SOM_02_2022
Störfeld, Neuraltherapie , Tinnitus, Schwindel, CMD
Störfeld, Neuraltherapie , Tinnitus, Schwindel, CMD
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Praxis
tischen Zwecken. Die neuraltherapeutische Zahntestung als sogenannte
unblutige Extraktion setzt die sympathikusinduzierte
Dauerreizbarkeit der Gewebe herab, bei gereizter Gingiva und
überempfindlichen Zähnen konstatiere ich in der Folge eine
Besserung der Symptomatik. Abgesehen davon können Störfeldareale,
deren Elimination vor Beginn einer umfangreichen
Therapie sinnvoll sind, ausfindig gemacht werden.
Die vorrangigste Aufgabe der Zahnärztin und des Zahnarztes
ist die Vitalerhaltung der Zähne. Entscheidend für den Entwicklungsprozess
einer chronischen Krankheit ist der Einfluss
der vegetativen Nervensystems auf das Gefäßsystem.
In den Zähnen erschwert sich durch den hohen intrapulpalen
Druck, den Platzmangel für das Pulpagewebe (ein embryonales
Bindegewebe) und das im Laufe der Zeit enger werdende Pulpacavum
die Blutzirkulation.
Jede Ischämie der umgebenden Strukturen der Zähne kann in
frühe regressive Metamorphosen oder auch autolytische Prozessen
der Zahnpulpa einmünden. Der hohe sympathisch gesteuerte
Kaudruck bei der CMD kann zu Pulpanekrosen völlig
gesunder Zähne führen ebenso wie zu Lockerungen der Zähne
im Parodont. Die Zahn- Kieferregion ist zweifach innerviert,
afferent über den N. Trigeminus und afferent als auch efferent
über den Sympathikus.
Eine parasympathische Innervation erfolgt indirekt über die
Mundschleimhaut und ihre Speicheldrüsen. Der Hauptverknüpfungspunkt
parasympathischer und sympathischer Nervenfasern
erfolgt in Höhe des Segmentes C2 über das Ganglion
cervicale superior. Mittels der Neuraltherapie beeinflussen wir
perfusionsgestörte Gewebe und die sie versorgenden perivasculären
Nervenfasern in Hinblick auf eine verbesserte Funktion.
Nervenzellmembranen werden durch den Einfluss des Procain
stabilisiert, ihre Dauerdepolarisation wird durch das Redoxpotential
des Procain auf einen Normzustand zurückgeführt und
so ihre Reizbarkeit minimiert.
Wirkung des Procain auf das Gewebe erfolgt auch hier in der
Folge auf eine Perfusionsverbesserung. Das sympathikolytisch
wirksame Procain verstärkt den Einfluss des Parasympathikus
auf die perfusionsgestörten Gewebe der Mundhöhle. So normalisiert
sich der Speichelfluss und entspannt sich die Muskulatur,
die Krafteinwirkung auf die Zähne nimmt ab, Parodontien
werden entlastet und die dort stationierte Lymphzirkulation
verbessert sich. Die Pulpen der Zähne besitzen keine eigenen
Lymphgefäße. Das Einfließen regelrechten Speichels in die
Mundhöhle fördert wiederum die Remineralisation des Zahnschmelzes,
welches dessen Abwehr- und Grenzflächenfunktion
zu Gute kommt. Diese Autoregulation im Mundhöhlenmilieu
unterbindet die Ausschüttung schmerzerzeugender Neurotransmitter,
normalisiert pH- Werte der Mundhöhle in den Bereich
des Basischen und führt zu einer biologisch- nachhaltigen,
wirklichen Kariesprophylaxe.
Die Neuraltherapie als lange in der Praxis bewährtes, ca. 100
Jahre altes Gedanken- und Therapiegebäude soll zu jeder kommenden
Zeit Inhalt der Medizin als auch Zahnmedizin bleiben
als auch jeweils an aktuelle Therapierichtungen wie z. B. an
die Implantologie angepasst werden. Es entfaltet Wirksamkeit,
indem es uns aus der derzeit dominierenden Einseitigkeit des
Spezialisten- und Expertentum herausführen kann.
Autorin
Dipl.-Stom. Andrea Koglin
Zahnärztin
17489 Greifswald
www.andrea-koglin.squarespace.com
Ein weiterer Ansatzpunkt der Neuraltherapie ist in gewisser
Weise eine Milieukorrektur im retikuloendothelialen System,
welches das Lymphsystem beinhaltet. Die immunmodulierende
34 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 2/2022