SOM_02_2022
Störfeld, Neuraltherapie , Tinnitus, Schwindel, CMD
Störfeld, Neuraltherapie , Tinnitus, Schwindel, CMD
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Wissenschaft
rung, Stimmungsaufhellung, Ablenkung und Entspannung für
ein paar Tage abgewartet werden kann. Alle Optionen sollten
vorschlagen und erläutern werden, entscheiden muss die Patientin
oder der Patient dann jedoch selbst. Wichtig ist eine genaue
Dokumentation der gewünschten Behandlung und dass
sie oder er über alle Therapiemöglichkeiten sowie Nebenwirkungen
schriftlich aufgeklärt wurde.
Neuraltherapie
Es werden lokale, intravenöse oder intratympanale Procaininjektionen
unterschieden.
Im Rahmen einer Entzündung, Degeneration oder Überbeanspruchung
kann es zu einer lokalen Minderperfusion kommen.
Das Ziel der neuraltherapeutischen Behandlung ist eine
Verbesserung der Mikrozirkulation. Dementsprechend wirkt
sie besser bei akutem als bei chronischem Tinnitus. Zur Normalisierung
der Durchblutungsverhältnisse sollte die Injektion
in die Nähe von Gefäßnervenbündel erfolgen, die Träger der
versorgenden sympathischen Innervation sind.
Für das Innenohr: Arteria (A.) labyrinthii und A. basilaris aus
den Arteriae (Aa.) vertebrales
Abbildung 3: Intratympanale Injektion (IT) Ohr rechts
Da diese Gefäße nicht direkt erreichbar sind, werden Injektionen
weiter peripher an das Ganglion (Ggl.) stellatum und/oder
das Ganglion cervikale superius gesetzt.
Ggl. stellatum (10): Von hier hat der Sympathikus Verbindung
zur gesamten oberen Körperhälfte: Kopf, Hals, Arme
und Brustraum. Es bestehen Verbindungen zu verschiedenen
Hirnnerven: N. vagus, N. glossopharyngeaus, N. hypoglossus,
N. phrenicus. Auch alle Störfelder in diesem Bereich
können indirekt über das Ggl. stellatum beeinflusst werden.
Ein Injektion an dieses Ganglion bewirkt also eine partielle
inkomplette Unterbrechung der sympathischen efferenten wie
afferenten Reizleitung im seitengleichen oberen Körperquadranten
vom Kopf bis zum Zwerchfell, wobei gleichzeitig die
parasympatische Erholungsphase (über den N. vagus) ermöglicht
wird [16].
Ggl. cervikale superior (9): Es bestehen Verbindungen zwischen
diesem Ganglion und dem Ggl. cervikale superius des N.
vagus sowie dem Ggl. inferius des N. glossopharyngeus. Eine
Procaininfiltration an dieses Ganglion hat also die größtmögliche
regulierende Wirkung auf das vegetative Nervensystem, da
es gleichzeitig sowohl Sympathikus- als auch Parasympathikusfunktion
reduziert.
Für das Mittelohr: A. tympanica superficialis inferior, anterior
und posterior; A. menigea media, A. pharyngea ascendens, A.
maxillaris und A. stylomastoidea – alle aus der A. carotis externa
Auch dieses Gebiet wird durch die Injektion an die 2 Halsganglien
oder durch eine intratympanale Injektion erreicht (s. Abb. 3).
Hierbei werden der liegenden
Patientin oder dem
liegenden Patienten, wie
bei der intratympanalen
Kortisoninjektion, 0,4 ml
1%iges Procain mit einer
langen Kanüle durch den
vorderen unteren Trommelfellquadranten
direkt
in die Paukenhöhle injiziert.
Während und 5
Minuten nach der IT sollte
die Patientin oder der
Patient weder Sprechen
noch Schlucken, damit das
Procain nicht direkt über
die Tuba auditiva abläuft.
Da das Procain durch das
runde Fenster auch ins Innenohr
diffundiert, kann
es zu einem sofortigen
oder bis zu einer Stunde
verzögertem Schwindel
kommen. Darüber muss
vorher aufgeklärt werden.
Bei Narben auf dem Trommelfell z.B. nach Paukendrainage
oder chronischen Entzündungen sowie bei akuten Entzündungen,
können auch wenige Tropfen Procain auf das Trommelfell
gegeben werden.
26 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022