umrundung des Stausees
Mattmark auf 2.200 m Höhe, den man innerhalb von 10 min.
mit dem Postbus vom Hotel aus erreichen kann. Dort gibt es
eines der wenigen alpinen Vorkommen der „echten“ Rosenwurz.
Daneben gibt es aber auch eine Fülle von Wanderwegen auf
mittlerer Höhe zwischen 1.600 m und 2.200 m, die gut über
Bergbahnen zu erreichen sind und von denen man recht komfortabel
in die Tallagen zurück wandern kann. Es ist also
dieses Mal nicht erforderlich, die Gipfel zu Fuß zu erstürmen,
sondern das übernimmt die Seilbahn. Wem die Rückwege in’s
Tal zu beschwerlich sind, kann selbstverständlich auch die
Bergbahn für den Rückweg benutzen.
Diese mehrtägige Exkursion richtet sich an MedizinerInnen,
die sich mit der atemberaubend schönen Alpenflora und dem
reichen Vorkommen an Arzneipflanzen in den Zentralalpen
beschäftigen möchten. Arzneilich genutzte Pflanzen (phytotherapeutisch,
volkmedizinisch, homöopathisch) werden mit
ihren besonderen Merkmalen, ihren Inhaltsstoffen und den
potentiellen Anwendungsmöglichkeiten erklärt.
Die Buchung der Exkursion erfolgt über die Geschäftsstelle
des ZAEN.
Hotel Alpenhof Saas-Almagell AG
Talstraße 91
CH – 3906 Saas-Almagell
Tel. +41 27 957 20 20 (Buchung bei Hanna)
office@hotelalpenhof.ch
https://hotelalpenhof.ch
Preis:
Einzelzimmer mit Frühstück: CHF 640,00 pro Person für 4 Nächte
Doppelzimmer zur Einzelnutzung mit Frühstück: CHF 850,00
pro Person für 4 Nächte
Illustrationen: © pikisuperstar – Freepik.com, naobim – Pixabay.com
Zuschlag Halbpension: CHF 30,00 pro Person und Tag
zaenmagazin 14. Jahrgang 2/2022
Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen
begrenzt.
Die täglichen Exkursionswanderungen
beginnen um 9:00 Uhr und führen, je
nach Wetterlage, in unterschiedliche
Vegetationszonen. Die Touren werden
so geplant, dass je nach individueller
körperlicher Leistungsfähigkeit Rastpunkte
oder auch Endpunkte definiert
werden können. Das Programm wird
entsprechend der aktuellen Wetterlage
und der „Wanderfreudigkeit“ der
Gruppe tagesaktuell angepasst, bleibt
aber immer spannend!
Bitte bringen Sie Bestimmungsbücher
mit, sofern vorhanden. Festes Schuhwerk
mit fester Sohle (bei älteren
Schuhen bitte überprüfen, ob die
Sohle noch festsitzt!) sowie zusätzliche
warme Kleidung und regendichte
Jacke (plötzliche Wetterumschwünge)
stets mitnehmen, optional einen kleinen
Wanderrucksack und Wanderstöcke
(sehr empfehlenswert, denn es
geht zumeist bergab). Sonnenschutz
nicht vergessen!
Durch die Benutzung von Verkehrsmitteln
wie Busse und Bergbahnen
können zusätzliche Kosten anfallen;
vieles ist jedoch schon durch die Kurtaxe
abgedeckt.
Programm:
Mittwoch, 03.08.2022
19:30 Uhr
Donnerstag, 04.08.2022
09:00 – 16:00 Uhr
20:00 – 22:00 Uhr
Freitag, 05.08.2022
09:00 – 17:00 Uhr
20:00 – 22:00 Uhr
Samstag, 06.08.2022
09:00 – 16:00 Uhr
20:00 – 22:00 Uhr
Sonntag, 07.08.2022
Ab 9:00 Uhr
Anreise
Einführung in die Flora des Gebietes. Es werden die
Geographie des Exkursionsgebietes sowie charakteristische
Pflanzen besprochen.
Zur Eingewöhnung an das alpine Klima kurze Fahrt
(ca. 10 min.) vom Hotel mit dem Postbus zum Stausee
Mattmark auf ca. 2.200 m Höhe und Umrundung des
Sees auf gleichbleibender Höhe. Rückkehr an jeder
Stelle des Weges möglich. Einzigartiges Vorkommen
der Rosenwurz, aber auch anderer seltener Pflanzen
wie Edelweiß.
Nachbesprechung und Nachbestimmung der gefundenen
Pflanzen.
Das „Highlight“ der Exkursion: Kurze Fahrt mit dem
Postbus (ca. 10 min.) nach Saas-Grund, von dort mit
der Seilbahn über den Kreuzboden auf den Hohsaas
(ca. 3.200 m). Biotop um die Seilbahnstation herum,
Rückweg durch unterschiedliche Vegetationsstufen nach
Saas-Grund. Rückfahrt auch mit der Seilbahn möglich.
Nachbesprechung und Nachbestimmung der gefundenen
Pflanzen.
Exkursion auf mittlerer Höhe, wetterabhänging sowie
abhängig von der „Wanderlaune“ der Gruppe. Entweder
vom Hotel aus Bergbahnfahrt zur Heidbodme
(ca. 2.300 m) und von dort aus Erkundung der Region
oder alternativ mit dem Postbus (ca. 20 min.) nach
Saas-Fee und Erkundung der Vegetation rund um den
Ort, mit kurzer Bergbahnfahrt.
Nachbesprechung und Nachbestimmung der gefundenen
Pflanzen.
Abreise
Bei nicht so schönem Wetter:
Umplanung der oben aufgeführten Programmpunkte, je nach Wetterlage, möglich.
Bei ungünstigem Wetter über die gesamte Dauer der Exkursion (sehr unwahrscheinlich,
da das Saas-Tal 300
Sonnentage im Jahr hat!) muss die
hochalpine Tour durch eine Tour
in geringerer Höhe ersetzt werden.
zaenmagazin14. Jahrgang2/2022
GZM aktiv
Peter Helms zum 80. Geburtstag
„Vielleicht haben wir eine Chance, wenn wir
alle etwas mehr Horst Hrubesch wagen.
Hrubesch war ein uneigennütziger Teamplayer. Seine Leistung
wuchs durch Kooperation mit anderen. Auf dem Platz war er ein
Teil des Teams, eines komplexen Netzwerkes von Spielern, und
hat sich besonders effzient im Kollektiv verhalten. Unprätentiös,
bescheiden, leise, aber groß. Wenn jemand mit kritischen Situationen
umgehen konnte war es Horst Hrubesch. Er konnte ein schon
verlorenes Spiel kippen. .......
... Und so wie Teamkollege Manni Kaltz krumm schießen konnte,
müssen wir hier und da etwas um die Ecke denken und Verbindungen
sehen, wo wir vielleicht keine erwartet haben. Gedanklich mal
über die Flügel kommen und das Ding am Ende noch drehen.“
Manni Bananenflanke, ich Kopf –Tor! (Horst Hrubesch)
So war er aktives Gründungsmitglied des
Arbeitskreises Myofunktionelle Therapie
(1980) und 1991-2000 erster Vorsitzender
des AKs. Nicht unerwähnt werden
sollen sein Engagement zum Aufbau eines
Hilfsprojektes (medizinisches Zentrum)
in Port Antonio (Jamaika) und Vorträge
und Seminare an der Universidad Nacional
Autónoma de Nicaragua UNAN-León
im Rahmen der Städtepartnerschaft Hamburg-Leon.
1986 wurde Peter Helms Mitglied der
GZM. Hier brachte er sein vielfältiges
Wissen und seine umfangreiche Erfahrung
ein, die er gerne bis heute teilt.
Seit dieser Zeit war er ständiger Gast
und Referent auf dem Kongress in Baden-Baden.
Immer war seine „Crew“
(Partner und Assistenten der Praxis)
Als ich diese Zeilen las, da dachte ich automatisch
an Peter Helms. Nicht nur weil
er, als ehemaliger Fan und Dauerkartenbesitzer
des HSV, Manni Kaltz persönlich erlebte
und in seiner aktiv gestalteten sportlichen
Freizeit Bananenflanken übte und
spielte, sondern auch weil sein Wirken in
der GZM so beschrieben werden kann, wie
oben von Horst Hrubesch berichtet.
Ein weiteres zeichnet Peter Helms aus.
Bertrand Russell (brit. Philosoph 1872-
1970 1950 Nobelpreis Literatur) fasst es
so zusammen: „Das ist der ganze Jammer:
Die Dummen sind sich so sicher und die
Gescheiten so voller Zweifel.“ Er hatte und
hat Fragen und Zweifel und ist sich nie
sicher. Sein Credo: Fragen, forschen und
offen sein für verschiedene Standpunkte.
Nach der Bombardierung seiner Geburtsstadt
Dresden kam er in „seine“
Stadt Hamburg. Dort studierte er und
war mehrere Jahre Assistenzzahnarzt.
Durch seine Neugier und sein vielfältiges
Interesse angetrieben folgten Studienaufenthalte
und Hospitationen in der
USA bei bekannten Hochschullehrern.
In dieser Zeit entstand auch seine Studie
zur Zahngesundheit der Amazonas-Indianer
in Ecuador. 1957 gründete Peter
Helms eine Gemeinschaftspraxis in
Hamburg, die viele neue Konzepte der
Praxisführung umsetzte und die er und
seine Partner auch in Kursen weitergaben.
Sein Wissendurst war noch lange
nicht befriedigt und so folgten weitere
(teils aufwendige) Fortbildungen. Gerne
und mit viel Erfolg gab er sein (neues)
Wissen in Praxis und Theorie weiter.
Viele offene Fragen und ungeklärte Inhalte
brachten in 1980 nach Alternativen
suchend in Kontakt mit der „ganzheitlichen“
Zahnmedizin.
42
GZM aktiv
dabei, die er für die GZM begeistern
konnte. 1997 wurde er Schatzmeister
der GZM und bildete mit Freund Jörg
Born eine „Norddeutsche Fraktion“.
2000 wurde er zum ersten Vorsitzenden
gewählt und hatte den Tagesvorsitz in
Baden-Baden inne. Viele seiner Ideen
und Vorschläge führten zu Einladungen
von Referenten am Qualifizierten
Abend. Wichtig für ihn war auch der
persönliche Kontakt. Legendär sind die
Abende im Löwenbräu Baden-Baden
und im Orlando-Keller in München.
Für die GZM entwickelte er das Postgraduale
Masterstudium in Graz mit. 2005
erhielt er für seine dort abgeschlossenes
Studium den Master of Science.
Dass die Ideen der GZM ein wichtiger
Faktor in seinem beruflichen Leben waren,
zeigt u.a. seine Promotion, die er mit
63 Jahren begann. Hier untersuchte er u.a.
„Die Geschichte der GZM (1985 -2010)“.
Bei der Vorstellung seiner Dissertation
war ich an der Uni in Freiburg anwesend
und erinnere mich noch gut an die verdutzen
Gesichter der Professoren einen so
„alten“ Doktoranten vor sich zu haben.
Seit 2015 ist Peter Helms Ehrenmitglied
der GZM und wir freuen uns, dass er bis
heute aktiv und kreativ Teil der GZM Familie
ist.
"
Ein Mensch, nur 80 Jahre jung,
Ist geistig noch ganz gut in Schwung.
Er ist recht munter und ganz wendig,
auch seine Seele ist lebendig.
Und fragt man ihn, wie er das macht,
so sagt er „ich hab nachgedacht.
Es geht mal vor und mal zurück, oft auch vorbei am
großen Glück. Jedoch das kleine kommt
entgegen Dir hundertfach auf manchen Wegen.
Du brauchst Geduld und viel Geschick im
Umgang mit dem Lebensglück. Wenn Du bedenkst
auf dieser Welt: am besten ist´s mit uns bestellt,
wo wir ein klares Bild uns machen, vom Leben,
Lieben, Weinen, Lachen. Mit Einsicht, Zuversicht,
Vertrauen: Nicht rückwärts sondern vorwärts
schauen."
Lieber Peter, so wünschen wir – die gesamte GZM -
Dir zum Geburtstag mit Eugen Roth alles Gute! Dein
Peter Bornhofen
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 43
GZM aktiv
CMD Symposium online
Rhena Butros
Die GZM veranstaltete zum zweiten Mal ein dreitägiges virtuelles Symposium
vom 15. bis 17. Februar 2022. 6 Referenten*innen beleuchteten an drei
Abenden die Craniomandibuläre Dysfunktion. Zur Freude der Veranstalter
nahmen weit über 400 Teilnehmer*innen teil.
Schmerztherapie über einen Medikamententräger.
Interessant war die Darstellung
eines mukosalen Kontaktpunktkopfschmerzes
ausgelöst durch einen
Nasensporn.
Dr. Horst Kares
Den Auftakt macht Dr. Horst Kares mit
seinem Vortrag „Update Craniomandibuläre
Dysfunktionen auf Grundlage der
wertebasierten Medizin – Bewährtes und
Neues“
Es kommen ca 16% der Patienten mit
orofaszialen Schmerzen in unsere Praxis,
6,6% davon mit muskuloskelettalen
Schmerzen. Über die Hälfte der neuen
CMD Fälle werden durch Traumata ausgelöst,
davon 50% iatrogen, z.B. durch lange
Mundöffnung oder Weisheitszahnentfernung.
Kares stellte zu Beginn einige Kasuistiken
vor, die verdeutlichen sollen, dass
es ein großes Spektrum an Diagnosen gibt,
bei denen es sich nicht immer um CMD
handelt. Wenn bei Bruxern mit Insomnie
Schienen angefertigt werden, gehört
dieses zur Schlafmedizin. Besonders bei
denjenigen, die ein starkes Abrasionsgebiss
haben, kombiniert mit obstruktiver
Schlafapnoe, Reflux, Halsschmerzen, häufiges
Räuspern und einem hohen BMI. Bei
Patienten*innen, denen man eine Schiene
für tagsüber anfertigt mit der Empfehlung
zur Verhaltensänderung, Bewegung,
Kurzpausen während der Schreibtischarbeit
etc, bewegt man sich im Bereich der
Physiotherapie/Orthopädie. Interessant
war hierbei die dargestellte Wirkung einer
„Luftschiene“ (Luft zwischen den lockeren
Lippen ausblasen wie ein schnaubendes
Pferd). Bei Patienten*innen mit einer okklusalen
Dysästhesie (Phantombiss), einer
Fixierung auf den falschen Biss, einer
Zwangsstörung agiert man mit de Therapiemaßnahmen
im Rahmen der Psychologie/Psychiatrie.
Synoviale Chondromatose mit sog.
„Glenkmäusen“ im OPG führt in das
Fachgebiet der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.
Viel Stress kombiniert
mit Chirurgie in den Wechseljahren
macht manchmal große Probleme. Patienten*innen
mit Posttraumatischen
Trigeminusneuralgien (PTTN) sind
keine CMD Patienten. Hier wird medikamentös
antidepressiv behandelt werden
evtl. kombiniert mit einer lokalen
Der zweite Punkt der Ausführung betraf
die Terminologie CMD und die
orofazialen Schmerzen nach Ursachen
gefächert. Bei Kopf- und Kieferschmerzen
gilt, die große Bandbreite der Differenzialdiagnose
nicht zu unterschätzen.
Neben den uns allen bekannten
intraoralen Schmerzen der Zähne, des
Parodontiums etc, treten vor allem die
muskuloskelettalen Schmerzen auf, die
Schmerzen aus dem HNO Bereich und
der Augen, neurovaskuläre Schmerzen
und nicht zu vergessen Tumore, raumfordernde
Schmerzursachen und neuropathische
Schmerzen. Das Kerngebiet
ist die CMD, bei der man sich an der diagnostic
criteria for temporomandibular
disorders (DC/TMD) orientiert. In
Achse I wird in somatischen Befunden
und Diagnosen die schmerzhaften CMD
beschrieben (Myalgie, Arthralgie) und
die nicht schmerzhafte CMD (Diskusverlagerung,
Arthrose, Luxation/Subluxation).
Achse II, die psychosozialen
Befunde, wird beurteilt über das längere
Bestehen schmerzhafter Befunde mit
dem wichtigsten Instrument Messung
der Schmerzintensitiät und die schmerzbedingte
Beeinträchtigung mittels der
Graduierung chronischer Schmerzen
(GCS). Um das Schmerzausmaß zu er-
44 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
GZM aktiv
fassen, wird eine Schmerzzeichnung
erstellt. Zudem gibt es eine ganze Reihe
von Fragebögen, die die funktionelle
Einschränkung dokumentieren (Jaw
Functional Limitation Scale), die zur
Überbeanspruchung führender Verhaltensweisen
(Oral Behavior Check List)
u.a. Diese Diagnostic Criteria of TMD,
1992 von Dworkin et al. weiterentwickelt
und in 17 Sprachen übersetzt mit
einer hohen Sensitivität und Spezifität
für Myalgien, Arthralgien und CMD
Kopfschmerz, werden 2022 in den Universitäten,
in der Weiterbildung und eigenen
Curricula eingesetzt.
Die Inzidenzrate der gesunden Bevölkerung
CMD zu entwickeln beträgt 4%.
8-16% haben bereits eine schwere behandlungsbedürftige
CMD als dritthäufigste
Schmerzerkrankung im Erwachsenenalter.
Während Kinder sehr selten
daran erkranken, häufen sich die Fälle
bei den Jugendlichen, mehr Frauen als
Männer und im Alter verschwindet sie
von allein. Ursachen für die Schmerzen
der CMD gibt es nicht. Bei einem Odds
Ratio von 3,3 (OR – der Vergleich dieser
Gruppe mit einer normalen Population)
ist die Wahrscheinlichkeit von
Bruxismus 3 mal höher bei der CMD
Population als bei der allgemeinen Bevölkerung.
Hierbei handelt es sich um
eine Assoziation und keinen kausalen
Zusammenhang. Bei der Schlafapnoe
liegt der OR fast 4. Dh die Schlafapnoe
ist ein wichtigerer Risikofaktor als die
Okklusion. Ebenso ein Makrotrauma
(OR 4-8), Weisheitszahnentfernung (OR
4), Migräne (OR fast 5) und multilokaler
Schmerz (OR 8).
Anschließend stellt Dr. Kares den Saarbrücker
Algorithmus für Patienten mit
Symptomen dar, so wie er in seiner
Praxis angewendet wird. Bei der wertebasierten
Medizin geht es um die Vermeidung
von Über-, Unterbehandlung
und natürlich der Fehlbehandlung. Die
evidenzbasierte Medizin bemüht sich
in der Therapie zu differenzieren zwischen
spezifischen und unspezifischen
Effekten. Wir Kliniker haben allerdings
drei große Probleme mit der EbM: zum
einen sind wir nicht ausgebildet mit
Statistiken und Studien umzugehen,
sind deshalb auf Leitlinien angewiesen.
Zum anderen haben wir einen Interessenskonflikt,
weil wir nach Eingriffen
bezahlt werden und nicht fürs Abwarten.
Zu guter Letzt müssen wir uns forensisch
absichern und möglichst viele
Untersuchungen einleiten. Ein weiterer
großer Aspekt ist, dass wir lt Berufsordnung
von 2018, nachhaltige Medizin
betreiben sollten. Denn die Gesundheit
des Einzelnen ist die Gesundheit der
Erde und umgekehrt. Dr. Kares empfiehlt
dazu ein Buch mit dem Titel „Planetary
Health“ von Traidl-Hoffmann et
al., 2021. Der Referent schließt mit einer
Liste therapeutischer Maßnahmen,
bei denen die Schiene nur an fünfter
Stelle steht.
Dr. Dr. Josef Vizkelety
Dr. Dr. Josef Vizkelety –
CMD aus der Sichtweise der Ganzkörpermedizin.
Der Referent ist seit 2018
in der Alpenstein-Clinic/Ostschweiz
mit interdisziplinärer Ausrichtung als
doppelt approbierter Chef Zahnarzt tätig
und gibt Einblicke in deren ganzheitliches
Konzept.
Hier werden nicht nur die funktionell
craniomandibulären Prozesse auch die
biochemischen und psychologischen
Fehlregulationen zwischen Kiefer- und
Nackenmuskulatur, Wirbelsäule und Kiefergelenksfunktionen
angeschaut. Zu den
bekannten Kardinalzeichen für CMD, wird
auch die Diagnose entsprechend den RDC/
TDM Kriterien in drei Gruppen eingeteilt:
I Muskelbeschwerden (myofasziale
Schmerzen ohne und mit eingeschränkter
Mundöffnung)
II
Diskusverlagerungen (mit und ohne
Kompressionen)
III Arthralgien, Osteoarthritis, Osteoarthrose
des Kiefergelenkes.
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 45
GZM aktiv
Neben den schulmedizinisch bekannten
Ursachen werden auch genetische Dispositionen
diskutiert, die der Referent aber
so nicht bestätigen kann. Vielmehr sollte
der Zusammenhang mit chronisch systemischen
Erkrankungen einbezogen werden.
Ursachen im Rahmen der Integrativen
biologischen Zahnmedizin werden in
der Alpenstein Clinic viel stärker beachtet.
Diese sind u.a. Smog, chronische ZNS
Reizung, unausgewogene Ernährung,
übersäuertes Gewebe, psychischer Stress,
Toxinbelastung, zu viel Yang und zu wenig
Yin und ganz wichtig Darmdysbiosen.
Ganzheitlich betrachtet ist das Kiefergelenk
ein wichtiges neurovegetatives Steuerungssystem,
denn fast die Hälfte aller
afferenten Nervenimpulse haben einen
Bezug zum Kiefergelenk. So gesehen darf
das Kiefergelenk nicht isoliert betrachtet
werden. Häufig besteht eine Dysregulation
zwischen dem Becken mit der Wirbelsäule,
besonders der Ileosakralgelenke
(ISG) und den Schultern. Das ISG ist der
Kreuzungspunkt funktioneller aufsteigender
und absteigender Störungen. Auf
dieser Basis wird versucht das Prinzip
der Myozentrik umzusetzen. Die Kieferrelation
OK/UK wird von der gesamten
skelettalen Muskulatur bestimmt und ist
dynamisch. Nur durch deren Entspannung
kann die Ruheschwebelage erlangt
werden, aus der wiederum die Kieferrelation
bestimmt wird. Vergleichend mit
einem Uhrwerk, bei dem ein blockiertes
Zahnrad das ganze System zu blockieren
vermag. Daraus kann zusammenfassend
erklärt werden, dass der Unterkiefer ein
integraler Bestandteil der Körperposition
und -Haltung ist. Entsprechend dieser
Zahn-Kiefer-Wirbelsäulen-Becken
Achse werden mittels Thermographie
die entsprechenden Referenzpunkte im
Kiefer- und im Beckenbereich gemessen
und miteinander verglichen. Bei Asymmetrien
liegen positive Befunde vor. Aufschluss
darüber gibt auch das funktionelle
Screening in Bezug auf Schneidekantendistanz
bei Mundöffnung, Mittellinienverschiebung
statisch und dynamisch,
Kiefergelenksgeräusche, Muskelpalpationsbefund,
traumatische Okklusion und
Beinlängendifferenz. Die Therapieansätze
sind lokal und systemisch sehr gut mittels
Neuraltherapie (Procain evtl kombiniert
mit bestimmten homöopathischen Zusätzen).
Die manuelle Therapie in Form von
Osteopathie und craniosakral Therapie.
TENS als alleiniges Therapeutikum reicht
oftmals nicht aus. Abschließend geht der
Referent auf die Bedeutung der Schienentherapie
im Sinne einer Entlastung
des Kiefergelenkes ein. Mittels spezieller
Röntgensoftware ist sehr eindrücklich
zu sehen wie sich das Atemwegsvolumen
deutlich positiv verändert nach Therapie
im interdisziplinären Team. Zu den integrativen
biologische Behandlungsaspekten
gehört auf jeden Fall die Entgiftung
der Mundhöhle, die Wiederherstellung
des Säure-Basen Gleichgewichtes über
eine effektive Darmsanierung um die allgemeine
Zellregeneration anzukurbeln.
TCM, Homöopathie und Akupunktur
gehören ebenso dazu wie craniomandibuläre
Osteopathie, Myoreflextherapie
kombiniert mit Neuraltherapie und myozentrischer
Schienen.
Dr. Annette Jasper
Am zweiten Abend stellte Dr. Annette
Jasper, niedergelassene Zahnärztin
in München, mit ihrem Vortragsthema
„Syste misches Vorgehen bei der
CMD-Therapie“ ihr Praxiskonzept vor.
Ein definierter Fahrplan hilft nicht nur
der Organisation, auch dem Schutz der
Behandlers*in im Regressfall. Sie benutzt
einen Fragebogen, der den Patienten*innen
die Schmerzen einzeichnen und auf
einer Rating Skala bewerten lässt. Beim
klinischen CMD-Check findet man innerhalb
von 10 min heraus, wie es um die
Funktion der Patienten*innen steht. Evtl.
Stethoskop einsetzen um die Kiefergelenke
abzuhören. Besonderer Tipp hier:
Fotodokumentation! Darauf basierend
wird ein Behandlungsvorschlag, in dem
mündlich als auch schriftlich die Untersuchungsergebnisse
und das weitere Vorgehen
zusammengefasst dargelegt werden.
Sehr hilfreich und unterstützend ist es,
dem Patient*innen informative Unterlagen
in Form von Flyern oder Videos mit
nach Hause zugeben.
46 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
GZM aktiv
iSTock/microgen
Das Analysepaket beinhaltet die klinische
Strukturanalyse, kinesiologische
Testverfahren, eine kleine Statikanalyse,
bei der z.B. Beinlängendifferenzen
in unterschiedlichen Positionen erkannt
werden, und die instrumentelle
Funktionsanalyse. Letztere als Axiographie
und EMG mit dem Zebrissystem
durchgeführt, liefern Beweise
über die mit den Patienten*innen und
Osteopath*innen oder Physiotherapeuten*innen
gesprochen werden kann.
Die intraorale computergestützte Stützstiftregistrierung
mit dem DIR System
kann jederzeit reproduziert werden
und dient ebenfalls der Dokumentation
des Behandlungsverlaufes. Modellanalysen
sind selbstverständlich.
Nach ca 12 Wochen Therapiedauer erfolgt
eine Nachkontrolle, gegebenenfalls
sind zwischendurch Kontrollen nötig,
Nachvermessung, Nachregistrierung.
Anschließend bedarf es der Entscheidung,
ob eine dauerhafte Bisskorrektur
durchgeführt (bei ca 10% der Patienten)
werden sollte oder nicht. 90% der Patienten
sind mit der Schiene und der Begleittherapie
genügend therapiert.
Falls ein Biss prothetisch eingestellt werden
muss, dann sollte das keinesfalls vor
6 Monaten erfolgen, eher später.
Gerne verwendet sie Table
tops oder Langzeitprovisorien.
Da keine Garantien für den dauerhaften
Erfolg gegeben werden können, bietet sie
den Patienten Meditationen und Yogasitzungen
in ihrer Praxis -als Auffangnetz
sozusagen- an.
Hardy Gaus
Der 2. Referent des zweiten Abends ist
Hardy Gaus, niedergelassener Zahnarzt
und Dozent für Akupunktur, Naturheilverfahren
und Ganzheitliche Zahnmedizin.
Er referiert über „Ohrakupunktur-wirksame
Unterstützungstherapie
bei craniomandibulärer Dysfunktion“.
Die Mikrosystemakupunktur am Ohr
wurde von dem französischen Arzt Dr. P.
Nogier in den 1950iger Jahren entwickelt.
Er fand sämtliche Strukturen des Körpers
auf dem Ohr wieder, einem in Endbeckenlage
liegenden Embryo ähnlich. Die
direkte Reflexbeziehung über die dortige
neuronale Versorgung (Nn. trigenimus,
vagus, occipitalis zum Thalamus, von
dort zur entspr. Körperregion) macht es
möglich neben Schmerzen auch Funktionsstörung
zu therapieren. Im Gegensatz
zur chin. Körperakupunktur ist die Auriculoakupunktur
im Sekundenphänomen
wirksam mit geringem therapeutischen
Aufwand. Weitere Vorteile sind u.a. die
Nebenwirkungsfreiheit und das interdisziplinäre
Einsatzgebiet.
Topographisch liegen auf der Ohrvorderseite
hauptsächlich die Afferenzen, also
die sensiblen Punkte der Symptomatik,
während auf der Ohrrückseite die motorischen
Punkte zu finden sind. Auf beiden
Seiten sind sog. übergeordnete Punkte,
die den klassisch chin. Meisterpunkten
entsprechen. Die Akupunktpunktdiagnostik
berücksichtigt physiologische
Gegebenheiten des pathologischen Akupunkturpunktes
wie Druckschmerz und
veränderter Hautwiderstand. Einfachstes
Instrument zur Punktsuche ist ein zahnärztlicher
Zementstopfer. Zur elektrischen
Akupunkturpunktsuche gibt es im Medizinhandel
Hautwiderstandsmessgeräte.
Die sodann gefundenen Punkte können
über verschiedene Techniken beeinflusst
werden. Es kommen die Akupressur in
Frage, low level laser, Reizstrom, Nadelung
oder die Injektionstechnik. Eine Besonderheit
ist die Verwendung von Goldnadeln
mit tonisierender und Silbernadeln mit
energieableitender Wirkung. Am geeignetsten
ist die von Gleditsch entwickelte
very-point-Technik. Dauernadeln haben
natürlich auch eine dauerhafte Wirkung.
Das Prinzip der Punktauswahl führt uns
immer ipsilateral auf die Seite der lokalen
Symptomatik, des Schmerzes, der Entzündung
und/oder der Verspannung. In
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 47
GZM aktiv
Kombination mit übergeordneten Punkten
verstärkt sich die systemische Wirkung
vergleichbar mit Medikamenten (antientzündlich,
spasmolytisch etc), die man den
Patienten*innen begleitend zur CMD geben
würde. Der Referent erklärt die Topographie
der Zähne, des Kiefergelenkes und
des N. trigeminus auf der Ohrmuschel.
Der Wirbelsäulenbereich sollte immer einbezogen
werden. Zusätzlich zu den sog.
lokalen Punkten ( Zähne, Muskulatur, Kiefergelenk,
Wirbelsäule) sollte eine Reihe
von Punkten durchsucht werden. Indirekte
Schmerzpunkte, antientzündliche oder
spasmolytische Punkte, die, wenn sie sich
positiv darstellen, in das Therapiekonzept
mit einbezogen werden sollten. Zudem
gibt es eine Reihe von psychisch wirksamen
Punkten, teilweise mit Medikamenten
vergleichbar, mit denen man den großen
Anteil der psycho-emotionalen CMD
Patienten/innen gut behandeln kann.
Zum praktischen Vorgehen ist zu sagen,
dass zunächst die lokalen und übergeordneten
Punkte der Symptomatik entsprechend
gesucht werden. Nur die Punkte,
die aktiv sind, werden gestochen. Von
diesen sollten ca 7 Punkte pro Sitzung
ausgewählt und genadelt werden. Vorher
werden die Farbreste der Markierung
entfernt. Die Nadeln verbleiben für ca
20-30 min oder können gegen Dauernadeln
ausgetauscht werden. Der Referent
geht abschließend noch auf die Methode
der Mundakupunktur nach Gleditsch
ein. Besonders die Retromolarenpunkte
eignen sich hervorragend zur CMD Behandlung,
da hier die Meridiane liegen,
die mit der Symptomatik Spannungskopfschmerz,
Schulter und ISG Bereich
im Zusammenhang stehen. Auch die
Frenulumpunkte im UK sind geeignet für
die den Wirbelsäulenbereich betreffende
Symptomatiken. Vorzugsweise wird mit
Procain 0,5% intracutan gearbeitet.
PD Dr. Dr. Katja Schwenzer-Zimmerer
Am dritten Vortragsabend beleuchtet
Frau PD Dr. Dr. Katja Schwenzer-Zimmerer
die „CMD-Behandlung – multimodaler
regulationsmedizinischer
Ansatz mit Hilfe der Neuraltherapie“. Sie
betreibt mit ihrem Mann zusammen eine
vorwiegend ganzheitlich chirurgische
Praxis-an-der-Wiese mit Schwerpunkt
Neuraltherapie.
Die Netzwerkarbeit nimmt auch in dieser
Praxis einen großen Platz ein. Die Affirmationen
wie „zu viel am Hals haben“, „eine
große Last tragen“ u.v.a. sind nicht nur
in unserem Kulturkreis stark verbreitet.
Demzufolge ist die CMD Definition nur
ein Überbegriff für viele Dinge, die letztlich
dazu beitragen, ob wir Haltung bewahren.
Epidemiologisch betrachtet haben
eine große Anzahl an Menschen Rückenschmerzen,
Kopf-Nackenschmerzen, die
auch unter einer CMD leiden. Die Symptomatiken
außerhalb des Kopfes, an den
Schultern, Nacken, Rücken und Gelenken
lassen einen Zusammenhang mit dem
Kiefergelenk nicht vermuten. Pathogenetisch
betrachtet geht man von einer aufund
einer absteigenden Symptomatik aus.
Bei der aufsteigenden Kette werden z.B.
Seitabweichungen der Wirbelsäule auf die
HWS und dann auf das Kiefergelenk übertragen.
Bei der absteigenden Kette werden
Zahnprobleme wie z.B. eine zu hohe Krone,
ein falscher Biss oder Zahnfehlstellung
auf das Kiefergelenk, den Nacken und
dann auf die Wirbelsäule übertragen. Das
bedeutet schlussendlich, dass die CMD
Patient*innen immer am Halteapparat mit
untersucht werden muss. Anschließend
spricht die Referentin noch einmal die
Klassifikation nach Achse I, II und III an.
Gute Dokumentation mittels Befundblatt
der entsprechenden Fachgesellschaften ist
unerlässlich besonders je komplexer ein
Fall ist. Neben den Leitsymptomen sollte
die stress getriggerte primär hypertone
Muskulatur beachtet werden während bei
Kindern eher der hypotone Muskeltonus
auffällt, der eine völlig andere Behandlung
erfordert. Bereits 1915 hat Walter Cannon
sehr viele Untersuchungen und Publikationen
zum Thema Stress gemacht. Die
Antwort des Körpers auf Stress (fight and
flight) ist immer eine sehr belastende Position
mit Anspannung der Muskulatur sowie
einer Vorschubbewegung des UK und
Anteklination des Kopfes. Das Salutogenese
Modell nach A. Antonovsky führt uns
48 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
GZM aktiv
weg von der Maxime krank oder gesund.
Vielmehr bringt es uns zu dem Regelkreislauf,
der unseren Gesundheitsstatus in jedem
Augenblick neu definiert.
Das diagnostische Vorgehen ist weitestgehend
bekannt. Therapeutisch gesehen
kann die Neuraltherapie im Kontext dieser
Erkrankung einiges leisten. Als regulationsmedizinisches
Verfahren wird mittels
Injektion eines kurzwirksamen Lokalanästhetikums
gespritzt. Die Neuraltherapie
nach Huneke kann sowohl diagnostisch als
auch therapeutisch bei akuten und chronischen
Erkrankungen eingesetzt werden.
Dies geschieht über eine reversible kurzzeitige
Impulsunterbrechung mit dem
Ziel einer Normalisierung der vegetativen
Membranfunktionen im Injektionsgebiet
und nachfolgender Re-Harmonisierung
der von hier aus gestörten Regelkreise.
Procain eignet sich dafür am besten. Das
Grundregulationssystem nach Pischinger
und Heine besagt, dass der Informationsweg
aus dem Bindegewebe über wenig
myelinisierte nociceptive Fasern direkt in
das ZNS erfolgt. Die Neuromodulationsfähigkeit
dieses Systems aus allen Geweben
des Körpers und deren Synchronisation
bewirkt entscheidend auch eine Heilung
aller Bereiche des gesamten Körpers. Das
systematische Vorgehen bei dieser Therapieform
beginnt mit dem locus dolendi
um dann erweiternd segmental oder über
zentrale Strukturen (Ganglien) zu injizieren.
Auch neuraltherapeutische Infusionen
sind möglich. Für Zahnärzte/innen
besonders interessant: die Störfelddiagnostik
in der Weisheitszahnregion. 80%
der Störfelder befinden sich im Mund-Rachen-Bereich.
Prof. Dr. Erich Wühr
Den Abschlussvortrag hält Dr. Erich
Wühr, Zahnarzt, Kieferorthopäde und
Osteopath aus Bad Kötzting im Bayr.
Wald, Professor am Gesundheitscampus
der Technischen Hochschule Deggendorf,
Lehrgebiet der Gesundheitsförderung
und Prävention mit dem Thema
„CMD“, Bruxismus, Stress Management
Patienten*innen kommen mit akuten
und chronischen Schmerzen innerhalb
und ca. 2/3 davon außerhalb des Kausystems.
Manche fragen auch: „Haben meine
Beschwerden etwas mit meinem (falschen)
Biss zu tun?“
Der Referent tituliert die Risiken und Nebenwirkungen
seines Vortrages mit dem
„aktuellen Stand seines Irrtums“ und bittet
die Zuhörer selbst zu reflektieren um
die eigene Meinung zu bilden, es aber
auch für möglich zu halten, dass diese
falsch sein könnte. Denn nur so können
wir lernen und uns weiterentwickeln um
den Patienten die bestmögliche Therapie
anzubieten. Die evidenzbasierte Medizin
hat Stärken (Leitlinien unterschiedlicher
Qualitätsstufen) auch Schwächen (das
komplexe System des Menschen, das wir
niemals vollständig verstehen werden).
Deshalb müssen wir den Leitlinien der
GZM folgend den eigenen Behandlungserfolg
longitudinal erfassen; am einfachsten
ist das mit numerischen Ratenskalen
(NRS) oder visuellen Analogzahlen
(VAS). In der Praxis des Referenten sind
weit über 1000 Patienten seit 2009 lückenlos
dokumentiert, von denen knapp
über 90% ihre Lebensqualität durch sein
Behandlungskonzept verbessern konnten.
Die moderne Schmerzmedizin differenziert
drei verschiedene Schmerztypen.
Obwohl Schmerz eine Empfindung
des Endhirns ist, spürt der Patient den
Schmerz an dem Ort, wo eine Noxe
(chem., traumatisch etc) Prozesse auf
zellbiologischer Ebene stört. Klinisch ist
hier immer eine chronische oder akute
Entzündung sichtbar. Es folgt eine
Reizung der Nozizeption, myofaszialer
Schmerz entsteht. Ebenso kann die Noxe
das periphere Nervensystem, das Rückenmark
oder den Hirnstamm reizen,
was zu einem neuropathischen Schmerz
führt. Eine Noxe auf psychopathischer
Ebene nennt Prof. Wühr den psychogenen
Schmerz. Auch mixed pain ist möglich.
CMD ist nicht geeignet um zwischen
diesen Schmerzarten zu differenzieren.
Wir Zahnärzte, Kieferorthopäden und
Physiotherapeut*innen sind nur für den
myofaszialen Schmerz zuständig. Für alle
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022 49
GZM aktiv
anderen Arten stehen Schmerzmediziner
und Psychotherapeuten in unserem
interdisziplinären System zur Verfügung.
Die Frage nach dem richtigen Biss, wird
ganz klar beantwortet mit „Der richtige
Biss ist KEIN Biss“, nämlich die Ruhelage.
Diese wird verlassen beim Kauen, beim
Sprechen und Atmen. Die Kräfte, die hier
wirken sind jedoch zu gering um das craniomandibuläre
System zu belasten. Beim
Schlucken stützt sich der UK mit ca 5p in
der maximalen Interkuspidation am OK
ab, was neurophysiologisch von großer
Bedeutung ist. Die Kraft von 5p wirkt
hier lediglich außerhalb des Kausystems,
wenn bei Okklusionsstörungen das Kiefergelenk
mit der Gleichgewichtsregulation
und den Okkulomotoren der Augen
sowie der Propriorezeption der Fußsohlen
zusammen das Cerebellum dahin gehend
beeinflussen, dass Körperfehlhaltungen
entstehen. Entscheidend für den Referenten
ist daher der Bruxismus, bei dem in
der Nacht Kräfte von 10-200kp (!) zum
tragen kommen. Tagsüber ist es eher das
nervöse Spiel mit der Okklusion, da belastend
wirkt. Daher muss der Stress im
Besonderen angeschaut werden. Unter
dem Begriff Stress-Reaktionen werden
drei emotive (automatisierte, unbewusste,
ererbte) Verhaltensmuster zusammengefasst,
die im Körper innerhalb kurzer Zeit
viel Energie freisetzen und dem Zweck des
Überlebens dienen. Zum Kämpfen (fight)
gehört als Emotion die Wut, zum Fliehen
(flight) gehört die Angst und zur Erstarrung
(fright) gehört die Angst und der
Schrecken, die Depression. Bruxismus ist
daher die Aktivierung der Kaumuskulatur
bei dem kämpferischen Stress. Teil dieser
Stressreaktionen im Bindegewebe ist die
Ausschüttung von Zytokinen und damit
die Induktion einer neurogenen Entzündung.
Das Immunsystem wirkt aktiviert
und das Blut wird dicker um uns vor Infektionen
zu schützen. Bei Dauerstress
wird das Immunsystem so überaktiviert,
es entstehen Allergien, Autoimmunerkrankungen,
Erschöpfung wie der Burn
out. Alle chronischen -itis Erkrankungen
(zB Colitis, chron. Gastritis u.a.) sind Immundefiziterkrankungen
am schlimmsten
Tumorerkrankungen als Folge.
Autorin
Dr. med dent. Rhena Butros
Sonnenweg 40
61231 Bad Nauheim-Rödgen
06032 / 92 10 54
info@praxis-drbutros.de
www.praxis-drbutros.de
Die allgemeine Arbeitshypothese des
Referenten ist resümierend: „Das craniomandibuläre
System ist vielmehr ein
Stress-Organ als ein Kauorgan. Vor allem
beim nächtlichen Zähneknirschen und
-pressen werden außergewöhnlich hohe
Kräfte freigesetzt, die innerhalb und außerhalb
des Kausystems zu Muskel- und
Gelenkschmerzen führen können. Besonders,
wenn Okklusionsstörungen des
Kausystems vorliegen.“ Erste praktische
Konsequenz ist die Überprüfung dieser
Hypothese mit der Eingliederung einer
Jig-Schiene, bei der nur die Frontzähne
Kontakt haben und die Seitenzähne frei
sind. Und nur, wenn diese Probebehandlung
erfolgreich ist, wird die zahnärztliche
Diagnostik und Therapie vertieft. Bei keiner
Besserung der Beschwerden, vermutet
der Referent das Vorliegen eines neurogenen
oder psychopathischen Schmerzes.
Bei frontal offenen und knappen Überbissen,
besteht in seltenen Fällen die Gefahr,
dass der Biss noch weiter aufgeht, weil die
Seitenzähne nicht abgestützt sind. Hier
wird erst eine Stabilisierungsschiene im
UK angefertigt, anschließend eine OK Jig
Schiene, die dann beide getragen werden.
50 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022
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und den Arm nach van Aasche
Termin: 01. bis 02. Oktober 2022
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Ort:
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