SOM-213
MIH, Naturstoffe, Ubiquinol, Kamille, Shufeng jiedu
MIH, Naturstoffe, Ubiquinol, Kamille, Shufeng jiedu
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10. Jahrgang · Ausgabe 3/2021 · 11,50 €
Ursachen und Prävention
der Molaren-Inzisiven-
Hypomineralisation
Naturstoffe
als Enzymhemmer
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 1
Grundlagenseminare
aus der ganzheitlichen Zahnmedizin
für Ärzt*innen und Zahnärzt*innen
140. ZAEN-Kongress – 200 Jahre Kneipp – vom 23. bis 26. September 2021
Donnerstag 23. September 2021
09:00–13:00 Uhr SEM-009: Die Betrachtung der Zähne aus ärztlicher Sicht
Dr. Bodo Wettingfeld
14:30–18:00 Uhr SEM-011: Einführung in die Mundakupunktur
Dr. Bodo Wettingfeld
Freitag, 24. September 2021
09:00–13:00 Uhr SEM-015: Mit der RAC-Pulstastung zur besseren Diagnose und Therapie
Einführung in die puls-kontrollierte Behandlung im Praxisalltag
Hardy Gaus
14:30–18:00 Uhr SEM-018: Schmerzen kompetent behandeln – die Vorteile eines
ganzheitlich-systemischen Schmerzmanagements
Hardy Gaus
Samstag, 26. September 2021
09:00–13:00 Uhr SEM-025: Schnarchen, so müde machend! - Möglichkeiten der oralen Schlafmedizin – Teil 1
Dr. Hubertus von Treuenfels
14:30–18:00 Uhr SEM-031: Schnarchen, so müde machend! - Möglichkeiten der oralen Schlafmedizin – Teil 2
Dr. Hubertus von Treuenfels
Sonntag, 20. September 2021
09:00–13:00 Uhr SEM-035: Das orale Mikrobiom – kleiner Ort, große Wirkung
Dr. Josef Vitzkelety
Information:
ZAEN Freudenstadt
Am Promenadenplatz 1, 72250 Freudenstadt
Tel.: +49 7441 918580, Fax: +49 7441 9185822
E-Mail: info@zaen.org
www.zaen.org
Bei Besuch von 5 der 7
Seminare erhalten Sie das
Basiszertifikat „Ganzheitliche
ZahnMedizin” der GZM
2 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
4 Editorial
Wissenschaft
6 Ursachen und Prävention der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH)
Dr. Ronald Möbius MSc
12 Naturstoffe als Enzymhemmer
Prof. Dr. Matthias F. Melzig
15 Der Mikronährstoff Ubiquinol und dessen Beitrag zur oralen Gesundheit
Dr. Uwe Weidenauer
Statistik
21 Stressige Assistenzzeit?
Praxis
18 Aufsuchende Zahnärzt*innen bringen mehr Lebensqualität
Redaktion
24 Shufeng jiedu – beruhigender Wind
Dipl.-Biologe Peter Emmrich M. A.
Buchbesprechungen
29 Die Ernährungszahnbürste
30 Homöopathie für Pflanzen
Pflanzenportait
31 Matricaria recutita – die Kamille
Fortbildung
35 GZM-Veranstaltungen
Claudia Reimer
Gesellschaften
36 Die Elektroakupunktur nach VOLL
Prof. h.c. Dr. med. Olaf Kuhnke
54. Medizinische Woche Baden-Baden
38 Informationen zur Teilnahme
39 Vortragsveranstaltungen
40 GZM-Seminare
42 Einladung zur Mitgliederversammlung
42 Impressum Beigelegt: Mensch & Mund
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 3
9. Jahrgang · Ausgabe 3/2021
Mit Schirm, Charme und Melone durch den Sommer?
Liebe GZMler, liebe Freundinnen
und Freunde der ganzheitlichen
Zahnmedizin!
Ein Sommer der Extreme. Mein
Schwager zeigte mir vor wenigen
Tagen das Haus eines Nachbarn in
Ostfriesland, dessen Dachgeschoß
von einem kleinen Tornado weggerissen
wurde. Der geliebte Campingwagen lag
zudem auf der Seite vor dem Haus. Was
mich vor geraumer Zeit noch schwer
schockiert hätte, quittierte ich vor wenigen
Tagen mit einem leichten Achselzucken.
Im Angesicht der Flutkatastrophe
vor wenigen Wochen scheint so ein Mini-Tornado
als geringes Übel, zumal hier
keine Menschen verletzt wurden oder
ihr Leben verloren. Die Flutkatastrophe
kann man wahrlich nicht als kleines
Übel bezeichnen, auch nicht als großes,
sondern nur als das, was es ist: eine Katastrophe.
Menschen haben ihr Leben
verloren, Familienmitglieder, Freunde,
ihr Hab und Gut, ihre Existenz. Auch
Kollegen und Kolleginnen sind betroffen
und ringen darum, ihre Praxen zu retten
und ihre Patient*innen weiter zu versorgen.
Manchmal geht das auch ohne Behandlungszimmer,
im Freien oder ganz
einfach bei hilfsbereiten Kolleg*innen,
die ihre Arbeitsräume teilen. Hilfen gibt
es über den Bund, die Länder, Zahnärztekammern
und Banken.
Falls ein Mitglied der GZM betroffen ist,
das wir noch nicht identifizieren konnten,
freuen wir uns über eine kurze Meldung.
Wir sind auch in solchen Zeiten für
die Mitglieder da und können ggf. helfen.
Wenn Sie betroffene Kolleg*innen kennen
und Sie der Ansicht sind, wir könnten
als Verband helfen, melden Sie sich bitte.
Wir können natürlich keinen richtigen
Rettungsschirm bieten, aber vielleicht
doch den Schirm der Gemeinschaft. Es
müssen auch kreative Lösungen her, um
die Folgen der Katastrophe zu überbrücken.
So haben sich beispielsweise auch
mobile Zahnarztpraxen auf den Weg
gemacht, die auch im „normalen“ Leben
aktiv sind und sich wachsenden Interes-
Ganzheitliche ZahnMedizin für interessierte Patienten
Für Ihr Wartezimmer:
Mensch & Mund
Craniomandibuläre Dysfunktion –
Stressventil und Störungszeichen
Die MuM befasst sich diesmal mit CMD, verständlich aufgearbeitet.
Nutzen Sie diese komprimierten Informationen für
Ihre Patient*innen.
Craniomandibuläre Dysfunktion
Stressventil und Störungszeichen
Bitte melden Sie sich bei der GZM-Geschäftsstelle,
wenn Sie zusätzliche Exemplare für Ihre Praxis wünschen.
4 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
ses erfreuen. Lesen Sie dazu einen Artikel
auf Seite 18 zur Studie „ZahnRad“. Viele
Menschen mit Einschränkungen sind
mittlerweile auf mobile Hilfe angewiesen.
Da kann die mobile Zahnarztpraxis sehr
hilfreich sein.
Schauen Sie sich – vielleicht an einem
weiteren regnerischen Sommertag die
SOM einmal genauer an. Hier erwarten
Sie viele interessante Artikel, die wir für
Sie zusammengestellt haben. Wir danken
Dr. Ronald Möbius für seine Arbeit
zu den Ursachen und der Prävention der
Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation,
bei der er sich intensiv mit dem Mangel
an Vitamin K in der Nahrung als Grund
für ein Calciumparadoxon beschäftigt.
Peter Emmrich berichtet auf Seite 24 von
einer außergewöhnlichen Kräutermischung,
die effektiv gegen virale Infektionen
der oberen und unteren Atemwege
wirkt und sich mittlerweile in Europa wie
auch schon zuvor auf den anderen Kontinenten
einen Namen gemacht hat. Auch
für die orale Gesundheit ein spannendes
Thema.
Was der Mikronährstoff Ubiquinol zur
oralen Gesundheit beitragen kann, fasst
Dr. Uwe Weidenauer auf Seite 15 zusammen.
Zum Thema Mikronährstoffe
empfehlen wir übrigens das neue Buch
unseres Mitglieds PD Dr. Johan Wölber,
der gemeinsam mit Christian Tennert
der Frage nachgeht, welchen Beitrag
entzündungsmodulierende Mikronährstoffe
in Kombination mit Probiotika
zur Therapie parodontaler Erkrankungen
leisten können. Dieses lesenswerte
und unterhaltsame Buch „Die Ernährungszahnbürste“
wird von Heinz-Peter
Olbertz auf Seite 29 rezensiert.
Naturstoffe als Enzymhemmer betrachtet
Prof. Matthias Melzig. Pflanzliche
Enzymhemmer für Verdauungsenzyme
besitzen offensichtlich ein Potenzial für
Nahrungsergänzungsmittel. Lesen Sie
darüber auf Seite 12 inwiefern hier Zusammenhänge
bestehen.
Ein charmantes Kraut mit hübschen
Namen ist die Kamille. Man nennt sie
auch Hälmergen, Romerey, Hörminchen
(mein Favorit) oder traditionell Kammerblume,
Kummerblume, Mägdeblume
oder Mutterkraut. Trotz der vielen Namen
bleibt es die Kamille, und viele Menschen,
insbesondere die Zahnheilkundler*innen
wissen um ihre Vorzüge. Daher
verdient sie eine intensivere Betrachtung.
Diese finden Sie in unserem Pflanzenportrait
auf Seite 31.
Mit viel Charme und Liebe zum Detail
hat Christiane Maute ein Buch über „Homöopathie
für Pflanzen“ geschrieben.
Die Rezension dazu hat Peter Bornhofen
übernommen.
Wir gratulieren sehr herzlich Prof. h.c.
Dr. med. Olaf Kuhnke zum neuen Präsidentenamt
der EAV-Gesellschaft und
freuen uns, dass somit die Weichen für
die Zukunft des Verbandes neu gestellt
sind (Seite 36). Vielen ist die EAV ein
vertrautes Verfahren, das sich gerade in
der Zahnheilkunde großer Beliebtheit
erfreut. Für die, die das Verfahren noch
nicht kennen, lohnt sich ein Blick darauf.
Was war eigentlich stressiger für Sie? Die
letzte Zeit des Studiums oder Ihre Assistenzzeit?
Ganz objektiv betrachtet wurde
das Thema anlässlich eines Deutschen
Kongresses für Versorgungsforschung in
Berlin und aufgearbeitet vom Institut der
Deutschen Zahnärzte in Köln. Die Ergebnisse
lesen Sie in unserer Mitte.
Die Seele auch im Regen einmal baumeln
lassen und sich einen Platz schaffen, an
dem man Ruhe in unruhigen Zeiten findet
– das wünsche ich Ihnen. Bleiben Sie
heiter und kommen Sie gut durch die
nächste Zeit und denken Sie an eine gute
und ausreichende Nährstoffversorgung.
Mit viel Obst und Gemüse und Schirm,
Charme und Melone.
Herzlichst
Constance Nolting
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 5
Wissenschaft
Ursachen und Prävention
der Molaren-Inzisiven-
Hypomineralisation (MIH)
Dr. Ronald Möbius MSc
Die MIH beschäftigt seit vielen Jahren die Zahnheilkunde. Zu Beginn nahezu als Zufallsbefund
abgetan, hat dieses Krankheitsbild mittlerweile hohe klinische Relevanz erreicht
[1]. Der Begriff „Molare-Inzisive-Hypomineralisation“ ist 2003 von Frau Weerheijm beschrieben
worden [33].
Zusammenfassung
MIH entsteht, weil Vitamin K2 in der Ernährung fehlt. Dadurch kommt es zum Calciumparadoxon. Der Calcium Transport
erfolgt mit Vitamin K2 aktivierten, durch Vitamin D gebildete Transportproteine. Fehlt die Aktivierung durch K2 wird
Calcium in den Weichgeweben eingelagert. Es wird nicht zu den Zähnen und den Knochen transportiert und fehlt für die
Mineralisation der Zähne und Knochen. Kinder sind sehr anpassungsfähig, vital, wahre Überlebenskünstler und adaptieren
zeitweise auch massive Mangelzustände. Kommen jetzt aber noch Calciumräuber dazu, bricht die Calciumversorgung
zeitweise zusammen. Die Amelogenese läuft für alle Zähne zeitlich unterschiedlich. Je nachdem wann und wie lange dieser
Calciummangel existiert, entstehen gering ausgeprägte einzelne oder mehrere Zähne mit der MIH.
Zur Vorbeugung ist ein ausreichender Vitamin-D3-, K2-, Calcium-Magnesium-Spiegel, beginnend in der Schwangerschaft,
notwendig, und dieser muss mit Nahrungsergänzung substituiert werden.
Schlüsselwörter: Molaren – Inzisiven – Hypomineralisation, K2-Mangel, Calciumparadoxon, Zahnschmelz
Abstract
MIH arises from a lack of vitamin K2 in the diet. This leads to the calcium paradox. Calcium is transported with vitamin K2
activated transport proteins formed by vitamin D. If there is no activation by K2, calcium is stored in the soft tissues. It is not
transported to the teeth and bones and is lacking for the mineralization of the teeth and bones. Children are very adaptable,
vital, true survivors and at times also adapt to massive deficiencies. But if calcium robbers are added, the calcium supply temporarily
collapses. The time of amelogenesis varies for all teeth. Depending on when and how long this calcium deficiency
exists, slight individual or multiple teeth arise with MIH. For prevention, a sufficient vitamin D3, K2, calcium magnesium
level is necessary, starting in pregnancy and this must be substituted with food supplements.
Keywords: Molars – incisors – hypomineralization, K2 deficiency, potassium paradox, tooth enamel
6 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Wissenschaft
Fotos: Katrin Bekes
Abb. 1: MIH mit posteruptivem Schmelzeinbruch am Zahn 26
Abb. 2: MIH an den Frontzähnen 11 und 21 (gleicher Patient
wie in Abb. 1)
Amelogenesis
Der Zahnschmelz ist ein vollständig zellfreies Hartmaterial,
welches als ein kristalines Gefüge und als Produkt
zellulärer Leistung dem Kronenabschnitt des Dentins
kappenartig aufsitzt [30]. Die Schmelzbildung entsteht
aus drei gleichzeitig ablaufenden Prozessen. So bildet sich aus
der Schmelzmatrix die härteste Substanz des menschlichen Organismus,
welche nach der Eruption des Zahnes keinem aktiven
Stoffwechsel mehr unterliegt [29].
Die eigentliche Schmelzbildung setzt im Glockenstadium ein,
aber erst nachdem sich ein schmaler Saum Dentinmatrix abgelagert
und mineralisiert hat [28]:
1. Bildung der Schmelzmatrix: Diese unterteilt sich in eine Sekretionsphase
und Resorptionsphase. In der Sekretionsphase
entstehen die Grundsubstanzen für die Schmelzmatrix. In
der Resorptionsphase unterliegen Teile der Matrix der Einschmelzung,
um die Mineralisation zu ermöglichen.
2. Mineralisation der Schmelzmatrix: Ist ein biologischer Vorgang,
der sich über viele Jahre von der Ausdifferenzierung
der Keimanlagen bis zum Abschluss der Schmelzmineralisation
erstreckt.
3. Schmelzreifung: Gerade in dieser Zeit kommt es durch unterschiedlichste
Faktoren zu einer Beeinflussung der Mikround
Makrostruktur der Zähne
Amelogenese – die Mineralisation
Dies ist als Imprägnierung einer organischen Matrix mit
schwerlöslichen Calciumphosphaten zu verstehen und beginnt
sofort nach der Matrixsekretion [30].
1. In der ersten Phase der primären präeruptiven Schmelzreifung
werden 25 % des organischen Gehaltes des vollständig
mineralisierten Schmelzes erreicht. Durch Entzug organischer
Substanzen der abgelagerten Schmelzmatrix erfolgt die
Kristallkeimbildung [28].
2. In der 2. Phase der sekundären Schmelzreifung entsteht durch
eine Reihe von Prozessen das kristalline Gefüge Schmelz.
Diese Prozesse betreffen das Wachstum der Schmelzkristalle,
den Verlauf, die Verdichtung und Erhärtung des mineralischen
Gefüges, die selektive Änderung in der Zusammensetzung
der Schmelzmatrix, die Volumenschrumpfung von
organischer Matrix, den Verlust von Wasser sowie die mit diesen
Prozessen einhergehenden Zellaktivitäten im Schmelzorgan
[30]. Der Grad der Mineralisation steigt auf 80 %.
3. Die 3. Phase der posteruptiven Schmelzreifung läuft nach
dem Durchbruch des Zahnes ab. In die Oberfläche werden
über die Deckschicht aus dem Speichel Phosphat und Calcium
aufgenommen. Der Reifungsprozess vollzieht sich nicht
kontinuierlich, sondern wird von den sich wandelnden Milieubedingungen
des Zahnes beeinflusst. Der Mineralgehalt
des Schmelzes nimmt postnatal um weitere 20 % zu und gelangt
in ein Endstadium [13].
Zahnschmelz enthält Verbindungen aus Calcium, Phosphor,
Magnesium, Natrium, neben geringen Proteinen und Fetten.
Schmelz ist vorwiegend anorganisch und besteht zu 95 % aus
Hydroxylapatit, einer Calcium-Phosphat-Verbindung. Der
Transport dieser Mineralionen erfolgt durch das Zytoplasma
der Ameloblasten [22]. Calcium und Phosphat sind die Hauptbestandteile
des Schmelzes und werden in allen drei Schmelzreifungsphasen
dorthin transportiert [27].
Und genau hier existiert das Hauptproblem. Während der gesamten
prä- und posteruptiven Phase muss ausreichend Calcium
vorhanden sein. Calcium ist für den menschlichen Organismus
mengenmäßig der wichtigste Mineralstoff. Ist nicht
ausreichend Calcium vorhanden, wird zwar Schmelz gebildet,
aber nicht ausreichend oder gar nicht mineralisiert. Schmelzbildung
und die nachfolgende Härtung/Mineralisation sind unterschiedliche
Prozesse. Die Absorption von Calcium ist einerseits
von der Nahrungszusammensetzung und andererseits von physikalischen
Faktoren wie dem Calcium und Vitamin-D-Status
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 7
Wissenschaft
abgängig. Dies geschieht sowohl über einen aktiven transepithelialen
Mechanismus als auch durch transzelluläre Diffusion.
Die aktive Aufnahme erfolgt mithilfe des calciumbindenden
Proteins Calbindin, dessen Bindung von Vitamin D induziert
wird. Die Resorptionsrate ist bei Kindern mit 60 % sehr hoch
und sinkt bis zum Greisenalter auf unter 15 % [30]. Folglich ist
die Calciumaufnahme abhängig von der Nahrungszusammensetzung
und vom Vitamin-D-Spiegel. Beides ist in Deutschland
nicht im grünen Bereich.
Sich heute gesund zu ernähren und alle notwenigen Vitalstoffe
in ausreichender Menge in der Nahrung zu haben, ist bei einer
Ernährung über den Discounter nicht möglich [7]. Die Alternativen
sind Nahrungsergänzungsmittel [11]. Calcium ist mit 1
bis 2 kg das am häufigsten vorkommende Mineral im menschlichen
Körper. 95 % des Calciums sind in Zähnen, Knochen und
5 % in den Körperflüssigkeiten eingebaut [10]. Fast alle parodontal
erkrankten Patienten haben ein Calcium Defizit. Wir
benötigen ca. 1400 mg Calcium/Tag. Aber die Calciumaufnahme
ist kompliziert. Es ist ein Trugschluss, dieses aus Milch und
Milchprodukten aufnehmen zu können. In diesen Produkten
ist das Calcium an Phosphor gebunden. Die Bioverfügbarkeit
von Calcium aus den Milch- und Milchprodukten ist somit sehr
gering [9]. Calcium ist ein Mengenmineral, und die täglich notwendige
Calcium-Aufnahme gestaltet sich schwierig. Groß angelegte
Ernährungsstudien zeigen: 95 % der Deutschen haben
ein Calciumdefizit [31].
Umso mehr schockierten 2011 Ernährungswissenschaftler*innen
die medizinische Fachwelt mit der Veröffentlichung der Ergebnisse
einer Studie über Calcium und die Gesundheit des
Herzens. Demnach ist bei Frauen, die Calcium zur Nahrungsergänzung
nehmen, um Osteoporose vorzubeugen, das Risiko
höher an Arteriosklerose zu erkranken, einen Herzinfarkt
oder Schlaganfall zu erleiden, als bei denjenigen, die kein Calcium
einnehmen.
Das mit der Calciumergänzung einhergehende Risiko zu sterben
ist größer, als die Vorteile für den Knochenstoffwechsel.
Die Auswertung der Studie zeigte, dass auf einen verhinderten
Knochenbruch zwei kardiovaskuläre Vorfälle kamen [2].
Calcium ist wichtig für einen gesunden Knochenstoffwechsel.
Jedes Jahr werden Tonnen von Calciumpräparaten eingesetzt,
um der Osteoporose vorzubeugen [26]. Erstaunlicherweise
ergab sich kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von
Herzinfarkten und der Calcium-Dosis. Bei Patienten, die höhere
Dosen Calcium einnahmen, kam es nicht zu mehr Herzinfarkten
[2]. Unabhängig von der eingenommenen Menge an
Calcium steigt das Risiko für Arteriosklerose und Herzinfarkt
[2, 8, 24]. Selbst wenn man sich auf die Aufnahme von Calcium
aus der Nahrung beschränkt, sind Arteriosklerose, Herzerkrankungen
und Schlaganfälle die Todesursache Nr. 1. Andererseits
ist Osteoporose bei beiden Geschlechtern im Alter eine der
Hauptursachen für Behinderungen und Todesfälle [6].
Die Nahrungsergänzung durch Calcium und Vitamin D hat
längst nicht den positiven Effekt gezeigt, den man sich erhofft
hatte.
1. Ohne zusätzliches Calcium in der Nahrung decken wir nicht
den täglichen Mindestbedarf. Die Patient*innen leiden an
Osteoporose, parodontalen Knochenabbau, MIH [31].
2. Nur ein ausgeglichener Calciumhaushalt hat genügend Calcium
für einen ausgeglichenen Knochenstoffwechsel. Calcium
im Knochen ist entscheidend für die Pufferung des Blutes.
Blut das aus dem basischen Ph-Bereich 7,37 bis 7,43 minimal
weiter in den sauren Bereich tendiert, kann wesentlich weniger
Sauerstoff binden. Niedrigere Sauerstoffsättigung im Blut
heißt, geringere Versorgung der Zellen mit Sauerstoff. Viele
Krankheiten bis hin zur Tumorentwicklung stehen hier im
direkten Zusammenhang. 1931 hatte hierfür Otto Warburg
den Nobelpreis für Medizin erhalten [32].
3. Wenn wir aber Calcium zu uns nehmen, sind wir dazu verdammt,
eine Verhärtung unserer Arterien zu erleiden und an
einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben [25].
Vitamin D und das Calcium Paradoxon
Vitamin D ist bekannt für seine gesundheitsfördernde Wirkung
auf die Zähne und den Knochenstoffwechsel [17-21]. Die Nahrungsergänzung
durch Calcium erhöht das Auftreten von Herzinfarkten
und Schlaganfällen, ob mit oder ohne Vitamin D, das
hier also keinen Schutz bietet [5]. Die vielen neuen Informatio-
Das Calcium-Paradoxon:
▶ Zu wenig Calcium in den Knochen und für
die Schmelzhärtung
▶ Zu viel Calcium in den Arterien und den Weichgeweben
8 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Wissenschaft
nen über das Vitamin D waren nicht alle gut. Aber nur die guten
wurden auf breiter Linie veröffentlicht [23].
Vitamin D steigert die Aufnahme von Calcium aus dem Darm.
Wenn das Calcium ins Blut aufgenommen wurde, hat Vitamin
D jedoch kleinen Einfluss mehr darauf, was mit dem Calcium
geschieht [25].
Vitamin D ist für die Bildung von Osteo-Gla-Protein (OGP)
und Matrix Gla Protein (MGP) notwendig [4, 25]. Aktiviert
werden diese Proteine durch Vitamin K2.
Vitamin K ist kein einzelner Nährstoff, sondern eine Familie fettlöslicher
Vitamine. Es gibt 14 verschiedene K-Vitamine, wobei
nur Vitamin K2 praxisrelevant für den Calciumtransport ist [3].
Die Aufgabe des Vitamins K2 besteht darin, Calcium durch den
Körper zu transportieren und aktiviert dazu das OGP. Dieses
zieht Calcium in die Knochen und in die Zähne. Ohne aktiviertes
OGP entsteht nur lockere, anfälligere Zahnsubstanz und
calciumarme, brüchige, grazile Knochensubstanz. Außerdem
aktiviert K2 das MGP, das Calcium aus dem Weichgewebe entfernt.
Dadurch wird die Haut wieder elastischer, genau wie die
Arterien und Venen [25]. Die Aktivierung dieser beiden Proteine
MGP und OGP durch Vitamin K2 ist entscheidend für
den Calciumstoffwechsel. Nur mit diesen aktivierten Proteinen
wird das Calcium zu den richtigen Einsatzorten dirigiert, weg
von den Weichgeweben und hin zu den Hartgeweben. Bei einem
Mangel an Vitamin K2 entfaltet das Calcium-Paradoxon
seine Wirkung. Es kommt zur heimtückischen Verringerung
der Knochenmineraldichte, einer heimtückischeren Verhärtung
der Arterien, und der Schmelz der Zähne kann nur ungenügend
oder gar nicht mineralisiert werden. Ist hingegen reichlich Vitamin
K2 vorhanden, bleiben die Knochen stark, die Arterien flexibel,
und die Zähne erhalten eine stabile Schmelzschicht [23].
Fazit
Ohne Vitamin K2 entsteht das Calcium-Paradoxon. Es entsteht
ein Calcium-Verteilungsproblem Das heißt: Verteilungsfehler –
zu viel Calcium, wo es nicht hingehört (Arterien und Weichgewebe)
und fehlendes Calcium, wo es dringend benötigt wird
(Knochen, Zähne).
In den „grünen Nahrungsmitteln“ ist reichlich Vitamin K1 enthalten.
Vögel, einige Säugetiere und Wiederkäuer können aus
Vitamin K1 das Vitamin K2 metabolisieren [12]. Menschen
können dies nicht und sind auf eine Nahrungsaufnahme von
Vitamin K2 angewiesen. Seit 20 Jahren wird aber systematisch
die Tierproduktion in die Ställe verlagert. Heute steht die
Milchkuhherde nicht mehr auf der Weide, die Kuh bekommt
kein natürliches Sonnenlicht und auch kein Grünfutter mehr,
sondern elektrisches Stalllicht und kohlenhydrathaltiges Kraft-
Literatur- und Quellenverweise
[1] Bekes K: Klinik, Diagnostik und Therapie der MIH, ZM 110, Nr. 19, 23-32.
[2] Bolland MJ, Grey A, Avenell A, Gamble GD, Reid IR: Calcium supplement
with or without vitamin D and risk of careiovascular events: reanalysis of the
Women’s Health Initiative limited access dataset and meta-analysis; British
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Fulfillment, ISBN: 9781795493857, 2017.
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[5] Howard LM, Payne AG: Health Benefits of Vitamin K2, Basic Health Publication
Inc.,2006.
[6] Iatroudakis M: Der Vitamin D & K Faktor Rundumschutz für chronische
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149616168849; 2.Auflage; 2015.
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Alternative Medicine Review Band 15 Nr.3, 199-222.
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Lebensweise; Hygeia Verlag; 2. Auflage; 2016.
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Gorenski Tisk Verlag Kranj; 2005.
[11] Kogleck R: Die Vitalstoffe – Revolution für ein gesundes & langes Leben;
printet in Poland by Amazon ISBN 9781520797830; 2017.
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des Hundes, Inaugural Dissertation, Berlin, 2009.
[13] Künzel W: Lehrbuch der Kinderstomatologie. Barth, Leipzig, 1979.
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[15] Möbius R: Vitamin K2: Retter vor Osteoporose und Parodontose, ZWP,
3/2018, 60-64.
[16] Möbius R: Vitamin K2 – Mangel: Mögliche Ursache für negativen Knochenstoffwechsel,
ZWP, 4/2018, 80-83.
[17. Möbius R: Vitamin D Teil 1: Historie und Fakten, Dental Barometer, 3/2020,
34-36.
[18] Möbius R: Vitamin D Teil 2: Ursachen für einen Mangel, Dental Barometer,
4/2020, 40-42.
[19] Möbius R: Vitamin D Teil 3: Vitamin D und Tumor, Dental Barometer,
5/2020, 33-35
[20] Möbius R: Vitamin D Teil 4: Funktion und Wirkungen, Dental Barometer,
1/2021, 32-34.
[21] Möbius R: Vitamin D Teil 5.1: Ursachen und Erkrankungen, Dental Barometer,
2/2021, 34-36.
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elektronique an corse de l' amelogenese.Calcif Tiss Res 19 (1975) 211-
221.
[23] Pies J: Vitamin K2 – vielseitiger Schutz vor chronischen Krankheiten; VAK
Verlags GmbH Kirchzarten; 6.Auflage; 2016.
[24] Raid IR, Mark J, Bolland MJ, Grey A: Does calcium supplementation increase
cardiovascular risk; Clinical Endocrinology Band 73 2010, 689-695.
[25v Rheaume- Bleue K: Vitamin K2 und das Calcium Paradoxon Kopp
Verlag Rottenburg, 2. Auflage, 2016.
[26] Schendel V: Vitamin D3, Vitamin K2, Schriftenreihe orthomolekulare Medizin
– Band 1; BuD Books on Demand, Norderstedt, 2016.
[27] Schmidt H: Biochemie für Stomatologen. Barth, Leipzig, 1982, S. 321-375.
[28] Schorm S, Stiefel A: Mikromorphologische Veränderungen der Schmelzoberfläche
von Milchzähnen während der tertiären Schmelzreifung, Dissertation
Universität Halle Wittenberg, 27.11.2002.
[29] Schumacher GH: Embryonale Entwicklung des Menschen, Verlag Volk und
Gesundheit Berlin 1979, 4. Auflage.
[30] Stiefel A: Biologie des Zahnschmelzes. In: Binus W, Pilz V, Stiefel A: Initialkaries,
Präventiv-therapeutische Alternativen eines pathobiologischen
Phänomens Barth, Leipzig, 1987 25-70.
[31] Strunz U, Jopp A: Mineralien das Erfolgsprogramm, Wilhelm Heyne Verlag,
München 2005, 7. Auflage.
[32] Strunz U: Blut – Die Geheimnisse unseres flüssigen Organs; Wilhelm Heyne
Verlag München, 3. Auflage, 2015.
[33] Weerheijm KL: Molar Incisar Hypomineralisation (MIH), European Journal
of Paediatric Dentistry, 4(3), 2003, 114-120.
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 9
Wissenschaft
futter. Somit produzieren die Tiere kein Vitamin K2 und in unserer
Nahrungskette fehlt dies immer mehr [14–16].
Der 2. Grund für die zunehmende MIH sind die immer älter
werdenden gebärenden Frauen. Früher sind die Menschen mit
30 Jahren gestorben Heute sind die werdenden Muttis 30 Jahre
und älter. Wenn aber die Mutter schon unterversorgt mit Vitamin
D3, K2, Mg, Ca ist, hat das Neugeborene auch ein Defizit.
Selbst wenn die unterversorgte Mutter stillt, wird es dadurch auf
keinen Fall besser. Damit das Kind gesund aufwachsen kann, ist
nicht nur eine gesunde Ernährung des Kindes mit ausreichenden
Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen erforderlich,
auch die Mutter in der Schwangerschaft muss eine ausreichende
Grundversorgung haben, und diese lässt sich nicht über eine
alleinige Discounter-Ernährung erreichen.
Prävention
Therapieempfehlung Erwachsene
(alle Werte langsam einschleichen)
Vitamin D3:
▶ Einstellung auf minimal 60 ng/ml Blut
▶ Idealwert sollte zwischen 80 und 100 ng/ml liegen
▶ Das Messen kann in der Zahnarztpraxis mit dem „Vitality
Helth Check“ und
▶ einem Blutstropfen aus der Fingerbeere digital erfolgen.
Vitamin K2:
▶ 240 μg/Tag (zwischen 60 und 100 kg Körpergewicht)
▶ kann nicht gespeichert werden
▶ Für gleichmäßigen Spiegel ist eine tägliche Aufnahme
erforderlich.
Calcium:
▶ 1400 mg/Tag
Magnesium:
▶ 1400 mg/Tag
Prävention
Therapieempfehlung Kinder
Vitamin D3:
▶ Einstellung auf minimal 60 ng/ml Blut
▶ Idealwert sollte zwischen 80 und 100 ng/ml liegen
Vitamin K2:
▶ 40 μg/10 kg Körpergewicht
▶ ab 60 kg Körpergewicht 240 μg/Tag
Mg/Ca:
▶ jeweils 20 mg/kg Körpergewicht
gekürzte Erstveröffentlichung im
Dentalbarometer, Ausgabe 3/2021.
Autor
Dr. Ronald Möbius
M. Sc. Parodontologie
Bergstraße 1c
19412 Brüel
Fax: +49 38483 31539
E-Mail: info@moebius-dental.de
www.moebius-dental.de
10 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Wissenschaft
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 11
Wissenschaft
Naturstoffe als Enzymhemmer
Prof. Dr. Matthias F. Melzig
Zusammenfassung
Naturstoffe aus Tieren, Mikroorganismen und Pflanzen sind wichtige Arzneistoffe, deren Wirkungsmechanismus auf der
Hemmung von Enzymen beruht. Dieses Wirkungsprinzip ist altbekannt und hochaktuell – besonders unter dem Aspekt
der gesunden Ernährung spielen pflanzliche Polyphenole als Enzymhemmer von Verdauungsenzymen eine wichtige, bisher
wenig beachtete Rolle. Auch der Einsatz traditioneller Arzneipflanzen zur Behandlung von Stoffwechselerkrankungen bekommt
durch neue Untersuchungen eine wissenschaftliche Erklärung.
Schlüsselwörter: Naturstoffe, Enzymhemmer, pflanzliche Polyphenole
Abstract
Natural substances from animals, microorganisms and plants are important medicinal substances whose mechanism of action
is based on the inhibition of enzymes. This principle of action is well-known and highly topical - especially under the
aspect of healthy nutrition, vegetable polyphenols as enzyme inhibitors of digestive enzymes play an important role that has
so far been neglected. The use of traditional medicinal plants for the treatment of metabolic diseases is also being given a
scientific explanation through new studies.
Keywords: Natural substances, enzyme inhibitors, vegetable polyphenols
Ohne Enzyme ist kein Stoffwechsel und damit auch kein
zellulär organisiertes Leben möglich. Enzyme (griech.
en = in, zymē = Gärungsmittel, Sauerteig) sind Proteine,
die in allen Organismen als Katalysatoren an fast allen
chemischen Reaktionen beteiligt sind und diese unter den in
lebenden Zellen herrschenden Bedingungen ablaufen lassen.
Im menschlichen Organismus gibt es etwa 23 000 Gene [7], davon
codieren ca. 21,3 % Enzyme, aber nur 6,3 % verschlüsseln
Rezeptoren [8]. Die essenzielle Rolle von Enzymen im Stoffwechsel
ist offensichtlich, woraus sich auch die Bedeutung von
Enzyminhibitoren ergibt, die hemmend auf vielfältige metabolische
Prozesse einwirken können. Unter evolutionären Aspekten
muss es neben der großen Menge von Enzymen auch eine
große Anzahl von natürlichen Enzyminhibitoren geben, die
regulierend in metabolische Prozesse eingreifen können und
damit ökologische Bedeutung besitzen. Das schließt die Wechselwirkung
mit Enzymen des menschlichen Stoffwechsels ein
und damit letztendlich die Auslösung von toxischen und/oder
kurativen Effekten. Dabei kommen Stoffe mit Enzym-hemmenden
Eigenschaften in allen Organismen vor, und nicht wenige
unserer heutigen Arzneistoffe sind Naturstoffe, die durch Inhibierung
spezieller Enzyme eine gewünschte pharmakologische
Antwort auslösen.
Natürliche Enzymhemmer
sind bekannte Arzneistoffe
Zu bekannten Arzneistoffen zählen als tierischer Enzymhemmer
z. B. Hirudin, ein Polypeptidgemisch aus dem Speichel des
Blutegels (Hirudo medicinalis) mit blutgerinnungshemmenden
Eigenschaften oder auch viele der heute eingesetzten Antibiotika,
wie die Penicilline, sind mikrobielle Naturstoffe bzw.
halbsynthetische Verbindungen, die Enzyme der bakteriellen
Zellwandsynthese hemmen. Unter den pflanzlichen Sekundärstoffen
findet man auch eine große Anzahl von Enzyminhibitoren,
die gegenwärtig als Arzneistoffe eingesetzt werden, wie
z. B. herzwirksame Steroidglykoside (Na-K-ATPase-Hemmer)
oder Galantamin (Acetylcholinesterase-Hemmer). In vielen
Phytotherapeutika sind pflanzliche Enzymhemmer als wirkungsbestimmende
oder zumindest -mitbestimmende Inhaltsstoffe
bekannt, wie z. B. Anthracenderivate in den laxierend
wirkenden Anthranoiddrogen, die u. a. die Na-K-ATPase sowie
enzymatisch aktive Elektrolyttransporter in den Enterozyten
hemmen. Dazu zählen auch Weidenrinde und Echte Goldrute,
deren Phenolglykoside nach Umwandlung im Organismus
zu Salicylsäure durch Hemmung der Cyclooxygenase entzündungshemmend
wirken.
12 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Wissenschaft
Enzymhemmer als Gegenstand
der Naturstoffforschung
Neben diesen bekannten pflanzlichen Enzyminhibitoren gibt
es eine große Anzahl unbekannter pflanzlicher Sekundärstoffe,
die mit ihrer Eigenschaft, ein oder mehrere Enzyme spezifisch
oder unspezifisch zu hemmen, Gegenstand von Forschung
und Arzneimittelentwicklung sind. Das zeigt die Zahl
von mehr als 46 000 Verweisen im Recherche-Portal PubMed,
wenn man die Stichworte „enzyme inhibitors from plants“
eingibt. Die Naturstoffforschung bezüglich der Suche von
Enzyminhibitoren ist dabei einerseits auf das Auffinden von
neuen Strukturen mit spezifischer Wirksamkeit gegenüber
therapeutisch interessanten Enzymen gerichtet, die entweder
als isolierte Naturstoffe arzneilich verwendet werden oder
als Leitstruktur für die gezielte Synthese von neuen synthetischen
Arzneistoffen genutzt werden können. Ein historisches
Beispiel dafür ist Salicylsäure – ein pflanzlicher Naturstoff –
und Acetylsalicylsäure – ein reines Syntheseprodukt. Auch
moderne Tumortherapeutika haben oft natürliche Vorbilder
aus Pflanzen, wie der Topoisomerasehemmer Camptothecin
aus Camptotheca accuminata Decne und davon abgeleitet die
halbsynthetischen Zytostatika Topotecan und Irinotecan, die
weniger toxisch und besser löslich zur Therapie des metastasierenden
Ovarial- oder kleinzelligen Bronchialkarzinoms
bzw. Kolonkarzinoms eingesetzt werden.
Naturstoffe als Enzymhemmer zur
Behandlung von Stoffwechselerkrankungen
Andererseits besitzen viele Naturstoffe unspezifische enzymhemmende
Eigenschaften gegen ein breites Spektrum von Enzymen,
vor allem gegenüber Hydrolasen, für die immerhin mehr
als 5 % aller Gene bei Menschen codieren [8]. Neben den intrazellulär
wirkenden Hydrolasen, die sicher den größten Anteil an
diesen Enzymen bilden, spielen die hydrolytischen Enzyme im
Verdauungstrakt eine entscheidende Rolle für den Aufschluss
der Nahrung und sind die Voraussetzung für die Resorption
der essenziellen Nahrungsbestandteile, wie Aminosäuren, Zucker
oder Fettsäuren. Damit rücken diese Enzyme aber auch in
den Fokus bei der Suche nach Wirkstoffen, die zur Behandlung
metabolischer Erkrankungen wie Diabetes oder Adipositas eingesetzt
werden können.
Therapeutisch werden gegenwärtig bei Diabetes mellitus Typ 2
zwei Enzyminhibitoren der α-Glykosidasen eingesetzt, Acarbose
und Miglitol, die beide Naturstoffe bakteriellen Ursprungs
sind.
▶ So hemmt die Acarbose, ein Pseudotetrasaccharid, welches
von verschiedenen Actinomyceten der Gattung Actinoplanes
produziert wird, vor allem die pankreatische α-Amylase und
damit den Stärkeabbau.
▶ Miglitol inhibiert die α-Glucosidase, ein Enzym des Bürstensaums
im Dünndarm, das vor allem Oligosaccharide
und Disaccharide zu Glucose und anderen Monosacchariden
spaltet. Ausgangspunkt für Miglitol war der pflanzliche
Glucosidasehemmstoff 1-Deoxynojirimycin, der in Rinde
und Blättern des Maulbeerbaums vorkommt, aber auch fermentativ
aus Streptomyces-Arten gewonnen werden kann.
Maulbeerbaumblätter wurden in der traditionellen Heilkunde
orientalischer Länder bereits seit Jahrhunderten zur
Behandlung von Stoffwechselerkrankungen eingesetzt [13],
die heute als Diabetes diagnostiziert würden. Acarbose und
Miglitol verhindern letztlich, dass Kohlenhydrate bis zur
Glucose abgebaut werden können und die postprandialen
Blutzuckerspitzen werden damit abgeflacht.
Bei der Einnahme von Acarbose oder Miglitol können Blähungen,
Durchfall und Bauchschmerzen, seltener auch Übelkeit
auftreten, was die Compliance verschlechtert und auch dazu
geführt hat, dass Miglitol seit Oktober 2015 in Deutschland außer
Handel ist. Die Suche nach Naturstoffen mit vergleichbaren
pharmakologischen Eigenschaften, aber ohne das Nebenwirkungsprofil
der beiden angeführten Arzneistoffe, ist daher eine
aktuelle Aufgabe der Naturstoffpharmakologie.
Ähnliche Wirkungen wie die neue Generation von oralen Antidiabetika,
die Gliptine, haben auch enzymhemmende Naturstoffe,
insbesondere pflanzliche:
▶ Polyphenole
▶ Flavonoide
▶ Phenolsäuren
▶ Katechinderivate
Ihre Effekte beruhen auf der Hemmung des Enzyms Dipeptidylpeptidase-4
(DPP-4), das für den Abbau der körpereigenen
Inkretine Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) und glukoseabhängiges
insulinotropes Peptid (GIP) verantwortlich ist [6]. Die
blutzuckersenkenden Inkretine (intestinal secretion of insulin)
sind Peptidhormone aus dem Dünndarm und regulieren neben
Insulin und Glucagon den Glukosestoffwechsel. Durch die Abbauhemmung
der Inkretine werden deren Wirkungen verstärkt,
u. a. die Erhöhung der Insulinsekretion, die Verminderung der
Glucagonfreisetzung sowie eine Förderung des Sättigungsgefühls.
Polyphenole als Enzymhemmer
von Verdauungsenzymen
Ausgehend von der ziemlich trivialen Beobachtung, dass Menschen
mit vorwiegend pflanzlicher Nahrung seltener an Diabetes
mellitus oder Adipositas erkranken – durch epidemiologische
Untersuchungen über mehr als 60 Jahre und über 300
Studien auch bestätigt [5] – erhebt sich die Frage, warum das so
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 13
Wissenschaft
ist. Einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage könnten die in
pflanzlicher Nahrung in zumeist hohen Konzentrationen vorkommenden
Polyphenole spielen. Zu dieser Stoffklasse gehören
u. a. Gerbstoffe, Flavonoide, Kaffeesäurederivate. Gesunde Ernährung
mit Obst und Gemüse, d. h., die gleichzeitige Aufnahme
von Polyphenolen neben den essenziellen Energieträgern
in der Nahrung führt zur Absenkung der hier genannten postprandialen
Metabolitenspitzen.
Alle natürlichen Polyphenole wirken mehr oder minder stark
als Hemmer von hydrolytischen Verdauungsenzymen [4] und
führen dazu, dass der Abbau von Kohlenhydraten, Fetten und
Proteinen zwar nicht vollkommen blockiert wird, aber doch so
stark gehemmt wird, dass damit ein protektiver physiologischer
Effekt ausgelöst wird. Erfolgt der Abbau der Nahrungsbestandteile
ungehemmt durch die körpereigenen Verdauungsenzyme,
so werden die dabei entstandenen Monosaccharide, Fettsäuren,
Monoacylglycerole und Aminosäuren bis zum Erreichen
des Dickdarmes im Dünndarm vollständig resorbiert. In der
Folge kommt es je nach Menge der aufgenommenen Nahrung
bei Gesunden wie beim Diabetiker oder adipösen Patienten zu
postprandialen Blutzuckerspitzen, Fettsäurespitzen bzw. Triglyceridspitzen.
Abhängig vom Stoffwechselstatus werden diese
Metabolitenspitzen mehr oder weniger schnell abgebaut. Je
länger unphysiologische Blutzucker- oder Triglyceridspiegel andauern,
umso größer ist das Gefahrenpotenzial für pathogene
Effekte, z. B. beim metabolischen Syndrom [10] oder bei koronaren
Herzerkrankungen [9].
Literatur- und Quellenverweise
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extract treatment on the maternal-fetal outcome, oxidative stress status
and lipid profile of streptozotocin-induced diabetic rats. J Ethnopharmacol
2011;138:691-696.
Unter den Arzneipflanzen, die bei Stoffwechselerkrankungen
eingesetzt werden, findet man solche, die die Verdauungsenzyme,
insbesondere die pankreatische Lipase und die α-Amylase
hemmen. Ausgehend von klinischen Studien zur antidiabetischen
Wirksamkeit von polyphenolhaltigen Nahrungsmitteln
[11] untersuchten verschiedene Arbeitsgruppen sowohl isolierte
pflanzliche Polyphenole als auch polyphenolhaltige Drogenextrakte
hinsichtlich ihrer enzymhemmenden Aktivität bezüglich
der hydrolytischen Verdauungsenzyme. Im Endergebnis konnte
festgestellt werden, dass zwar alle polyphenolischen Naturstoffe
aus vielen verschiedenen Pflanzen mehr oder weniger stark die
Verdauungsenzyme hemmten. Allerdings gab es mit den Blattextrakten
von Camellia sinensis (L.) Kuntze, der den Grüntee
liefernden Arzneipflanze, eine Zubereitung, die besonders ausgeprägt
die pankreatische Lipase inhibierte [2]. Die orale Aufnahme
von Polyphenolen aus Grüntee und die damit verbundene
Hemmung der Fettverdauung führen bei Adipositas und
Diabetes zu einer Absenkung der Triglyceridspiegel und letztlich
auch des Körpergewichts, wie klinische Untersuchungen
gezeigt haben [1, 12]. Besonders interessant sind die Ergebnisse
mit Arzneidrogen der traditionellen Medizin, deren Extrakte
sowohl die Lipase als auch die α-Amylase relativ stark hemmen.
Dazu gehören u. a. Hibiscusblüten (Hibiscus sabdariffa L.) und
Tamarinden (die Samenschalen von Tamarindus indica L.), die
beide traditionell zur Behandlung von Adipositas und Diabetes
eingesetzt werden [3]. Pflanzliche Enzymhemmer für Verdauungsenzyme
besitzen offensichtlich ein Potenzial für Nahrungsergänzungsmittel
oder besser, Phytotherapeutika, deren
Wirkung, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sowie Verträglichkeit
eigentlich lange bekannt sind – man sollte es nutzen!
Nachdruck aus dem zaenmagazin 2018-1
Autor
Prof. Dr. Matthias F. Melzig
Freie Universität Berlin
Institut für Pharmazie
Königin-Luise-Str. 2–4
14195 Berlin
14 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Wissenschaft
Der Mikronährstoff Ubiquinol
und dessen Beitrag
zur oralen Gesundheit
Dr. Uwe Weidenauer
Zahnarztbesuche werden oft aufgeschoben, bis Probleme wie Zahnschmerzen, Karies oder
Entzündungen auftreten. Dabei ist Vorbeugung statt Behandlung in Sachen Mundgesundheit
enorm wichtig. Nicht nur, um Zähne, Zahnfleisch und die Mundhöhle vor Krankheiten
zu schützen und bis ins hohe Alter gesund zu halten, sondern auch um Allgemeinerkrankungen
vorzubeugen. Denn orale Gesundheit spielt für das gesamte Wohlbefinden, das
Immunsystem und für viele andere Organe, wie das Herz, eine große Rolle. Neben einem
gesunden Lebensstil, guter Mundhygiene und regelmäßigen Vorsorgeterminen beim
Zahnarzt können Mikronährstoffe die Mundgesundheit unterstützen.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die
Mundgesundheit in enger Beziehung zur Gesundheit
des gesamten Körpers steht. Beispielsweise
können bestimmte Erkrankungen in einem frühen
Stadium bereits in der Mundhöhle erkannt werden. Darüber
hinaus können Entzündungsherde in der Mundhöhle, wie eine
Parodontitis, das Risiko für bestimmte Allgemeinerkrankungen
verstärken. Denn über die Blutbahn können Bakterien,
Bakteriengifte oder Botenstoffe aus der Mundhöhle in vom
eigentlichen Entzündungsursprung weit entfernte Regionen
des Körpers vordringen und dort entweder Erkrankungen hervorrufen
oder bereits vorhandene Krankheiten begünstigen
und verstärken. So wird unter anderem vermutet, dass eine
Parodontitis das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko erhöhen
kann. Bei schwangeren Frauen besteht zudem ein Zusammenhang
zwischen Erkrankungen des Zahnhalteapparates und der
Frühgeburtenrate sowie einem geringen Geburtsgewicht. Auch
Diabetiker mit ausgeprägter Parodontitis haben es schwerer,
ihren Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Und nicht selten
scheinen akute oder chronische Atemwegserkrankungen von
Bakterien auszugehen, die eigentlich ausschließlich für Entzündungen
des Zahnbettes verantwortlich gemacht werden.
Umgekehrt haben viele Allgemeinerkrankungen deutliche
Auswirkungen auf die Mundhöhle und verstärken das Risiko
für Karies und Zahnbetterkrankungen. Nicht zuletzt beeinflusst
auch unsere Lebensweise die Mundgesundheit. So sind
zum Beispiel Raucher stark gefährdet, an einer Parodontitis zu
erkranken. Sowohl der Schweregrad der Erkrankung als auch
das Risiko, Zähne zu verlieren, sind bei ihnen im Vergleich zu
Nichtrauchern deutlich erhöht. Auf Zahnfleisch und Zähnen
von Rauchern bleibt ein Belag mit giftigen Stoffwechselprodukten
weitaus besser haften. Zudem verringert der Zigarettenkonsum
auch die Durchblutung des Zahnfleisches. Durch
Nikotinverzicht, eine gesunde Ernährung, tägliche Mundhygiene
und zahnmedizinische Prophylaxe lassen sich Erkrankungen
in der Mundhöhle deutlich reduzieren und die allgemeine
Gesundheit stärken. Zusätzlich können Mikronährstoffe wie
Coenzym Q10 die Mundgesundheit unterstützen.
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 15
Wissenschaft
Coenzym Q10 vs. Ubiquinol
Coenzym Q10 kommt im menschlichen Organismus in zwei
Formen vor: einer oxidierten und einer reduzierten Form, die
zwei zusätzliche Wasserstoffatome an sich gebunden hat – das
Ubiquinol. In der Atmungskette der Mitochondrien ist Ubiquinol
ein essenzieller Elektronenüberträger zur Herstellung
von Adenosintriphosphat (ATP). Mehr als 95 Prozent der
Körperenergie werden mithilfe von Ubiquinol produziert. Als
unerwünschte Nebenprodukte entstehen in der Atmungskette
reaktive Sauerstoffverbindungen, die die Zellen schädigen
können. Die antioxidativen Abwehrmechanismen des Körpers
– zu denen auch Ubiquinol gehört – können diesen freien
Radikalen entgegenwirken. Werden die Mitochondrien allerdings
in ihrer Funktion so beeinträchtigt, dass die Atmungskette
nicht mehr reibungslos ablaufen kann, nehmen die reaktiven
Verbindungen überhand und oxidativer Stress entsteht.
Parodontitis – die Lockere-Zähne-Krankheit
Oxidativer Stress kann Entzündungen wie eine Gingivitis verursachen
und steht auch in Verdacht, Hauptauslöser von Parodontitis
zu sein. [1] Dabei werden die Zahnfleischtaschen
immer tiefer, sodass die Zähne ihren natürlichen Halt verlieren.
Laut der aktuellen Deutschen Mundgesundheitsstudie [2]
ist etwa jeder zweite jüngere Erwachsene (35 bis 44 Jahre) von
einer parodontalen Erkrankung betroffen. Bei den jüngeren
Senioren (65 bis 74 Jahre) sind es rund 65 Prozent. Für die Zukunft
ist aufgrund der demografischen Entwicklung mit einer
Zunahme des parodontalen Behandlungsbedarfs zu rechnen.
Daher sind präventive Ansätze wie beispielsweise eine Nahrungsergänzung
mit Ubiquinol empfehlenswert.
Zwar kann der menschliche Organismus Ubiquinol selbst
bilden, doch diese Fähigkeit nimmt mit dem Alter ab. Der
Ubiquinol-Gehalt der Gewebe sinkt. So hat zum Beispiel ein
40-Jähriger etwa 30 Prozent weniger Ubiquinol im Herzmuskel
als ein 20-Jähriger. Auch bedingt durch Krankheiten oder Medikamente
kann die körpereigene Produktion von Ubiquinol
eingeschränkt sein, sodass eine Supplementation sinnvoll ist.
Bereits früh haben die Forschergruppen Littarru et al. [3] und
Nakamura et al. [4] herausgefunden, dass Parodontitis-Patienten
einen Coenzym-Q10-Mangel in ihrem Zahnfleisch
aufweisen, was für eine mitochondriale Dysfunktion spricht.
Ein typisches Bakterium schwerer Parodontitisformen, Porphyromonas
gingivalis, produziert Lipopolysaccharide, die die
Mitochondrien schädigen.[5]
Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Nahrungsergänzung
mit Ubiquinol bzw. Coenzym Q10 Parodontitis
entgegenwirken kann. Forscher der zahnmedizinischen
Nihon Universität in Japan haben eine Studie [6] mit 45 Erwachsenen
mit leichter bis mittelschwerer Parodontitis durchgeführt.
Die Probanden erhielten über zwei Monate hinweg
entweder 150 mg Ubiquinol am Tag oder ein Placebo. Nach
Ende des Behandlungszeitraums zeigte die Ubiquinol-Gruppe
deutlich weniger Plaquebildung, weniger Zahnfleischbluten
und eine reduzierte Tiefe der Zahnfleischtaschen im Vergleich
zur Placebo-Gruppe. Des Weiteren wiesen die Teilnehmer, die
Ubiquinol erhalten hatten, weniger Mundgeruch und eine höhere
antioxidative Aktivität im Speichel auf. In der Mundhöhle
agiert Speichel durch seine Antioxidanzien als erste Abwehr
gegen freie Radikale.
Es wird angenommen, dass Ubiquinol über mehrere Wege
gegen Parodontitis wirkt. Beispielsweise haben McRee et al.
[7] herausgefunden, dass sich bei Parodontitis-Patienten, die
Coenzym Q10 eingenommen hatten, die Zahl der unter dem
Zahnfleisch befindlichen Bakterien reduziert hatte. Die Wissenschaftler
vermuten, dass Coenzym Q10 das Immunsystem
stärkt, sodass der Körper die Bakterien leichter bekämpfen
kann. Des Weiteren ergab eine schwedische Studie [8] unter
der Leitung von Magnus Nylander und Marina Nordlund,
dass eine Nahrungsergänzung mit 30–100 mg Coenzym Q10
am Tag das Zahnfleisch stärkt und Zahnfleischbluten verringert
– beides Faktoren, die dazu beitragen, dass sich die Zähne
nicht lockern.
Speichel beeinflusst orale Gesundheit
Neben Zahnfleischerkrankungen wie Parodontitis beeinträchtigt
auch Mundtrockenheit (Xerostomie) die Lebensqualität
der Betroffenen. Bei einem chronisch trockenen Mund ist die
Speichelproduktion deutlich verringert. Zu den Symptomen
zählen ein andauerndes Durstgefühl, Geschmacksstörungen,
Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, Zahnfleischerkrankungen
und Mundschmerzen. Zudem zieht eine Verschlechterung
des Speichelflusses oder dessen Zusammensetzung
ein erhöhtes Kariesrisiko nach sich. Mundtrockenheit
kann als Nebenwirkung verschiedener Medikamente, einer
Chemotherapie oder als Begleiterscheinung von Krankheiten
wie dem Sjögren-Syndrom, einer Autoimmunerkrankung,
auftreten. Speichelqualität und -quantität verändern sich aber
auch mit dem Alter. Oft leiden Frauen in den Wechseljahren
unter einem chronisch trockenen Mund, was darauf hindeutet,
dass hormonelle Veränderungen dabei eine Rolle spielen
könnten. Die genauen Ursachen chronischer Mundtrockenheit
sind zwar noch nicht geklärt, doch einige Wissenschaftler
vermuten, dass die altersbedingte Abnahme von Ubiquinol
bzw. der ATP-Produktion die Speichelsekretion beeinträchtigt.
Daher haben verschiedene Studien untersucht, ob ein höherer
Coenzym-Q10-Spiegel im Speichel Mundtrockenheit in fortgeschrittenem
Alter verhindern könnte – mit vielversprechenden
Ergebnissen.
Beispielsweise erhielten in einer Studie [9] 66 Patienten, die
am Sjögren-Syndrom mit Mundtrockenheit litten, über einen
Monat hinweg täglich entweder 100 mg Ubiquinol oder
ein Placebo. Ihre Speichelproduktion und der Coenzym-Q10-
Gehalt des Speichels wurden vor und nach der Behandlung un-
16 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
tersucht. Beide Parameter verbesserten sich deutlich im Laufe
der Studie bei der Ubiquinol-Gruppe. Coenzym Q10 konnte
in den Speicheldrüsen nachgewiesen werden, was darauf hindeutet,
dass oral verabreichtes Coenzym Q10 über den Blutkreislauf
zu den Speicheldrüsen transportiert wird und dort
die Speichelsekretion verbessern kann.
Generell ist Ubiquinol als Nahrungsergänzung besser geeignet,
denn im Gegensatz zu herkömmlichem Coenzym Q10 muss es
nicht erst metabolisch umgewandelt werden. Als physiologisch
aktive Form kann es der Körper direkt aufnehmen und effektive
Werte können leichter erreicht werden. [10, 11]
Daher untersuchte eine weitere randomisierte, placebokontrollierte
Doppelblindstudie die Auswirkungen von Ubiquinol auf
die Speichelsekretion. [12] An dieser Interventionsstudie nahmen
40 Personen im Alter von 65 Jahren oder jünger teil, die
leichte Mundtrockenheit aufwiesen. Die Probanden erhielten
acht Wochen lang zweimal täglich entweder ein Kaubonbon
mit 50 mg Ubiquinol oder ein entsprechendes Placebo. Am
Ende der Studie war der Coenzym-Q10-Spiegel im Speichel
und die Speichelflussrate in der Ubiquinol-Gruppe im Vergleich
zur Placebo-Gruppe signifikant gestiegen. Verglichen
mit der Ausgangssituation bewerteten die Studienteilnehmer
der Ubiquinol-Gruppe ihre Mundtrockenheit am Ende der
Studie zudem als deutlich verbessert. Die Ergebnisse einer
In-vitro-Untersuchung deuten außerdem darauf hin, dass Ubiquinol
die Speichelsekretion durch Unterdrückung von oxidativem
Stress in den Speicheldrüsen und durch Förderung der
ATP-Produktion erhöhen kann.
Autor
Dr. Uwe Weidenauer
Mohren-Apotheke
Stettiner Straße 23
69514 Laudenbach
Fazit
Eine gesunde und gut gepflegte Mundhöhle ist Grundlage
für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden. Im
Vergleich zu anderen chronischen Erkrankungen lassen sich
durch eine effektive Mundhygiene und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen
sehr gute Präventionserfolge erzielen. Zusätzlich
kann die Supplementation von Ubiquinol die Mundgesundheit
unterstützen wie diverse Studien belegt haben. In
der Apotheke sind verschiedene Produkte mit Ubiquinol zu
finden – von Kapseln bis hin zu Mundsprays. Ubiquinol ist ein
natürlicher Mikronährstoff, der die körpereigene Produktion
nicht beeinträchtigt und keine Nebenwirkungen hat. Für gesunde
Menschen bietet sich eine präventive Einnahme von 50
bis 100 mg pro Tag an. Auch mit hohen Dosierungen sind keine
Nebenwirkungen zu erwarten. Die Unbedenklichkeit des
Mikronährstoffs wurde in zahlreichen Studien belegt.
Literatur- und Quellenverweise
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Praxis
Aufsuchende Zahnärzt*innen
bringen mehr Lebensqualität
Ergebnisse der Studie „ZahnRad“
Viele alte Menschen sind auf Pflege angewiesen. Zu den Einschränkungen im Alltag gehört
dabei auch, dass diese Hochbetagten oft nicht mehr aus eigener Kraft in eine Zahnarztpraxis
gehen können. Wie kann dann die Zahnbehandlung zu ihnen kommen?
Das untersucht eine aktuelle Studie mit dem Arbeitstitel „ZahnRad“.
Gesund alt werden – wer wünscht sich das nicht? Und
doch geht das Alter früher oder später mit einem Verlust
der Leistungsfähigkeit einher – der körperlichen,
und nicht selten auch der geistigen. Dann sind wir
Menschen auf pflegende Unterstützung angewiesen, entweder
im Pflegeheim oder, wenn die Möglichkeit dazu besteht, auch
zu Hause. Doch aufgrund der eingeschränkten Mobilität heißt
das konkret: Viele alte Menschen können keine Zahnarztpraxis
mehr aufsuchen.
Wie soll ein alter Mensch, der kaum noch selbst gehen kann,
mit dem Bus oder Taxi vom Dorf in die nächste Stadt fahren?
Gibt es Angehörige in der Nähe und haben sie Zeit für die Begleitung?
Ist die Praxis überhaupt barrierefrei zu erreichen?
Gerade in ländlichen Regionen sind das oft unüberwindbare
Hürden für einen Zahnarztbesuch.
Die Folge: unzureichende Zahngesundheit im Alter und damit
einhergehend eine zusätzliche Einschränkung der Lebensqualität.
Lösung bei mangelnder Mobilität
Ein Lösungsansatz besteht in der „Aufsuchenden Zahnmedizin“.
Wenn die Patient*innen nicht in die Praxis kommen
können, gehen die Zahnärzt*innen zu den Patient*innen.
Deutschlandweit wird die Zahl der Patient*innen, denen dadurch
geholfen werden könnte, auf rund drei Millionen geschätzt
– und ihnen allen könnte durch eine bessere zahnmedizinische
Versorgung mehr Lebensqualität gegeben werden.
Dreijährige Studie „ZahnRad“
Welche positiven Effekte lassen sich mit der aufsuchenden
Zahnmedizin erreichen? Damit hat sich eine Studie des
ISGOS Berlin (ISGOS = Institut für sozialpolitische und gerontologische
Studien) mit dem Arbeitstitel „ZahnRad“ beschäftigt,
die erste bundesweite Längsschnittstudie zur häuslichen
zahnärztlichen Behandlung. Ziel war es, den Zahnstatus von
zu Hause lebenden pflegebedürftigen Patient*innen zu ermitteln
und die Effekte der Behandlung durch die aufsuchenden
Zahnärzt*innen zu überprüfen.
Fokusregion Unterfranken: Im Main-Spessart-Kreis betrug die
Stichprobengröße 123 Patient*innen, davon 62 in häuslicher
Umgebung und 61 in stationärer Versorgung (Kontrollgruppe).
Insgesamt konnten Daten aus drei Erhebungen einbezogen
werden, was einem Betrachtungszeitraum von rund drei
Jahren entspricht.
18 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Praxis
Zahnstatus lässt sich verbessern
Musste zu Beginn der Studie noch bei sehr vielen Proband*innen
ein sehr schlechter Zustand der Mundgesundheit attestiert
werden – auch bedingt durch Einschränkungen bei der
eigenen Zahnpflege –, so hatte sich das nach Ablauf von drei
Jahren erheblich reduziert: bei den zu Hause lebenden Personen
von über einem Drittel auf deutlich unter 10 % und bei
denen im Pflegeheim von 50 auf 18 %. Damit einher ging auch
eine deutliche Verbesserung der gefühlten Lebensqualität: Bis
zu 25 % weniger Proband*innen empfanden funktionale Einschränkungen,
Schmerzen oder Unbehagen im Zusammenhang
mit ihren Zähnen.
Rahmenbedingungen für erfolgreiche
Umsetzung
Das sind ermutigende Ergebnisse, die zeigen, wie deutlich die
Aufsuchende Zahnmedizin die Lebensqualität von Pflegebedürftigen
erhöhen kann. Zur erfolgreichen Umsetzung in die
Praxis gehören dabei:
▶ Beratung, Anleitung und Empfehlungen für den Einsatz
von Hilfsmitteln
▶ Schulung der Angehörigen
▶ Einweisung des Pflegepersonals
▶ feste Termine für die Patient*innen mit dem Hauszahnarzt
zu regelmäßiger Kontrolle
▶ Eine „Patientenampel“ mit Basisinformationen macht alle
Beteiligten zu Helfenden, die sich gegenseitig über den aktuellen
Status der pflegebedürftigen Person informieren.
Drei Szenarien in der Praxis
Welche Formen kann nun die Aufsuchende Zahnmedizin annehmen?
Bislang sind drei verschiedene Szenarien im Einsatz.
Typ 1: Vor Ort zu Hause
Das Equipment der aufsuchenden Zahnärzt*in ist geeignet für
Prophylaxe und Therapie. Durchgeführt wird die Behandlung
im Privathaushalt oder der Pflegeeinrichtung, möglichst niederschwellig,
also einfach in einem Sessel, auf einem Küchenstuhl
oder am Esstisch, im Einzelfall auch im Bett. So können
selbst unter schwierigen Bedingungen viele Leistungen erfolgen:
▶ Vorsorge/Kontrolluntersuchungen mit Mundhygieneeinweisung,
auch für Pflegende
▶ Zahnsteinentfernung
▶ professionelle Zahnreinigung/Zahnfleischbehandlungen
▶ chirurgische Eingriffe
▶ Füllungen
▶ Wurzelbehandlungen
▶ Prothesenreinigungen
▶ Entfernung von Druckstellen
▶ Prothesenreparaturen
▶ Unterfütterungen
▶ Zahnpräparation für Kronen und/oder Brücken
▶ Provisorienherstellung
▶ Prothesenneuanfertigungen
Typ 2: Im Kleintransporter
Der Transporter ist so eingerichtet, dass er eine hilfsbedürftige
Person, auch mit Rollstuhl und mit Begleitperson, aufnehmen
kann. Er enthält die für die Behandlung notwendigen Instrumente
und Materialien. Damit lässt sich ein Behandlungsspektrum
von prophylaktischen und konservativ rekonstruierenden
Maßnahmen durchführen, ebenso können Zähne
erforderlichenfalls gezogen werden, vorhandener Zahnersatz
kann repariert oder neu angepasst werden.
Typ 3: Mobile Behandlungspraxis im Zahnmobil
Das Zahnmobil ist für den Einsatz in Pflegeeinrichtungen
konzipiert: Es ist die aufwendigste Lösung, deshalb lohnt
es sich nur, wenn an einem Behandlungstag mehrere Patient*innen
termingerecht vor Ort behandelt werden können.
Das Zahnmobil verfügt über eine fest installierte Praxis-Einheit
in einem Container mit barrierefreiem Zugang, auch für
Schwerstpflegefälle. Auf einer Grundfläche von 4 x 2,20 Metern
bietet es Platz für Patient*in, Team (drei Personen) und
einen Angehörigen. Möglich sind hier Sedierung und Narkose
sowie mobiles Röntgen, auch ohne Bindung an das Zahnmobil.
Der Behandlungsplatz ist innerhalb des Containers durch eine
Faltwand abtrennbar. An der Containerwand am Kopfende
sind alle benötigten Materialien in Reichweite gelagert. Allerdings
gibt es auch für das Zahnmobil Grenzen – teils bei den
Patient*innen selbst (z. B. im Fall schwerer Demenz), aber auch
auf umfassende chirurgische Eingriffe oder umfangreiche Prothetikherstellung
ist das Zahnmobil nicht ausgelegt.
Fazit: Der Bedarf wird steigen
Die ISGOS-Studie zeigt auf, welche positiven Effekte auf Zahngesundheit
und Lebensqualität die Aufsuchende Zahnmedizin
bewirken kann. Vor dem Hintergrund des demografischen
Wandels – also unserer älter werdenden Gesellschaft – ist
abzusehen, dass der Bedarf für diese Form der Zahnbehandlung
in Zukunft noch weiter steigen wird. Dafür bieten sich
wie gesehen mehrere Modelle an, weitere Formen lassen sich
bei Bedarf sicherlich entwickeln. Inwieweit allerdings flächendeckend
Angebote geschaffen werden können, ist noch nicht
entschieden. Es lohnt sich aber im Interesse aller betroffenen
Patient*innen – das heißt also möglicherweise von uns allen! –,
das Projekt Aufsuchende Zahnmedizin beherzt und optimistisch
voranzutreiben.
Die Redaktion
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 19
Praxis
20 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Statistik
Stressige Assistenzzeit?
Anlässlich des Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung in Berlin 2018 präsentierten
Kettler, Krois und Frenzel Baudisch vom Institut der Deutschen Zahnärzte in Köln
und der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin Forschungsergebnisse
zum Thema Stressbelastung im zahnärztlichen Studium und der Assistenzzeit.
Insbesondere gingen sie der Frage nach, wie die Zahnärzt*innen
das Verhältnis zwischen Verausgabung und Gratifikation
erleben und ob sich das Stresserleben seit dem Studium
geändert hat. Ferner untersuchten sie, ob ein Zusammenhang
zwischen Stresserleben in der Assistenzzeit und Depressionsneigungen
herrscht.
Hintergrund der Untersuchung war die Erkenntnis, dass der
Übergang vom Studium in den Beruf belastend erlebt werden
kann für die Berufsanfänger*innen. Der letzte Studienabschnitt
in der Zahnmedizin birgt durch ein hohes Ungleichgewicht aus
starker Beanspruchung und geringer Gratifikation eine hohe
Wahrscheinlichkeit für ein Missverhältnis. Dieses kann auf
Dauer Krankheiten wie Depressionen fördern. Unklar war bisher,
wie sich das Stresserleben und die Neigung zur Depression
nach dem Einstieg in den Beruf entwickelt.
Angehende Zahnärzt*innen wurden in einer Vollerhebung im
Winter 2014/15 im 9. und 10. Semester des Studiums und dann
erneut zwei Jahre später in der Assistenzzeit befragt. Die longitudinale
Studie ist im Mixed-Methods-Design angelegt; neben
quantitativen Erhebungen werden auch qualitative Methoden
(Gruppendiskussionen) eingesetzt.
Das Stresserleben wurde mit der Langversion des ERI (effort-reward-imbalance)
gemessen, die 16 Items umfasst und das
Verhältnis zwischen Verausgabung und Gratifikation abbildet.
Als Maßzahl wurde die ER-Ratio gebildet. Dabei wurde für jede
der beiden Subskalen Verausgabung (effort) und Gratifikation
(reward) ein Wert aus den Antworten zu den entsprechenden
Items errechnet. ER-Ratio ist das Verhältnis zwischen effort und
reward sowie der Anzahl der auf jeder Sub-Skala verwendeten
Items. Für die Messung bei Studierenden wurde analog die Studierendenversion
des ERI eingesetzt.
Die Depressungsneigung wurde über die Depressionsskala des
Patient Health Questionnaire (PHQ-9) erhoben (Skala von 0 bis
27). Zusammenhänge zwischen der ER-Ratio und dem PHQ-
9 wurden über Rangkorrelationskoeffizienten (Kendalls Tau-b
und Spearmans Rho) bestimmt.
In die Auswertung einbezogen wurden nur die Ergebnisse der
Studienteilnehmenden, die in der zweiten Befragungswelle jeweils
alle Items der ERI-Skala beantwortet sowie 2017 angegeben
hatten, sich in der Assistenz- oder Weiterbildungszeit zu
befinden.
Grafik auf der folgennden Seite
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 21
Statistik
Stressige Assistenzzeit?
Verausgabung
(effort)
Das Stresserleben der Teilnehmenden
in der Assistenzzeit war überwiegend niedrig.
Bei 70 überwog die Gratifikation (reward) die Verausgabung (effort).
Gratifikation
(reward)
2.5
ER-Ratio
Die mittlere ER-Ratio, die das gewichtete Verhältnis
zwischen Verausgabung (E) und Gratifikation (R) angibt, betrug 0,9.
Die ER-Ratio der Studienteilnehmenden verteilt sich folgendermaßen:
Dichtefunktion der ER-Ratio
2.0
1.5
1.0
0.5
0
0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5
Männlich Weiblich Gesamter Datensatz
geringe Verausgabung hohe geringe Gratifikation hohe
Dichtefunktion der Antworten
5 1 0 1 5 20 25 10 15 20 25 30 35 40 45
Männlich Weiblich
22
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Statistik
Stresserleben in Studium und Assistenzzeit
Ein Großteil derjenigen, die ein erhöhtes Stresserleben
im Studium angegeben hatten, empfanden die Assistenzzeit weniger stressreich.
Verausgabung
(effort)
Gratifikation
(reward)
Verausgabung
(effort)
Gratifikation
(reward)
Studienteilnehmende (n)
190
66
Verausgabung
überwiegt
Studium
95
124 77
18
Gratifikation
überwiegt
Assistenzzeit
84
66
18
Verausgabung
überwiegt
201
77
124
Gratifikation
überwiegt
25
Stresserleben und Depressionsneigung
Depressionsneigung (PHQ 9-Wert)
20
15
10
5
Quelle
0
0.5 1.0 1.5 2.0 2.5
Stresserleben (ER-Ratio)
idz Institut, Deutscher Kongress für Versorgungsforschung 2018
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 23
Praxis
Shufeng jiedu
– beruhigender Wind
Eine TCM-Kräuterrezeptur gegen Viren oder „Die Macht der acht“
Dipl.-Biologe Peter Emmrich M. A.
Diese außergewöhnliche Kräutermischung wirkt effektiv gegen virale Infektionen der
oberen und unteren Atemwege und hat sich inzwischen auch in Europa wie schon zuvor
auf den anderen Kontinenten einen Namen gemacht. Schon in einem sehr frühen Stadium
der Infektion kann diese Mischung aus 8 Heilpflanzen, die sich seit Jahrhunderten in der
TCM bewährt haben, bei einem Krankheitsgeschehen, das durch Viren ausgelöst wurde,
eingesetzt werden. Und dabei ist der Erreger untergeordnet. Es geht vielmehr darum, das
körpereigene Immunsystem, genauer gesagt das unspezifische Abwehrsystem, anzuregen.
Vornehmlich sind es die natürlichen Killerzellen, die dafür zu sorgen haben, dass eingedrungene
Viren außer Gefecht gesetzt werden. Im Übrigen ist eine weitere Aufgabe dieser
natürlichen Killerzellen, Zellentartungen frühzeitig zu bemerken und die entsprechenden
Zellen zum Absterben zu bringen. Der Fachmann spricht von einer Apoptose „plötzlicher
Zelltod“, wenn die Zellen plötzlich absterben. Die natürlichen Killerzellen können solch einen
Effekt auslösen. Damit bleibt der Organismus bis ins hohe Alter fit und leistungsfähig.
Schon in der SARS-Epidemie 2003 überzeugten die Kräuter
die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die eine
kontrollierte Beobachtungsstudie durchführte und signifikant
höhere Überlebensraten bei infizierten Patienten
feststellen konnte. Die Rezeptur geht auf das Tujia-Volk in
der Provinz Hunan in Südchina zurück, das seit Jahrzehnten
diese vegane Kräutermischung bei allen Erkältungskrankheiten
nutzt. Ich darf Ihnen nun diese Komposition aus acht Heilpflanzen
nacheinander vorstellen.
Beginnen wir mit dem Buschknöterichwurzelstock (Polygonum
cuspidatum radix et rhizome) [1], auch als japanischer
Staudenknöterich bezeichnet. Dieser gehört im botanischen
Sinne zur Familie der Knöterich-Gewächse (Polygonaceae).
Seine Wirkung liegt in der hohen Konzentration vieler
Gerbstoffe und Flavonoide aus der Gruppe der Phenole, die
insgesamt eine starke entzündungshemmende und antioxidative
Eigenschaft besitzen. Es sind gerade die Antioxidantien,
die unsere Zellwände vor dem Angriff freier Radikale
schützen. Die ROS = reaktiven Sauerstoffspezies sind dafür
berüchtigt, unsere Zellwände anzugreifen und damit einen
Untergang von Zellen zu initiieren. Geschieht der Angriff
dieser Radikale auf viele Zehntausend Zellwände gleichzeitig,
so kann ein massiver Gewebeschaden entstehen, dieses
geht nicht unbemerkt vorüber. Die betroffenen Menschen
fühlen sich schwach, müde und unwohl oder haben die typischen
Grippesymptome wie Kopf- und Gliederschmerzen.
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Praxis
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Bildquelle: wikipedia / KENPEI
Bildquelle: wikipedia / peganum
Japanischer Staudenknöterich
Forsythie
Betrachten wir nun die zweite Heilpflanze, die viele als Gartenzierpflanze
kennen und schätzen lernten: Forsythienfrüchte
oder Goldfliederfrüchte (Forsythia suspensa fructus) [2], die
zur Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae) gehören.
Diese Pflanze besitzt unter anderem große Heilkräfte, um
unser Herz zu stärken, da es das sogenannte angiotensinkonvertierende
Enzym (ACE) hemmt. Dadurch stellt sich ein normaler
Blutdruck ein, der das Herz entlastet. Darüber hinaus
verfügt diese Pflanze über weitere sehr segensreiche Eigenschaften,
wie beispielsweise antientzündliche, antioxidative,
antibakterielle, antivirale, antiallergische und antitumoröse
Effekte. Sie wird daher in der TCM sehr gelobt und hat sich
einen besonderen Stellenwert gesichert.
Die dritte Heilpflanze ist die Färberwaidwurzel (Isatis indigotica
radix) [3], die sicherlich viele im deutschsprachigen
Raum auch als Indigo kennen. Botanisch gehört sie zur Familie
der Kreuzblütler (Brassicaceae). Über ihre Wirkung liegen
zahlreiche Berichte vor, vornehmlich zu ihren antiviralen
Eigenschaften.
Weltweit hat sich der Färberwaid bei der Behandlung einer
Masern- und Mumps-Infektion bewährt, obgleich bis dato die
Wirkung immer noch nicht geklärt ist. Sicherlich sind bisher
unbekannte Inhaltsstoffe dafür verantwortlich. Aber das kennen
wir von vielen anderen Heilpflanzen ebenso. So hat man
bei der Passionsblume (Passiflora incarnata) erst vor nahezu
40 Jahren herausgefunden, wie es diese Pflanze schafft, unseren
psychischen Zustand zu verbessern. Gerade bei einem
bestehenden Abhängigkeitspotenzial leistet die Passionsblume
immens viel. Sie besitzt als Inhaltsstoffe sogenannte Flavonoide,
die an bestimmten Rezeptoren (Bindungsstellen) im
Gehirn andocken und somit unsere Süchte stoppen können.
Dadurch hat sich die Pflanze in zweitausend Jahren Freunde
rund um den Erdball gemacht, die mithilfe der Passionsblume
ihr Suchtverhalten heilen konnten.
Kommen wir nun zur vierten Heilpflanze, der chinesischen Hasenohrwurzel
(Bupleurum chinense radix) [4], die zu der
botanischen Familie der Doldenblütler (Apiaceae) gehört.
Ihre Wirkung schätzt die TCM seit vielen Jahrtausenden,
denn dazu gehört das Senken des Fiebers genauso wie die
generelle Hemmung eines entzündlichen Prozesses, egal
ob dieser sich im Kopf, Hals, Brust, Bauch oder an den Extremitäten
abspielt. Darüber hinaus sind die Inhaltsstoffe
schmerzlindernd und zeigen eine abschwellende Eigenschaft
an den Schleimhäuten von Nase, Mund und Bronchialsystem.
Aber auch im Bereich von Darm und Urogenitalsystem wie
auch in den Innenhäuten von Gelenken können die Heilkräfte
der Hasenohrwurzel erfolgreich ihre Wirkung zeigen.
Eines sollte nicht unerwähnt bleiben: Mitunter kann die Hasenohrwurzel
eine innere Anspannung lösen und beruhigend
auf den ganzen Organismus wirken.
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Praxis
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Bildquelle: wikipedia / Rudolphous
Bildquelle: wikipedia / David Stang
Färberwaid
Hasenohr
Die fünfte Heilpflanze nennt sich Patrinakraut (Patrinia scabiosifolia
herba) [5] und zeichnet sich dadurch aus, dass sie
nicht nur antibakterielle, antientzündliche und fiebersenkende
Eigenschaften besitzt, sondern auch Bauchkrämpfe beseitigt,
die Ausscheidung fördert und überschüssiges Wasser aus
dem Gewebe eliminiert. Das Kraut hat verschiedene wirksame
Inhaltsstoffe, von denen gerade die Triterpene eine große und
zugleich bedeutende Wirkung haben. Diese stärken die Leber
und aktivieren so den Zellstoffwechsel. Gerade in Korea hat
die Wurzel in den letzten tausend Jahren einen famosen Siegeszug
hingelegt. Botanisch gesehen gehört das Patrinakraut
zu den Geißblattgewächsen (Caprifoliaceae).
Das Eisenkraut (Verbena officinalis herba) [6] ist in unserer
Abwehrmischung die sechste Heilpflanze und auch hierzulande
sehr bekannt. Botanisch gehört es zusammen mit anderen
Eisenkrautgewächsen, die wir als Ziergehölze aus Parks und
Gärten oder als Beet- und Balkonpflanzen kennen in die Familie
der Eisenkrautgewächse (Verbenaceae). Traditionell wird
es auch in unseren Breitengraden als wesentlicher Bestandteil
von Erkältungsmitteln geschätzt.
Unter den vielen Inhaltsstoffen dieses Krautes sind die Iridoide
von großer Bedeutung, da sie antimikrobiell, entzündungshemmend
und antibiotisch wirken. Daher hat man das Kraut
schon im Altertum bei rheumatischen Beschwerden erfolgreich
eingesetzt, wenngleich es fatalerweise kein Eisen beinhaltet.
Meistens findet es traditionell in der Volksmedizin in Kräutermischungen
Verwendung, und es müssen noch weitere Prüfungen
erfolgen, bis der Status einer echten Arzneimittelpflanze
erreicht sein wird. Dennoch können die Phenylethanoide
unsere Zellen vor Zellschäden schützen, und ätherische Öle,
Flavonoide sowie Gerbstoffe fördern die Wundheilung, weil sie
adstringierende Eigenschaften besitzen. Im alten Ägypten und
bei den Griechen besaß das Eisenkraut hohes Ansehen.
Kommen wir nun zur siebten Heilpflanze, der Schilfrohrwurzel
(Phragmites communis rhizome) [7] aus der Familie der
Süßgräser (Poaceae). Dabei handelt es sich um eine Sumpfpflanze,
die über schmerzlindernde, harntreibende und fiebersenkende
Eigenschaften verfügt.
Das Schilfrohr kann an der Spitze an einem Tag 3 cm wachsen
und erreicht eine Wuchshöhe von maximal vier Metern. Es beinhaltet
Vitamin C, B1 (Thiamin) und B2 (Riboflavin), ebenso
konnten die psychoaktiven Entheogene Dimethyltryptamin
(DMT) und Bufotenin nachgewiesen werden. Weitere Forschungen
müssen folgen, um Zuverlässiges zu den Heilaussagen
des Schilfrohrs machen zu können. In der TCM kennt
und schätzt man die heilenden Eigenschaften im Bereich des
Magens bei Aufstoßen, Übelkeit und Erbrechen sowie auch die
ausscheidende Kraft bei entzündlichen Exanthemen (Hautausschläge).
Äußerlich kann das Schilfrohr bei Insektenstichen als
Auflage nützlich sein. Während eines grippalen Infektes beru-
26 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Praxis
5 6
Bildquelle: wikipedia / Syrio
Bildquelle: wikipedia / Isidre Blanc
Patrinakraut
Eisenkraut
higt das Schilfrohr den Husten, senkt das Fieber und fördert
den gelben zähen Schleim nach draußen.
Kommen wir nun zum achten Heilkraut dieser wunderbaren
TCM-Mischung: der Süßholzwurzel (Glycyrrhiza uralensis
radix) [8] aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae), die
sicherlich viele kennen, denn aus der Wurzel diese Süßholzes
wird die leckere Lakritze gewonnen.
Diese Süßholzwurzel verfügt über viele heilkräftige Inhaltsstoffe,
die antibakteriell, antiviral, antimykotisch, antioxidativ und
entzündungshemmend auch im Mundraum wirken. Darüber
hinaus hat sie schleimlösende Eigenschaften bei Husten und
Magenbeschwerden, auch bei einer Magenschleimhautentzündung
(Gastritis) und bei einem Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus
duodeni) kann es erfolgreich angewendet werden. Es wirkt
einem niedrigen Blutdruck entgegen und erhöht den Blutzuckerspiegel
– durch größere Mengen kann der Blutzuckerspiegel
sinken und der Blutdruck steigen! (Cave: Nicht bei Hochdruck
anwenden!) Dafür ist das in der Wurzel enthaltende Amorfrutinen
verantwortlich.
Merke: Saponine wie Glycyrrhizin wirken wie das körpereigene
Cortison und Aldosteron und erhöhen den Blutdruck und fördern
die Ödembildung durch Einschränkung der Nierenfunktion (Senkung
des Kaliums). Weitere Inhaltsstoffe sind die Flavonoide und
Cumarine. Cumarine sind blutgerinnungshemmende Arzneistoffe,
die eine Thrombose oder eine Embolie verhindern können.
Anwendung des Shufeng Jiedu
Von dem getrockneten Pulvergemisch aus den acht Heilkräutern
nimmt man an drei aufeinanderfolgenden Tagen je 6 g auf
eine Tasse heißes Wasser und trinkt diese über den Tag aus.
(Warmhalten in einer Thermoskanne). Das Pulvergemisch ist
erhältlich in der Bahnhof-Apotheke in Kempten unter TCM
CC08 – 18,15 g oder in der Bio-Apotheke / Pestalozzi-Apotheke
in Lörrach.
Fallbeispiel:
Ich möchte Ihnen nun abschließend einen Praxisfall schildern:
Ein 79-jähriger Rentner bemerkt seit 5 Tagen eine zunehmende
Verschlechterung seines Allgemeinzustandes und klagt über
Nachtschweiß, Husten und Atemnot bei Anstrengung (Belastungsdyspnoe).
Es zeigt sich ein gelber Auswurf seit gestern,
heute Nacht 39,4 °C (axillar). Auf der Lunge hört man nichts.
Der Verdacht auf eine Lungenentzündung (Pneumonie) ist
daher sehr groß. Daher schicke ich den Patienten direkt zum
Radiologen für ein Röntgenbild der Lunge. Dieser bestätigt die
Diagnose und schreibt in seinem Bericht: beidseits fleckige
pneumonische Infiltrate in den Mittel- und Unterfeldern – interstitielle
Pneumonie = beidseitige Lungenentzündung!
Mittlerweile liegt auch das PCR Nasen-Rachenabstrich Testergebnis
vor: SARS-CoV-2-RNA (COVID-19) positiv.
Als Vorerkrankungen hat der Patient einen Diabetes mellitus
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Praxis
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Bildquelle: wikipedia / Peter Mulligan
Bildquelle: wikipedia / Michael Wolf
Schilfrohr
Süßholz
Typ 2, der diätetisch eingestellt ist. Desweiteren leidet er unter
Bluthochdruck und Übergewicht (Adipositas Grad 2) sowie einer
beidseitigen Hüftgelenksdegeneration (Coxarthrose bds.).
Aufgrund des akuten Geschehens rezeptiere ich für den Patienten:
▶ Antibiose (Amoxicillin 1000 mg) 3 x 1 für 1 Woche
▶ Bronchicum (Thymian + Primelwurzel) 3 x 30 Tropfen
▶ Shufeng jiedu ab Tag zwei der Antibiose.
Nach vier Tagen ist derPatient völlig beschwerdefrei.
Man beachte: Das Antibiotikum wirkt nur gegen die Bakterien,
NICHT gegen die Corona-Viren. Diese wurden durch das körpereigene
Immunsystem des Patienten beseitigt, das durch die
Kräutermischung gestärkt wurde!
Nachbeobachtung 5 Monate: kein Rückfall, keine pulmonalen
Beschwerden.
Ein Beweis dafür, wie es mit Heilkräutern in Kombination mit
einem Antibiotikum gelingen kann, einen Patienten vor der
Intensivstation zu bewahren.
Autor
Dipl.-Biologe
Peter Emmrich M. A.
Jahrgang 1963
▶ Facharzt für Allgemeinmedizin mit den Zusatzbezeichnungen
Homöopathie, Naturheilverfahren, Akupunktur,
manuelle Medizin, Sportmedizin und Palliativmedizin
sowie dem Abschluss „Biologische Medizin“ der
WHO-Universität Mailand
▶ Hausarztpraxis in Pforzheim, die als akademische Lehrpraxis
der Universität Tübingen für den Fachbereich
Allgemeinmedizin fungiert
▶ Vorsitzender und Autor des größten deutschen Naturheilvereins
in Pforzheim
▶ Präsident des Europäischen Naturheilbundes, Vize-präsident
des ZAEN und 1. Vorsitzender des Landesverbandes
Baden-Württemberg im deutschen Zentralverein
homöopathischer Ärzte
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne
der Richtlinien des International Committee of Medical
Journal Editors besteht.
28 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Buchbesprechung
Johan Wölber und Christian Tennert
Die Ernährungszahnbürste
Die effektive Langzeitformel
gegen Karies, Parodontitis
und Übergewicht
Verlag: Stiftung Herdforschung
ISBN 978-3-96257-173-3
Preis: 26,99 €
In den letzten Jahrzehnten haben sich in der Parodontologie
bedeutsame Umwälzungen ereignet. Beginnend mit der Formulierung
einer spezifischen Plaquehypothese und der Erkenntnis,
dass dentale Plaque sich in Form eines Biofilmes
organisiert, hin zu neuen Vorstellungen von der Pathogenese
der Parodontitis:
Die heutige hochkalorische aber nährstoffarme Ernährung fördert
die Ausprägungsstärke parodontaler Entzündungen ganz
entscheidend, weil sie zu einer Reduktion der bakteriellen Artenvielfalt
im Mund führt.
Welchen Beitrag können entzündungsmodulierende Mikronährstoffe
in Kombination mit Probiotika zur Therapie parodontaler
Erkrankungen leisten?
Dieser Fragestellung gehen die beiden Autoren PD Dr. Johan
Wölber und PD Dr. Christian Tennert in ihrem Buch „Die Ernährungszahnbürste“
nach. Das Buch ist unterhaltsam und anregend
geschrieben, und es macht Spaß, die einzelnen Kapitel
zu lesen. Trotzdem sind die Aussagen umfangreich recherchiert
und es gibt zahlreiche Literaturverweise im Anhang.
Im ersten Teil des Buches wird ein Überblick über die bekannten
Munderkrankungen und deren Auswirkungen auf die Gesundheit
gegeben.
Der zweite Teil des Buches, der Ernährungsteil, ist gut strukturiert.
Neben den theoretischen Aussagen zum Thema Ernährung,
gibt es einen detaillierten Rezeptteil mit ansprechenden
Mahlzeitenfotos. Die inhaltliche Hauptaussage der Ernährungsempfehlungen
bezieht sich darauf, im Hinblick auf die Parodontologie
den Schwerpunkt auf die Versorgung der Patienten
mit Mikronährstoffen zu legen. Die Bedeutung der Makronährstoffe
tritt bei diesen Empfehlungen etwas in den Hintergrund.
Die konkreten Ernährungsempfehlungen sind nicht immer klar
einzuordnen. Die Autoren empfehlen eine Mischung aus Paleo-
und veganer/vegetarischer Ernährung, wobei diese Überschneidungen
eine neue, erklärungsbedürftige Variante als Ernährungsempfehlung
ergeben.
Durch die vorgeschlagenen Lebensmittelkombinationen können
sich die bekannten Versorgungsdefizite ergeben, die auch
bei veganer Ernährung vorkommen können. Dies betrifft verschiedene
Mikronährstoffe, wie Vitamin B12, Eisen, Calcium,
Vitamin D usw. Da aber gerade die Versorgung mit Mikronährstoffen
im Vordergrund der Ernährung zur Prophylaxe von
Zahnbetterkrankungen stehen soll, ist entweder eine Substitution
dieser Nährstoffe oder ein sehr ausgefeiltes Essverhalten im
Alltag erforderlich. Dies kann den einzelnen Patienten leicht
überfordern. Von daher ist die Umsetzung dieses interessanten
Ansatzes in der Zahnheilkunde nur mit Unterstützung durch
Ernährungsfachleute, wie Ernährungsmediziner*innen, Diplom-Oecotropholog*innen
oder Diätassistent*innen machbar.
Die „Ernährungszahnbürste“ zeigt, dass chronische, oftmals
unbemerkte Entzündungsprozesse für viele Menschen Realität
sind. Zum Glück sind wir aber diesen Vorgängen nicht hilflos
ausgeliefert, sondern können durch fundiertes Wissen undprofessionelle
Unterstützung, eine Umstellung unserer Ernährungsweise
sowie eine ergänzende Mikronährstoffsubstitution
den chronischen Entzündungsprozess vermeiden.
Barbara Blaeser, Dipl.-Oec.troph, Heinz-Peter Olbertz
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 29
Buchbesprechung
Christiane Maute
Homöopathie für Pflanzen
Der praktische Leitfaden für
Zimmer-, Balkon- und
Gartenpflanzen
Narayana-Verlag
15. überarbeitete und erweiterte Edition
232 Seiten, Hardcover
ISBN: 978-3-95582-096-1
Preis: 28 €
Die Autorin schreibt in ihrem Vorwort: „Wenn es Ihnen
gelingt, die Pflanzen mit Hilfe der Homöopathie gesunden
zu lassen, werden Sie doppelte Freude erleben. Es
geht sicherlich nicht von heute auf morgen, aber immer
ein bisschen besser – und es ist so spannend.
Ein weiterer Ansporn ist für mich, dass die homöopathische
Pflanzenbehandlung den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel
und Präparate deutlich minimiert oder sogar überflüssig
macht. Wenn sich nur ein Bruchteil davon umsetzen lässt, tragen
wir dazu bei, unsere Umwelt zu schonen.“
Hier kann ich nur zustimmen.
Damit dies gelingen kann, leistet das Buch einen wunderbaren
Beitrag.
Neue Beobachtungen und Erfahrungen flossen in die Neuauflage
ein und so entwickeln sich Themen und Informationen weiter;
zum Nutzen der Leser*innen.
Es soll, kann und darf Leser*innen und damit Nutzer*innen des
Buchs ermutigen, ihre eigenen Erfahrungen zu machen.
Hierzu hilft die Übersichtlichkeit und Struktur des Buches in 7
Einzelkapitel. Ein reichhaltiger Anhang und eine beiliegende Dosierungstabelle
helfen, falls nötig, Detailfragen schnell zu klären.
Kapitel 1 legt die Grundlagen dar und erklärt kurzgefasst die
Homöopathie, damit die konkreten Tipps und Anregungen der
nächsten Kapitel verstanden und umgesetzt werden können.
In den Kapiteln 2–6 werden Schädlinge und ihre Schadensbilder
(Kapitel 2), Krankheitserreger und ihre Schadbilder (Kapitel 3),
Maßnahmen bei speziellen Krankheitszeichen (Kapitel 4), Zimmerpflanzen
(Kapitel 5), aus der Praxis für die Praxis (Kapitel 6)
besprochen. Kapitel 7 ist der Arzneimittelbeschreibung gewidmet.
Hier werden alle empfohlenen Einzelmittel alphabetisch
vorgestellt und beschrieben.
Das Buch ist reichhaltig bebildert. Innerhalb der Kapitel werden
die einzelnen Probleme – als Unterkapitel – vorgestellt und sofort
folgen die homöopathischen Mittelvorschläge differenziert nach
den möglichen Modalitäten. Dies ist sehr übersichtlich.
So kann das Buch auch als Nach-/Ratschlagwerk genutzt werden.
Durch die oben beschriebene Kapiteleinteilung findet man
schnell, z. B. bei einem Schadbild, die passenden Medikamente.
Es lohnt sich, dass Buch „klassisch“ von vorne nach hinten zu lesen,
denn oft finden sich, quasi zwischen den Zeilen, nützliche
Tipps und Informationen.
Besonders angesprochen haben mich die Hinweise (Garten-Tipp
3.1) auf die Veraschung (Nosodenherstellung). Dieser Tipp half
mir hervorragend beim Pilzbefall an Strauchrosen.
Homöopathie für Pflanzen von Christin Maute ist, wie der Untertitel
ankündigt, ein praktischer Leitfaden. Alle Gartenfreunde, ob
Ungeübte oder Profis der Homöopathie, profitieren gleichermaßen
vom profunden Wissen und den Tipps der Autorin.
Das Buch hat mich angeregt und ermutigt, mich mit der Homöopathie
bei Pflanzen zu beschäftigen. Dass Homöopathie bei
Mensch und Tier funktioniert, war mir seit Jahrzehnten bekannt.
So gelingt es auch ggf. mit anderen Naturheilmitteln, z. B. mit
Bachblüten (besonders Rescue), die Gesundheit der Pflanzen bei
entsprechender Bodengesundheit zu erhalten und zu steigern.
Ich wünsche dem Buch und den darin enthaltenen Ideen und
Anregungen eine große Verbreitung.
Kurzfazit: sehr empfehlenswert!
Peter Bornhofen
30 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Pflanzenportrait
Matricaria recutita – die Kamille
Eine Pflanze für die Zahnheilkunde
Kamillentee ist einer der Tees, die einem im Zusammenhang mit Heilpflanzen sofort einfallen.
Das heißt aber nicht, dass alle, die den Tee schon mal getrunken haben, auch die
Pflanze Kamille kennen – oder wissen, welche Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten
Kamillenblüten bieten, gerade auch in der Zahnheilkunde.
Eine Pflanze, viele Namen
Die Kamille ist seit Jahrhunderten
eine besonders beliebte Heilpflanze,
und so existieren Dutzende
Bezeichnungen für diese Pflanze,
auch mit landschaftlichen oder mundartlichen
Ausprägungen. Darunter so anschauliche
wie Apfelkraut, regionale wie
Hälmergen oder Romerey, niedliche wie
Hörminchen, traditionelle wie Kammerblume,
Kummerblume, Mägdeblume,
Mutterkraut, Mariamagdalenakraut und
viele weitere.
Selbst in der offiziellen Nomenklatur
finden sich verschiedene Bezeichnungen,
darunter Matricaria chamomilla
und Matricaria recutita als die geläufigsten,
daneben weitere wie Chamomilla
meridionalis, Chamomilla vulgaris,
Chrysanthemum suaveolens, Matricaria
coronata, Matricaria pusilla, Matricaria
suaveolens.
Historisch geht der Name „Kamille“ zurück
auf das lateinische Chamaemelum;
so wurden die römischen Kamillen (Chamaemelum
nobile oder Anthemis nobilis)
und auch die echte Kamille genannt.
Chamaemelum wiederum leitet sich ab
vom griechischen chamaí ›auf der Erde/
niedrig wachsend‹ und mēlon ›Apfel‹,
also gewissermaßen Erdapfel. Möglicherweise
deshalb, weil die kleinen Blüten bei
einigen Kamillearten apfelartig riechen.
Eindeutigkeit herrscht allerdings bei der
Zugehörigkeit der Kamille zur Familie
der Korbblütler (Asteraceae). Etwa 1600
bis 1700 Gattungen gehören zu dieser Fa-
Echte Kamille, Illustration von Franz Eugen Köhler, 1887
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 31
Pflanzenportrait
Nicht verwechseln
Neben der echten Kamille gibt es auch
noch eine Reihe anderer Kamillen, die
der echten Kamille äußerlich sehr ähnlich
sehen können, aber heilkundlich
keine Verwendung haben, darunter
die Römische Kamille (Chamaemelum
nobile), die Geruchlose Kamille
(Matricaria inodora), die Strandkamille
(Matricaria maritima sensu stricto) oder
die Gemeine Hundskamille (Anthemis
arvensis).
Ein sicheres Merkmal der echten Kamille
ist die Beschaffenheit des Blütenbodens:
Bei der Acker-Hundskamille
z. B. ist er markig-voll, bei der Echten
Kamille dagegen hohl.
Viel offensichtlicher ist allerdings der
charakteristische Geruch: Nur die echte
Kamille duftet intensiv nach Kamille!
Inhaltsstoffe von
ätherischem Kamillenöl
(gewonnen durch Wasserdampfdestillation)
Monoterpene
▶ 4,2 % trans-Ocimen
▶ 0,7 % p-Cymen
▶ 0,06 % Limonen
Sesquiterpene
▶ 22,9 % cis-β-Farnesen
▶ 9,2 % cis-α-Farnesen
▶ 8,9 % Chamazulen (bis 35%)
▶ 5,2 % Germacren D
▶ 5 % γ-Cadinen
▶ 0,1 % δ-Cadinen
Sesquiterpenole
▶ 0,7 % Spathulenol
▶ 0,6 % α-Bisabolol
Ketone
▶ 1,1 % Artemisiaketon
Oxide
▶ 12 % Bisabololoxid
▶ 1,5 % Bisabololoxid A
Quelle: Primavera Life; zitiert in Zimmermann,
Eliane, Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe,
3. Aufl. (Stuttgart 2006), S. 194
milie, die weltweit mit etwa 24 000 Arten
zu finden ist. Zu den bekanntesten Arten
zählen neben der Kamille die Wegwarte
(Cichorium intybus), Chrysanthemen
(Chrysanthemum spec.) oder die Ringelblume
(Calendula arvensis).
Herkunft, Standort und
Aussehen
Die ursprüngliche Heimat der Echten
Kamille ist Vorderasien, Süd- und Osteuropa.
Heute ist sie in ganz Europa, auch in
Nord- und Südamerika und in Australien
eingebürgert.
Sie wächst auf Äckern, aber auch auf Brachen
und Ödland, bevorzugt auf frischen,
nährstoffreichen, eher humosen, kalkarmen
und leicht bodensauren Lehm- und
Tonböden sowie Salzfluren. Die Kamille
kommt bis in die montane Höhenstufe
vor (in Tirol z. B. bis auf 1300 m).
Die Pflanze wird etwa 20–40 cm hoch
und hat fiederteilige, wechselständige
Blätter. Die Blüten sitzen in Blütenköpfen
an den Enden der Sprossachsen und bilden
einen Blütenstand. Der Durchmesser
der Blütenköpfchen beträgt 10–25 mm.
Sie bestehen aus den weißen, äußeren
Zungenblüten sowie den gelben, inneren
Röhrenblüten.
Blütezeit ist von Mai bis September, die
Blütenköpfe werden üblicherweise im
Juni/Juli gesammelt.
Die Frucht der Kamille ist eine einsamige
Nussfrucht, eine sogenannte Achäne. Es
heißt, Kamillenfrüchte könnten im Boden
bis zu 100 Jahre keimfähig bleiben.
Inhaltsstoffe und Wirkung
der Kamille
Wasserdampfdestillation ist das Mittel der
Wahl, um Kamillenblüten ihre Wirkstoffe
zu entziehen. Dabei entsteht ein blaues Öl,
das Azulen. Besonders wirksam sind die
in den Blüten enthaltenen ätherischen Öle
(vor allem Bisabolol und Chamazulen),
Schleimstoffe und Flavonoide.
Ätherische Öle (vor allem das Matricin,
das α-Bisabolol und seine Oxide) und
die Flavonoide heilen Entzündungen,
indem sie zum Beispiel die Freisetzung
und die Bildung entzündungsvermittelnder
Botenstoffe blockieren. Apigenin,
ein Flavonoid, und Bisabolol und
En-in-Dicycloether im ätherischen Öl
lösen Verkrampfungen der Muskulatur,
da sie, so wird vermutet, den Kalziumeinstrom
in die Muskelzellen hemmen.
Auch schützen sie die Magenschleimhaut
vor dem Verdauungsenzym Pepsin und
hemmen gewisse Bakterien und Pilze in
ihrem Wachstum.
Kamille als Heilpflanze
Die Kamille findet in der Pflanzenheilkunde
eine ausgesprochen breite Anwendung,
sowohl äußerlich wie innerlich, sowohl
für körperliche wie für psychische
Zustände:
Oberflächliche Hautverletzungen, Wundliegen
bei Bettlägerigen, Spülung und
Nachbehandlung von Wunden sprechen
sehr gut auf die keimhemmenden und
hautberuhigenden Wirkstoffe der Kamillenzubereitungen
an, da sie im Gegensatz
zu den herkömmlichen Desinfektionsmitteln
die Wundheilung fördern und
nicht behindern.
Auch die Anwendungsformen sind vielfältig:
So kann man die Kamille je nachdem
als Tee, Tinktur, Umschläge, Salbe,
ätherisches Öl oder für Dampfbäder einsetzen.
Echte Kamille ist eine Heilpflanze, die
sehr sanft wirkt. Deshalb kann man sie
auch bei Kindern äußerlich wie innerlich
nutzen.
Vorsicht für die Augen
Bis vor Jahren wurde noch empfohlen,
die Augen mit Kamillentee auszuwaschen.
Diese Empfehlung gilt nicht
mehr, denn es gab viele allergische
Reaktionen – vor allem, wenn nicht
echte Kamille, sondern die römische
Kamille verwendet wurde. Abgesehen
davon hat Kamille auch eine austrocknende
Wirkung, was für die Augen
nicht unproblematisch ist.
32 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Pflanzenportrait
Unbedingt auf Qualität
achten
In jedem Fall sollte man bei der Verwendung
von Kamille auf erstklassige Qualität
achten.
Wer sich auskennt, kann Kamillenblüten
in der Natur sammeln; allerdings findet
sich die Kamille an immer weniger Standorten,
und weil sie gerne in der Nähe von
Äckern wächst, sollte man unbedingt darauf
achten, dass die Pflanzen keine Pestizide
abbekommen haben.
Wichtig beim Kauf: Die Blüten sollten
nicht zerbröselt sein und auch getrocknet
intensiv nach Kamille duften. Am sichersten
ist der Kauf von getrockneten Kamillenblüten
in der Apotheke. Dort kann man
sich auch nochmals über die genaue Verwendung
beraten lassen. Und in der Apotheke
sind Kamillenblüten – anders als in
der Natur – das ganze Jahr über verfügbar.
Tipp:
Kamille selber ziehen
Man kann auch echte Kamille als Samen
kaufen und selbst anbauen. Dies
gelingt auf dem Balkon oder im Garten
sehr gut.
Ab Anfang März kann man mit der
Anzucht im Haus beginnen, nach den
Eisheiligen können die Jungpflanzen
dann ins Freiland, und ab Juli können
dann erste Blüten geerntet werden.
Kamille in der
Zahnheilkunde
In der Zahnheilkunde wird Kamille
meist als Aufguss bei empfindlichem
Zahnfleisch oder Zahnfleischentzündungen
als Mundspülung genutzt. Auch zur
Hemmung des Plaquewachstums kann
Kamille hilfreich sein.
Zur Behandlung von Zahnfleischentzündungen
oder zur Wundpflege nach Zahn-
OPs kann ein erkalteter Kamillentee zum
Spülen genutzt werden. Man nutzt dafür
entweder einen Teelöffel voll frisch gesammelter
Blüten pro Tasse oder bereitet einen
Aufguss aus getrockneten Blüten zu.
Weniger bekannt, aber auch interessant
ist der Einsatz gegen Aphthen sowie rezidivierende
orale Läsionen und entzündliche
Prozesse im Mundraum. Diese sind
zwar nicht schwerwiegend, bereiten den
betroffenen Patient*innen aber einen ho-
Wirkung auf den Körper:
▶ antiseptisch
▶ bakterienvernichtend
▶ blähungsmindernd
▶ entzündungshemmend
▶ fiebersenkend
▶ galletreibend
▶ hautpflegend
▶ keimtötend
▶ krampflösend
▶ leberanregend
▶ magenstärkend
▶ menstruationsfördernd
▶ narbenbildend
▶ pilztötend
▶ schleimlösend
▶ schmerzlindernd
▶ schweißtreibend
▶ verdauungsfördernd
▶ wundheilend
▶ wurmtreibend
▶ zellregenerierend
Wirkung auf die Seele:
▶ beruhigend
▶ depressionsmildernd
Quelle: Schirner, Markus, Aromaöle
(Darmstadt, 2005), S. 99 f.
Anwendung bei:
▶ Abszessen
▶ Allergien
▶ Aphthen
▶ Asthma (auch Kinderasthma)
▶ Blähungen
▶ Blasenentzündung
▶ Brechdurchfall
▶ Bronchitis
▶Dekubitus
▶ Entzündungen
▶ Erkältung
▶ Ekzemen
▶ Fieber
▶ Frostbeulen
▶ Furunkeln
▶ Gallenblasenentzündung
▶ Haarausfall
▶ Hämorrhoiden
▶ trockener und entzündlicher Haut
▶ innerer Unruhe
Anwendung bei:
▶ Energieblockaden
▶ Gefühlsschwankungen während der
Schwangerschaft
▶ Schlafstörungen
▶ krampfartigen Menstruationsbeschwerden
▶ Migräne
▶ Mundsoor
▶ Nasennebenhöhlenentzündung
▶ Nervenentzündung
▶ Nervenschmerzen
▶ Nervosität
▶ Nesselsucht
▶ Ohrenschmerzen
▶ Sonnenbrand
▶ Stirnhöhlenentzündung
▶ Verbrennungen
▶ Wechseljahrbeschwerden
▶ Schmerzen beim Zahnen
▶ Zahnfleischbluten
▶ zur Bildung weißer Blutkörperchen
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Pflanzenportrait
Kurios:
„Das sind doch
olle Kamellen!“
Was haben denn die Bonbons vom
Faschingsumzug hier zu suchen? Weit
gefehlt: Die Bezeichnung „olle Kamellen“
geht keineswegs zurück auf die
rheinländischen Süßigkeiten („Karamellen“,
vom französischen „caramel“),
sondern stammt aus dem Niederdeutschen:
Auf Hochdeutsch wären
es „alte Kamillen“. Erstmals wurde die
Redewendung in der 2. Hälfte des 18.
Jahrhunderts in Pommern nachgewiesen.
Hintergrund: Durch langes Lagern verliert
die Kamille ihren Duft, ihre Würze
und auch ihre Heilkraft. Entsprechend
bezeichnen „olle Kamellen“ alte, bis
zum Überdruss bekannte Geschichten,
die längst ihren Neuigkeitsgehalt
verloren haben und niemanden mehr
interessieren.
hen Leidensdruck durch starke Schmerzen
besonders beim Essen, Trinken und
Sprechen, sowie Mundgeruch. Dabei
kann es sich um Formen einer Gingivitis
handeln, aber auch Stress, ungesunde
Lebensgewohnheiten, ein geschwächtes
Immunsystem, Vitaminmangel, Hormonschwankungen
und krankheitserregende
Mikroorganismen können die sensible
Mundflora aus dem Gleichgewicht
bringen und einen Entzündungsprozess
im Mundraum bis hin zur Stomatitis in
Gang setzen. Gleiches gilt für kleinere
Verletzungen, z. B. durch versehentliche
Bisse, eine schlecht sitzende Prothese
oder Zahnspange. Auch chronische
Mundtrockenheit, wie sie mitunter als
Begleiterscheinung bestimmter Medikamente
(z. B. durch blutdrucksenkende
Mittel) oder bei chronischen Krankheiten
(z. B. Diabetes mellitus) auftritt, kann
Inflammationen zur Folge haben.
Linderung schafft auch hier die Kamille:
Man sollte einen starken Aufguss ansetzen,
für den man einen Esslöffel Blüten
mit 150 ml heißem Wasser aufgießt, zehn
Minuten abgedeckt ziehen lässt und nach
dem Erkalten mit einem Wattestäbchen
auf die Aphthe oder die entzündeten Stellen
aufträgt. Diesen Vorgang kann man
mehrmals täglich wiederholen, bis Linderung
einsetzt.
Kamille belegt ihre
Wirksamkeit in einer
klinischen Studie
Es handelt sich um eine Pilotstudie zur
klinischen Wirksamkeit von 1 % Matricaria
Kamille L. Mundwasser und
0,12 % Chlorhexidin zur Kontrolle von
Gingivitis – bei der Reduzierung von
Zahnfleischentzündungen und Plaquebildung
– bei Patienten, die sich einer
kieferorthopädischen Behandlung mit
festsitzenden Apparaturen unterziehen.
An dieser randomisierten, doppelblinden,
placebokontrollierten Studie nahmen
insgesamt 30 Männer und Frauen
(Alter 10–40 Jahre) mit festsitzenden
kieferorthopädischen Apparaturen und
mindestens 20 natürlichen Zähnen teil.
Die Teilnehmer wurden in drei Gruppen
(jeweils n = 10) eingeteilt und gebeten,
mit 15 ml eines Placebos, 0,12 % Chlorhexidin
(CHX) oder 1 % MTC-Mundwasser
direkt nach dem Putzen für 1 Minute
morgens und abends zu spülen, und
zwar für 15 Tage.
Daten (Mittelwert ± SD) zum Index der
sichtbaren Plaque (VPI) und dem Gingiva-Bleeding-Index
(GBI) wurden an den
Tagen 1 und 15 aufgezeichnet.
Die Placebo-Gruppe zeigte von Tag 1
bis Tag 15 Anstiege von VPI und GBI
(10,2 % bzw. 23,1 %). Im Vergleich zu
Placebo nahmen VPI und GBI in der
MTC-Gruppe (–25,6 % bzw. –29,9 %)
und der CHX-Gruppe (–39,9 % bzw.
–32,0 %) signifikant ab.
Zusammenfassend reduzierte MTC die
Ansammlung von Biofilm und Zahnfleischbluten
bei Patienten mit Gingivitis,
wahrscheinlich aufgrund seiner antimikrobiellen
und entzündungshemmenden
Wirkung (J Oral Sci 58, 569–574, 2016).
Paula Goes 1 , Caio S Dutra, Mário R P Lisboa,
Delane V Gondim, Renata Leitão, Gerly A C
Brito, Rodrigo O Rego. PMID: 28025442 DOI:
10.2334/josnusd.16-0280
Fazit
Die Kamille zeigt wie wenige andere
Pflanzen eine bewundernswerte Anwendungsbreite
und ist gleichzeitig sanft
und gut verträglich. Das sind gute Gründe,
warum die Kamille schon seit vielen
Jahrhunderten ihren festen Platz unter
den Heilkräutern einnimmt. Gerade in
der Mund- und Zahnheilkunde kann die
Kamille ihre angenehmen Eigenschaften
ideal zur Geltung bringen – zum Wohle
von Patient*innen aller Altersgruppen,
von Kindern bis zu Hochbetagten.
Literatur- und Quellenverzeichnis
[1] Bäumler, S. (2013). Heilpflanzen – Praxis heute. 2. Auflage Elsevier München
[2] Schilcher, H.; Kammerer, S.; Wegener, T. (2010). Leitfaden Phytotherapie. 4. Aufl.
München: Urban und Fischer
[3] BLV (1996). Tier- und Pflanzenführer für unterwegs. ISBN 3-405-14800-6. München
[4] Schirner, M. (2005). Aromaöle. S. 99 f. ISBN 3-89767-496-3. Darmstadt
[5] Zimmermann, E. (2006). Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe. 3. Aufl., S. 194;
ISBN 3-8304-9114-X: Stuttgart
Internetlinks
▶ https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=kamille
▶ https://www.gesundheit.de/lexika/heilpflanzen-lexikon/kamille-synonyme
▶ https://heilkraeuter.de/lexikon/kamille.htm
▶ https://de.wikipedia.org/wiki/Echte_Kamille#Nomenklatur
34 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Fortbildung
GZM-Veranstaltungen
Weitere Termine im Internet unter www.gzm.org
Weitere Veranstaltungen
und detaillierte Informationen
verschiedener Anbieter finden Sie
auf unserer Internetseite unter:
www.gzm.org/35-0-seminare.htm.
KONGRESSE
CURRICULA
140. ZAEN-Kongress
200 Jahre Kneipp
Termin: 22. bis 26. September 2021
Ort: Freudenstadt
Referenten: Dr. Bodo Wettingfeld, Hardy Gaus,
Dr. Hubertus von Treuenfels,
Dr. Dr. Josef Vizkelety u. a.
Ausführliches Programm S. 2
EAV-Intensivausbildung – Kurs 1
Seminar-Nr.: 141KEAV074
Termin: 22. September 2021, 9:30–18:00 Uhr
23. September 2021, 9:30–18:00 Uhr
Ort: Freudenstadt
Referenten: Knut Henning, Dr. med. dent.
Hubertus Hommel
Weitere Informationen:
ZAEN Freudenstadt
Am Promenadenplatz 1
72250 Freudenstadt
Tel.: +49 7441 918580
Fax: +49 7441 9185822
E-Mail: info@zaen.org
www.zaen.org
54. Medizinische Woche Baden-Baden
„Wohlstand trotz Krankheit“
Termin: 28. Oktober bis 1. November 2021
Ort: Baden Baden
GZM Zahnärztetagung
Termin: 30. Oktober, 9:00 bis 12:30 Uhr
Ausführliches Programm S. 38
Auskunft: EMENDO Event & Congress
Tel.: +49 711 8931-365
Fax: +49 711 8931-370
E-Mail: info@med-woche.de
www.medwoche.de
Curriculum Systemische ZahnMedizin
Alle Blöcke auch einzeln buchbar – Übersicht
Veranstaltungen Online oder Präsenz
Block 1: Umwelt-Zahnmedizin –
Fokus Systemische Orale Medizin
Referent: Dr. Uwe Drews
Termin: 28. bis 29. Januar 2022
Ort: Siegburg
Block 2:
Systemische Parodontologie
und Mikrobiologie – Einfluss
der Ernährung auf die
parodontale Gesundheit
Referenten: Dr. Heinz-Peter Olbertz,
PD Dr. Johan Wölber,
Dr. Andreas Rüffer
Termin: 25. bis 26. Februar 2022 – online
Block 3:
Moderne Prothetik im Kontext
kraniofazialer Orthopädie
CMD – Diagnose und Therapie
im Netzwerk
Referenten: Dr. Thomas Weidenbeck,
Dr. Jens Heerklotz, NN
Termin: 25. bis 26. März 2022 – online
Block 4:
Psychosomatische Aspekte in der
ganzheitlichen Zahnmedizin
Die systemische Zahnmedizin
vermarkten: Externes und internes
Praxismarketing
Referenten: Dr. Martina Obermeyer,
Dr. Sebastian Schulz
Termin: 29. bis 30. April 2022 – online
Block 5:
Ganzheitliche Zahnmedizin und
Implantologie
Ganzheitliches Schmerzmanagement
in der Zahnarztpraxis
Referenten: Dr. Thomas Rosner, ZA Hardy Gaus
Termin: 20. bis 22. Mai 2022
Ort: Siegburg
Block 6:
Praxisseminar: Integration
ganzheitlicher ZM in einer
ZA-Praxis – Regulationsmedizin
im täglichen Praxisablauf
Referenten: Jens-Uwe Jessen,
Dr. Jürgen Ludolph,
Dr. Dierk Remberg
Termin: 24. bis 25. Juni 2022
Ort: Hamburg
Anmeldung: GZM Geschäftsstelle
Kloppenheimer Str. 10
68239 Mannheim
Tel.: +49 621 4824300
Fax: +49 621 473949
E-Mail: info@gzm-org.de
www.gzm.org
Zehlendorf beste Lage + Klientel + hoher Gewinn Nahe U-Bahn, eigener Eingang
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Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
35
Gesellschaften
Die Elektroakupunktur nach VOLL
Neues aus der Gesellschaft
Am 12. Juni 2021 fand die Jahresversammlung der Gesellschaft für Elektroakupunktur
nach VOLL (MGSR-EAV) in Limburg/Lahn statt. Die anwesenden Mitglieder wählten eine
neue Vorstandschaft: Mit Dr. med. Olaf Kuhnke, Prof. h. c., dem Ehrenpräsidenten des
ZAEN, wurde der Unterzeichner dieser Zeilen zum Präsidenten gekürt.
Dr. med. dent. Hubertus Hommel bleibt der Gesellschaft in seiner Funktion als Vizepräsident
erhalten. Die Kollegen Dr. med. Bernhard Weber und Dr. med. Metard Rogl fungieren
nun als weitere Vorstandsmitglieder. Herr Knut Henning, Inhaber der MBA GmbH, wurde in
seiner Funktion als Geschäftsführer bestätigt.
Dr. Kuhnke steht in der Nachfolge bedeutender EAV-Ärzte, die
das Geschick der Gesellschaft nun über beinahe 70 Jahre bestimmten.
Durch die Leistungen der vorhergehenden Generationen
wurde die EAV zur „Mutter“ nahezu aller modernen und
technisch basierten Regulationsmethoden; die Entdeckung der
systemischen Zusammenhänge zwischen Zahn-Mund-Kiefer-
Bereich und dem übrigen Organismus ist zum allergrößten
Teil dieser Methode und ihren Protagonisten zu verdanken.
Die Herausforderungen in der Gegenwart sind gewaltig, und
die zahlreichen Pressionen auf die Zahnärzteschaft, speziell
im Bereich der unkonventionellen Verfahren sind – zusammen
mit dem „demografischen Wandel“ – auch an der Elektroakupunktur
nicht spurlos vorübergegangen.
Die wichtigste Aufgabe ist nunmehr jene: durch neue und attraktive
Kursangebote – auch in der Schweiz und Österreich –
vermehrt neue Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen, die an
kausaler Diagnostik und Therapie interessiert sind. Mittlerweile
sind Vorstand und Geschäftsführung unverzüglich darangegangen,
attraktive Standorte für die neue und überarbeitete
Ausbildungsreihe zu suchen; bereits in den kommenden
Herbstmonaten sollen die entsprechenden Lehr- und Lernmöglichkeiten
angeboten werden; auch Online-Fortbildungen
werden nunmehr ins Programm kommen.
Warum EAV – ein Denkanstoß für
Interessierte:
Wer nach Freudenstadt kommt, zeigt bereits, dass er nach einem
erweiterten Horizont sucht.
Das Rüstzeug, das uns allen von Universitäten und Kliniken
vermittelt wird, ist zweifellos vorzüglich und mag in Teilbereichen
und spezialisierten sowie chirurgischen Disziplinen auch
bestens den Anforderungen an eine gute Patientenversorgung
genügen, doch was ist mit dem Gros der Kranken in Ambulatorien
und Praxen?
Insbesondere die kausale Diagnostik und Therapie der rapide
zunehmenden chronischen Störungen bleiben oft auf der Strecke.
Die meisten von uns kennen die Problematik des Zeit -
und Kostendrucks, der immer geringeren Ressourcen, die (besonders
in der augenblicklichen Situation) in Bereiche fließen,
die nicht der Allgemeinheit der Patienten zugutekommen und
Ihnen, den Kolleginnen und Kollegen im kurativen Bereich
auch nicht zur Verfügung stehen.
Kennen Sie das auch?
Ich darf Ihnen versichern, dass mir diese Sorgen seit den
1990er-Jahren (die rückblickend wie ein Hort der Therapiefreiheit
wirken mögen), bestens bekannt sind. Die Umstände
zwingen dazu, den gewohnten Anspruch auf Gründlichkeit
und Exaktheit weitgehend fallen zu lassen und im Bereich
des Symptomatisch-Ungefähren zu improvisieren oder mit
fast ausschließlich allopathischen Medikamenten eine Guide-line-/Mainstream-Therapie
ohne wirklich kurativen Anspruch
durchzuführen.
Diese unbefriedigende Situation kann nur mittels eines Verfahrens
behoben werden, das – bei sachgerechter Anwendung
und ernsthaftem, immer neuem Dazulernen – den klinischen
36 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Gesellschaften
Aspekt mit dem diagnostischen verbindet, entscheidend hilft,
weiterreichende Kosten (z. B. im Laborbereich) einzusparen,
und den Zahnärztinnen und Zahnärzten auch Möglichkeiten
der Behandlung zur Verfügung stellt.
Praktischer Nutzen!
Auf die gegenwärtige Situation übertragen bedeutet dies:
Handelt es sich bei dem vor mir sitzenden Patienten, der über
ständige Müdigkeit und Schwächezustände klagt, um einen
„Long-Covid“-Casus? Ist es aber vielleicht doch eine reaktivierte
Mononukleose? Eine Reaktion auf eine frühere Impfung
oder eine Umweltproblematik? Besteht ein Mangel an
Mitochondrien-aktivierenden B-Vitaminen oder ein latenter
Entzündungszustand durch ein Geschehen im Zahnbereich?
In der Hand der geübten EAV-Zahnärztinnen und -Zahnärzte
lassen sich derartig schwierige Überlegungen eingrenzen,
Entscheidungen sicher herbeiführen und die entsprechenden
Probleme lösen!
Aus nunmehr 30-jähriger eigener Erfahrung mit der Methode
darf ich allen Leserinnen und Lesern dieser Zeilen versichern:
Es geht, Sie müssen es nur anpacken. Dem derzeitigen
Dilemma in der Medizin – in Ihrer Tätigkeit – entkommen Sie,
verehrte Kollegin und verehrter Kollege – NICHT durch die
fortwährende „Palliation“ mittels der angepriesenen Mittel,
die zur Chronifizierung von Beschwerden beitragen, statt diese
wahrhaft zu beheben.
Versuchen Sie es mit der EAV! Besuchen Sie einen unserer Einführungskurse
und lassen Sie sich – so wie es mir vor vielen
Jahren geschah – von der Methode überzeugen und sichern Sie
sich eine erfolgreiche Zukunft als regulationsmedizinisch tätige
Zahnärztinnen und Zahnärzte.
Ihr Olaf Kuhnke, K. R.
Präsident der MGSR-EAV
Ehrenpräsident des ZAEN
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 37
Baden-Baden
54. Medizinische Woche
Baden-Baden
28. Oktober bis 1. November 2021
Krankheit trotz Wohlstand
Bitte beachten Sie:
Die Kongressleitung orientiert sich mit ihren Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Coronavirus selbstverständlich
an den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und der Gesundheitsministerien des Bundes und des Landes
Baden-Württemberg.
Daher ist die Teilnehmeranzahl begrenzt.
Melden Sie sich frühzeitig online an und sichern Sie sich Ihren Teilnahmeplatz.
Alle zum Veranstaltungszeitpunkt gültigen Verordnungen und Richtlinien müssen kontrolliert und eingehalten
werden. Falls zum Zeitpunkt des Kongresses Belege über den Impf-, Test- oder Genesenenstatus notwendig sind,
bestätigen Sie diesen mit Ihrer Anmeldung.
Information & Anmeldung:
EMENDO
Event & Congress
Tel.: +49 711 8931-365
Fax: +49 711 8931-370
E-Mail: info@med-woche.de
www.medwoche.de
38 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Baden-Baden
Vortragsveranstaltungen
Samstag, 30. Oktober 2021 – Kongresssaal I, 1. OG
GZM-Vortragstagung
Tagesvorsitz: Christine Albinger-Voigt, Bad Homburg
9:00 – 9:05 Uhr Begrüßung und Einführung
Christine Albinger-Voigt, Bad Homburg
9:05 – 9:30 Uhr Heilung durch das Mikrobiom
Dr. Anne Katharina Zschocke, Netterheim-Tondorf
9:30 – 10:00 Uhr Biologische Zahnmedizin: Was kann die Zahnmedizin zur Lösung des Problems
chronischer Krankheiten beitragen?
Dr. Ulrich Volz, Konstanz
10:00 – 11:00 Uhr Pause und Besuch der Fachausstellung
11:00 – 11:30 Uhr Sanum in der ZahnMedizin
Dr. Josef Vizkelety, Gais
11:30 – 12:00 Uhr Neues aus der Wasserforschung für die ganzheitliche Zahnmedizin
Dr. Kirsten Deutschländer, Neuburg
12:00 – 12:30 Uhr Vom Quant zum Menschen
Dr. Bodo Köhler, Freiburg
Montag, 1. November 2021 – Forum Erdgeschoss
Krank trotz, wie auch durch Wohlstand = Wohlstands-Krankheit!
Tagesvorsitz: Matthias Bacher, Bern
14:00 – 14:05 Uhr Begrüßung und Einführung
Matthias Bacher, Bern
14:05 – 15:00 Uhr Krankheit als Preis für Wohlstand, oder nur unreifes Bewusstsein?
Dr. Bodo Köhler, Freiburg
15:00 – 15:30 Uhr Pause und Besuch der Fachausstellung
15:30 – 16:15 Uhr Krank trotz Wohlstand – betreutes Denken in der Corona-Krise
Dr. Bodo Wettingfeld, Arnsberg
16:15 – 16:45 Uhr Krank trotz und durch Wohlstand .... Wohlstands-Krankheit ...
Matthias Bacher, Bern
16:45 – 17:00 Uhr Abschließende Würdigung der Kongresswoche (mit Musik und Besinnung)
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 39
Baden-Baden
Raum:
Kursleitung:
GZM-Seminare
Freitag, 29.10.2021, 09:00–13:00 und 14:00–18:00 Uhr
Zahnmedizin / Mundakupunktur, inkl. FK (Kurs 20)
Kurhaus, Konferenzsaal
Dr. med. dent. Hans-Jürgen Weise, München / Nina Klützke, Hetzerath
Die Mundakupunktur ist ein seit den 1970er-Jahren bekanntes Therapieverfahren, welches auf den Wechselwirkungen
von Mundschleimhautpunkten und Funktionen des Gesamtorganismus beruht.
Erstbeschreiber ist DÄGfA-Ehrenpräsident Dr. Jochen Gleditsch. Die Behandlung erfolgt durch Lokalanästhetika-
Injektion und ist leicht erlernbar. Mittlerweile existiert eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen, die deutliche
Hinweise auf ihre Wirksamkeit geben.
Dieser 1-Tages-Kurs bietet die besondere Gelegenheit, von einem langjährigen Schüler des Erstbeschreibers zu
lernen und praktisch zu üben.
Sonntag, 31.10.2021, 9:00 - 13:00 Uhr
Kausystem und Mundraum als Biocomputer und zentrale
Schaltstelle der Stressverarbeitung
MD – Kiefergelenk – Haltung – Bisslage – Lymphsystem – Mundakupunktur
Raum:
Kursleitung:
Kongresshaus, Sitzungsraum 2 (1. OG)
Prof. DDr. Irmgard Simma, Bregenz
Die funktionellen Wechselwirkungen von Zähnen, Bisslage, Zentralnervensystem, Kiefergelenk, Haltung, Muskulatur
und Lymphsystem beeinflussen viele interdisziplinäre Beschwerdebilder und sind mit verschiedenen digitalen
Messmethoden dokumentierbar.
Das Kausystem als Schnittstelle vieler interdisziplinärer Beschwerdebilder/CMD – Pressen, Knirschen – verfügt
auch über schnell erfassbare Potenziale und Ressourcen, die es zu Nutzen gilt.
Von Kindheit bis zum Erwachsenenalter gilt das übergreifende funktionelle Denken der chinesischen Medizin.
Früherkennung, begleitende und ordnende Therapien werden additiv angewendet.
Hochdigitalisierte Testmethoden der Komplementärmedizin ergänzen ebenso Diagnose, Wahrnehmung, diverse
Funktionsprüfungen und die Arzt-Patientenbeziehung.
Funktionsstörungen des orofacialen Raumes sind von allgemeinmedizinischer Bedeutung und zeigen sich
▶ von Geburt an (Stillschwierigkeiten, KISS-Syndrom),
▶ im Kindesalter (offene Mundhaltung, Status lymphaticus, Gesichtsasymmetrien, Zahnfehlstellungen und
Körperhaltung),
▶ bei Erwachsenen: CMD (Spannungskopfschmerzen, HWS, Tinnitus etc.)
▶ Schlüsselstellen für Form und Funktion für Zahn-, Kiefer-, Profil- und Gesichtsentwicklung:
– Frontzahnkontakt
– Lippenschluss
– Nasenatmung
– Myofunktion-Zunge am Gaumen in Ruhe und beim Schlucken
Die praktische Umsetzung durch Inspektion, Palpation von Muskulatur, Mundakupunktur und Lymphbeltpunkten
werden demonstriert und beinhalten einfach erfassbare, aber komplexe analoge Funktionalitäten des Stressbeantwortungsorgans
Kausystem
40 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Baden-Baden
Montag, 01.11.2021, 9:00 –13:00 Uhr
Irisdiagnostik - das Tor zur Seele
Raum:
Kursleitung:
Palais Biron, Salon Lichtental
Dr. Martina Obermeyer, Schlehdorf
Irisdiagnostik ist normalerweise Heilpraktikern und erfahrenen Ärzten für Naturheilverfahren vorbehalten – dies
betrifft überwiegend körperliche Pathologien und Unausgewogenheiten.
Es gibt auch eine psychische Interpretationslogistik, die sich mit einfachen Mitteln durchführen lässt. Man braucht
dazu entweder eine Lupe mit 5-facher Vergrößerung und LED-Licht, oder am Zahnarztstuhl schlicht die OP-Lampe.
Mit einem kurzen Blick in die Iris erfahren Sie viel über den Menschen, der Ihnen gegenüber sitzt.
Beispielsweise ob der andere mental-analytisch oder gefühlsmäßig ausgerichtet ist, ob er ein Teamplayer oder
Führungstyp, ungeduldig, konstant oder sprunghaft ist. Diese Details lassen uns Patienten treffsicherer beraten
und geben uns Hinweise auf die Art der Compliance, die wir von ihnen erwarten können.
Schon nach diesem Halbtages-Seminar werden sich Ihre Beratungsgespräche mit Patienten signifikant verkürzen.
Ohne viele Worte darüber zu verlieren, sehen wir in der Iris „en passant“ bereits so viel, dass wir diesen Menschen
als Patienten gut einschätzen können. Das spart Energie, Zeit und Nerven und erleichtert die Entscheidung, auf
welche Therapieform wir uns mit dem Patienten einlassen wollen. Dabei geht es hier nicht um Bewertung, sondern
schlicht um das Erkennen bestimmter Persönlichkeitsmerkmale.
Dementsprechend ist in der Folge ein gewinnbringendes, reibungsloses Miteinander möglich. Auch für die Teamzusammenstellung
ein echtes „Highlight“ – wer arbeitet gut mit wem und wer kann was besonders gut? Das Erkennen
psychischer Potenziale ist hier der Einstieg, weil das ohne Mikroskop oder andere aufwändige Hilfsmittel
(nur mit Lupe und Licht) zu bewerkstelligen ist.
Ein Seminar, um mit dem Sehen in der Iris vertraut zu werden, mit vielen praktischen Beispielen und Übungen,
unterhaltsam und humorvoll demonstriert.
Information & Anmeldung:
GZM
Kloppenheimer Str. 10
68239 Mannheim
Tel.: +49 621 4824300
Fax: +49 621 473949
E-Mail: kongress@gzm-org.de
www.gzm-kongress.de
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 41
Impressum
Einladung
zur satzungsgemäßen ordentlichen
Online-Mitgliederversammlung
Mittwoch, 17. November 2021 ab 19:00 Uhr – per Zoom-Konferenz *
(Die Einwahldaten dazu erhalten Sie nach Anmeldung kurzfristig per E-Mail.)
Tagesordnung:
1. Begrüßung und Feststellung der Beschlussfähigkeit
2. Mitglieder-Ehrung
3. Rechenschaftsbericht des Vorstandes
4. Bericht der Kassenprüfer
5. Entlastung des Vorstandes
6. Beschlussfassung über eingebrachte Anträge
(Anträge sind bis spätestens 14 Tage vor Versammlung schriftlich
bei der Geschäftsstelle einzureichen)
7. Verschiedenes
ZÄ Christine Albinger-Voigt
Elke Glenz-Scotland
Vorsitzende
* Aufgrund der Sonderregelung durch das Gesetz vom 27.03.2020: Artikel 2 § 5 Absatz 2: Online-Mitgliederversammlung; ist es uns ohne besondere
Satzungsregelung möglich, die Mitgliederversammlungen unseres Vereins virtuell abzuhalten.
Fachorgan der Internationalen Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin e. V.
IMPRESSUM
Herausgeber & Verlag:
Internationale Gesellschaft
für Ganzheitliche ZahnMedizin e. V.
Kloppenheimer Straße 10
68239 Mannheim
Tel.: +49 621 4824300
Fax: +49 621 473949
Internet: www.gzm.org
E-Mail: gzm@gzm.org
ISSN 2194-945X
Anzeigen/Koordination:
Cornelia Wittersheim, GZM-GmbH
Tel.: +49 6209 7975415
Fax: +49 6209 7975416
E-Mail: media1@gzm-org.de
Erscheinungsweise:
Format/Umfang:
Auflage:
4-mal jährlich
SOM: DIN A4 / 36 Seiten
MuM: DIN A4 / 8 Seiten
SOM: 2.000 Stück
MuM: 2.500 Stück
Preise:
GZM-Mitglieder:
SGZM-Mitglieder:
Nicht-Mitglieder:
Studenten:
Einzelverkaufspreis:
Chefredaktion:
im Mitgliedsbeitrag
enthalten
im Mitgliedsbeitrag
enthalten
€ 45,00/Jahr
€ 27,00/Jahr
€ 11,50/Exemplar
Constance Nolting
Anschrift der Redaktion:
Constance Nolting
Kloppenheimer Straße 10, 68239 Mannheim
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Redakteur
Mensch & Mund:
Ludwig Fiebig
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42 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021
Die GZM steht für die Erarbeitung, Prüfung und Verbreitung von diagnostischen und therapeutischen
Methoden, die einem erweiterten Verständnis der Zahnheilkunde im Sinne einer
Ganzheitsbetrachtung entsprechen. Der erkrankte Mensch steht im Mittelpunkt. Erkrankungen
im Zahn-, Mund und Kieferbereich sind nicht nur lokal und isoliert, sondern in ihrem gesamtmedizinischen
Zusammenhang zu erfassen.
Das Leitbild der GZM:
▶ Der Patient ist ein individuelles und komplexes Wesen.
▶ GZM-Zahnärzte arbeiten auf dem aktuellen Stand des
zahnärztlichen Wissens. Sie integrieren Naturheilkunde
und komplementäre Medizin durch interdisziplinäre
Zusammenarbeit mit Ärzten und anderen Therapeuten
im Netzwerk.
▶ Sie betreiben individuelle Gesundheitsförderung durch
Gesundheitscoaching, agieren wertschätzend gegenüber
Patienten, Kollegen, Co-Therapeuten und sich
selbst.
▶ GZM-Zahnärzte sehen ihren Beruf als Berufung und
stellen traditionelle ärztliche Werte in den Vordergrund.
▶ GZM-Zahnärzte unterstützen die Persönlichkeits-entwicklung
der Mitglieder, der Patienten und der Mit-arbeiter
mit dem Ziel einer authentischen, heilsamen
Begegnung.
▶ GZM-Zahnärzte nutzen multimodale Therapieansätze
für chronisch kranke Patienten.
Mitgliedsantrag
E-Mail: info@gzm-org.de
Fax: +49 621 473949
Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zur Internationalen
Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin e. V. (GZM)
Vollzahler Deutschland (Zahnärzte) 300,- €
Studenten
frei
(Andere gem. GZM-Beitragsordnung)
Internationale Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin
Kloppenheimer Straße 10
68239 Mannheim
Deutschland
Vorteile der Mitgliedschaft:
▶ Führen der Bezeichnung „Praxis für ganzheitliche Zahnmedizin“
(für qualifizierte Mitglieder)
▶ Praxisschwerpunkt „Ganzheitliche ZahnMedizin“
▶ Werbung neuer Patienten durch Netzwerkkontakte
und Datenbank
▶ Verlinkung mit Therapeuten-Suche auf Internet-Auftritt
der GZM
▶ qualifizierte Weiterbildung nach bewährtem Leitfaden
▶ vergünstigte Teilnahme an den durch die GZM veranstalteten
jährlichen Kongressen und Symposien
und an der Medizinischen Woche
▶ 4-mal pro Jahr Mitgliedszeitschrift „Systemische Orale
Medizin“ mit der Patientenzeitschrift „Mensch und Mund“
▶ MuM zur Weitergabe an die Patienten zum Selbstkostenpreis
▶ Sicherheit für den Patienten durch Zusammenarbeit
mit speziell geschulten zahntechnischen Laboren
▶ lebendiger Austausch mit Kollegen
▶ Unterstützung bei regionalen Veranstaltungen
für Patienten
Name, Vorname, Titel
Anschrift
Telefon, Fax
E-Mail, HP
Datum, Unterschrift
Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021 43
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