SOM-213
MIH, Naturstoffe, Ubiquinol, Kamille, Shufeng jiedu
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Wissenschaft
ist. Einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage könnten die in
pflanzlicher Nahrung in zumeist hohen Konzentrationen vorkommenden
Polyphenole spielen. Zu dieser Stoffklasse gehören
u. a. Gerbstoffe, Flavonoide, Kaffeesäurederivate. Gesunde Ernährung
mit Obst und Gemüse, d. h., die gleichzeitige Aufnahme
von Polyphenolen neben den essenziellen Energieträgern
in der Nahrung führt zur Absenkung der hier genannten postprandialen
Metabolitenspitzen.
Alle natürlichen Polyphenole wirken mehr oder minder stark
als Hemmer von hydrolytischen Verdauungsenzymen [4] und
führen dazu, dass der Abbau von Kohlenhydraten, Fetten und
Proteinen zwar nicht vollkommen blockiert wird, aber doch so
stark gehemmt wird, dass damit ein protektiver physiologischer
Effekt ausgelöst wird. Erfolgt der Abbau der Nahrungsbestandteile
ungehemmt durch die körpereigenen Verdauungsenzyme,
so werden die dabei entstandenen Monosaccharide, Fettsäuren,
Monoacylglycerole und Aminosäuren bis zum Erreichen
des Dickdarmes im Dünndarm vollständig resorbiert. In der
Folge kommt es je nach Menge der aufgenommenen Nahrung
bei Gesunden wie beim Diabetiker oder adipösen Patienten zu
postprandialen Blutzuckerspitzen, Fettsäurespitzen bzw. Triglyceridspitzen.
Abhängig vom Stoffwechselstatus werden diese
Metabolitenspitzen mehr oder weniger schnell abgebaut. Je
länger unphysiologische Blutzucker- oder Triglyceridspiegel andauern,
umso größer ist das Gefahrenpotenzial für pathogene
Effekte, z. B. beim metabolischen Syndrom [10] oder bei koronaren
Herzerkrankungen [9].
Literatur- und Quellenverweise
[1] Basu A, Sanchez K, Leyva MJ et al. Green tea supplementation affects body
weight, lipids, and lipid peroxidation in obese subjects with metabolic syndrome.
J Am Coll Nutr 2010;29:31–40.
[2] Buchholz T, Melzig MF. Polyphenolic compounds as pancreatic lipase inhibitors.
Planta Med 2015;81:771-783.
[3] Buchholz T, Melzig MF. Medicinal plant traditionally used for the treatment
of obesity and diabetes mellitus – screening for pancreatic lipase and α-amylase
inhibition. Phytother Res 2016;30:260-266.
[4] Buchholz T. Pflanzliche Sekundärprodukte als Inhibitoren von ausgewählten
Verdauungsenzymen. Dissertation Freie Universität Berlin, 2017.
[5] Fardet A, Boirie Y. Associations between food and beverage groups and major
diet-related chronic diseases: an exhaustive review of pooled/meta-analyses
and systematic reviews. Nutr Rev 2014;72:741-762.
[6] Gao Y, Zhang Y, Zhu J et al. Recent progress in natural products as DPP-4
inhibitors. Future Med Chem 2015;7:1079-1089.
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Genom. (Letzter Zugriff: 22.1.18).
[8] https://en.wikipedia.org/wiki/Human_genome. (Letzter Zugriff: 22.1.18).
[9] Kolovou GD, Anagnostopoulou KK, Daskalopoulou SS et al. Clinical relevance
of postprandial lipaemia. Curr Med Chem 2005;12:1931-1945.
[10] Paniagua JA. Nutrition, insulin resistance and dysfunctional adipose tissue
determine the different components of metabolic syndrome. World J Diabetes
2016;7:483-514.
[11] Törrönen R, Kolehmainen M, Sarkkinen E et al. Berries reduce postprandial
insulin responses to wheat and rye breads in healthy women. J Nutr.
2013;143:430-436.
[12] Walkowiak J, Bajerska J, Kargulewicz A et al. Single dose of green tea extract
decreases lipid digestion and absorption from a test meal in humans. Acta
Biochim Pol 2013;60:481–483.
[13] Volpato GT, Calderon IM, Sinzato S et al. Effect of Morus nigra aqueous
extract treatment on the maternal-fetal outcome, oxidative stress status
and lipid profile of streptozotocin-induced diabetic rats. J Ethnopharmacol
2011;138:691-696.
Unter den Arzneipflanzen, die bei Stoffwechselerkrankungen
eingesetzt werden, findet man solche, die die Verdauungsenzyme,
insbesondere die pankreatische Lipase und die α-Amylase
hemmen. Ausgehend von klinischen Studien zur antidiabetischen
Wirksamkeit von polyphenolhaltigen Nahrungsmitteln
[11] untersuchten verschiedene Arbeitsgruppen sowohl isolierte
pflanzliche Polyphenole als auch polyphenolhaltige Drogenextrakte
hinsichtlich ihrer enzymhemmenden Aktivität bezüglich
der hydrolytischen Verdauungsenzyme. Im Endergebnis konnte
festgestellt werden, dass zwar alle polyphenolischen Naturstoffe
aus vielen verschiedenen Pflanzen mehr oder weniger stark die
Verdauungsenzyme hemmten. Allerdings gab es mit den Blattextrakten
von Camellia sinensis (L.) Kuntze, der den Grüntee
liefernden Arzneipflanze, eine Zubereitung, die besonders ausgeprägt
die pankreatische Lipase inhibierte [2]. Die orale Aufnahme
von Polyphenolen aus Grüntee und die damit verbundene
Hemmung der Fettverdauung führen bei Adipositas und
Diabetes zu einer Absenkung der Triglyceridspiegel und letztlich
auch des Körpergewichts, wie klinische Untersuchungen
gezeigt haben [1, 12]. Besonders interessant sind die Ergebnisse
mit Arzneidrogen der traditionellen Medizin, deren Extrakte
sowohl die Lipase als auch die α-Amylase relativ stark hemmen.
Dazu gehören u. a. Hibiscusblüten (Hibiscus sabdariffa L.) und
Tamarinden (die Samenschalen von Tamarindus indica L.), die
beide traditionell zur Behandlung von Adipositas und Diabetes
eingesetzt werden [3]. Pflanzliche Enzymhemmer für Verdauungsenzyme
besitzen offensichtlich ein Potenzial für Nahrungsergänzungsmittel
oder besser, Phytotherapeutika, deren
Wirkung, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sowie Verträglichkeit
eigentlich lange bekannt sind – man sollte es nutzen!
Nachdruck aus dem zaenmagazin 2018-1
Autor
Prof. Dr. Matthias F. Melzig
Freie Universität Berlin
Institut für Pharmazie
Königin-Luise-Str. 2–4
14195 Berlin
14 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021